Warum wir uns immer in den Falschen verlieben - Amir Levine - E-Book
SONDERANGEBOT

Warum wir uns immer in den Falschen verlieben E-Book

Amir Levine

4,8
9,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 8,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
  • Herausgeber: Kailash
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2011
Beschreibung

Ein Partnerschaftskompass mit Typenlehre

DER WUNSCH NACH BEZIEHUNG ist tief in unseren Genen verankert. Dennoch sind Partnerschaften eine archetypische Spielwiese für Missverständnisse und Auseinandersetzungen. Was, wenn es ein psychologisch fundiertes Beziehungshandbuch gäbe, das uns die Gesetzmäßigkeiten von Partnerschaften aufzeigt und das wir wie einen Kompass verwenden können, um Enttäuschungen zu vermeiden?

Levine und Heller wenden grundlegende Erkenntnisse der Beziehungsforschung erstmals auf den gelebten Dating- und Paaralltag an. Danach gibt es drei Beziehungstypen: Der ängstliche Beziehungstyp braucht die Nähe und sorgt sich, ob der Partner ihn genügend liebt. Der vermeidende Beziehungstyp hingegen setzt Intimität schnell mit dem Verlust von Unabhängigkeit gleich. Der sichere Beziehungstyp ist in der Lage, stabile Partnerschaften zu führen, kann aber auf den ängstlichen und vermeidenden Beziehungstypen, die eine starke Anziehungskraft aufeinander ausüben, unattraktiv wirken. Die Autoren bringen Klarheit in das Gefühlschaos und geben die entscheidenden Tipps, damit Partnerschaften wirklich gelingen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 331

Bewertungen
4,8 (20 Bewertungen)
16
4
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Buch

Der Wunsch nach Beziehung ist tief in unseren Genen verankert. Dennoch sind Partnerschaften eine archetypische Spielwiese für Missverständnisse und Auseinandersetzungen. Dr. med. Amir Levine und Rachel S. F. Heller wenden grundlegende Erkenntnisse der Beziehungsforschung erstmals auf den gelebten Dating- und Beziehungsalltag an. Fast jeder Mensch lässt sich einem von drei Beziehungstypen zuordnen:

Der ängstliche Beziehungstyp braucht viel Nähe und sorgt sich, ob sein Partner ihn genügend liebt. Wenn er sich zurückgewiesen fühlt, neigt er zum Protestverhalten.Der vermeidende Beziehungstyp setzt Intimität häufig mit dem Verlust von Unabhängigkeit gleich und sucht Distanz. Charakteristisch ist das Senden zweideutiger Signale.Der sichere Beziehungstyp fühlt sich mit Nähe wohl und ist in der Lage, stabile Partnerschaften zu führen.

Die Autoren beschreiben die Dynamiken, die entstehen, wenn diese Beziehungstypen in Partnerschaften aufeinandertreffen. Mit Hilfe von Checklisten, Workshops und Fallbeispielen ermöglichen sie uns ein tiefes Verständnis unserer selbst wie auch unseres Partners. Wir erlernen neue, heilsame Verhaltensmuster – um endlich zu der glücklichen und dauerhaften Partnerschaft zu finden, nach der wir uns sehnen.

Autoren

Dr. med. Amir Levine ist Psychiater und Neurowissenschaftler. Zusammen mit dem Nobelpreisträger Dr. Eric Kandel leitet er ein von der staatlichen US-Behörde finanziertes Forschungsprojekt und betreibt eine Privatpraxis in New York, wo er mit seiner Familie lebt.

Rachel S. F. Heller M. A. studierte systemische Psychologie an der Columbia University und arbeitet therapeutisch mit Familien, Paaren und Kindern. Sie lebt mit ihrer Familie in San Francisco.

Dr. med. Amir Levine

Rachel S. F. Heller

Warum wir uns immer in den Falschen verlieben?

Beziehungstypen und ihre Bedeutung für unsere Partnerschaft

Aus dem Amerikanischen von

Rita Höner

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Sollte dieses E-Book Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung dieses E-Books verweisen.

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel »Attached« bei Jeremy P. Tarcher/ Penguin, Penguin Group, New York, USA.

Die deutsche Erstausgabe erschien 2011 unter dem Titel »Wer bist du, wenn du liebst?« bei Kailash, München.

1. Auflage

Vollständige Taschenbuchausgabe August 2015

© 2015 Wilhelm Goldmann Verlag, München

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

© 2010 Amir Levine und Rachel Heller

Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München

Umschlagmotiv: FinePic®, München

SSt · Herstellung: cb

Satz: EDV-Fotosatz Huber/Verlagsservice G. Pfeifer, Germering

ISBN 978-3-641-06566-9

www.goldmann-verlag.de

Für meinen Vater, der mir beigebracht hat, mich in die größten Wellen zu stürzen, und für meine Mutter, die wissenschaftliches Entdecken zu einem Teil meiner Kindheit gemacht hat

A.L.

Für meine Familie

R.H.

