Welt der Zombies - Sigrid Lenz - E-Book

Welt der Zombies E-Book

Sigrid Lenz

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Beschreibung

In einer apokalyptischen Welt, in der Zombies eine wachsende Gefahr darstellen, begegnen sich zwei während einer Zeit des Kampfes und des Widerstandes aufgewachsene, junge Männer, und lernen sich lieben. Doch die Bedrohung wächst und bald werden auch Verbündete zur Gefahr. Dass die Monster keine hirnlosen Fressmaschinen sind, sondern sich weiterentwickeln, wird unter weiten Teilen des Widerstandes geleugnet und treibt Marek und Alejandro in die Flucht. Dass Alejandro dem Anführer der Zombies aufgefallen ist, wird ihm zum Verhängnis. Wird er Marek vergessen oder überwindet ihre Liebe jedes Hindernis.

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Inhaltsverzeichnis

Welt der Zombies : Der Untote in ihm - Band 1 : Gay Romance

Buchbeschreibung

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Zuvor

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Welt der Zombies : Der Untote in ihm - Band 2 : Gay Romance

Buchbeschreibung

Was bisher geschah

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Welt der Zombies

Der Untote in ihm

Band 1

Gay Romance

sigrid lenz

Buchbeschreibung:

In einer apokalyptischen Welt, in der Zombies eine wachsende Gefahr darstellen, begegnen sich zwei während einer Zeit des Kampfes und des Widerstandes aufgewachsene, junge Männer, und lernen sich lieben.

Doch die Bedrohung wächst und bald werden auch Verbündete zur Gefahr. Dass die Monster keine hirnlosen Fressmaschinen sind, sondern sich weiterentwickeln, wird unter weiten Teilen des Widerstandes geleugnet und treibt Marek und Alejandro in die Flucht.

Dass Alejandro dem Anführer der Zombies aufgefallen ist, wird ihm zum Verhängnis. Wird er Marek vergessen oder überwindet ihre Liebe jedes Hindernis.

Welt der Zombies

Der Untote in ihm

Gay Romance

Band 1

Diese Geschichte wird empfohlen ab 18 Jahren.

Sie enthält Szenen, die grausam sind und übermäßig deutlich.

Empfindlichen Lesern und solchen, die gelegentliche Rechtschreibfehler, Stilbrüche und andere Unvollkommenheiten als schmerzhaft erleben, sei herzlich angeraten, von der Lektüre abzusehen. Allen anderen viel Freude beim Abtauchen in die Tiefen finsterer Abgründe menschlicher Fantasien.

Es handelt sich hier um eine Liebesgeschichte der Gay-Dark-Fantasy unter Zombie-Einflüssen. Verfasst dereinst im Zombiemonat Juli, lange vergessen, jedoch nicht verloren und nun in aller Brutalität und ohne weitere Bedenken auf die Welt losgelassen.

Frohes Grauen!

Impressum:

Text Copyright © 2015 Sigrid Lenz

Alle Rechte vorbehalten

ISBN:

9783751957236

Verlag: BoD

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Prolog

Von Anfang an waren Zombies schwer einzuschätzen gewesen. Man hatte über sie gelacht – zuerst. Und war das ein Wunder? Es gab Filme, es gab Bücher, es gab Serien, eine Geschichte abstruser als die andere. Unmöglich, eine Gefahr ernst zu nehmen, die sich des Buchstabens Z bediente. Sie zu ignorieren war leicht. Das Leben ging weiter. Einen Erreger zu lokalisieren und zu eliminieren, das war Sache der Wissenschaft, der Behörden oder der Politik. Die Menschen hatten genug eigene Sorgen, vertrauten darauf, dass sich das Problem wie BSE, Vogel-, Schweine oder nach anderem Getier benannte Grippe, so wie das einst Panik-auslösende SARS letztendlich lösen würde, zumindest in Vergessenheit geriet.

Nur löste es sich nicht. Der Erreger war nicht aufzufinden, die genetischen Voraussetzungen für die Infektion ungeklärt, und ein Heilmittel fern jeder Vorstellungskraft.

Man entschied sich zuerst, die Bedrohung von der Bevölkerung fernzuhalten, um Panik zu vermeiden. Doch es kam der Punkt, an dem dies nicht mehr möglich war, an dem die globalisierte Welt erkannte, dass die Veränderung längst begonnen und inzwischen auch die entferntesten Bereiche der Erde, die letzten Winkel erreichen würde, wenn sie es nicht schon längst getan hätte.

Kapitel 1

Das erste Mal sah Alejandro einen Zombie, als er noch im Kindergarten war. Von ihnen gehört hatten sie alle, die Warnungen standen in leuchtenden Buchstaben über jedem öffentlichen Gebäude. Was nicht viel brachte. Zombies lasen nicht. Niemand wusste, ob sie dazu in der Lage waren. Niemand wusste überhaupt etwas über sie.

Die Exemplare in den Labors mutierten und starben, nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Was noch erstaunlicher schien, da sie eigentlich schon tot waren, ihr Herz nicht mehr schlug, ihr Körper zerfiel.

Niemand wusste, welche Experimente Forscher im Geheimen durchführten, doch da keine Nachrichten durchdrangen, die auch nur annähernd als Fortschritt oder Erkenntnis interpretiert werden konnten, wurde offiziell vermutet, dass auch die nicht weiterhalfen. Das Einzige, was fraglos funktionierte, war die Vermehrung der Monster. Sie breiteten sich stetig über den Erdball aus.

Auch wenn ihre Widerstandsfähigkeit zu wünschen übrig ließ, ihre Angriffslust und ihr Hunger ließen keineswegs nach. Und so bewegten sie sich auf einem Feldzug vorwärts, der nichts als Leichen, Schmerz und Zerstörung zurückließ.

Nachdem der erste Zombie vor Ort gesichtet worden war, packte Elena ihre Sachen, Alejandro in den Wagen, holte Esteban von der Arbeit ab und sie fuhren ohne längere Pausen nach Mexiko durch.

Alejandro liebte es, bei seiner Großmutter zu leben. Sie wohnte auf dem Land. Das Haus lag einsam, das Gelände war ein riesiger Spielplatz und es blieb warm.

Doch Mexiko war nicht die Lösung und bald sollte sich herausstellen, dass es keine mehr gab. Nirgendwo auf der Welt.

Es war ein Anhalter, den einer der Nachbarn mitgenommen hatte; der sich innerhalb von wenigen Tagen durch das Dorf kämpfte, bevor er das Haus von Alejandros Großmutter erreichte.

„Der ist anders“, flüsterte Esteban und hielt die Schrotflinte fester, bedeutete Alejandro und Elena sich tiefer zu ducken. „Bis auf die Kapuze und die zu langen Ärmel wirkt er fast normal. Natürlich kann man sein Gesicht nicht sehen.“

Der Schaukelstuhl der Großmutter, aus dem sie sich geweigert hatte, aufzustehen, quietschte. „Carla sagte, dass ihr Mann betrunken war, als er ihn mitnahm. Betrunken Autofahren ist schon schlimm genug. Aber das?“

„Das ist einfach Dummheit“, fuhr Elena auf. Sie weinte fast. Alejandro nahm ihre Hand. „Wir wissen doch, dass sie sich verändern. Ist kein Wunder, dass sie sich anpassen, aussehen wollen wie wir, um näher an uns heranzukommen.“ Sie schluchzte nun.

„Es wird nicht lange dauern, bis sie sprechen, denken“, murmelte Esteban.

„Vielleicht können sie es schon längst.“

Er schoss. Ein Schuss nur. Sie warteten.

„Der war allein“, seufzte Elena.

„Ja“, nickte Esteban. „Aber wir wissen nicht, wie viele er infiziert hat. Früher oder später werden sie kommen, uns riechen. Sie sind hungrig.“

Elena stand auf und Alejandro folgte ihrem Beispiel. Er starrte auf den zerstörten Körper, der genau dort lag, wo er am Tag zuvor noch versucht hatte, Steine aufeinanderzustapeln. Gras und Erde um die leblose Gestalt waren dunkel. Das Gesicht nicht zu erkennen.

„Aber es ist nicht mehr so schlimm“, sagte Elena nervös. „Ich glaube, es hieß, dass sie langsamer vorwärtskommen, weniger töten. Vielleicht sich kontrollieren.“

Esteban schüttelte den Kopf. „Das schien mir bei dem hier nicht so. Und selbst wenn, bin ich nicht sicher, ob darin ein Vorteil liegt.“

Er stellte die Flinte ab und sah wieder aus dem Fenster. „Nein“, beschloss er. „Es gibt nur einen Weg mit diesen Mördern umzugehen. Eine Kugel, ein Messer oder eine Bombe. Alles, was sie vernichtet. Und zwar so gründlich wie möglich, und bevor sie uns vernichten.“

Sie zogen weiter. Obwohl die Großmutter sich weigerte, wurde sie mitgenommen, hielt jedoch die Reise nicht lange durch. Sie war der erste Verlust, den die kleine Familie erlitt.

Esteban hatte seine Entscheidung getroffen und er war nicht der Einzige. Der Plan, die Zombies zu vernichten, und zwar alle, hatte sich in den Köpfen der meisten Menschen festgesetzt. Nur durchführen ließ er sich nicht.

Denn sie waren viele und sie waren stark. Einer Naturgewalt gleich fielen sie über Städte und Dörfer her und wurde eine Angriffswelle gestoppt, begann die nächste. Sie waren überall.

