3,99 €
Gedichte aus Lebenshöhen und -tiefen, über Liebe und Lust, zu Berufssituationen, Mitmenschen, Naturbetrachtung, die Erde, Gefühle zu Jahreszeiten, Zwiesprache mit Gott, Reisen, Gedanken über sich selbst
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 63
Veröffentlichungsjahr: 2016
Impressum:
© 2016 Wolfgang Schirmer
Umschlagbild: Wegewarteblüte vor dem Hintergrund Farben der Erde (Wolfgang Schirmer)
Umschlaggestaltung: Wolfgang Schirmer / Angelika Fleckenstein
Bilder und Zeichnungen: © Wolfgang Schirmer
Layout Buchblock: Angelika Fleckenstein; spotsrock.de
Verlag: tredition GmbH, Hamburg
ISBN Taschenbuch
978-3-7345-6300-3
ISBN Hardcover
978-3-7345-6301-0
ISBN eBook
978-3-7345-6302-7
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Gedichte
Wolfgang Schirmer
Die Wegewarte säumte auf vielen Wegen mein Leben. Von ihrer Verbreitung her ist sie in der Tat ein Wegbegleiter — im übertragenen Sinn ein Lebenswegbegleiter.
Botanisch heißt sie Wegwarte, im Volksmund auch Wegewarte. Ihr Vorkommen in Mitteuropa allein als Pflanze der Wegränder führte zur Erkenntnis, dass sie bei uns eingewandert ist und eine Kulturpflanze darstellt (Archäophyt). In natürlichen Pflanzengemeinschaften kommt sie in Mitteleuropa nicht vor. Ansonsten ist sie in Asien, im Mittelmeergebiet und Nordafrika verbreitet. Sie ist sonnenliebend, öffnet bei warmem Wetter ihre leuchtendblauen Blütenblätter, am liebsten am Vormittag. Sie wendet ihre Blütenköpfe immer jeweils dem Licht zu. Ihr Leben an Wegen wird dadurch ermöglicht, dass sie Kälte wie Hitze, Abgase wie reine Luft verträgt. Der wissenschaftliche Name der Wegwarte ist Cichorium intybus, was im Arabischen bedeutet „Endivie, die im Januar geerntet wird“.
Ich kenne sie von Kindheit an. Bald war sie Wegbegleiter auf meinen langen Radtouren und Wanderungen. Bewusst wurde sie mir aber richtig dadurch, dass sie vom späten Juni bis September an der Bundesstraße 9 bei Dormagen zwischen St. Peter und Üdesheim die Straße hellblau säumte und mir im Verkehrsstau auf dem täglichen Berufsweg angenehme Augenzwiesprache bot. Jetzt begleitet sie mich auf der Albhochfläche der Fränkischen Schweiz an den Zufahrtswegen und Feldwegen um Wolkenstein.
Sie zieht sich sporadisch durch mein Leben, genauso wie die Gedichte mich sporadisch durch viele Lebenssituationen begleiten, von denen sie erzählen. Darum gibt die Wegewarte meinem Leben einen dreifachen übertragenen Sinn: als räumlicher Wegbegleiter, als Begleiter meines Lebenswegs und als Wesen mit ständig bemühter Hinwendung zum Licht. So widme ich diesem treuen Pflänzchen den Titel zu diesem Bändchen.
Viele der folgenden Gedichte sind Zwiegespräche mit mir selbst. Ich bin immer Doppelwesen: Da ist mein äußeres Wesen, das handelnde, sprechende; und daneben lebt das innere Wesen, das mich berät, mich hinterfragt, zurückhält, mir Mut macht, mich tröstet. Dieses innere Wesen spricht stets zu mir. Ich spreche auch manchmal hörbar mit ihm, etwa wenn ich stolpere: Pass doch auf, lass dir Zeit. Oder ich tröste mich, wenn ich merke, dass ich falsch verstanden wurde: Du hast es doch gut gemeint, aber offenbar hast du dich nicht richtig ausgedrückt. Wenn also in den folgenden Gedichten das „du“ auftritt, so ist das häufig ein Zwiegespräch mit mir. Manches sind Ratschläge für mich selbst, nicht etwa Belehrungen an meine Umgebung. Am Ende sind zu einigen Gedichten Anmerkungen angefügt.
