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WENN DER WILLE ERWACHT ist ein Bühnenstück, das eine Fortsetzung der Ereignisse und mit den Personen von Rudolf Steiners vier Mysteriendramen darstellt. Geschrieben von Michael Hedley Burton, nach einer Skizze der Szenen und Ereignisse von Marke Levene. Es handelt von der heutigen Zeit, in der die ökonomischen Kräfte die Oberhand mit einer Weltwirtschaft haben. Die Menschen wissen, dass die Gesellschaft nicht einfach mit den alten Ideen und Lösungen so weitermachen kann. Es zeigt wie bewußte geistige Arbeit von selbständigen modernen Menschen, die zusammen kreativ arbeiten, der Anstoß für effektive soziale Gemeinschaft sein kann. In 1914 wollte Rudolf Steiner bereits das fünfte Mysteriendrama schreiben, wurde jedoch durch den Ersten Weltkrieg daran gehindert. Als Ergebnis kam es vorerst zur Entstehung der Ideen des Dreifachen Sozialen Organismus (auch bekannt als Dreifache Sozialordnung, oder Dreigliederung) zwischen 1917 und 1919. Das Bühnenstück ist für Erstleser geeignet, die sich für eine reale Welt des Geistes in der heutigen Zeit interessieren, und neue gesellschaftliche und menschliche Aspekte sich in einer künstlerischen Form aneignen möchten. Englisches Original: WHEN THE WILL AWAKENS.
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Seitenzahl: 320
Veröffentlichungsjahr: 2025
Wenn der Wille erwacht
Publiziert von Spectralcolored Prism Receptive Publishing Group
Copyright:
When the Will Awakens © Michael Hedley Burton 2018.
Outline of scenes and events (The Working of the Spirit) © Marke Levene 2017.
Michael Burton asserts his right to be identified as the author of this book in accordance with the Design Copyright and Patents Act 1968.
Marke Levene asserts his right to be identified as the author of the outline in accordance with the Design Copyright and Patents Act 1968.
All rights reserved. No part of this publication may be either reproduced or stored by any means, including electronic systems, without prior written consent of the copyright holder.
Printed on demand, in different countries.
ISBN-13: 978-3-565060-38-2
(eBuch, EPUB, epubli.)
Urheberrecht:
Wenn der Wille erwacht © Michael Hedley Burton 2025.
Skizze der Szenen und Ereignisse (The Working of the Spirit) © Marke Levene 2017.
Michael Burton macht sein Recht geltend, gemäß dem Design, Copyright and Patents Act 1968, als Autor dieses Buches genannt zu werden.
Marke Levene macht sein Recht geltend, gemäß dem Design, Copyright and Patents Act 1968, als Autor der Skizze genannt zu werden.
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Publikation darf ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Urheberrechtsinhabers mit irgendwelchen Mitteln, einschließlich elektronischer Systeme, vervielfältigt oder gespeichert werden.
Printed on demand, in verschiedenen Ländern.
Permission to perform this play:
Please inform Michael Burton or his agent if performances are planned.
Because of the importance of the subject, royalties will not be charged, but Michael Burton would appreciate having ongoing reports of any productions that have taken place.
Contact Michael Burton at: [email protected] and Katherine Pardo-Burton at: [email protected] .
Erlaubnis zur Aufführung dieses Stücks:
Bitte informieren Sie Michael Burton oder seinen Agenten, wenn Aufführungen geplant sind.
Aufgrund der Wichtigkeit des Themas werden keine Lizenzgebühren erhoben, Michael Burton würde sich jedoch über fortlaufende Berichte über alle stattgefundenen Produktionen freuen.
Kontakt Michael Burton: [email protected]
und Katherine Pardo-Burton: [email protected] .
Bildnachweis Buchvorderseite:
When the Will Awakens von David Newbatt, 70 x 46 cm, zarte Pastellfarben auf Papier.
Design der Buchvorderseite:
www.creativepublishingdesign.com, adaptiert für die Deutsche Buchausgabe.
Creative Publishing Book Design hat die Genehmigung erteilt, das Original-Coverdesign für die deutsche Version zu verwenden.
Gewidmet Rudolf Steiner
Niemand weiß, wie Sie Ihr Fünftes Mysteriendrama geschrieben hätten, aber dies ist mein Versuch, das von Ihnen begonnene Werk weiterzuführen. Wenn in dem, was ich geschrieben habe, etwas Gutes steckt, dann verdanke ich es dem, was Sie vor hundert Jahren geschaffen haben, und der fortdauernden Inspiration aus Ihrem Werk bis heute. Fehler, Irrtümer und Auslassungen in diesem Theaterstück erkenne ich als die meinen an.
Michael Hedley Burton
WENN DER WILLE ERWACHT
EIN EINWEIHUNGSDRAMA
GEGRÜNDET AUF DEN EREIGNISSEN UND PERSONEN DER VIER MYSTERIENDRAMEN RUDOLF STEINERS
VON
MICHAEL HEDLEY BURTON
nach einer Skizze der Szenen und Ereignisse
von
MARKE LEVENE
gewidmet Rudolf Steiner
Die Übersetzung ist ein Gemeinschaftswerk von:
Frank Ehrhardt-Bouhdiba, Hartmut Gehrke-Tschudi,
Kristen Hartmann und Wolfgang Mey.
1. Auflage 2025 (a)
INHALTSVERZEICHNIS
INHALTSVERZEICHNIS
DANKSAGUNG
GELEITWORT
HINTERGRUND ZU „Wenn der Wille erwacht“:
ÜBERSICHT
PERSONEN
TEIL I
Szene 1
Szene 2
Szene 3
Szene 4
Szene 5
TEIL II
Szene 6
Szene 7
Szene 8
Szene 9
TEIL III
Szene 10
Szene 11
Szene 12
Szene 13
Szene 14
ANHÄNGE
(1) Pythias Rede, Szene 6, übersetzt in altgriechische Hexameter
(2) Weiterführende Literatur
(3) Weitere Bücher und Theaterstücke von Michael Hedley Burton
(4) Einige Gedanken, die Zukunft des Stücks betreffend.
(5) Anmerkungen der Übersetzer
(6) Anmerkungen des Herausgebers
(7) Blessing – Segen
Mein erster Dank gilt Marke Levene. Ohne seine Eingebung im Jahr 1995, sein Vertrauen in mich diese Aufgabe zu übernehmen (auch wenn ich zunächst „Nein“ gesagt hatte), und seiner Kraft und Ausdauer eine Gruppe zusammenzustellen, um dieses Projekt zu starten, wäre überhaupt nichts passiert.