Inhalt

Einleitung

Ein neuer Blick auf Beziehungen

1. Beziehungsverhalten aus wissenschaftlicher Sicht

2. Abhängigkeit ist kein böses Wort

Teil eins

Beziehungstypen entschlüsseln – Der Test

3. Schritt eins: Welcher Beziehungstyp bin ich?

4. Schritt zwei: Welcher Beziehungstyp ist mein Partner?

Teil zwei

Die drei Beziehungstypen im Alltag

5. Ein sechster Sinn für Gefahr: Der ängstliche Beziehungstyp

6. Liebe auf Distanz: Der vermeidende Beziehungstyp

7. Nähe willkommen: Der sichere Beziehungstyp

Teil drei

Wenn Beziehungstypen kollidieren

8. In der Falle: Das ängstlich-vermeidende Paar

9. Der Falle entkommen: So wird das ängstlich-vermeidende Paar sicherer

10. Wenn das Anormale normal wird: Ein Leitfaden für Trennungen

Teil vier

Gehen Sie auf Nummer sicher – Verbessern Sie Ihr Beziehungsverhalten

11. Klar kommunizieren: So wird Ihre Botschaft verstanden

12. Die Beziehung in Ordnung bringen: Fünf sichere Grundsätze für den Umgang mit Konflikten

Nachwort

Dank

Bibliographie

Anmerkung der Autoren

In diesem Buch haben wir unsere langjährigen Forschungen über das Paarbindungsverhalten von Erwachsenen zu einem praktischen Leitfaden für Leserinnen und Leser komprimiert, die eine befriedigende Beziehung suchen oder eine bestehende Beziehung verbessern möchten. Die Bindungstheorie ist ein weites und komplexes Forschungsfeld, das sich auf die kindliche Entwicklung, die elterliche Betreuung und die Liebesbeziehung zwischen Erwachsenen erstreckt. Wir beschränken uns daher auf Bindungen und Beziehungen, die auf der Zuneigung und Anziehung zwischen Erwachsenen beruhen.

Unser Ziel war es, komplexe wissenschaftliche Ansätze in ein nützliches und praktisches Hilfsmittel für den Alltag zu verwandeln. Zwar beziehen wir uns immer wieder auf bestimmte Forscher, aber notgedrungen konnten wir nicht alle erwähnen. Den zahllosen kreativen Köpfen auf diesem Gebiet sind wir auf immer zu Dank verpflichtet.

______________________

Einleitung

Ein neuer Blick auf Beziehungen

________________________________

1

Beziehungsverhalten aus wissenschaftlicher Sicht

Ich kenne diesen Mann erst seit zwei Wochen und habe doch schon schreckliche Angst, dass er mich nicht attraktiv genug finden könnte. Meine Gedanken kreisen nur noch darum, ob er wohl anrufen wird oder nicht! Ich weiß jetzt schon, dass all meine Ängste, nicht gut genug zu sein, wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung wirken und ich mir damit auch diese Beziehungschance vermasseln werde!Was stimmt mit mir nicht? Ich bin ein intelligenter, gut aussehender Mann und beruflich erfolgreich. Ich habe viel zu bieten. Ich habe einige wirklich tolle Frauen kennengelernt, und jedes Mal passiert das Gleiche: Nach ein paar Wochen verliere ich das Interesse an ihnen und bekomme das Gefühl, in der Falle zu sitzen. Es dürfte doch nicht so schwierig sein, jemanden zu finden, der zu mir passt?Ich bin seit Jahren mit meinem Mann verheiratet und fühle mich trotzdem einsam. Er war nie jemand, der überseine Gefühle oder unsere Beziehung gesprochen hat, aber mittlerweile ist es richtig schlimm. Wochentags kommt er jeden Abend erst spät von der Arbeit nach Hause, und am Wochenende ist er entweder mit Freunden auf dem Golfplatz oder sieht sich im Fernsehen Sportsendungen an. Eigentlich verbindet uns nichts mehr. Vielleicht ginge es mir allein besser.

All diese Szenarios beschreiben schmerzliche Erfahrungen, die Menschen im Innersten berühren. Und doch gibt es keine Erklärung oder Lösung, die auf sie alle passen würde. Jede Situation wirkt einmalig und individuell; jede hat zahllose mögliche Ursachen. Um sie zu finden, müssten wir alle Beteiligten gut kennen. Ein Therapeut würde sich unter anderem die bisherige Lebensgeschichte, frühere Beziehungen und den Persönlichkeitstyp ansehen. Auch wir haben das so gelernt und es geglaubt, bis wir bei unserer praktischen Arbeit im Bereich der psychischen Gesundheit auf eine Systematik gestoßen sind, die alle drei Situationen und viele weitere schlüssig erklärt. Die Geschichte dieser Entdeckung und ihre Folgen beschreiben wir in diesem Buch.

Ist Liebe genug?

