Wenn du Mich Jetzt Küsst (Die Sullivans aus Maine 3) - Bella Andre - E-Book

Wenn du Mich Jetzt Küsst (Die Sullivans aus Maine 3) E-Book

Bella Andre

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Beschreibung

Lola Sullivan schauen die Männer schon seit ihrem dreizehnten Lebensjahr hinterher, aber niemand hat je ihr wahres Ich gesehen. Erst als Duncan Lyman, der von Berufs wegen Start-Ups mit Wagniskapital ausgestattet, in ihrem Atelier für Textildesign auftaucht, spüren beide sich auf allen Ebenen zueinander hingezogen. Als zwischen den beiden eine tiefe Leidenschaft aufflammt und eine starke emotionale Verbindung spürbar wird, bleiben sie die ganze Nacht miteinander auf. Bei Sonnenaufgang ist Lola sich sicher, dass sie den Richtigen gefunden hat. Duncan hätte sich nie vorstellen können, dass es eine Frau wie Lola gibt – sie ist innerlich genauso schön wie äußerlich. Er vertraut ihr so sehr, wie er noch nie jemandem vertraut hat, und er erzählt ihr alles. Alles, außer dem dunklen Geheimnis aus seiner Vergangenheit, das ihre aufkeimende Liebe zerstören könnte. Um die wahre Liebe zu finden, haben Lola und Duncan dreißig Jahre gebraucht. Ist es möglich, dass sie in nur dreißig Sekunden ausgelöscht werden kann? "Die Sullivans"-Reihe *** Die Sullivans aus San Francisco *** Liebe in deinen Augen Ein verfänglicher Augenblick Begegnung mit der Liebe Nur du in meinem Leben Sag nicht nein zur Liebe Nur von dir hab ich geträumt Lass dich von der Liebe verzaubern Du gehst mir nicht mehr aus dem Sinn Küss mich unter dem Mistelzweig *** Die Sullivans aus Seattle *** Eine perfekte Nacht Nur du allein Deine Liebe muss es sein Dir nah zu sein Ich mag, wie du mich liebst Ohne dich kann ich nicht sein *** Die Sullivans aus New York *** Vier Herzen vor dem Traualtar Bilder von dir Weil es Liebe ist Die Süße der Liebe Das Beste kommt erst noch Liebe ist kein Marchen Wer Liebe sät Irgendwo auf der Welt Halt mich *** Die Sullivans aus Maine *** Mit Leib und Seele Herzbeben Wenn du Mich Jetzt Küsst

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Wenn du Mich Jetzt Küsst

Die Sullivans aus Maine

Lola & Duncan

Bella Andre

Inhaltsverzeichnis

Bucheinband

Titelseite

Copyright

Über das Buch

Eine Anmerkung von Bella

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Epilog

Auszug aus Verliebt bis über beide Ohren

Auszug aus Liebe in deinen Augen

Alle Bücher von Bella Andre in deutscher Sprache

Über die Autorin

Wenn du Mich Jetzt Küsst

© 2021 Bella Andre

Die Sullivans aus Maine

Lola & Duncan

Übersetzung Christine L. Weiting – Language + Literary Translations, LLC

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Lola Sullivan schauen die Männer schon seit ihrem dreizehnten Lebensjahr hinterher, aber niemand hat je ihr wahres Ich gesehen. Erst als Duncan Lyman, der von Berufs wegen Start-Ups mit Wagniskapital ausstattet, in ihrem Atelier für Textildesign auftaucht, fühlen sich beide auf allen Ebenen zueinander hingezogen. Als zwischen ihnen eine tiefe Leidenschaft aufflammt und eine starke emotionale Verbindung spürbar wird, bleiben sie die ganze Nacht miteinander auf. Bei Sonnenaufgang ist Lola sich sicher, dass sie den Richtigen gefunden hat.

Duncan hätte sich nie vorstellen können, dass es eine Frau wie Lola gibt – sie ist wunderschön, und das nicht nur äußerlich. Er vertraut ihr so sehr, wie er noch nie jemandem vertraut hat, und er erzählt ihr alles. Alles, außer dem dunklen Geheimnis aus seiner Vergangenheit, das ihre aufkeimende Liebe zerstören könnte. Dreißig Jahre haben Lola und Duncan gebraucht, um die wahre Liebe zu finden. Lässt sich diese wirklich in nur dreißig Sekunden auslöschen?

Eine Anmerkung von Bella

Bücher waren schon immer das Einzige, was verlässlich Licht in meine Tage bringen und mir in schwierigen Zeiten Trost spenden konnte. Solange ich denken kann, nehme ich überall hin ein Buch mit, für den Fall, dass ich ein paar Minuten Gelegenheit bekomme, darin zu lesen. Als ich mit dem ersten Roman Liebe in deinen Augen angefangen habe, über die Familie Sullivan zu schreiben, entdeckte ich, dass ich das Schreiben genauso liebe wie das Lesen.

Jeden Tag mit den Sullivans zu verbringen, hat mir schon unglaublich viel Freude bereitet, und ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie glücklich es mich macht, Ihre E-Mails und Mitteilungen in den Social Media zu erhalten, die mir zeigen, dass es Ihnen genau so geht!

Frauen wie Lola Sullivan, die stark und temperamentvoll sind, aber auch verletzlicher als sie zugeben wollen, gehören beim Schreiben zu meinen Lieblingsheldinnen. Vor allem, wenn sie gar nicht anders können, als sich Hals über Kopf in einen unglaublich romantischen Mann wie Duncan Lyman zu verlieben.

Ich hoffe, dass Ihnen diese gefühlvolle und sexy Geschichte richtig unter die Haut geht.

Wenn Sie zum ersten Mal ein Sullivan-Buch lesen, dann sollten Sie wissen, dass sich jedes Buch leicht als Einzelwerk lesen lässt, auch, wenn man die anderen noch nicht kennt.

Ein glückliches Leseerlebnis wünscht Ihnen Ihre

Bella

P.S. Weitere Geschichten über die Sullivans aus Maine folgen in Kürze! Bitte melden Sie sich für meinen Newsletter (BellaAndre.com/Germany) an, damit Sie keine der Neuerscheinungen verpassen.

KAPITEL 1

In all den Jahren, in denen Lola Sullivan in ihrem Atelier für Textildesign Kurse gegeben hatte, hatte sie noch nie so einen Schüler gehabt. Duncan Lyman war einiges über eins achtzig groß und hatte breite Schultern, einen kantigen Unterkiefer und durchdringende blaue Augen.

Als sie auf ihren neuen Schüler zu ging, um ihn zu begrüßen, musste sie dem Drang widerstehen, ihre Frisur zu kontrollieren und ihr Kleid zu glätten. Einen ihrer Schüler würde sie niemals anbaggern. Außerdem befand sie sich eindeutig in einer Phase ihres Lebens, in der ihr alle Männerbekanntschaften sinnlos vorkamen, weil letztes Jahr jedes ihrer Dates eine riesige Enttäuschung gewesen war. Egal, wie vielversprechend ihr ein Mann anfangs auch erschien, so ging er doch unweigerlich davon aus, dass sie bei so üppigen Kurven nicht auch noch genug Verstand haben konnte, um zwei und zwei zusammenzuzählen.

Lächelnd ging sie auf ihn zu. „Hallo, ich bin Lola Sullivan. Sie sind sicher Duncan? Wir nennen uns hier alle beim Vornamen.“

Sein Händedruck schaffte es irgendwie, gleichzeitig warm, fest und von Natur aus sinnlich zu sein. „Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Lola.“ Er hielt ihre Hand gerade so lange fest, dass ihr Herzschlag zu rasen begann. „Ich freue mich schon auf Ihren Kurs.“ Seine Stimme passte zu seinem Aussehen, sie war herrlich tief und kehlig. Allein davon, wie er ihren Namen aussprach, bekam sie Schmetterlinge im Bauch. Ihr war noch nie bewusst gewesen, wie sinnlich Lola klingen konnte.