Großer Dank gebührt auch Adrian Locher, der mit mir zwei Überarbeitungen machte: Entwurf 3 in Australien und Entwurf 5 auf den Philippinen. Unsere Zusammenarbeit war eine einzigartig und reichte bis zur gemeinsamen Übersetzung von Steiners Viertem Mysteriendrama ins Englische im Jahr 1995 zurück – eine Zusammenarbeit, in der wir uns über jedes einzelne Wort zu einigen hatten.
Ryan Kouroukis hat uns beim Korrekturlesen, bei der Gestaltung des Buchcovers und mit Ratschlägen zum antiken Griechenland enorm geholfen. Er glaubte an dieses Projekt und hat sich mit einer Energie und Begeisterung dafür eingesetzt, wie es sonst niemand hätte tun können, und hielt dies bis zum Schluss durch.
Unterstützung kam von allen Mitgliedern der künstlerischen und finanziellen Gruppen der Lemniscate Arts. Diejenigen, die dabei waren, werden nie die allererste Lesung des Textes in Delphi, mit Blick hinaus auf die Bucht von Korinth, vergessen. Diese Begegnungen gaben uns den Mut und die schöpferische Anregung, daß daraus ein Theaterstück wurde. „Liebe ist die größte Kraft im Universum. ... Aber es verlangt Prüfungen, um sie zu erwecken.“ (Szene 12)
Viele Menschen halfen mir in speziellen Bereichen: Ed Schuldt und Jim Thompson haben mich auf das Thema der Strader-Maschine aufmerksam gemacht, das in meinem ersten Entwurf völlig fehlte; Rick Spalding vermittelte uns seine Erkenntnisse über die Gesetze der Reinkarnation; Patrice Maynard half mir, mehr Authentizität in Szene 10 zu finden, und Luigi Morelli teilte seine laufenden Forschungen zu Fragen rund um die philosophischen Schulen in Szene 8 mit mir und unterstützte uns mit seiner Aufmerksamkeit bei einem widerspenstigen karmischen Knoten. Richard Ramsbotham machte viele scharfsinnige Anmerkungen zum Text, insbesondere in der Anfangsphase; ich stimmte nicht immer mit ihm überein, aber alles, was er sagte, half mir, die Dinge etwas gründlicher zu durchdenken. In entscheidenden Momenten erhielt ich wichtige Erkenntnisse von Rod Green, Warwick Sandler und Alistair Munro – diese drei neuseeländischen Freunde unterstützten mich, als ich mit schwierigen Fragen des Abwägens zwischen den Wünschen anderer und der Notwendigkeit, auf die Stimme meines eigenen künstlerischen Gewissens zu hören, konfrontiert war. Ben Cherry ist durch sein einfühlsames Zuhören etwas Ähnliches in einem Gespräch, das wir in Dezhou, China, führten, gelungen.
Mein herzlicher Dank gilt Karl Kaltenbach für sein weiterführendes Geleitwort, welches das Stück in einen historischen Kontext stellt. Mein eigenes tieferes Verständnis des Stücks kam erst, nachdem ich seinen Aufsatz gelesen hatte.
Die erste Formatierung des Textes erfolgte durch John Scott Legg. Später, nachdem Anthroposophic Press sich gegen eine Veröffentlichung entschieden hatte, unterstützte Martin Large von Hawthorn Press den Veröffentlichungsprozess tatkräftig. Es war ein Verlust für mich, dass er die Arbeit nicht beenden konnte. Für die Veröffentlichung, zuletzt im Eigenverlag, hat Ghislain Viau das Cover sehr gekonnt gestaltet.
David Newbatt ließ sich mit seiner ganzen Sensibilität als Künstler auf das Skript ein und malte fünf Vorabskizzen, bis er schließlich die für das Cover verwendete erstellt hatte. Ich hoffe, dass er der erste einer Reihe von Künstlern (Malern, Dramatikern, Eurythmisten, Dichtern und Musikern) ist, die sich von den Worten des Stücks inspirieren lassen.
Meine Mutter, Peggy Burton, die am 25. September 2015 verstorben ist, hat mir geholfen, den Ort zu finden, aus dem Ideen geschöpft werden.
Meine Frau Kathy war immer da und hörte sich die ersten Entwürfe an, sobald sie geschrieben waren, und hat mich während der langen Zeit des Schreibens und der Vorbereitungen zur Veröffentlichung unterstützt.
Sehr viel Hilfe und Ermutigungen kam von vielen anderen, darunter Christopher Marcus, Sarah Kane, Arielle Noble, Anne Perry, Penelope Lait, Paul Stewart, Adrian Brett, Philippa Brett-Williams, Jane Gilmer, Karla Cryer, Lisa Devine, Roz Antonio, Jen Bates, Greg McGarity, Mark Sullivan, Gerrit Raichle, Hartmut Borries, William and Alexandra Riggins, Peter Bolen, Gertrud Leitch, John Jackson, Allmut Ffrench, Tom Leonard, Lara Heuchmer, Helen Proctor, Christine Burke, Christian Peterson, Susan Koppersmith, Susan Locy, Monica Gold, Laurie Portocarrero, Glen Williamson, Reg Down, Joan Sleigh, Sue Simpson, Ed Castellini, John Bloom and David Schwartz.
Unvermeidlich kam es auch zu Entmutigung. Erst vor kurzem wurde mir klar, dass alles, was geschehen ist, Teil eines sich fortwährend entfaltenden Mysteriendramas war, das so ablaufen musste, wie es abgelaufen ist, um uns etwas sehr Wichtiges zu zeigen. Ich denke, wir sollten anerkennen, dass nichts von alledem, was wir tun, von irgendeiner Bedeutung ist, wenn es nicht mit dem Bemühen einhergeht, die Geheimnisse menschlicher Beziehungen zu ergründen. Auf welcher Ebene auch immer, läuft es darauf hinaus, die Dinge mit anderen Menschen gemeinsam zu erarbeiten.
