Wer bist Du? - Silke Ruthenberg - E-Book

Wer bist Du? E-Book

Silke Ruthenberg

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Beschreibung

Über ein Jahrhundert hinweg wurde uns von der Wissenschaft die Vorstellung von Tieren als Reiz-Reaktions-Automaten vermittelt, die unbewusst, instinktgesteuert und ihren Trieben unterworfen durchs Leben laufen, fliegen, schwimmen. Nur ist dies alles einfach nicht wahr. Die moderne Verhaltensforschung hat in wenigen Jahren mit einer Flut an Erkenntnissen über das seelische und geistige Innenleben der anderen Tiere aufgedeckt, dass die sorgfältig konstruierte Grenze zwischen Menschen und allen anderen Tierarten ein Hirngespinst ist. Von der Muschel bis zum Menschenaffen verbindet uns alle eine gemeinsame Struktur, die uns durch das Leben leitet: die der Gefühle und Gedanken. Dieses Buch bringt auf Basis von über 350 Anekdoten und wissenschaftlichen Untersuchungen dafür eine Fülle an Belegen: Ameisen können zählen, Krabben berechnen Wege und Guppy kann lesen. Hühner führen inhaltliche Gespräche, Mäuse empfinden Mitleid und der Rhesusaffenmann schaut sich gerne Pin-ups an. Wir begegnen Seelenverwandten, in denen wir uns selbst wiedererkennen können. Das Fundament für ein neues Wir-Gefühl.

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Seitenzahl: 386

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Man weiß, dass der indische Elefant zuweilen weint.

Charles Darwin

Mein Dank geht an alle, die mich zu und bei diesem Projekt inspirierten und ermunterten mit ihrer Meinung und ihrem Wort. Da ist zum Beispiel Aljoscha, mein Sohn, als er mit neun Jahren Ameisen beobachtete und es kommentierte mit den Worten: „Ich sehe genau, wer von denen die lieben Ameisen sind und wer einen schlechten Charakter hat.“ Da sind aber auch Kathrin, Otto, Marille, Reinhold, Sabine, Norbert, Roberta, Uwe, Gertrude und meine Eltern, deren Interesse mir Mut machte, das Projekt voranzutreiben und durch gelegentliche Schaffenkrisen hindurch half.

Dankbar bin ich auch all denen, die mich lehrten, dass Artzugehörigkeit nichts bedeutet, wenn es um tiefes Fühlen und um kluges Denken geht - vor allem die Katzen, Kaninchen und der Hund, mit denen ich zusammengelebt habe und noch lebe.

Insbesondere gilt mein großer Dank meiner Geist&Seelenschwester Nicole Huber, die mit Engelsgeduld sich immer wieder und ungezählte Tage durch die Fehlerberge in den Manuskripten durchgekämpft hat. Du bist unbezahlbar, auch deshalb widme ich Dir dieses Buch.

Die Autorin.

Silke Ruthenberg, geboren 1967 in München, studierte nach dem Abitur Politik und Rechtswissenschaften, bevor sie sich der neugegründeten Organisation ANIMAL PEACE anschloss und diese seit 1993 als Vorsitzende und mit spektakulären Aktionen für das Recht der Tiere zu internationalem Erfolg führte. „Lieber nackt als Pelzetragen“ ging um die Welt.

Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit vertrat sie das Tierrecht in Talksendungen und Reportagen auf nahezu allen Kanälen. Der Spiegel porträtierte sie auf fünf Seiten, Joy übernahm sie in die Rubrik „Schön, reich, berühmt“. Sie erwarb sich den Ruf einer engagierten, glaubwürdigen und kompetenten Vertreterin des Tierrechts. Die „Jeanne d`Arc der Tiere“ erreichte sogar bei kritischen Medien Achtungserfolge.

Silke Ruthenberg ist Autorin mehrerer Bücher und zahlreicher Reportagen und Artikel zum Thema Tierrecht. Sie lebt mit Sohn und zwei fühlenden und denkenden Katzen in München.

INHALT

Vorwort

WEICHTIERE

Wenn sich die Muschel mies fühlt

Schnecken haben unterschiedliche Talente

Was merken sich Schnecken?

Aus den Augen, aus dem Sinn

Schaffe, schaffe, Häusle baue

Tintenfische: Die Denker der Meere

Very tricky: Tintenfische täuschen Rivalen mit Farbtrick

1,2,3... : Tintenfische können zählen

Tintenfische: Persönlichkeiten mit Tagesform

SPINNEN UND KREBSTIERE

Wenn Spinnen ihre Kinder lieben

Das lass mal mich machen: Arbeitsteilung in der Spinnen-WG

Umgang prägt: Im Miteinander bilden Spinnen ihre Persönlichkeit aus

Spinnengesellschaft ganz menschlich: Ein schlechter Führer ist der Untergang

Schon geil – Spinnenmänner haben Spaß am Sex

Spinnen denken kausal

Forscher entdecken den Schmerz bei Garnelen

Und auch den Krabben tut es weh

Schau mal meinen Dicken an

Suche: Sicherheit – Biete: Sex

Krabben bilden Bürgerwehren – aus reiner Berechnung

Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht etwas bessres findet

Winkerkrabben betreiben Schul-Trigonometrie – Sie berechnen Wege

Einsiedlerkrebse nutzen social networking

Mit Dir werd´ ich fertig: Einsiedlerkrebse wissen, wann sich zu kämpfen lohnt

Einsiedlerkrebse sind Charakterschädel

INSEKTEN

Der freie Wille der Fruchtfliegen

Fruchtfliegen beherrschen Selbstmedikation

Sie hat mich nicht rangelassen! Sexuell frustrierte Fliegen betrinken sich

Es ist so schön, wenn der Schmerz nachlässt

Der (Alb)- Traum der Fliegen

Ich hab so Angst!

Fliegen planen ihre Flucht im Voraus

Kein Bock auf Sex? Die Migräne der Libelle

Überaus nachtragend: Schmetterlinge vergessen nicht

Mücken meiden Menschen, die nach ihnen schlagen

Kakerlaken haben Persönlichkeit

Schaben-Frauen stehen auf Softies

Es kommt nicht auf die Größe an – Bewusstsein und Intelligenz bei Insekten

Dich kenne ich schon! Gesichtsgedächtnis bei Wespen

Gute Laune, schlechte Laune –Hummeln haben Emotionen und Stimmungen

Bienen denken abstrakt

Hummeln – flexibel und zielorientiert

Wie mach´ ich das? Hummeln lösen Probleme

Bienen können zählen: Eins, zwei, drei, vier, viele

Sprachbarrieren: Kein Ding für Bienen

Rechenkünstler: Ameisen können zählen

Ameisen helfen ihren betrunkenen Stammeskollegen - aber nur denen

Ameisen lernen und lehren wechselseitig

Arbeitsscheu im Ameisenstaat

Die Landwirtschafter

Der Sklavenstaat der Ameisen

Born to be free: Ameisen-Sklaven rebellieren häufiger als gedacht

Da geht`s lang! - Ameisen stellen Wegweiser auf

Ich muss mal! Ameisen legen sanitäre Anlagen an

Auch Ameisen schlucken Medikamente

Disziplin, wenn ich bitten darf! Ameisen verstehen sich auf Selbstbeherrschung

Die beste Wahl – Ameisen sind kluge Werkzeugnutzer

110: Verwundete Ameisen rufen Rettungssanitäter

Wenn Mama Ohrwurm ausgeht, halten die Geschwister zusammen

FISCHE

Aua! Angelhaken schmerzen wie eine Augenverletzung

Die Angst des Goldfischs vor dem Schmerz

Napoleon des Meeres: Fische denken strategisch

Was steht denn da? Guppy kann lesen

Ganz menschlich: Im Alter sinken die Ansprüche

Gespräch unter Fischen: Barsche verstehen Muränen

Putzerfische sind gerissene Unternehmer

Schlitzohr im Schuppenkleid: Von Heiratsschwindlern und vorgetäuschten Orgasmen

Intelligenzbestien: Fische können sich mit Menschenkindern messen

Ach, Du bist das! Schützenfische erkennen Menschengesichter

Strenge Korallenfische: Wer beim Sex drängelt, fliegt raus!

