Weisheit des Lebens für Dummies - Marco Kranjc - E-Book

Weisheit des Lebens für Dummies E-Book

Marco Kranjc

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Beschreibung

Besonders in Zeiten der Unsicherheit, in der den Menschen die Kontrolle über ihr Leben verloren zu gehen scheint, suchen viele nach einem Weg, die Orientierung zu behalten und die komplexe Welt zu verstehen. Marco Kranjc zeigt, wie Weisheit als Kompass in Zeiten der Herausforderungen dienen kann. Praktische Lebensklugheit weist den Weg. Bauen Sie auf die Kraft dessen, was Sie erfahren und gelernt haben. Hören Sie anderen zu, versetzen Sie sich in sie hinein, seien Sie offen für Neues, nehmen Sie die Widrigkeiten des Lebens nicht persönlich, akzeptieren Sie, dass Sie nicht alles im Griff haben können und vertrauen Sie dem Expertenwissen über das Leben.

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Weisheit des Lebens für Dummies

Schummelseite

WARUM MAN SICH UM WEISHEIT BEMÜHEN SOLLTE

um sich selbst besser kennenzulernenum Ruhe und Gelassenheit ins Leben kommen zu lassenum sich immer besser in andere Menschen einfühlen zu könnenum mit seinen Gefühlen besser zurechtzukommenum dem ruhigen Nachdenken einen eigenen Platz im Tagesablauf zu gewähren

WAS WEISHEIT IST

Weisheit ist eine praktische Fähigkeit.Weise sein bedeutet, viel vom Leben zu verstehen.Weisheit sollte nichts Besonderes sein, sie hat mit unserem Alltag zu tun.Weisheit bedeutet, aus seinen Erfahrungen lernen zu können.Wie weise ein Mensch ist, erkennt man an der Geschicklichkeit, mit der er sich durchs Leben bewegt.Weise sein heißt weise handeln.Die Herausforderung für ein weises Leben ist immer der Alltag.

Weisheit ist kein Weg zum Glück. Weisheit kann zu Zufriedenheit und Glück führen. Aber Weisheit ist auch dazu da, um mit Unglück, Verlust und Trauer umgehen zu lernen.

WEISHEITSWIDERSPRÜCHE

Man kann Weisheit schlecht erklären, aber man erkennt sie, wenn man ihr begegnet.Jeder braucht weise Menschen um sich, aber sie sind selten.Weisheit kann man aus allem lernen, aber sie ist nicht einfach zu haben.Wissen hilft, weise zu werden. Aber Wissen macht nicht weise.Es lohnt sich, weise zu sein. Aber ein weiser Mensch weiß nicht, dass er weise ist.

SICH SELBST FRAGEN

Wer weise werden möchte, muss den Mut haben, sich immer wieder selbst danach zu fragen, wo er gerade steht:

Kann ich eigentlich das, was ich will?Will ich das, was ich kann?Bin ich an dem Ort, an dem ich sein will?Oder bin ich nur zu faul oder zu ängstlich, um mich in Bewegung zu setzen?Welche hinderlichen Umstände kann ich einfach nicht ignorieren?

DUMMHEIT IST …

… aus seinen Erfahrungen nichts zu lernen.… alle Fehler selbst machen müssen und wollen.… konsequent gegen seine eigenen Interessen zu handeln.… auf seiner Meinung und seinen Vorstellungen zu beharren, wenn die Tatsachen etwas anderes sagen.

WEISE WERDEN IN BEZUG AUF ERFAHRUNGEN UND ERINNERUNGEN BEDEUTET …

… seinen Erinnerungen nicht immer einfach zu vertrauen. Bleiben Sie offen für andere Menschen, die sich an die gleiche Begebenheit vielleicht anders erinnern.… die Gefühle erkennen, die hinter unseren Erinnerungen stecken.… die Fehlbarkeit unserer Erinnerungen gelassen hinzunehmen.… dass es nichts mit Lüge zu tun hat, wenn Sie sich ab und an »neu erfinden«. Nicht alle unsere Fehler erweisen sich im Laufe der Jahre wirklich als Fehler. Und nicht alle guten Entscheidungen sehen auch noch in 20 Jahren gut aus.

Weisheit des Lebens für Dummies

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

1. Auflage 2021

© 2021 Wiley-VCH GmbH, Weinheim

Wiley, the Wiley logo, Für Dummies, the Dummies Man logo, and related trademarks and trade dress are trademarks or registered trademarks of John Wiley & Sons, Inc. and/or its affiliates, in the United States and other countries. Used by permission.

Wiley, die Bezeichnung »Für Dummies«, das Dummies-Mann-Logo und darauf bezogene Gestaltungen sind Marken oder eingetragene Marken von John Wiley & Sons, Inc., USA, Deutschland und in anderen Ländern.

Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren und Verlag für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie eventuelle Druckfehler keine Haftung.

Zitate aus der Bibel: Bibeltexte der Schlachter Bibelübersetzung, Copyright © 2000 Genfer BibelgesellschaftWiedergegeben mit freundlicher Genehmigung. Alle Rechte vorbehalten.

Coverfoto: © joopzandbergen / stock.adobe.comKorrektur: Frauke Wilkens, München

Print ISBN: 978-3-527-71544-2eBook ISBN: 978-3-527-81838-9

Über den Autor

Marco Kranjc ist Tischler, Theologe und Trainer für interkulturelle Kommunikation. Von 1996 bis 2005 leitete er eine evangelische Gemeinde in Maribor, Slowenien. Er war einige Jahre im Gebietsvorstand einer Non-Profit-Organisation für Süd-Ost-Europa, sechs Jahre stellvertretender Direktor. Er ist Autor von Im Ausland leben für Dummies und Evangelisch für Dummies.

Widmung

Unseren Enkelkindern Aila, Smilla, Janja, Ole und Marija. Ihr seid ja neu hier und da gibt es ein paar Dinge, die ich euch sagen möchte.

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titelblatt

Impressum

Über den Autor

Widmung

Einführung

Über dieses Buch

Konventionen in diesem Buch

Törichte Annahmen über den Leser

Wie dieses Buch aufgebaut ist

Symbole, die in diesem Buch verwendet werden

Wie es weitergeht: Weisheit als Weg und Lebensaufgabe

Teil I: Weisheit verstehen

Kapitel 1: Weisheit: Vergessenes Wort – ersehnte Fähigkeit

Weisheit: Praktische Lebensklugheit in Höchstform

Geschenkt oder erlernt – woher Weisheit kommt

Weisheit als Navigator durch eine komplexe Welt

Wie weise Menschen sind

Kapitel 2: Weisheit verstehen: Von den antiken Mythen bis zur heutigen Forschung

Alte Weisheit: Von Lehrern, Mythen und Märchen

Religionen weltweit und das gute Leben

Unter der Lupe: Weisheit wird erforscht

Kapitel 3: Der weise Mensch: Immer auf dem Weg

Der Entschluss: Weise werden wollen

Das Leben will gelebt werden

Immer kurz vor dem Ziel

Kapitel 4: Scheitern – der steile Weg zur Weisheit

Ohne Scheitern kein Erfolg?

