«Wer Angst hat, soll zuhause bleiben!» - Sarah Bosetti - E-Book
SONDERANGEBOT

«Wer Angst hat, soll zuhause bleiben!» E-Book

Sarah Bosetti

0,0
9,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Sarah Bosetti hat einen Weg gefunden, die Demokratie zu retten: mit Poesie gegen Populismus! Wohin man schaut: Weltuntergang. Doch Klimawandel, Krieg und Krisen wären zu meistern, wenn die Menschen ihnen mit ehrlicher Vernunft begegnen würden. Im Kampf gegen Fake News, Diskriminierung und Diskursverschiebung nimmt Sarah Bosetti sich einige der schönsten, schlimmsten oder absurdesten populistischen Aussagen bekannter Persönlichkeiten vor – von Alice Schwarzer über Olaf Scholz bis Wladimir Putin – und beantwortet sie mit klugen, bissigen und witzigen Gedichten.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 138

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Sarah Bosetti

«Wer Angst hat, soll zuhause bleiben!»

Poesie gegen Populismus

 

 

 

Über dieses Buch

Sarah Bosetti hat einen Weg gefunden, die Demokratie zu retten: mit Poesie gegen Populismus! Wohin man schaut: Weltuntergang. Doch Klimawandel, Krieg und Krisen wären zu meistern, wenn die Menschen ihnen mit ehrlicher Vernunft begegnen würden. Im Kampf gegen Fake News, Diskriminierung und Diskursverschiebung nimmt Sarah Bosetti sich einige der schönsten, schlimmsten oder absurdesten populistischen Aussagen bekannter Persönlichkeiten vor – von Alice Schwarzer über Olaf Scholz bis Wladimir Putin – und beantwortet sie mit klugen, bissigen und witzigen Gedichten.

Vita

Sarah Bosetti ist Satirikerin, Autorin und Feministin wider Willen. Für ihre wöchentliche Satiresendung «Bosetti will reden!» (ZDF) wurde sie 2022 für den Deutschen Fernsehpreis nominiert. Zuvor wurde sie bereits u. a. mit dem Dieter-Hildebrandt-Preis und dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet. Sie moderiert den extra3-Podcast «Bosettis Woche» (NDR), in dem sie mit prominenten Gäst*innen das politische Geschehen bespricht, tourt mit ihrem Live-Programm durch den deutschsprachigen Raum und ist Kolumnistin bei WDR 2 und radioeins (rbb).

Impressum

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, April 2023

Copyright © 2023 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages.

Covergestaltung zero-media.net, München

Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation

Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-644-01730-6

www.rowohlt.de

 

Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.

Für Mila

VORWORT

Erinnert ihr euch noch daran, wie Beatrix von Storch auf der Maus abgerutscht ist? Oder wie sie, als es um den Klimawandel ging, die Sonne verklagen wollte? Oder wie Donald Trump vorgeschlagen hat, sich Desinfektionsmittel gegen Corona zu spritzen? Oder an Gaulands Vogelschiss-Bemerkung? Oder daran, wie Horst Seehofer sich darüber gefreut hat, dass an seinem neunundsechzigsten Geburtstag neunundsechzig Flüchtlinge nach Afghanistan abgeschoben wurden?

Das ist das Niveau, auf dem die Mächtigen dieser Welt über die wichtigen politischen Fragen unserer Zeit sprechen. Deshalb müssen wir darüber reden, wie wir über die Welt reden.

Die beste aller Welten ist eine Katastrophe. Nein, schlimmer: Sie ist voller Katastrophen. Von allen Seiten winkt der Weltuntergang. Corona, Klimawandel, Krieg, Inflation, das Ego von Richard David Precht – es ist alles schwierig auszuhalten. Doch das Tröstliche ist: All die Probleme, die es auf der Welt gibt, sind lösbar. Außer dem Tod und außer der Liebe, daran werden wir für immer verzweifeln. Aber alle anderen. Das ist doch schön! Wir sind nicht ohnmächtig. Wir können handeln, und wir wissen in den meisten Fällen sogar, was zu tun ist. Fast alle Krisen sind zu meistern, wenn wir ihnen mit ehrlicher Vernunft begegnen – was wir mit beeindruckender Konsequenz nicht tun.

