Was unsere Kinder brauchen - Katharina Saalfrank - E-Book
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Was unsere Kinder brauchen E-Book

Katharina Saalfrank

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Beschreibung

Von der Erziehung zu Beziehung: Die 7 Geheimnisse glücklicher Familien In diesem GU-Ratgeber stellt sich die bekannte Pädagogin Katharina Saalfrank an die Seite der Eltern! So bestärkt sie Eltern und erläutert gleichzeitig, was Kinder brauchen, um zu angstfreien, selbstbewussten und glücklichen Erwachsenen aufzuwachsen. Frau Saalfrank arbeitet bindungs- und beziehungsorientiert und stellt vor allem die konstruktive Beziehung zwischen Eltern und Kindern, sowie die emotionalen Entwicklungsprozesse der Kinder in den Mittelpunkt. So hat Sie bereits hunderte Eltern mit ihren Kindern durch schwierige Situationen begleitet - ob während ihres Studiums, in ihrer Zeit als TV-Coach oder in ihrer therapeutischen Praxis. Sie erfahren, wie Sie zu Ihren Kindern eine gute, wertschätzende und gleichwertige Beziehung aufbauen können, die eine herkömmliche Erziehung überflüssig macht: Verantwortung statt Bewertung, Achtsamkeit statt Strafe, Vertrauen statt Kontrolle, Dialog statt Monolog lauten einige der Werte. Sie finden in diesem Buch zahlreiche realistische Situationen, in denen Sie sich mit Ihren Kindern wiedererkennen werden - aber auch viele praktische Tipps, um diese Werte gemeinsam im Alltag zu leben.

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Seitenzahl: 249

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KATHARINA SAALFRANK studierte Pädagogik und Musiktherapie und legte dabei ihren Schwerpunkt früh auf den Bereich der Entwicklungspsychologie. Zunächst war sie in der Familienberatung unter anderem in einer kinder- und jugendpsychiatrischen Praxis als Diplom-Pädagogin tätig. Von 2004 bis 2011 war sie als Pädagogin in der quotenstarken RTL-Sendung »Die Super Nanny« zu sehen. Für ihre pädagogische Arbeit in dem Format wurde sie 2007 mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Seit 2009 bietet sie in ihrer eigenen privaten Praxis pädagogisch-psychologische Eltern- und Familienberatung, Kinder-Coaching und Supervision sowie Ehe- und Paarberatung an. Sie arbeitet bindungs- und beziehungsorientiert und stellt vor allem die konstruktive Beziehung zwischen Eltern und Kindern sowie die individuellen emotionalen Entwicklungsprozesse der Kinder in den Mittelpunkt. So hat sie viele Familien durch schwierige Situationen begleitet – ob während ihres Studiums, in ihrer Zeit als TV-Coach oder im Rahmen ihrer therapeutischen Praxis. Frau Saalfrank lebt mit Mann und vier Söhnen in Berlin. www.katiasaalfrank.de

VORWORT

Abschied von der Erziehung

Als Mutter habe ich mir – wie viele andere Eltern auch – vorgenommen, einiges anders zu machen, als ich es selbst erlebt habe. Ich habe Fachbücher gelesen, studiert, Neues ausprobiert und auch reflektiert. Als Pädagogin und Therapeutin schließlich dachte ich dann, Erziehung solle vor allem von Verständnis, Wertschätzung und demokratischen Regeln geleitet sein. Ich verstand das als Abkehr von der autoritären Erziehung, die moralisiert und straft, und als echte Weiterentwicklung hin zu einem zeitgemäßen Erziehungskonzept.

Heute weiß ich, dass auch moderne Erziehungsmethoden in erster Linie den Fokus auf das Verhalten von Kindern legen: Kinder sollen sich auf eine bestimmte Weise verhalten und sich den Vorstellungen der Erwachsenen anpassen. Für mich ist jedoch entscheidend, Gefühle und Bedürfnisse in den Mittelpunkt des Miteinanders zu stellen – die der Kinder und unsere eigenen. Hier dürfen Eltern eine neue wertschätzende Führungsrolle übernehmen. Es geht mir um eine tragfähige Beziehung, die auf einer sicheren Bindung zu uns Eltern aufbaut und die auch die emotionale Entwicklung des Kindes berücksichtigt. Das ist es, was Kinder brauchen. Nur so können wir eine warme Atmosphäre und auch eine kindgerechte Umgebung schaffen, in der sie sich nachhaltig gut entwickeln und gesund aufwachsen können und die es ihnen auch erlaubt, ihre individuellen Potenziale und Fähigkeiten zu entfalten.

Ich lade Sie deshalb dazu ein, die Idee des klassischen Erziehens hinter sich zu lassen und im Umgang mit Ihren Kindern vor allem auf das Miteinander zu schauen. So können Sie neue Wege für sich und Ihre Familie gehen. In diesem Buch möchte ich Ihnen sieben Werte an die Hand geben, die Sie – quasi als Kompass – dabei begleiten.