You are so beautiful – Joe Cocker macht Haie scharf

Guppys sind treu und mutig

Erfolg macht feige Fische forsch

Schüchterne Stichlinge halten zusammen

Schwul ist cool

Lieber keinen Sex mit dem Grobian – Kärpflingsfauen bevorzugen die Loser

Schmausen mit Schutz

Komplex wie bei Delfinen: Das Sozialleben der Sandtigerhaie

Katzenhaie: Wie Teenies auf dem Schulhof

Fischfrauen lernen schneller als Männer

Von wegen Dreisekundengedächtnis: Fische können sich´s lange merken

Buntbarsche als Miethaie aufgeflogen

Das bin ja ich! Mantas erkennen sich im Spiegel

Seelenschmerzen: Fische können depressiv werden

Das hab ich doch gefurzt! Heringe sprechen mit dem Po

Schmus´ mich! Fische lieben Zärtlichkeiten

REPTILIEN UND AMPHIBIEN

Herr Frosch schweigt und genießt...

Schlange verliebt sich in Hamster

Klapperschlangen sind sozial veranlagt

Mit Plan: Schildkröten agieren systematisch

Owen und Mzee – Eine Liebe in Kenia

Die Eidechse – auch nur ein Nerd. Oder auch nicht

„Ich will doch nur spielen“... Reptilien mögen Jux und Tollerei

Komm, spiel mit mir, Kroko

Da geht´s lang: „Lehrer-Schildkröten“ weisen den Weg

Chamäleons Empfindsamkeit: Einsamkeit in der Kindheit beschädigt fürs Leben

Die Nachahmer: Bartagamen lernen von Kollegen

Moment mal! Da fehlt doch wer?! Über die Klugheit der Warane

Zwei Forscher entdecken den Verstand der Echsen

So groß, so dick! Alligatorenruf informiert über Körpergröße

Krokodile benutzen Werkzeuge

In Liebe und Dankbarkeit

VÖGEL

Straußeneltern – zu allem bereit

Hühner haben sich viel zu sagen

Hennen unterrichten ihre Küken

Hühner können vorausdenken

Hühner leiden mit

Gänse: Emotionale Intelligenzbestien

Gans traurig

Mary und John und die wahre Liebe

Liebe und Leben

Entenküken denken bereits abstrakt

Mit List und Gewalt: Vendetta bei Familie Kuckuck

Tauben: Kunstkenner mit Elefantengedächtnis

Hochbegabte Tauben: Im IQ-Test besser als Menschen

Brieftauben nehmen die Autobahn

Auch Tauben können Mathe und verstehen die Grundlagen von Einsteins Relativitätstheorie

Legasthenie Fehlanzeige – Tauben beherrschen Rechtschreibung

Tauben haben ein Gespür für Symmetrie – und erkennen Krebstumore

Kleptomane Möwen:

Muschelraub per Ententrick

Pinguin schwimmt 8000 Kilometer zu seinem Retter

Der trauernde Witwer

Die Brandstifter – Raubvögel legen gezielt Feuer

Not macht erfinderisch – Kakadus beim Werkzeugbasteln

Kakadus trommeln perfekten Beat

Zum Kaputtlachen – Keas amüsieren sich gern auf Kosten anderer

Ein indiskreter Papagei

Alles Nichts, oder?!

Beschaffungskriminalität: Indische Papageien stehen auf Schlafmohn

Namnam, wauwau, ticktack, dududu

Auch Vogeleltern zwitschern in Babysprache

Kohlmeisen zwitschern in ganzen Sätzen

Reisfinken unterscheiden Englisch und Chinesisch

Kleiber sind polyglott veranlagt

Stare verstehen Schachtelsätze

Angst und Lust – Wie man eine Frau rumkriegt

Haltet den Dieb

Kippen und Kräuter fürs Nest – Vögel schützen Nester vor Parasitenbefall

Auch Vögel richten sich nach dem Tempolimit

Beste Meteorologen – Vögel ahnen Tornados voraus

Ich habe Dir ein Haus gebaut – Jetzt darf ich aber auch ran

Ich reich die Scheidung ein – Auch treue Vögel können sich trennen

Machtfrauen ein Scheidungsgrund?

Gleichklang: Menschen und Vögel musizieren nach ähnlichen Prinzipien

Ein Star schreibt Musikgeschichte

Vogel singt wie Bach und Haydn komponierten

Spottdrosseln unterscheiden einzelne Menschen

Deine Schwingen sind altmodisch – Modediktat bei Trauerammern

Von wegen in den Tag hinein: Vögel planen im Voraus

Beziehungsschach bei Familie Rabe

Häher betrauern ihre Toten

Eichelhäher fühlen sich in die Liebste ein

Das verzeih ich Dir nie! Raben sind nachtragend

Schwarze Intelligenzbestien

Wie bei der Mafia: Diebische Krähen verschonen die Familie

Protestantische Krähen: Die hohe Kunst der Selbstbeherrschung

Die Krähen und das Mädchen

Spieglein, Spieglein ...

SÄUGETIERE

Großes Herz bei kleinen Tieren

Singende Mäuse können Melodien lernen

Ratten können die Folgen ihres Handelns voraussehen

Ratten erkennen den Schmerz im Gesichtsausdruck

Ratten begreifen Regeln

Der edle Samariter Ratten helfen selbst Fremden

Killekille – Ratten sind kitzlig

Auch Ratten träumen von der Zukunft

Das tut mir leid! Ratten können Reue empfinden

Auch Ratten helfen aus Mitleid

Liebe macht Meerschweinchen dumm aber glücklich

Der Frust des Hörnchens

Eichhörnchen arbeiten mit gezielten Täuschungsmanövern

Vampirfledermäuse: Echt nett zum Nachbarn

Fledermäuse belauschen sich beim Essen

Fledermäuse erkennen ihre Kumpel an der Stimme

Fledermäuse fragen sich zum nächsten Schlafplatz durch

„Und jetzt pressen. Pressen!“ Fledermaushebamme steht Gebärenden zur Seite

Flughunde sprechen Dialekte und werden persönlich

Mama ist schuld – Und die Geschwister sowieso

Dory, die Lebensretterin

Und noch eine Lebensretterin: Kaninchen „Rabbit“ bewahrt ihre Familie vor verheerendem Feuer

Ein unvergleichlicher Schafskopf

Schafe erkennen unsere Gesichter

Schafe können abstrakt denken

Die schlauen Schafe von Yorkshire

Selbstmedikation: Schlaue Schafe essen sich selbst gesund

Ziegen schätzen geistige Herausforderungen

Ziegen erinnern sich an komplizierte Tricks

Ziegen meckern Dialekt

Mein Kind hat gerufen

Mehr als nur Muh

Mutterliebe

Die Rache der Rinder

Die Freiheit führt das Rind

Auch Giraffen trauern um ihre Lieben

Pferde können über Symbole kommunizieren

Mach mal, ich hab Dir das Zeichen gegeben! Pferde bitten Menschen gezielt um Hilfe

Pferde erkennen unseren Gesichtsausdruck

Pferde: Gram steht ins Gesicht geschrieben

Lebensretter Schwein

Ehrenrettung für das Schwein

Optimisten und Pessimisten – Auch Schweine haben Charakter

Das empathische Schwein

Das bin ja Ich! Schweine erkennen sich im Spiegel

Frei Schnauze: Malendes Schwein verdient mit Kunstwerken Vermögen

Pekaris beim Trauern gefilmt

Ich bin dann mal weg – Hirsche meiden Jäger mit dem Alter geschickter

Trunksucht bei Familie Elch. Skål

Gute und schlechte Mütter gibt es auch bei Robben

Zu faul zum Selberfangen: Sammy, die Schnorrer-Robbe

Seelöwe rettet Selbstmörder

Gestatten: Otter, Werkzeugmeister

Die Trauer der Wölfe

Wenn Wölfe heulen

Der Wolf, ein Musterschüler

Talentierter Bär bekommt in Helsinki eigene Ausstellung

Der Feind meines Feindes ist mein Freund

Hatschi heißt ja

Wildhunde entscheiden demokratisch

Hunde erkennen menschliches Lächeln

Dackelblick ist bewusste Manipulation

Mein Mensch!