Ich habe eine gewagte These: Die größte Gefahr für die Menschheit sind nicht Klima, Krieg und Katastrophen, sondern der Populismus. Weil er so ein schönes Mittel ist, um alle Gefahren zu ignorieren und alle Lösungen zu verhindern. Weil er dafür sorgt, dass jede vernünftige Debatte unter einem Berg aus Rhetorikmüll erstickt. Deshalb müssen wir den Populismus bekämpfen. Mit allem, was wir haben. In Zeiten von Fake News, Diskriminierung und Diskursverschiebung kann sich die Demokratie keine Wehrlosigkeit leisten. Auch wenn es mir im pazifistischen Herzen wehtut, rüste ich deshalb auf, sammle meinen Kampfgeist und fahre die schärfste Waffe auf, die mir zur Verfügung steht:

Ich schreibe Gedichte. Poesie gegen Populismus.

WIR GEGEN DIE

«Diese Bundesregierung hat Millionen illegale Menschen ins Land gelassen.» – Björn Höcke

Der Vorsitzende der AfD Thüringen in der Bundespressekonferenz am 31. August 2015 in Bezug auf die Flüchtlingskrise 2015/2016

Lieber Björn,

 

Menschen sind nicht immer schön

Sie riechen, wenn man sie nicht wäscht

Sie können ziemlich obszön stöhn’n

Und sich kratzen am Gemächt

 

Sie töten Tiere nur zum Scherz

Sie lassen sich von Trump betör’n

In manchen schlägt ein gutes Herz

Doch and’re heißen leider Björn

 

Den Mensch zu lieben ist nicht leicht

Doch selbst erscheint’s dir wie ’ne Qual

Dann merk dir, dass ein Grundsatz reicht:

Kein. Mensch. Ist. Illegal.

«Der Islam gehört nicht zu Deutschland.» – Horst Seehofer

Der damalige Bundesinnenminister (CSU am 16. März 2018 im Interview mit der BILD

Er ergänzte: «Die bei uns lebenden Muslime gehören aber selbstverständlich zu Deutschland.»

Ach Horst,

 

Ich wär so gern so schlau wie du

Du erklärst die Welt so schön

Stattdessen steht mir nicht mal zu

Den Sinn in deinem Wort zu seh’n

 

Ich bin einfach nicht klug genug

Ich weiß, ich bin halt auch kein Mann

Obwohl du weise Worte sprichst

Ist alles, was ich denken kann:

 

Wenn Muslime Teil von Deutschland sind

Und der Islam Teil der Muslime

Dann muss daraus doch logisch folgen

Nach mathematischer Maxime

 

Dass Deutschland Obermenge ist

Für einen Teil auch des Islams

Man muss ihn dafür nicht mal mögen

Es reicht die Regel des Verstands

 

Es ist ein bisschen wie bei dir:

Dein größter Fan bin ich jetzt nicht

Doch scheint’s bisweilen – längst nicht immer –

Als seist du Mensch, genau wie ich

 

Solang du Teil der Menschheit bist

Und mag mich das auch mild empör’n

Ist es also unumgänglich

Dass du und ich zusamm’gehör’n

«Es ist schrecklich, dass #MahsaAmini im Polizeigewahrsam in Teheran gestorben ist.» – Olaf Scholz

Der deutsche Bundeskanzler (SPD) am 23. September 2022 auf Twitter in Bezug auf den gewaltsamen Tod von Jina Mahsa Amini am 16. September 2022, der im Iran zu landesweiten Protesten gegen das autoritäre Regime geführt hat

Man könnte fast meinen, mein lieber Herr Scholz

Der Tod dieser Frau sei nicht Schuld des Regimes

So, wie Sie es schreiben – ich hoff’, Sie sind stolz –

Ist plötzlich zu sterben ihr eig’ner Verdienst

 

So geht das nämlich, will man weiter handeln

Ein Arschkuss, getarnt als Diplomatie

Es ist nicht so einfach, die Herrscher zu wandeln

Viel leichter der Vorwurf an Frau Amini

 

Ja, es ist schrecklich, was die Frau gemacht hat

Wie kann sie es wagen, fällt einfach tot um!

