Warum wir arbeiten - Barry Schwartz - E-Book

Warum wir arbeiten E-Book

Barry Schwartz

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Beschreibung

Der Psychologieprofessor Barry Schwartz findet in seinem TED-Book ›Warum wir arbeiten‹ eine ganz überraschende, komplexe und eindringliche Antwort auf diese auf den ersten Blick so simple Frage. Er zerstört den Mythos, dass es bei der Arbeit nur ums Geldverdienen gehe und fordert – unterstützt durch zahlreiche Studien und Anekdoten –, dass wir neue Wege finden müssen, um unser Verhältnis zur Arbeit neu zu definieren. Schwartz nimmt uns mit in Krankenhäuser und Friseursalons, Fabriken und Vorstandsetagen und zeigt, welche unterschiedlichen Formen die Arbeit annehmen kann, welche Funktion sie für unsere Kultur innehat und wie jeder von uns seinen eigenen Weg zum Glück am Arbeitsplatz findet.

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Seitenzahl: 128

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Barry Schwartz

Warum wir arbeiten

Aus dem Englischen von Irmengard Gabler

FISCHER digiBook

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhalt

[Widmung][Motto]Einführung: Die Kernfrage1 Der falsche Grundgedanke2 Wann ist Arbeit gute Arbeit?3 Wie aus guter Arbeit schlechte wird: Regeln und Anreize vor Integrität4 Die Technologie der Ideen5 Die Zukunft der Arbeit: die menschliche Natur formenDankQuellenangaben und weiterführende LektüreDer TED Talk von [...]Kleine Bücher – große Ideen![Mehr Information]

Für Ruby, Eliza, Louis und Nico.

Möge das Leben euch viel Gelegenheit zu guter Arbeit geben.

Die Ideen von Ökonomen und Staatstheoretikern, ob richtig oder falsch, sind mächtiger als allgemein angenommen. Sie beherrschen die Welt wie kaum etwas anderes. Männer der Tat, die meinen, sie seien frei von intellektuellen Einflüssen, sind üblicherweise die Sklaven irgendeines verstorbenen Ökonomen.

John Maynard Keynes

Einführung: Die Kernfrage

Warum arbeiten wir? Warum quälen wir uns jeden Morgen aus dem Bett, anstatt uns im süßen Nichtstun zu ergehen und vergnügten Abenteuern nachzujagen? Dumme Frage. Wir arbeiten, weil wir unseren Lebensunterhalt verdienen müssen. Sicher, aber ist das alles? Natürlich nicht. Fragt man Personen, die von ihrer Arbeit erfüllt sind, warum sie tun, was sie tun, ist fast nie von Geld die Rede. Die Liste der nichtmonetären Gründe, die solche Menschen angeben, ist lang und faszinierend.

Zufriedene Arbeiter sind erfüllt von ihrer Arbeit. Sie verlieren sich darin. Nicht andauernd natürlich, aber so oft, dass es ihnen auffällt. Engagierte Arbeiter fühlen sich herausgefordert von ihrer Arbeit. Sie zwingt sie, über sich selbst hinauszuwachsen, ihre Komfortzone zu verlassen. Diese Glücklichen geben an, dass die Arbeit ihnen Freude mache, und vergleichen sie nicht selten mit dem Lösen von Kreuzworträtseln oder Sudokus.

Warum arbeiten die Menschen sonst noch? Zufriedene Menschen erledigen ihre Arbeit, weil sie sich verantwortlich fühlen. Ihr Arbeitstag bietet ihnen ein gewisses Maß an Selbständigkeit und Eigenverantwortung. Und sie nutzen diesen Spielraum, um ein gewisses Können oder Fachwissen zu erlangen. Sie lernen Neues und entwickeln sich weiter, beruflich wie persönlich.

Sie arbeiten auch, weil sie so Gelegenheit haben, sich sozial zu engagieren. Sie erledigen viele ihrer Pflichten als Mitglieder eines Teams, doch auch wenn sie allein arbeiten, finden sie in ruhigen Momenten eine Fülle an Möglichkeiten zur sozialen Interaktion.

Und schließlich arbeiten diese Menschen, weil sie ihre Tätigkeit für sinnvoll erachten. Ihre Arbeit hat das Potential, etwas in der Welt zu bewirken. Sie verbessert das Leben anderer Menschen, vielleicht sogar in signifikantem Ausmaß.