Plötzlich fehlten ihr die Worte. Und dabei war sie in ihrer Familie keineswegs die Schüchterne, ganz im Gegenteil! Sie wies auf den großen Arbeitstisch, an dem er Platz nehmen sollte. Dann wandte sie sich an ihre zehn Kursteilnehmer. Neun davon waren Frauen zwischen 45 und 60 Jahren. „Ich freue mich sehr, dass Sie heute alle hier sind. Bevor wir beginnen, würde ich gerne von Ihnen allen hören, was sie sich von diesem Kurs erhoffen.“

Die neun Frauen hatten alle vor, sich im Bereich Textil- und Musterdesign eine zweite berufliche Laufbahn aufzubauen. Nur Duncan hatte ein anderes Ziel. „Ich interessiere mich für Kartographie“, sagte er. „Insbesondere für handgezeichnete Karten. Und ich habe in den Bewertungen Ihres Kurses gelesen, dass sie eine begabte Lehrerin sind.“

Bei diesem Kompliment bekam Lola das Gefühl zu erröten. „Ich habe eine antike handgezeichnete Karte an meiner Wohnzimmerwand hängen, damit bin ich definitiv ein Kartographie-Fan. Ich hoffe nur, dass ich Ihnen die Kompetenzen, die Sie suchen, auch bieten kann.“

Er schenkte ihr ein Lächeln, das ihr Herz erneut höherschlagen ließ. „Ich bin sicher, dass Sie das können.“

Erst als sich eine der anderen Teilnehmerinnen räusperte, merkte Lola, dass sie ihn immer noch anstarrte. Sie war ziemlich beunruhigt darüber, dass ein attraktives Gesicht und eine herrlich sexy Stimme ihr so schnell den Kopf verdreht hatte, und schlug einen flotteren Ton an. „Wenn Sie jetzt alle bitte die gedruckten Materialien zur Hand nehmen, dann können wir den Unterrichtsplan für heute durchgehen.“

Dreißig Minuten später saßen alle an der ersten Aufgabe des Tages. Obwohl es ihr Spaß machte, Anfänger zu unterrichten, war sie erfreut zu sehen, dass diese Gruppe doch schon etwas weiter fortgeschritten war. Und Duncan war allen um Längen voraus.

Während der nächsten Stunden bemühte sie sich, jeder Teilnehmerin einzeln so viel Aufmerksamkeit wie möglich zu widmen. Leider begann ihr Herz wieder zu rasen, als Duncan an die Reihe kam. Dass er so gut roch wie ein erfrischender Meereshauch und aus der Nähe noch attraktiver war, machte die Sache nicht leichter. Da sie nun neben ihm saß, bemerkte sie nicht nur die goldenen Sprenkel in seinen blauen Augen, sondern auch, dass bereits ein Fünf-Uhr-Bartschatten seine Wangen überzog, obwohl es noch nicht einmal Mittag war. Er trug ein sehr gut geschnittenes Button-Down-Hemd und eine exklusive Armbanduhr, aber er wirkte trotzdem kraftvoll. Duncan sah aus, als sei er zum Bergsteiger oder Holzfäller geboren. Oder, da er ein Faible für handgezeichnete Karten hatte, zum Schiffbauer und Weltumsegler.

Duncan fragte sich wahrscheinlich, warum sie ihn immerzu anstarrte, anstatt ihm die neuen zeichnerischen Fähigkeiten beizubringen, wegen denen er sich angemeldet hatte. Im Stillen machte Lola sich Vorwürfe, weil sie sich benahm wie ein zum ersten Mal verliebtes Schulmädchen. Sie bemühte sich, jeden Ausdruck von Schwärmerei aus ihrem Blick zu verbannen und sagte: „Einen Federhalter mit kalligrafischen Federn haben noch nicht viele meiner Kursteilnehmer benutzt. Nachdem ich Ihnen heute Morgen beim Arbeiten damit zugesehen habe, glaube ich, dass Sie mir das eine oder andere beibringen könnten.“

Erst als sie die Worte ausgesprochen hatte, wurde ihr bewusst, wie sie geklungen hatten. Erstens, dass sie ihm den ganzen Morgen lang zugesehen hatte. Und zweitens, dass sie über all die Dinge fantasierte, die er ihr beibringen könnte …

Ihr Gesicht wurde flammend rot und sie wollte von ihm wegrücken, um mehr Abstand von ihm zu gewinnen und ihre Hormone wieder unter Kontrolle bringen zu können. Doch sein intensiver Blick hielt sie gefangen. Er hielt sie auf eine Art in seinem Bann, wie es kein anderer Mann je getan hatte, und das ohne auch nur eine Berührung oder einen Kuss.

„Ich habe Ihnen auch zugesehen“, sagte er, und seine tiefe Stimme klang in jeder Zelle ihres Körpers nach. „Sie haben ein erstaunliches Talent. Selbst Ihre raschen Skizzen, wenn Sie etwas erläutern, sind sauberer, als ich es mir je für meine Arbeit erhoffen könnte.“ Sein Blick ging auf ihre Hände und dann wieder zurück in ihr Gesicht und dabei prickelte ihre Haut, als hätte er sie tatsächlich berührt. „Zeigen Sie mir, wie es geht, Lola. Weihen Sie mich in Ihre Geheimnisse ein.“

Lola wusste, dass er sie lediglich um Tipps für das Zeichnen bat. Und doch fühlte es sich irgendwie so an, als würde er sie um mehr bitten. Um etwas, das sie seit dem College keinem Mann mehr gegeben hatte. So, als hätte er sie nicht nur um ihre tief verborgenen Geheimnisse gebeten, sondern auch um ein Stück ihres Herzens, das sie sorgfältig zu bewahren gelernt hatte.

Das Lachen von zwei der Teilnehmerinnen am anderen Ende des Arbeitstisches holte sie in die Wirklichkeit zurück. Sie zwang sich zu einem Lächeln, wie sie es einem Freund schenken würde, und nicht jemandem, dessen bloße Anwesenheit ihr den Atem raubte. „Haben Sie jemals die Schulfeder Nr. 5 von Tachikawa ausprobiert?“

Als er den Kopf schüttelte, zog sie eine für ihn aus ihrer Werkzeugschublade. „Sie hält die Tinte gut und ist so steif, dass man damit dünne Linien durchgehend zeichnen kann. Dabei ist sie jedoch so flexibel, dass Sie die Linienstärke bei Bedarf variieren können.“

Er zeichnete mehrere Linien von 0,2 mm bis 0,4 mm Breite. „Sie haben Recht, das ist eine ausgezeichnete Feder.“ Das Lächeln, das er ihr schenkte, wärmte sie überall, auch an Stellen, die lange Zeit kalt gewesen waren.

Sie sprang von dem Platz neben ihm auf und fragte: „Wer hat Hunger?“ Als alle sagten, sie seien bereit für die Mittagspause, schlug sie vor: „Gehen wir doch in das Café meiner Mutter hier in der Straße. Sie macht die leckerste irische Hausmannskost, die Sie jemals bekommen werden.“

Als sie im Restaurant ankamen, nahm sich Lola vor, sich am Tisch so weit wie möglich von Duncan weg zu setzen. Sonst würde sie Gefahr laufen, wieder irgendetwas Peinliches zu sagen … Aber als alle am Tisch Platz genommen hatten, merkte Lola, dass sie die Reise nach Jerusalem verloren hatte. Denn der einzige übrige Stuhl war der neben Duncan.

Einige ihrer Schülerinnen lächelten ihr heimlich zu. Lola konnte einen Seufzer kaum unterdrücken. Offensichtlich hatten einige der Frauen bemerkt, wie sie auf ihn reagierte und träumten bereits davon, die beiden miteinander zu verkuppeln.

Normalerweise würde Lola gerne mitspielen und einfach ein bisschen mit ihm flirten. Aber heute kam ihr nichts normal vor.