Schrecklich der Ärger, den sie angelacht, statt

Sich brav zu verhalten und fügsam und stumm

 

Wer mir wirklich leidtut in diesem Drama

Sind jedoch Sie, die das Kanzleramt führen

Ihr Job, der zwingt Sie zu stetem Gelaber

Zu Dingen, die Sie kein bisschen berühren

 

Sie müssen sich äußern, Sie müssen was sagen

Die Welt verlangt, Ihre Stimme zu hör’n

Sie woll’n keine Meinung, Sie wollen nichts wagen

Drum ist das, was rauskommt, meist eher verstör’nd

 

Kaum hat man’s gehört, will man’s gleich verdrängen

Doch gutem Gedächtnis gelingt das oft nicht

Drum scheint nun im Anblick all dieser Zwänge

Ihr Hang zum Vergessen in ganz neuem Licht

«Die sozialdemokratischen Frauen Europas stehen solidarisch an der Seite der Frauen im #Iran […]» – SPD-Parteivorstand

Am 14. Oktober 2022 auf Twitter

«An alle Frauen im #Iran, der #Ukraine, in #Afghanistan oder in Saudi Arabien – Wir stehen an eurer Seite.» – Omid Nouripour

Der Grünen-Vorsitzende am 15. Oktober 2022 auf Twitter

«Ich bin mir ganz sicher, dass wir alle hier fest an der Seite der Frauen im Iran stehen.» – Katja Leikert

Die Bundestagsabgeordnete (CDU) am 12. Oktober 2022 im Bundestag

«Freiheit ist weiblich! Wir stehen an der Seite der mutigen Frauen im Iran!» – Ria Schröder

Die Bundestagsabgeordnete (FDP) am 28. September 2022 auf Twitter

Liebe Frauen im Iran,

 

Ich steh nicht an eurer Seite

Selbst auch teil’ ich eure Wut

Wer das sagt, verkennt die Weite

Die uns trennt in Raum und Mut

 

Ich bin hier und ihr seid da

Was euch trifft, das trifft mich nicht

Weder Kugeln noch Gefahr

Noch das Herz, das in euch bricht

 

Ich seh euch nur digital

Auf Bildern, spende euch Applaus

Vielleicht wein’ ich sogar mal

Doch dann bin ich wieder raus

 

An der Seite einer Heldin

Ja, so säh auch ich mich gern

Doch zwischen mir und euch sind Welten

Und ihr seid die, die sie durchquer’n

 

Ich steh nicht an eurer Seite

Ich steh hinter euch und staune

Und ich sehe, wie ihr leidet

Ich steh hinter euch, ich raune

 

Und ich flüster was von Zeit

Um euch als Echo beizusteh’n

Ich steh hinter euch, ganz weit

In eurem Schatten kaum zu seh’n

«Merksatz für alle, die jetzt ‹fest an der Seite der Frauen im Iran und Afghanistan stehen›: Je mehr junge Männer aus diesen islamischen Diktaturen zu uns kommen, desto mehr wird unser Land wie Iran und Afghanistan.» – Julian Reichelt

Der rechtspopulistische YouTuber am 16. Oktober 2022 auf Twitter

Herr Reichelt,

 

Ich weiß, Sie sind für Feminismus

Wie Einstein einst für die Physik

Ein Vorreiter, Ihr Altruismus

Ist unerreicht und unbesiegt

 

Ich spreche, glaub ich, hier für alle:

Sie sind unser Frauen Schild

Ob Muslima, Mutter, Christin

Ob Praktikantin bei der BILD

 

Ich möchte einfach «Danke» sagen

Für Ihre Kraft, wo ich verzage

Und ich würd mich nie beklagen

Ich hab nur eine Logikfrage:

 

Der Mensch ist ja im Allgemeinen

Recht bequem und faul im Kern

– Sie kennen das von sich beim Denken –

Der Mensch verlässt sein Heim nicht gern

 

Wer also von zuhause flieht

Ist das nun echt der Islamist?

Wer ins Unbekannte zieht

Ist das nicht der, der anders ist?

 

Der keinen Krieg will und kein Leid

Den man verfolgt, dem Strafe droht?

Der in Gefahr ist, sich befreit

Von Gefängnis, Folter, Tod?