Vor ein paar Jahren lernte unsere gute Freundin Tamara einen neuen Mann kennen:

Ich bemerkte Greg zum ersten Mal bei einer Party im Haus einer Freundin. Er sah unglaublich gut aus, und die Tatsache, dass ich ihm aufgefallen war, schmeichelte mir sehr. Ein paar Tage später gingen wir mit ein paar anderen Leuten zum Abendessen aus, und dem leidenschaftlichen Funkeln in seinen Augen, wenn er mich ansah, konnte ich nicht widerstehen. Aber am meisten faszinierte mich das, was er sagte, und das unterschwellige Versprechen einer Beziehung mit ihm. Es war die Verheißung, nicht allein zu sein. Er sagte Sätze wie: »Tamara, du brauchst doch nicht alleine bei dir zu Hause zu bleiben, du kannst zu mir kommen und arbeiten«, oder: »Du kannst mich jederzeit anrufen«. Diese Aussagen hatten etwas Beruhigendes. Die Beruhigung, zu jemandem zu gehören, in der Welt nicht alleine zu sein. Wenn ich genauer zugehört hätte, hätte ich allerdings auch eine andere Botschaft vernehmen können, die nicht zu diesem Versprechen passte, eine Botschaft, die deutlich machte, dass Greg Angst vor zu viel Nähe hatte und Verbindlichkeit ihm unangenehm war. Mehrmals erwähnte er, er habe nie eine stabile Beziehung gehabt – aus irgendeinem Grund sei er seine jeweilige Freundin irgendwann leid gewesen und habe das Bedürfnis gehabt, seiner Wege zu gehen.

Obwohl ich diese Themen als potenziell problematisch erkannte, wusste ich damals nicht, wie ich das, was aus ihnen folgte, richtig einschätzen sollte. Als einziger Wegweiser diente mir die gängige Überzeugung, mit der so viele von uns groß werden: dass die Liebe alle Hindernisse überwindet. Und so überließ ich mich der Liebe. Nichts war mir wichtiger, als mit ihm zusammen zu sein. Trotzdem kamen von ihm auch weitere Botschaften, die seine Bindungsunfähigkeit andeuteten. Ich schüttelte sie ab; ich war mir sicher: Mit mir würde alles anders sein. Natürlich hatte ich unrecht. Je mehr Nähe zwischen uns entstand, desto widersprüchlicher wurden seine Botschaften, und alles geriet ins Wanken; er fing an, mir zu erzählen, er sei zu beschäftigt, um mich an diesem oder jenem Abend zu treffen. Manchmal behauptete er, er habe eine »irre« Arbeitswoche vor sich, und fragte, ob wir uns nur am Wochenende treffen könnten. Ich war immer einverstanden, aber innerlich beschlich mich das bange Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Aber was?

Von da an war ich ständig in Angst. Ich fragte mich dauernd, was er wohl gerade machte, und wurde extrem hellhörig für alles, was darauf hindeuten könnte, dass er die Beziehung beenden wollte. Aber obwohl Gregs Verhalten mir viele Hinweise darauf gab, dass er nicht zufrieden war, streute er in seine Distanzierungsmanöver gerade so viele Zärtlichkeiten und Entschuldigungen ein, dass ich nicht mit ihm Schluss machte.

Nach einer Weile machte das ewige Auf und Ab mich so fertig, dass ich meine Gefühle nicht mehr unter Kontrolle hatte. Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte, und gegen besseres Wissen vermied ich es, mit Freunden etwas zu planen; ich wollte erreichbar sein, falls er doch anrufen würde. Ich verlor das Interesse an allem, was mir wichtig gewesen war. Die Beziehung konnte dieser Anspannung nicht lange standhalten und ging knirschend zu Bruch.

Als Tamaras Freunde waren wir zunächst erfreut, dass sie jemanden kennengelernt hatte, von dem sie begeistert war, aber als die Beziehung sich entwickelte, beobachteten wir ihre wachsende Fixierung auf Greg mit zunehmender Sorge. Sie sprühte nicht mehr vor Lebenslust, sondern war ängstlich und unsicher. Die meiste Zeit wartete sie entweder auf einen Anruf von Greg oder war wegen der Beziehung so unruhig und nervös, dass sie nicht mehr so wie früher unbeschwert mit uns zusammen sein konnte. Bald stellte sich heraus, dass auch ihre Arbeit litt, und sie äußerte die Befürchtung, dass sie ihren Job verlieren könnte. Wir hatten Tamara immer für einen ausgeglichenen, belastbaren Menschen gehalten und begannen uns zu fragen, ob wir ihre Energie falsch eingeschätzt hatten. Tamara war bewusst, dass Greg bisher zu einer dauerhaften, festen Beziehung nicht in der Lage gewesen war und man mit ihm keine Pläne machen konnte; sie gab sogar zu, dass sie ohne ihn wahrscheinlich glücklicher wäre. Trotzdem schaffte sie es nicht, einen Schlussstrich zu ziehen.

Als erfahrene Fachleute für psychische Gesundheit fiel es uns schwer zu akzeptieren, dass eine aufgeklärte, intelligente Frau wie Tamara sich dermaßen von ihrem normalen Selbst entfernen konnte. Warum verhielt eine erfolgreiche Frau sich dermaßen hilflos? Warum war ein Mensch, der unseres Wissens die meisten Herausforderungen in seinem Leben gut bewältigt hatte, in dieser einen Situation so ohnmächtig? Die andere Seite der Gleichung war genauso rätselhaft. Warum sandte Greg derart widersprüchliche Signale aus, obwohl selbst uns klar war, dass er sie tatsächlich liebte? Auf diese Fragen gab es viele komplexe psychologische Antworten, aber eine überraschend einfache und doch weitreichende Einsicht kam aus einer unerwarteten Richtung.