Ihre

Katharina Saalfrank

Neue WegeIM UMGANGmit unserenKINDERN

Eltern suchen Rat, weil sie besser mit ihrem Kind zurechtkommen wollen. Sie haben gemerkt, dass in ihrer Eltern-Kind-Beziehung etwas schiefläuft, und wollen es gern anders machen als früher. Sie suchen nach neuen Wegen. Vor allem aber möchten sie, dass es ihren Kindern gut geht! Ein beziehungsorientierter Umgang miteinander trägt wesentlich dazu bei und ist Grundlage für eine vertrauensvolle Atmosphäre innerhalb der gesamten Familie.

WIE FINDEN WIR DIE »RICHTIGE« LÖSUNG?

Ich habe in den letzten Jahren immer wieder Eltern getroffen, die vor allem schnelle Lösungen von mir haben wollten. Immer wieder kam die Frage: »Was soll ich tun?« Oder: »Wie soll ich in einer schwierigen Situation handeln?« Diese Art, mit Problemstellungen umzugehen, kann in anderen Zusammenhängen sinnvoll sein. Um jedoch Kinder gut begleiten zu können, ist es wichtig, ihre ENTWICKLUNG zu verstehen. Wir sollten also nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen und uns zunächst fragen: »Was brauchen eigentlich unsere Kinder? Was brauchen sie grundsätzlich, um gut aufwachsen zu können und sich optimal zu entwickeln?« Da Kinder jedoch auch unterschiedliche Charaktereigenschaften mitbringen und vielfältige individuelle Persönlichkeitsmerkmale aufweisen, dürfen und müssen wir auch fragen: »Was genau braucht mein Kind?« Die Frage »Was soll ich tun?« beantwortet sich dann wesentlich leichter, denn die Antwort ergibt sich vor allem aus den emotionalen Bedürfnissen Ihres Kindes. Es ist also sinnvoll, genauer hinzuschauen.

Die Beziehung berücksichtigen

Um individuelle Antworten für Eltern in der Beratung zu finden, sind die Beziehungen der Beteiligten untereinander und die emotionale Ebene für mich zunächst von großer Bedeutung. Das heißt, ich arbeite auf der Beziehungsebene. Ich schaue mir die Verflechtungen an, was die Beziehung zum Beispiel zwischen Mutter und Sohn oder Vater und Tochter ausmacht, wie sie »funktioniert« und was man daraus ableiten kann. Sprich: Mein Blick auf die Zusammenhänge ist zunächst auf das System der Familie bezogen und beziehungsorientiert. Erst dann im zweiten Schritt geht es um mögliche Lösungen. Hiermit habe ich gute Erfahrungen gemacht. Dieses Vorgehen heißt aber auch: Es gibt keine Rezepte und es braucht ein wenig Zeit – es lohnt sich aber sehr und wirkt sich positiv auf das Zusammenleben in der Familie aus. Eltern können so zunächst auf die jeweiligen Bedürfnisse aller Beteiligten schauen: Was genau braucht dieses Kind und welches Bedürfnis entsteht in mir? Dies in elterlicher Verantwortung abzuwägen und daraus Lösungswege zu entwickeln, welche die aktuelle Situation, aber auch die Persönlichkeit des Kindes und die der Eltern berücksichtigen, ist ein wesentlicher Baustein der guten Eltern-Kind-Beziehung.

Kindliches Verhalten verstehen

Weiterhin können wir heute wichtige Erkenntnisse über das emotionale Wachstum und die Entwicklungsphasen von Kindern nutzen und daraus Konsequenzen für unser Handeln und Schlussfolgerungen für unseren Umgang mit Kindern ziehen. Aus meiner Sicht sind viele Forschungsergebnisse noch nicht oder noch nicht genügend in den Erziehungsalltag eingeflossen. Dabei sind Informationen und vertieftes Wissen über die emotionale, seelische und geistige Entwicklung grundlegend und Voraussetzung dafür, dass wir Kinder besser verstehen und ihr Verhalten den entsprechenden Entwicklungs- und Wachstumsphasen zuordnen können. Denn nur so können wir dann auch erkennen, was Kinder wirklich brauchen, und sinnvolle Strategien für einen guten Umgang mit ihnen daraus entwickeln.

Viele Erziehungsratgeber suggerieren jedoch, man könne Kinder nach Rezept »versorgen«, und verunsichern so mehr, als dass sie helfen. Denn sie verallgemeinern häufig und bleiben oft ausschließlich auf der Ebene der konkreten Handlungsanweisung für Eltern. Zwar mag die vorgegebene Lösung dann vielleicht auch manchmal passen. Aber weil Menschen individuelle Persönlichkeiten sind und Konstellationen und auch Situationen immer variieren gibt es eben

nicht

DIE

Lösung und

nicht die

EINE

Lösung und

auch nicht die

RICHTIGE

Lösung

und schon gar nicht

DIE EINE RICHTIGE

Lösung!

Was im Umkehrschluss allerdings auch bedeutet: Es gibt auch nie wirklich die »falsche« Lösung. Ich empfinde diese Erkenntnis als äußerst entlastend für uns Eltern.