Hunde verfügen über ein „episodisches Gedächtnis“.

Ziemlich beste Freunde

Eins, zwei oder drei?

Die Teamplayer

Hyänengekicher verrät Persönliches

Mama ist die beste Lehrerin

Erdmännchen erkennen Stimmen

Erdmännchen sind gute und einfühlsame Pädagogen

Erdmännchen stehen gemeinsam auf

Mangusten integrieren Flüchtlinge behutsam und fürsorglich

Warzenschweine und Mangusten traut vereint

Eine Liebe in Indien

Gender Mainsteam in der Savanne

Von wegen Bestien: Geschichten von Moral und Mitgefühl bei Raubtieren

Die Schuldgefühle einer Mutter

...

und noch mehr moralische Löwen

Historische Tötungsverweigerer

Amur und Timur – Tiger und Ziege befreunden sich

Die Rache des Tigers

Der Blick in die Zukunft

Elefanten trösten sich gegenseitig

Eine hilfsbereite Mutter

Elefanten erkennen Menschen an der Stimme

Der Elefant vergisst nie

Elefanten befreien Antilopen

Verletzte Elefanten wissen, wo ihnen geholfen wird

Wale können wie Menschen sprechen

Belugaafrau lernt Fremdsprache: Sie spricht Delfinisch

Vom Ende des Privateigentums – Orcas auf Enteignungstour

Pottwale adoptieren verkrüppelten Delfin

Delfine vergessen die Namen ihrer Freunde nie

Cliquen und Alianzen bei Delfinen

Mausmakis sind schlauer als gedacht

Ich sehe was, was Du nicht siehst

Lemuren unterscheiden andere Lemuren am Gesichtsfarbmuster

Geschmäcker sind verschieden

Kinderstube und nicht Intelligenz – Über die Ausbildung des Altruismus

Und wer hat´s erfunden? Der Faustkeil und die Kapuzineraffen

Auch Affen mögen Nachäffer

Glücklicher, wenn die Familie versorgt ist

Küss die Hand – Kulturelle Rituale bei Kapuzineraffen

Besser als Josef Ackermann – Affen sind echte Finanzexperten

Kapuzineraffen sind auch nur Börsenzocker

Totenkopfäffchen bilden soziale Netzwerke

Kapuzineraffen pfeifen auf teure Marken

Echt fair: Affen haben einen Sinn für Gerechtigkeit

Ich bin Rhesus

Auch nur Spanner: Affenmänner mögen Pin-ups

Massengeschmack: Meerkatzen essen wie die anderen

Meerkatzen revolutionieren Sprachtheorien

Cherchez la femme

Teile und herrsche

Ich kann Euch nicht mehr sehen

Affenmänner müssen für Sex bezahlen

Makaken haben auch ihre Ndrangeta

Der heimliche Liebhaber

Berberaffen: Im Alter wählerischer

Paviane setzen auf sexuelle Nötigung

Von Liebe und Rache der Paviane

Paviane können lesen lernen

Paviane mit schwerer Kindheit sterben früher

Liebe über Artgrenzen hinweg

Paviane halten sich Hunde und Katzen – Oder umgekehrt

Paviane bilden Männerbünde

Alle Spielarten des Zusammenlebens: Feministinnen und Machos unter Pavianen

Gibbons: Eine Stimme wie professionelle Opernsänger

Gefolterte Orang-Utan-Frau dankt ihren Rettern

Servietten, Handschuhe, Kissen – Vom kulturellen Leben der Orang Utans

Orang-Utans teilen geplante Reiseroute mit

Kokos große Liebe

In flagranti

Berggorillas entschärfen Buschfallen

Der beste Mensch

Hasch mich!

Die Apotheke der Gorillas

Schimpansenmädchen spielen lieber mit Puppen

Gläubige (oder abergläubische) Schimpansen bei Religionsausübung beobachtet

Schimpansen bei Totenreinigung gefilmt

Gedächtniskünstler: Schimpanse schlägt Menschen in Gedächtnistests

Gibs ihm! – Schimpansen wollen Ungerechtigkeit bestraft sehen

Attacke! Mit Steinen gegen Zoobesucher

Schimpansen lernen „Schnick, Schnack, Schnuck“

Der Schimpanse. Ein Künstler

Lucys Lust

Liebe geht durch den Magen

Kopfschütteln heißt auch bei Bonobos „Nein“.

Rüpel bevorzugt: Bonobos mögen rücksichtslose Egomanen

Genetik: Schimpansen sind Menschen – oder umgekehrt

Eine Familie: Menschen können sich mit anderen Menschenaffen erfolgreich paaren

Menschen: Mehr Mitleid mit Hunden als mit Artgenossen

Menschen:

Auf Befehl fallen alle Hemmungen

Menschen verhalten sich rollengerecht bis zur Selbstaufgabe

Bonobo-Sex erregt Menschenfrauen

Quellen:

VORWORT

Fast einhundert Jahre lang und damit nahezu über die gesamte Geschichte der Verhaltensbiologie hinweg wurde diese von einem Wissenschaftskonzept dominiert, das man mit Fug und Recht als erkenntnisunterdrückend bezeichnen kann: Der Behaviorismus.

Dieses wissenschaftstheoretische Konzept untersucht und erklärt das Verhalten von Tieren mit naturwissenschaftlichen Methoden ohne jegliche Introspektion oder Einfühlung. Begründet durch John B. Watson zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Behaviorismus in den 1950er Jahren vor allem durch Burrhus Frederic Skinner und Iwan Petrowitsch Pawlow populär. Generationen von Schülern sind seither mit einer Vorstellung vom Tier als „Black Box“ und Begriffen wie Reiz-Reaktions-Kette und Konditionierung aufgewachsen, die ihr Bild von Tieren geprägt hat. Das wissenschaftliche Dogma über viele Jahrzehnte lautete: Alles, was wir bei Tieren als Gefühle und Gedanken wahrnehmen, sei nichts anderes als Reflex, Reaktion, Instinkt und habe mit den höheren geistigen Leistungen des Menschen nichts zu tun. Ein Innenleben wird geleugnet, weil man es streng empirisch auch nicht beweisen kann.

Die interessanten Fragen zum Leben der Tiere hat der Behaviorismus weder gestellt noch beantwortet. Er hat uns das Tier als Ding vermittelt und bildete damit den ideologischen Unterbau für die selbstverständliche Ausbeutung der Tierheit durch eine einzige Gattung. Immerhin ist die Leugnung des seelischen Innenlebens der Tiere die ideologische Wurzel ihrer systematischen Unterdrückung und Ausnutzung bis zum Tode. Alle menschlichen Kulturen leben auf den Knochen der anderen Tierarten und verweigern allen anderen Tieren alle Rechte, die sie für sich selbstverständlich in Anspruch nehmen. Dies widerspricht freilich unserem angeborenen Konzept von Gerechtigkeit grundlegend und funktioniert deshalb nur mit der großen Lüge von der Gefühls- und Gedankenlosigkeit der Opfer.

Jahrzehntelang waren die Verfechter des Behaviorismus die einflussreichsten Verhaltensforscher an den Universitäten. In der Einflusssphäre dieser Ideologie konnte die seit den 1930er Jahren in Europa aus der Tierpsychologie entstandene vergleichende Verhaltensforschung keinen Fuß fassen.

Doch Wahrheiten lassen sich nicht auf Dauer unterdrücken. In den vergangenen Jahrzehnten verlor der Behaviorismus zunehmend an Einfluss und man begegnete den Tieren mit einer neuen Einstellung. Dieser Wandel hat bereits bis heute eine überwältigende und nicht endende Flut an Einblicken in das geistige und seelische Innenleben der anderen Tiere erbracht, die man zweifelsohne als die dritte große narzisstische Kränkung der Menschheit bezeichnen kann - nach der Erkenntnis, dass wir weder der Mittelpunkt der Welt sind (Kopernikus) noch „Herr im eigenen Haus“ (Freud).