Natürlich verfügen wenige Tätigkeiten über all diese Merkmale, schon gar nicht ununterbrochen. Trotzdem sind es genau diese Merkmale, die uns dazu bringen, außer Haus zu gehen, uns Arbeit mit nach Hause zu nehmen, die uns dazu ermuntern, mit anderen über unsere Arbeit zu sprechen, und die uns nur widerwillig in den Ruhestand treten lassen. Wir würden nicht arbeiten, wenn wir nichts bezahlt bekämen, doch ist das Geld nicht unser Hauptmotiv, warum wir tun, was wir tun. Und im Allgemeinen sind für uns materielle Vorteile ein ziemlich schlechter Grund, um zu arbeiten. Wenn wir von jemandem behaupten, er tue etwas »des Geldes wegen«, beschreiben wir ihn nicht nur, sondern urteilen über ihn.

Diese unterschiedlichen Quellen der Befriedigung durch Arbeit werfen einige entscheidende Fragen auf. Wie kommt es, dass für die überwältigende Mehrheit der Menschen auf der Welt die Arbeit nur wenige oder keines dieser Attribute aufweist? Wie kommt es, dass für die meisten von uns die Arbeit eintönig, sinnlos und stumpfsinnig ist? Wie kommt es, dass der Kapitalismus in seiner Entwicklung Geschäftsmodelle schuf, in denen die Gelegenheiten für nichtmaterielle Befriedigungen aus der Arbeit – aus denen bessere Arbeit erwachsen könnte – zurückgefahren oder gänzlich abgeschafft wurden? Arbeiter, die diese Art von Arbeit leisten – in Fabriken, Schnellimbissen, im Bereich der Auftragsabwicklung oder tatsächlich auch in Anwaltskanzleien, Klassenzimmern, Kliniken und Büros –, tun dies des Geldes wegen. Sie mögen noch so sehr nach einem Sinn, einer Herausforderung, nach mehr Eigenverantwortung suchen, ihre Arbeitssituation überwältigt sie. Die Art und Weise, wie ihre Tätigkeit strukturiert ist, bedeutet, dass es abgesehen von der Bezahlung keine Motivation für sie gibt.

Einem umfassenden Bericht zufolge, der 2013 von Gallup veröffentlicht wurde, einem Umfrageinstitut mit Sitz in Washington D.C., gibt es auf der Welt doppelt so viele »aktiv unmotivierte« Arbeitnehmer wie »motivierte«, solche, die ihre Arbeit mögen. Gallup hat fast zwei Jahrzehnte lang weltweit die Zufriedenheit von Arbeitnehmern gemessen. Insgesamt hat das Institut 25 Millionen Arbeitnehmer in 189 verschiedenen Ländern befragt. Der jüngste Bericht umfasst die Informationen von 230000 Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten in 142 Ländern. Das Ergebnis war, dass nur 13 Prozent der Arbeitnehmer angaben, mit Begeisterung bei der Sache zu sein. Diese wenigen empfinden eine gewisse Leidenschaft für ihre Tätigkeit und bringen ihre Unternehmen voran. Die überwältigende Mehrheit dagegen, etwa 63 Prozent, sind nicht motiviert. Sie werden bezahlt, gehen schlafwandelnd durch die Tage und verwenden wenig Energie auf die Arbeit. Die Übrigen sind aktiv unmotiviert, sie hassen ihre Arbeit geradezu. Anders ausgedrückt, die Arbeit ist für über 90 Prozent der Arbeitnehmer weltweit viel öfter eine Quelle der Frustration als eine Quelle der Erfüllung. Was für eine soziale, emotionale und vielleicht sogar ökonomische Verschwendung: 90 Prozent der Erwachsenen verbringen die Hälfte ihres wachen Daseins damit, Dinge zu tun, die sie lieber nicht täten, und das an einem Ort, an dem sie lieber nicht wären.