Simisien nenne ich Gedichte aller Art, die maximal 160 Zeichen, einschließlich Leerzeichen, umfassen. Das Wort ist abgeleitet von SMS (Short Message System) und dem dazu entstandenen Verb simsen (Die erste SMS der Welt überhaupt war am 3. Dezember 1992 gesendet worden).
Anfang 2001 startete der Uzzi-Verlag Düsseldorf (Harald Müller) einen Wettbewerb, der einlud, zu vorgegebenen Stichworten Texte mit maximal 160 Zeichen zu verfassen. Zur Kategorie Liebe, Literatur und Spaß, und ein Jahr später (2002) zu Lust, Eifersucht und Angst, habe ich einige Kurzgedichte eingereicht. Von ihnen wurden drei Gedichte in die Bändchen Liebe und Spaß (2001) aufgenommen, weitere vier im Wettbewerb 2002. Dieser zweite Wettbewerb wurde jedoch nach Einreichung der Texte vom Verlag abgebrochen. 2012 wurden schließlich von Harald Müller die ausgewählten Texte beider Wettbewerbe digital herausgegeben (siehe Anmerkungen). Meine Freude an 160-Zeichen-Gedichten brach aber 2002 nicht ab. Ich nannte sie dann bald Simisien.
So eilet und lebet,
und schenket und gebet
dem heutigen goldenen
Tag seinen Sinn.
Wer voll von schwer Sorgen
nur denkt, was sei morgen,
der zieht aus dem Leben
nur wenig Gewinn.
* * *
Sieh wachsen den Tag
und sein Glänzen und frag,
ob du ihn schon heute
genussvoll geliebt.
Es kann ein Gesicht sein,
es kann ein Gedicht sein,
ein Baum, auch ein Star,
der im Singen sich übt.
* * *
So frag dich, was willst du
vom Leben und fühlst du,
was du so recht bräuchtest,
um glücklich zu sein.
Und mach dir das Heute
zur winzigen Freude —
bau stets in den Alltag
dein Leben mit ein.
Mich treibts hinaus ins Weite,
ein Frühlingshauch von Seide
weht zart mir durchs Gemüt.
Ich müsst noch Vieles schreiben,
doch kann ich nicht mehr bleibent
Unruhe in mir glüht.
Viel Jahr lang müsst ich sitzen,
müsst Text und Zeichnung ritzen,
bis dass berichtet ward,
was in den letzten Jahren
ich von der Erd erfahren,
sie mir hat offenbart.
Doch Mut und Blut sie drängen
hinaus mich aus den Zwängen,
das Jahr beginnt zu blühn.
Ich muss den Frühling fassen,
mich ihn liebkosen lassen,
sein sonnig Land lichtgrün.
Aus Bergen, Felsenkluften
beginnt die Erd zu duften,
mein Blick will weit hinaus.
Ach könnt ich dich durchschreiten
du Erd, zu allen Zeiten,
mich hielt kein fürstlich Haus.
* * *
Verzeih mir, Gott, mein Drängen,
entlass mich aus den Zwängen!
Ein einzig Leben nur
gibst du mir, dem Steinklopfer,
der ich mein Herze opfer
der Erdzeit alter Spur.
Ich will auch einst beizeiten
Erkanntes aufbereiten,
mein Dank dartun der Erd.
Sie hat mich viel gelehret;
dass mich nach ihr begehret,
ist mir mein Leben wert.
O blütenduft’ger Reigen,
schwebst über Gras und Zweigen,
machst alles liebenswert.
Du schmückst die Erde festlich
und machst die Arbeit köstlich,
die liest im Buch der Erd.
Sieh nur zum Schönen!
Geistig Verwöhnen
sei dein höchster
Lebensbegehr.
Täglich erfreue
du dich aufs neue
an edlen Geistes
reichem Verzehr.
Zwar gibt es Tage
randvoll mit Plage,
Tage, die reichlich
zerschlagen dich sehn.
Doch auch lang Regen
birgt seinen Segen,
und wie er kam,
so wird er vergehn.
Viel hundert Kamele hab ich gesehn,
eins schöner wie’s andere anzusehn.
Man kann sie streicheln, ganz nah hingehn;
ich glaub, sie können mich auch verstehn.
Wenn sie laufen, wie sie sich da wiegen.
Wenn sie schmusen, wie sie sich da schmiegen,
die Hälse eng miteinander verwunden —