Massenvernichtungswaffen kamen vorerst nicht infrage und dann war es zu spät. Das Militär erwies sich angreifbar wie jede andere Berufsgruppe. Irgendwann traf es ein Mitglied jeder Familie, jeder Gemeinschaft. Und jede Familie reagierte anders, auch wenn das Ergebnis sich ähnelte. Nicht einmal totalitäre Regimes bekamen die Entwicklung in den Griff.

Die Wirtschaft brach schneller zusammen als jede Prognose vorhergesagt hatte.

Alejandro erinnerte sich später daran, dass Esteban blass und mit zitternden Händen von seinem ersten Treffen mit der Freiheitsliga zurückgekehrt war. Außerhalb von Dallas hatten sie sich versammelt, aus allen Teilen der Welt waren sie zusammengekommen, um die Situation zu vergleichen. Und es sah düster aus.

Esteban schenkte sich Tequila ein und Elena reichte ihm Salz und Zitrone. Seine Hände zitterten immer noch und er griff erneut zur Flasche.

„Es gibt keinen Zweifel mehr“, sagte er. „Sie sind in Ansätzen intelligent. Sofern man das von Monstern sagen kann. Durchtrieben genug, um sich versteckt zu halten, mitunter monatelang, vielleicht länger, bevor sie zuschlagen. Es wirkt fast wie geplant, scheint geradezu unvorhersehbar, skrupellos.“

Er rieb sich über die Bartstoppeln.

„Am schlimmsten soll es in den Großstädten sein“, fuhr er fort. „Und in Europa. Die Menschen dort sitzen – saßen eng genug aufeinander. Das waren Schlachtfeste. Das Militär, Polizei hatten keine Chance. Waren weder ausgebildet noch ausgerüstet für einen solchen Fall.“

Er räusperte sich. „Manche Staatsführer haben ganze Landstriche zerstört, in der Hoffnung, der Kollateralschaden wird durch die Rettung der restlichen Bevölkerung ausgeglichen.“ Er schüttelte den Kopf. „Es hat nicht funktioniert.“

„Was machen wir nun?“, fragte Alejandro und umklammerte die Pistole, die er am Gürtel trug. Er war innerhalb des letzten Jahres in die Höhe geschossen. Groß für sein Alter, schlank und drahtig. Esteban trainierte ihn regelmäßig. Alejandro traf jedes Ziel, lief so schnell wie sein Vater und würde eines Tages stärker sein als der. Und ein Zombiejäger, das hatte er längst beschlossen.

„Es läuft auf einen Nahkampf hinaus“, sagte Esteban. „Auch wenn wir glauben, dass sie sich zusammenrotten, können wir nie sicher sein. Es heißt, dass sie Menschen gefangen nehmen.“ Für einen Augenblick sah er aus, als werde ihm schlecht. Er holte tief Luft.

„Was wir tun werden?“ Er sah Alejandro an. „Ich habe mich zur Division gemeldet. Wir durchkämmen den Staat systematisch. Sind wir genug, gelingt es uns vielleicht, die Monster endgültig zur Hölle zu jagen.“

„Sie waren doch einmal Menschen.“ Die Stimme der Mutter klang klein und schwach.

Esteban drehte sich zu ihr um. „Nun sind sie es nicht mehr“, korrigierte er. „Das darfst du nie vergessen. Das ist der Schwachpunkt, den sie immer wieder ausnutzen, der sie immer wieder siegen lässt.“

Die Divisionen taten, was sie konnten. Doch es war nicht genug, nie genug.

Es gab Statistiken. Menschen, in sicheren Büros bewacht, stellten Berechnungen an, veröffentlichten, dass die Zahl der Menschen stetig sank. So wie die Zahl der Zombies zunahm. Und immer noch konnte nichts dagegen ausgerichtet werden.

Es war die Apokalypse, sagten die Kirchen. Prophezeiungen wurden ausgegraben, vergeblich ein Sinn, ein Grund für den Zusammenbruch gesucht. Die öffentliche Ordnung existierte nur noch als fragiles Gerüst. Die Politik zeigte sich machtlos, wankelmütig und unfähig zur Entscheidungsfindung. Niemand sprach von Anarchie, doch der Schritt war nicht mehr weit.

In diese Welt wurde Marek geboren.

Tatsächlich sah die Lage in großen Teilen Europas weitaus schlimmer aus. Die Grenzen waren schnell gefallen, rasch begriffen worden, dass der neuen Gefahr nur mit vereinten Kräften begegnet werden konnte. England hatte noch eine Weile versucht, seine Eigenständigkeit zu bewahren, doch zum Zeitpunkt von Mareks Geburt den Versuch längst aufgegeben. Großbritannien integrierte sich, phasenweise angewiesen auf Lieferungen vom Festland. Wenigstens solange Teile der Insel von anderen abgeschnitten wurden. Ob durch wandernde, hungrige Zombies, angriffslustige Horden oder Kämpfe, das gelangte nie in die Nachrichten. So wie es überhaupt bald keine Nachrichten mehr gab, wenig Strom, wenig Technik, der Fortschritt zum Erliegen kam.

Später erfuhr Marek aus Erzählungen, dass er wie andere aus einem überrannten Gebiet gerettet worden war. Das Einsatzkommando hatte die Linien durchbrochen, nachdem die Nachricht von Überlebenden durchgedrungen war. Es herrschte Krieg, inzwischen wusste es jeder. Und der Gegner war klar definiert. Das Böse, Monster, Zombies, ein Gegner so eindeutig, das weder Fragen noch Zweifel auftauchten. Nur – und darin lag der eigentliche Wahnsinn – war es zum ersten Mal die Menschheit in ihrer Gesamtheit, die um ihr Überleben kämpfte. Je länger der Krieg währte, desto wertvoller wurde das Überleben. Die einfachsten Strukturen der Zivilisation aufrecht zu erhalten stellte die größte Herausforderung dar. Jede Hand wurde benötigt.

Und doch fehlten Hände. Vor allem in dem Waisenhaus, in dem Marek gelandet war und in dem er aufwuchs.

Es war eintönig, klein, brüchig und zu oft gefährlich. Die wenigen Ausflüge führten zur Küste und Marek gewöhnte sich an, auf das Festland zu sehen und sich zu wünschen, eines Tages übersetzen zu dürfen.

Sein Wunsch sollte sich erfüllen, als er alt genug war, um den Plan für seine Zukunft zu erhalten. Die Anwerber, die kamen, um die Waisenkinder zu begutachten und nach ihren Fähigkeiten und Interessen einzuteilen, überlegten nicht lange.

Zwar war er klein und schmal für sein Alter, doch bereits kräftig und ehrgeizig. Er rannte schneller als die meisten, wusste sich zu verteidigen, spielte immer wieder eine Rolle in Schlägereien. Auch wenn selten erkannt wurde, dass er meist versuchte, als Schlichter einzugreifen, lag es nahe, ihn auf den direkten Kampf vorzubereiten. Zumal er Interesse zeigte, nicht nur am Festland, sondern auch davon träumte, den Monstern, die seine Mutter getötet hatten und seine Kindheit überschatteten, ihr wohlverdientes Ende zu bereiten.

Sein Äußeres täuschte. Nicht nur von der Statur her wirkte er harmlos. Auch seine Frisur ließ ihn jünger erscheinen, als er es tatsächlich war. Denn er bevorzugte es, die braunen Strähnen vorne lang wachsen und in sein Gesicht fallen zu lassen. Das Pony reichte ihm meist bis über die Augen und er entwickelte das Bedürfnis, vor allem, wenn er nervös war, es sich aus dem Gesicht zu streichen. Das gab seinen Händen eine Beschäftigung, lenkte sein Gegenüber ab und er vermittelte den Eindruck von Unsicherheit, wenn nicht sogar den, ein wenig scheu zu sein. Mit Absicht, denn wenn er früh etwas begriffen hatte, dann war es, seine Vorteile und Talente zu nutzen. Schließlich war ihm nichts anderes gegeben, und Marek war niemand, der aufgab oder sein Schicksal beklagte.

Er wusste noch nicht, dass er zur Manipulation fähig war, dass er in andere hineinsehen und ihr Wesen erkennen konnte. Wenigstens besser als die meisten anderen. Er merkte es auch noch nicht, als die Division der Freiheitsliga Europas ihn vom Fleck weg akzeptierte und er nur einen Tag später den Kanal überquerte und zum ersten Mal Frankreich sah. Nicht lange. War die Situation in Groß Britannien permanent bedrohlich gewesen, so wirkte sie auf dem Festland brenzlig. Marek bemerkte die Blicke der Erwachsenen, die Art, wie sie innehielten und lauschten, wie ihre Augen sich verengten, während sie in die Ferne sahen.

Sie reisten in Zeiten der Dämmerung. Niemand erklärte ihm warum, aber er folgerte schnell, dass die Gefahr zu dieser Zeit weniger groß war. Wenngleich immer noch präsent. Doch schien es, als lähmte das schwächere Licht die Zombies mehr als die Dunkelheit oder der Tag es vermochten.

Die Straßen waren verlassen. Anderen Menschen gingen sie ebenso wie den Feinden aus dem Weg, reisten langsam und vorsichtig. Marek sah zerstörte Industrieanlagen ebenso wie Ruinen von Wohnsiedlungen. Manche Straßen waren aufgebrochen und an manchen Orten dominierte der Gestank nach Tod und Verwesung.

„Wir haben gerade eine große Schlacht geschlagen“, erklärte Rolf Kinsor Marek und den beiden Franzosen, die sie abgeholt hatten. „Und hoffen, dass sie in ihren Löchern sitzen, ihre Wunden lecken und sich nicht sobald wieder raus getrauen.“ Er schwieg einen Moment, strich sich über die grauen Schläfen. „Natürlich haben wir keine Zahlen. Über ihre Verluste sollten wir uns keine Schätzungen erlauben. Aber ich habe ein gutes Gefühl.“ Er nickte, mehr in sich selbst hinein. „Ein gutes Gefühl“, wiederholte er und Marek gewann den Eindruck, als befände sich der Mann bereits zu lange im Krieg.