Scheitern überstehen

Aufgeben als der Weisheit letzter Schluss

Teil II: Weise werden

Kapitel 5: Leben, leben, leben: Weisheit und Erfahrung

Erleben, erfahren, erinnern

Wozu es gut war: Erlebtes wird Erfahrung

So wird aus Erfahrung Weisheit

Tagebuch schreiben: Erinnerungen und Erfahrungen sichern

Kapitel 6: Lernen, lernen, lernen: Die Weisheit und das Wissen

Weisheit und Wissen: Eine problematische Beziehung

Wissen vergessen, vergessenes Wissen: Wie Bildung entsteht

Das Wissen der Hände: Weisheit und praktische Fähigkeiten

Kapitel 7: Hören, hören, hören: Die Weisheit alter Zeiten

Bewährte Weisheit: Mythen, Märchen und Legenden

Wie man Weisheit findet: Mythologisches

Wie man Weisheit findet: Legendäres

Wie man Weisheit findet: Fabelhaftes

Wie man Weisheit findet: Märchenstunde

Wie meine Mutter immer gesagt hat: Sprichwörter

Kapitel 8: Denken, denken, denken: Die Weisheit und die Philosophie

Was Philosophie überhaupt ist

Wenn plötzlich vieles sinnvoll erscheint: Philosophie persönlich

Einfach mal aufschreiben: Der Denker im Turm

Kapitel 9: Lesen, lesen, lesen: Die Weisheit und die Bücher

Lesen können, lesen wollen, lesen müssen

Noch ein Schritt zur Weisheit: Lesen mit Gewinn

Im Labor des Lebens: Romane lesen

Bücher, die Eindruck machten: Ein ganz persönlicher Abschnitt

Teil III: Aus dem Vollen schöpfen – weise leben

Kapitel 10: Die Geschwindigkeit der Weisheit – von Langsamkeit und Gelassenheit

Weisheit braucht Zeit

Gelassenheit: Die Kunst, sich nicht verrückt machen zu lassen

Gelassenheit und das Leben in Spannungen

Kapitel 11: Niemand ist eine Insel: Menschen lieben – Beziehungen wagen

Wie es beginnt: Sich in andere Menschen einfühlen können

Minimalbeziehung: Höflichkeit

Freunde: Familie, die man sich selbst aussucht

Liebesleben: Was wirklich funktioniert

Alles zwischen Geborgenheit und Katastrophe – die Familie

Kapitel 12: Raum ist in der kleinsten Hütte: Gastfreundschaft

Gastfreundschaft: Eignungstest für Sterbliche

Die Weisheit spaziert zur Tür hinein: Gäste haben

Im siebten Himmel: Essen, trinken und feiern

Kapitel 13: Die Königsdisziplin: Entscheidungen treffen

Die Angst denkt mit

Die Angst vor dem großen Fehler

Zögern und zweifeln: Gefühl und Verstand

Sich weise entscheiden: So könnte es klappen

Entscheiden in komplexen Situationen

Kapitel 14: Sich selbst nicht so wichtig nehmen: Demut

Demut für Anfänger: Understatement

Demut: Einstellung der Unvollkommenen

Kapitel 15: Schlüsselkompetenz: Sterben lernen

Auf dem Weg zur Weisheit: Über den Tod nachdenken

Wenn ich einmal nicht mehr bin: Vorbereitung auf den Tod

Also dann: Leben

Teil IV: Weitergeben – Weisheit vermitteln

Kapitel 16: Ratschläge und Beratung – der Weise im Minenfeld

Sinn und Unsinn von Ratschlägen

Ein guter Ratgeber werden

Wie ein guter Rat aussieht

Rat suchen

Kapitel 17: Die Macht des Vorbilds

Warum man sich Vorbilder sucht

Vorbild werden kann man nicht planen

Vorbild sein ist Last und Auftrag

Vorbilder und ihre Geschichten

Kapitel 18: Mit der Weisheit am Ende – Kinder haben

Alles Glück der Welt – und ein Haufen Ärger

Versuch und Irrtum – von der Ratlosigkeit in der Erziehung

Vom Übel, erwachsen werden zu müssen

Kapitel 19: Auf unbekanntem Gebiet: Weisheit und Alter

Jenseits der fünfzig …

Weisheit und Alter: Kein selbstverständliches Paar

Für die, die nach uns kommen: Weisheit teilen

Teil V: Der Top-Ten-Teil

Kapitel 20: Zehn Erinnerungen und Gedanken, die weiser machen

Mark Twain –

Meine geheime Autobiographie

J. R. R. Tolkien –

Briefe

Nadeschda Mandelstam –

Erinnerungen an das Jahrhundert der Wölfe

Elias Canetti –

Die gerettete Zunge

John Bayley –

Elegie für Iris

Ursula K. Le Guin –

Keine Zeit zu verlieren

Ruth Klüger –

weiter leben. Eine Jugend

Irvin D. Yalom –

Wie man wird, was man ist

Michelle Obama –

Becoming

Saša Stanišić –

Herkunft

Kapitel 21: Zehn Floskeln, die sich weise Menschen lieber abgewöhnen sollten

»Das wird schon wieder!«

»Das Leben geht weiter!«

»Hauptsache gesund!«

»Ich weiß, wie du dich fühlst!«

»Aber sonst geht's gut?«

»Ich will ja nichts sagen, aber …«

»Man wird ja nicht jünger!«

»Also, wenn du mich fragst …«

»Das Leben ist kein Wunschkonzert!«

»Da musst du halt durch!«

Stichwortverzeichnis

End User License Agreement

Orientierungspunkte

Cover

Inhaltsverzeichnis

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Einführung

Seit einigen Jahren wünsche ich Freunden und Bekannten zum Geburtstag nicht nur Glück und Gesundheit, sondern oft auch Weisheit für das neue Lebensjahr. Bei denen, die dieser Wunsch zum ersten Mal »trifft«, bleibt das selten ohne Reaktion. Das Wünschen von Weisheit überrascht und erstaunt und macht auch nachdenklich. Verständnislos war die Reaktion noch nie: Obwohl Weisheit ein kaum gebrauchtes und sogar altmodisches Wort ist, scheint es seinen positiven Klang behalten zu haben. Es weckt die Sehnsucht nach irgendetwas eher Unbestimmtem: vielleicht danach, einen guten Weg durch das Leben und seine vielen Entscheidungen zu finden, eine unübersichtlich gewordene Welt verstehen zu können oder sogar die Hoffnung darauf, einen Weg ins Glück zu finden.

Aber das gleich vorweg: Einen Weg zum Glück kann ich Ihnen mit diesem Buch nicht versprechen. Ich kann Ihnen nicht einmal versprechen, dass Sie nach dem Lesen von Weisheit des Lebens für Dummies weiser sein werden als vorher. Denn »die Weisheit« (die in der Poesie auch manchmal als Person beschrieben wird) hat eine seltsame Art sich zu zeigen und sich den Menschen zu verweigern. Sie spricht manchmal durch kluge Menschen, manchmal durch den Trinker, der in der Kneipe schon zum Inventar gehört. Gern spricht sie durch alte Menschen und auch durch Kinder. Immer wieder einmal durch jeden von uns. Allerdings hat Weisheit auch nicht immer mit dem Alter zu tun.

Oft genug hat man das Gefühl, dass die Weisheit einen gerade dann, wenn man sie am nötigsten braucht, im Stich lässt. Deshalb ist Weisheit des Lebens für Dummies auch keine Anleitung zum garantiert Weisewerden. Eher zeigt dieses Buch Wege auf, wie man diese praktische Lebensklugheit nach und nach erwerben kann.

Über dieses Buch

Als ich einem österreichischen Kollegen von dem Plan zu diesem Buch erzählte, sagte er nur: »Aha, also ein Buch über Hausverstand!« So nennen die Österreicher das, was die Deutschen »gesunden Menschenverstand« nennen, die Engländer »common sense« und in meiner Wahlheimat Slowenien nennt man es »kmečka pamet«, den »Bauernverstand«. Kann man das alles unter der großen Überschrift »Weisheit« zusammenfassen? Wir werden sehen.

Eines ist klar: Kein Autor, der über das Thema Weisheit schreiben will, kann sich wirklich ganz wohl und sicher dabei fühlen. Das liegt wesentlich an der jahrtausendealten Geschichte, die die Weisheit in vielen Kulturen der Welt hat. Ob das Europa ist, China, Babylon oder Israel – zu einem Schluss kommen die Weisen der Welt seit Jahrtausenden und immer wieder: Ein Mensch, der sich selbst für weise hält, gehört zu den Dummköpfen.

Beobachten kann man das bis in unsere Zeit hinein, in der man sogar wissenschaftliche Studien zum Thema Weisheit macht. Eine Studie in Klagenfurt befragte Menschen, die von anderen Menschen für weise gehalten wurden. Ausdrücklich ausgeschlossen von der Befragung waren Menschen, die sich selbst für weise hielten.

Die Chinesen sagen, dass niemand weiter von der Wahrheit entfernt ist als derjenige, der alle Antworten weiß. In der Bibel zu lesen ist, dass für einen Narren mehr Hoffnung ist als für einen Menschen, der sich für weise hält. Anscheinend sind sich hier wohl über Jahrtausende hinweg Menschen mit den Forschern der Uni Klagenfurt einig: Man kann von sich selbst nicht sagen, ob man weise ist. Man kann immer nur hoffen, auf einem guten Weg zu sein. Warum aber tun es sich Menschen immer wieder an, über Weisheit zu schreiben und vor allem: nach Weisheit zu suchen?

Wahrscheinlich, weil sie einfach zu wichtig ist: Wir brauchen sie mehr denn je, um unser komplexes Leben zu durchschauen, wir brauchen sie, um unseren Weg durch ein Leben zu finden, das wir nicht unter Kontrolle haben und uns mehr offene Türen präsentiert, als wir jemals zur Auswahl haben wollten. Und sicher brauchen wir die Weisheit dringend, wenn wir uns den Weg durch die uns täglich überflutende Fülle an Informationen suchen.