Von der Mutter-Kind-Therapie zu einer praktischen Wissenschaft der Liebe zwischen Paaren

Etwa zur gleichen Zeit, in der Tamara mit Greg zusammen war, arbeitete Amir Teilzeit in der Mutter-Kind-Therapiestation der Columbia University. Er half dort Müttern, eine sicherere Bindung zu ihren Kindern aufzubauen. Die beeindruckende positive Wirkung, die dieser Therapieansatz auf die Beziehung zwischen Mutter und Kind hatte, regte Amir zu einer intensiveren Beschäftigung mit der Bindungstheorie an. Dabei stieß er auch auf Forschungsergebnisse, die als Erstes von Cindy Hazan und Phillip Shaver gemacht worden waren. Diese legten nahe, dass Erwachsene zu ihren Partnern ähnliche Bindungsmuster hatten wie Kinder zu ihren Eltern. Je mehr Amir über die Paarbindung von Erwachsenen las, desto mehr sprang ihm bei allen Erwachsenen in seinem Umfeld das Bindungsverhalten ins Auge. Ihm wurde klar, dass seine Erkenntnis erstaunliche Implikationen für den Alltag hatte und vielen Menschen zu befriedigenderen Liebesbeziehungen verhelfen konnte.

Daraufhin rief er sofort seine langjährige Freundin Rachel an und beschrieb ihr, wie schlüssig die Bindungstheorie die verschiedenen Verhaltensweisen in den Beziehungen von Erwachsenen erklärte; er bat sie, ihm zu helfen, Literatur und Forschungsergebnisse in praxistaugliche Ratschläge zu verwandeln, mit denen Menschen ihr Leben ändern konnten. Und so entstand dieses Buch.

Sicher, ängstlich, vermeidend: die drei Beziehungstypen

Parallel zu den bei Kindern ermittelten Bindungsstilen kennt die Paarbindungsforschung drei Hauptbeziehungstypen, die beschreiben, wie Menschen in Liebesbeziehungen Nähe erleben und auf sie reagieren: sicher, ängstlich oder vermeidend. Sichere Menschen fühlen sich mit Nähe wohl und sind in der Regel herzlich und liebevoll. Ängstliche Menschen sehnen sich nach Nähe, sind oft völlig auf die Beziehung fixiert und neigen dazu, sich besorgt zu fragen, ob ihr Partner ihre Liebe wohl erwidern kann. Vermeidende Menschen setzen Nähe mit dem Verlust ihrer Unabhängigkeit gleich und versuchen andauernd, die Nähe zu reduzieren. Die Beziehungstypen unterscheiden sich außerdem in:

ihrer Auffassung von Nähe und Zusammengehörigkeitder Art ihrer Konfliktbewältigungihrer Einstellung zum Sexihrer Fähigkeit, ihre Wünsche und Bedürfnisse mitzuteilenihren Erwartungen an den Partner und an die Beziehung

In unserer Gesellschaft gehört jeder, egal ob frisch verliebt oder seit vierzig Jahren verheiratet, in eine dieser Kategorien oder, allerdings seltener, in eine Kombination der beiden Letztgenannten (ängstlich und vermeidend). Knapp über 50 Prozent sind sicher, rund 20 Prozent ängstlich, 25 Prozent vermeidend, und die restlichen drei bis fünf Prozent gehören der vierten, weniger häufigen Kategorie an (der Kombination des ängstlichen mit der des vermeidenden Typs).

Die Paarbindungsforschung hat Hunderte wissenschaftlicher Abhandlungen und Dutzende von Büchern hervorgebracht, die präzise schildern, wie Erwachsene sich in engen Liebesbeziehungen verhalten. Diese Studien haben immer wieder bestätigt, dass die genannten Beziehungstypen bei Erwachsenen aus den verschiedensten Ländern und Kulturen existieren.

Kennen wir erst den Beziehungstyp, lässt sich das Verhalten von Menschen in Liebesbeziehungen problemlos und zuverlässig verstehen und vorhersagen. Eine der wichtigsten Botschaften dieser Theorie lautet, dass wir in Liebesbeziehungen darauf programmiert sind, uns in vorbestimmter Weise zu verhalten.

Wie entsteht ein Bindungsstil?

Ursprünglich wurde vermutet, der Bindungsstil eines Erwachsenen sei hauptsächlich ein Produkt seiner Erziehung. Man nahm an, der derzeitige Bindungsstil sei durch die Art und Weise festgelegt, wie man sich um Sie gekümmert hatte, als Sie ein Baby waren. Waren Ihre Eltern feinfühlig, zugänglich und verständnisvoll, wäre das Ergebnis ein sicherer Bindungsstil; waren die Eltern manchmal auf Sie eingegangen, andere Male nicht, müssten Sie einen ängstlichen Bindungsstil entwickelt haben; und wenn Ihre Eltern distanziert und rigide waren und nicht auf Ihre Bedürfnisse eingegangen sind, hätte sich ein vermeidender Bindungsstil ergeben müssen. Heute wissen wir jedoch, dass eine ganzeReihe von Faktoren den Bindungsstil von Erwachsenen beeinflussen; nur einer davon ist die Art der Zuwendung, die wir von den Eltern erfahren haben. Auch andere Faktoren spielen eine Rolle, etwa unsere Lebenserfahrungen. Mehr darüber in Kapitel 7.