Die Fragen, die Gallup stellt, erfassen viele der eben erwähnten Gründe, warum wir zur Arbeit gehen. Dass wir Gelegenheit haben, unsere Aufgaben »richtig« zu erledigen, unser Bestes zu geben, dass wir ermuntert werden, uns weiterzuentwickeln und dazuzulernen, das Gefühl bekommen, von Mitarbeitern und Vorgesetzten geschätzt zu werden, dass unsere Meinung zählt, dass das, was wir tun, wichtig ist und dass wir gute Freunde am Arbeitsplatz haben, all diese Aspekte werden in der Umfrage erfasst. Und für die überwältigende Mehrheit der Menschen greift die Arbeit zu kurz – viel zu kurz. Die Frage ist: warum? Dieses Buch bietet eine Antwort.

1Der falsche Grundgedanke

Seit mehr als zwei Jahrhunderten hegen wir, als Gesellschaft und als Individuen, einige falsche Vorstellungen über unser Verhältnis zur Arbeit. Es ist ein lang akzeptierter Glaubenssatz der Wirtschaft, untermauert durch gewisse Theorien aus der Psychologie, dass man, um jemanden – einen Angestellten, Studenten, Regierungsbeamten, das eigene Kind – dazu zu bringen, etwas zu tun, dafür sorgen muss, dass sich für den Betreffenden die Mühe lohnt. Die Menschen brauchen Anreize, Belohnungen, Geld, um etwas zu tun. Man erkennt diese Ansicht im »Zuckerbrot-und-Peitsche«-Ansatz, der die Bemühungen um eine Lösung der jüngsten Finanzkrise beherrscht hat. Um zu verhindern, dass es erneut zu einer finanziellen Kernschmelze komme, so das Argument, müssten die »dummen« Anreize, die sie verschuldet hätten, durch »schlauere« ersetzt werden. Es gelte, an den Anreizen herumzuschrauben. Der Rest sei im Grunde egal. Derselbe Gedanke beseelte auch den Erfinder des freien Marktes, Adam Smith. In Der Wohlstand der Nationen, erschienen 1776, schrieb er Folgendes:

»Jedermann hat das Interesse, so bequem wie möglich zu leben, und wenn seine Einkünfte sich gleichbleiben, ob er gewisse mühsame Pflichten erfüllt oder nicht, so hat er sicherlich das Interesse, wenigstens nach den vulgären Begriffen von Interesse, sie entweder ganz zu vernachlässigen, oder, falls er einer Aufsicht untersteht, die dies nicht zugeben würde, sie so sorglos und lässig zu erfüllen, wie es die Aufsicht zulässt.«

In anderen Worten, die Menschen arbeiten für Geld – nicht mehr und nicht weniger. Smiths Glaube an die Macht der Anreize bewog ihn dazu, sich für eine Aufteilung der Arbeit in einfache, leicht zu wiederholende, im Wesentlichen bedeutungslose Einheiten auszusprechen. Solange die Menschen für ihre Tätigkeit bezahlt wurden, war es nicht sonderlich wichtig, wie diese sich gestaltete. Durch die Aufteilung der Arbeit in kleine Schritte würde die Gesellschaft bei weitem effizienter produzieren. Um die Vorzüge der Arbeitsteilung herauszustellen, bediente Smith sich der Beschreibung einer Stecknadelfabrik, die berühmt geworden ist:

»Ein Mann zieht den Draht, ein anderer streckt ihn, ein dritter schneidet ihn in Stücke, ein vierter spitzt ihn zu, ein fünfter schleift ihn am oberen Ende, wo der Kopf angesetzt wird … Ich habe eine kleine Fabrik dieser Art gesehen, in der nur zehn Menschen beschäftigt waren … Jene zehn Personen konnten mithin zusammen täglich über 48000 Nadeln machen. … Hätten sie jedoch alle einzeln und unabhängig voneinander gearbeitet … so hätte jeder von ihnen gewiss keine zwanzig, vielleicht nicht eine Nadel täglich machen können.«