Weisheit des Lebens für Dummies ist kein Buch, das Ihnen eine Standardlösung für das richtige Leben oder sogar das Glück gibt. Vielmehr beschreibe ich in den folgenden Kapiteln zum Beispiel,

wie man aus Erfahrungen klug werden kann,

was der Unterschied zwischen den komplizierten und komplexen Fragen unseres Lebens ist,

was der Tod mit der Weisheit zu tun hat,

wie Hören, Denken und Lesen sich zur Weisheit verhalten,

ob man überhaupt sehr intelligent und gebildet sein muss, um weise zu werden, und

was andere Menschen mit unserem Streben nach Weisheit zu tun haben.

Nach der Lektüre von Weisheit des Lebens für Dummies werden Sie sicher kein Philosoph sein. Das Ziel ist viel praktischer. Sie werden erkennen, wie all das, was Ihnen in Ihrem Leben begegnet, Sie weiser machen kann. Weisheit ist nie theoretisch, sondern ein praktischer Lotse durch das Leben. Wenn man auch nie immer die richtigen Entscheidungen treffen wird, so wird man sie doch auf dem Weg zur Weisheit immer öfter treffen.

Konventionen in diesem Buch

In den … für Dummies-Büchern ist es üblich, die Kapitel nicht starr aufeinander aufzubauen, sondern dem Leser die Möglichkeit zu geben, problemlos zu den Kapiteln zu springen, die ihn am meisten interessieren. Für diesen Band empfehle ich trotz allem zuerst Kapitel 1 zu lesen. Dann wissen Sie als Leser, was in diesem Buch unter Weisheit verstanden wird und warum bestimmte Themen in diesem Buch besprochen werden. Danach können Sie nach Herzenslust im Buch herumblättern oder es von vorn bis hinten durchlesen – beides wird Sie dem Thema Weisheit näherbringen.

Törichte Annahmen über den Leser

Als Autor stelle ich mir vor, dass Sie …

… sich Gedanken darüber machen, was wohl ein gutes Leben ist.

… sich fragen, wie Sie einen vernünftigen Weg durch schwierige Zeiten finden können.

… vielleicht Kinder oder Enkelkinder haben, denen Sie gern ein paar wichtige Dinge mit auf den Lebensweg geben möchten.

… vielleicht all das, worüber ich schreibe, schon irgendwie wissen, aber sich freuen, es einmal schwarz auf weiß formuliert vor sich zu sehen.

… sich nicht scheuen (oder es endlich einmal angehen möchten), auch den dunklen Seiten des Lebens in die Augen zu sehen: Unsicherheit, Dummheit, Scheitern, Unglück und Tod.

Wie dieses Buch aufgebaut ist

Sie brauchen dieses Buch nicht von vorn bis hinten durchzulesen. Es komplett zu lesen gibt zwar das ganze Bild, aber unser schneller Alltag lässt es ja manchmal nicht zu, Bücher ganz zu lesen. Deshalb hier ein kleiner Überblick über das, was Sie erwartet.

Teil I: Weisheit verstehen

In diesem ersten Teil geht es erst einmal darum zu verstehen, was Weisheit eigentlich ist und was (oder wie) ein weiser Mensch ist. Die alten Weisheitstraditionen kommen zu Wort, aber auch die Wissenschaft. Ich versuche, das Wort »Weisheit« so gut wie möglich zu definieren und auch zu zeigen, dass Weisheit nicht einfach nur zu erlernen ist wie Schreiben oder Skifahren. Weisheit braucht Übung und bewusstes und aufmerksames Leben.

Dann beschreibe ich Fähigkeiten eines weisen Menschen und wie er zu dieser Weisheit kommen könnte – zugegeben, ein Idealbild. Aber damit uns nicht der Mut verlässt, geht es gleich auch um das Scheitern: Wie gehen wir damit um, wenn alles den Bach runtergeht? Passiert Scheitern trotz Weisheit? Oder scheitern nur die »Narren«? Wie hängt die Weisheit mit den Phasen unseres Lebens zusammen, in denen wir kein Glück haben, ja noch nicht einmal glücklich sind? Ist auch das das gute Leben?

Teil II: Weise werden

In diesem zweiten Teil geht es um die vielen Wege, Weisheit zu lernen. Wie können wir aus guten und schlechten Erfahrungen Weisheit lernen? Können Bildung und Ausbildung uns auch zur praktischen Lebensklugheit anleiten? Ist es möglich, weiser zu werden, wenn man Romane, Sachbücher oder Comics liest? Welche Weisheit lernen wir aus Märchen und Mythen? Wie verhalten sich Weisheit und Intelligenz zueinander? Verhalten sie sich überhaupt zueinander?

Teil III: Aus dem Vollen schöpfen – weise leben

Ein gutes, erfülltes Leben leben – das hat nicht nur mit einem gesicherten Job und genug Geld zu tun. In diesem dritten Teil erfahren Sie, wie die vielen Kleinigkeiten Ihres Lebens zusammenwirken, damit Sie letztendlich den Durchblick dafür bekommen, wie Sie Ihr Leben gut leben können. In diesem Teil werden Sie einige sehr moderne und ein paar seltsame Themen finden. Über Gelassenheit und Langsamkeit wurde schon viel gesagt, über die Demut, sich selbst nicht allzu wichtig zu nehmen, vielleicht weniger. Über Beziehungen wird ständig geschrieben, weniger aber vielleicht, wie sie uns zu weiseren Menschen machen. Dass Gastfreundschaft zu einem guten Leben gehört, werden Sie bis jetzt auch eher selten gelesen haben. Dann gibt es zwei Themen in diesem Teil, die über Gelingen oder Misslingen unseres Lebens am meisten zu sagen haben: ein Kapitel darüber, wie wir Entscheidungen treffen, und eines darüber, wie wir dem Tod ins Auge blicken können und uns das weiser macht.

Teil IV: Weitergeben – Weisheit vermitteln

Weisheit hat man nicht nur für sich selbst. Vielleicht ist ein Merkmal eines weisen Menschen auch der Wunsch danach, Weisheit zu teilen. Das vielleicht nicht einmal deshalb, weil man stolz auf sein eigenes gelingendes Leben ist, sondern weil man anderen die Irrwege und das Scheitern ersparen will. Wie man Ratschläge geben kann, welchen Einfluss ein Vorbild ausübt, welche Rolle die Weisheit für unsere Kinder spielt und welche im Alter – das alles findet Platz in diesem vierten Teil.

Teil V: Der Top-Ten-Teil

Natürlich gehört dann zu einem … für Dummies-Buch noch der Teil mit der Hitparade, einigen Top Ten zum Thema Weisheit.

Symbole, die in diesem Buch verwendet werden

Damit Sie sich nicht durch lange Textwüsten quälen müssen, verwenden die … für Dummies-Bücher auch Symbole.

Neben diesem Symbol finden Sie wichtige Aussagen zusammengefasst, von denen ich meine, dass es sich lohnt, sie sich zu merken.

Das »Vorsicht«-Symbol finden Sie immer dann, wenn Begriffe leicht verwechselt werden können oder Missverständnisse in der Luft liegen. Hier und da warnt es vielleicht sogar vor Dummheiten.

Bei diesem Symbol finden Sie Beispiele zum jeweiligen Thema und auch die ein oder andere persönliche Anmerkung.

Neben diesem Symbol gibt es Tipps zum Weiterdenken oder zum Handeln. Manchmal auch Büchertipps zum Weiterlesen.

Wie es weitergeht: Weisheit als Weg und Lebensaufgabe

Kein Mensch ist irgendwann einfach so lebensklug, dass er sein Leben komplett im Griff hat. Man erreicht auch kein Stadium, in dem man von sich sagen kann: »So, jetzt bin ich endlich weise!« Aus Erfahrungen die richtigen Schlüsse ziehen, Durchblick bekommen, klar und richtig urteilen, sich richtig entscheiden und gelassen durchs Leben gehen – all das sind Ziele, die Sie sich setzen können, um ein weiser Mensch zu werden. Finden Sie sich aber damit ab, dass Sie immer nur auf dem Weg dahin sein werden.

Vielleicht merken Sie irgendwann, dass Sie heute bessere Entscheidungen treffen als vor zehn Jahren. Aber nur nicht übermütig werden, unsere Schwächen holen uns gern und schnell ein. Auch der Weiseste hat irgendwo in seinem Kopf blinde Flecken und tut trotz aller Erfahrung das Falsche, obwohl das Richtige so naheliegend wäre. Weisheit des Lebens für Dummies versucht all das im Blick zu behalten und Sie auf den Weg zu bringen, weise zu werden. Wie weit Sie auf diesem Weg schon gekommen sind, ist nur für andere sichtbar.