Tamara und Greg: ein neuer Blick auf ihre Beziehung

Die Geschichte unserer Freundin Tamara erschien uns jetzt in einem neuen Licht. Die Bindungsforschung kannte einen Prototyp für Greg, der ihn haargenau beschrieb: den vermeidenden Beziehungstyp. Dieser Begriff brachte kurz und knapp auf den Punkt, wie Greg dachte, sich verhielt und auf die Welt reagierte. Er sagte seine Distanzierung voraus, sein Herummäkeln an Tamara und seinen Konfrontationskurs, der jeden Fortschritt in der Beziehung zunichtemachte, und seine enorme Schwierigkeit, »Ich liebe dich« zu sagen. Die Forschungsergebnisse erklärten faszinierenderweise auch, warum er ihr zwar nah sein wollte, aber auch den Drang hatte, sie auf Distanz zu halten – nicht weil er »nicht auf sie stand« oder dachte, »sie ist nicht gut genug« (zu diesem Schluss war Tamara gekommen), sondern ganz im Gegenteil, weil er spürte, dass sie sich immer näher kamen.

Wie sich herausstellte, war auch Tamaras Verhalten kein Buch mit sieben Siegeln. Die Theorie erklärte überraschend präzise, dass ihr Verhalten, ihre Gedanken und ihre Reaktionen für den ängstlichen Beziehungstyp charakteristisch waren; die Theorie sah voraus, dass Tamara umso stärker klammern würde, je mehr Greg auf Distanz ging; sie sah voraus, dass sie sich am Arbeitsplatz nicht würde konzentrieren können, ständig an die Beziehung denken und extrem wachsam alles verfolgen würde, was Greg tat. Es entsprach auch ganz der Theorie, dass Tamara trotz ihres Entschlusses, die Beziehung zu beenden, erst nach verhältnismäßig langer Zeit den Mut aufbrachte, dies tatsächlich zu tun. Die Theorie erklärte, warum sie gegen besseres Wissen und den Rat guter Freunde fast alles getan hatte, um ihm nahe zu sein. Vor allem aber machte die Theorie deutlich, warum Tamara und Greg es als so schwierig empfanden, miteinander klarzukommen, obwohl sie sich doch wirklich liebten. Aber sie sprachen unterschiedliche Sprachen und verschärften noch die natürlichen Tendenzen des jeweils Anderen – Tamaras Neigung, körperliche und emotionale Nähe zu suchen, und Gregs Neigung, lieber unabhängig zu sein und vor Nähe zurückzuschrecken. Die Präzision, mit der die Bindungstheorie das Paar beschrieb, war frappierend. Es war, als hätten die Forscher Einblick in die intimsten Momente und persönlichsten Gedanken des Paares gehabt. Psychologische Theorien bleiben manchmal vage und lassen viel Raum für Interpretationen, aber diese hier lieferten genaue, empirisch haltbare Einsichten in eine scheinbar einmalige Beziehung.

Obwohl es nicht unmöglich ist, dass der Beziehungstyp sich ändert – in einem Zeitraum von vier Jahren geschieht dies durchschnittlich bei einer von vier Personen –, haben die meisten Menschen davon keine Ahnung; sie wechseln von einem Typ zum anderen, ohne dass es ihnen bewusst ist oder sie den Grund dafür kennen würden. Wäre es nicht genial, dachten wir, wenn wir den Leuten helfen könnten, diese einschneidenden Veränderungen zumindest in gewissen Grenzen zu steuern? Würde es nicht einiges zum Besseren wenden, wenn sie über ihren Beziehungstyp Bescheid wüssten, statt sich wie ein Blatt im Wind hierhin und dorthin treiben zu lassen?

Für uns war die Beschäftigung mit den drei Beziehungstypen eine Offenbarung; von nun an entdeckten wir das Bindungsräderwerk überall. Unser eigenes Beziehungsverhalten und das der Menschen in unserem Umfeld erschien uns in einem neuen Licht. Wir konnten Patienten, Kollegen und Freunde einem Beziehungstyp zuordnen und ihre Beziehungen anders interpretieren und besser verstehen. Ihr Verhalten wirkte nicht mehr rätselhaft und vielschichtig, sondern im Rahmen der Umstände vorhersagbar.

Evolution und Bindungsverhalten

Die Bindungstheorie beruht auf der These, das Bedürfnis nach einer engen Beziehung sei in unseren Genen angelegt. John Bowlby hatte die geniale Einsicht, dass wir von der Evolution so programmiert sind, dass wir unter allen Menschen einige wenige auswählen und sie für uns wertvoll werden. Wir sind genetisch prädisponiert, von einem wichtigen anderen Menschen abhängig zu sein. Das Bedürfnis beginnt im Mutterleib und endet, wenn wir sterben. Bowlby behauptete, die gesamte Evolution hindurch habe die genetische Selektion Menschen bevorzugt, die Bindungen eingegangen sind, denn dies bedeutete einen Überlebensvorteil. In prähistorischen Zeiten endeten Menschen, die sich nur auf sich selbst verließen und niemanden hatten, der sie beschützte, mit hoher Wahrscheinlichkeit als Beute. Menschen dagegen, die mit jemandem zusammen waren, der sich um sie kümmerte, überlebten meist und gaben an ihre Nachkommen die Vorliebe für enge Bindungen weiter. Das Bedürfnis, einem bestimmten Menschen nah zu sein, ist sogar so wichtig, dass das Gehirn über einen biologischen Mechanismus verfügt, der speziell dafür verantwortlich ist, unsere Bindung an unsere Bezugspersonen (Eltern, Kinder, Liebespartner) herzustellen und zu regulieren. Dieses sogenannte Bindungssystem besteht aus Emotionen und Verhaltensweisen, die uns dazu veranlassen, die Nähe geliebter Menschen zu suchen, um Geborgenheit und Schutz zu erfahren. Der Mechanismus erklärt, warum ein Kind, das von seiner Mutter getrennt wird, außer sich gerät, verzweifelt nach ihr sucht oder hemmungslos weint, bis es den Kontakt mit ihr wiederhergestellt hat. Solche Reaktionen werden als Protestverhalten bezeichnet, und wir alle greifen auch als Erwachsene noch darauf zurück. In der Frühzeit der Menschheitsgeschichte war die Nähe zu einem Partner eine Angelegenheit von Leben oder Tod, und unser Bindungssystem entwickelte sich, um diese Nähe als absolute Notwendigkeit zu behandeln.