Es mag manche Exemplare der eitelsten Spezies des bekannten Universums zutiefst beleidigen, aber es ist einfach nicht mehr zu leugnen: Die sorgfältig konstruierte Grenze zwischen Menschen und allen anderen Tierarten ist kein tiefer Graben. Marienkäfer und Meisen, Mäuse und Menschen stehen sich mit ihrem Innenleben ganz nah. Uns verbindet eine gemeinsame Struktur, die uns alle durch das Leben leitet: die der Gefühle und Gedanken. Unaufhaltsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass Tiere in ihren Empfindungen überaus menschlich sind. Mehr und mehr Forscher wagen es, darüber zu berichten, und sie müssen mittlerweile auch nicht mehr fürchten, als Wissenschaftler erledigt zu sein, wenn sie nicht mehr rigoros leugnen, was so offensichtlich ist. Sie erzählen uns Anekdoten aus der Welt der Tiere, die uns unsere nahen und fernen Verwandten unendlich vertraut werden lassen. Seriöse Meldungen über die geistigen und emotionalen Fähigkeiten der Tiere füllen seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten die Wissenschaftsseiten der Zeitungen und bieten die Grundlage für Einsichten in die Tierwelt, die noch vor kurzem als völlig unwissenschaftlich und sentimental unterdrückt worden wären. Bücher zum Thema schaffen es in die Bestsellerlisten.

Tiere lieben und hassen, sie können traurig sein, Mitleid empfinden, sie können wütend sein und rachsüchtig, hilfsbereit und freundschaftlich. Sie haben einen Schönheitssinn und bringen begabte Künstler hervor. Tiere können wahrnehmen, bewerten, entscheiden und handeln. Sie wissen, was sie tun. Sie denken. Und ihre Verstandesleistungen übertreffen die unseren teilweise um Längen.

Ausgerechnet die Wissenschaft hat dem Tierschutz und insbesondere der Tierrechtsbewegung ein argumentatives Fundament geliefert, das kraftvoller kaum sein könnte. Umso verwunderlicher, dass die Fürsprecher der Tiere auf diesen Schatz bisher kaum zurückgreifen und es vorziehen, die Tiere als Opfer zu präsentieren und ihre Mitmenschen mit Realitäten zu traktieren, die jeden mitfühlenden Menschen hilflos und erschüttert und mit nichts Besserem als dem schlechten Gefühl seiner eigenen Schuld zurücklassen, das zur Verdrängung geradezu ermuntert: Die realen Folgen für die rechtlosen – entrechteten – Tiere in der Gewalt des ausnutzenden Menschen, eine Welt von Entwürdigung und Quälerei, von Gefangenschaft und Folter und blutiger Vernichtung. Milliardenfach. Wer sich damit nicht das Leben vergällen will, wendet den Blick ab - und damit auch den Blick von den Tieren.

Dabei ist das menschenverursachte Leid und Elend der Tiere infolge ihrer Rechtlosigkeit nicht unbedingt das stärkste Argument dafür, den Tieren ihre Rechte zurückzugeben, die ihnen nur durch die Macht des Tyrannen vorenthalten werden. Das stärkere Argument liegt in ihrem Sein begründet. Sie selbst in ihrer Schönheit, ihrer Sensibilität und Klugheit sind es wert, den gleichen Schutz zu erfahren wie wir ihn für uns selbst in Anspruch nehmen.

Viel zu wenig wurde die Kraft, die in den Tieren selbst liegt, gewürdigt und ins Zentrum der Aufmerksamkeit gestellt, um sie aus ihrem Opfersein herauszuholen. Dabei ist die Wertschätzung seit jeher der beste Schutz vor Gewalt gewesen. Kulturen, die Tiere zu Göttern erklärten, ihnen einen heiligen Status zusprachen, waren die besseren für sie. Heute braucht es dafür keine Religion mehr. Die Wissenschaft hat dafür 1000 Gründe geliefert, den Tieren mit Respekt zu begegnen – im allgemeinen Bewusstsein sind sie jedoch noch nicht wirklich angekommen.

Ich habe deshalb bewegende Geschichten und wissenschaftliche Erkenntnisse über das Fühlen und Denken der Tiere zusammengetragen. Sie eröffnen uns die Welt der Gefühle und Gedanken, die uns selbst so vertraut sind. Dieses Wissen schafft - so hoffe ich - ein neues Wir-Gefühl, das die Artschranke durchbricht. Die gesammelten Informationen bilden dabei nur einen winzigen Ausschnitt dessen, was uns die Tiere tagtäglich über sich erzählen, aber sie sind bezeichnend. Und sie lassen ein Gefühl von Vertrautheit entstehen, der Gewalt und Missbrauch entgegenstehen.

Werden wir weiterhin nicht hören wollen und die Welt der Tiere mit Folter, Tyrannei und Tod überziehen, wenn wir erkennen, wen wir da vor uns haben, wen wir hier misshandeln und vernichten? Vielleicht lassen uns diese Einblicke in das Innenleben der Tiere das Ausmaß der Schuld viel stärker spüren, die wir auf uns laden, wenn wir den Tieren nicht mit Respekt begegnen, sondern mit Dünkel und Gewalt. Und damit auch den Wunsch wachsen, diesem destruktiven Wahnsinn ein Ende zu setzen. Soviel ist sicher: Der Weg der Befreiung der Tiere aus der Tyrannei des Menschen führt über das Verstehen ihrer Gefühle und Gedanken.

Und damit hat dies Buch einen anderen Anspruch als andere Bücher mit ähnlichem Inhalt, die schlicht mit diesem neuen Wissen unterhalten möchten und sich teilweise auf geradezu groteske Weise vor den moralischen Folgen dieser Erkenntnisse drücken. Voll allem aber stehen die Tiere im Mittelpunkt und nicht die Fähigkeiten. Letztere sind nur Vehikel, unsere nahen und fernen Verwandten vertraut werden zu lassen.

Fakt ist: Mit dem gesicherten Wissen über unsere nahen und ferneren Verwandten können wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Dieses Wissen verpflichtet. Deshalb verbinde ich dieses Buch mit einer Forderung: Wer fühlen und denken kann, hat auch ein Grundrecht auf sein Leben und einen Anspruch auf eine selbstbestimmte und unversehrte Existenz. Elementare Menschenrechte über Artgrenzen hinweg stehen auch den anderen Tieren zu.

Ich wünsche viel Freude beim Kennenlernen der Familie!

Silke Ruthenberg

WEICHTIERE

Wenn sich die Muschel mies fühlt

Muscheln leben noch, wenn sie im heißen Buttersud geschwenkt oder mit Zitronensaft beträufelt aus der Schale geschlürft werden. Aber fühlt die Muschel dabei auch, was ihr geschieht?

Muscheln zählen zum Stamm der Weichtiere. Sie verfügen über ein einfaches Nervensystem, das zwei Nervenzellhäufungen besitzt: das Pedal-und das Viszeralganglion, eine Art Muschelgehirn. Es gibt einige Indizien, dass Muscheln und andere Tiere mit diesem einfachen zentralen Nervensystem bereits leidensfähig sind.

1993 hat eine italienische Arbeitsgruppe um G.B. Stefano erforscht, dass viele Körperbereiche der Miesmuschel Mytilus edulis hormonartige, schmerzlindernde Stoffe erkennen. Ist die Muschel gestresst, so findet man in ihr wenige freie Anti-Stress-Moleküle. Ist sie hingegen entspannt, so steigt der Spiegel dieser Substanzen.

