Wem die Amsel ein Lied schenkt - Dagmar Falarzik - E-Book

Wem die Amsel ein Lied schenkt E-Book

Dagmar Falarzik

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Beschreibung

Nach jahrzehntelangen Erfahrungen mit dem Schamanismus in Theorie und Praxis war es der Autorin ein Anliegen, in dem vorliegenden Buch mögliche Wirkmechanismen des Schamanisierens aufzuzeigen. Dazu setzt sie das Schamanisieren in Beziehung zur neuen Quantenphysik, zur Kunst, zur Psychoanalyse und zur Landschaft. Das Interesse am Schamanismus in unserer heutigen Kultur im Wandel ist das Resultat eines gerade stattfindenden Paradigmenwechsels, weg vom Objekt hin zum Prozess. Das Schamanisieren als Performance übt deshalb eine grosse Faszination aus. Beim Vergleich des alten mit dem neuen Schamanismus fällt besonders der fortschreitende Weg in eine immer niedrigschwelligere Praxis auf. Einst erfolgte die Berufung zum Schamanen durch die Schamanenkrankheit. Zwar tritt dieses archetypische Phänomen auch heute noch auf, doch die drastischen Nahtoderlebnisse kontrastieren mit den sanften schamanischen Ausbildungswegen und Praktiken des New Age Schamanismus. Der New Age Schamanimus benutzt abgewandelte Formen das traditionellen Schamanismus, hat aber seine Wurzeln vor allem in der katathymen Imaginationstherapie und dem Yoga. Gefahren lauern bei allen schamanischen (und spiritistischen) Praktiken, wenn der Aspekt des Dienstes am Anderen reiner Sensations- und Machbarkeitslust weicht, ein "Verehrungwürdiges Höchstes" fehlt und das Tun dem (unbewussten) Ziel der Egostabilisierung dient. Abschließend behandelt die Autorin die Frage, welche Werte, Erkenntniswege und Praktiken vom traditionellen Schamanismus sinnvoll in unser Leben integriert werden können. Altruismus, die Verbindung mit dem Land und eine fließende Spiritualität, die nicht zum Objekt erstarrt, sind die zentralen Punkte.

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EPUB
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Seitenzahl: 230

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Dagmar Falarzik

Wem die Amsel ein Lied schenkt

Was ist Schamanisieren?

Wie funktioniert Schamanisieren?

Und warum interessieren wir uns plötzlich dafür?

Umschlag: Foto Pixabay

(c) 2019 Dagmar Falarzik

Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN

 

Paperback

978-3-7482-5969-5

Hardcover

978-3-7482-5970-1

e-book

978-3-7482-5971-8

Das Werk, einschliesslich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung das Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugängigmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Die in der Schweiz ansässige Autorin verwendet nach der Schweizer Rechtschreibung kein Eszett, sondern das doppelte ss.

Inhalt

Einleitung

1 Was ist Schamanisieren

2 Wahrnehmungs- und Kommunikationswege beim Schamanisieren

3 Schamane werden einst und jetzt

4 Schamane werden im New-Age-Schamanismus

5 Einige Fallstricke jeglichen Schamansierens

6 Schluss

Einleitung

Mein Interesse für das Schamanisieren1 gründet in meiner Lebensgeschichte.

Meine Eltern hatten eine Galerie für zeitgenössische Kunst und ich wuchs mit informeller Malerei auf. Diese Kunstrichtung der 1950er und frühen 1960er Jahre ist total abstrakt, oder wie die Leute sagten: „Da kann man ja gar nichts drauf erkennen“.

Durch meine Eltern lernte ich, dass etwas, das man nicht erkennen kann, einen hohen ideellen (und mitunter auch monetären) Wert hat. Abstrakt war das Nonplusultra.

Während meiner zahlreichen Kinderkrankheiten hörte ich viel Radio. Nach dem Schulfunk folgte klassische Musik. Die klassische Musik war ebenfalls total abstrakt, ich hörte nur Geräusche und Bewegungen. Ich war altersbedingt noch nicht in der Lage, dem Gehörten irgendeinen Sinn oder eine Form geben zu können. Deshalb war für mich keine Differenzierung und somit kein Genuss im herkömmlichen Sinn möglich. Das war aber egal, denn die Geräusche im Radio hörten sich so an, wie die Bilder an der Wand aussahen.

Obwohl meine Eltern mir dieses Sehen und Hören auf anderen Ebenen vermittelten, waren sie nicht in der Lage, ab und zu auJ retende Mitbewohner wahrzunehmen.

Etwa ab dem vierten Lebensjahr wunderte ich mich, wie es zu solchen Fehlinterpretationen der Welt durch Erwachsene kommen konnte. Meine Mutter behauptete, die Geräusche, die ich nachts gehört hatte, hätte ich geträumt. Sie sagte, dass nichts und niemand mit uns in unserem Wohnzimmer wohnen würde.