„Was ist das?“, fragte er und zeigte auf ein Bauwerk, das noch keine Zeichen von Zerstörung aufwies, weder einem Haus noch einem anderen Gebäude glich, das ihm bekannt war.

Rolf winkte ab. „Eine der Erklärungen, warum es mit der Stromversorgung nicht klappt. Vor allem nicht dann, wenn man sie braucht.“ Er lachte bitter auf. Als Marek ihn verständnislos ansah, presste er die Lippen zusammen, seufzte dann. „Ein Kraftwerk. Besser gesagt, es war eines. Man hat sie alle abgeschaltet. Wenigstens die Atomkraftwerke. Nachdem die Zombies, hirnlose Fresser, die sie sind, sich das Einbrechen zur Gewohnheit werden ließen, und auf der Suche nach Fleisch und Blut die Sicherungen außer Kraft gesetzt und die Strahlung freigesetzt hatten, entschieden die meisten Regierungen, - die europäischen geschlossen - dass es besser sei, auf Atomenergie zu verzichten.“

„Verstehe.“ Marek verstand tatsächlich. Er las gerne und wenn etwas im Waisenhaus verfügbar gewesen war, im Gegensatz zu Nahrung und Wasser, dann handelte es sich um Bücher.

„Schon eine Weile her“, brummte Rolf und lachte wieder sein grimmiges Lachen. „Da hat man tatsächlich geglaubt, sich mit Kohle und Gas behelfen zu können.“ Er zuckte mit den Schultern. „Hat genauso wenig funktioniert, wie die Vorstellung, es sei nichts leichter, als den Verkehr aufrecht zu erhalten. Es gab Benzinknappheiten, da waren die Leute fähig, für einen Liter zu morden.“ Er verzog das Gesicht. „Für weniger, wenn ich ehrlich bin. So weit ist es mit uns gekommen. Die Proteste und Aufstände gaben der Zivilisation den Rest.“ Er schüttelte den Kopf. „Aber ich sollte mich nicht beschweren. Wer weiß, ob ich ohne diesen ganzen Wahnsinn einen Job hätte.“ Er lachte wieder, tätschelte Marek den Kopf. Der wich irritiert zurück. „Werdet ihr schon noch verstehen“, murmelte er. „Auch wenn alles düster und hoffnungslos aussieht, gibt es doch immer wieder Leute, die bereit sind, einen positiven Aspekt hervorzuheben. Nur dass mir keiner einfallen will, denke ich an die Bestien, die durch die Gegend ziehen und Menschen abschlachten.“

Meistens fuhren sie auf den Ladeflächen von Lieferwägen, durchquerten Frankreich und Deutschland, bewegten sich in Richtung Italien, als Rolf verkündete, dass sie die erste Station erreicht hatten. Ein Hof, nicht zu einsam, doch auch nicht zu nah an der nächsten Stadt, bot Unterschlupf und nicht lange nach ihrer Ankunft, traf eine weitere Gruppe Jugendlicher und junger Erwachsener ein.

„Wir wissen nicht, wie lange wir hier sicher sind“, sagte Rolf. „Aber es ist mehr als allerhöchste Zeit, mit dem Training zu beginnen. Die Zombies warten nicht.“

Wie sicher ihr Aufenthaltsort war und wie gut sich Rolf und die anderen Verantwortlichen auskannten, wurde Marek erst bewusst, als sie die ersten Besuche abgesehen von Lebensmittellieferungen erhielten.

Eine Gruppe Flüchtlinge tauchte eines Tages auf. Und sobald sie die untergebracht und versorgt hatten, riss der Strom nicht ab. Marek versuchte, die Ohren zu verschließen, um die grauenvollen Einzelheiten nicht zu hören, die aus den Menschen herausquollen, sobald sie soweit waren, sich Luft zu machen. Doch Rolf zwang die neuen Rekruten, teilzunehmen, jedes Detail aufzuzeichnen und zu analysieren.

Das war auch das erste Mal, alss Marek registrierte, dass seine Meinung von der der anderen, auch der Erwachsenen abwich.

„Sie haben sich Blicke zugeworfen? Als versuchten sie zu kommunizieren“, vergewisserte er sich bei dem Zeugen, der nicht aufhören konnte, seine Hände ineinander zu winden. Der blickte nicht auf, nickte jedoch. Seine Stimme klang leise und panisch, erhöhte sich am Ende eines jeden Wortes.

„Das hat nichts zu bedeuten“, korrigierte ihn Rolf und wies Marek an, zuzuhören und sich nicht einzumischen. „Zufall“, setzte er hinzu. „Das Einzige, für das die sich interessieren ist Fressen. ‘Tschuldigung.“ Er nickte dem Zeugen zu. Der beachtete ihn nicht, hatte sich in seine eigene Welt zurückgezogen.

Doch Marek merkte sich die Aussage, den Eindruck des Mannes. Gerade so, als frage das eine Monster das andere um Erlaubnis, hatten diese Blicke gewechselt. Warum Marek so dachte, konnte er sich nicht erklären. Alles in ihm wollte seine Befürchtungen herausschreien. Er konnte nicht glauben, dass die Monster so weit gekommen wären, wenn es sich tatsächlich um hirnlose Maschinen handelte. Da steckte mehr dahinter.

Doch als er Rolf das nächste Mal daraufhin ansprach, erkannte er, dass der, ähnlich wie andere, die bereits zu lange dabei waren, seine Theorie nicht ertragen konnte oder auch nicht ertragen wollte. Erschreckend genug war die Lage auch so.

Das Training war anstrengend, die Zeit verging schleppend. Sie waren gezwungen, ihren Aufenthaltsort mehrfach zu wechseln. Wenn etwas Gutes dabei herauskam, so war es, dass Marek feststellte, dass er eine Begabung besaß, was Sprachen anging. Der Weg durch Europa lehrte ihn vieles, doch am hilfreichsten war er, wenn er bei der Kommunikation mit den häufig verängstigten Einheimischen helfen konnte.

Ein Muster bildete sich für ihn bald heraus. Der Mensch blieb in sich selbst, seinen Instinkten und Bedürfnissen verwurzelt. Die meisten zeigten kaum mehr Interesse als für das, was ihnen zum Überleben notwendig schien. Es ging darum, weiterzumachen, egal welche Grundlagen die Zombies ihnen raubten, welche Strukturen und Gewohnheiten zusammenbrachen. Geflohen wurde, wenn die Alternative nicht mehr absehbar schien, ansonsten galt es auszuharren.

Zog die Division weiter, dann in dem Wissen, dass sie hinter sich dieselbe Unsicherheit zurückließ, wie sie auf ihrem Weg vorfand.

Alejandro war zu jung, als Esteban starb. Elena konnte den Verlust ihres Mannes nicht ertragen. Sie verfiel zusehends und innerhalb weniger Wochen trug Alejandro auch sie zu Grabe.

Sein Schmerz verwandelte sich in Wut.

„Ich hätte mitgehen sollen“, schrie er, doch der General schüttelte den Kopf. „Ich fühle mit deinem Verlust“, sagte er. „Aber wir konnten nicht wissen, wie es ausging. Wir konnten nicht ahnen, dass sich dort ein Nest von diesem Ausmaß befand. Wer hätte wissen können, dass sie sich zu Hunderten sammeln. Was genau sie versuchen?“

„Ich gehe rein“, beschloss Alejandro. „Ich werde ihn rächen.“

„Das wirst du nicht.“ Der General sah ihn an. „Wir haben das im Griff. Und ich habe nicht vor, noch einen Mann zu verlieren. Und das bevor er zu dem Kämpfer herangewachsen ist, den wir hier brauchen.“ Er räusperte sich nachdenklich. „Ich persönlich bin der Meinung, auch wenn die nicht allerorts geteilt wird, dass wir nur einen Teil der Gefahr erkennen. Da schwelt viel mehr im Verborgenen, da existieren Aspekte von denen wir keine Ahnung haben. Es werden mehr, viel mehr, als wir uns auszumalen wagen. Die Zukunft wird uns vor neue Prüfungen stellen, Alejandro. Und für diese Zukunft brauchen wir dich, Männer wie dich.“

Alejandro ballte seine Hände zu Fäusten. „Ich bin bereits ein Mann“, sagte er. „Ich habe Erfahrung im Kampf. Wenn ihr mich gelassen hättet, wäre ich mit ihm gegangen.“

„Ich weiß.“ Der General nickte. „Aber das bedeutet keinen Unterschied. Nicht für uns.“

Er bedeutete Alejandro, sich zu setzen. „Ich weiß, dass du etwas ausrichten, etwas bewirken möchtest. Und ich weiß, wie dir das gelingen wird.“

Alejandro schüttelte den Kopf. Die Wut flammte immer noch hell in ihm auf, stieg mit jedem Atemzug. Sie war einfacher zu ertragen, als der Schmerz, der sich in sein Herz bohrte. Als die Erinnerungen an die letzten Jahre, die Ausbildung, die Esteban ihm hatte angedeihen lassen und den Abstand, den er gleichzeitig zwischen sie gesenkt hatte. Vielleicht um sich abzuschotten, seine Gefühle zu schützen, war Esteban ein anderer geworden, härter, kälter. Manchmal abwesend und so fern, dass Alejandro geglaubt hatte, ihn nicht wiederzufinden.

Nun war er allein und hilflos.

