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"Weihnachtsdingse" – wer kennt sie nicht? Gegenstände, die wir alljährlich zur Advents- und Weihnachtszeit in Händen halten. Dingse, die unsere Hände schon seit Kindertagen kennen und die für ein gelungenes Fest auf keinen Fall fehlen dürfen. Sie erinnern uns nicht nur an all unsere liebgewonnenen Marotten - zum Beispiel die Räuchermännchensammlung oder die Suche nach dem garantiert hässlichsten Weihnachtspullover. Sie stecken auch voller guter Erinnerungen an die schönsten Weihnachtstage und liebste Menschen, mit denen wir sie gefeiert haben. In diesem Adventsbegleiter der besonderen Art finden sich für jeden Tag bis zum Dreikönigstag mal witzige, mal nachdenkliche, mal inspirierende Weihnachtsdings-Gedanken zum Schmunzeln und Erinnern, zum Weiterschenken und Selbstbehalten. Ein Buch, das auch bei Erwachsenen die Vorfreude auf jedes neue Türchen jeden Tag größer macht!
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Seitenzahl: 79
Veröffentlichungsjahr: 2025
Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie. Detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Printausgabe
© Vier-Türme GmbH, Verlag, Münsterschwarzach 2025
ISBN 978-3-7365-0695-4
E-Book-Ausgabe
© Vier-Türme GmbH, Verlag, Münsterschwarzach 2025
ISBN 978-3-7365-0711-1
Alle Rechte vorbehalten
E-Book-Erstellung: Sarah Östreicher
Lektorat: Marlene Fritsch
Covergestaltung: Finken und Bumiller, Stuttgart
Covermotiv: bürosüd, München
www.vier-tuerme-verlag.de
Wolfgang Siegler
Weihnachtsdingse
Von Adventskalender bis Zimtstern
Vier-Türme-Verlag
Weihnachtsdingse
Dezember
1 Adventskalender
2 Plätzchenausstecher
3 Zimtsterne
4 Babarazweige
5 Plätzchendose
6 Der Stab des Nikolaus
7 Weihnachtspost
8 Christbaumständer
9 Glaskugel
10 Glühwein
11 Gebrannte Mandeln
12 Tannenbaum
13 Kerzenlicht
14 Räuchermännchen
15 Wunschzettel
16 Lichterketten
17 Weihnachtspyramide
18 Weihnachtsstern
19 Christbaumspitze
20 Die erste Schneeflocke
21 Adventskranz
22 Eisblumen
23 Weihnachtsengel
24 Esel
25 Christmas Crackers
26 Geschenkpapier
31 Raclette-Set
Januar
1 Sekt
6 Sternenstaub
Seelendingse
Vom selben Autor
Cover
Impressum
Buchtitel
WEIHNACHTSDINGSE
Der kleine Sohn von Freunden hatte für sich das Wort »Dingse« erfunden und große Freude daran, es bei jeder Gelegenheit zu verwenden: Spielsachen waren Kinderdingse, die Tasche fürs Schwimmbad Badedingse, der Rollator, den er durch die Wohnung schob, gehörte zu den Opadingsen. Und als es jetzt wieder Advent wurde, kam mir in den Sinn: Warum sollte es nicht auch Weihnachtsdingse geben? Also Gegenstände, die wir alljährlich zur Advents- und Weihnachtszeit in Händen halten. Von denen wir nicht nur wissen, wie sie aussehen, sondern die unsere Hände schon seit Kindertagen kennen. Wir wissen, wie es sich anfühlt, wenn die Finger darüber streichen. Und ob man aufpassen muss, weil sie zerbrechlich sind. Die Kälte des Metalls, wenn der Christbaumständer aus dem Keller geholt wird, oder die Wärme einer brennenden Kerze. Die körperliche Erfahrung überlappt mit den Erinnerungen, die sich über ein Leben hinweg auf die Dinge gelegt haben. Solche Gegenstände können Schlüssel zu Türen in meinem Inneren sein, die ich gerne öffne.