Die sechs Jahre schreiben an diesem Stück hat für mich persönlich bedeutet, dass meine Aufmerksamkeit auf Aspekte meiner selbst gelenkt wurde, mit denen ich mich sonst vielleicht nicht hätte auseinandersetzen müssen. Ich gebe zwar zu, dass sie existieren, bin mir aber gleichzeitig bewusst, dass das Schicksal uns immer wieder Gelegenheiten bietet, die Fehler der Vergangenheit wiedergutzumachen, wenn wir uns darauf einlassen. Ein Mysteriendrama macht Menschen wach für das, was in ihrem Leben wirklich geschieht, und verlangt nach solchen, die damit arbeiten, und ihren Worten Taten folgen lassen. In Szene Drei versucht Benedictus in Hilarius diesen Sinn, die Menschen in seinem Unternehmen betreffend, zu wecken, und was für Hilarius gilt, gilt heute überall dort, wo Menschen zusammenarbeiten. Die menschliche Schöpferkraft ist der Ort, von dem Lösungen für die Probleme dieser Welt ausgehen werden. Wundervolle Dinge können geschaffen, großartige Gedanken können entstehen, aber es wird alles nichts fruchten, wenn die Rechte aller an der Unternehmung Beteiligten nicht wesentlicher Bestandteil der Vorgehensweise sind.
Diese Arbeit als Theaterstück aufzuführen, steht noch bevor. Aber jetzt, mit der Veröffentlichung dieses Textes, bietet sich die Gelegenheit einer Festigung und Vertiefung, und Zeit des Nachdenkens, bevor weiteres geschieht. Folgende Worte, vom Priester der Christengemeinschaft Adam Bittleston (1911–1989) geschrieben, werden sich als prophetisch für alle jene erweisen, die den Weg des Mysteriendramas als einem sich neu entwickelnden Bereich menschlicher Erfahrung beschreiten:
In the New Mysteries
the whole earth becomes a temple.
The hidden tragedy and triumph of the pupil
begins to become external fact.
Our own friends begin to become for us,
though we may know little of it,
the terrible and wonderful actors
in the ceremony of our initiation.
In den Neuen Mysterien
wird die ganze Erde Gotteshaus.
Versteckte Tragödien und Triumphe des Schülers
beginnen äußerliche Fakten zu werden.
Unsere eigenen Freunde werden für uns,
auch wenn wir kaum davon wissen,
die furchtbaren und wunderbaren Akteure
in der Zeremonie unserer Einweihung.
Neben den oben genannten Personen gibt es noch viele, viele weitere, die eine Rolle gespielt haben. Ich kann Euch nicht alle namentlich erwähnen, aber ihr wisst, wen ich meine, und ich bin Euch sehr dankbar.
Und schließlich möchte ich mich bei DEM MANN IM BUS 442 bedanken!
Michael Hedley Burton
Juni 2018
Freemans Bay, Auckland, Neuseeland
von Karl Kaltenbach
Rudolf Steiner schrieb zwischen 1910 und 1913 vier Mysteriendramen. Sie entsprangen den tiefgehenden Studien, die er über Goethes Märchen von der grünen Schlange und der schönen Lilie gemacht hatte. Diese Erzählung stellt eine echte Imagination dar; etwas, das nicht persönlich ist, aber in seinen Bildern wahres geistiges und irdisches Wissen als Prophetie einer kommenden Zeit ausbreitet. Steiners eigene vier Dramen haben eine ähnliche Objektivität an sich. Sie wurden am Ende der alten klassischen Kultur des deutschen Idealismus geschrieben, die gleichzeitig ein neuer Aufbruch des Bewusstseins für die Menschheit war, eine Zeit, in der in der Welt ein neues Bewusstsein für die universellen Menschenrechte entstand.
Michael Burtons Stück ist eine imaginative Fortsetzung von Steiners viertem Drama. Wir begegnen darin ehemaligen Mitgliedern eines Templerordens des vierzehnten Jahrhunderts – reinkarniert als Manager einer kleinen Möbelfabrik – die versuchen, eine Umwandlung der Wirtschaftsweise herbeizuführen. Die Frage, die man sich stellen muss, wenn man Burtons Arbeit betrachtet, ist folgende: Ist sein Stück „persönlich“, oder handelt es sich um eine echte Fortsetzung von Steiners Dramen, etwas, das man als „authentisch-michaelische Imagination“ bezeichnen könnte? Um diese wichtige Frage beantworten zu können, wird es wichtig sein, den näheren zeitlichen Kontext anzusehen, in dem Steiners Dramen zur Aufführung kamen, und ihn mit unseren heutigen Zeiten zu vergleichen.
Rudolf Steiner, in seinen jüngeren Jahren ein echter Sozialist, beendet eines seiner grundlegendsten Werke, Die Philosophie der Freiheit, 1894, als er dreiunddreißig Jahre alt war. In diesem Buch beschrieb er ethische und soziale Grundlagen, die zeigen, wie alle Menschen ein Recht haben, als Individualität, unabhängig von Geschlecht, Rasse und gesellschaftlicher Stellung, respektiert zu werden. Einige Jahre später, in Berlin an der Arbeiterbildungsschule, waren seine Vorträge für Arbeiter höchst populär, aber seine individualistischen Ansichten machten ihn für die Marxisten zu einer zu großen Herausforderung, und sie entfernten ihn von seinem Posten. Von da an wechselte Steiner seine soziale Einstellung. Und obwohl er seinem sozialen Impuls weiter persönlich verbunden blieb, schloss er sich der Kultur einer intellektuellen, akademischen und geistigen Elite an, die, kann man sagen, mehr auf der rechten Seite des gesellschaftlichen Spektrums stand.
Als Steiner, gemeinsam mit seiner Lehrerin und Kollegin Marie von Sievers, Vorsitzender und Verwalter der theosophischen Gesellschaft in Deutschland wurde, erbten sie mit den Mitgliedern dieser Gesellschaft eine soziale Kultur, die ebenso der Vergangenheit angehörte wie die imperialen Mächte, die über Europa herrschten. Die damalige herrschende Klasse kontrollierte die Massen, die wie Sklaven in der Großindustrie arbeiteten. Der Erste Weltkrieg war keineswegs ein Volkskrieg, sondern ein Krieg zwischen denen, die Europa und seine Kolonien regieren wollten. Er entstand aus dem Spannungsfeld zwischen den traditionellen Machtbasen des deutschen Kaisers und dem englischen House of Windsor.
Während des Neunzehnten Jahrhunderts hatte es große Veränderungen im sozialen Gefüge der westlichen Welt gegeben. Menschen wie Michael Faraday, Thomas Edison und Nikola Tesla setzten mit Hilfe der Elektrizität neue Erfindungen in die Welt. Ihnen folgten die großen Maschinenbauer mit ihren außergewöhnlich gigantischen Konstruktionen wie die Manhattan Bridge in New York und die Transkontinentale Eisenbahn, die die amerikanische Westküste mit der Ostküste verband. Henry Ford produzierte das erste erschwingliche Auto, das T-Model, zu einem Preis, den sich die arbeitende Bevölkerung leisten konnte. Diese Entwicklungen erlaubten es den Arbeitern und den Angestellten erstmals, ihre Menschenrechte wahrzunehmen, die ihnen vorher unerreichbar waren.