Zuzusehen, wie seine Mutter Hoffnung und Leben aufgab, hatte auch ihn Kraft gekostet. Wenn er ehrlich war, träumte er davon, sich in die stillgelegten Fabrikanlagen zu begeben und dort im Dunklen zu stochern, bis er die Monster fand, die Esteban und damit auch Elena auf dem Gewissen hatten. Er würde töten, so viele er konnte, sie zerstören, auslöschen, bis einer von ihnen ihm ein Ende bereitete. Davon hielt ihn nur die Befürchtung ab, er könnte gebissen werden, die Angst vor einer Verwandlung, die grauenvoller als der Tod war.

Vor dem Schicksal, das seinen Vater ereilt hatte.

Nach der Infektion war nicht viel Zeit geblieben, um zu reagieren. Doch Esteban hatte die genutzt. Sie waren zu fünft gewesen, doch der einzige, der überlebte, berichtete von der Flucht aus dem Keller, von den Zombies, die sie getötet hatten, die mehr geworden waren, wie Kakerlaken aus den Winkeln und Schlitzen quollen. Erst als sie die Tore erreichten und sich auf Bisswunden untersuchten, fiel die Entscheidung.

Der Mann erzählte, wie er den roten Glanz in Estebans Augen gesehen hatte, den Hunger in dessen Blick, bevor der die Waffe gegen sich selbst gerichtet hatte. Er weinte, als er davon sprach, wie die anderen versucht hatten, zu entkommen, wie er sie einen nach dem anderen hatte töten müssen, immer das Bild Estebans vor Augen.

„Es waren Helden“, verkündete er und legte Alejandro die Hand auf die Schulter. „Du kannst stolz auf ihn sein, Junge. Er war einer der Aufrechten. Einer von denen, die uns immer wieder vor Augen führen, warum wir diesen Bestien den Garaus machen müssen, warum wir besser sind. Er besaß eine Seele, eine gute Seele.“

Er nickte und rieb sich die Augen. „Du wirst sein Erbe antreten und ich wette, von irgendwo sieht er auf dich und fühlt Stolz.“

Alejandro antwortete nicht. Er war skeptisch. Das Leben zu kurz, zu gefährlich, um sich Spekulationen hinzugeben. Erst recht wenn es um spirituelle Fragen ging. Früher vielleicht hatte man sich damit beschäftigt. Doch inzwischen war es der Kampf ums Überleben, der ihnen alles abverlangte, jeden Gedanken, jede Konzentration, jeden Funken Energie.

Nein, sein Vater war tot und schuld daran diese Monster. Alejandro entschied sich für den Hass. Und er nickte, kurz und heftig. „Ich will kämpfen“, stieß er hervor. „Ich werde alles tun, um jede einzelne dieser Kreaturen zu vernichten.“

„Dann wirst du lernen.“ Der General schmunzelte zufrieden. „Und da wir dir hier nicht so viel so schnell beibringen können, wie du im Augenblick gierig aufsaugen würdest, mache ich dir einen Vorschlag. Ich würde dich gerne nach Europa schicken.“ Er ließ die Worte nicht sacken, sondern fuhr rasch fort. „Es ist gefährlicher dort, bevölkerter und somit ein Schmelztiegel, was Zombies angeht. Ich erhalte verschiedenste Informationen. Nicht wenige widersprechen sich kolossal. Aber fraglos sind die Monster dort anders. Vielleicht besser versorgt, vielleicht bequemer.“ Er verzog den Mund. „Du entschuldigst. Aber ein paar der europäischen Metropolen wurden praktisch über Nacht dem Erdboden gleichgemacht.“

Alejandro zog die Augenbrauen zusammen. „Ich verstehe.“ Der General nickte. „Du ahnst nicht, wie viel Information sorgfältig geheim gehalten wird. Manchmal ist Unwissenheit der einzige Garant für das Fehlen von Panik.“ Er räusperte sich. „Jedenfalls hat die Liga dort einen noch schwierigeren Stand als hier. Die zentrale Regierung vereinfacht die Lage keineswegs. Durch deren Untätigkeit sind wir weitgehend auf uns selbst gestellt.“

Er atmete aus. „Kurz und gut. Ich würde dich gerne dorthin schicken. Sieh dir ein paar Standorte an. Ich stelle die Kontakte her. Und dann gehst du in eins der Ausbildungscamps. Die Informationen erhältst du vor Ort. Wo die Camps sich zur Zeit aufhalten, kann ich dir nicht sagen.“

„Und was genau soll ich da lernen?“ Der Gedanke an Ausbildung behagte Alejandro weniger als die Vorstellung loszuziehen und die alte Welt im Alleingang von den Zombies zu befreien.

Der General nickte wieder. Seine Finger tippten auf die Tischplatte und er sah Alejandro ernst und intensiv an. „Genau darin liegt die Gefahr, mein Junge. In der Ungeduld. Ich will dir nicht sagen, wie viele gute Leute ich auf diese Weise verloren habe. Wenn Esteban Unterstützung angefordert hätte, anstatt …“ Er brach ab und Alejandro senkte den Blick. Seine Fäuste ballten sich so fest, dass es schmerzte.

Der General atmete aus. „Was ich sagen wollte. Ich möchte, dass du vorbereitet bist. Dass du dich auskennst. In der Zeit, in der wir von den Zombies wissen, haben sie uns mehrfach überrascht. Als ob sie ihre Fähigkeiten zu verbergen wüssten. Man könnte fast glauben, sie mutieren. Aber andererseits kann keiner von uns ausschließen, dass wir sie bislang nicht gut genug beobachtet haben, nicht nahe genug an sie herankamen.“

„Was ist mit den Labors? Den Wissenschaftlern und Forschern?“, fragte Alejandro, schüttelte sein langes, schwarzes Haar aus dem Gesicht und sah wieder auf. „Meine Mutter, Elena arbeitete an einer Studie. Sie erzählte nicht viel, aber ich besitze eine Vorstellung davon, was vorging.“

Der General zuckte mit den Schultern. „Und immer noch überall vorgeht. Es hat sich nichts daran geändert. Soweit ich weiß, werden Heilmittel getestet und das Verhalten beobachtet. Was bislang lediglich gefährlich ist und keine nennenswerten Ergebnisse einbringt. Eine reine Verschwendung von Zeit und Geld.“ Er schüttelte den Kopf. „Wir brauchen neue Methoden und Erkenntnisse. Es geht nicht an, dass sie uns immer einen Schritt voraus sind. Und daran wird sich auch nichts ändern, wenn Zombies in sterile Labors gesperrt und mit Spritzen traktiert werden.“

Er räusperte sich erneut, fuhr mit den Fingerspitzen über seine Schläfen. „Was ich damit sagen will: wir haben uns von Anfang an zu sicher gefühlt, zu überlegen. Ich befürchte, dass sie daraus ihren Vorteil gezogen haben. Wie Termiten, deren Existenz man erst wahrnimmt, wenn das Haus über einem zusammenbricht.“

Er seufzte. „Du wirst in Europa innerhalb kürzester Zeit mehr lernen als hier innerhalb von Jahren. Ob es sich um hirnlose Monster handelt, die sich in Abhängigkeit ihrer Umgebung entwickeln, sich der anpassen und nichts als Fressen und Töten im Sinn haben, oder ob sie vielleicht sogar eine vage, andeutungsweise Art Kontakt untereinander entwickeln, ein Herden- oder Schwarmverhalten aufweisen, das ist alles noch offen. Lediglich dass sie mutieren steht weitgehend fest. Sogar schnell. Die Frage ist nur wie oder wohin.“

Alejandro nickte, kniff die Lider zusammen. Um die Lippen des Generals zuckte es. „Ich weiß, was du denkst, und du hast recht. Auch wirst du dort erheblich mehr Gelegenheiten dazu erhalten, dich im Kampf zu beweisen. Ich habe gehört, dass die europäischen Divisionen schnell handeln müssen, bevor sich die Gelegenheit ergibt zu planen oder nachzudenken. In einem ehemals bevölkerungsreichen Landstrich wimmelt es nun von Zombies. Manche Gegenden scheinen vollkommen übernommen worden zu sein. Abgeriegelt, niemand traut sich mehr dorthin und es kann nur darüber spekuliert werden, was sich innerhalb der Grenzen abspielt. Für einen Jungen wie dich existiert dort jede erdenkliche Chance. Ich bitte dich nur um eines: Pass auf dich auf und komm heil zurück.“

Dass es sich um die richtige Lösung für ihn handelte, stellte sich bald heraus. Die Reise, die neue Umgebung, lenkten ihn von seinem Schmerz ab. Und ein Ventil für seine Wut fand sich überall, fand sich in jedem Monster, das ihm über den Weg lief.

Alejandro durchlief ein paar Camps, registrierte die Unterschiede in Training und Vorgehensweise, bevor er in Rumänien strandete.

„Melde dich bei Rolf Kinsor“, hatte der General ihm ausrichten lassen. „Er führt das größte Ausbildungscamp in Osteuropa. Seitdem wir die Zentrale in Spanien verloren haben, konzentrieren sich dort die Kräfte.“

Als er eintraf, begriff er, warum sich dieses Camp nun bereits seit zwei Jahren hielt: er fand es nicht. Die Suche dauerte an und erst nachdem er seit mehr als einer Woche durch Ruinen, abgebrannte Fabriken und verlassene Dörfer gezogen war, gaben sich die Verbündeten der Division zu erkennen.

Sie verhörten ihn, forderten Beweise, hielten ihn abgeschieden und allein, bis die Bestätigung seiner Aussagen als Informationen zu ihnen durchsickerte. Erst danach wurde er willkommen geheißen und letztendlich akzeptiert.