Stellen Sie sich vor, Sie würden an dem Abend, an dem Ihr Partner von New York nach London fliegt, die Nachricht von einem Flugzeugabsturz über dem Atlantik hören. Das bange Gefühl in der Magengrube und die Hysterie, die mit ihm einhergeht, zeigen Ihr Bindungssystem bei der Arbeit. Ihre hektischen Anrufe am Flughafen sind Ihr Protestverhalten.

Ein extrem wichtiger Aspekt der Evolution wird unter dem Begriff der Heterogenität zusammengefasst. Wir Menschen sind eine sehr heterogene Spezies, das heißt, dass wir uns in unserem Aussehen, unseren Einstellungen und unseren Verhaltensweisen stark voneinander unterscheiden. Vor allem dieser Tatsache verdanken wir unsere Verbreitung als Spezies und die Fähigkeit, uns an fast jede ökologische Nische auf dieser Welt angepasst zu haben. Wenn wir alle gleich wären, könnte jedes x-beliebige Umweltproblem die Menschheit gänzlich auslöschen. Die Verschiedenartigkeit jedoch verbessert die Chancen, dass ein Teil der Bevölkerung, der gewisse einmalige Besonderheiten aufweist, auch dann überlebt, wenn die anderen untergehen. Im Hinblick auf die Beziehungstypen verhält es sich genauso. Obwohl es uns allen ein Grundbedürfnis ist, enge Bindungen einzugehen, unterscheiden wir uns in der Art, wie wir dies tun. In einer sehr gefährlichen Umwelt wäre es wenig vorteilhaft, Zeit und Energie in nur einen Menschen zu investieren, denn er wäre wahrscheinlich nicht sehr lange mit uns zusammen; sinnvoller ist es dann, sich nicht so fest zu binden und stattdessen für sich selbst zu sorgen (vermeidender Beziehungstyp). Eine andere Möglichkeit angesichts einer rauen Umwelt besteht darin, sich genau entgegengesetzt zu verhalten und besonders hartnäckig und wachsam zu versuchen, der Bezugsperson nah zu bleiben (ängstlicher Beziehungstyp). In einer eher friedlichen Umwelt verspricht eine enge Bindung, bei der beide Partner großzügig Zeit und Energie ineinander investieren, für jeden von ihnen und für die Nachkommenschaft größere Vorteile (sicherer Beziehungstyp).

Nun werden wir in der modernen Gesellschaft natürlich nicht mehr von Raubtieren gejagt wie unsere Vorfahren, aber evolutionär gesehen sind wir nur einen Sekundenbruchteil von den alten Gegebenheiten entfernt. Wir haben unser Gefühlshirn von einem Homo sapiens übernommen, der in einer völlig anderen Ära lebte, und unsere Emotionen wurden so konzipiert, dass sie mit seinem Lebensstil und den auf ihn lauernden Gefahren zurechtkamen. Deshalb unterscheiden die Gefühle und Verhaltensweisen, die wir heute in Beziehungen haben, sich nicht großartig von denen unserer Vorfahren.

Protestverhalten im digitalen Zeitalter

Mit unseren neu gewonnenen Erkenntnissen über die Folgen der Bindungsstile auf den Alltag nahmen wir das, was Menschen tun, ganz anders wahr. Verhaltensweisen, die wir bisher dem Charakter eines Menschen zugeschrieben oder als übertrieben abgestempelt hatten, wurden, wenn man sie durch die Brille der Bindungstheorie sah, klar und verständlich. Unsere Erkenntnisse machten deutlich, warum es Tamara so schwerfiel, einen Freund wie Greg, bei dem es ihr eigentlich nur schlechtging, loszulassen. Es lag nicht daran, dass sie schwach war. Vielmehr lag es an dem Urinstinkt, den Kontakt zu einer Bezugsperson um jeden Preis aufrechtzuerhalten – einem Instinkt, der durch ihren ängstlichen Beziehungstyp noch deutlich verstärkt wurde.