Die Wirtschaft wurde für die Menschen der westlichen Welt des neunzehnten Jahrhunderts zur dominierenden kulturellen Macht und befreite sie von der Tyrannei der geographischen Entfernung und der Mühsal manueller Arbeit und räumte ihnen neue Möglichkeiten der Selbstentwicklung ein. Unter solchen grundsätzlichen Veränderungen schien die Menschheit, an der Schwelle neuer Entwicklungen, einer Zeit großer Möglichkeiten und Hoffnungen angekommen.
Steiner nahm viele dieser Entwicklungen vorweg, als er 1922 seinen Vortragszyklus über die Weltwirtschaft hielt (GA 340, GA 341, Nationalökonomischer Kurs und Seminar). Darin beschreibt er den Prozess, durch den die Menschen im Bereich der Wirtschaft auf natürliche Weise zu Brüdern und Schwestern werden, nicht durch Konzepte, sondern einfach dadurch, dass sie sich gegenseitig Güter und Dienstleistungen zur Verfügung stellen. Was Steiner in seinen Vorträgen skizzierte, wurde in der Mainstream-Wirtschaft zur gängigen Praxis. Für Steiner war es daher unnötig, sein beabsichtigtes fünftes Mysteriendrama zu schreiben. Sein viertes Stück hatte gezeigt, wie der geistige Impuls der Evolution verlaufen würde, und es brauchte Zeit, bis die nächsten Schritte deutlich wurden.
Wirtschaftlicher Fortschritt allein kann niemals die ganze Geschichte sein. Steiner warnte diejenigen, die ihm zuhören wollten, stets davor, dass es eine Notwendigkeit der Zeit ist, dass wir den geistigen Hintergrund dessen verstehen, was in der Wirtschaft am Werk ist, und dass, wenn dies nicht geschieht, verzögernde geistige Kräfte entstehen werden, die die Menschheit in Dekadenz und Barbarei führen werden.
In unserer heutigen Weltkultur resultieren die Probleme, auf die wir im wirtschaftlichen Bereich stoßen, aus einem Mangel an ethischen und moralischen Werten. Es hat große technische und wissenschaftliche Fortschritte gegeben, aber die Menschen haben nicht mithalten können. Viele Männer und Frauen zeigen heute Anzeichen dafür, dass sie den Kontakt zu sich selbst und zueinander verloren haben; sie fühlen sich unvollständig und sind ihrer wahren geistigen Natur entfremdet. Wir haben uns auf den technologischen Prozess konzentriert und vergessen, dass die Wurzel all unserer Probleme die menschliche Gier ist. Daran wird auch kein Bekehrungseifer etwas ändern; die Situation wird sich nur dann lösen, wenn die Ideen des Mainstreams nicht nur auf materialistische Anliegen ausgerichtet sind, sondern auch von geistigen Wünschen getrieben werden. Echte Geistigkeit, die den Werten der Erde treu ist, gibt Einblicke in den geistigen Kosmos wie auch in physische Angelegenheiten und ermöglicht es uns, unseren Platz zwischen den Konflikten der Erde und geistiger Versöhnung zu finden.
Dies alles wird in Burtons imaginativem Drama behandelt. Es ist eine Antwort auf die Fragen, vor denen wir uns heute nach den verschiedenen Ereignissen, die im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert stattgefunden haben, wiederfinden. Burtons Drama erinnert uns an die tiefe Hoffnung, die wir in uns tragen, dass nach dem Sieg des Bösen, diese treibenden Mächte der Anti-Evolution, die in diesen Dramen unter dem Namen Ahriman personifiziert sind, durch Liebe überwunden werden können.
Ich empfehle den Lesern und den an den Aufführungen beteiligten Mitwirkenden, dass sie weiterhin Burtons Drama studieren. Es ist mehr darin, als ich in diesem Vorwort ausdrücken kann.
Karl Kaltenbach, OAM,
Canberra, April 2016.
Karl Kaltenbach wurde in Deutschland geboren und emigrierte nach Australien. 1969 gründete er WARRAH (warrah.org.au/history/ ), ein Non-Profit-Unternehmen für seelenpflegebedürftige Kinder und Erwachsene in der Nähe von Sidney. 1982 erhielt er den Order of Australia Medal (OAM), und 1993 wurde er zum Doktor honoris causa des Vatican Colleges für seine Schriften zu sozialen Themen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen ernannt. Von 1983 bis 2000 war er Generalsekretär der Anthroposophischen Gesellschaft von Australien und Koordinator einer Gruppe, die, wenn sie in seinem Sinne weiterarbeitet, Hochschule für Geisteswissenschaft in Australien genannt werden könnte. Bis zuletzt war er unabhängiger Schriftsteller und schrieb zu Geisteswissenschaften und zeitgenössischer Kunst.
Karl Kaltenbach verstarb, 81-jährig, am 28. September 2018.
Rudolf Steiners VIER MYSTERIENDRAMEN
Die Entstehungsgeschichte dieses Stücks ist in meinem Buch Zum Schreiben und Aufführen eines neuen Mysteriendramas(„Towards the Writing and Performing of a New Mystery Drama“) (2017) beschrieben. Dort schildere ich ausführlich, wie die „Skizze der Szenen und Ereignisse“ 1995 von Marke Levene als Inspiration aufgenommen wurde, und wie siebzehn Jahre vergingen, bis er eine Gruppe gründete, die ihm beim Schreiben und Produzieren des Stücks half. Auf Wunsch von Marke Levene begann ich 2012 mit der Arbeit am Stück. Im Jahr 2016 war es fertig.
Damals anstehende Fragen, wegen einer Aufführung des Stücks, bedeuteten, dass eine Veröffentlichung noch warten musste. Ich habe die zwei Jahre danach genutzt, ein tieferes Verständnis des Geschriebenen zu erlangen (Autoren sind sich nicht immer all dessen bewusst, was ihnen im Schreibprozess gegeben wird), und einige Bereiche nachzuarbeiten. Diese veröffentlichte Version, mein achter Entwurf, ist somit das Ergebnis sechsjähriger Arbeit. Das Stück hat auch einen neuen Titel angenommen – bis Anfang 2018 hieß es noch nach dem Entwurf von Marke: Das Wirken des Geistes („The Working of the Spirit“). Im Moment ist die Aufführung verschoben worden, aber dies hier ist, wie ich es nenne, die „literarische Fassung“ des Stücks.