„Du musst unsere Vorsicht entschuldigen.“ Rolf schüttelte ihm kurz aber kräftig die Hand. „Wir beobachten dich seit einer Weile. Sind vielleicht wenige braungebrannte, glutäugige Typen unterwegs, aber es gibt genug Zombies, die alleine durch die Gegend ziehen, die vermummt ausharren, bis ihnen jemand zu nahe kommt.“ Er schüttelte den Kopf. „Es ist, als ob manche von ihnen ihren Fresszwang nicht mehr spüren, oder soweit unter Kontrolle haben, dass sie wochenlang überleben können, ohne etwas zu sich zu nehmen. Vielleicht vergessen sie auch einfach, wozu sie geschaffen worden sind.“ Er schnaubte. „Man könnte fast geneigt sein, es als Fortschritt zu werten, wenn man nicht oft genug gesehen hätte, wie sie unter Lebenden wüten, wenn sie über diese stolpern. Als kehre die geballte Kraft in sie zurück, sobald sie Fleisch wittern. Als hätten sie bis dahin eine Art Winterschlaf gehalten.“

„Die ich getötet habe, wirkten nicht sehr verschlafen.“ Alejandro kniff die Lider zusammen.

Rolf verzog den Mund. „Nur weil du sie getötet hast, sprechen wir gerade miteinander.“

„Es sind nicht viele in der Gegend unterwegs“, murmelte Alejandro. „Ich habe andere Ecken gesehen, in denen man keine Minute Ruhe hatte.“

Rolf nickte. „Deshalb sind wir hier. Man könnte fast glauben, dass sie denken, die Gegend hier abgegrast zu haben. Dass hier nichts mehr zu holen, zu töten wäre. Natürlich nur gesetzt den Fall, sie wären zu logischen Gedanken fähig. Dass sie das nicht sind, zeigt sich bereits dadurch, dass sie ohne Plan und Verstand wie Heuschrecken über das Land ziehen. Haben sie die Menschen verjagt, auf ihrem Feldzug zerstört, was ihnen vor die Zähne kam, setzen sie ihren Pfad der Vernichtung fort ohne zurückzublicken.“ Er lachte bitter. „Im Augenblick sind wir darauf gekommen, uns dieses Verhalten zunutze zu machen. Wandern wir in ihrem Schatten, ignorieren sie uns. Und da sie nicht zurückblicken, sich nicht um Ihresgleichen kümmern, bemerken sie es kaum. Wir müssen nur darauf achten, von hinten anzugreifen.“

„Ist mir neu“, nickte Alejandro. „Aber leuchtet ein. Solange die Übermacht des Gegners einkalkuliert wird.“

„Nicht immer“, gab Rolf zu. „Sie sind gefährlich, weil unberechenbar. Wie sie handeln, lässt sich nicht vorhersehen. Es sind Tiere. Weniger als das. Ungeheuer.“

Er schüttelte den Kopf, fuhr sich durch das inzwischen eisgraue Haar. „Wie auch immer, das wirst du alles sehr schnell feststellen. In der Zwischenzeit, mach dich ein wenig vertraut. Wir haben einigen Zuwachs bekommen, Lehrer und Ausbilder in unterschiedlichen Kampfkünsten, Waffentechnik und verschiedenen anderen nützlichen Zweigen. Bedarf herrscht an allem. Vielleicht hältst du ein paar Vorträge über die Lage in den Staaten? Im Austausch werden wir dir detailliert zeigen, wie wir gewohnt sind vorzugehen. Wie wir den Nachwuchs rekrutieren und vorbereiten.“ Er atmete aus. „Du gehörst selbst noch zum Nachwuchs. Sieh zu, dass du mitnimmst, was möglich ist. Wir stehen hier vor einem weltweiten Problem, vor der Apokalypse. Oder danach, wenn man so will.“ Er seufzte, wirkte auf einmal müde, nickte und Alejandro ging.

Für sich gab er zu, dass der Standort gut gewählt und gesichert war. Vor allem auch im Hinblick auf die Anzahl der Bewohner des Camps. Abgesehen von den unterirdischen Anlagen, den Gängen und Bunkern, die nur zum Teil aus dem vorigen Jahrhundert stammten, bot auch die durch Anhöhen und Waldgebiete eingerahmte Fläche Schutz. Ein nicht geringer Teil der Gänge, die unterhalb des Erdbodens verliefen, entstammte dem Mittelalter, hatte einst Burgen und Schlösser, die längst nicht mehr existierten, miteinander verbunden. Diese Gänge waren befestigt und erneuert worden, boten genug Platz für eine große Anzahl Mitglieder der rumänischen Division, für Gäste und Auszubildende aus anderen Ländern und Kontinenten.

Definitiv handelte es sich hier um eines der komfortabelsten Lager, die Alejandro bislang kennengelernt hatte. Obwohl er mit einkalkulierte, dass jede befestigte Anlage angenehmer zu bewohnen war, als das Schiff, mit dem er den Atlantik überquert hatte.

Wiederholt schritt er das Gebiet ab. Auch wenn ihm jeder versicherte, dass die Grenzen keine Eindringlinge erlaubten, so hatte er doch oft genug lernen müssen, dass er sich auf niemanden verlassen konnte, mit Ausnahme seiner selbst.

Sie waren in Sicherheit und er begann damit, den Menschen, die sich innerhalb derselben befanden, gesteigerte Aufmerksamkeit zu schenken.

Es handelte sich um eine bunte Mischung aus Nationalitäten und wie in jedem Lager, das er kennengelernt hatte, herrschte ernste Stimmung. Dennoch fanden sich überall Mitglieder, denen es gelang, den Anflug von Leichtigkeit zu vermitteln, die für ihr Überleben so wichtig war wie Nahrung, Wasser und Wärme.

Eine Handvoll junger Männer spielte Ball, während andere unter Anleitung trainierten, wieder andere Figuren und Schritte, die ihn an Kung Fu erinnerten, ausführten.

Eine Gruppe Frauen verschiedenen Alters hatte sich auf Decken versammelt. Sie rauchten und redeten, während gleich daneben andere Waffen reinigten. Allen war gemeinsam, dass sie auf ein Zeichen hin ihre Plätze verlassen und den Rückzug antreten würden. Diszipliniert und ohne Panik. Vielleicht geübter, geordneter als Alejandro es aus seiner Heimat gewohnt war.

Er seufzte auf. Bislang hatte er nicht viel Neues erfahren. Zwar einen guten Einblick in die Funktion und Organisation der Freiheitsliga jenseits des großen Teiches gewonnen, doch wenig, was ihre Feinde anging.

Soweit er wusste, verfolgte man in Europa dieselbe Politik wie in den Staaten: erst schießen und dann fragen. Sofern Forschungen und Untersuchungen durchgeführt wurden, erfuhr das einfache Divisionsmitglied nichts davon. Jeder, mit dem Alejandro sich bislang unterhalten hatte, spekulierte lediglich. Und auch ihm war nichts aufgefallen, während seinen Auseinandersetzungen mit den hiesigen Zombies, das diese von den ‚amerikanischen‘ unterschied. Die spärlich gewonnenen Informationen ließen auch auf die bleierne Erschöpfung schließen, die sich längst breit gemacht hatte.

Der Kampf währte bereits zu lange, ohne dass sich Ergebnisse, geschweige denn Erfolge anführen ließen. Das allein frustrierte bereits. Die Unmöglichkeit, den Gegner zu besiegen, ihn auch nur zu erfassen, lähmte zusehends, zerstörte Initiative und Antrieb. Letztendlich zählte das Überleben und verbleibende Energie richtete sich fast ausschließlich darauf, dasselbe zu sichern.

Auch wenn es Menschen gab, die augenscheinlich für die Freiheitsliga geboren waren, die ihr Leben freudig dem Kampf widmeten, waren doch die meisten von anderem Schlag, mehr oder minder zufällig in dieses Schicksal hinein gesogen worden. Sie sehnten sich nun nach dem, was sie je nach Alter und Erfahrung nie wirklich kennengelernt hatten, nach einem normalen Leben. Nach dem Luxus, der noch vorhanden, an manchen Orten noch verfügbar war, doch der als Mitglied der Division immer die zweite Stelle nach dem großen Ziel einnahm, nach der Vernichtung der Monster.

Alejandro versuchte manchmal die Menschen, die Kollegen, ihrem Verhalten nach einzuteilen. In die, welche für den Job geboren schienen und in andere, die ihn ausführten, in der Hoffnung, dass er eines Tages nicht mehr notwendig sei. Und die mit jedem Jahr, das keinen Fortschritt brachte, frustrierter wirkten. Deren Mundwinkel sich herabzogen und die einen Blick in die Ferne richteten, der keine Hoffnung mehr enthielt.

Manchmal war Alejandro froh, spät genug geboren worden zu sein, um sich nicht mehr an die Welt vor den Untoten zu erinnern. Wenigstens nicht an mehr als Augenblicke, verfälscht, verschönt durch Jahre und Geschehnisse.

Er begegnete vielen Kämpfern in seinem Alter, auch jünger. Ordnete sie ein, nach ihrem Kampfstil, nach ihrem Nutzen für die Division, nach den Möglichkeiten, die sie in der Zukunft verwirklichen konnten.

Nur bei einem von ihnen gelang ihm das nicht. Es handelte sich um einen Jungen, einen Mann, wenig jünger. Er war schmal, aber kräftig. Sein Gesicht umrahmte feines, braunes Haar, durchzogen von helleren Strähnen, die, fiel das Sonnenlicht darauf, hervor blitzten.