Die untersuchten Stoffe sind nicht irgendwelche Substanzen, sondern sogenannte Endorphine. Sie stammen aus derselben Chemikaliengruppe wie die Schmerzstiller Heroin und Morphium. Der menschliche Körper verfügt über ähnliche Stoffe, die er bei Stress und Schmerz zur Linderung ausschüttet. Stefano und Mitarbeiter haben in den vergangenen Jahren immer mehr Hinweise darauf gefunden, dass sich Muschel und Mensch in hormoneller Hinsicht teilweise ähneln. „Kurz gesagt“, schreiben die Nervenforscher, „zeigen unsere Versuche, dass Morphin auf Zellen eines wirbellosen Tieres (dieselben Auswirkungen) hat wie auf Menschen, obwohl sich beide seit 500 Millionen Jahren auf verschiedenen Zweigen der Evolution weiterentwickeln“. 1

Und da Hormone messbare Spuren von Gefühlen sind, könnte man jetzt den Umkehrschluss wagen: wo Hormone zu messen sind, existieren auch Gefühle. Rezeptoren auf der Schale signalisieren zudem der Muschel Gewaltanwendungen an der Schale. Die Muschel reagiert daraufhin mit extremer Ausschüttung von Stresshormonen. 2

Man hat außerdem festgestellt, dass sich die Herzfrequenz bei Muscheln erhöht, wenn sie von Fressfeinden bedroht werden. 3 Einige Muscheln besitzen auch Augen. Es ist naheliegend, dass ein Lebewesen mit Augen über eine Empfindung des Sehens verfügt. 4

Muscheln können sogar von einer Gefahrenquelle „weglaufen“, auf Youtube kann man beobachten, wie eine Muschel ihren Fuß aus der Schale schiebt, um sich von für sie gefährlichem, austrocknendem Salz wegzubewegen. 5 Womöglich ist es Miesmuscheln und Austern also ganz und gar nicht egal, wenn sie verputzt werden.

Schnecken haben unterschiedliche Talente

Spitzschlammschnecken (Lymnaea stagnalis) haben beim Lernen ganz unterschiedliche Begabungen, fand ein Forschungsteam um Sarah Dalesman von der Aberysthwyth University heraus. Gedächtnisexperimente der Forscher aus England und Wales zeigten, dass sich einzelne Schnecken entweder gut an Informationen über Nahrung oder aber an Dinge rund um ihre Fressfeinde erinnerten – nicht aber an beides gleichzeitig. Die Arbeitsgruppe unterzog die Schnecken einem Trainingsprogramm, in dem sie lernen sollten, dass zum Beispiel Futter mit Karottenduft bitter schmeckt oder dass sie an der Wasseroberfläche mit Stöckchen gepikst werden, was auf einen Fressfeind hindeutete.

Dabei zeigte sich, dass Schnecken, die einen Typ von Aufgabe gut lernten, sich bei dem anderen ausnehmend unbegabt anstellten. Individualisten sind sie also auch noch. 6

Was merken sich Schnecken?

Schnecken gelten nicht unbedingt als Intelligenzbestien, aber ihre Gedächtnisleistung reicht immerhin aus, dem österreichischen Neurobiologen Eric Kandel im Jahr 2000 den Nobelpreis einzubringen.

Als dieser die Mechanismen von Lernen und Gedächtnis ausgerechnet an der Meeresschnecke Aplysia erforschen wollte, zweifelten Kandels Kollegen am Verstand des Wissenschaftlers. Die, auch als Seehase bekannte, bis zu 16 kg schwere Schnecke hat gerade mal 20.000 Nervenzellen, wo beim Menschen 100.000 sitzen. Ihre Neuronen sind aber teilweise so dick, dass man sie mit bloßem Auge erkennen kann. Unter dem Mikroskop kann man gut beobachten, wie Erlerntes seine Spuren hinterlässt.

Aplysia besitzt bereits ein Kurz- und ein Langzeitgedächtnis. Erhält sie nur eine Trainingseinheit, vergisst sie das Erlernte bereits nach einer Viertelstunde. Büffelt Aplysia jedoch über vier Tage, auf einen bestimmten Reiz hin ihren Sipho einzuziehen, dann bleibt die Erinnerung wochenlang gespeichert. Auch das Umfeld hat Auswirkungen auf den Intellekt der Schnecke: Langeweile macht den Seehasen dumm, eine anregende Umgebung hingegen treibt den Schnecken-IQ nach oben. 7

Im Internet findet man auch anrührende Videos von schmusenden Schnecken. Hier kann man mit eigenen Augen beobachten, dass auch Schnecken echte Genießer sind und dem Lustprinzip folgen.

https://www.youtube.com/watch?v=0UT6rmrr9a4

http://www.t-online.de/tv/webclips/lustige-videos/id_71686686/schnecke-geniesst-streicheleinheit-in-vollen-zuegen.html

Aus den Augen, aus dem Sinn

Kraken gehören nicht zu den Wirbeltieren, aber sie sind alles andere als dumm oder gefühllos. Wie überaus menschlich ihr Gefühlsleben ist, bewies ein Krake den Wissenschaftlern der Meeresstation von Banuyls:

Der Arme hatte sich schon dreimal die Zähne an einem Einsiedlerkrebs ausgebissen. Der Krebs war einfach zu kräftig: Bei Gefahr zog er sich in sein Schneckenhaus zurück und schirmte den Eingang mit den gepanzerten Scheren ab. Er war nicht herauszubekommen. Jedes Mal musste der Oktopus das Gehäuse wieder freigeben und unverrichteter Dinge abziehen.

Der Einsiedlerkrebs dagegen war nach kurzer Zeit wieder munter und spazierte erneut provozierend am Höhleneingang des Oktopus vorbei. Der konnte nicht widerstehen, und das Spiel wiederholte sich. Doch irgendwann war die Geduld des Kraken erschöpft. Er schleppte kurzerhand einen großen Stein heran und platzierte ihn als Sichtschutz zwischen sich und die Lockspeise. Diese Tantalusqualen musste er sich nun wirklich nicht länger antun. Oktopus hatte seine innere Ruhe wiedergefunden. 8

Schaffe, schaffe, Häusle baue

Auch wirbellose Tiere gehören zum Club der schlauen Werkzeugnutzer: im Meer vor Indonesien sammeln Tintenfische weggeworfene Kokosnussschalen, um sich daraus eine Schutzhütte zu bauen. Die Weichtiere stapeln dazu Kokosnussschalenhälften wie Müslischalen auf dem Meeresboden und tragen sie weg, berichten Julian Finn vom Museum von Victoria in Melbourne (Australien) und seine Kollegen. Damit demonstriert der Oktopus eine Leistung, die lange als Privileg von Menschen und anderen Primaten galt: Das Sammeln eines Werkzeugs, das nicht direkt, sondern erst in der Zukunft einmal von Nutzen sein könnte.

Der Ader-Oktopus ist bereits bekannt dafür, dass er die reichlich vorhandenen Nussschalen vor den indonesischen Inseln als Versteck nutzt. Die neue Erkenntnis ist, dass die Tiere die Schalen für die spätere Nutzung sammeln, sich also vorausschauend verhalten. Damit verbunden ist freilich damit auch eine Vorstellung von der Zukunft.

Die gesammelten Schalen sind nämlich erstmal nicht nur nutzlos, sondern eine echte Last für den Ader-Oktopus. Um sie von der Stelle zu bekommen, setzt sich das Tier in die oberste Schale, lässt seine acht Arme seitlich herunter, versteift sie und geht schließlich unbeholfen wie auf Stelzen. Dabei ist der Tintenfisch nicht nur langsamer als gewöhnlich, sondern auch schutzlos und offen sichtbar. Bei Gefahr kann der Oktopus allerdings die Schalen schnell zusammensetzen und sich in der hohlen Kugel verstecken. 9

Tintenfische: Die Denker der Meere

Der Biologe Martin Moynihan vom Smithsonian Institute beobachtet seit vielen Jahren Tintenfische. Schon lange ist bekannt, dass Tintenfische ihr Farbkleid ändern können, und sie machen das zweifellos als Ausdruck ihrer Stimmung. Wenn sie aufgeregt sind, bekommen sie einen roten Kopf, entspannte Tiere nehmen den Farbton des Untergrunds an. Der flirtende Tintenfisch vermittelt sein Interesse über besondere Muster und Farbwellen auf dem ganzen Körper.