Es gibt also kein wirkliches »Richtig« oder »Falsch«. Und doch fühlt sich manches richtig oder falsch, gut oder auch nicht so gut für uns Erwachsene an. So finden sich erst mal einfach nur Lösungen. Und manche dieser Lösungen, die wir uns ausgedacht haben, »funktionieren« und manche »funktionieren« manchmal eben auch nicht. So machen wir ganz viele spannende Erfahrungen und probieren uns in der Beziehung zu unseren Kindern aus. Das dürfen wir als Eltern und entwickeln uns dabei mit unseren Kindern weiter und wachsen als Eltern auch immer ein gutes Stück mit!

Das eigene Handeln reflektieren

Auch die Frage, warum wir etwas tun oder nicht tun, steht vor der Frage, was wir tun können. Das heißt: Zunächst Gedanken sortieren, Haltung überdenken und erst dann handeln. Denn wenn wir für uns selbst unser eigenes Verhalten und Handeln verstehen und dann auch erklären und begründen können, können wir auch die Beziehung zu unseren Kindern stimmig gestalten. Leider nehmen wir uns im Alltag für die Selbstreflexion häufig zu wenig Zeit: Oft sind wir deshalb unentschlossen, reagieren zu schnell und überlegen vor unserer Entscheidung nicht genau, auf welcher Grundlage wir sie treffen.

Die 8-jährige Veronika ist aufgeregt, weil sie mit ihrer Familie in den Urlaub fahren wird. »Kann ich noch schnell heißes Wasser in die Thermoskanne füllen und Apfeltee für die Reise machen, Mama?« Ihre Mutter schaut vom Koffer hoch, den sie gerade zu schließen versucht. »Nein, finde ich nicht gut.« – »Warum nicht?«, fragt Veronika. »Ich bin auch vorsichtig im Auto.« – »Nein!«, beharrt ihre Mutter. Veronika guckt verständnislos. »Schade …«, sagt sie enttäuscht.

Ihre Mutter schaut hoch: »Warum eigentlich nicht?«, beginnt sie einen inneren Dialog mit sich. »Warum will ich das jetzt nicht?«, fragt sie sich prüfend und findet folgende Antworten:

»… weil ich die Befürchtung habe, dass die Zubereitung zu lange dauern könnte, und wir jetzt zügig los wollen?

… weil ich nicht will, dass Veronika in der Küche mit heißem Wasser oder im Auto mit heißem Tee hantiert?

… weil ich gerade gestresst und angestrengt bin und nicht in Ruhe darüber nachdenken kann, ob es sinnvoll ist, Tee mitzunehmen?«

»Mama, das Wasser im Kocher ist schon etwas abgekühlt«, ruft Veronika, als ob sie die Gedanken ihrer Mutter gelesen hätte. »Ich könnte schnell die Teebeutel reinhängen und mache die Kanne auch nicht ganz voll, dann können wir unterwegs warmen Tee trinken. Papa fährt doch, da kannst du mir beim Einschenken helfen, damit nichts danebengeht.«

»Eigentlich eine gute Idee«, schließt Veronikas Mutter ihren inneren Dialog ab und entscheidet sich um. »Ja, du hast recht, Veronika. Das ist eine gute Idee, wenn das Wasser schon etwas abgekühlt ist und die Kanne nicht ganz voll ist, dann können wir das so machen.«

Veronikas Mutter konnte hier in einem inneren Dialog mit sich selbst in einigen Sekunden das WARUM für ihren ersten Entschluss (»ich will es nicht«) überprüfen. Und sie konnte sich auf dieser Basis schließlich anders entscheiden (»gute Idee«). Neben dem Warum ist aus meiner Sicht jedoch auch das WIE entscheidend (»reagiere ich wertschätzend oder grob?«). Die Situation hätte auch so ausgehen können:

»Nein«, denkt Veronikas Mutter. »Ich möchte es jetzt einfach nicht, meine Bedenken sind zu groß und es ist mir gerade zu viel.« Sie ist innerlich entschieden und antwortet: »Veronika, eigentlich eine gute Idee! Für eine andere Fahrt. Wir haben jetzt schon Getränke im Auto. Das nächste Mal denken wir früher dran.«

Veronikas Mutter vertritt hier freundlich ihren Standpunkt und ist geduldig geblieben. Das gelingt uns nicht immer – und doch ist es grundlegend im Umgang mit Kindern. Mir ist wichtig, dass wir darauf achten, wie wir miteinander umgehen, unabhängig davon, zu welchem Resultat wir gekommen sind. Beide Lösungen sind nachvollziehbar und doch so verschieden.

So einfach, wie wir es gerne hätten, ist es mit den vermeintlich richtigen Lösungen also nicht. Denn es geht immer darum, eigene Wege für sich zu begründen und dabei auch die Individualität der einzelnen Beteiligten zu berücksichtigen. Alles andere würde menschlichen Beziehungen und dem Leben mit Kindern nicht gerecht! So sind wir also auf der Suche nach Orientierung und die vielen gut gemeinten Ratschläge – aus Büchern, dem Internet, von der Oma, von Freunden … – führen meistens nur zu einem: zu Ratlosigkeit.