Teil I

Weisheit verstehen

IN DIESEM TEIL …

… geht es um ein paar Grundlagen: Zunächst erfahren Sie, was Weisheit eigentlich ist und wozu sie nützlich ist. Auch dazu, wie man weise werden kann, gibt es schon einige Hinweise. Dann geht es um Geschichte und Tradition: Wie haben Menschen zu anderen Zeiten Weisheit verstanden? Welche Ansichten, Traditionen und Lehren gibt es zur Weisheit? Auch die Wissenschaft kommt zu Wort. Ein weiteres Kapitel handelt davon, was denn einen weisen Menschen über-haupt ausmacht. Dass es dann auch bald um das Scheitern geht, sieht vielleicht seltsam aus. Aber das Kapitel steht an dieser Stelle, damit wir nicht auf falsche Ideen kommen: Weise zu sein bedeutet eben nicht, dass immer alles klappt, und nicht einmal, dass man immer sein Glück findet. Weise zu sein bedeutet aber, dass man seinen Weg durch diese komplexe Welt finden kann.

Kapitel 1

Weisheit: Vergessenes Wort – ersehnte Fähigkeit

IN DIESEM KAPITEL

Was Weisheit eigentlich istWoher Weisheit kommtWas Dummheit istWie man weise werden kannWeisheit als Wegweiser durch unsere komplexe Welt

Im Alltag mit dem Wort »Weisheit« umzugehen kann eine interessante Spannung erzeugen. Wirklich vergessen ist das Wort Weisheit natürlich nicht, aber immer weniger Menschen wissen es zu erklären und mit Inhalt zu füllen. Es gibt zwar einige wenige neuere Buchtitel zum Thema Weisheit, viel eher aber finden wir Bücher mit »Weisheiten«: Weisheiten aus der Wüste, afrikanische Weisheiten, Weisheit des Orients und so weiter. In diesen Büchern finden wir meistens Sprichwörter, Anekdoten oder Zitate, die uns etwas lehren oder zum Nachdenken bringen sollen. Und das tun sie sicher auch. Nur: Weisheiten helfen uns eigentlich nur, wenn wir uns im richtigen Moment auch an sie erinnern. Aber was hat es mit der Weisheit an sich auf sich? Was ist das für eine Fähigkeit – »weise sein«? Wann tritt Weisheit in Aktion?

In diesem Kapitel gebe ich Ihnen einen kleinen Überblick über das Thema Weisheit. Hier startet also die nicht ganz einfache Reise zur Weisheit.

Auch Weisheiten aus aller Welt machen weise

Auf dem Weg zur Weisheit sollte man die vielen Weisheiten der Welt allerdings nicht unterschätzen. Sie zeigen uns, dass es durch viele Kulturen und Jahrhunderte erstaunliche Übereinstimmungen darüber gibt, was Menschen für weise halten und was nicht. Ob in Babylon, Israel, China, Afrika oder Europa – wenn wir Mythen, Märchen und Sprichwörter aus all diesen Ländern lesen, sehen wir zwar Unterschiede, aber auch Dinge, die allen klar sind. Ohne in die Einzelheiten zu gehen, kann man zum Beispiel sagen, dass das Zuhören in einem Großteil der Welt als weiser beurteilt wird als das Reden. Gegen etwas Nachdenken vor dem Handeln hat auf dieser Welt auch niemand etwas. Weise ist, wer sich selbst kennt – und das von Peking bis Athen. Gelassenheit ist besser als Jähzorn – auch darin verstehen sich antike Griechen und heutige Muslime. Und dass wenig Besitz oft doch glücklicher macht als viel, hat sich auch in weiten Teilen der Welt herumgesprochen. Ich will hier nicht leichtfertig von »der ganzen Welt« sprechen, denn natürlich kenne ich nicht das Denken aller Menschen überall. Aber wir können die meisten afrikanischen, asiatischen, europäischen oder amerikanischen »Weisheiten« deshalb verstehen und für uns annehmen, weil sich in diesen Sprichwörtern und Geschichten das absolut Wesentliche zeigt, das für jeden Menschen wichtig ist. Egal wo er lebt und zu welcher Kultur er gehört. Das, was klug ist und zu einem guten Leben führt, und das, was dumm ist und nichts Gutes zur Folge hat, ist im Prinzip von Kontinent zu Kontinent nicht sehr verschieden.

Weisheit: Praktische Lebensklugheit in Höchstform

Man verbindet Weisheit irgendwie mit Lebenserfahrung. Damit ist sie vielleicht eine der wenigen positiven Eigenschaften, die man dem Alter noch zuschreibt, oft sieht man das Alter lediglich als schwach, stur, krank und im schlimmsten Falle dement. Weisheit scheint auch mit Klugheit zu tun zu haben. Vielleicht auch ein wenig damit, dass jemand über den Dingen steht? Und sicher enthält sie auch Menschenkenntnis. Aber – wie bringt man das jetzt alles auf den Punkt? Berliner Wissenschaftler unter der Leitung von Paul Baltes (1939–2006) haben erklärt, dass Weisheit »Expertenwissen über das Leben« ist. Mit dieser Erklärung kommt man schon recht weit.

Weise leben – leben mit Durchblick

Im Grunde heißt weise sein, dass man viel vom Leben versteht. Okay, das ist jetzt ein ziemlich hoher Anspruch. Aber bringen wir das mal in die richtige Perspektive: Das Leben verstehen bedeutet in diesem Falle nicht, für jedes Problem die eine Lösung zu wissen. Weise zu sein bedeutet zu wissen, dass das Leben nicht einfach ist. Und dass man als Einzelner nicht alles verstehen kann. Und dass es tatsächlich oft nicht nur die eine Lösung gibt, sondern dass viele (oder zumindest zwei oder drei) Wege zum Ziel führen.

Weisheit bedeutet sogar manchmal zu erkennen, dass die vielen Wege, die ein Mensch in seinem Leben einschlagen kann, nicht mal ein Ziel haben, sondern in sich das Ziel sind. Das mag für Sie jetzt vielleicht sehr schwammig klingen. Aber genau das ist der Punkt: Die Meinungen und Gedanken eines weisen Menschen bleiben tatsächlich oft lange schwammig – so lange, bis er sich eine Meinung bilden oder sich entscheiden kann. Ein weiser Mensch kann es aushalten und leistet es sich, immer so lange dumm auszusehen, bis er schlau ist. Und das eben auch, weil er anderen Menschen zuhört und sie für voll nimmt. Ein weiser Mensch muss in der Lage sein, jeden Standpunkt selbst einzunehmen, bevor ihn das Gehörte und Gelesene, seine Erfahrungen und sein Wissen zu einer eigenen Meinung bringen. Erst wenn er genug zugehört (und/oder gelesen und/oder Erfahrungen gemacht) hat, wird er sich eine Meinung bilden, anderen Menschen widersprechen oder einen Rat geben.

Ein weiser Mensch weiß aber auch, wann es keine Antworten gibt, die für alle gelten. Wie soll man mit der eigenen Sterblichkeit umgehen? Und wie mit der Freiheit in den Ländern des Westens, die uns mehr Möglichkeiten gibt, als wir je haben wollten? Ein weiser Mensch wird sich hüten, darauf allgemeingültige Antworten zu geben. Das Beste, was er tun kann, ist, Menschen bei der Beantwortung dieser Fragen zu helfen, wenn er danach gefragt wird.

Vielleicht entdecken Sie nun schon ein gewisses Muster in dieser Beschreibung weiser Menschen: Weise Menschen denken nicht starr in Ideologien oder religiösen Vorschriften. Weise Menschen haben immer das Leben im Blick und kommen aufgrund ihrer Erfahrung und trotz ihres oft lückenhaften Wissens zu guten Entscheidungen oder Meinungen. Man braucht eine gewisse Demut, um weise zu werden (siehe Kapitel 14), denn anscheinend ist niemand so weit vom Verstehen der Dinge entfernt wie der, der meint, alles zu wissen. Man kann die Welt bereisen, Doktortitel anhäufen und einen Berg von Fakten vor der Nase haben – und immer noch bedeutet das nicht, dass man besonders viel von dieser Welt versteht.

Kein »Experte« hatte sie vorausgesehen, niemand wollte schuld sein und die angeblichen »Finanzgurus«, denen die Menschen ihr Geld anvertraut hatten, zuckten nur verlegen mit den Schultern, als kein Geld mehr da war. Wenn nichts anderes, sollte uns die Finanzkrise seit 2007 zumindest das gelehrt haben: Wir wissen meist weniger, als wir meinen zu wissen. Und selbst das Wissen von Experten ist begrenzt.