 

Ich könnte sagen: mir egal

Frauen, Männer, Kinder, Vieh

Sind ein Gewinn für dieses Land

Solang’ sie nicht so sind wie Sie

 

Doch heute geht’s mal nicht um Hetzer

Ja, auch das soll’s manchmal geben

Es geht – und sorry für das Pathos –

Es geht um Frauen, Freiheit, Leben

«Wir sprechen hier über Leute, die eigentlich in Deutschland nichts zu suchen haben. […] Sprechen Sie mal mit Lehrerinnen und Lehrern in den Grundschulen. Was die jeden Tag erleben, auch an verbaler Gewalt. Und dann wollen sie diese Kinder zur Ordnung rufen, und die Folge ist, dass die Väter in den Schulen erscheinen und sich das verbitten, insbesondere, wenn es sich um LehrerINNEN handelt, dass sie ihre Söhne, die kleinen Paschas, […] zurechtweisen.» – Friedrich Merz

Der CDU-Vorsitzende am 10. Januar 2023 in der Sendung Markus Lanz (ZDF) zu den Ausschreitungen in der Silvesternacht 2022/23 in Berlin

Herr Merz,

 

Ich weiß, Sie sind für Feminismus

Wie Einstein einst für die Physik …

Nein, mal im Ernst, was hat Rassismus

Dass er selbst Sie zum Gendern kriegt?

 

Lieben Sie Rassismus mehr

Als Sie den Feminismus hassen?

Oder spült er seit jeher

Mehr Wählerstimmen in die Kassen?

 

Klar, Migrantenkindern rinnen

Die Privilegien aus dem Schlund

Die Mächtigen sind Grundschulkinder

Mit Migration im Hintergrund

 

Nicht etwa weiße Oberschichtler

Juristensöhne, Millionäre

Die wahren Patriarchatsgesichter

Der Quell der weiblichen Misere

 

Sind kleine Paschas und ihr Vater

Die ruchlos Lehrerinnen quälen

Dazwischen Sie als adäquater

Frauenheld – Ich würd Sie wählen

 

Nein, echt! Sie machen alles richtig

Sie sind nun mal ein starker Mann

Der es, und das zu seh’n ist wichtig

Mit Grundschulkindern aufnehm’n kann

«Das Kopftuch ist die Flagge des Islamismus. […] Als Symbol ist es eine Art ‹Branding›, vergleichbar mit dem Judenstern. […] Ich finde es selbstverständlich, daß wir uns an Ländern wie Frankreich ein Beispiel nehmen und das Kopftuch in der Schule und im Kindergarten untersagen, für Lehrerinnen und Schülerinnen.» – Alice Schwarzer

Die Publizistin am 4. Juli 2006 in der FAZ

Frau Schwarzer,

 

ich kann mit Religion nichts anfangen. Egal mit welcher. Und ich finde das Kopftuch auch furchtbar. Die Idee dahinter ist sexistisch, und es fällt mir schwer, darin etwas anderes zu sehen als den Herrschaftsanspruch von Männern, die der Kontrolle ihrer eigenen Triebe nicht trauen, und die sich, weil sie eigentlich wissen, dass Frauen ihnen nie gehört haben und nie gehören werden, auf einen Schöpfer berufen wie reiche Anwaltssöhne auf ihren Papi. Das sind meine ehrlichen Gefühle zum Kopftuch. Ich kann mich da überhaupt nicht reindenken. Weil ich nicht religiös bin. Mich wundert manchmal, dass Christ*innen das nicht besser können. Die haben doch zumindest dieses «Gott sagt, was richtig und was falsch ist, und danach richte ich mich»-Prinzip verinnerlicht.

Also: Ich finde es furchtbar. Aber glücklicherweise ist mir klar, dass meine Gefühle zum Kopftuch zu den irrelevantesten auf diesem Planeten gehören. Wie Ihre übrigens auch. Keine erwachsene Frau sollte und keine erwachsene Frau wird sich von Ihnen oder mir erzählen lassen, ob auf ihren Kopf ein Stück Stoff gehört oder nicht. Es gibt Frauen, die ihr Kopftuch als emanzipatorischen Akt tragen. Oder für die es identitätsstiftend ist. Das muss ich nicht nachvollziehen können, aber ich muss und möchte es tolerieren. Ich habe kein Recht und kein Bedürfnis, anderen Menschen zu sagen, wie sie rumlaufen sollen. Oder ihnen zu verbieten, ihr Leben so zu führen, wie sie wollen, solange sie nicht andere Menschen damit gefährden oder beeinträchtigen. Und da ungefähr dasselbe in etwas schickeren Worten in Artikel 2 unseres Grundgesetzes steht, ist es absurd, von einem Staat, in dem zudem Religionsfreiheit herrscht, zu verlangen, dass er sich anders verhalten soll als ich.