Seine Haut schimmerte, bewies ausgiebigen Kontakt mit Sonnenlicht, wirkte jedoch erheblich empfindlicher als Alejandros. Hier und da glaubte er eine Sommersprosse zu entdecken, ein Muttermal am Hals und eines neben dem Ohr, klein und rund, als wollte es ihn necken. Warme, kastanienfarbene Augen blickten in die Welt, als nähmen sie jeden Eindruck unter Vorbehalt wahr. Umsichtig, analytisch und ohne viel preiszugeben.

Es war interessant, solange der Junge ihn nicht bemerkte. Von diesem Moment an jedoch veränderte sich alles.

Denn von diesem Moment an suchten die Augen des Jungen seine, sobald er sich in der Nähe befand. Als ob der spürte, dass Alejandro sich näherte, einen Raum verließ oder ins Freie trat, drehte sich sein Kopf und er blickte ihn an.

Ohne zu lächeln, eher prüfend, vielleicht ein wenig fragend und mit jeder Wiederholung ein wenig selbstsicherer.

Alejandro begann sich zu fragen, ob der Junge – Marek, wie er erfuhr – ihn bereits zuvor bemerkt und nur nicht gewagt hatte, ihm offen in die Augen zu sehen.

Dennoch fühlte er sich ein klein wenig erleichtert, dass Marek keine Anstalten unternahm, ihn anzusprechen. So dachte er – meistens.

Ein anderer Teil in ihm verbrachte viel Zeit damit, sich zu fragen, warum dem so war. Oder gar, ob es tatsächlich Dankbarkeit war, die er empfand. Ob er sich im Stillen vielleicht sogar anderes erhoffte.

Müßig und dämlich waren sie, Überlegungen wie diese. Er hatte wahrhaftig Besseres zu tun und zu bedenken.

Das Training blieb interessant. Seine eigenen Vorträge weniger. Und er wusste nicht, ob es damit zu tun hatte, dass ihn braune Augen unablässig anstarrten, ihn ablenkten. Was keinesfalls möglich sein durfte. Er war Profi und schon ganz anderen Herausforderungen begegnet, in Europa, Mexiko und Amerika. Er war ein Kämpfer, konzentriert in jeder Sekunde, hatte unzählige Zombies erledigt und würde weiter kämpfen.

Dennoch brachte er es nicht fertig, den Gedanken an Marek beiseite zu schieben.

Das ging so weit, dass er sich erkundigte. Nicht nur über ihn, so clever war er. Er stellte Fragen über den Nachwuchs, über die, deren Ausbildung sehr jung begonnen hatte. Wie seine eigene, erklärte er, und vergaß nicht zu erwähnen, dass die Verlegung des gezielten Trainings auf Camps, und innerhalb dieser frühen Altersstufen, seine Vorgesetzten interessieren dürfte, ebenso wie Auswirkungen und Folgen.

Man informierte ihn rasch und gründlich. Rolf Kinsor nahm seine Fragen zum Anlass, einen umfassenden Bericht für den General zu verfassen.

Auch Alejandros Vorhaben war von Erfolg gekrönt. Er erfuhr von Mareks Kindheit im Waisenhaus, von seiner Aufnahme in die Division und den Talenten, die er entwickelte. Dass Marek intelligent war, überraschte ihn ebenso wenig wie dessen Bereitschaft, sich in den Kampf zu stürzen. Er beobachtete das Training, erkannte Kraft und Geschicklichkeit und doch das Problem, das viele Kämpfer besaßen, die zu viel und zu oft mit dem Verstand arbeiteten. Marek zögerte oft und zu lange. Seine verlangsamte Reaktionsfähigkeit konnte ihn leicht in Schwierigkeiten bringen, und Alejandro hatte keine Ahnung, warum ihm der Gedanke zu schaffen machte.

Dankbar nahm er jedoch immer wieder die Gelegenheit wahr, sein Wissen und seine Fertigkeiten zu verbessern und auszubauen. Nebenbei bemerkte er eine Veränderung und diesen Eindruck teilte er mit anderen im Lager. Es baute sich eine Spannung auf, die er nicht deuten konnte, die in der Luft lag und nichts mit den Männern und Frauen zu tun hatte, die im Lager lebten.

Er fragte sich, ob er der Einzige war, der sie derart deutlich spürte oder ob er vielleicht einer Einbildung unterlag. Ob er bereits zu lange an einem Ort verharrte, zu lange nicht mehr im Kampf gewesen war und seinem Bedürfnis nachgegeben hatte, den Vater in jedem Monster zu rächen, das ihm unter die Augen oder auch nur in seine Nähe kam.

Doch auch ohne Sichtungen in der Nähe gab es genug Ablenkung. Er schloss sich Missionen an, die in regelmäßigen Abständen die Gegend absuchten, und immer wieder auf Gegner stießen. Vereinzelte Gestalten, die offenbar ohne Sinn und Verstand durch die Welt taumelten, die zu leicht starben, ihn nicht herausforderten.

Dennoch gelang es ihm, sich von Marek abzulenken. Es existierte schließlich kein nachvollziehbarer Grund, seine Gedanken an einen Briten zu hängen, der fraglos zu denen gehörte, die über kurz oder lang ihr Leben im Kampf lassen würden.

Allerdings ereilte ihn, nicht lange nach seinem fest gefassten Entschluss, die überraschende Erkenntnis, dass Marek offensichtlich keineswegs so dachte wie er.

Alejandro kramte die Theorie der Schüchternheit wieder hervor, oder zumindest die der simplen Tatsache, dass Marek Zeit benötigte, um aufzutauen, als der nicht nur öfter in seinem Gesichtsfeld auftauchte als zuvor, ihn direkt anstarrte, sondern auch noch damit begann, sich direkt in seinen Weg zu stellen. Geradeso als versuche er, einen Zusammenstoß zu provozieren.

Manchmal streifte er ihn im Vorbeigehen, manchmal glaubte Alejandro dessen Hand in seinem Rücken oder an seiner Seite zu spüren. Auch stand er vermehrt neben ihm, vor ihm, hinter ihm, während sie auf das Essen warteten oder auf Handtücher, auf Kaffee. Recht bald glaubte Alejandro nicht mehr, dass es sich um Zufälle handelte. Auch nicht, wenn er dies wollte, wenn es einfacher war und gesünder. Für alle Beteiligten, denn was der Junge von ihm wollte, vermochte er sich beim besten Willen nicht auszumalen.

Viel Geduld hatte Alejandro nie besessen. Und so dauerte es nicht lange, bis er sie verlor, sich ein wenig zu heftig zu Marek umdrehte und dessen direkten Blick erwiderte.

„Was?“, zischte er. „Was siehst du mich so an?“ Doch wenn er erwartet hatte, dass Marek erschrak und zurückwich, so überraschte der ihn. Er blinzelte nicht einmal, als er antwortete.

„Du siehst gut aus“, erwiderte er lediglich und die Antwort nahm Alejandro die Luft aus den Segeln.

Verdutzt schüttelte er den Kopf. „Du spinnst doch“, murmelte er, und spürte doch, wie vollkommen unpassend und ungewollt, ein Lächeln in ihm hochstieg. Vielleicht sogar ein Gefühl von Wärme. Er fühlte Mareks Blick immer noch auf sich gerichtet.

„Lass das sein“, sagte er und nun war es Marek, der lächelte.

„Du kannst mir nicht vorschreiben, wohin ich sehen soll, Amerikaner“, sagte er und Alejandro hob die Augenbrauen.

„Ich meine es ernst“, wiederholte er langsam. „Lass den Unsinn.“

„Warum?“ Marek kam einen Schritt näher, stand nun so nah vor Alejandro, dass er dessen Atem spürte, den Kaffee-Ersatz roch, den sie gewohnt waren aufzubrühen.

„Dein Haar gefällt mir“, fuhr Marek fort, hob eine Hand, und strich vorsichtig über eine gelöste Strähne. „So weich wie es aussieht.“

Verspätet zuckte Alejandro zurück und ein guter Teil des Ärgers, den er spürte, resultierte aus dem ungewollten Zögern.

Was war los? Er war ein Kämpfer, schneller als das Auge, wenn es sein musste. Zumindest versuchte er, dies zu sein. Und nun ließ er sich von einem Jungen anfassen. Der fraglos gut aussah, da sie das Thema bereits angeschnitten hatten.

Er trat einen Schritt zurück, hob das Kinn und verschränkte die Arme vor der Brust.

Mareks Pony hing so tief in sein Gesicht, dass er die Augen erst erkennen konnte, als der den Kopf schief legte und ihn weiterhin unverwandt ansah.

„Ich weiß, was du denkst“, sagte Marek unvermittelt.

„Ist das so?“ Alejandro verpasste sich einen mentalen Tritt, dass er überhaupt auf Marek einging. Er sollte ihn ignorieren, verstand nicht, warum er sich noch hier befand. Auf diesem Übungsplatz, der nicht mehr als eine sandige, trostlose Fläche darstellte. Eingezäunt mit Stacheldraht und umgeben von Anhöhen, die ungewollte Blicke ausschlossen, doch zugleich verboten, dass man von innen hinaus sah. Alejandro fragte sich, warum ausgerechnet in diesem Augenblick die regelmäßigen Patrouillengänge nicht ausreichten, um ihm das notwendige Gefühl von Sicherheit zu verleihen. Dabei sollte er es besser wissen. Vor allen Anderen sollte er wissen, dass von vornherein jedes Gefühl von Sicherheit Illusion war.

„Ja.“ Marek kopierte ihn, verschränkte ebenfalls die Arme vor der Brust. „Du denkst, dass ich ein dummer Junge bin, der dieses Leben nicht lange überstehen wird.“ Er sah Alejandro auffordernd an.