Trotzdem konnte sie, nachdem alle bestellt hatten und anfingen, miteinander zu plaudern, ja nicht einfach dasitzen und ihn ignorieren. „Sie haben wirklich Talent. Seit wann arbeiten Sie denn schon als Kartograph?“

„Aus Ihrem Mund bedeutet mir dieses Kompliment sehr viel“, sagte er mit einem Lächeln, das ihr das Herz in der Brust noch etwas höherschlagen ließ. „Vor allem, da ich nur ein Bastler bin. Ich habe noch einen langen Weg vor mir, wenn ich mich jemals als Kartograph bezeichnen möchte.“

„Handgezeichnete Karten sind eine aussterbende Kunst, nicht wahr?“ Glücklicherweise half ihr das Gespräch über Kunst, sich in seiner Nähe zu entspannen.

Er nickte und lächelte dann die Kellnerin an, als sie ihm seinen Kaffee brachte. Aileens Gesicht wurde unter seinem Blick knallrot. Dann rannte sie weg, um mit der anderen Kellnerin zu kichern. Offensichtlich fanden ihn beide Frauen äußerst attraktiv.

„Ich bewundere die modernen Kartographen“, sagte er, „aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass man mit einer digitalen Karte ein bisschen die Seele verliert. Denn bei handgezeichneten Karten sind es ja gerade die kleinen Unvollkommenheiten, die ihnen ihren Charakter verleihen.“ Sein Grinsen war wahnsinnig sexy. „Zumindest sage ich mir das, wenn ich selbst Fehler mache – dass sie meinen Karten Charakter verleihen.“

Lola war bisher äußerst selten ein Mann begegnet, der nicht nur gut aussah, sondern auch bescheiden war. Nach ihrer Erfahrung taten die meisten gutaussehenden Männer nichts lieber, als ihre scheinbar endlosen Vorzüge zu beschreiben. Duncan hatte sich außerdem im Kurs, sowohl ihr als auch den anderen Frauen gegenüber, als perfekter Gentleman erwiesen. Und sie war absolut derselben Meinung wie er, dass Unvollkommenheiten ein entscheidender Bestandteil jedes Kunstwerks sind. Einige ihrer besten Designentwürfe waren aus Fehlern entstanden.

Es ging ihr gerade durch den Kopf, wie gut er ihrer Mutter gefallen würde, als Beth Sullivan durch die Küchentür herauskam, um die Gruppe zu begrüßen.

Lola stand auf und hakte ihre Mutter unter. „Das ist meine Mutter, Beth. Sie ist für dieses unglaubliche Essen verantwortlich.“

„Und für eine unglaubliche Tochter“, sagte eine Teilnehmerin namens Janice.

Lolas Mutter grinste. „Die unglaublichste Tochter der Welt.“

„Warte nur, bis ich Cassie und Ashley erzähle, dass du das gesagt hast“, neckte Lola. „Ich wusste immer schon, dass ich deine Lieblingstochter bin.“

Beth lachte. „Bei sieben Kindern ist es immer wie in einem Minenfeld“, scherzte sie, der ganzen Gruppe zugewandt. „Aber wenn Sie noch ein paar Minuten Zeit zum Plaudern haben, würde ich gerne etwas mehr von Ihnen hören, bevor Sie alle wieder zum Kurs gehen.“

Alle freuten sich, jetzt von ihren Projekten erzählen und ihre Bilder zeigen zu können. Lolas Mutter hatte wirklich ein Händchen dafür, aus jedem das Beste herauszuholen. Die ganze Zeit über war Lola jedoch klar, dass ihre Mutter besonders Duncan im Auge hatte.

Beth Sullivan wollte unbedingt, dass jedes ihrer Kinder seine einzige wahre Liebe fand. Genauso eine starke Liebe, wie Beth sie mit Lolas Vater Ethan teilte. Obwohl ihre Mutter als Kupplerin bisher noch keine Erfolge gehabt hatte, gab sie nicht auf. An dem Schimmern in ihren Augen, als sie zwischen Lola und Duncan hin- und herblickte, war deutlich zu erkennen, dass sie bereits die Hochzeitsglocken läuten hörte.

„Nun, Duncan“, sagte Lolas Mutter in ihrem sanften irischen Akzent, „dann erzählen Sie mir doch jetzt, warum Sie heute hier sind.“

Das Lächeln, das er ihrer Mutter schenkte, machte ihn nur noch attraktiver, was Beth in ihren Verkuppelungsbes­trebungen weit mehr ermunterte, als nötig war.

„Lola hat den Ruf, eine geniale Lehrerin zu sein“, sagte er zu ihrer Mutter, „und nach einem Vormittag in ihrem Kurs kann ich bestätigen, dass sie tatsächlich genial ist, auf allen Ebenen. Aber ich bin sicher, dass ich Ihnen das gar nicht erst sagen muss.“

Beth strahlte ihn an. „Ich freue mich sehr, dass Sie das auch meinen. Ich bin sicher, dass es nicht leicht gewesen sein kann, sich an einem Sonntag eine Auszeit von Frau und Kindern zu nehmen.“

Lola stöhnte fast laut auf, und musste ihre gesamte Willenskraft zusammennehmen, um ihren Kopf nicht in ihre Hände zu stützen. Sie war eine erwachsene Frau. Wenn sie mit Duncan etwas anfangen wollte, dann könnte sie es durchaus alleine schaffen, ohne die Hilfe ihrer Mutter.

Aber sie hatte nicht die Absicht, mit ihm anzubandeln, denn sie war fertig mit den Männern. Ihre zehn Finger würden nicht ausreichen, um die Lügen zu zählen, die ihr im Laufe der Jahre von den Männern, mit denen sie ausgegangen war, erzählt worden waren:

Dass sie alleinstehend wären.

Dass sie ihr Auskommen hatten.

Dass sie nicht versuchen würden, Lola zu kontrollieren.

Und dass ihr Respekt vor Lolas Verstand und Talent genauso groß war wie die Lust auf ihren Körper. Das war die größte Lüge von allen und diejenige, die am meisten wehtat.

Lola hatte einfach nicht die Kraft, eine weitere Enttäuschung zu riskieren. Außerdem war es für sie völlig in Ordnung, ledig zu bleiben. Sie genoss es, eine liebevolle Tante für Kevin und Ruby und alle anderen Nichten und Neffen zu sein, die in Zukunft sicher noch hinzukommen würden. Ehrlich gesagt, gefiel ihr die Aussicht, sich ein halbes Dutzend Katzen zuzulegen und eine fröhliche, exzentrische alte Jungfer zu werden, der keiner etwas vom Pferd erzählen konnte.

Glücklicherweise schien das nicht gerade sehr subtile Verhör ihrer Mutter Duncan nichts auszumachen. „Ich wohne allein in Boston, also habe ich niemanden allein gelassen.“

„Mom“, warf Lola ein, bevor Beth noch etwas sagen konnte, „ich glaube, Annie braucht dich wieder in der Küche.“ Lola ergriff die Hand ihrer Mutter, zog sie von ihrem Platz hoch und ging mit ihr Richtung Küche. „In einer Minute bin ich zurück, dann können wir zurück an die Arbeit ins Atelier“, sagte sie zur Gruppe gewandt, weiter lächelnd, bis sich die Küchentür hinter ihnen beiden geschlossen hatte.

