Wer Liebe sät (Die Sullivans aus New York 3) - Bella Andre - E-Book

Wer Liebe sät (Die Sullivans aus New York 3) E-Book

Bella Andre

4,0

Beschreibung

Seit jeher ist Alec Sullivan überzeugt, im Leben alles zu haben. Ein milliardenschweres Luftfahrtunternehmen für Privatflüge. Eine Penthousewohnung in New York. Schöne Frauen, die klug genug sind, keine Liebe von ihm zu erwarten. Und fantastische Geschwister, für die er alles tun würde. Doch als Alecs Geschäftspartner stirbt und alles einer Tochter vererbt, von deren Existenz Alec nichts wusste, wird sein Leben von einem Moment auf den anderen auf den Kopf gestellt. Alles wegen Cordelia. Cordelia Langley dachte immer, sie sei mit ihrem Leben rundum zufrieden. Sie besitzt ein Gärtnereigeschäft, an dem sie sehr hängt, wohnt in einem hübschen kleinen Häuschen in der gleichen Stadt wie ihre Adoptiveltern und hat es nicht besonders eilig, den Mann ihres Lebens zu finden. Nie hatte sie damit gerechnet, überraschend ein Vermögen zu erben - oder einen Mann wie Alec Sullivan kennenzulernen. Einen schockierend attraktiven Milliardär, der ihr Herz zum Rasen bringt und es gleichzeitig dahinschmelzen lässt. Weder Alec noch Cordelia haben vor, einander näher zu kommen, als unbedingt nötig. Aber können sie sich wirklich gegen eine so brennende Leidenschaft, gegen ein so tiefes Begehren wehren? Als Cordelia Alecs Unterstützung braucht, steht er ihr ganz instinktiv zur Seite. Aber wird er sich ihr auch öffnen, als sie ihm helfen könnte, seinen tiefsten Schmerz zu bewältigen? Oder wird er sie zurückweisen, so wie er das seit dreißig Jahren mit allen tut, die ihn lieben ... "Die Sullivans"-Reihe *** Die Sullivans aus San Francisco *** Liebe in deinen Augen Ein verfänglicher Augenblick Begegnung mit der Liebe Nur du in meinem Leben Sag nicht nein zur Liebe Nur von dir hab ich geträumt Lass dich von der Liebe verzaubern Du gehst mir nicht mehr aus dem Sinn *** Die Sullivans aus Seattle *** Eine perfekte Nacht Nur du allein Deine Liebe muss es sein Dir nah zu sein Ich mag, wie du mich liebst Ohne dich kann ich nicht sein *** Die Sullivans aus New York *** Vier Herzen vor dem Traualtar Bilder von dir Weil es Liebe ist Die Süße der Liebe Das Beste kommt erst noch Liebe ist kein Marchen Wer Liebe sät "Die Maverick Milliardäre"-Reihe Verliebt bis über beide Ohren   Liebe ist nur was für Mutige  Keine Angst vor der Liebe  Keine Chance gegen die Liebe Grenzenlos verliebt

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Wer Liebe sät

Bella Andre

Inhaltsverzeichnis

Bucheinband

Titelseite

Copyright

Über das Buch

Eine Anmerkung von Bella

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Epilog

Alle Bücher von Bella Andre in deutscher Sprache

Über die Autorin

Wer Liebe sät

Die Sullivans aus New York 3

© 2019 Bella Andre

Übersetzung Christine L. Weiting – Language + Literary Translations, LLC

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Seit jeher ist Alec Sullivan überzeugt, im Leben alles zu haben. Ein milliardenschweres Luftfahrtunternehmen für Privatflüge. Eine Penthousewohnung in New York. Schöne Frauen, die klug genug sind, keine Liebe von ihm zu erwarten. Und fantastische Geschwister, für die er alles tun würde. Doch als Alecs Geschäftspartner stirbt und alles einer Tochter vererbt, von deren Existenz Alec nichts wusste, wird sein Leben von einem Moment auf den anderen auf den Kopf gestellt. Alles wegen Cordelia.