„In Wahrheit führe ich dieses Leben länger als du. In Wahrheit weiß ich mehr über Europa, über den Kampf, über Zombies, als du dir vorstellen kannst.“ Er lächelte. „Weshalb ich auch erwachsen genug bin, um es auszusprechen, wenn mir etwas gefällt. Wie dein Haar.“

Alejandro drehte sich abrupt um. „Lass den Blödsinn.“

Doch bevor er verschwinden konnte, hatte Marek ihn umrundet und stand erneut vor ihm.

Die Sonne kam hinter einer Wolke hervor und ein paar Strähnen glänzten hell in deren Licht. Für einen Augenblick wirkte Mareks Haut weich, blinkten vereinzelte Sommersprossen wie samtene Tupfen auf Nase und Wangenknochen auf. Alejandro fiel nichts ein, kein Wort. Er leckte sich über die Unterlippe, bemerkte es erst, als Marek seinem Blick folgte.

„Und ich gefalle dir auch“, stellte der fest.

„Blödsinn“, wiederholte Alejandro und stockte wieder.

Marek zuckte mit den Schultern. „Da ist doch nichts dabei. Wir sind beide alt genug. Manchmal haben wir nichts zu tun, warum sich nicht kennenlernen?“

„Weil, weil“ Alejandro schluckte. „Weil es nichts bringt“, sagte er schließlich. „Ich bin bald wieder weg.“

„Das sind wir alle“, erwiderte Marek, wirkte auf einmal ernst. Als ob der Austausch zuvor ein Scherz gewesen sei.

„Es mag ruhig scheinen, aber ich denke, dass sehr bald etwas passieren wird. Wir unterschätzen die Monster. Und im Augenblick braut sich etwas zusammen.“

Das kam dem so nahe, was Alejandro gerade noch gespürt hatte, dass er umgehend zu widersprechen suchte.

„Das kannst du nicht wissen.“

„Kann ich nicht?“, fragte Marek und kratzte sich an der Schläfe. „Aber ich kann Wahrscheinlichkeiten berechnen. Und vergangene Ereignisse und deren Verlauf auswerten. Aus der Geschichte zu lernen, besitzt auch seinen Sinn, wenn diese Geschichte erst seit ein paar Monaten existiert.“

„Was soll das schon wieder bedeuten?“ Alejandro fühlte sich leicht überfordert.

Marek sah an ihm vorbei, sprach zum Stacheldrahtzaun. „Das bedeutet, dass ich mir sicher bin, dass die Monster mehr wissen und können, als sie uns sehen lassen. Vielleicht weitaus mehr.“

Alejandro schüttelte den Kopf. „Ich habe hier genügende gesehen. Die haben keinen Plan, kein Ziel, sind nur noch Überreste von einst Lebenden. Wenn mehr hinter ihnen steckte, hätte das doch längst jemand festgestellt.“

„Hört sich an, als wolltest du dir das selbst versichern“, bemerkte Marek und lächelte, wenngleich ohne Humor.

Alejandro verzog den Mund. „Ist auch egal. Wir können nicht mehr tun, als sie erledigen, wo sie uns vor die Füße kommen. So einfach ist das.“

„Und so schwierig“, ergänzte Marek.

„Jungs!“ Rolf Kinsor durchmaß den Platz mit schnellen Schritten. „Ihr kommt mir gerade richtig.“ Er blieb stehen, wischte sich Schweiß von der Stirn. Sein Atem ging schnell. „Wir haben einen Engpass. Besser gesagt, eine Situation“, sprudelte es aus ihm heraus.

„Worum geht es?“ Alejandro sah ihn alarmiert an.

Rolf blickte von einer Seite zur anderen und senkte die Stimme. „Die Patrouille, die wir vor zwei Tagen losgeschickt haben, ist überfällig.“

„Kontakt?“, fragte Marek knapp und Rolf verneinte. „Brach gestern ab.“ Er presste die Lippen zusammen. „Sie hatten eine Unregelmäßigkeit entdeckt und Stephan wollte den Fall untersuchen. Ich hätte das untersagen sollen.“

Alejandro sog die Luft ein. „Dann sollten wir Unterstützung schicken. Worum ging es?“

„Anzeichen von Aktivität“, antwortete Rolf. „Aber nicht in bekanntem Rahmen.“ Er rieb sich die Augen, wirkte müde und übernächtigt.

„Sie gewannen beim Routinecheck einen Eindruck von frischen Ruinen, wenn man so will. Durchaus eines natürlichen Ursprungs, immerhin raste letzte Woche ein Gewitter über die Gegend. Nicht ausgeschlossen, dass aus diesem Grund Gebäude litten, Blitze einschlugen und Mauern ausbrannten. Wenigstens war es das, was wir zuerst vermutet hatten.“

Er seufzte wieder. „Ich hielt es für nicht mehr als den Qualm, der entsteht, wenn alte Möbel oder Holztäfelung vor sich hin schwelt. In der Gegend befanden sich einige recht gut erhaltene Herrenhäuser.“ Seine Stimme wurde schneller, überschlug sich und Alejandro wusste warum. Stephan war Rolfs Cousin, erst vor Kurzem zu ihnen gestoßen, und Rolf fühlte sich verantwortlich, das letzte überlebende Mitglied seiner Familie zu beschützen. Unglücklicherweise war Stephan Risiken nicht abgeneigt und dass der ohne viel nachzudenken losgelaufen war, schien logisch.

„Vielleicht ein Funkloch“, gab er zu bedenken.

Rolf schüttelte den Kopf. „Dafür haben wir zu lange nichts von ihnen gehört. Natürlich können Störungen aufgetreten sein, aber was es auch war, sie kennen die Vorschriften, müssten sich längst zurückgemeldet haben.“

„Wie lautet der Plan?“, fragte Alejandro.

„Wir stellen ein Team zusammen.“ Rolf nickte ihm zu. „Ich hätte gerne, dass du es anführst. Du bist lange genug bei uns und kennst die Gegend inzwischen. Bist umsichtig genug und wirst mir versprechen, kein Risiko einzugehen.“

Ohne die Antwort abzuwarten, wandte er sich an Marek. „Und aufgrund von Alejandros fehlender Vorsicht, der Gefahr zu spontanen Entscheidungen und damit jemand einen klaren Kopf behält, möchte ich dich mitschicken.“

Marek nickte, wenngleich zögernd.

Rolf seufzte. „Ich weiß, dass ich dich selten ins Feld schicke. Aber in diesem Fall ist es mir wichtig, dass Vernunft regiert. Keine unnötigen Risiken. Ich möchte, dass du alles in Betracht ziehst, jede Möglichkeit abwägst, und im Zweifelsfalle jemanden zurückschickst, um Meldung zu erstatten.“

Wieder fuhr er sich über die Stirn. „Aber das Wichtigste ist mir natürlich, dass ihr unsere Leute findet. Ich bete darum, dass ihr sie heil antrefft.“

Alejandro sah auf. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass Rolf je einen Hinweis auf seinen Glauben hatte fallen lassen. Im Grunde war es ihm auch lieber so.

Marek nickte. „Wir tun, was wir können“, versprach er und klopfte Rolf auf die Schulter.

Sie brachen zu fünft auf. Ausrüstung und Waffen wogen schwer und sie benötigten beinahe den gesamten Tag, bis sie die Stelle fanden, an der Stephans Team sein Camp aufgeschlagen hatte.

„Hätten wir nicht einen der Laster nehmen können“, brummte Calvin und warf seinen Rucksack ärgerlich auf den Boden, neben die Feuerstelle.

„Wir haben wenig Treibstoff und für den Fall, dass hier etwas im Busch ist, wäre das zu auffällig“, bemerkte Marek, ging in die Hocke und ließ die Asche zwischen seine Finger gleiten. „Ich würde sogar vorschlagen, dass wir auf ein Feuer verzichten.“

„Was?“ Calvin schüttelte den Kopf, blinzelte in Mareks Richtung. „Ist doch verrückt. Nur weil du glaubst, dass die Zombies sowas wie ein Hirn entwickeln, anstatt es zu fressen, soll ich frieren? Kommt gar nicht in Frage.“

Alejandro presste die Lippen zusammen, sah Marek an. Der zerrieb die Asche zwischen seinen Fingern, sah nachdenklich über das Feld, an dessen Rand sie sich befanden. Das Pony fiel wieder in seine Stirn, verlieh ihm ein jungenhaftes Aussehen, das zu der Situation nicht passte.

„Hirn oder nicht“, antwortete er. „Der Ort hier ist nicht sehr geschickt ausgewählt. Was hat sich Stephan gedacht?“

Calvin schnaubte. „Stephan hielt sich für unbesiegbar, wisst ihr doch. Da kann alles passiert sein.“

Marek sah abrupt auf. „Wir wissen nicht, ob er tot ist. Also sprich nicht von ihm in der Vergangenheit.“

„Schon gut.“ Calvin verdrehte die Augen und Marek blickte zurück in die Asche.

„Es ergibt keinen Sinn“, murmelte er. „Nicht einmal Stephan käme darauf, an einem derart auffälligen Ort ein Feuer zu entzünden.“

„Was denkst du?“ Alejandro runzelte die Stirn.

Marek nickte. „Ich sehe zwei Möglichkeiten. Entweder wollte Stephan jemanden – etwas – mit dem Feuer anlocken. Oder …“

„Oder die Zombies haben das Feuer entzündet?“ Alejandro schüttelte den Kopf. „Das ist Blödsinn.“

Calvin schob die Asche mit dem Fuß zur Seite. „Ich wette, es ist sowieso egal. Zombies checken doch nicht, was Feuer ist. Sonst würden sie ihr Futter braten.“ Er lachte hässlich, kratzte sich über den kurzgeschorenen, blonden Schädel, grinste Marek an.