Ratlos? Das ist auch eine Chance!

Aber ratlos zu sein, das ist nicht schlimm! Ratlosigkeit ist zwar kein schönes Gefühl, denn es macht uns erst mal hilflos und manchmal auch handlungsunfähig. Wir können Ratlosigkeit aber auch nutzen – als Chance, Platz für neue Gedanken zu schaffen. Niemand weiß immer alles und schon gar nicht sofort. Gerade in der heutigen Zeit, in der wir oft ruhelos durch das Leben hetzen und ständigem, rasantem Wandel ausgesetzt sind. Wir können – und dürfen – also auch einmal innehalten und uns Zusammenhänge anschauen. Es ist erlaubt, ratlos zu sein! Denn dann können wir überlegen, was uns wirklich wichtig ist. Aber früher, da wussten doch alle immer alles ganz, ganz genau! Oder? Da schien es klar, wie man mit Kindern umgeht. Warum also erscheint es heute so schwierig? Es liegt im Wesentlichen am gesellschaftlichen Wandel: Das Frauen- und Mutterbild hat sich stark verändert. Frauen sind heute viel häufiger berufstätig. Die Scheidungszahl ist gestiegen, die Geburtenrate ging zurück und es haben sich neue nicht eheliche Lebens- und Wohngemeinschaften mit und ohne Kind herausgebildet. Wir haben es also heute mit einer größeren Vielfalt von Familienformen zu tun. Das heißt auch: Es gibt keine allgemeingültigen Werte mehr. Die Vorstellung, so und nicht anders hat Familie zu sein, so und nicht anders müssen Kinder erzogen werden, ist überholt. Das verunsichert Eltern natürlich. Diese Entwicklung eröffnet andererseits jedoch die Möglichkeit, persönliche Vorstellungen herauszubilden und neue Lebenskonzepte zu entwerfen.

Kennen Sie noch den Satz aus Ihrer Kindheit: »Das macht man nicht!«? Bestimmt! Dieses unpersönliche MAN mit seinen unendlich vielen Regeln und Normen, die es transportiert, lässt kaum Raum zum Hinterfragen. Und obwohl wir es heute anders machen wollen, bestimmt das »Man« ganz oft noch unser Handeln im Umgang mit Kindern. »Das macht man nicht!« ist ein immer wiederkehrender, unterschwelliger Vorwurf, den Eltern ihren Kindern häufig unbewusst machen. Er symbolisiert überkommene Werte wie Gehorsam, Anpassung und Unterwerfung. Allerdings wissen wir heute sehr viel mehr über die kindliche Entwicklung und darüber, was Kinder brauchen. Deshalb fühlen wir uns auch nicht mehr wohl mit einem autoritären Erziehungsstil. Wir wollen einfühlsame und verständnisvolle Eltern sein. Dieser Rollenwechsel ist eine Herausforderung!

Die authentische Elternpersönlichkeit

Wir stellen heute vieles, was früher für den Umgang mit Kindern gegolten hat und was wir selbst vielleicht noch erlebt haben, infrage. Wenn wir uns die Geschichte der Erziehung anschauen, dann ist das auch notwendig. Das ist die gute Nachricht! Und was ist die schlechte? Die »schlechte« Nachricht ist, dass wir nun selbst unseren Weg als Eltern suchen müssen, dass wir uns aufmachen müssen, neue Werte und Prinzipien zu finden, zu erproben und zu leben. Werte, die zu uns und unserer Familie passen! Das Positive daran: Wir müssen das nicht nur, wir DÜRFEN es auch! Wir verstecken uns nicht mehr hinter dem »Man«, sondern zeigen uns mit unserer gesamten Persönlichkeit, unserem Gefühl und so auch mit unseren vermeintlichen Schwächen. Das ist erst mal neu und ungewohnt, denn wir sind dadurch auch angreifbar und müssen uns selbst hinterfragen und hinterfragen lassen. Für Kinder jedoch ist es wesentlich, dass wir Eltern für sie sichtbar sind, denn sie wollen wissen, was wir denken und fühlen. Sie brauchen glaubwürdige, authentische Eltern.

» UNSERE KINDER BRAUCHEN ELTERN, DIE VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN, DIE IHRE EIGENEN GRENZEN KENNEN UND DIE AUTHENTISCH SIND. «

WAS ELTERN WIRKLICH WOLLEN

Es scheint auf den ersten Blick vielleicht einfacher gewesen zu sein, sich allein daran zu orientieren, was gesellschaftlich anerkannt war. Oder anders ausgedrückt: sich anzupassen! Auf keinen Fall jedoch war es besser. Das wissen wir heute.