Tamaras Bedürfnis, mit Greg zusammenzubleiben, wurde durch das leiseste Gefühl von Gefahr ausgelöst – der Gefahr, dass ihr Geliebter unerreichbar, nicht für sie da oder selbst in Schwierigkeiten sein könnte. Evolutionär gesehen wäre es verrückt, unter solchen Umständen eine Beziehung abzubrechen. Und es wäre absolut sinnvoll, ein Protestverhalten einzusetzen, zum Beispiel ihn mehrmals täglich anzurufen oder ihn eifersüchtig zu machen.

Uns gefiel an der Bindungstheorie vor allem, dass sie für alle gilt. Im Gegensatz zu vielen psychologischen Ansätzen, die von therapiefreudigen Paaren ausgehen, leitet die Bindungstheorie ihre Schlussfolgerungen von allen Menschen ab – solchen mit und solchen ohne glückliche Beziehung, solchen, die nie eine Psychotherapie machen, und solchen, die jederzeit eine machen würden. Auf diese Weise erfuhren wir nicht nur, was in Beziehungen schiefläuft, sondern auch, was gut läuft, und konnten eine gar nicht kleine Gruppe von Menschen ausmachen und würdigen, die in den meisten Beziehungsratgebern kaum erwähnt wird. Zudem definiert die Bindungstheorie nicht das eine Verhalten als gesund und ein anderes als gestört. Kein Beziehungstyp ist an sich »pathologisch«. Im Gegenteil, Verhaltensweisen in Liebesbeziehungen, die vorher merkwürdig oder unpassend wirkten, erwiesen sich als verständlich, vorhersehbar und sogar erwartbar. Sie bleiben mit jemandem zusammen, obwohl er nicht genau weiß, ob er Sie liebt? Verständlich. Sie sagen, Sie wollen sich trennen, und ein paar Minuten später ändern Sie Ihre Meinung und beschließen, dass Sie unbedingt bleiben wollen? Genauso verständlich.

Aber sind solche Verhaltensweisen angemessen, und lohnen sie sich? Das ist eine andere Frage. Der sichere Beziehungstyp versteht es, seine Erwartungen dem Partner effizient zu vermitteln und ebenso effizient auf dessen Bedürfnisse zu reagieren, ohne auf ein Protestverhalten zurückgreifen zu müssen. Für uns andere ist Erkenntnis nur der erste Schritt.

Von der Theorie zur Praxis – auf der Basis der Bindungstheorie hilfreiche Strategien für Paare entwickeln

Die Erkenntnis aus der Paarbindungsforschung, dass Menschen ganz unterschiedliche Bedürfnisse nach Nähe und Zusammengehörigkeit haben, und dass diese Verschiedenartigkeit zu Kollisionen führen kann, bot uns die Möglichkeit, Liebesbeziehungen aus einer neuen Perspektive zu untersuchen. Nun machte es die Forschung zwar leicht, Liebesbeziehungen zu verstehen, aber wie diese verändern? Die Theorie verhieß die Möglichkeit, intime Bindungen zu verbessern, aber vom Labor zu einem alltagstauglichen Leitfaden für jedermann war es ein ordentlicher Schritt. Weil wir das aber für den Schlüssel zu einem besseren Beziehungsleben hielten, machten wir uns zunächst daran, so viel wie möglich über die drei Beziehungstypen und ihre Wechselwirkungen zu erfahren.

Wir begannen, Menschen aus allen sozialen Schichten zu interviewen, und befragten Kollegen, Patienten und psychologische Laien aus unterschiedlichen Milieus und Altersgruppen. Wir notierten ihre Beziehungsgeschichte und die uns anvertrauten Erfahrungen mit der Liebe. Wir beobachteten Paare in Aktion. Wir analysierten ihre Kommentare, Einstellungen und Verhaltensweisen und ordneten ihnen auf dieser Basis einen Beziehungstyp zu; in manchen Fällen boten wir ihnen eine therapeutische Intervention auf der Basis der Bindungstheorie an. Wir entwickelten ein Verfahren, mit dem der Beziehungstyp eines Menschen in relativ kurzer Zeit ermittelbar war. Wir unterwiesen Klienten darin, ihre Bindungsinstinkte positiv einzusetzen, statt gegen sie anzukämpfen; auf diese Weise sollten sie nicht nur unglücklichen Beziehungen entkommen, sondern auch die verborgenen »Perlen« entdecken, die es wert waren, gehegt und gepflegt zu werden – und es funktionierte!

Im Gegensatz zu anderen Beziehungstherapien, die sich überwiegend an Singles oder bestehende Paare richten, lässt die Einsicht in das Räderwerk der Paarbindung sich auf Menschen in allen Phasen ihrer Liebesbeziehung anwenden. Es gibt spezielle Empfehlungen für Leute, die zwecks Partnersuche bei den ersten Verabredungen sind, für frisch Verliebte, für langjährig Gebundene, für Menschen, die gerade eine Trennung erleben, und für solche, die um den Verlust eines geliebten Menschen trauern. In all diesen Fällen kann die Einsicht in die Paarbindungsmechanik unsere Beziehungen verbessern.

Einsichten praktisch umsetzen

Nach einiger Zeit gewöhnten sich die Menschen in unserem Umfeld an den Bindungstheorie-Jargon. Wir hörten, wie sie in der Therapiesitzung oder beim Abendessen sagten: »Ich kann mich nicht mit ihm einlassen, er ist eindeutig vermeidend«, oder: »Sie wissen ja, ich bin ängstlich. Eine kurze Affäre ist das Letzte, was ich brauche.« Und das, obwohl sie die drei Beziehungstypen bis vor kurzem gar nicht kannten! Wenn also in diesem Buch die Begriffe »sicher«, »ängstlich« oder »vermeidend« auftauchen, sind sie im Sinne der Bindungstheorie zu verstehen.