Es ist kein Widerspruch, gegen einen Kopftuchzwang und zugleich gegen ein Kopftuchverbot zu sein. Wer es als feministischer ansieht, Frauen etwas zu verbieten anstatt sie zu etwas zu zwingen, hat den Feminismus nicht verstanden. Es geht nicht um das Tuch, es geht um Selbstbestimmung. Es gibt Frauen, die ein Kopftuch tragen wollen. Weil sie finden, dass das richtig ist. Weil sie es glauben. Das können Sie und ich für Unsinn halten, aber das ist kein Argument, es ihnen zu verbieten. Klar, einige glauben vielleicht auch nur, das Kopftuch tragen zu wollen. Weil sie so aufgewachsen sind. Weil es Männer und Frauen in ihrem Leben gibt, die das wollen. Weil sie Menschen lieben, die das richtig finden. Im schlimmsten Fall, weil Menschen, die sie lieben, sie dazu zwingen. Das kann ich unerträglich finden. Ich kann ihnen vorwerfen, als Lehrerinnen ein schlechtes Vorbild zu sein. Aber wie würde der Zwang, das Kopftuch abzulegen, ihre Freiheit erhöhen? Natürlich mag die «Schaut her, kopftuchtragende Frauen, wir bieten euch ein Verbot als Ausrede, damit ihr euch nicht selbst gegen den sozialen Druck eures Umfeldes wehren müsst!»-Taktik in einigen Fällen funktionieren. Aber sie ist entmündigend. Genau wie der Gedanke: Du glaubst vielleicht, das zu wollen, aber ich weiß es besser!

Ich dachte, Frau Schwarzer, das eigentliche Ziel sei nicht, alle Frauen dazu zu bringen, ihr Kopftuch abzulegen. Ich dachte, das Ziel sei, dass keine Frau entmündigt wird. Aber vielleicht habe ich da etwas falsch verstanden.

Ich finde, um mal einen schön schiefen Vergleich anzubringen, dass Frauen an jedem Ort ihre Brüste entblößen und oben ohne rumlaufen dürfen sollten, an dem es auch Männer dürfen. Weil der einzige Grund, dagegen zu sein, die übertriebene Sexualisierung der weiblichen Brust ist – also Sexismus. Wenn es nun aber zum Beispiel im Schwimmbad Frauen verboten wäre, ihre Brüste zu verdecken, würde ich da nicht mehr hingehen. Weil ich mich unwohl fühlen würde. Zu entblößt, zur Nacktheit gezwungen. Weil auch ich mit dem sexualisierten Blick auf die weibliche Brust aufgewachsen bin. Weil ich damit aufgewachsen bin, dass die Verhüllung angemessen ist. Für so eine Prägung braucht es also nicht mal einen Gott. Und man kann darüber diskutieren, ob es richtig ist, so geprägt zu werden, aber das ändert nichts daran, dass die Gefühle echt sind. Und eine Daseinsberechtigung haben.

Nun habe ich es geschafft, die Kopftuchdebatte mit Brüsten zu verbinden. Das fühlt sich ein bisschen unangemessen an. Aber hey, immerhin nicht unangemessener als das, was Sie tun: Frauen sagen zu wollen, was sie wo tragen dürfen.

«Burkas, Kopftuchmädchen, alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse werden den Sozialstaat nicht sichern.» – Alice Weidel

Die AfD-Abgeordnete am 16. Mai 2018 im Bundestag

Liebe Alice Weidel,

 

ich habe eine Entdeckung gemacht. Wenn man bei Twitter oben ins Suchfeld «Ali» eingibt, kommt als erster Vorschlag Ihr Name: Alice Weidel. Das finde ich schön. Nicht nur leben Sie in einer interkulturellen lesbischen Beziehung, also allem, was Ihre Partei verachtet, Sie sind in Wirklichkeit auch noch ein Mann arabischer Herkunft. Nun ist es ja so, dass Sie Männer arabischer Herkunft nicht besonders mögen. Wie geht es Ihnen also damit, im Herzen ein Ali zu sein?

Es wäre ohnehin mal interessant, Rassist*innen im Körper eines Menschen mit Migrationshintergrund aufwachen zu lassen. Als einer von denen zum Beispiel, die Einlass begehren in das wundervolle und uns offenbar persönlich gehörende Europa.