Nehmen wir den AUTORITÄREN ERZIEHUNGSSTIL, der zwar eine klare Orientierung bietet, der aber nur funktioniert, weil er vor allem von Macht und damit auch oft von Gewalt, Angst und Unterwerfung geprägt ist. Heute wissen wir, was ein solcher Umgang mit Menschen macht und dass fehlende emotionale Wärme das gesunde Aufwachsen von Kindern gefährdet. Ein solcher Umgang beeinträchtigt das Selbstwertgefühl und die Selbstständigkeit, unterdrückt die Kreativität, fördert Aggression und Abhängigkeit und führt im schlimmsten Fall zu psychischen Störungen, die oft erst im Erwachsenenalter sichtbar werden. Viele Eltern wollen es deshalb anders machen: Verständnis, emotionale Wärme, Wertschätzung gegenüber den Kindern sind den meisten Eltern heute wichtig.

Im Alltag jedoch schimmern immer noch Aspekte einer veralteten Sichtweise durch: So haben Erwachsene seit jeher gedacht, ein Kind sei ein »Mangelwesen« und müsse durch eine bestimmte »Behandlung« durch Erwachsene und mithilfe von Erziehungsmethoden erst zum »richtigen« Menschen gemacht werden. Erwachsene müssten es beeinflussen und manipulieren und es so dazu bringen, sich auf eine ganz bestimmte Weise zu verhalten. Erziehung in diesem Sinne bedeutet also Einüben von vorgeschriebenen Verhaltensweisen und Vermittlung festgelegter Fähigkeiten und Fertigkeiten. Dieses aktive Einwirken auf das Kind, bei dem die Ziele und die Interessen der Erwachsenen – auf mehr oder auf weniger rigorose Weise – verfolgt werden, bezeichne ich im Folgenden als HERKÖMMLICHE ERZIEHUNG. Es gibt gute Gründe, diese Idee des Erziehens zu überwinden.

Eltern im Spagat

Entwicklungspsychologie und Hirnforschung sind sich einig: Erziehung, wie sie einmal gesehen wurde, ist mittlerweile überholt. Auch die Evolutionsbiologie liefert hierzu interessante Erkenntnisse. Viele Eltern möchten deshalb heute auch gerne anders handeln, möchten ihre Kinder verstehen, mehr auf die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Kinder eingehen und Verständnis zeigen, sei es auch noch so schwer. Und genau hier geraten Eltern dann oft an ihre Grenzen, es kommen schnell Verzweiflung auf und auch die Frage: »WIE kann ich es denn anders machen?« Um diese Frage wird es in den folgenden Kapiteln immer wieder gehen. Doch werfen wir zunächst einen Blick darauf, wie es vielen Eltern heute geht.

Die Angst zu versagen

Eltern, die in meine Praxis kommen, wollen alle das Beste für ihre Kinder und sind auf der Suche nach neuen Wegen. Die Anforderung, allem gerecht zu werden, steigt jedoch stetig und durch äußere oder auch eigene Ansprüche geraten Eltern dann schnell unter Druck, was zu Verunsicherung führt. Und Eltern sind – gerade weil sie ihre Kinder lieben – leicht zu verunsichern.

Eltern sind angreifbar und

VERLETZLICH

in ihrer emotionalen Rolle als Mutter oder Vater und sie fühlen sich sofort schuldig, wenn etwas (vermeintlich) nicht gelingt.

Eltern erleben den

WIDERSPRUCH

zwischen einerseits dem Wunsch, das Beste für ihre Kinder zu ermöglichen und deren gesellschaftliche Chancen zu steigern, und dem kindlichen Bedürfnis nach familiärer Geborgenheit andererseits.

Deshalb stellt sich die Frage, wie wir unser Kind besser verstehen und gut mit ihm umgehen können, heute dringlicher denn je.

Wir sind also Suchende in einer Phase der Ungewissheit und des Umbruchs. Diese Unsicherheit ist aber grundsätzlich gar nichts Schlechtes. Sie gehört sogar unbedingt zum Elternsein dazu. Solche Empfindungen machen es überhaupt erst möglich, dass wir uns auf unsere Kinder einstellen, dass wir dynamisch und beweglich bleiben. Wenn jedoch Hilflosigkeit und das Gefühl, versagt zu haben, bei uns vorherrschen, bekommen wir Angst, die dazu führt, dass wir vermeintlich hilfreichen Ratschlägen folgen: Wir Erwachsene dürfen uns das Ruder nicht aus der Hand nehmen lassen! Wir müssen immer wissen, wo es langgeht! Schnell fallen wir dann zurück in das alte Muster: Strafe wird wieder ein probates Mittel im Umgang mit Kindern. Es ist also gar nicht so einfach, auf seinem Weg zu bleiben, sich nicht verunsichern zu lassen und nicht zurückzufallen in – nur scheinbar – besser funktionierende Erziehungsmethoden.

Das optimierte Kind? – Nein danke!