„Im Ernst, Mom“, sagte Lola, als sie außer Hörweite waren, „das war total peinlich.“

Beth sah nicht im Geringsten aus, als täte es ihr leid. „Duncan ist großartig, eindeutig intelligent – und er konnte seine Augen nicht von dir abwenden.“

Lola bemühte sich, jedes äußere Zeichen ihres eigenen Interesses an ihm zu vertuschen, und antwortete: „Du kannst überhaupt nicht wissen, ob er tatsächlich an mir interessiert ist. Und außerdem, auch wenn du Recht hättest und er es wirklich wäre, bin ich diejenige, die im Moment nicht daran interessiert ist, mit irgendjemandem auszugehen.“

„Ich weiß, dass Verabredungen nicht immer einfach für dich waren, Schatz. Du bist so eine wunderbare Frau, und du hast so viel Liebe in dir.“ Beth schloss Lola in ihre Arme. „Ich will doch nur, dass du glücklich bist.“

Lola verzieh ihrer Mutter sofort, dass sie Duncan die schrecklich peinliche Frage gestellt hatte, ob zuhause Frau und Kinder auf ihn warteten. Schließlich hatte Beth nur das Beste für sie gewollt. „Ich bin glücklich, Mama. Und wenn ich mich eines Tages wie durch ein Wunder bis über beide Ohren verlieben sollte, wie du und Dad es getan habt, verspreche ich, dass ich mich nicht dagegen wehren werde. Aber fürs Erste musst du akzeptieren, dass ich mich nicht Hals über Kopf in eine stürmische Liebesaffäre mit einem Mann stürze, der sich für einen meiner Kurse angemeldet hat.“

Ihre Mutter wirkte nun doch zerknirscht. „Du warst immer etwas Besonderes, Lola. Dein Vater und ich wussten von dem Moment deiner Geburt an, dass du ganz einzigartig bist. Du hast ganz recht, auf jemanden zu warten, der alles an dir zu schätzen weiß. Es tut mir leid, dass ich mich da eingemischt habe. Wollen wir es darauf schieben, dass Duncan mich ein wenig an deinen Vater erinnert, so wie er früher war? Ich konnte gar nicht anders!“

„Du hast schon recht, dass Duncan eine Augenweide ist“, stimmte Lola zu. „Und er ist auch unglaublich talentiert und auch noch bescheiden.“

Als Beths Augen wieder zu blinken begannen, wusste Lola, dass sie jetzt besser das Weite suchte, bevor die innere Kupplerin ihrer Mutter wieder zum Vorschein kam.

„Danke, dass du meine Schülerinnen und Schüler so gut zum Mittagessen verpflegt hast. Bis Freitag, beim Abendessen.“

Sie gab ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange und war auf dem Weg zurück ins Restaurant, als sie sich zu einem kurzen Zwischenstopp auf der Toilette entschloss. Ihr Make-up und ihre Frisur besserte sie nicht für Duncan nach. Aber wenn die Leute am Ende des Kurses Bilder mit ihr haben wollten und sie diese in ihren Social-Media-Feeds veröffentlichten, dann wollte sie so gut wie möglich aussehen.

Sie meinte ernst, was sie zu ihrer Mutter gesagt hatte. Es war nichts unwahrscheinlicher, als dass sie an einem ihrer Schüler einen Narren fraß und sich am Ende wahnsinnig in ihn verliebte.

Keine Frage, vor einer stürmischen Romanze wie im Märchen war Lolas Herz gefeit.

KAPITEL 2

Duncan Lyman war ein Mann, der nach einem strengen Ehrenkodex lebte. Er log nicht. Er betrog niemanden.

Und auf keinen Fall durfte er seine Zeichenlehrerin verführen … selbst, wenn sie die außergewöhnlichste Frau war, die ihm je begegnet war.

Alles an Lola Sullivan zog ihn an. Ihre funkelnden Augen, die vor Intelligenz sprühten und alles und jeden um sie herum mit Interesse betrachteten. Ihr Talent, von dem er wusste, dass er davon heute nur einen winzigen Teil zu sehen bekommen hatte. Ihr Lachen, das so mühelos und so frei schien und das die Finsternis, die in ihm war, so sehr mit Licht gefüllt hatte, wie seit langem nichts anderes mehr. Und, vor allem anderen, die magnetische Anziehungskraft, die er den ganzen Tag über zwischen ihnen beiden gespürt hatte. Und die so heiß und so machtvoll war, dass er in manchen Augenblicken das Gefühl gehabt hatte, sie würden sich berühren, auch wenn sie auf entgegengesetzten Seiten des Raumes waren.

Aber trotz ihrer unleugbaren Verbindung, kam es ihm vor, als trüge sie auf dem Rücken ein Schild mit der Aufschrift „Hände weg!“, so abwehrend, wie sie sie auf den Verkuppelungsversuch ihrer Mutter reagiert hatte. Er war äußerst überrascht gewesen, festzustellen, dass Lola offenbar Single war, wo sie doch sicher tagtäglich von Männern angefleht würde, mit ihnen zusammen zu sein.

Andererseits, welcher Mann könnte schon gut genug für sie sein?

Er nicht, das wusste Duncan.

Jeden Tag, seit er die Investitionsfirma seiner Familie verlassen und seine eigene gegründet hatte, hatte Duncan sich bemüht, das Unrecht bei den Menschen wiedergutzumachen, die durch die Verbrechen seines Bruders Alastair geschädigt worden waren. Lolas Kurs war das erste Mal in fünf Jahren, dass er sich an einem Wochenende zu seinem eigenen Vergnügen etwas Zeit genommen hatte. Und er war auch nur deshalb nach Bar Harbor gekommen, weil Gail, seine Büroleiterin, ihm Lolas Kurs zum Geburtstag geschenkt hatte. Gail hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass sie es als Affront verstehen würde, wenn er ihr Geschenk nicht einlöste. Mehr als einmal hatte sie in den letzten Jahren seine übermäßig langen Arbeitstage mit Sorge kommentiert und ganz offensichtlich wollte sie, dass er sich etwas Zeit für sich selbst nahm.

Bar Harbor hatte es Duncan sofort angetan, als er heute Morgen im Ort angekommen war. Er hatte das Meer immer geliebt. Hier war es allerdings anders als in Boston. An die Stelle der Gerüche und Geräusche der Großstadt trat hier das Gefühl einer kleinstädtischen Gelassenheit. Während er vom Flughafen hierherfuhr, war er angenehm überrascht gewesen, dass die unberührte Natur nur wenige Straßen vom Ortskern von Bar Harbor entfernt lag. In Maine war der Atlantik mit seiner felsigen, stürmischen Küstenlandschaft sowohl atemberaubend schön als auch eine Naturgewalt, vor der man Respekt haben musste. Üppige grüne Bäume und Wälder bedeckten fast jedes Stückchen Land, das der Mensch nicht urbar gemacht hatte, und als Duncan das Fenster seines Mitwagens herunterkurbelte, sog er die saubere Luft ein wie reinen Sauerstoff.

Jetzt hingegen atmete er Lolas betörenden Duft ein, als sie ihm, über seine Schulter gebeugt, zeigte, wie er die neue Feder, die sie ihm geliehen hatte, wirkungsvoller über das Blatt führen konnte. Er lernte nicht nur sehr viel von ihr, sondern ihre positiven Bemerkungen über seine Arbeit machten ihm auch Mut, zumal sie sich in der Fachwelt handgezeichneter Landkarten ziemlich gut auszukennen schien.

Ihr Bürotelefon klingelte und als sie die Nummer sah, bat sie die Kursteilnehmer, sie zu entschuldigen. „Normalerweise nehme ich während eines Kurses keine Anrufe an, aber das ist eine Vertriebsfirma, mit der ich schon lange arbeiten möchte.“

Als alle sagten, es sei kein Problem, nahm sie ab. Obwohl sie möglichst leise sprach, um ihre Schüler nicht abzulenken, konnte Duncan, der in der Nähe saß, nicht nur mithören, sondern dabei auch ihr Gesicht im Profil sehen.

Die Freude in ihrer Stimme und in ihrem Gesicht wich leider bald der Enttäuschung.

„Sicherlich“ hörte er sie sagen, „können Sie selbst entscheiden, ob Sie meine Stoffe vertreiben möchten, ohne dass wir uns noch einmal zum Abendessen treffen! Ich habe Ihnen doch bereits meine Umsatzzahlen und die neuen Muster gezeigt.“ Nach der Antwort ihres Gesprächspartners blickte sie noch finsterer drein. „Ob ich alleinstehend bin oder nicht tut nichts zur Sache, wenn es um eine mögliche Geschäftspart­nerschaft geht.“ Als sie die Antwort hörte, presste sie ihre Lippen fest zusammen. Sie errötete, wie Duncan annahm, halb vor Wut, halb vor Enttäuschung. „Ich befinde mich mitten in einer Unterrichtsstunde, ich kann jetzt nicht weiter darüber reden. Aber angesichts des heutigen Gesprächs glaube ich nicht, dass mein Unternehmen zu Ihrem passt. Auf Wiederhören.“

Als sie auflegte, wirkte sie ein bisschen aufgewühlt, und Duncan merkte, dass seine eigenen Finger den Federhalter umklammert hielten.