Wenn der Wille erwacht folgt den Ereignissen im Leben der handelnden Personen, die Gegenstand der Vier Mysteriendramen Rudolf Steiners waren. Steiner schuf diese vier Stücke zwischen 1910 und 1913. Er hatte vor, ein fünftes Drama zu schreiben und möglicherweise auch ein sechstes und siebtes, aber der Ausbruch des Ersten Weltkriegs verhinderte dies. Dieses Stück erhebt nicht den Anspruch, dasselbe Drama zu sein, das nur von Rudolf Steiner selbst hätte geschrieben werden können. Es ist ein Versuch, die Folge seiner Dramen fortzusetzen und etwas zu schaffen, das mit dem übereinstimmt, was wir über die handelnden Personen und ihre nächsten Schritte auf ihren verschiedenen Seelenwegen wissen; es würde möglicherweise Steiners Drama ähneln, wenn er es geschrieben hätte, und es steht jedem Leser und Zuschauer frei zu entscheiden, wie erfolgreich unser Versuch war.
Die Vier Mysteriendramenfolgen einer Reihe von Personen über einen Zeitraum von vierzehn Jahren, zwischen dem ersten und dem vierten Drama. Wir begegnen ihnen erstmals, als sie mit geistigem Wissen in Berührung kommen, das ihnen in einer neuen, der Zeit angemessenen Form, durch den „Meister“ oder Eingeweihten, Benedictus, gegeben wird. In der ersten Szene des ersten Stücks teilen fünfzehn einzelne Personen ihre Eindrücke über diese neue Sternen-Weisheit mit und darüber, was sie für sie bedeutet. Einige preisen sie, andere lehnen sie ab, aber im Verlauf der vier Dramen sehen wir, dass alle sehr von ihr beeinflußt werden.
Wer sind die Hauptfiguren, deren Leben wir vierzehn Jahre lang folgen?
BENEDICTUS ist der Lehrer einer Gruppe von einzelnen Menschen, die sich in einer Reihe mehrerer Leben hinweg, auf die Ereignisse des zwanzigsten Jahrhunderts und den wichtigen Wendepunkt, den es darstellt, vorbereitet haben. Wir haben nur sehr wenig Hintergrundwissen über Benedictus, aber aus seinen Taten schließen wir, dass er nicht den gleichen Einschränkungen im Wissen unterliegt wie andere Persönlichkeiten; er ist jemand, der gelernt hat, in jedem Augenblick mit dem ewigen Teil seines Wesens in Verbindung zu stehen.
JOHANNES ist Maler und geht ganz bewusst einen geistigen Weg, geht aber im ersten Stück durch eine Periode von schwerem Selbstzweifel und Depressionen. Die lösen sich auf, wenn er und Maria Benedictus aufsuchen und ihn um Rat bitten. Was Benedictus sagt, veranlasst Johannes und Maria zu einem großen Schritt auf ihrem geistigen Weg. Dies hat Auswirkungen auf alle anderen mit ihnen verbundenen handelnden Personen.
MARIA ist Johannes’ Freundin. Sie unterstützt seine Arbeit, steht ihm aber im ersten Drama nicht so nahe, wie Johannes es sich wünscht. Sie hat eine starke Verbindung zu Benedictus, kann in gewisser Weise als seine wichtigste Schülerin angesehen werden und als diejenige, die nach Benedictus’ Tod die Verantwortung dafür trägt, dass die Gruppe der Geistsuchenden zusammenhält.
Es ließe sich darüber streiten, ob Maria ein idealisiertes Bild der realen Individualität von Marie Steiner, Rudolf Steiners Ehefrau und Mitarbeiterin sei, und in dieser Form als Figur geschaffen wurde, um Marie Steiner ein Idealbild der Qualitäten zu geben, die sie erreichen musste, wenn sie die sehr unterschiedlichen Arten von Menschen, die seit dem frühen zwanzigsten Jahrhundert von Steiners Werk angezogen worden waren, zusammenhalten sollte. Die ersten vier Dramen zeigen Maria, während Benedictus noch lebt; das neue Stück handelt von den Prüfungen, die nach seinem Tod auf sie zukommen.
CAPESIUS ist Professor für Geschichte, ein älterer Mann mit einer reichen Lehrtätigkeit hinter sich. In der Eröffnungsszene des ersten Dramas steht er den Ideen von Benedictus skeptisch gegenüber, ist aber im zweiten Drama zu seinem Schüler geworden und hat bewusst seinen eigenen geistigen Weg eingeschlagen.
STRADER ist Wissenschaftler, bei unserer ersten Begegnung mit ihm, noch recht jung und hat sich der wissenschaftlichen Methode und empirischen Sichtweise auf die Welt verschrieben. Nach heftigen Seelenprüfungen im zweiten und dritten Drama gelingt es Strader, ein wahrhaft geistiger Forscher zu werden. Die letzten beiden Dramen zeigen seine Bemühungen um eine Erfindung, in die eine neue, die Welt umkrempelnde Kraftquelle, manchen als „Strader-Maschine“ bekannt, eingebaut ist.
FELIX BALDE ist der Vertreter einer früheren Zeit, ein Mensch, der, ohne akademische Bildung, mit einer hellseherischen Wahrnehmung begabt ist. Durch seine Begegnung mit der neuen Geistigkeit des Benedictus macht seine Art, die Welt zu sehen, Veränderungen durch.
FELICIA BALDE ist die Frau von Felix. Als Mutter zumindestens eines erwachsenen Sohnes lebt sie zur Zeit des ersten Stückes mit ihrem Mann in einer abgelegenen Hütte inmitten einer Naturlandschaft. Ihre Besonderheit ist das Erzählen von Geschichten, die ihr von geistigen Wesenheiten gegeben werden, die wollen, dass diese Geschichten den Menschen vermittelt werden.
THEODORA ist eine Frau mit einem ungewöhnlichen Charakter, der sie von den meisten Menschen absondert, die aber in der Gruppe um Benedictus und Maria einen Platz findet, an dem sie sie selbst sein kann. Sie wird zuweilen von einer Kraft bestimmt, die nicht sie selbst ist, und spricht Worte oder sieht Bilder, die diese Kraft in ihr inspiriert.
∗∗∗∗
Neben diesen acht Charakteren gibt es noch andere, manche treten schon im ersten Drama auf, andere erst später.