Weisheit funktioniert nicht wie ein Reflex: Auch jemand, der weise ist, macht Fehler. Wichtig aber ist, sich zu seinen Urteilen und Entscheidungen nicht drängen zu lassen, seine Erfahrung und sein Wissen zu benutzen und vor allem zu sich selbst ehrlich zu sein. Viele Fehler wurden und werden gemacht, weil Menschen die Dinge so sehen wollen, wie sie es sich wünschen, und nicht so, wie sie wirklich sind.

Weisheit und Intelligenz müssen nicht zusammenhängen. Ebenso wenig wie Weisheit und Bildung. Intelligenz und Bildung können uns auf dem Weg zu größerer Weisheit helfen. Aber sicher ist das nicht. Wenn Bildung und Intelligenz nicht von einer gewissen Demut in Schach gehalten werden, schaffen sie Besserwisser, aber keine Weisen. Intelligenz und Bildung müssen von der Demut und von den Erfahrungen des täglichen Lebens in Zaum gehalten werden, sonst machen sie die Menschen schnell stolz und arrogant. In Teil II dieses Buches gehe ich näher darauf ein, wie all das, was wir lernen, wissen und erfahren, zu einem guten Leben helfen kann.

Vereinfacht gesagt ist der Weg zur Weisheit ein Dreischritt:

Am Anfang stehen die Erfahrung

und das Lernen. Sie geben Ihnen Informationen über das Leben. Darüber, wie Menschen sind und wie sie handeln. Darüber, was Menschen in der Geschichte gedacht und geschrieben haben. Darüber, wie Sie selbst in gewissen Situationen reagieren und wie wiederum andere Menschen auf Sie reagieren.

Jeder Mensch verarbeitet diese Informationen irgendwie. Jeder Mensch versucht, die Welt zu verstehen. Wenn möglich versucht man, einen Sinn

oder eine Ordnung in dem zu finden, was man beobachtet. Das, was man gelernt und erfahren hat, versucht man irgendwie zu verarbeiten.

Und jetzt kommt die Weisheit ins Spiel. Sie verbindet das, was Sie erfahren und gelernt haben mit dem, was für Sie sinnvoll

ist, zu dem, was für Sie ein guter Weg zum Leben scheint. Weises Denken

verbindet Ihr Wissen, Ihre Erfahrungen und Ihr Verständnis zu etwas Neuem: einem gangbaren Weg durch Ihr Leben. Wenn Sie es also lernen können, all diese Bildung und Erfahrung zu erinnern, zu sortieren, zu ordnen und auch in bestimmten Situationen abrufbar zu haben, lernen Sie, weise zu werden. Dabei soll dieses Buch helfen.

Zwischen dem Verstehen und der Weisheit gibt es eine üble Falle: die Ideologie. Es gibt immer jemanden, der Ihnen all die vielen Dinge, die Sie lernen und erfahren, erklären will. Und zwar mit ganz einfachen Lösungen, damit Sie Ihr Gehirn nicht mehr so sehr strapazieren müssen. Ideologien sind so wunderbar, weil sie uns mit einfachen Denkmustern von der Mühe befreien, weise werden zu müssen: Nordeuropa fleißig, Südeuropa faul. Fleißige Menschen reich, faule Menschen arm. Was wollen Sie mehr? Die Welt erklärt in zwei Halbsätzen. Wer aber weise werden will, muss einfachen Erklärungen gegenüber misstrauisch bleiben. Ich weiß nicht, ob diese Welt jemals einfach war, heutzutage ist sie es aber sicher nicht mehr.

Altersklugheit entlarvt Vorurteile

Ich wohne seit fünfundzwanzig Jahren in Slowenien. Meine Schwiegermutter hier ist vierundachtzig Jahre alt. Sie wohnt ein wenig von uns entfernt, im Süden von Slowenien, nahe der kroatischen Grenze. Da meine Frau und ich oft sehr eingespannt sind, verbinden wir unsere Friseurbesuche meist mit dem Wochenende im Dorf meiner Schwiegermutter. Kürzlich wollte meine Schwiegermutter auch zum Friseur und wir waren dann zu dritt dort. Großes Thema an diesem Tag: Während die Friseurin in der Mittagspause war, hatte jemand ihre Kasse ausgeraubt. Die Polizei wurde gerufen und – so sagte die Polizei – die Täter waren wahrscheinlich cigani (also Zigeuner, sie Roma zu nennen ist im dörflichen Alltag in Slowenien noch wenig üblich), die nur wenige Kilometer entfernt über die Grenze in Kroatien eine Siedlung haben. Auf der Rückfahrt im Auto sagte meine Schwiegermutter: »So ein Unsinn! Zigeuner! Die müssen für alles herhalten! Niemand hat zu der Zeit cigani hier gesehen. Sicher war es ein Nachbar, der genau wusste oder gesehen hat, wann jemand zu Hause ist und wann nicht!« Was mich in dem Moment überrascht hat: Von einer 84-jährigen Frau würde man Ängste und Vorurteile erwarten. Meine Schwiegermutter aber hat die Vorurteile bei anderen erkannt und zeigte mit ihrem Finger gleich dahin, wo es wirklich wehtut: die Nachbarn. Ob sie nun recht hatte oder nicht: Sie kennt zumindest keine Vorurteile, durchschaut sie bei anderen und denkt selbstständig. Ist das nun Gnade oder Fluch des Alters – wenn einem immer alles so klar ist?

Die Herausforderung für ein weises Lebens ist immer der Alltag: Menschen, die Ihnen einfache Lösungen anbieten, Situationen, die anscheinend so klar nach Ursache und Wirkung zu beurteilen wären, Ideen, die so bestechend klar und logisch scheinen. Aber ein Mensch, der weise sein möchte, darf sich nicht daran hindern lassen, über alles, was ihm begegnet, langsam und mit genügend Zeit nachzudenken.

Weise sein heißt weise handeln

Ein weiser Mensch ist nicht klug in dem Sinne, dass er immer alles besser wüsste. Wenn es nur ums Reden ginge, würden wir vielleicht viel mehr Menschen für weise halten, als wir es tun. Nein, einen weisen Menschen erkennt man daran, dass seine Entscheidungen oder Ratschläge zu guten Ergebnissen führen. Jeder, der meint, kluge oder weise Ratschläge geben zu können, muss sich an seinem Handeln und den Ergebnissen messen lassen. Schlau reden kann jeder, jeden Tag wird an Stammtischen und Kneipentresen die Welt erklärt und neu erfunden. Wer aber weise ist, der handelt auch so, dass es ihn und andere zu einem gelingenden Leben führt. Das sind wieder so ein paar Dinge, über die sich die vielen Weisen der Welt und der Geschichte einig sind:

Weises Handeln

ist wohlüberlegt und kommt aus der Ruhe.

Man muss mit sich selbst vorsichtig sein. Die Erfahrung lehrt uns, dass wir uns gern selbst überschätzen.

Schön, wenn es für Probleme einfache Lösungen gibt. Weise handeln bedeutet aber auch, einfachen Lösungen gegenüber misstrauisch zu bleiben.

Ein weiser Mensch bleibt nicht unbedingt stur bei einer einmal getroffenen Entscheidung

. Es fällt ihm kein Zacken aus der Krone, wenn er zugeben muss, dass er sich geirrt hat und seinen Weg ändern muss.

Macht ein weiser Mensch Fehler? Sicher! Weiß er auch manchmal nicht weiter und ist ratlos? Ganz bestimmt. Gehen auch bei ihm manche Dinge furchtbar schief? Natürlich – und mehr dazu lesen Sie in Kapitel 4.

Einem weisen Menschen sollte es nichts ausmachen, auch mal keine Lösung zu finden. Einer der üblichsten und schwersten Denkfehler der Menschen ist, dass sie unbedingt etwas tun wollen, wenn sie ein Problem haben. Lieber macht man irgendetwas, als einfach abzuwarten, ob sich nicht zu einem späteren Zeitpunkt noch eine Lösung auftut. Wenn man nicht weiterweiß, sieht Aktionismus für die Menschen um uns herum gut aus. Mit einer Regel fährt man in solchen Situationen aber ganz gut: Die wirklich wichtigen Dinge sind selten dringend. Und die dringenden Probleme, die täglich von allen Seiten auf uns einprasseln, sind nur selten wichtig. Wir müssen nur daran arbeiten, das Wichtige vom Unwichtigen immer besser unterscheiden zu lernen.