Lola brauchte einen Moment, um sich wieder zu sammeln, bevor sie sich lächelnd wieder ihren Kursteilnehmern zuwandte. „Ich bitte um Entschuldigung. Also, wer braucht meine Hilfe bei irgendetwas?“

Er wollte sie fragen, ob alles in Ordnung war. Er wollte auch gern wissen, wie oft sie mit derartig aufdringlichem Chauvinismus zu tun hatte. Aber sie wollte offensichtlich weitermachen, als ob nichts geschehen sei.

Das Seminar ging viel zu schnell zu Ende. Lola überschüttete alle mit Komplimenten und zog ihre Schüler damit noch mehr in ihren Bann. Ihre Mutter, Beth, würde man am ehesten als warmherzig und liebenswert beschreiben, aber Lola war nicht nur warmherzig, sie war auch einfach umwerfend. Auf jedem Gebiet – menschlich und professionell.

Während Duncan und die anderen Kursteilnehmerinnen den ganzen Tag über an ihren Zeichenprojekten gearbeitet hatten, hatte sie einige Freihandzeichnungen angefertigt, um ihnen zu zeigen, welche Techniken sie beherrschen müssten. Außerdem sahen die Stoffmuster, die überall im Atelier festgesteckt waren, aus, als könne man sie extrem gut vermarkten. In ihrem kleinen, aber von Sonnenlicht durchfluteten Studio in Bar Harbor schien sie vollkommen glücklich zu sein, und sie hatte auch erwähnt, dass sie in ganz Maine auf eine Gruppe von Stoffgeschäften als Stammkunden zählen konnte. Aber sie hätte mit Leichtigkeit auf globaler Ebene tätig sein können. Dazu würde sie nur die Unterstützung der richtigen Investitionsfirma benötigen. Natürlich, ohne dabei mit so sexistischen Idioten fertig werden zu müssen, wie der, mit dem sie telefoniert hatte.

Sein Bedürfnis, nach dem Kurs noch etwas länger zu bleiben, rechtfertigte Duncan rasch, indem er sich sagte, er könne ihr ja ein paar Möglichkeiten aufzeigen, wie sie mit ihrem Geschäft expandieren könnte, um sich für die Hilfe, die sie ihm beim Zeichnen gewährt hatte, erkenntlich zu zeigen. LS Textiles könnte eine starke internationale Firma werden und er würde ihr nur zu gern dabei helfen. Außerdem konnte er den Gedanken, sie nicht wiederzusehen, nicht ertragen. Je eher er ihr Lächeln sehen und ihr Lachen hören konnte, desto besser.

Obwohl die Seminarteil­nehmerinnen sich zu Beginn nicht gekannt hatten, umarmten sich an Ende alle und schlossen auch ihn in ihre herzlichen Umarmungen ein. Als großer, muskulöser Mann bemühte er sich immer sehr, auf niemanden bedrohlich zu wirken, und er war froh, dass sich alle im Kurs in seiner Gegenwart wohlgefühlt hatten. Er freute sich auch, dass die Frauen ihn aufforderten, mit ihrer soeben entstandenen Zeichengruppe in Kontakt zu bleiben.

Nachdem alle gegangen waren, sagte er zu Lola: „Ich weiß, dass Sie diesem Kurs bereits Ihren ganzen Tag geopfert haben, aber ich würde gerne mit Ihnen über etwas sprechen. Würden Sie sich zu einer schnellen Tasse Kaffee mit mir überreden lassen?“

Als sie mit der Antwort zögerte, stellte er überrascht fest, dass sie ihm einen Korb geben wollte. Duncan konnte sich nicht erinnern, wann eine Frau zuletzt eine seiner Einladungen abgelehnt hatte. Allerdings war Lola nicht wie all die anderen Frauen, denen er bisher begegnet war.

Aber anstatt nein zu sagen, fragte sie: „Worüber wollen Sie denn mit mir sprechen?“

Seine Einladung hatte sie offensichtlich misstrauisch gemacht. Aber galt ihr Misstrauen wirklich ihm? Oder Männern im Allgemeinen? Er kannte genug schöne Frauen – obwohl keine davon auch nur annähernd so atemberaubend war wie Lola Sullivan – um zu verstehen, dass Schönheit nicht immer ein Vorteil war. Im Gegenteil, sie konnte eine enorme Belastung sein. Ihr heutiges Telefongespräch mit der Vertriebsfirma war der eindeutige Beweis dafür.

„Ich möchte mit Ihnen über Ihre Firma sprechen“, sagte er, um klarzustellen, dass er nicht vorhatte, sie anzubaggern, obwohl ihm die acht Stunden im Kurs mit ihr keineswegs ausreichten.

Sie runzelte die Stirn. „Waren Sie mit dem Seminar nicht zufrieden?“

„Es war großartig. Sie sind eine fantastische Lehrerin. Reden möchte ich mit Ihnen über ihre Textildesigns. Wie ich bereits sagte, ist Kartographie für mich nur ein Hobby. Beruflich befasse ich mich mit Wagniskapital.“

Ein leichter Anflug von Enttäuschung durchzog ihr Gesicht, aber was sie dann sagte war eher provozierend als verurteilend. „Und ich dachte schon, Sie sind einer von der anständigen Sorte.“

„Ich bemühe mich jeden Tag darum, einer von der anständigen Sorte zu sein.“ Auch wenn er nicht sicher war, all seine Schuld jemals wiedergutmachen zu können, so würde er doch bis an sein Lebensende nicht aufhören, es zu versuchen. „Ich nenne Ihnen gern die Unternehmen in meinem Portfolio, damit Sie sehen, dass ich mit ehrlichen, fleißigen und talentierten Leuten zusammenarbeite. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie ein bisschen Zeit hätten, um mit mir über Ihre Firma zu sprechen.“

Er kam ins Schwitzen, als er auf ihre Antwort wartete. In Lola Sullivans Gegenwart kamen sicher viele Männer ins Schwitzen.

Genau in diesem Moment ließ ihr Magen ein lautes Knurren vernehmen. Sie lachte. „Ich brauche mindestens fünf Mahlzeiten, um den Tag zu überstehen. Und ich fürchte, beim Mittagessen habe ich zu viel geredet, um genug zu essen. Ich sehne mich richtig nach einem irischen Steak mit Kartoffel-Fladen. Wenn Sie etwa dreißig Minuten haben, kann ich in der Küche des Cafés genug für uns beide machen.“

Duncan würde gern so lange warten, wie sie ihn dabeihaben wollte, auch wenn das nur ihrem knurrenden Magen zu verdanken war. Als sie die Straße hinunter zum Café gingen, versuchte er, nicht immer auf ihre phänomenale Figur zu schauen. Allerdings fiel ihm das nicht leicht, denn jeder Zentimeter an ihr, von ihren glänzenden dunklen Haaren über ihre üppigen Rundungen bis hin zu den Stiletto-Pumps am Ende ihrer langen Beine, war perfekt. Im Vergleich zu Lola wirkten jetzt alle die superschlanken Bostoner Blondinen mit ihren botoxierten Gesichtern blass und bedeutungslos.

Der Mann, der sie würde überzeugen können, ihm eine Chance zu geben, hätte wirklich großes Glück. Und obwohl er wusste, dass sie einen viel besseren Mann als ihn, einen ohne Leichen im Keller, verdient hätte, konnte Duncan nicht umhin, sich zu wünschen, er könnte selbst dieser Mann sein.

Andere Männer auf der Straße machten sich nicht die Mühe, ihr Interesse an ihr zu verbergen. Duncan war das auch schon aufgefallen, als sie zum Mittagessen ins Café gegangen waren – ständig wurde Lola mit Blicken verfolgt. Alle Männer, ohne Ausnahme, sabberten ihr hinterher. Und die dazugehörigen Frauen warfen Lola häufig eifersüchtige Blicke zu. Lola schien keine Notiz davon zu nehmen, aber Duncan wusste, dass sie sich bewusst sein musste, wie die Leute auf sie reagierten. Wieder einmal fiel ihm auf, dass es beunruhigend für sie sein musste, überall, wo sie hinging, angestarrt zu werden. Sehr beunruhigend.