Gerade wenn die Tage kurz sind, die Nächte dunkel und kalt, meldet sich plötzlich das innere Kind mit seinen Erfahrungen zu Wort: Das aufgeregte Warten auf den Nikolaus und der Wunschzettel ans Christkind sind Teil dieses Kindes, das außerdem beim Plätzchenbacken helfen darf und bei der ersten Schneeflocke vor Freude durch die Wohnung hüpft. Es sind tiefe, geradezu in Fleisch und Blut übergegangene Erinnerungen, die sich gegen die Dunkelheit stellen. Wir zünden Kerzen an, stehen auf dem Weihnachtsmarkt dicht an dicht und singen Lieder. Wir gönnen uns gebrannte Mandeln und schreiben Weihnachtskarten, als wollten wir bekräftigen: Doch, das Leben ist gut. Doch, das Wir ist stärker als jeder Egoismus. Doch, eigentlich sind wir getragen in unserem Leben.
Es klingt ein wenig fromm, aber das hat grundlegend mit Glaube, Hoffnung und Liebe zu tun. Zu glauben heißt hier, in der Dämmerung der Welt nicht den Untergang zu vermuten, sondern auf den Sonnenaufgang zu warten. Das ist nicht bloß eine eher optimistische Weltsicht, sondern eine Lebenseinstellung. An das Gute als letzte Wirklichkeit glauben kann nur ein hoffender Mensch, und paradoxerweise schöpft er aus diesem Glauben immer wieder Hoffnung. Und wer hofft, kann auch lieben. Er kann anderen Menschen Vertrauen vorschießen und sich ihnen liebevoll zuwenden.
Irgendwie leuchten Glaube, Hoffnung und Liebe zu Weihnachten heller auf. Da ist nicht nur ein zaghaftes Vertrauen, dass nicht alles schlecht ist. Viel mehr und konkreter: Woche für Woche zünden wir Kerzen an und warten darauf, dass die Nächte sich verkürzen, die Tage wieder länger werden. Der Wunschzettel ist Hoffnung zum Anfassen. Es ist schön, dass es eine Zeit im Jahr gibt, in der sich so viele Gedanken darum drehen, wie der eine Mensch dem anderen eine Freude machen kann.
So zumindest die Theorie. Denn für gar nicht so wenige Menschen ist Weihnachten eher die Zeit der schmerzlich unerreichten Ideale. Es wäre so schön gewesen, wenn die ganze Familie kommt und gemeinsam in das Fest eintaucht. Aber am Ende streiten sie. Menschen, die allein sind, fühlen sich an den Feiertagen oft besonders einsam. Die Advents- und Weihnachtszeit büßt an Leuchtkraft ein und verliert ihr scheinbar müheloses Glitzern.
Ideale sind nie gleich der Realität, sondern eher etwas, das man gerade so in der Weite des Horizonts erkennt. Vielleicht sind sie sogar etwas Unerreichbares. Umso wichtiger ist es, dass wir etwas haben, an dem wir uns festhalten können. Dinge, die unsere Seele daran erinnern, dass es trotz der Zerbrechlichkeit unseres menschlichen Daseins etwas gibt, das größer, heller und verlässlicher ist als das, was wir machen können.
Dort, wo ich ins Schwimmen komme, braucht es Ankerpunkte, auf die ich mich verlassen kann. Das eine Mal schenken mir solche Gegenstände einen Moment der Geborgenheit, den ich gerade brauche: Es war ein langer Tag im Schneeregen und die adventlich geschmückte Wohnung ergänzt, was es neben der Kuscheldecke und einer Tasse Tee mit Honig braucht. Das andere Mal stimmt mich der Advent mit seinen Gebräuchen, stimmen mich Weihnachtsdingse nachdenklich und halten mich davon ab, ins flache Wasser abzudriften. Solche Ankerpunkte erhalten den Tiefgang. Ob so oder so, Weihnachtsdingse sind einfach da und tun mir gut. Auf die eine oder die andere Weise.
DEZEMBER
1 ADVENTSKALENDER
Ein Adventskalender ist mehr als ein Countdown bis Weihnachten. Eher etwas wie ein kleines Ritual für sich, ganz auf die Vorfreude ausgerichtet. Vielleicht auch eine kleine Hilfe, die Zeit bis zum Fest durchzuhalten. Denn gerade für Kinder ist der Advent eine ganz schön lange Wartezeit.