Weisheit ist also im wahrsten Sinne des Wortes »praktische Lebensklugheit«. Entscheidungen, die uns nicht weiterbringen, sind nicht weise. Ratschläge, die keinen Nutzen bringen, sind unnötig.

Ein paar Worte über die Dummheit

Benjamin Franklin (1706–1790), einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten von Amerika, schrieb in seiner Autobiografie, wie schön es doch sei, dass der Mensch ein vernünftiges Wesen ist: Für alles, was er will, kann er einen annehmbaren Vorwand finden oder erfinden … Benjamin Franklins ironische Bemerkung ist in ihrer einfachen Weisheit bestechend: Menschen neigen dazu, das zu tun, was sie wollen, und das um jeden Preis.

Lexikon der Dummheit: Zur Einführung

In seinem Vortrag Über die Dummheit(gehalten im Jahr 1937 in Wien) sprach der Schriftsteller Robert Musil davon, dass im Gegensatz zur Dummheit das Thema Weisheit eine »öde und im Allgemeinen gemiedene Gegend« ist.

Auch wenn es in diesem Buch um die Weisheit geht, lesen oder hören wir doch immer gern etwas über Dummheiten. Vielleicht, weil sich jeder Mensch schadenfroh immer auf der Seite der Weisen sieht, wenn er von Dummheiten liest. Wie dem auch sei: Die Kästen in diesem Buch enthalten ein Lexikon der Dummheit. Gesammelt habe ich hier vieles: »anerkannte« Dummheiten, die Menschen in der Geschichte gemacht haben, für jeden Menschen typische Denkfehler, die die Psychologen an den Menschen entdeckt haben, und Irrwege und Situationen, die sich Schriftsteller für uns ausgedacht haben.

In allen Fällen behandelt das Lexikon der Dummheit aber nicht Dinge, die jemand aus mangelnder Intelligenz verbockt hat. Denn ob wir mehr oder weniger intelligent sind, dafür können wir nichts. Intelligenz ist ein Geschenk der Natur, auf das wir uns nichts einbilden dürfen.

Es geht im Gegenteil immer um die Dummheit, die im Gegensatz zur Weisheit steht, was bedeutet, dass man in allen Fällen, in denen man Unsinn gemacht hat, es besser hätte wissen können oder machen sollen. Wie Sie sehen werden, ist Dummheit nur allzu oft eine Entscheidung, die Menschen aus Sturheit, Stolz und Hochmut treffen. Gegen alle Warnsignale, Ratgeber und besseres Wissen.

Wir sind geübt darin, unsere Umwelt so zu erklären und zu deuten, dass am Schluss das herauskommt, was wir wollen, was schon mal ein wesentliches Merkmal der Dummheit ist: die Weigerung zu lernen. Die Welt soll so bleiben, wie man sie immer schon gesehen hat. Leider finden wir diese Weigerung zu lernen immer und überall. Nicht nur im Privatleben, sondern allzu oft bei Menschen, die es doch besser wissen sollten: Auch Politiker, Manager, Banker und andere verantwortliche Persönlichkeiten der Gesellschaft werden oft Opfer ihrer eigenen vorgefassten Meinungen und bleiben trotz gegenteiliger Argumente oder sogar Fakten unbelehrbar.

Lexikon der Dummheit: Die Bestätigungstendenz

Das Problem, dass sich Menschen Daten und Fakten nach ihren eigenen Wünschen suchen und sortieren, nennt man in der Psychologie »Bestätigungstendenz« (oder auf Englisch »confirmation bias«). In den nächsten Kapiteln werde ich noch öfter von den ganz normalen, alltäglichen Denkfehlern schreiben, aber dieser ist wahrscheinlich einer der »beliebtesten«. Seit Jahrhunderten. Oder wahrscheinlich überhaupt, seit die Menschen mit dem Denken begonnen haben.

Mit Bestätigungstendenz bezeichnet man die Tatsache, dass wir dazu neigen, Informationen, die unseren Auffassungen und Theorien entsprechen, denen vorzuziehen, die unserer Meinung widersprechen. Das trifft keineswegs auf irgendwelche Extremisten zu, sondern ist eine ganz normale Reaktion von normalen Menschen. Und doch ein schwerer Denkfehler. Wenn ein Plan funktioniert, habe ich gut geplant. Funktioniert er nicht, haben mir vielleicht neidische Menschen Steine in den Weg gelegt. Stimmt das Horoskop, lügen die Sterne anscheinend nicht. Stimmt es nicht, habe ich die Sterne wohl falsch interpretiert.

Einen großen Anteil an unseren Dummheiten hat also unsere Tendenz, Daten und Informationen so zu lesen, dass sie unserer Meinung entsprechen. Aber das Gegenteil zu tun ist harte Arbeit: Das hieße, unsere Überzeugungen immer wieder von neuen Fakten und Informationen testen zu lassen und plötzlich neue Überzeugungen herauszubilden. Das große Problem an der Bestätigungstendenz ist, dass sie uns normalerweise ganz unbewusst ist. Man muss sich schon bewusst dazu zwingen, neues Denken in sich zuzulassen.

Nur als kleiner Test: Wann haben Sie das letzte Mal Ihre Meinung zu einer Sache (Politik, Religion, Ihren Nachbarn …) zu 100 Prozent geändert? – Aha … Wie wäre es, mal eine Weile nur nach Informationen, Meinungen und Anhaltspunkten zu suchen, die Ihren Überzeugungen widersprechen?

Für das Verständnis von Weisheit ist es wichtig, auch die Dummheit zu verstehen. Die Dummheit als Gegenpol zur Weisheit hat zunächst einmal nichts mit mangelnder Intelligenz zu tun. Genauso wenig, wie intelligente Menschen nicht auch zwangsläufig weise Menschen sind.

Ganz sicher könnte man manchmal wegen der Narren und Dummköpfe dieser Welt verzweifeln. Aber auch das bitte nur mit der Demut, die man aus den eigenen Fehlern gelernt hat. Wir lieben eben alle unsere Meinungen und lassen uns nur ungern von Tatsachen durcheinanderbringen.

»Alle Menschen sind gleich!«, sagt der Weise – bis die eigene Tochter einen farbigen Freund hat. »Reden ist Silber, Schweigen ist Gold!«, sagt der Weise – bis jemand die Fußballmannschaft seines Herzens kritisiert. »Materielle Werte sind nicht so wichtig wie Gesundheit, Liebe und Glück!«, sagt der Weise – bis ihm jemand sein Auto zerkratzt. Jeder »weise« Mensch hat irgendwo in sich auch immer auch Schwächen, die ihn plötzlich gar nicht mehr so weise aussehen lassen.

Auch die Dummheit hat ihre Gesetze

An dieser Stelle muss ich zwei weitere im Alltag eher unübliche Bezeichnungen einführen: der Tor und der Narr. Wenn man ältere Texte zur Weisheit liest, bilden diese beiden immer das Gegenstück zum weisen Menschen. Hier und da werde ich diese beiden Begriffe auch verwenden, ansonsten eher das vielleicht heute in unserer Sprache üblichere Dummkopf (gut, es gibt dafür noch viele Ausdrücke, aber bleiben wir für dieses Buch bei den eher milderen).

Dabei geht es von der Weisheit aus gesehen bei der »Dummheit« nicht um Intelligenz oder Bildung. Ein Narr ist vielmehr der, der

aus seinen Erfahrungen nichts lernt.die gleichen Fehler immer wieder macht.weiß, dass er das Falsche tut und trotzdem seinen eigenen Kopf durchsetzen will.darauf besteht, das Unmögliche zu wollen und dabei das, was möglich ist, nicht anpackt.auf seinen Vorstellungen beharrt, auch wenn die Fakten etwas anderes sagen.

Das erscheint im ersten Moment wirklich sehr dumm. Aber man muss nur ein wenig in den eigenen Ansichten und Gefühlen kramen, um diese Einstellungen bei sich zu entdecken. Auch jeder weise Mensch ist immer nur einen Schritt davon entfernt, sich zum Narren zu machen.

Geschenkt oder erlernt – woher Weisheit kommt

Es gibt in der Bibel die Geschichte von König Salomo. Diesen Menschen hatte Gott besonders ins Herz geschlossen und so erschien Gott ihm im Traum und gewährte ihm einen Wunsch. Salomo bat nicht um Reichtum und Macht, sondern um ein »hörendes Herz«, um das Volk Israel gut zu führen und gute Urteile zu sprechen und um die Fähigkeit, Gut und Böse voneinander unterscheiden zu können – kurzum, er wünschte sich Weisheit. Diese Bescheidenheit gefiel Gott und er versprach Salomo, ihn so weise zu machen, dass es vor und nach ihm keinen weiseren Menschen geben sollte.