HILARIUS GOTTGETREU ist der Besitzer eines Sägewerks, der im vierten Drama versucht, sein Unternehmen vollständig umzukrempeln und so zu gestalten, dass einige der von Benedictus vertretenen Ideale verwirklichen werden. Im Mittelalter war Hilarius der Anführer eines Ordens, der der Bruderschaft der Templer angehörte.
NICHOLAS FINDIG, man begegnet ihm erst im vierten Drama, ist der Geschäftsführer von Hilarius.
FRIEDRICH TRAUTMANN (ROMANUS), ALBERT TORQUATUS (THEODOSIUS) und MAGNUS BELLICOSUS (GERMANUS) sind drei Männer, die im dritten Drama Mitglieder einer älteren Form der zeremoniellen Bruderschaft waren, deren Zeit nun vorbei ist. Der Name in Klammern steht für das höhere Wesen, auf das sie hinarbeiten und das sie inspiriert.
Weitere Personen sind die Krankenschwester, im ersten Drama „die andere Maria“ genannt und im neuen Stück MARIANNE, Hilarius’ Frau BEATE, und ein Wissenschaftler, FERDINAND REINECKE. Im dritten Drama sehen wir zwölf „Bürger“, stellvertretend für die gesamte Menschheit stehen, die aber auch individuelle Menschen sind. Einige von ihnen kommen auch in den anderen Dramen vor.
Seelen- und Geistwesen werden durch LUCIFER (das Prinzip, das Selbstbewusstsein, Stolz und Schönheit in die Welt bringt) und AHRIMAN (das Prinzip hinter Form und intellektuellem Wissen) repräsentiert. In dem neuen Stück sehen wir zum ersten Mal Wesen, ASURAS genannt, die heute viel Böses und Zerstörerisches in der Welt schaffen. Rudolf Steiner beschrieb sie als in unserer Zeit immer wirksamer werdende Kräfte, die durch die Lüge, dass wir uns von den Tieren nicht unterscheiden, die Menschen dazu verleiten, den Kontakt zur menschlichen Moral zu verlieren und nur noch ihren tierischen Leidenschaften zu gehorchen. Wer das tut, kann zum Gefangenen ihres bösen Einflusses werden und auf ein moralisches Niveau sinken, das weit unter dem des Tieres liegt.
Eine Schlüsselrolle spielt das Wesen, das als HÜTER DER SCHWELLE bekannt ist. Der Hüter hat unter anderem die Aufgabe, Menschen zurückzuhalten, die noch nicht bereit sind, die Schwelle von dieser Welt in die geistige Welt hinein zu überschreiten. In dem neuen Stück sehen wir, dass die Rolle des Hüters noch weiter reicht.
Im zweiten Drama sehen wir JOHANNES’ DOPPELGÄNGER, und im vierten Drama taucht das erste Mal ein Wesen namens GEIST VON JOHANNES’ JUGEND auf. Im neuen Stück tauchen CAPESIUS’ DOPPELGÄNGER und sein ENGEL auf. Projektionen dessen, was in den Seelen von Maria und Capesius wirkt, werden in den vier SEELENKRÄFTEN gezeigt, die Steiner Philia, Astrid, Luna und die andere Philia nannte. Steiner bestand immer darauf, dass solche Wesen nicht allegorisch, sondern reale Seelenformen seien, die von jemandem mit hellseherischen Kräften gesehen werden könnten.
Die Wesen der Drei Engelshierarchien kommen in keinem der vier Stücke Steiners vor, sind aber im neuen Stück vertreten. Es sind:
Angeloi, Archangeloi, Archai (Engel, Erzengel und Geister der Persönlichkeit) aus der Dritten Hierarchie;
Exusiai, Dynamis, Kyriotetes (Geister der Form, Geister der Bewegung und Geister der Weisheit) aus der zweiten Hierarchie; und
Throne, Cherubimund Seraphim (Geister des Willens, Geister der Harmonien und Geister der All-Liebe) aus der ersten Hierarchie.
Steiner zeigt auch Elementargeister, Wesen aus Feuer, Luft, Wasser und Erde, sowie Wesen, die Luzifer und Ahriman begleiten, als wären sie Projektionen ihres kontrollierenden Willens.
In dem neuen Stück kommen auch einige Nebenfiguren vor, die wir bisher noch nicht sahen – zwei Arbeiter aus der Hilarius’ Firma und einige andere Angestellte.
∗∗∗∗
Dem Geschehen im neuen Stück kann man folgen, ohne die vier vorhergehenden Stücke zu kennen, aber ein tieferes Verständnis entsteht, wenn der Leser einen Überblick über das Vorhergehende hat. Hier folgt eine kurze Darstellung dessen, was in den vier Dramen, die Steiner zwischen 19l0 und 1913 schrieb, bis zu diesem Punkt hier führte. Es ist natürlich vieles ausgelassen – Leser, die weitere Informationen zu Inhalt und Charakterentwicklung wünschen, finden das in einem Buch wie dem von Eileen Hutchins, das im zweiten Anhang aufgeführt ist.
ERSTES MYSTERIENDRAMA:
Die Pforte der Einweihung
Im ersten Drama ist Johannes die zentrale Figur. Das Drama beruht auf Goethes „Märchen von der grünen Schlange und der schöne Lilie“, und jede Figur des Märchens kann mit einer bestimmten Figur des Mysteriendramas in Verbindung gebracht werden. Wir sehen in diesem Drama, wie Johannes durch die Hilfe von Benedictus seine Lebenskrise überwindet und ihm eine bildhafte, geistige Vorstellung höherer Welten gegeben wird. Zu erleben, welche Veränderungen in Johannes durch höhere Weisheit bewirkt werden, hat Auswirkungen auf Capesius und Strader und bereitet sie auf Prüfungen vor, denen auch sie in den kommenden Dramen ausgesetzt sein werden.
ZWEITES MYSTERIENDRAMA:
Die Prüfung der Seele
Spielt drei Jahre nach dem ersten Drama.
Das zweite Drama beginnt mit Capesius, der, nachdem er begonnen hat, den Weg der Erkenntnis zu beschreiten, während des Versuchs sich das neue Wissen zu eigen zu machen, auf schwere Prüfungen stößt. Bei Johannes, der im ersten Drama ein gewisses Maß an Hellsichtigkeit erreicht hat, zeigt sich, dass er diese nur durch die Aktivität von Maria aufrechterhalten kann. Er muss sich von dieser Abhängigkeit lösen, fühlt aber, dass er dazu nicht stark genug ist. Zur selben Zeit erleidet Strader einen Verlust an Selbstvertrauen, da er die Kraft von Benedictus’ Art des Wissens, die völlig im Widerspruch zu seiner eigenen empirischen Ausbildung steht, anzuerkennen gezwungen ist.