Ich lernte solche Wahrnehmungen nicht mehr anzusprechen. Durch diese zwei oder drei Weltsichten bewegte ich mich in einer Double Bind Situation und wurde etwas schrullig.

Die Schule empfand ich als Zwang und als sinnlos. Ich wurde gezwungen, Dinge zu lernen, die weder Erklärungen für kleine Wesen im Wald und in unserem Wohnzimmer lieferten, noch erklären konnten oder wollten, warum dieses abstrakte Bild qualitativ minderwertig, jenes aber genial war. Kunstkenner und deren Kinder entwickeln einen Instinkt, der weiss, wann ein Werk „stimmt“. Dieses untrügliche Gefühl ist nicht verbal vermittelbar, sondern entsteht durch betrachten und wachsen, wodurch sich eine Öffnung in weitere Räume vollzieht. Was die schulische Wissensvermittlung anging, hatten die zu lernenden Inhalte nichts mit meiner Lebenswirklichkeit und den Werten meiner Familie zu tun.

Mein Gefühl der eigenen Fremdartigkeit glich sich in der Pubertät aus. Da lernte ich Gleichaltrige kennen, die auch alle Anderen als unsensibel und völlig auf dem falschen Dampfer empfanden. Wir rudelten uns zusammen (Späthippies) und kiÌ en.

Im Alter von 17 Jahren nahm ich zum ersten Mal LSD. Das änderte mein Leben schlagartig. Es fiel mir wie Schuppen von den Augen. Diese angebliche Realität, die man mir bisher hatte verkaufen wollen, war nicht alles. Ich hatte mich schon immer betrogen gefühlt und jetzt wusste ich warum. Hinter der Alltagswelt lag noch viel mehr. Aber das schien niemanden zu interessieren. Vielmehr wurde diese Entdeckung der vollen Realität abgelehnt, pathologisiert und angstbesetzt als Abstieg ins geistige und physische Elend gebrandmarkt.

Nach mehreren Forschungsreisen in den LSD-Geist wurde die Sache langsam unheimlich. Eine andere Realität hatte sich angenähert und schien nun auf irgendeine Reaktion oder Aktion meinerseits zu warten und ich hatte keine Ahnung, was da von mir erwartet wurde. Deshalb stellte ich die Selbstversuche ein.

Genau zu dem Zeitpunkt tauchten die Bücher von Carlos Castaneda in meinem Leben auf. Band eins und zwei waren bis dato erschienen2. Ich hatte mein zweites Aha-Erlebnis. Jetzt wollte ich zu den Indianern reisen und mir auch so einen Zauberer in Mexico suchen. Im Norden hatten die ja Medizinmänner. Vielleicht war das dasselbe?

Ich musste mein unstrukturiertes kurzes Leben reorganisieren. Ich musste die Möglichkeit bekommen, nach Amerika zu gehen. Die Vorbereitung und das Sparen dauerten drei Jahre.

1976/77 unternahm ich eine Rucksackreise mit wenig Geld zu uS-Reservaten und Indigenen Völkern in Mexico. So besuchte ich auch das erste mal die Rosebud Indian Reservation in Süd Dakota. Sie ist die Heimat der Sićanġu Lakota, die in der Literatur auch als Brulé Sioux bezeichnet werden. Ich möchte an dieser Stelle nicht näher auf die Geschichte und Kultur des Volkes der Lakota und ihrer verbündeten und verwandten Völker den Dakota und Nakota mit ihren vielen Stämmen, von denen die Sićanġu einer ist, eingehen.

Darüber haben kompetentere Leute Bücher geschrieben.

Nachdem ich sechs Monate durch die u SA, Mexiko und Guatemala gereist war, hatte ich herausgefunden, dass es tatsächlich solche Heiler, Zauberer, Medizinleute gab. Ich hatte auch begriffen, dass es mit Ferienaufenthalten bei diesen Spezialisten nicht getan war. Ich musste es schaffen, dort leben zu können.

Wieder zurück in Deutschland, organisierte ich mein Leben auf dieses Ziel hin. Das dauerte fünf Jahre. Dann hatte ich es geschaÌ und reiste erneut, diesmal mit einem Job und etwas spärlichem Gehalt in die Rosebud Indian Reservation.

In den insgesamt siebeneinhalb Jahren, die ich dort lebte, nahm ich an verschiedenen Zeremonien mehrerer, aber vor allen von zwei Medizinmännern teil, stellte viele Fragen und hatte weitere Lehrer. Die Namen dieser Männer und Frauen nenne ich aus Respekt nicht. Hierbei halte ich mich an die Vorgabe meines Lehrers an der Sinté Gleśka university Albert White Hat3. Meine Lehrer ausserhalb dieser Institution und die beiden Medizinmänner sind verstorben. Ich kann sie nicht mehr fragen, ob ihnen die Nennung ihrer Namen recht wäre.

Während meiner Zeit im Reservat hatte ich das Glück, trotz erheblicher u nbedarJ heit, Förderer und Lehrer zu finden, und an allen zu jener Zeit praktizierten Zeremonien und Ritualen teilnehmen zu dürfen.