In der Küche des Cafés stellte sie ihn dem Personal vor und fand dann einen Platz in einer Ecke vor einem unbesetzten Herd. Sie gab ihm ein Zeichen, sich auf einen Hocker in der Nähe zu setzen, während sie eine Bratpfanne und unzählige Zutaten aus dem Industriekühlschrank holte und dann begann, geschickt Kartoffeln zu hacken. Sein Hilfsangebot lehnte sie mit den Worten ab, sie koche gerne.

Als er bemerkte, wie wohl sie sich in der Großküche fühlte, fragte er: „Wollten Sie eigentlich jemals Chefköchin werden wie Ihre Mutter?“

„Nein, obwohl ich viel Zeit in dieser Küche verbracht habe. Alle sieben haben wir irgendwann einmal hier gearbeitet, wenn unsere Eltern unsere Hilfe brauchten.“

Er dachte an die reizende Frau zurück, die er beim Mittagessen kennen gelernt hatte. „Ihre Mutter sieht so ruhig und jugendlich aus, ich kann es kaum fassen, dass sie sieben Kinder großgezogen hat.“

„Sie ist eigentlich ein ziemlicher Knaller“, erklärte Lola lächelnd. „Es ist ihr beschwingter irische Akzent, der täuscht jeden.“

Ihr Lächeln war so umwerfend, dass er für einen Moment vergaß, worüber sie gerade sprachen. Alles, was er tun konnte, war, sie anzustarren und ihre unglaubliche Schönheit auf sich wirken zu lassen. Bis ihr fragender Blick, und dann das leichte Stirnrunzeln, als sie merkte, wie er sie anstarrte, ihn wieder in die Realität zurückholte. Doch obwohl er Lola auf einen Kaffee eingeladen hatte, um Geschäftliches zu besprechen, konnte er nicht widerstehen, mehr über sie zu erfahren, jetzt, da er die Gelegenheit dazu hatte. „Wie war es, als eine von sieben Geschwistern aufzuwachsen?“

„Ehrlich gesagt“, sagte sie, als sie mit dem Schälen und Zerkleinern fertig war und die Kartoffeln dämpfte, „gab es Zeiten, da habe ich mir gewünscht, ich wäre ein Einzelkind. Meistens dann, wenn mir eines meiner Geschwister etwas auf den Kopf schlug. Aber ansonsten bin ich wirklich froh, Teil einer so großen Familie zu sein.“

„An welcher Stelle stehen Sie in der Reihenfolge der Geschwister?“ Sie schien weder die Älteste noch die Jüngste zu sein. Im Gegenteil, sie wirkte eher wie ein mittleres Kind, das sich weigerte, übersehen zu werden.

„Sind Sie sicher, dass Sie die vollständige Liste meiner Familienmitglieder haben wollen? Wir sind so viele, dass es die ganze Nacht dauern könnte. Und Sie sind doch hier, um über mein Geschäft zu sprechen, und nicht, um den Stammbaum der Sullivans in Maine zu zeichnen.“

Duncan konnte sich nichts Schöneres vorstellen, als in dieser warmen und gemütlichen Café-Küche zu sitzen und Lola zuzuhören, wie sie ihm von sich erzählte. Und wenn es die ganze Nacht dauern würde … nun, er wäre mehr als bereit, mit ihr bis zum Sonnenaufgang aufzubleiben. „Nachdem ich Sie und Ihre Mutter kennen gelernt habe, bin ich neugierig auf den Rest Ihrer Familie.“ Lola und Beth standen sich offensichtlich nahe. Es war die Art von enger Beziehung, die er immer nur mit seinem Bruder gehabt hatte.

Bis er die Wahrheit über Alastairs Verbrechen erfahren hatte.

Lolas Stimme befreite Duncan aus seinen dunklen Gedanken. „Okay, aber wenn Sie anfangen, den Überblick über die Namen zu verlieren, sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt. Wie Sie wahrscheinlich schon erraten haben, ist Mom in Irland aufgewachsen. Sie kam nach Amerika, nachdem sie meinen Vater Ethan in der Grafschaft Cork kennen gelernt hatte. Papa ist einer von vier Brüdern, aber mein Onkel Jack ist schon vor längerer Zeit verstorben. Und wir Sullivans haben Verwandte auf der ganzen Welt. Mein Bruder Hudson ist der Erstgeborene. Er ist mit Larissa verheiratet, und sie leben in Boston.“

„Fahren Sie oft nach Boston, um sie zu besuchen?“ Duncan hätte sich eigentlich nicht wünschen sollen, dass Lola regelmäßig in seine Heimatstadt kam. Er sollte sich besser keine Hoffnungen machen. Aber er konnte nicht umhin, sie trotzdem öfter sehen zu wollen.

Sie sah ein wenig traurig aus und schüttelte den Kopf. „Als Hudson und Larissa jung verheiratet waren, waren wir oft zusammen. Aber in den letzten Jahren habe ich sie nicht annähernd so oft gesehen, wie ich es gerne täte. In letzter Zeit kommt er zu Familienfeiern immer ohne sie hierher, was wirklich schade ist.“ Sie runzelte die Stirn, während sie Zwiebeln in der Pfanne umrührte. „Mein Bruder Brandon ist der Zweitälteste. Er eröffnet Hotels auf der ganzen Welt. Ihn bekommen wir auch viel zu selten zu Gesicht, obwohl er ein bisschen nervig sein kann, es ist also nicht nur negativ.“

Aber Duncan wusste, dass sie es nicht so meinte. Sie hätte Brandon gerne öfter gesehen. Da ging ihm ein Licht auf. „Ist Ihr Bruder der Gründer der Hotelmarke SLVN?“

Lolas Stolz auf die Leistungen ihres Bruders war offensichtlich, als sie grinste. „Das ist er. Er arbeitet allerdings zu viel“, fügte sie hinzu und das Grinsen verblasste. „Dann ist da noch mein Bruder Rory, der hier in der Nähe wohnt und Möbel baut. Aber zu sagen, dass er Möbel baut, ist so, als würde man sagen, Louis Armstrong hätte in einer Band gespielt. Außerdem ist er wahnsinnig verliebt in Zara, die fantastische Brillengestelle herstellt.“

„Hört sich an, als gäbe es in Ihrer Familie viele Selbstständige und Unternehmer.“

„Unsere Eltern haben uns immer ermutigt, unserem Herzen zu folgen und darauf zu vertrauen, dass das Geld schon folgen würde, wenn die Leidenschaft da war.“

„Das ist ziemlich selten.“ Duncan hatte seinen Vater nicht gut genug gekannt, um zu wissen, wozu er ihn wohl ermutigt hätte. Aber sein Bruder, der ihn ab seinem sechsten Lebensjahr aufgezogen hatte, hatte sich am Ende mehr für Geld und Macht interessiert als für alles andere.

„Mein Vater hatte ein ganz anderes Leben geführt, bevor er meine Mutter kennenlernte“, sagte Lola zu ihm. „Wie er es erzählt, hat er sehr, sehr lange aus falschen Gründen nur falsche Entscheidungen getroffen. Bestimmt ist das eine grobe Vereinfachung, aber am Ende hat er sein Leben völlig geändert, nachdem er nach Irland gefahren war und meine Mutter kennengelernt hatte. Deswegen sagt er wahrscheinlich auch immer, das Einzige, was er wirklich will, ist die Gewissheit zu haben, dass wir glücklich sind.“

„Und, sind Sie es? Glücklich, meine ich.“ Duncan wusste, dass er Lola nicht so eine intime Frage stellen sollte. Nur dass sie ihm etwas zu essen machte und ihm von ihren Geschwistern erzählte, war ja noch lange keine Einladung in die innersten Winkel ihres Herzens.