Als Antwort auf die verschiedenen Problemlagen, in denen sich die vier Charaktere (Johannes, Maria, Capesius und Strader) befinden, erhält das Publikum einen flüchtigen Einblick in Ereignisse des Mittelalters, die Auswirkungen auf das haben, was im gegenwärtigen irdischen Leben der handelnden Personen geschieht. In vier Szenen werden wir in eine Burg der Templer entführt, zu einer Zeit, in der diese Organisation über ganz Europa verfolgt wird. Diese Burg steht kurz davor, gestürmt und geplündert zu werden, und die Meinungen über die Rechtmäßigkeit der offiziellen Kirche in dieser Angelegenheit sind unter den Bewohnern des Dorfes geteilt.
Indem Maria sich selbst darin erlebt und sich ihr die Rolle, die sie bei diesen tragischen Ereignissen gespielt hat klärt, werden ihr die negativen Auswirkungen verständlich, die ihre Handlungen seit dieser Zeit auf Capesius und Johannes hatten. Im Licht des Gesehenen, ist es ihr möglich, ihre eigene Schuld aus der Vergangenheit zu akzeptieren und ihre Seele auf ein selbstloses Opfer vorzubereiten, das in Zukunft die Dinge wieder in Ordnung bringen wird. Johannes und Capesius haben diese Szenen so, wie Maria sie sah, miterlebt, aber keiner von beiden hat die Reife, das, was ihnen offenbart wurde, in der gleichen Weise zu akzeptieren, wie sie es getan hat. Johannes stürzt in eine zweite Krise des Selbstzweifels, und im Glauben, er sei in seinen geistigen Bestrebungen zu weit gegangen, schreckt er vor der Übernahme der vollen Verantwortung für sein Leben zurück. Capesius ist noch viel weniger auf das vorbereitet, was ihm die Vergangenheit offenbart, und seine Ansicht darüber verursacht in ihm ein solches Trauma, dass er vorübergehend nicht mehr Herr seiner Entschlüsse ist.
DRITTES MYSTERIENDRAMA:
Der Hüter der Schwelle
Spielt zehn Jahre nach dem zweiten Drama.
Alle Hauptcharaktere haben sich im Vergleich zu dem, wie wir sie in den ersten beiden Dramen erlebten, erheblich weiterentwickelt. Der Schock, den Capesius erlitt, bewirkte eine große Veränderung in ihm. Obwohl er weiterhin im Alltag lebt und weiterlebt, kann er dies nicht mit Bewusstsein tun und führt eine Art Traumleben. In einer Szene zu Anfang sehen wir, dass sich sein Ich gegenwärtig im Reich Luzifers befindet. Johannes hat seine geistige Schau und die Versuche, gesitige Kunst zu schaffen, aufgegeben und stattdessen mit dem gedanklichen Aspekt der neuen Weisheit gearbeitet, und ein Buch geschrieben, das für diejenigen, die aktuellen, intellektuellen Denkweisen folgen, verständlich sein wird. In der ersten Szene wird ihm jedoch offenbart, dass Luzifer bei der Abfassung eines Großteils dieses Buches eine Rolle gespielt hat und dass es für Johannes schicksalsmäßige Konsequenzen haben wird, weil ihm dies während des Abfassens der Schrift nicht klar war. Sowohl Johannes als auch diejenigen, die sein Buch lesen, werden unter diesen Konsequenzen zu leiden haben.
Strader ist die Person, die den direktesten Fortschritt zur höhere Erkenntnis gemacht hat. Er konnte seine Zweifel überwinden und erlebte das unerwartete Glück seines Lebens durch die Heirat mit der Seherin Theodora. Für sie bedeutet die Ehe mit Strader, dass sie nicht mehr die Gabe des atavistischen, hellseherischen Sehens besitzt, aber sie akzeptiert dies als eine Notwendigkeit für ihren Weg. Wenn das Dritte Drama beginnt, sind die beiden seit sieben Jahren verheiratet.
Als Folge der Jahre, in denen er nicht sehen konnte, was in den Tiefen seiner Seele wirkte, ist Johannes offen für die Verführungskraft Luzifers, der in ihm eine unerlaubte Liebe zu Theodora weckt. Diese Liebe raubt Theodora die körperlichen Kräfte, und der Zustand geht so weit, dass sie stirbt. Johannes hat eine hellseherische Gabe, die bedeutet, dass er, auch nachdem sie gestorben ist, immer noch in Kontakt mit der Seele Theodoras sein kann; ihr Tod vermag nichts an der großen Sehnsucht, die er für sie empfindet, zu ändern und er verfolgt sie weiter in den geistigen Reichen. Marias Aufgabe ist es nun zu lernen, sich so zu verhalten, dass ein Gegenmittel zu der Versuchung Luzifers geschaffen wird. Durch Maria wird Johannes wieder auf einen Weg zu sich selbst zurückgestoßen. Theodora wird nie wieder auf der Erde leben, aber Johannes wirkt wieder zusammen mit den anderen und bedauert zutiefst, was sein geistiger Irrtum herbeigeführt hat. Strader hat die Gefährtin seines Lebens auf der Erde verloren, aber die geistige Verbindung zwischen ihm und Theodora ist durch ihren Tod nicht geringer geworden, und sie wird ihm in den kommenden Jahren beistehen können.
VIERTES MYSTERIENDRAMA:
Der Seelen Erwachen
Spielt ein Jahr nach dem dritten Drama.
Im vierten Drama findet, entsprechend der neuen Gegebenheiten, etwas Neues statt. Die Personen des dritten Dramas arbeiten nun in einer Fabriksituation zusammen. Dies geschah, weil der Fabrikbesitzer Hilarius Gottgetreu an Benedictus herangetreten war, um ihn um Hilfe zu bitten, aus dieser Fabrik etwas zu schaffen, das dem zukünftigen Wohlergehen der Menschheit dient. Menschen mit geistigen Interessen betätigen sich jetzt im Unternehmensumfeld, und die ersten Ergebnisse sind keineswegs ermutigend. Die Standards in der Fabrik geraten ins Rutschen, und es gibt Streit zwischen einigen der Hauptpersonen, und zwischen anderen in unterschiedlichen Bereichen der Verantwortung.