Über ein Jahrhundert später leitete dieselbe Ansicht den Vater des sogenannten Scientific Management (zu deutsch wissenschaftliche Betriebsführung), Frederick Winslow Taylor. Taylor bediente sich sorgfältiger Zeit- und Bewegungsstudien, um die Fabrik, wie von Smith anvisiert, so zu verfeinern, dass die menschlichen Arbeitskräfte wie Teile einer gut geölten Maschine wurden. Und er entwarf Entlohnungsmodelle, die sie zu harter, schneller und exakter Arbeit anhalten sollten. Nicht lange danach fand Smiths Auffassung Anklang im Denken der bedeutendsten Persönlichkeit in der Psychologie um die Mitte des 20. Jahrhunderts, B.F. Skinner. Skinners Experimente mit Ratten und Tauben, die einfache Aufgaben ein ums andere Mal wiederholten, um mit Nahrung oder Wasser belohnt zu werden, lieferten die Hülle wissenschaftlicher Exaktheit und den theoretischen Grundgedanken für die von Taylor entwickelten Arbeitsplatzneuerungen. Skinner zeigte, dass das Verhalten der Tiere auf eindrucksvolle Weise beeinflusst und präzise kontrolliert werden konnte, indem man Menge und Frequenz der Belohnungen manipulierte, die das Verhalten hervorbrachten. Genau wie Taylor herausfand, dass Stückarbeit (Zahlung eines festen Betrags für jede zu Ende gebrachte Aufgabe) die Leistung in der Fabrik steigerte, entdeckte Skinner, dass das Tauben-Äquivalent von Stückarbeit die Leistung im Labor steigerte.

Sie fragen sich vielleicht, warum jemand sich dazu entschließen sollte, in Smiths Stecknadelfabrik zu arbeiten und Minute um Minute, Stunde um Stunde, Tag um Tag Nadeln mit Köpfen zu versehen. Smiths Antwort darauf war, dass die Leute natürlich keine Freude an solcher Arbeit hätten. Aber sie würden auch anderswo nicht gern arbeiten. Smith wollte damit sagen, dass der einzige Grund, warum Menschen überhaupt arbeiten, der Lohn ist, den sie erhalten, und dass es egal ist, worin ihre Arbeit besteht, solange sie nur angemessen bezahlt wird.

Adam Smith befand sich im Irrtum hinsichtlich unserer Einstellung zur Arbeit und unserer Ambitionen. Doch als sich in seinem Schatten der Kapitalismus entwickelte, entstand unter der Macht der allgegenwärtigen »Anreiztheorie« ein Arbeitsmodus, in dem alle anderen Befriedigungen, die uns aus der Arbeit erwachsen könnten, vernachlässigt oder eliminiert wurden. Und so kam es, dass die Menschen in aller Welt täglich zur Arbeit trotteten, und dies ohne viel Hoffnung auf Sinn, Eigenverantwortung oder Herausforderung. Da es, abgesehen vom Lohnscheck, keine Motivation für sie gab zu arbeiten, arbeiteten sie eben seinetwegen. Und so wurden Smiths falsche Theorien zu der Frage, warum die Menschen arbeiten, nach und nach wahr.

Ich will hier nicht etwa andeuten, dass die Arbeit vor der Industriellen Revolution das reinste Honigschlecken gewesen wäre. Keineswegs. Doch die Arbeit von Bauern, Handwerkern und dergleichen, so hart sie auch war, bot den Menschen viel Ermessensspielraum, Selbständigkeit und Abwechslung in ihren täglichen Pflichten. Sie hatten oftmals die Gelegenheit, bei der Lösung von Problemen ihr Geschick unter Beweis zu stellen und effizientere Arbeitsweisen zu entwickeln. All dies ließen sie hinter sich, sobald sie durch die Fabriktore gingen.

Wie man aus falschen Ideen richtige macht

Vielleicht sind Sie ja mit Smith einer Meinung. Vielleicht glauben auch Sie, dass es dem Wesen der meisten Menschen entspreche, ausschließlich der Bezahlung wegen zu arbeiten, und dass nur die »Eliten« Herausforderungen, Sinn und Engagement brauchten und all dies von ihren Tätigkeiten erwarten konnten. Diese Ansicht ist nicht nur reichlich arrogant, sie ist schlichtweg falsch. Es gibt eine Menge Belege dafür, dass viele Menschen mit vermeintlich banalen Jobs – Hausmeister, Fabrikarbeiter, Angestellte in Call-Centern – sich bei weitem nicht nur für ihren Lohn interessieren. Und es gibt auch Belege dafür, dass viele hochqualifizierte Fachkräfte nur des Geldes wegen arbeiten. Was die Menschen in ihrer Arbeit suchen, hängt weitgehend davon ab, was diese Arbeit für sie verfügbar macht. Und die Arbeitsbedingungen, die von der Industriellen Revolution geschaffen und dann – nicht zuletzt auf der Basis sozialwissenschaftlicher Theorien – beibehalten wurden, haben die Menschen systematisch um ihre Erfüllung gebracht. Damit hat man sie einer wichtigen Quelle der Zufriedenheit beraubt – und stattdessen untergeordnete Arbeiter hervorgebracht.