So wurde König Salomo die Weisheit also geschenkt. Der Glückliche. Wäre es für uns alle so einfach, Weisheit zu erlangen, wäre dieses Buch nicht nötig. Wir gewöhnlichen Menschen müssen uns die Weisheit wohl doch hart erarbeiten. Denn sie fällt uns nicht einfach so zu, sondern verlangt von uns, mit offenen Augen, scharfen Sinnen und wachem Verstand durch das Leben zu gehen.

Wofür es gut war: Weisheit und Erfahrung

Vielleicht das größte Hilfsmittel auf dem Weg zur Weisheit ist die Erfahrung. Durch viele große und kleine Erlebnisse lernen wir die Dinge, die in unserem Leben funktionieren, und die Dinge, die eben nicht klappen. Wahrscheinlich könnte man auch zu jedem Problem, das sich einem stellt, ein Buch lesen (und Sie werden noch sehen, wie hilfreich auch das sein kann), aber unmittelbarer lernen wir durch die Dinge, die wir erleben. Dabei kann es durchaus sein, dass der chinesische Philosoph Konfuzius recht hat. Für ihn ist der edelste Weg, klug zu handeln, der Weg über das Nachdenken. Der einfachste Weg ist der, es einfach anderen nachzumachen. Aber durch Erfahrung zu lernen, sei der bitterste.

Von den Erfahrungen zur Erfahrung

Es ist leicht zu übersehen, dass wir das Wort »Erfahrung« für zwei verschiedene Sachverhalte benutzen. Zum einen bezeichnet das Wort ein Erlebnis, in der Regel eines, aus dem man etwas lernt und klüger – oder eben weiser – wird. Zum anderen bezeichnen wir als Erfahrung dann das, was die vielen Erlebnisse (Erfahrungen) aus uns machen. Die Erfahrung in diesem Sinne ist nicht das, was wir erlebt haben, was uns passiert, was wir tun oder was uns widerfährt. Diese Erfahrung ist das, was ein Mensch aus all dem Erlebten gemacht hat. Ein erfahrener Dachdecker zu sein ist eben doch irgendwie noch vertrauenerweckender als nur ein ausgebildeter Dachdecker zu sein. Einem erfahrenen Autofahrer traut man eher als einem, der gerade den Führerschein gemacht hat. Und eine erfahrene Mutter zu sein verleiht mehr Autorität, als gerade das erste Kind geboren zu haben. Die Erfahrung ist also das, was wir aus den vielen Erfahrungen (oder Erlebnissen) machen. Um die Erfahrung und das Lernen aus den Erfahrungen geht es besonders in Kapitel 5.

Das Lernen aus Erfahrung stellt uns vor manche wichtigen Fragen:

Ist denn immer auch alles so gewesen, wie wir es erinnern?

Wie können wir verhindern, dass wir unsere Erfahrungen im Rückblick »neu erfinden« und anpassen?

Müssen wir unbedingt jeden Fehler auch selbst machen?

Ist jede Erfahrung immer gut?

Kann man »lebenserfahren« werden, so wie Menschen auch erfahrene Mechaniker werden?

Sie werden sehen, dass unsere Erfahrung sich nicht auf Erlebtes beschränken muss. In Teil II stelle ich viele Lebensbereiche vor, aus denen wir lernen und unsere Erfahrungen schöpfen. Alle unsere Sinne dienen dazu, Weisheit zu lernen.

Weisheit mit allen Sinnen lernen

Weisheit kommt zu Menschen auf so vielen unterschiedlichen Wegen, wie es Menschen gibt. Bildung muss nicht weise machen, kann es aber. Lesen muss nicht weise machen, kann aber dazu helfen. Also beschreibe ich in Teil II die vielen Quellen, aus denen Sie neben den täglichen Erfahrungen auch noch Weisheit lernen können. Vielleicht gibt es in dieser Welt keine Begegnung, keinen Satz, keinen Text und kein Bild, das Sie nicht weiser machen kann, als Sie es vorher waren. Sie müssen nur genau hinschauen:

Intelligenz und Bildung machen noch keinen Weisen. Die Bildung kann aber eine gute Helferin auf dem Weg zur Weisheit sein.

Märchen

, Sagen, Legenden und Fabeln sind durch Jahrhunderte oder gar Jahrtausende bewährte Weisheiten. Es lohnt sich über Geschichten, die schon so lange Bestand haben, nachzudenken.

»Philosophie

« – dieses Wort bedeutet »Liebe zur Weisheit«. Aber kann uns die Philosophie auch wirklich weise, also lebensklug machen? Die Philosophie ist ja eher eine Disziplin, die den ganz normalen Menschen abschreckt. Also schauen wir sie uns in

Kapitel 8

einmal genauer an und finden heraus, ob und was sie für das praktische Leben zu sagen hat.

Es ist ja nicht so, dass man heutzutage nicht mehr liest. Smartphone, Internet und soziale Medien funktionieren ja nur deshalb, weil die Menschen lesen können. Aber dann gibt es auch immer noch diese »alte Welt« des Lesens: die Welt der Bücher. In

Kapitel 9

geht es darum, was uns an der alten und der neuen Welt des Lesens weise oder zum Narren machen kann.

Natürlich kann Weisheit nicht nur durch die Welt der Bücher, Gedanken und Geschichten gelernt werden. Die wesentliche Quelle, aus der wir Weisheit lernen und der wesentliche Grund, warum wir eigentlich Weisheit brauchen, sind unsere Mitmenschen.

Weisheit und der Umgang mit Menschen

Menschen sind liebenswürdig und schlecht gelaunt, gereizt und gelassen, friedlich, aggressiv und vieles mehr. Manchmal vereinen sich in einer Person widersprüchliche Eigenschaften – je nachdem, zu welcher Tageszeit man sie antrifft, ob bei der Arbeit oder im Urlaub, ob beim Sport oder in der Sauna.

Es kann schwierig sein, einen einzelnen Menschen zu verstehen, geschweige denn, eine Gruppe von Menschen oder eine ganze Gesellschaft. Deshalb ist es wohl nicht übertrieben zu sagen, dass wir all unsere gesammelten Erfahrungen, all unser Wissen, Feingefühl, Durchsetzungsvermögen – kurz: unsere ganze Weisheit dafür brauchen, mit anderen Menschen zurechtzukommen.

In

Kapitel 10

beschreibe ich, wie Sie die größte Hürde schaffen können: mit sich selbst zurechtzukommen.

Um Beziehungen zu anderen Menschen geht es in

Kapitel 11

. Es gibt dort keine Wunder-oder Allheilmittel für harmonische Beziehungen, aber ein paar Hinweise und Gedanken, die für mich funktioniert haben, und auch einiges, was durch die Jahrhunderte hindurch auch andere Menschen ganz hilfreich fanden. Wie immer soll es aber auch in dem Kapitel nicht nur darum gehen, wie man einen guten Weg findet, sondern auch um das, was uns am Umgang mit anderen Menschen weiser macht.

Eine für das Miteinander heute zu wenig beachtete Kunst beschreibe ich in

Kapitel 12

: die Gastfreundschaft. Was lehrt uns die Gastfreundschaft über die Menschen? Über den Gast und den Gastgeber? Über uns selbst – als Gast und als Gastgeber? Dabei gehe ich davon aus, dass es wesentlich für die Gastfreundschaft ist, miteinander zu essen. Ein Kapitel über die erstaunlich weisheitsfördernde Wirkung menschlicher Gemeinschaften beim Essen und Trinken.

Weisheit als Navigator durch eine komplexe Welt

Es fehlt an Durchblick. Manchmal verstehen wir nicht mal unseren Partner oder unsere Partnerin, von den Kindern, je älter sie werden, ganz zu schweigen. Unsere Nachbarn sind uns ein Rätsel, unsere Arbeitskollegen oft ebenso. Wir hören in den Nachrichten von den Konflikten der Welt und verstehen weder deren Ursachen wirklich noch scheint irgendjemand eine Lösung zu wissen. Uns beschleicht das dumme Gefühl, dass es auch Politikern, Bankern und Börsenmaklern an Durchblick fehlt. Manchmal können wir nur etwas niedergeschlagen feststellen, dass die Welt zu kompliziert für uns ist. So ungefähr wenn wir das vierzigste Lebensjahr erreicht haben, entfährt uns vielleicht dann und wann der Seufzer: »Früher war alles einfacher …«

Früher war alles einfacher

Es muss schön gewesen sein, als das Leben noch einfach war. Obwohl viele Menschen meinen, sich noch an eine einfache Welt erinnern zu können, ist es nicht so leicht, diese einfache Welt irgendwo in der Geschichte zu verorten. Vielleicht war die Welt einfacher, bevor es Computer gab, also vor den 1980er-Jahren? Na ja, in den 1970er-Jahren hatte Deutschland ein ernsthaftes Terrorismusproblem, dessen Ursachen man auch nur mühsam verstand. Dazu befanden sich Ost und West im Zustand des »Kalten Krieges«.