Moynihan äußert den zwingenden Verdacht, dass Tintenfische bewusst Botschaften übermitteln. Er hat eine differenzierte Kommunikation zwischen den Tieren untereinander mittels komplexer Farbspiele festgestellt, der eine Art Grammatik zugrunde liegt.

Der Kognitionsforscher Michael Kuba vom Konrad-Lorenz-Institut im österreichischen Altenberg ist besonders am emotionalen Verhalten der Tiere interessiert und hat herausgefunden, dass sie auch spielen. Um dies zu untersuchen, wurde das Aquarium eines Kraken abgeschottet, sonst würde die neugierige Krake vermutlich viel lieber an der Scheibe kleben und die Umgebung beobachten. Anschließend wurde ein Spielzeug, ein Würfel aus Legosteinen, in dem Bassin platziert. Sofort betastete und erkundete der Oktopus den Legostein. Ein erstaunliches Verhalten, denn freilebende Tiere spielen nicht. Offenbar aber, so die Erklärung des Wissenschaftlers, langweilt sich das blitzgescheite Tier im Glaskasten und beschäftigt sich in seiner Not eben mit diesem Objekt. 10

Very tricky: Tintenfische täuschen Rivalen mit Farbtrick

Auch Tintenfischmänner schätzen es gar nicht, wenn ihnen beim Werben um die Angebetete ein Nebenbuhler im Genick sitzt, der ihnen den Schatz ausspannen könnte. Um sich die Konkurrenz vom Leib zu halten, haben sich Tintenfische deshalb einen ganz besonderen Trick ausgedacht: Auf der zum Nebenbuhler hingewandten Seite färben sie ihre Haut so, dass sie wie die braun-weiß gefleckten Tintenfischfrauen aussehen. Auf der Seite, die ihre Auserwählte im Blickfeld hat, stellen sie hingegen ihre gestreifte Balztracht zur Schau. Das berichten australische Forscher im Fachmagazin „Biology Letters“, nachdem sie Sepia-Populationen über Jahre hinweg in verschiedenen Lebensräumen beobachtet haben.

Dass Tintenfische ihre Hautfarbe verändern, um sich vor Fressfeinden oder ihrer Beute zu verstecken, ist nicht neu. Auch Farbspiele bei der Balz wurden bereits bei Riesentintenfischen beobachtet. Einige Kopffüßer passen während der Balz den hinteren Teil ihres Körpers der Umgebung an, um unsichtbar für Fressfeinde zu werden. „Unsere Studie zeigt jedoch zum ersten Mal, dass Tintenfische beide Geschlechter gleichzeitig bei der Balz nachahmen können“, schreiben Column Brown und seine Kollegen von der Macquartie University in Sydney in ihrer Veröffentlichung.

Für ihre Studie hatten die Meeresbiologen Tintenfische im Hafen von Sydney untersucht. Wie die Forscher berichten, wandten die Sepia-Männer ihre Flirtstrategie in rund 40 Prozent aller Fälle an, in denen sich eine Gruppe aus zwei Single-Männern und einer Frau zusammenfand. Auf der dem Rivalen zugekehrten Seite zeigte der balzende Mann dabei die gefleckte Hautmusterung einer Frau. Auf der, der Dame zugewandten, Seite nahm er dagegen die typische gestreifte Balzfärbung an. Sah sich der Tintenfisch aber zwei Damen und einem männlichen Rivalen gegenüber, nutzte er diese Strategie nicht. „Vielleicht ist das Männchen dann zu abgelenkt und hat Schwierigkeiten, sich auf eines der Weibchen zu konzentrieren“, mutmaßen die Wissenschaftler.

Die raffinierte, nur in passenden Konstellationen eingesetzte Täuschungsstrategie zeigt, dass die geistige Entwicklung dieser Meerestiere weit fortgeschritten ist. Denn würden sie ihre Taktik immer anwenden, wenn eine Dame in der Nähe ist, könnten sie leicht enttarnt und angegriffen werden, wenn mehrere rivalisierende Männer um die Tintenfischfrau herum postiert sind. Schließlich wäre dann für einige der Konkurrenten der Blick frei auf Seite mit der Balztracht. Damit das Farbenspiel überhaupt funktioniere, müssten sich die Männer zudem genau zwischen den Nebenbuhler und das Subjekt der Begierde positionieren. 11

1,2,3... : Tintenfische können zählen

Dass Tintenfische besonders kluge Tiere sind, ist schon länger bekannt. Jetzt haben zwei Forscher von der Universität Taiwan herausgefunden, dass sie auch zählen können, und zwar ganz ähnlich wie Menschen.

Dazu ließen die Wissenschaftler Tintenfische der Art Sepia pharaonis zwischen zwei durchsichtigen Behältern mit einer unterschiedlichen Anzahl von Garnelen wählen. Die Sepien wählten in jedem Fall den Behälter, der mehr Krebstiere enthielt, und das unabhängig davon, wie groß der zahlenmäßige Unterschied der Beutetiere war.

Wie Menschen erfassen Tintenfische bei bis zu fünf Beutetieren offenbar auf einen Blick, ob die Zahl größer oder kleiner ist. Das schaffen Kleinkinder erst ab einem Alter von einem Jahr. Bei mehr als fünf Garnelen zählen die Tintenfische dann in Ruhe nach und wählen schließlich - wen wundert´s? - die größere Anzahl.

Ihr Zahlensinn ist damit mindestens so gut wie der von Primaten. 12

Tintenfische: Persönlichkeiten mit Tagesform

Um zu testen, ob Kraken eine Persönlichkeit haben und individuell unterschiedliche Reaktionen auf ihre Umwelt zeigen, fing eine Forschergruppe um Renata Pronk von der Macquarie University Kraken im Hafen von Sydney, setzte sie in Aquarien und führte ihnen einen selbst gedrehten Film vor. Dieser zeigte eine Krabbe, ein Konservenglas und einen fremden Artgenossen.

Zunächst scheiterte das Experiment an den minderwertigen Filmaufnahmen, die man den Kraken anbot. Also fertigte Prink neue Aufnahmen in HDTV-Auflösung. Nun konnten die Kraken in bester Filmqualität sehen, wie die Krabbe auf sie zu marschierte.

Die Reaktion folgte prompt. Der Oktopus eilte auf den Bildschirm zu und versuchte, die Krabbe zu fangen und zu essen. Um nun herauszufinden, ob die Tintenfische eine Persönlichkeit haben, spielten die Forscher den Film mehrmals an verschiedenen Tagen ab. Das Verhalten eines jeden Oktopus blieb innerhalb eines Tages konstant, die einen reagierten voller Enthusiasmus, andere eher zurückhaltend. Über verschiedene Tage hinweg allerdings veränderte sich die Reaktion der Tintenfische: Zeigte sich ein Individuum anfangs sehr enthusiastisch, so blieb es am darauffolgenden Tag eher scheu. Pronk schloss daraus, dass die Tiere „episodische Persönlichkeiten“ haben. Kurzum: Sie sind launisch. 13

SPINNEN UND KREBSTIERE

Wenn Spinnen ihre Kinder lieben

Weibliche Wolfsspinnen bewachen ihre Eier und tragen die ausgeschlüpften Jungen mit sich herum. Was sie motiviert, ihre Jungen zu beschützen, ein simpler Mechanismus oder das Gefühl von Liebe und Fürsorgebereitschaft, ist freilich schwer zu erfassen. Folgende Geschichte könnte uns zu denken geben:

Der Wissenschaftler J.T. Moggridge berichtet von einer Falldeckelspinne, die er seiner Sammlung einverleiben und in Alkohol aufbewahren wollte. Er wusste, dass sich Spinnen noch eine ganze Zeitlang bewegen, nachdem man sie in Alkohol eingelegt hatte; er hielt dies aber für eine reine Reflexhandlung.

Moggridge entfernte die kleinen Spinnen von der Mutter und ließ diese in ein Gefäß mit Alkohol fallen. Als er glaubte, dass sie gestorben war, schickte er die 24 Babyspinnen hinterher. Zu seinem Schrecken streckte die Mutter ihre Beine aus, zog die Kinder an ihre Seite und hielt sie umschlossen, bis sie wirklich tot war. Nach dieser Erfahrung gebrauchte der erschrockene Moggridge Chloroform.