Wir lernen daraus, dass der Grad der Wichtigkeit materieller Anreize von der Art und Weise abhängt, wie das Arbeitsumfeld strukturiert ist. Und wenn wir bei dessen Strukturierung weiterhin der falschen Vorstellung anhängen, dass der Mensch nur der Entlohnung wegen arbeite, schaffen wir Umgebungen, die diese falschen Vorstellungen wahr machen. Demnach trifft es nicht zu, dass man »einfach keine guten Angestellten mehr bekommt«. Es trifft aber durchaus zu, dass »man keine guten Angestellten mehr bekommt, wenn man den Menschen ausschließlich Aufgaben zuweist, die dumpf und seelenlos sind«. Was wir brauchen, um »gute Angestellte« zu bekommen, sind Jobs, die Freude machen. Gleich werden wir sehen, dass dieses Verlangen nach guter Arbeit kein unrealistischer Idealismus ist, sondern zum Greifen nah.

Über die Jahre haben Theorie und Praxis der Unternehmensführung immer wieder Phasen durchlaufen, in denen die diversen Motive, die Menschen an ihren Arbeitsplatz mitbringen, akzeptiert, wenn nicht gar begrüßt wurden. Manager wurden ermutigt, das Arbeitsleben ihrer Angestellten so zu strukturieren, dass der Arbeitsplatz ihnen Sinn bot und Einsatz ermöglichte, was ihnen selbst, aber auch der Firma zugutekam. Im Zuge dieser Bewegung war Douglas McGregors »Theorie Y« vor einem halben Jahrhundert ein besonders einflussreicher Versuch. Stephen Barley und Gideon Kunda veröffentlichten einen wichtigen Aufsatz, in dem sie dokumentierten, wie solche Gedanken zum Management über die Jahre an Bedeutung gewonnen und wieder verloren haben. Doch irgendwie hatten Ideen wie diese niemals Bestand. Genau wie die Schwerkraft holt auch die Überzeugung, dass Menschen nur für Geld arbeiten, immer wieder höherfliegende Ideen, wie eine Arbeitsumgebung aussehen könnte, auf den Boden der Tatsachen zurück. Adam Smiths Vorstellungen von der menschlichen Natur haben sich über die Jahrhunderte in der Tat als äußerst robust erwiesen.

Theorien über die menschliche Natur nehmen in den Wissenschaften einen einzigartigen Platz ein. Es steht nicht zu befürchten, dass unsere Theorien über den Kosmos den Kosmos verändern. Die Planeten kümmern sich herzlich wenig darum, was wir denken und welche Theorien wir über sie aufstellen. Dagegen ist die Sorge, dass unsere Theorien über die menschliche Natur auf Dauer die menschliche Natur verändern könnten, durchaus berechtigt. Vor vierzig Jahren stellte der bedeutende Anthropologe Clifford Geertz fest, dass Menschen »unfertige Tiere« seien, und meinte damit, dass es in der Natur des Menschen liege, wenn seine Natur weitgehend das Produkt der Gesellschaft um ihn herum sei. Diese menschliche Natur ist demnach eher hervorgebracht als entdeckt. Wir »entwerfen« die menschliche Natur, indem wir die Institutionen entwerfen, in denen die Menschen leben. Wir müssen uns daher fragen, wie diese menschliche Natur, die wir entwerfen, aussehen soll.

Wenn wir eine menschliche Natur schaffen wollen, die in der Arbeit nach Herausforderungen, nach Engagement, Sinn und Erfüllung sucht, müssen wir uns allmählich aus einem tiefen Graben herausarbeiten, in den uns fast drei Jahrhunderte falscher Vorstellungen über die menschliche Motivation und Natur verbannt haben, und für Arbeitsumgebungen plädieren, die Herausforderungen, Engagement, Sinn und Erfüllung bieten.

2Wann ist Arbeit gute Arbeit?