„Reiß dich zusammen“, wies ihn Alejandro zurecht, hatte Calvin vom ersten Tag an nicht leiden können. Die anderen schwiegen, waren die Sprüche offensichtlich gewöhnt, oder teilten Calvins Humor. Nur Marek tauschte einen Blick mit ihm, der bewies, dass sie ähnlich empfanden, was Calvins Gebaren anging.

„Etwas stimmt nicht“, sagte er und sah unter braunen Strähnen hervor, über das Feld hinweg.

Die Dämmerung verlieh ihnen eine gewisse Sicherheit, doch Alejandro spürte die Unruhe Mareks, und fragte sich, ob der die auf ihn übertragen hatte oder ob es umgekehrt war.

„Im Augenblick ist alles in Ordnung“, erwiderte er und Marek blickte ihn erneut an.

„Denkst du?“, fragte er, ohne eine Antwort abzuwarten, und schüttelte sein Haar aus den Augen. „Nur weil es dämmert? Weil wir in dieser Phase des Tages sicher sind?“ Er biss sich auf die Unterlippe, blickte zu Boden. „Ich frage mich, ob es so bleibt.“

„Was meinst du?“ Alejandro zog die Augenbrauen zusammen.

Calvin lachte. „Spekulationen, Marek? Hast du wieder gerechnet? Gibt es Prozente auf jede statistische Wahrscheinlichkeit? Was sagt die Funktion der Hypotenuse über das Quadrat der Wurzel?“

„Was soll der Blödsinn?“ Alejandro runzelte die Stirn.

Calvin winkte ab. „Du bist noch nicht lange genug dabei. Aber unser guter Marek kommt uns in regelmäßigen Abständen mit Prophezeiungen, die angeblich wissenschaftlich belegt sind. Wie Vorhersagen von Nostradamus oder die Wetterprognose.“

„Wie bitte?“, wiederholte Alejandro. „Wovon zum Teufel redest du?“

Calvin stöhnte ungeduldig, warf ihm jedoch einen prüfenden Blick zu.

„Seit ich dabei bin, sieht ein Zombie aus wie der andere, verhält sich wie der andere, da gibt es weder Unterschiede noch Entwicklungen. Die Typen mögen früher nette Menschen gewesen sein, dann wurden sie angeknabbert und sind nun mausetot, hinüber. Wandelnde Leichen, die aus nichts anderem als Hunger und Mordlust bestehen. Jede Frage, die sich ein Kämpfer über deren Motive stellt, raubt ihm Zeit, die Mistkerle zu erledigen. Jede Hochrechnung, jede Spekulation nervt nur jene Kämpfer, die ihren Job ernst nehmen.“

Er schüttelte den Kopf, wandte sich an Marek. „Ein Theoretiker wie du sollte ohnehin nicht hier dabei sein.“ Sein Ton war scharf, doch er senkte den Blick, als Marek zu ihm aufsah.

„Ich war oft genug im Kampf“, wehrte der sich und sah erneut über das Feld. „Und ich sage dir, dass du leiser sein solltest. Wir sind nicht allein.“

„Ich hab die Gegend gecheckt“, behauptete Calvin. „Bis auf die Feuerstelle keine Spur von Stephan, seinem Team oder einem Untoten. Ehrlich gesagt frage ich mich, ob Stephan und seine Leute sich abgesetzt haben. An der Küste soll ein Vergnügungspark aufgemacht worden sein. Alte Schule. Alkohol, Frauen, Spaß. Doppelte Abriegelung und Wachen. Bis du einmal drin, kannst du richtig die Sau rauslassen.“ Wieder lachte er, doch es kam Alejandro vor, als schiele er Marek verstohlen an. „Natürlich hätte unser guter Rolf kein Verständnis dafür. Schon gar nicht, wenn sein Cousin sich dünn macht.“

„Sei still“, zischte Alejandro, plötzlich wütend. Es war jetzt beinahe dunkel und ob Marek ihn angesteckt hatte oder nicht, er war soweit, seinen Instinkten zu vertrauen. Auch wenn er weder etwas hören, noch sehen konnte, mahnten ihn die zur Vorsicht.

„Bleib locker, Alter“, murrte Calvin. „Als ob es nicht Scheiße genug wäre, hier draußen in der Kälte herumzuhängen. Ich bin mehr dafür, mir am Tag den Weg freizuschießen.“

Er sprang auf, steuerte, ohne sich umzusehen, den Wald an. „Ich hole Feuerholz. Fällt mir gar nicht ein, heute Nacht zu frieren. Wenn es euch hier zu sehr im Freien ist, gehen wir halt ein wenig ins Dickicht. Hab ich kein Problem mit. Komm mit, Frankie.“ Der Angesprochene folgte, ohne aufzusehen.

Alejandro öffnete den Mund, schüttelte dann jedoch nur den Kopf. Sollte Calvin seinen Ärger in einen Fußmarsch umsetzen. Wenn er zurückkam, war noch genug Zeit, ihn daran zu hindern, ein Feuer zu entfachen. Wieder sah er zu Marek, erkannte trotz der Dunkelheit gerade noch dessen Augen und den Blick, der sich unverwandt auf ihn richtete.

Für einen Moment wusste er nicht, was er denken sollte, fühlte sich gleichermaßen gebannt und abgelenkt. Bis ein dumpfes Geräusch aus der Richtung, in die Calvin gelaufen war, ertönte, gleich darauf ein Schuss.

Alejandro bellte Kommandos und stürmte los. Seine Lampe blendete das Monster, das sich über den leblosen Körper beugte. Er sah Calvins Waffe auf der Erde und dann schoss er. Das Monster ignorierte den Schuss, ebenso wie die Wunden, die ihm sein Opfer beigebracht hatte. Das weiße Hemd des Untoten wirkte stellenweise blutdurchtränkt, klebte an dessen Haut, und für einen Augenblick glaubte Alejandro zu erkennen, dass sein Haar künstlich glänzte. Als habe der Zombie Gel oder Pomade benutzt.

Schreie ertönten, weitere Schüsse und in diesem Augenblick traf ihn ein Schlag.

Kapitel 2

Als er wieder zu sich kam, war er gefesselt. Blut tropfte in sein Auge und eine Wunde auf seiner Stirn brannte. Sein Kopf schmerzte und er benötigte einen Moment, um sich zu orientieren. Doch die Realität kehrte zurück und er zuckte zusammen, zuckte erneut, versuchte vergeblich, sich zu befreien.

„Marek!“ Der Name glitt ohne Einwilligung von seinen Lippen und sein Blick durchforstete die Dunkelheit. Es war still und zu finster, um auch nur Umrisse erkennen zu können. Doch sein erster Eindruck bestätigte sich mit dem nächsten Atemzug. Er befand sich unter der Erde, und er war nicht allein. Die Geräusche, die er nun vernahm, leise und undeutlich, waren gedämpft, als lägen zwischen ihm und deren Ursachen Wände, vielleicht sogar Bodenschichten.

Es war kalt, roch nach Erde und Stein. Ein Keller, nahm er an.

Sein Kopf fuhr herum, als er hörte, wie sich jemand regte.

„Alejandro?“, flüsterte eine Stimme und er verengte seine Augen zu Schlitzen, nahm eine Bewegung wahr.

„Was ist passiert?“, wisperte Marek und Alejandro glaubte zu sehen, wie sich ein Schatten bewegte. Bevor er antworten konnte, knarzte ein Scharnier und eine schwere Tür schob sich auf. Grelles Licht blendete ihn und er wendete instinktiv den Blick ab. Seine Augen tränten, doch als er blinzelte und sich zwang wieder aufzusehen, war nicht nur seine eigene, aus dem Camp mitgebrachte Lampe auf ihn gerichtet, er erkannte auch ein bleiches, grinsendes Gesicht. Rote Augen leuchteten unheilvoll und die spitzen Zähne gruben sich violette Lippen. Blondes Haar stand wirr ab, doch ansonsten wirkte der Zombie so menschlich wie er es war oder wie Marek, den er nun, ein paar Meter entfernt von sich, ebenfalls gefesselt erkannte.

„Sie sind wach“, brüllte das Monster und Alejandro fuhr zurück.

„Er kann sprechen“, flüsterte Marek ungläubig und Alejandro nickte unwillkürlich.

„Wo sind die anderen?“, wisperte Marek ihm zu, doch Alejandro schüttelte lediglich den Kopf.

„Wie schön.“ Eine weitere Stimme und schwere Schritte ertönten. Alejandro starrte auf den Eingang, beobachtete das Monster, das sich nun durch die Tür schob. Dessen Augen glühten ebenfalls rot, das Gesicht war bleich und auf Stirn und Schläfen wölbten sich blaue Adern hervor, bildeten zusammen mit tiefen Falten ein Muster. Das Haar war glatt zurückgekämmt und spiegelte die Farbe des Mantels, den der Zombie trug. Schwarzes Leder schmiegte sich eng an einen kräftigen Körper und aus Alejandros Position wirkte das Monster groß und furchteinflößend. Mareks Schweigen, das kurze Aussetzen seiner Atmung bedeuteten ihm, dass der ähnlich fühlte.

Der Zombie grinste, ähnlich wie der Blonde hinter ihm, legte den Kopf schief, strich sich über eine schmale Augenbraue und betrachtete Alejandro.

„Was fange ich nun mit euch an“, murmelte er und es klang wie eine Frage.

Alejandro enthielt sich einer Antwort, bemerkte, wie Marek den Kopf hob, wie der den Zombie nun unverhohlen anstarrte.