Zum einen kann die Verunsicherung von einer diffusen Angst, es »falsch« zu machen, herrühren. Vor allem aber sind Eltern heute durch den enorm gestiegenen gesellschaftlichen Druck verunsichert, dem sie sich ausgesetzt fühlen. Spätestens wenn Kinder in die Kita oder die Schule kommen, steht das Leistungsprinzip im Vordergrund und Eltern wollen da nichts »verpassen«. Kinder werden immer früher mit staatlich organisierter Bildung, mit immer noch mehr Wissen und dessen gezielter Vermittlung konfrontiert. Besonders die frühkindliche Förderung wurde in den letzten Jahren optimiert. Gute Bildung soll schon in jüngsten Jahren möglich sein. Unsere Kinder sollen alle Chancen haben, sich gut, nein: optimal zu entwickeln. Kinderkrippen, Kindertagesstätten und Ganztagsbetreuung werden ausgebaut, gefördert – ein attraktives Angebot, das Familien kaum ausschlagen können. Die Kinder sind als Ressource des Wohlstands von morgen fest im Blick, ihr »Wert« wird allerdings ausschließlich in ihrer Fähigkeit beurteilt, Deutschland im internationalen WETTBEWERB zu stärken.

Was auf den ersten Blick nach einer begrüßenswerten Entwicklung aussehen mag, hat dunkle Schattenseiten. Die Ansprüche, die durch die umfassenden Förder- und Betreuungsangebote an die Eltern herangetragen werden oder diese an sich selbst stellen, sind enorm gestiegen. So fragen wir uns: »Wie kann ich meinem Erziehungsauftrag gerecht werden? Wie finde ich die richtige Betreuung? Welche Bildung soll mein Kind wann und in welcher Dosierung erhalten? Sind wir überhaupt gute Eltern? Was wird aus meinem Kind, wenn es versagt, wenn ich versage als Mutter oder Vater?« Und da ist sie wieder, die Angst, etwas falsch zu machen, sowie die Verunsicherung, die Eltern das Vertrauen in die Fähigkeiten ihres eigenen Kindes nimmt und sie von ihrem eigenen Weg (wieder) abkommen lässt.

RÜCKENSTÄRKUNG

Lassen Sie sich nicht verunsichern!

In meiner Beratungspraxis erlebe ich viele verunsicherte Eltern. Tragisch ist: Wenn sie und ihre Kinder in der leistungsbetonten öffentlichen Erziehung nicht »funktionieren«, werden Kinder in ihrem Verhalten schnell pathologisiert. So fühlen Eltern sich abgewertet und verlieren jedes Gefühl dafür, was gut für sie und ihre Kinder ist. Sie verlieren den Glauben an ihre Kinder und das Vertrauen, dass diese okay sind, so wie sie sind. Und: Sie verlieren das Vertrauen in sich selbst und ihre eigenen Fähigkeiten als Mutter oder Vater. Übrig bleibt das Gefühl, »schlechte Eltern« zu sein.

Lassen Sie dieses Gefühl nicht übermächtig werden. Sie machen es gut! Lassen Sie sich nicht verunsichern und bleiben Sie nicht mit Ihren Zweifeln alleine: Schon ein Gespräch mit anderen, ein Austausch, der auf Verständnis und Vertrauen beruht, der Sie bestärkt in dem, was Sie und alle Eltern wollen – nämlich dass es ihren Kindern gut geht –, gibt Sicherheit. Vertrauen Sie darauf, dass Sie Ihr Kind als gleichwertiges Gegenüber und in wertschätzendem Verhältnis führen können und dürfen! Lassen Sie sich nicht einreden, dass es in erster Linie um das »Funktionieren« Ihres Kindes geht: Spricht es genug Worte für sein Alter? Ist es im Sozialverhalten unauffällig? Ist es freundlich und kann es sich an Regeln halten? … Ihr Kind nicht? Deshalb ist es noch lange kein Fall für den Kinder- und Jugendpsychiater und Sie sind auch keine schlechten Eltern! Kinder verhalten sich immer entsprechend ihrer Umwelt. Deshalb: Spüren Sie nach, woran es liegen kann, wenn Ihr Kind sich »verweigert«, dann sind Sie auf einem guten Weg!

Bitte keine »Musterkinder«!

Eltern sind heutzutage nicht nur einem enormen Bildungsdruck ausgesetzt, sie werden oft auch mit fatalen Untergangsszenarien konfrontiert, die durch vermeintlich logische, tatsächlich aber haarsträubende Kausalketten hergeleitet werden: Vom Kleinkind, das sich protestierend auf den Boden wirft, weil es nicht einsehen will, das seine Mutter ihm den Mund abwischt, ist es nicht weit bis zu einem jugendlichen Arbeitslosen, der nicht fähig ist, eine Ausbildung zu absolvieren. Und: Hier zeigt sich, wie sehr die Welt, in der wir leben, auf Normierung ausgerichtet ist. Meine Erfahrung ist: Je mehr das Verhalten eines Kindes in der Bastelgruppe der Kita oder im Mathematikunterricht »stört«, desto mehr wird das Kind von der Umwelt als »auffällig« eingeschätzt. Schnell wird so entwicklungsgerechtes Verhalten des Kindes pathologisiert, denn der Korridor für das, was wir heute unter »normal entwickelt« verstehen, wird durch NORMIERUNG immer schmaler und enger und mit eigens dafür geschaffenen Instrumenten sind wir auf der Suche nach »Muster- und Schablonenkindern«.