Aber er musste die Antwort wissen. Obwohl er sie erst seit ein paar Stunden kannte, stellte Duncan überrascht fest, dass Lolas Glück ihm bereits sehr viel bedeutete. Es war schlimm für ihn gewesen, ihren finsteren Blick zu sehen, als sie heute den geschäftlichen Anruf erhalten hatte – bei dem es am Ende gar nicht um Geschäftliches gegangen war.

Ihre Hand mit dem Spatel blieb über der Pfanne reglos in der Luft stehen, so als dächte sie gerade darüber nach, ob sie sich ihm so weit öffnen sollte, dass sie ihm eine ehrliche Antwort geben konnte.

Endlich hob sie ihren Blick und erwiderte den seinen. „Die meiste Zeit bin ich glücklich.“ Es war das erste Mal, dass sie in seiner Gegenwart ihre Abwehr aufgab. Ihre Ehrlichkeit raubte ihm den Atem. „Und in den Zeiten, in denen ich es nicht bin, … nun, dann versuche ich einfach daran zu denken, dass ich so vieles habe, für das ich dankbar sein kann, und so viele Menschen, die mich lieben und die ich ebenso liebe.“

Hier.

Jetzt.

Genau in diesem Augenblick verliebte sich Duncan. Nicht nur in Lolas schönes Gesicht und ihr umwerfendes Lächeln. Nicht nur in ihr unermessliches Talent.

Sondern in ihr Herz.

Duncan hatte noch keinen Menschen gekannt, der von ganzem Herzen liebte. Der wirklich liebte, ganz und gar.

Zumindest bisher nicht.

Bis Lola kam.

KAPITEL 3

Lolas Blick hielt dem seinen stand, und einen Moment lang dachte er, er sei vielleicht nicht der Einzige, der sich verliebte. Doch dann brach sie diese intensive Verbindung ab und sagte in neutralem Ton: „Wie auch immer, zurück zu meiner Familie. Meine Schwester Cassie ist eine geniale Zuckerbäckerin. Sie würden nicht glauben, was sie mit Zucker alles herstellen kann. Ehrlich gesagt, bin ich nicht diejenige, mit der Sie über Investoren sprechen sollten. Cassie und Rory sind weitaus bessere Kandidaten.“

Bevor er antworten konnte, schaute sie auf die Herdplatte hinunter, so als ob sie sich gerade erst daran erinnerte, dass sie dabei war zu kochen. „Ich habe mich so lange über meine Familie ausgelassen, dass ich fast unser Essen verbrannt hätte.“ Sie nahm die Pfanne vom Herd. „Obwohl ich Ihnen noch etwas über Cassies Verlobten Flynn und sein kleines Mädchen Ruby erzählen muss. Flynn ist ein genialer Drehbuchautor, aber noch wichtiger ist, dass er ein erstaunlicher Vater ist. Ruby ist das süßeste Kind auf der ganzen Welt, abgesehen von Kevin, dem Sohn meiner Schwester Ashley. Und auch wenn ich weiß, dass niemand Bilder von Nichten und Neffen anderer Leute sehen will, werde ich Ihnen während des Essens dennoch einige zeigen.“

Lola machte die Teller zurecht, die sie an einen kleinen gelben Tisch mit passenden gelben Stühlen brachte, der hinter dem Café unter dem Schatten eines Laubbaums stand. Von ihren Plätzen aus konnten sie zwar den Hafen nicht sehen, aber die Geräusche und der Duft des Meeres zogen durch die Luft heran.

Sie machten sich ans Essen und als seine Zunge den ersten Bissen berührte, war er wieder völlig hin und weg. „Ich hatte keine Ahnung, dass Steak und Kartoffeln so gut schmecken können. Sie verzaubern alles, was Sie in die Hand nehmen, nicht wahr?“

Den meisten Frauen wären seine Komplimenten heruntergegangen wie Honig. Aber von Lola kam ein kleines, leicht misstrauisches Lächeln. Fast so, als ob sie dachte, er würde ihr einfach sagen, was sie seiner Meinung nach hören wollte. Er fragte sich, wie viele Männer ihr im Laufe der Jahre tatsächlich immer nur das gesagt hatten, was sie ihrer Meinung nach dazu hätte bringen sollen, sich in sie zu verlieben, auch wenn es eine Lüge war.

Duncan spürte, dass es nicht leicht sein würde, ihr Vertrauen zu gewinnen. Gleichzeitig konnte er sich vorstellen, wie gut es sich anfühlen würde, zu wissen, dass Lola ihm vertraute.

Und dass er ihr alles anvertrauen konnte, was er so lange mit sich herumgetragen hatte: alle seine dunklen Geheimnisse …

„Irisches Steak mit Kartoffel-Scones ist meine einzige Spezialität“, sagte sie ihm. „Alles andere kocht meine Mutter besser. Aber ich bin froh, dass es Ihnen schmeckt.“ Sie nahm noch einen Bissen und gab selbst einen zufriedenen Ton von sich. „Ich unterrichte gern, aber gleichzeitig ist es auch ziemlich anstrengend. Das war genau das, was ich brauchte, um meine Energie zurück zu bekommen.“

Ein paar Minuten lang aßen sie gierig und schweigend. Schließlich war er satt genug, um zu sagen: „Sie haben mir bisher von vier älteren Geschwistern erzählt. Sind Sie die fünfte?“

„Nein. Mein Bruder Turner ist achtzehn Monate älter als ich. Er ist Trickfilmzeichner und hat schon an vielen Filmen mitgearbeitet. Sie haben bestimmt mindestens einen davon gesehen. Also jedenfalls ist er wirklich gut in seinem Beruf. Außerdem ist er von uns sieben Geschwistern der Gelassenste. Obwohl“, fügte sie mit einem Funkeln in den Augen hinzu, „etwas in mir gar nicht überrascht wäre, wenn herauskäme, dass er ein geheimes Leben führt, von dem keiner von uns etwas weiß.“ Er war froh zu sehen, dass sie sich beim Reden über ihre Familie wieder entspannt hatte. „Und danach kam ich. Und dann schließlich, zu guter Letzt, kam Ashley. Wir sind nur etwas mehr als ein Jahr auseinander, also stehen wir uns sehr nahe. Ihr Sohn Kevin ist elf Jahre alt und ich liebe ihn über alles. Sein Vater allerdings ist kaum mehr als ein Samenspender gewesen, er ist echt eine Niete.“ Sie zog ihr Handy hervor, um Duncan die versprochenen Bilder von Ruby und Kevin zu zeigen, beides hübsche Kinder. „Und das“, sagte sie schwungvoll, als sie ihr Handy wieder einsteckte, „war lang und ausführlich der Stammbaum meines engsten Familienkreises.“ Mit der Gabel wies sie jetzt auf ihn. „Sie sind dran. Haben Sie Geschwister?“

„Einen zehn Jahre älteren Bruder.“ Er bemühte sich, seinen Gesichtsausdruck und seinen Tonfall unter Kontrolle zu halten. „Er heißt Alastair. Er wohnt auch in Boston.“

Duncan hatte nie jemandem erzählt, dass sich alles, was er früher über seinen Bruder geglaubt hatte, als Lüge herausgestellt hatte. Außer den Anwälten, die sich am Ende als genauso unanständig erwiesen hatten wie sein Bruder. Doch jetzt merkte Duncan überrascht, dass er das Bedürfnis hatte, mit Lola darüber zu sprechen.

Er hatte sie zwar erst heute Morgen kennengelernt. Aber er spürte bereits eine starke Verbindung zu ihr. Natürlich fühlte er sich als Mann zu ihr hingezogen. Welcher Mann, der etwas Leben in sich hatte, würde das nicht? Aber die Gefühle, die sie in ihm auslöste, waren viel mehr als körperliches Verlangen.