Okay, vielleicht war es davor einfacher, in den 1960er-Jahren. Aber warum sind ab 1968 die jungen Leute auf die Barrikaden gegangen, wenn es doch in Deutschland allen so gut ging? Na gut, dann noch früher … Das Jahr 1914 brachte einen Krieg, den anscheinend niemand wollte und den trotzdem niemand verhindern konnte. Warum es dazu kam, verstehen wir auch heute noch nur so einigermaßen. Auch nicht einfach. Wie weit also wollen wir zurückgehen, bis wir das »einfache Leben« finden? Renaissance? Dreißigjähriger Krieg (ups, schlechtes Beispiel …)? Mittelalter? Antike? Jetzt sind wir dann schon lange zurück in den Zeiten, an die sich kein heute lebender Mensch mehr erinnern kann.

Das einfache Leben muss es damals gegeben haben, als man lebte, um zu überleben, als das Leben davon bestimmt war, Essen zu jagen und zu sammeln und sich eine Höhle als Unterschlupf zu suchen. Obwohl – wie kompliziert es damals war, ein Mammut zu erlegen, darüber können wir ja schlecht urteilen. Vielleicht empfanden auch unsere urzeitlichen Vorfahren ihr Leben als – milde gesagt – nicht ganz einfach.

Vielleicht ist es tatsächlich so: Das einfache Leben hat es nie gegeben. Nur möglicherweise eines, in dem Sie sich wohler gefühlt haben – zumindest in Ihrer Erinnerung. Dummerweise leben Sie jetzt in einer Welt, die nicht nur nicht einfach ist. Diese Welt ist nicht einmal mehr nur kompliziert. Nein, noch schlimmer: Sie ist komplex.

Kompliziert oder komplex

Ein Hammer ist ein einfaches Werkzeug. Man kann damit einen Nagel einschlagen. Oder zwei Teile zusammenklopfen. Oder auch mal etwas kaputt machen. Haben wir einen Hammer in der Hand, erschließen sich uns die Möglichkeiten für seinen Gebrauch fast automatisch (oder intuitiv – wie beim Smartphone …). Ein Hammer ist einfach.

Aber erinnern Sie sich an den Tag, als Sie Ihren Fernseher ausgepackt und in Betrieb genommen haben? Smart-TV, Sendersuchlauf, vielleicht schon Internetanschluss? Scart-, HDMI-, USB- und Cinch-Steckplätze? Was jetzt wo und wie einstöpseln? So kompliziert wie das alles zu Beginn auch ausgesehen haben mag – irgendwann haben Sie Ihren Fernseher und seine Funktionen sicher verstanden. Ein Fernseher ist kompliziert – aber nur am Anfang. So wie Auto- oder Fahrradfahren. Was kompliziert ist, können wir lernen, und plötzlich ist es dann einfach.

Anders ist es, wenn etwas komplex ist. Ein komplexes System besteht aus vielen unterschiedlichen Teilen, die sich gegenseitig beeinflussen (oder manchmal auch nicht!), die Wechselwirkungen erzeugen und oft zu unvorhersehbaren Ergebnissen führen. In der Welt der Technik sind Autos oder Produktionsanlagen solche komplexen Systeme, die ein Mensch allein kaum noch versteht. Die Wirtschaft, der Finanzmarkt, die Börse – komplexe Systeme, deren Wirkungen und Wechselwirkungen anscheinend niemand versteht, geschweige denn vorhersagen kann.

Zwischen uns Menschen, in der Partnerschaft, Familie, Gesellschaft, in der Schule oder am Arbeitsplatz – ist alles komplexes System. Sie werden in diesem Buch viel darüber lesen, wie Weisheit dazu hilft, den Weg durch diese komplexe Welt zu finden.

Wichtig ist zu lernen, das Komplizierte und das Komplexe auseinanderzuhalten und erkennen zu lernen. Etwas mag komplex aussehen, ist aber nur kompliziert. Was bedeutet: lernbar. Andere Dinge scheinen kompliziert, sind aber in Wirklichkeit komplex. Was bedeutet: Wir können den Umgang mit ihnen zu einem gewissen Grad lernen, wissen aber nie, welcher Einfluss Wirkungen erzeugt, die uns überraschen, uns nützen oder sogar schaden können. Ein komplexes System wie die Familie oder den Arbeitsplatz müssen wir mit viel Gefühl, Wissen und Erfahrung behandeln – kurz: mit Weisheit.

Wie weise Menschen sind

Vielleicht fragen Sie sich mittlerweile, was denn nun einen weisen Menschen wirklich ausmacht. Darüber schreibe ich besonders in Teil III. Was ich Ihnen schon jetzt sagen kann ist, dass weise Menschen auch sehr widersprüchlich sein können. Durch die Jahrtausende, in denen Menschen verschiedener Kulturen sich Gedanken über Weisheit gemacht haben, ist man sich anscheinend aber über ein paar Dinge klar geworden.

Weise ist der, der nichts weiß

Meine Güte, dann könnten Sie sich ja das Lesen dieses Buches auch sparen! Nun ja, sagen wir, dass ein weiser Mensch schon auch viel weiß. Aber er ist sich der Grenzen und der Lücken seines Wissens immer bewusst. Das muss seltsamerweise aber nicht bedeuten, dass er vor einer Entscheidung nun wie ein Besessener weiter Informationen sammeln muss, um sich besser entscheiden zu können. Ein weiser Mensch weiß auch, wann weitere Informationen zu sammeln sinnlos ist. Er kann sich entscheiden zu entscheiden.

Es ist wohl im Laufe dieses Kapitels klar geworden, dass »weise sein« nicht bedeutet, dass man alles im Griff hat. Es bedeutet, auf dem Wege zu sein und zu lernen und Nichtwissen als einen wesentlichen Teil der Weisheit zu begreifen. Wie gesagt: Ein weiser Mensch sollte den Mut haben, so lange dumm auszusehen, bis er schlau ist.

Weise ist der, der zuhört

Das Wissen um die Beschränktheit des eigenen Wissens verhindert auch, dass ein weiser Mensch leichtfertige Antworten und Ratschläge gibt. Gerade in zwischenmenschlichen Beziehungen (also sozusagen den komplexen Systemen, die aus Menschen bestehen) ist das Zuhörenkönnen von großer Bedeutung. Seit der Erfindung der E-Mail ist die Welt eine Welt der schnellen Antworten geworden, vor allem eine Welt der schnell erwarteten Antworten. Dabei sind wir mittlerweile über die E-Mail schon weit hinaus und in Zeiten von WhatsApp ist sie schon wieder langsam.

Ein weiser Mensch wird auch seine Umwelt langsamer machen müssen. Die Ergebnisse werden ihm recht geben. Denn eine Welt voll komplexer Systeme kann man nicht mit Twitter-Nachrichten in den Griff bekommen. Kapitel 10 handelt von dieser Verlangsamung.

Weise ist der, der sich selbst nicht so wichtig nimmt

Das Wissen um die Begrenztheit des eigenen Wissens und um die eigenen Fehler und Schwächen begleiten den weisen Menschen. Er weiß, wie schwer es ist, allein nur in seinem Alltag den Durchblick zu behalten. In Kapitel 14 wird es um eine Eigenschaft des weisen Menschen gehen, die fast ähnlich vergessen ist wie die Weisheit: die Demut.

Weise ist der, der auch die schweren letzten Fragen für sich geregelt hat

Über manche Fragen des Lebens denken Menschen nur ungern nach. Lange suchen muss man nach solchen Themen nicht: Zum Beispiel muss jeder Mensch irgendwie damit klarkommen, dass er sterblich ist. In Kapitel 15 schreibe ich ausführlicher darüber. Andere schwierige Themen sind vielleicht:

Freiheit

: Sind wir eigentlich immer begeistert von der Freiheit, das zu tun, was wir möchten? Oft genug verunsichert und deprimiert uns diese Freiheit und vor allem hassen wir den Zwang zur Entscheidung, der damit einhergeht. Wie also nutzt ein weiser Mensch seine Freiheit? Wie wird er mit der Verantwortung für seine Entscheidungen fertig?

Einsamkeit