Im BILDUNGSBEREICH wird mehr über Kinder gesprochen als mit ihnen – sie werden beobachtet, getestet, bewertet, eingeordnet. Es geht um messbare Zielerreichung; Testen und Normieren sind die Instrumente, mit denen Institutionen ihre Arbeit rechtfertigen und deren Qualität messen. Qualität wird hier durch Kennzahlen und Kurven ausgedrückt. Die Zahlenwelt hat sich also der Kindheit bemächtigt. Was dabei auf der Strecke bleibt, ist die Vielfalt: Die individuelle Entwicklung eines jeden Kindes kann so nicht berücksichtigt werden, zu schnell fallen Kinder aus den vorgegebenen Normwerttabellen heraus. Und wir Eltern? Sind verunsichert, beunruhigt und besorgt, wie der folgende Brief einer jungen Mutter an mich zeigt:

Hallo Frau Saalfrank,

mein Sohn ist fast zwei Jahre alt und wir waren heute bei der U7-Untersuchung. Es war schrecklich! Er sollte einen Turm bauen mit Bausteinen, was er natürlich nicht gemacht hat (obwohl er es kann), und sollte zeigen, wo seine Nase ist, was er leider auch nicht gemacht hat (obwohl er es kann, wahrscheinlich war die Situation für ihn komisch!).

Die Arzthelferin hatte er noch nie gesehen und er guckte sie nur böse an. Ich hätte ehrlich gesagt auch keinen Turm gebaut. Ich würde so gern gelassen bleiben und Lucas in seiner Entwicklung nicht hetzen, aber ich bin einfach total verunsichert. Es gab noch einige andere Bereiche, wo mein Sohn nicht entsprechend der Kurve oder der Tabellen entwickelt war. Ich fühle mich schlecht. Der Arzt hat nichts Positives gesagt. Ich habe irgendwie das Gefühl, als Mutter zu versagen. Alle Kinder können immer mehr als meins. Ja, ich sehe auch, dass mein Sohn langsamer ist als andere Kinder in der Entwicklung, aber ist das denn nun ein Grund, gar nichts Positives zu sagen?

Ihre Lydia S.

Lucas und seine Mutter sind kein Einzelfall – die Erschütterung der jungen Mutter wird sehr spürbar. Immer wieder erhalte ich solche Zuschriften. Meine Aufgabe – in der Beratung und in diesem Buch – sehe ich deshalb darin, Sie in Ihrer Elternrolle zu bestärken und für Ihre eigenen Fähigkeiten als Mutter oder Vater zu sensibilisieren. Wenn Sie an sich und an Ihr Kind glauben, können Sie viel besser auf seine Bedürfnisse eingehen, ihm Vertrauen entgegenbringen und es ebenfalls bestärken. Sie können dann dem Kind auch auf emotionaler Ebene das geben, was es braucht, und eine entsprechende Umgebung für sich und Ihre Familie schaffen. Schauen Sie also zunächst auf das, was Ihr Kind kann, nicht auf seine (vermeintlichen) Defizite.

» ELTERN DÜRFEN IHR KIND ANNEHMEN, SO WIE ES IST, UND ES IN SEINER INDIVIDUELLEN ENTWICKLUNG UNTERSTÜTZEN. «

Mit Kanonen auf Spatzen

Kinder sind in unserer Gesellschaft zwar sehr in den Fokus gerückt. Allerdings nicht im positiven ganzheitlichen Sinn – mit ihren individuellen und emotionalen Bedürfnissen, ihren Chancen und ihren Potenzialen. Nein, sie sind in die Mühlen der Ansprüche und Vorstellungen von Erwachsenen geraten. Deshalb werden heute vor allem Defizite und Schwächen des Kindes wahrgenommen. Es wird dann auch schnell mit Kanonen auf Spatzen geschossen; passt ein Kind nicht, landet es nicht selten mit seinen verunsicherten Eltern beim Kinder- und Jugendpsychiater. Wie konnte es passieren, dass wir vielerorts eine Welt für Kinder geschaffen haben, in die sie nicht mehr passen? Anstatt die Umgebung für Kinder angemessen zu gestalten, suchen wir nach immer neuen Möglichkeiten, die Kinder in eine immer schneller werdende, digitalisierte und beziehungsarme Welt zu zwängen – nach dem Motto: Was nicht passt, wird passend gemacht. So werden Kinder zunehmend medikamentös behandelt. Die Zahl der ADHS-Diagnosen ist in den letzten Jahrzehnten explosionsartig angestiegen und es wurde immer mehr Methylphenidat (Wirkstoff, der bei ADHS verabreicht wird) verschrieben. Hinzu kommt, dass sich auch die individuellen Dosierungen stark erhöht haben. Das Ausmaß, in dem heutzutage der MEDIZINISCHE BEREICH bemüht wird, wenn es um sogenannte »schwierige« Kinder geht, legt den Verdacht nahe, dass es Erwachsenen vor allem um die Anpassung und Normierung von Kindern geht.