So sah ich erstaunliche Dinge und wiederholt Heilungen durch die Tätigkeit der Medizinmänner.

Ausser passiver Beteiligung an Schwitzhütten und Heilungszeremonien ging ich neunmal auf Visionssuche. Das hatten die Geister so vorgegeben und ich war folgsam. Viermal nahm ich aktiv an Sonnentänzen teil. Danach war meine „Ausbildung“ vorerst beendet. Eine Ausbildung gibt es freilich bei den Lakota nicht, einen spirituellen Lehrer, alla Don Juan auch nicht und auch keine Initiation oder Einweihung in irgendetwas.

Auf der Oberfläche meines bewussten Erlebens nahm ich mich als ziemlich beschränkt und schwer von Begriff war. Des ÖJ eren übermannten mich „Blödheitsanfälle“. Dass Castaneda ähnliche Verwirrtheitszustände beschrieben hatte, tröstete mich. Heute interpretiere ich diese Zustände als Momente starker Dekonstruktion.

Das Wesentliche vollzog sich tief unter der Oberfläche. Die Visionssuchen waren Stationen in einem fortlaufenden Prozess. Etwaige Visionen oder paranormale Erlebnisse waren dabei nicht das Wesentliche, sondern eher aufmunternde Bestätigungen, dass ich weitermachen sollte. Ich habe im Nachhinein das Gefühl, dass in den insgesamt zwölf Jahren, in denen ich neun Visionssuchen und vier Sonnentänze absolvierte, tief unten in einem inneren Keller die Möbel umgerückt wurden.

Das war das wirkliche Lernen. und das ist nicht kommunizierbar. Deshalb gibt es auch keine Geheimnisse, die Eingeweihten mitgeteilt werden können. Es gibt keinen Ausbildungsgrad, der erreicht werden kann. Denn Zeitpunkte und Abschnitte, die man erreichen kann, existieren nur in der Raumzeitwelt und nicht im ewig fliessenden, nicht greiÍ aren und nicht verbal vermittelbaren Geist.

u m meinen Erfahrungen in der europäischen Kultur einen Rahmen zu geben, studierte ich Ethnologie. Auch hoÌ e ich, durch das Studium weitere Erkenntnisse über das Schamanisieren erlangen zu können. Diese Hoffnung erfüllte sich zwar nicht, aber geschadet hat das Studium auch nicht.

Da eine Karriere in der Ethnologie ausblieb, musste ich anderweitig meinen Lebensunterhalt verdienen. Die nie unterbrochene BeschäJ igung mit dem Schamanisieren wurde zu meinem „Hobby“, oder anders gesagt, blieb mein Lebensinhalt.

In den vierzig Jahren, in denen ich meiner LeidenschaJ frönte, entwickelte sich ein breites Interesse am Schamanisieren in der „westlichen“ Welt. Auch entstanden in der New-Age-Kultur neue Ansichten und Interpretationen darüber, was ein Schamane sei und wie schamanische Techniken aussehen.

Diese vielschichtigen und divergierenden Postulate erweckten in mir das Bedürfnis, dieses Buch zu schreiben. Es möchte den, am Schamanisieren interessierten Lesern eine Orientierungshilfe sein.

1 Gebräuchlicher ist der Begriff „Schamanismus“, den ich aber nicht gerne verwende, bezeichnet „…ismus“ doch im Allgemeinen ein Ideengebäude der Werte, wie zum Beispiel „Kommunismus“, „Kapitalismus“, Rassismus“. Der „Schamanismus“ ist aber kein Wertesystem, wenn auch Werte in traditionell schamanischen Kulturen eine Rolle spielen. Das Verb „schamanisieren“ und seine Substantivierung „das Schamanisieren“ verleiht der prozesshaJ en Natur des „Schamanismus“ Ausdruck. Ein älterer Begriff lautet „Schamanentum“. Dieser Begriff erscheint mir, wenn auch ebenso statisch, wie „Schamanismus“ besser geeignet, die unterschiedlichen Formen der Tätigkeiten von Schamanen zu subsummieren, weil er eher eine formelle Einheit (Königtum, Eigentum) als eine Ideologie (Kommunismus, Rassismus) bezeichnet. Ich überlegte, ob ich den Begriff des „Schamanens“ mit dem Verb „schamanen“ (er/sie schamant) von Galsang Tschinag und Amelie Schenk übernehme. Letztlich habe ich mich dagegen entschieden und bin bei „schamanisieren“ geblieben, weil mir dieser Ausdruck zwar weniger poetisch, dafür aber auch weniger gewöhnungsbedürJ ig erscheint. In der folge gebrauche ich alle drei Begriffe: Schamanasieren, Schamanentum und Schamanismus.

2 CASTANEDA, Carlos 1968, 1971

3 WHITE HAT, Albert/ CuNNINGHAM , John 2012