„Und was ist mit Ihren Eltern?“, fragte sie und fragte sich wahrscheinlich, warum er nicht selbst bereits von ihnen erzählt hatte. „Cousins? Tanten und Onkel?“

Er schüttelte den Kopf. „Meine Eltern starben bei dem Absturz eines kleinen Flugzeuges, als ich sechs Jahre alt war. Und ich habe auf beiden Seiten keine lebenden Verwandten. Es gibt nur noch mich und meinen Bruder.“

„Oh, Duncan.“ Mitleid erfüllte ihr Gesicht. „Das tut mir sehr leid.“

„Ich kann mich nicht wirklich an meine Mutter und meinen Vater erinnern.“ Sein Vater war zu sehr mit seiner glanzvollen Karriere beschäftigt gewesen, um seinem jüngeren Sohn viel Aufmerksamkeit zu schenken, und nach Aussage seines Bruders war ihre Mutter kaum mehr gewesen als ein Luxusweibchen. Duncan hatte von ihr nur noch in Erinnerung, dass sie nicht so warm und herzlich gewesen war wie Beth Sullivan. „Mein Bruder hat mich großgezogen. Und er holte mich ins Familienunternehmen, als ich meinen College-Abschluss in der Tasche hatte.“

„Wow, er muss unheimlich tüchtig sein.“

Obwohl Duncan versuchte, gelassen zu bleiben, saß er jetzt ziemlich angespannt auf seinem Stuhl. „Er hat viel für mich getan.“ Soviel war unbestreitbar, denn Alastair hatte dafür gesorgt, dass keiner von ihnen in eine Pflegefamilie kam. Er hatte Duncan auch das Fahrradfahren, das Schwimmen und das Segeln beigebracht. Doch nachdem sein Bruder mit seinen kriminellen Geschäften alles verdorben hatte, war sich Duncan nicht sicher, ob seine guten Erinnerungen überhaupt stimmten. „Wir arbeiten nicht mehr zusammen. Ich bin vor fünf Jahren aus seinem Unternehmen ausgestiegen, um mein eigenes zu gründen.“ Aber Duncan war nicht hier, um sich über sein Leben zu beklagen. Und egal, wie sehr er sich das Gegenteil wünschte, war dieses gemeinsame Essen auch kein Date. Daher ergriff er die Gelegenheit, um zu sagen: „Ich würde gerne mehr über Ihre Firma erfahren. Wann haben Sie angefangen, sich für Textildesign zu interessieren?

Obwohl sie angesichts des abrupten Themenwechsels die Brauen hochzog, drängte sie ihn nicht, ihr mehr über seinen Bruder zu erzählen. „Ich habe am College Kunst und Design als Hauptfächer belegt. Textildesign gab es nicht als Hauptfach, aber meine Professoren halfen mir gerne, ein eigenes Design zu entwerfen. Meine ersten Stoffe habe ich im Rahmen meiner Abschlussarbeit entworfen. Glücklicherweise hatte ich auch einige Kurse in Marketing und Vertrieb an der Business School belegt, so dass ich zum Zeitpunkt meines Abschlusses soweit war, dass ich meine eigene Firma gründen konnte. Ich habe auch ein wenig mit Modedesign experimentiert, aber meine wahre Leidenschaft ist das Textildesign, und deshalb habe ich beschlossen, mich ganz darauf zu konzentrieren. Mein Umsatz und meine Verträge mit Einzelhändlern sind langsam, aber stetig angestiegen. Ich habe zwar keine Angestellten, aber ich beschäftige einige freie Mitarbeiter.“

„Ich bin äußerst beeindruckt von dem, was Sie sich da aufgebaut haben“, sagte er, „und ich bin sicher, dass Ihr Unternehmen sehr schnell wachsen könnte, wenn Sie die Unterstützung des richtigen Investors hätten.“

Sie schüttelte den Kopf. „Es interessiert mich nicht, mit irgendwelchen Investoren zusammenzuarbeiten.“

Selten war ihm jemand begegnet, der nicht daran interessiert gewesen wäre, mehr Umsatz zu machen und mehr Geld zu verdienen. „Warum nicht?“

Ihr Gesichtsausdruck trübte sich. „Das ist eine lange Geschichte. Um es kurz zu machen: Die beste Freundin meiner Mutter, mit der sie in Irland aufgewachsen ist und die für mich so etwas wie eine zweite Mutter geworden ist, hat mit Investoren Schlimmes erlebt. Diese hatten ihr erst das Blaue vom Himmel herunter versprochen und sie dann auf dem Trocknen sitzen gelassen, aber erst, nachdem sie sie dazu gebracht hatten, einen Teil ihrer Ersparnisse aufs Spiel zu setzen. Mama und ich sind sicher, dass der Stress, den das alles mit sich brachte, mit dazu beigetragen hat, dass sie dann Brustkrebs bekam.“

Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Alles, was Lola sagte, traf ihn nahe an seinem wunden Punkt. Viel zu nahe. Es war ihm unerträglich, dass so viele Unternehmer unvorteilhafte Verträge abschlossen und am Ende alles verloren, wofür sie so hart gearbeitet hatten. „Geht es ihr jetzt gut?“

Glücklicherweise nickte Lola. „Es war ein langer Leidensweg, mit Operation, Chemo und Bestrahlung. Wir haben alle mit angepackt, um ihr zu helfen, aber nachdem ihre Firma in Schwierigkeiten geraten war, hat das Ganze sie noch weiter zurückgeworfen. Das Erstaunlichste an der Geschichte ist jedoch, dass sie immer wieder betont hat, es sei Zeitverschwendung, sich zu wünschen, sie könne alles wieder rückgängig machen, und es sei viel besser, die Dinge so zu akzeptieren, wie sie sind, und von dort aus weiterzumachen, wo sie jetzt steht.“

Diese Einstellung umzusetzen versuchte Duncan nun bereits seit fünf Jahren, allerdings mit begrenztem Erfolg. Immer noch würde er alles dafür geben, die Zeit zurückdrehen und alles ändern zu können. Und all das klar zu sehen, was er so lange nicht hatte wahrhaben wollen. Der bloße Versuch, von nun an die richtigen Entscheidungen zu treffen, schien ihm nicht auszureichen.

„Es tut mir leid, dass Ihre Freundin so viel hat durchmachen müssen. Derartige Geschäftspraktiken sind genau das, was ich am meisten verabscheue.“

Sie lächelte. „Nun, es freut mich zu hören, dass es im Land auch einige gute Risikokapitalgeber gibt. Apropos, in was genau investieren Sie eigentlich?“

„In alle, die vielversprechende Ideen haben: von den Pionieren der Verwendung nachwachsender Rohstoffe in der Mode, über umweltfreundliche Techniken in Landwirtschaft und Lebensmittel­produktion bis hin zur Konstruktion neuer und besserer Prothesen für Kinder.“

„Da können Sie nachts sicher gut schlafen.“

Das hätte er sich gewünscht. „Ich mag die Menschen, mit denen ich arbeite.“ Nach der Gründung seines eigenen Fonds hatte er seinen Schwerpunkt völlig verändert. Gewinne waren zwar wichtig, aber es war wichtiger, guten Menschen zu helfen. „Und ich freue mich, wenn ich die Gewissheit habe, dass ich Unternehmen unterstütze, die wiederum andere unterstützen werden.“

„Außerdem haben Sie die Kartographie.“ Bevor er sie daran erinnern konnte, dass er sich damit nur hobbymäßig beschäftigte, fragte sie: „Haben Sie Fotos von Karten, die Sie selbst gezeichnet haben? Ich würde sie sehr gern sehen, wenn Sie welche dabeihaben.“

Er nahm sein Handy und zeigte ihr ein Foto. „Eine meiner Studienfreundinnen ist in Paris geboren und aufgewachsen. Ich wusste, wie sehr ihr die Stadt fehlte, also habe ich ihr diesen Stadtplan gezeichnet.“

„Duncan …“ Lola hob den Blick von seinem Handydisplay. „Das hier ist ja viel, viel mehr als nur ein Stadtplan.“ Sie sah ihn sich genauer an, indem sie mit den Fingern auf dem Bildschirm die Ausschnitte vergrößerte, die sie deutlicher sehen wollte. „Sie haben nicht nur den Eiffelturm, den Triumphbogen, Notre Dame und den Bois de Boulogne gezeichnet; auch die Umrahmung ist unglaublich.“