Tamara eignete sich natürlich alles an, was es über die Bindungstheorie und unsere neuesten Entdeckungen zu wissen gab – in fast jedem Gespräch brachte sie das Thema aufs Tablett. Sie hatte endlich allen Mut zusammengenommen und ihre aussichtslose Beziehung zu Greg beendet. Wenig später stürzte sie sich erneut in die Partnersuche. Ausgerüstet mit ihrem neu erworbenen Bindungswissen, vermochte sie potenziellen Verehrern mit vermeidendem Beziehungstyp elegant aus dem Weg zu gehen; sie wusste jetzt, dass sie nicht die Richtigen für sie waren. Männer, deretwegen sie früher tagelang gelitten hätte – die sie analysiert hätte: was sie dachten, ob sie anrufen würden oder ob sie es ernst meinten –, fielen nun ohne viel Aufhebens durchs Raster. Stattdessen konzentrierte Tamara sich darauf einzuschätzen, ob ihre neuen Bekannten wohl in der Lage sein würden, die Art von Nähe und Zuwendung aufzubringen, die sie sich wünschte.

Nach einiger Zeit lernte Tamara Tom kennen, einen eindeutig gefestigten Mann, und ihre Beziehung entwickelte sich so reibungslos, dass sie kaum darüber sprach. Das lag nicht daran, dass sie uns private Details nicht mitteilen wollte; es lag daran, dass sie eine sichere Basis gefunden hatte und es einfach keine Krisen oder Dramen gab, die sie sich vom Herzen reden musste. Jetzt drehten sich unsere Unterhaltungen meist um die schönen Dinge, die sie unternahmen, um ihre Pläne für die Zukunft oder ihre Arbeit, bei der sie wieder voll durchstartete.

Ausblick

Dieses Buch ist das Ergebnis unserer Übertragung der Bindungsforschung auf die Praxis. Wir hoffen, dass Sie – genauso wie viele unserer Freunde, Kollegen und Klienten – mit seiner Hilfe in Ihrem Liebesleben bessere Entscheidungen treffen werden. In den folgenden Kapiteln erfahren Sie mehr über die drei Beziehungstypen und darüber, wie sie Ihr Verhalten und Ihre Einstellungen in Liebesdingen prägen. Vergangene Misserfolge werden Sie so in einem neuen Licht sehen, und Ihre Motive – und die Motive der anderen – werden Ihnen klarer werden. Sie erfahren, welche Bedürfnisse Sie haben und mit wem Sie zusammen sein sollten, damit Sie in einer Beziehung glücklich sind. Falls Sie in einer Beziehung mit einem Partner sind, dessen Beziehungstyp mit dem Ihren kollidiert, erkennen Sie, warum Sie beide so denken und handeln, wie Sie es tun, und lernen Strategien kennen, die Ihr Leben zufriedener machen können. Auf jeden Fall wird sich etwas ändern – zum Besseren, garantiert!

2

Abhängigkeit ist kein böses Wort

In einer Reality-Fernsehshow, bei der Paare gegen andere Paare antraten und rund um die Welt schwierige Aufgaben zu meistern hatten, waren vor ein paar Jahren Karen und Tim das Traumpaar der Sendung: schön, sexy, klug und erfolgreich. Während der verschiedenen Aufgaben kamen sehr persönliche Details ihrer Beziehung ans Licht: Karen wollte heiraten, Tim zögerte. Er schätzte seine Unabhängigkeit, während sie gerne mehr Nähe gehabt hätte. In sehr spannenden Momenten des Wettbewerbs und oft nach einer Konfliktsituation hatte Karen das Bedürfnis, dass Tim ihre Hand hielt. Tim war das unangenehm; es war ihm zu intim, und außerdem wollte er nicht nach ihrer Pfeife tanzen.

Vor der letzten Sendung lagen Tim und Karen in Führung. Um ein Haar hätten sie den hohen Barpreis gewonnen, aber auf der Ziellinie wurden sie geschlagen. Bei einem Interview zum Abschluss der Fernsehstaffel wurden sie gefragt, ob sie im Nachhinein irgendetwas anders gemacht hätten. Karen sagte: »Ich glaube, wir haben verloren, weil ich emotional zu abhängig war. Im Nachhinein ist mir klar, dass mein Verhalten ziemlich extrem war. Ich hatte oft das Bedürfnis, dass Tim meine Hand hielt. Ich weiß nicht, warum das für mich so wichtig war. Aber ich habe etwas daraus gelernt und beschlossen, das zu ändern. Warum musste ich ständig seine Hand halten? Das war albern. Ich hätte einfach cool bleiben sollen, ohne diese Geste von ihm zu brauchen.« Tim seinerseits sagte sehr wenig: »Der Wettbewerb war ganz anders als das reale Leben. Das war die intensivste Erfahrung, die ich je gemacht habe. Wir hatten noch nicht einmal Zeit, wütend aufeinander zu sein. Wir haben einfach eine Aufgabe nach der anderen abgehakt.«