Der Perfektionsanspruch an Kinder ist insgesamt enorm gestiegen. Eltern lassen sich nicht selten davon anstecken und haben ihrerseits einen hohen Anspruch: Sie wollen »perfekte« Eltern sein. Liebe Eltern, das müssen Sie gar nicht, denn »perfekt« gibt es nicht. Es reicht, wenn Sie Ihren Kindern das geben, was sie brauchen, um gesund aufzuwachsen. Das ist nicht immer einfach. Es ist jedoch viel bereichernder, kleine Persönlichkeiten ins Erwachsenenleben zu begleiten, als Schablonen heranzuziehen. Gerne stehe ich Ihnen dabei zur Seite!

Erziehungsziele heute

Wie also können wir denn kleine Persönlichkeiten gut ins Leben begleiten? Was wollen wir für uns und unsere Kinder erreichen? Meine Erfahrung ist, dass Eltern sich nach einer guten Beziehung zu ihren Kindern sehnen. Ihre Kinder sollen gesund bleiben und stark werden. Verantwortungsbewusstsein, Eigenständigkeit, autonomes Handeln, ein starkes Selbstbewusstsein und Selbstständigkeit – das ist es, was Eltern sich für ihre Kinder wünschen. All diese Ziele sind mit dem herkömmlichen Modell der Erziehung (> und >), das nach dem Prinzip von Macht und Gehorsam das Verhalten des Kindes manipuliert, nicht vereinbar. Wir befinden uns deshalb auf neuen Wegen. Eine Mutter schrieb mir nach einer ersten Beratungsstunde:

Hallo Frau Saalfrank,

unser Gespräch hat viel in mir ausgelöst. Meine Herkunftsfamilie war sehr hierarchisch und autoritär strukturiert. Tradierte Werte wie Ordnung, Sauberkeit, Pünktlichkeit, Fleiß, Gehorsam waren bestimmend für den Familienalltag. Ich möchte meinem Kind heute andere Werte mitgeben. Das ist aber nicht so leicht. Oft stecke ich fest: Gerade, wenn ich stark angespannt, traurig oder wütend bin, merke ich, wie unbewusste Mechanismen greifen. Dann werde ich oft unfair. Neue Ziele und Werte für mich zu definieren, hilft mir. Zum Beispiel möchte ich, dass meine Kinder einerseits zu mir Vertrauen entwickeln und keine Angst haben müssen. Andererseits möchte ich auch, dass meine Kinder sich in einer Gemeinschaft zurechtfinden, Grenzen respektieren und Verantwortung übernehmen können. Dieser Spagat fällt mir schwer. Vielleicht können wir gemeinsam weitere Ziele definieren?

Ihre Anja K.

So wie dieser Mutter hier geht es vielen Eltern. Sie machen sich darüber Gedanken, was sie an ihre Kinder weitergeben wollen. Wenn ich Eltern frage, welches Ziel sie in ihrer Erziehung verfolgen, sagen viele: »Ich möchte vor allem, dass mein Kind später mal glücklich ist und sein Leben gut meistern kann!« Aber was heißt »glücklich sein« überhaupt? Und was für Eigenschaften und Beziehungserfahrungen brauchen Menschen, um ihr Leben später gut meistern zu können? Es lohnt sich, darüber nachzudenken und für sich Ziele zu formulieren. Im Alltag mit unseren Kindern haben wir dann die Möglichkeit, unser Handeln darauf abzustimmen und zu überlegen, ob das, was wir gerade tun, auch sinnvoll ist und zum gesteckten Ziel führen kann.

Folgende Erziehungsziele habe ich aus meiner pädagogischen Praxis und langjährigen Erfahrung heraus hier zusammengestellt. Eltern wünschen sich, dass ihr Kind …

… eine eigenständige Persönlichkeit wird,

… ein starkes Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl aufbaut,

… unabhängig wird und selbstständig Entscheidungen treffen kann,

… anderen mit Empathie und Einfühlungsvermögen begegnet,

… später sein Leben und sein Umfeld selbst gestalten wird,

… Verantwortungsbewusstsein für sich und andere entwickelt,

… psychisch und physisch gesund heranwächst.

» WIR SOLLTEN UNS ÜBER UNSERE GRUNDSÄTZLICHEN ZIELE KLAR WERDEN, DAMIT WIR IM ALLTAG DEN WEG DORTHIN NICHT VERLIEREN UND IHN BEWUSSTER VERFOLGEN KÖNNEN. «

Welche Ziele haben Sie im Umgang mit Ihren Kindern? Es ist sinnvoll, dass wir unsere Ziele genauer definieren, denn oft haben wir sie nur vage vor Augen und wählen dann im Alltag Wege, die nicht zielführend sind, ja, die uns manchmal von den Zielen eher sogar entfernen. Wie soll ein Kind zum Beispiel lernen, die Grenzen eines anderen zu respektieren (»Ich möchte nicht, dass du andere Kinder haust«), wenn seine eigenen Grenzen durch die Bezugspersonen übertreten werden (das Kind darf zur Strafe nicht mehr mitspielen)?