Johannes und Maria verstehen es so, dass die Ereignisse, die sich in dieser Welt abspielen, eine Verbindung mit dem, was ihnen in früheren Leben geschehen ist, haben. Sie sehen sich bewusst an einer Initiation, die vor etwa 3.500 Jahren stattfand, beteiligt, zu einer Zeit, als das alte Ägypten eine führende Rolle bei der Entwicklung der menschheitlichen Kultur spielte. In einem ägyptischen Tempel wird ein Schüler auf seine Initiation vorbereitet. Der Höchste Opferweise ist jener, der im zwanzigsten Jahrhundert als Benedictus auf die Erde kommt. Sein Schüler, der Neophyt, ist jene die später Maria sein wird. Bevor er in den Ablauf der Vorbereitung auf die Initiation eintrat, stand der Neophyt in einer Beziehung mit einer ägyptischen Frau, und zum Zeitpunkt seiner Initiation kann diese Frau den Neophyten nicht in ihrer Liebe loslassen. Die unerlaubte Verbindung zwischen diesen beiden führt zum Scheitern der gesamten Initiation mit schwerwiegenden Folgen. Johannes und Maria wird offenbart, dass die ägyptische Frau diejenige ist, die in ihrer späteren Inkarnation Johannes geworden ist. Dieses Ereignis ist der Same für die übermäßige Abhängigkeit von Maria, die Johannes seit dieser Zeit empfand; es hat auch Auswirkungen auf alle weiteren Charaktere.
Angesichts dieser Ereignisse und dem Verständnis dafür haben sie nun mehr Möglichkeiten zum Nutzen der Fabrik zu handeln. Allerdings verlagert sich der Schwerpunkt der Handlung zu Strader, der eine schwere Zeit der Prüfung durchmacht. In den letzten Jahren hat Strader viel Forschung zur Entwicklung einer neuen Energiequelle betrieben, die große Auswirkungen auf das Leben der Menschen haben wird. Er meint, dass er damit kurz vor einem Durchbruch steht, doch Ahriman inspiriert in einem anderen Forscher, Ferdinand Reinecke, den klaren Blick dafür, was in Straders Entdeckung noch fehlt. Als Reinecke Strader mit dieser seiner Einsicht konfrontiert, ist Strader traumatisiert und isoliert sich von den anderen Hauptpersonen. Inmitten dieser Krise der Entfremdung und Verzweiflung stirbt Strader plötzlich, doch im Tod erringt er einen Sieg über Ahriman, indem er ihm mit Mut entgegentritt und den Glauben an die Gegenwart der geistigen Welt nicht verliert.
Das vierte Drama nimmt kein glückliches Ende; für Hilarius’ Unternehmen findet sich keine Lösung in der Krise, und die von Benedictus gesprochene letzte Zeile, handelt von Ahriman, der sich „der menschlichen Weisheit widersetzt“ und über klare und wache Geistvisionen „des Chaos’ Dunkelheit ausbreitet“. Jedoch bedeutet die Beharrlichkeit, die Strader vor seinem Tod zeigte, dass er und Theodora nun in der Lage sind, sich mit den anderen Charakteren von der geistigen Welt aus zu verbinden, und Benedictus sieht, dass dies in der Zukunft zur Demaskierung Ahrimans führen wird. Der Schlusston des Dramas ist also Hoffnung inmitten Verzweiflung und Chaos.
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Das vierte Drama scheint sehr nach einer Art von Auflösung zu verlangen, aber Steiner hat sie nie gegeben. Der Erste Weltkrieg brach aus und Steiners Arbeitsweise änderte sich grundlegend. Als er am Ende des Krieges gefragt wurde, ob er nun das Drama schreiben würde, auf das die Menschen warteten, meinte er, dass die Zeit dafür nicht reif sei.
Die Jahre 1914-1918 bildeten eine Zäsur in der Art und Weise, wie die Anthroposophie in die Welt getragen wurde. Während des Krieges steckte Steiner viel von seiner Energie in die Idee der Dreigliederung der Gesellschaft, die ein so wichtiges Thema des neuen Dramas ist. Als er jedoch sah, dass es für die Mächte nicht akzeptabel sein würde, die damals herrschten, richtete er seine Tätigkeit auf praktische Veränderungen in der Welt aus. Die Dreigliedrige Gesellschaftsordnung, stellte er fest, werde eine weitere Chance in hundert Jahren haben, ihren Weg in der Welt zu finden. Er werde mit dem arbeiten, was zu diesem Zeitpunkt möglich sei, und Samen für das, was für die Zukunft benötigt werde, pflanzen.
Waldorfpädagogik – eine neue Art Kinder im Lichte all dessen zu erziehen, was Steiners geistige Forschungen als wahr erwiesen hatten – war die erste dieser neuen Initiativen, und es folgten noch viele andere: Biologisch-dynamische Landwirtschaft, Anthroposophische Medizin, praktische Einblicke in viele Bereiche von Kunst und Wissenschaft und eine grundsätzlich andere Art, das esoterische Leben zu gestalten, so dass Menschen, die in der äußeren Welt effektiv arbeiten wollen, dabei unterstützt werden, die Verbindung zu ihrer eigenen inneren Geistigkeit zu erhalten.
Genau diese Situation nimmt das neue Drama als seinen Ausgangspunkt. Es spielt in keiner bestimmten Zeit, aber seine Fragestellungen sind die des zwanzigsten und frühen einundzwanzigsten Jahrhunderts: Wie man einer neuen Form geistigen Wissens habhaft werden und in der Welt, trotz der vielen erheblichen Widerstände, die sich ihr entgegenstellen, zur Wirkung bringen kann. Steiners Bemühungen in den Jahren 1917 bis 1925, in denen er versuchte, den tragischen Folgen des Denkens ohne Geist und des Reduktionismus, die beide durch die Ereignisse des Ersten Weltkriegs für die Menschheit tiefgründigst sichtbar wurden, entgegenzustellen, bilden den Hintergrund des neuen Dramas.
Die Ereignisse dieses neuen Stücks geschehen teilweise kurz nach dem vierten Drama. Jedoch wurde auf eine Weise, die in der Kunst sehr wohl erlaubt ist, versucht, die handelnden Personen von den Beschränkungen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Zeit frei zu machen. Dieses Stück bildet eine Brücke: Geistig beginnt es um die Zeit von Rudolf Steiners Tod (1925) und nimmt uns mit in Lebenssituationen, denen Menschen heute, in den frühen Jahren des einundzwanzigsten Jahrhunderts, gegenüberstehen. Den vierzehn Szenen können folgende Titel gegeben werden:
TEIL I
Szene 1: Eine äußerst erfolgreiche Firma