In der ältesten Adventstradition, die in Spanien und Frankreich ihren Ursprung hat, begann die Vorbereitungszeit auf das Weihnachtsfest schon zu Sankt Martin. Einen Tag vor dieser zweiten Fastenzeit feierte man noch das Martinsfest wie einen kleinen Karneval, von lateinisch: »carne, vale!«, »Fleisch, lebe wohl!«. Denn man nahm Abschied vom Fleisch – und zwar bis Weihnachten. Ein wenig ist das noch in den rheinländischen Fastnachtsfeierlichkeiten zu erkennen, die eben genau am 11.11. beginnen, dem Festtag dieses Heiligen, der mit dem Bettler am Wegrand seinen Mantel teilte. Einmal noch aßen sich die Menschen an der Martinsgans so richtig satt. Und dann begann das lange Warten, eine lange Fastenzeit, bis am Weihnachtsfest wieder üppig und von allem gegessen werden konnte.
Im Lauf der Zeit haben sich die Dinge verändert. Das Martinsfest hat seine Laternenzüge. Im Vergleich zu alten Zeiten ist unser Leben komfortabel geworden. Heute können wir es uns leisten, sogar ganz auf Fleisch zu verzichten, wenn wir das wollen. Wir werden trotzdem satt, auch ohne Martinsgänse. Gerade im Dezember, in dem die vielen Vorweihnachtsfeiern stattfinden, ist das Problem unserer Zeit eher die Übersättigung.
In der Lebenswirklichkeit der (großen und kleinen) Kinder gibt es das Warten auf Weihnachten aber noch, verkörpert im täglichen Ritual des Adventskalenders, der die Dezembertage bis Heiligabend zählt. Morgen für Morgen, Türchen um Türchen tauchen wir in die Vorfreude ein, die sich verstärkt, ja, beschleunigt, wenn die Türchen oder Säckchen weniger werden und die nächste Zahl immer leichter zu finden ist.
Zur Vorfreude gehört das Warten. Man darf das Türchen ja erst aufmachen, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Wer sich heimlich gleich ein Türchen mehr gönnt oder »vorguckt«, um einen ersten Blick auf die nächste Überraschung zu erhaschen, zerstört sie damit im selben Augenblick. Wer nicht warten kann, enttäuscht sich selbst. Der Kalender wird so zu einer Übung im Loslassen. Ein klein wenig Vorfreude bekommt man jeden Tag zu schmecken, aber eben nur ein wenig. Die Übung ist: zufrieden sein können mit dem, was mir jetzt geschenkt ist, und loslassen, was noch nicht dran ist.
Andererseits sind da die vierundzwanzig Tage, die den großen Bogen spannen. Lange Wartezeiten tragen die Gefahr in sich, dass wir ermüden. Der Eifer erlahmt, weil das Ziel zu fern scheint. Da kann der Adventskalender eine echte Stütze sein. Mit seinen nummerierten Türchen und Päckchen hat man das Ziel immer vor Augen. Und wenn darin Süßigkeiten oder anderes Nahrhaftes versteckt sind, bietet er auch tägliche Wegzehrung. Mal ein goldenes Täfelchen Schokolade, mal einen kleinen Nikolaus mit Nougatfüllung oder eine Praline. Jeden Tag kann man sich sozusagen die Vorfreude auf der Zunge zergehen lassen.
Wer, wenngleich schon ins Erwachsenenalter gestolpert, das Ritual des Adventskalenders zu schätzen weiß, es zelebriert und seine tiefere Bedeutung ergründet, kann sich auf das Warten einlassen und ist im übertragenen Sinn bereit, etwas Wesentliches unseres Menschseins zu leben: Wir stehen immer zwischen »schon« und »noch nicht«. Das Warten, mal im Kleinen, mal im Großen, ist also einer der Grundvollzüge unseres Lebens.
Der Adventskalender hilft dann dabei, unseren kleinen tagtäglichen Sehnsüchten nachzuspüren. Und uns über die kleine Erfüllung und die geschenkten Momente im Alltag zu freuen. Wer sich selbst als Sehnsuchtsmensch erfährt und verstehen kann, mag hie und da seufzen, weil so vieles noch nicht vollendet ist. Aber darin liegt auch die einmalige Chance, ein Schimmern des großen Ziels und des tiefen Sinns hinter allem schon jetzt wahrzunehmen.
2 PLÄTZCHENAUSSTECHER