Ein unbewusster Reflex oder so etwas wie Mutterliebe? Vor dem Hintergrund, dass schon das Weben eines Spinnennetzes eine Leistung von außerordentlicher Komplexität darstellt, sind durchaus auch vielschichtige Gefühle bei einer Spinne vorstellbar. Die Spinne weiß wohl, was sie treibt. Wir nicht. 14

Das lass mal mich machen: Arbeitsteilung in der Spinnen-WG

Vertreter der Art Anelosimus studiosus gehören zu den sogenannten sozialen Spinnen, Sie leben in einer Art WG mit mehreren Artgenossen zusammen - und halten dort strikte Arbeitsteilung ein. Dabei verteilen die Spinnenfrauen die anfallenden Arbeiten wie Beute fangen, das Netz verteidigen oder sich um den Nachwuchs kümmern je nach ihren individuellen Neigungen und Vorlieben. Spinnen, die sich in Verhaltensexperimenten aggressiver gebärden, übernehmen dabei häufiger Aufgaben, für die ein forsches Auftreten nützlich sein kann. Wie die Biologen um Colin Wright von der University of Pittsburgh beobachtet haben, engagierten sich aggressive Spinnen dreimal so häufig bei der Jagd auf Beute und der Abwehr von Feinden wie ihre gutmütigen Mitbewohnerinnen. Diese hingegen kümmerten sich dreimal so oft um den Nachwuchs.

Und das macht Sinn: Während aggressive Spinnen angesichts eines Angreifers oder einer Beute nicht lange fackeln, ehe sie ihrerseits einen Angriff starten, verharren gutmütige Spinnenfrauen lange regungslos - bis es zu spät ist. Umgekehrt gehen die aggressiven Spinnen ziemlich rücksichtslos mit dem eigenen Nachwuchs um und töten ihn häufig, sollten sie sich doch einmal um ihn kümmern. So kommt es der gesamten Kolonie zugute, wenn jede Spinne eine Arbeit entsprechend ihrer Persönlichkeit wählt. 15

Umgang prägt: Im Miteinander bilden Spinnen ihre Persönlichkeit aus

Schon länger ist bekannt, dass selbst einzelne Spinnen unterschiedliche Charakterzüge haben. Die Individuen in sozialen Verbänden hausenden Spinne Stegodyphus dumicola haben zum Beispiel dauerhaft und nicht situationsabhängig mehr oder weniger furchtsame Persönlichkeiten. Eine Forschergruppe um Andreas Modlmeier von der University of Pittsburgh ist nun der Frage nachgegangen, wie es zur Ausbildung solcher Charaktere in der Spinnengemeinschaft gekommen ist. Dazu werteten sie aus, wie lange einzelne Spinnen in einer Gruppe mit anderen zusammenlebten, und ermittelten zudem, ob diese Spinnen allmählich bei einem Beutefangversuch zu besonders mutigem oder ängstlichem Verhalten neigten oder schlicht durchschnittlich blieben. Tatsächlich zeigten sich immer deutlichere individuelle Unterschiede bei immer längerer Gruppenzugehörigkeit. Soziale Interaktion fördert also die Ausbildung von Persönlichkeit, so die Forscher. 16

Spinnengesellschaft ganz menschlich: Ein schlechter Führer ist der Untergang

Offenbar ist der Mensch nicht die einzige Art, die schlechter Führung zum Opfer fällt. Eine Forschergruppe um Jonathan Pruitt von der University of California in Santa Barbara lehrte zunächst einzelnen Spinnen, dass andauernde leichte Vibrationen ihres Netzes einen Motten-Happen versprachen, während kurze, heftige Ausschläge vor Ameisen warnten. Dann wurden diese Spinnen in eine Kolonie untrainierter, furchtsamer Artgenossen gebracht. Nun ließen die Forscher das gemeinschaftliche Netz vibrieren und so lernten auch die anderen Tiere, die Signale richtig zu interpretieren. Bei manchen Kolonien vertauschten die Forscher dann die Signale. Erwartete die trainierte Spinne eine Motte, geriet sie beim Lospreschen an eine Ameise; versteckte sie sich vor dem Feind, entging ihr das Futter.

Wenn nun die Neue eine schüchterne Spinne war, ließ sich die Kolonie von deren Fehleinschätzungen nicht lange beeindrucken. Bei einer falsch gepolten Führungskraft jedoch geriet die ganze Gemeinschaft in Gefahr. Manche Kolonien verhungerten trotz reichhaltiger Nahrung, andere wurden immer wieder von Ameisen angegriffen. „Offenbar sind die Kolonien gegenüber ihren Anführern einigermaßen geduldig und lassen einige Fehler durchgehen“, sagt Kate Laskowski vom Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, die Erfahrung mit der Erforschung sozialer Spinnen hat. „Schlüssel-Individuen verbreiten falsche Informationen sehr effektiv, aber korrekte kaum“, schließt Pruitt aus dem Experiment. „Das war überraschend, um es vorsichtig auszudrücken.“ Und vor allem ziemlich menschlich... 17

Schon geil – Spinnenmänner haben Spaß am Sex

Lange dachten Forscher, dass Spinnen-Männer beim Sex nichts fühlen können. Doch das Liebesspiel von Spinnen ist offenbar aufregender als bisher vermutet. Ein deutsches Forscherteam hat Nervenzellen in den Geschlechtsteilen der männlichen Tasmanischen Höhlenspinne Hickmania troglodytes nachgewiesen. Biologen der Universitäten Greifswald und Jena schreiben im Fachmagazin Biology Letters: „Das männliche Geschlechtsorgan dieser Spezies ist nicht bloß eine gefühllose Struktur, sondern vermutlich in der Lage, Sinneseindrücke während der Spermienübertragung zu übermitteln.“

Mikroskop- und Röntgenaufnahmen sowie ein dreidimensionales Computer-Modell eines Pedipalpus zeigten zwei verschiedene Arten von Nervengewebe im Geschlechtsteil der Höhlenspinne: Einen Nerv, der bis zur Spitze des Organs läuft, und Ansammlungen von Neuronen in der Nähe einer Drüse, die für die Spermienübertragung zuständig ist.

Auf diese Weise erhielten die Tiere während der Paarung möglicherweise Informationen darüber, wie fortpflanzungsfähig die Dame ist, so die Forscher. Die Tiere könnten dann den Ausstoß ihres Ejakulats entsprechend anpassen. Aber Hauptsache doch, sie haben Spaß dabei. 18

Spinnen denken kausal

Spinnen verfügen über Fähigkeiten, die man bisher nur Wirbeltieren zugestanden hatte und die nicht als instinktives Reagieren abgetan werden können. In seinem Buch „Die Spinne“ schildert John Crompton eine Beobachtung mit einer Aranea sex punctata. Diese hatte den Ankerfaden ihres Netzes mit einem Stein beschwert und, als Cromptons das Netz zerstörte, es so erneuert, dass der Ankerfaden mit zwei Steinchen beschwert war. Wenn man nicht bloßen Zufall unterstellen will, so bleibt eigentlich nur die Deutung, dass das Gedächtnis der Spinne über den unmittelbaren Zweckzusammenhang hinaus kausales Denken einsetzen kann, so, als hätte die Spinne sich gesagt: „Das Netz ist zerrissen, weil der Ankerfaden zu wenig beschwert war. Ich muss ihn also das nächste Mal stärker beschweren.“ Und als Crompton dann auch das neue Netz zerstörte, zog die Aranea eine neue Konsequenz: sie gab den Platz auf. 19

Forscher entdecken den Schmerz bei Garnelen

Hummer und Garnelen können Schmerzen empfinden. Das stellten Biologen um Robert Elwood von der Queen‘s-Universität in Belfast nach Tests an Garnelen fest. Sie reizten die Fühler der Tiere und beobachteten charakteristische Reaktionen, wie sie auch bei Wirbeltieren vorkommen. Daher liege es nahe, auch den Krustentieren ein eigenes Nervensystem für die Schmerzempfindung zu attestieren, so die Forscher.

Im Rahmen ihrer Studie betupften die Wissenschaftler jeweils bei Felsengarnelen einen von zwei Fühlern mit Essigsäure. Die Garnelen krümmten daraufhin ihren Hinterkörper und begannen sofort, längere Zeit den betroffenen Fühler zu putzen und an der Aquariumwand zu reiben. Später träufelten die Wissenschaftler ein lokal wirkendes Schmerzmittel auf den Fühler, worauf die Garnelen aufhörten, die Antennen zu reiben. Dieses Verhalten führen die Biologen um Elwood Schmerzempfinden zurück. 20

Und auch den Krabben tut es weh

In Sachen Schmerzempfindung unterscheidet man wissenschaftlich zwischen der Schmerzwahrnehmung per Schmerzrezeptor – eine rein physiologische Reaktion – und dem Gefühlskonzept Schmerz. Dass Wirbellose über ersteres verfügten, wurde mit der zuvor beschriebenen Studie soweit bewiesen. Die zweite Kategorie ist schwieriger nachzuweisen.

Nun liefert eine neue Studie der Universität von Belfast weitere Hinweise auf die Leidensfähigkeit von wirbellosen Tieren. Elwood und viele seiner Kollegen setzen dazu auf das Konzept des Lernens. Erlebter Schmerz ist eine negative Erfahrung, die schützende und physiologische Reaktionen auslöst und aus der ein erlerntes Vermeidungsverhalten resultiert. Mit anderen Worten: Wenn ein Tier Situationen oder Objekte gezielt meidet, die ihm zuvor einmal Schmerzen bereitet haben, kann es mit einer hohen Wahrscheinlichkeit tatsächlich Schmerzen spüren und auch darunter leiden.

Bei Garnelen und auch bei Einsiedlerkrebsen hat Elwood bereits gezeigt, dass diese Art des Lernens stattfindet. In seiner neuen Studie konzentrierte er sich nun auf Strandkrabben. Dabei stellte er sich die Frage, ob die Tiere so stark unter den Schmerzen leiden, dass sie sogar auf eine wertvolle Ressource verzichten, nur um die Schmerzen zu vermeiden. Er legte seinen Testkrabben dazu dünne Drähte um jeweils ein Bein, mit denen er ihnen leichte, aber mutmaßlich schmerzhafte Stromschläge zufügen konnte. Dann setzte er sie in ein hell erleuchtetes Aquarium, in dem es auf jeder Seite einen dunklen Unterschlupf gab – eindeutig der bevorzugte Aufenthaltsort der Krebse.

In der Studie selbst bekamen einige Krabben im Abstand von jeweils fünf Sekunden Stromschläge, sobald sie sich in einen der abgedunkelten Bereiche zurückzogen, andere wurden dagegen in Ruhe gelassen. Die Folge: Die meisten der geschockten Krebse lernten mit der Zeit, den Unterschlupf zu meiden, in dem sie die Stromschläge bekommen hatten – sie zogen sich entweder in den anderen zurück oder blieben sogar gleich in der hell erleuchteten Mitte des Aquariums. Dieses Verhalten entspreche fast exakt dem, das in Studien bei Wirbeltieren beobachtet worden sei, konstatiert Elwood.

Übrigens: Obwohl es gesetzlich für Wirbellose nicht gefordert wird, hat Elwood seinen Artikel mit einer „ethical note“ versehen, in der er versichert, seinen Versuchstieren so wenig Schmerz wie möglich zugefügt zu haben. Nach der Studie habe er zudem alle Tiere wieder freigelassen – an einem geeigneten Strand in der Nähe der Stelle, an der sie eingefangen worden waren. Immerhin. Wobei das Ergebnis der Studie genau das aussagt: dass es generell Unrecht ist, Strandkrabben einzufangen und mit Elektroschocks zu traktieren. 21

Schau mal meinen Dicken an

Winkerkrabben leben entlang der Küsten in Mangroven oder auf Schlammfeldern. Eine Forschergruppe um Simon Lailvaux von der University of South Wales in Sydney (Australien) hat nun beobachtet, dass männliche Winkerkrabben ihre Rivalen zuweilen mit einer großen Prachtschere täuschen, die stärker aussieht, als sie ist. Damit demonstrieren die Krabben eine Überlegenheit, die sie in Wirklichkeit nicht haben.

Verlieren die Tiere ihre Schere im Kampf, können sie eine nachbilden. Manche Männer verzichten dabei jedoch auf eine solide Bauweise. Die Gliedmaßen sehen dann zwar groß und stark aus, sind aber schwächer als die ursprünglichen Scheren.

Die Schere – sie ist mitunter größer als der Körper – spielt beim Werben um die Damenwelt eine wichtige Rolle. Auf der Suche nach Frauen „winken“ die Männer, indem sie die Prachtschere in die Luft heben und wieder senken.

Hier beobachteten Lailvaux und seine Kollegen, dass die regenerierte Prachtschere oftmals größer ist als die ursprüngliche. Außerdem stellten sie fest, dass das Verhältnis von Stärke und Größe bei den ursprünglichen Scheren viel besser übereinstimmte als bei den nachgewachsenen. Daraus schließen die Forscher, dass männliche Winkerkrabben ihre Konkurrenten täuschen.

Sobald die Winkerkrabben eigene Territorien haben, fliegt der Schwindel jedoch auf. Denn dann müssen sie ihr eigenes Revier verteidigen und den Kampf mit jedem Eindringling aufnehmen. Dabei bemerken die anderen Männer dann den Bluff. 22

Suche: Sicherheit Biete: Sex

In einer großen Krabbenkolonie herrscht Konkurrenzkampf, es gilt ständig, das eigene Revier zu verteidigen. Die Natur hat die Damen und die Herren dabei unterschiedlich gut für den Kampf gerüstet: Die Männer besitzen eine große Schere zur Verteidigung, die den Frauen fehlt. Trotzdem können sich diese mittels einer besonderen Art der Nachbarschaftshilfe behaupten.

Richard Milner und seine Kollegen von der Universität in Canberra beobachteten eine Winkerkrabbenkolonie vor der Ostküste Südafrikas. Wie sich zeigte, treten die Herren gegenüber benachbarten Damen als Beschützer auf: Will ein Rivale eine Nachbarin aus ihrem Bau verjagen, durchkreuzen sie dessen Plan. Auf weibliche Eindringlinge hingegen reagierten die Männer nur schwach.

Dabei fiel den Forschern auf, dass in Sachen Liebe die Wahl der Frauen auffallend häufig auf einen ihrer einsatzbereiten Nachbarn fiel: Bei 44 von 52 untersuchten Verhältnissen kamen die Herren aus der direkten Umgebung zum Zug. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Krabbenfrauen den Sex tatsächlich abhängig vom Leibwächterdienst und nicht als „Vorschuss“ gewähren. Mit dem außergewöhnlichen Belohnungssystem lasse sich auch das Verteidigungsverhalten der Winkerkrabben erklären: Sie bekämpfen nur Angreifer, die kleiner sind als sie selbst – im anderen Fall würde die Belohnung das Risiko nicht aufwiegen. 23

Krabben bilden Bürgerwehren – aus reiner Berechnung

Der Immobilienmarkt der Krabben ist hart umkämpft, die begehrten netten Plätzchen im Schlamm sind knapp, und nur Grund- und Bodenbesitzer haben später dann auch Erfolg bei den Frauen. Der Rest der Krabben wandert heimatlos durch die Kolonie und attackiert hin und wieder schwächlich scheinende Grundbesitzer in der Hoffnung, diese vielleicht zu vertreiben. Dabei beobachteten Patricia Backwell und Michael Jennions von der National University in Canberra Merkwürdiges: Häufiger kämpfen nicht zwei, sondern gleich drei Krabben miteinander und stets sind es zwei Grundbesitzer, die sich gegen einen herumstreunenden Landräuber zusammentun. Bilden Krabben Bürgerwehren? Und wenn ja – warum?