Cordelia Langley dachte immer, sie sei mit ihrem Leben rundum zufrieden. Sie besitzt ein Gärtnereigeschäft, an dem sie sehr hängt, wohnt in einem hübschen kleinen Häuschen in der gleichen Stadt wie ihre Adoptiveltern und hat es nicht besonders eilig, den Mann ihres Lebens zu finden. Nie hatte sie damit gerechnet, überraschend ein Vermögen zu erben – oder einen Mann wie Alec Sullivan kennenzulernen. Einen schockierend attraktiven Milliardär, der ihr Herz zum Rasen bringt und es gleichzeitig dahinschmelzen lässt.

Weder Alec noch Cordelia haben vor, einander näher zu kommen, als unbedingt nötig. Aber können sie sich wirklich gegen eine so brennende Leidenschaft, gegen ein so tiefes Begehren wehren? Als Cordelia Alecs Unterstützung braucht, steht er ihr ganz instinktiv zur Seite. Aber wird er sich ihr auch öffnen, als sie ihm helfen könnte, seinen tiefsten Schmerz zu bewältigen? Oder wird er sie zurückweisen, so wie er das seit dreißig Jahren mit allen tut, die ihn lieben …

Eine Anmerkung von Bella

Nichts macht mich glücklicher, als über einen Sullivan zu schreiben, der sich verliebt! Besonders ein Held wie Alec Sullivan, der absolut sicher ist, dass die Liebe ihm nie begegnen wird. Ich konnte es einfach nicht erwarten, ihm das Gegenteil zu beweisen, und ich dachte, ich wüsste genau, wie das alles ablaufen würde.

Aber ich sollte eigentlich mittlerweile wissen, dass sich meine Geschichten, immer, wenn ich glaube, ihren Verlauf bereits zu kennen, in eine ganz andere Richtung entwickeln! Vom ersten Tag an, als ich anfing, Wer Liebe sät zu schreiben, war ich schockiert. Denn sobald ich Alec seine eigene Geschichte gab, erwies er sich als einer der atemberaubendsten, romantischsten, liebevollsten und wunderbarsten Sullivan-Helden aller Zeiten.

Jetzt können Sie sich bereits denken, wie groß meine Bewunderung für ihn ist …

Sie könnte nicht größer sein.

Ich kann es wirklich kaum erwarten, dass Sie die Geschichte von Alec und Cordelia lesen. Geschrieben habe ich sie draußen in meinem Garten und ich hoffe, dass auch Sie irgendwo ein blühendes Eckchen ganz für sich haben, wo Sie dieses Buch genießen können.

Damit Sie keine meiner Neuerscheinungen verpassen, sollten Sie daran denken, sich für meinen Newsletter anzumelden (BellaAndre.com/Germany).

Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Ihre

Bella Andre

KAPITEL 1

Überraschungen waren Alec Sullivan verhasst.

Als er dreißig wurde, gab seine Schwester Suzanne eine Überraschungsparty für ihn. Er hatte einen höllischen Tag im Büro hinter sich, weil ihm eine neue Flugzeugmotorenfirma das Beste vom Besten versprochen, aber nichts davon geliefert hatte. Fünfzig Leute in seiner Wohnung vorzufinden, die zur Geburtstagstorte ein lächelndes Geburtstagskind, Frohsinn und Small Talk erwarteten, war das Allerletzte, auf das er Lust hatte. Fünf Jahre später entschuldigte sich Suzanne immer noch für jenen Abend, obwohl beide wussten, dass sie nur versucht hatte, ihn glücklich zu machen.

Alec würde alles für seine Schwester und seine Brüder Harry und Drake tun. Er hatte sich um die drei gekümmert, seit er fünf Jahre alt war, und ihre Mutter sich das Leben genommen hatte. Sein Vater war damals am Boden zerstört und nicht mehr in der Lage gewesen, seine Vaterrolle wahrzunehmen.

Und deswegen hatte Gordon Whitley eine so wichtige Rolle gespielt. Er war direkt nach der Business School Alecs Chef und wurde später sein Geschäftspartner. S&W Aviation hatten sie gemeinsam aufgebaut.

Und Gordon war die Vaterfigur gewesen, die Alec nie hatte.

Gestern hatte Alec Gordon neben seinem Schreibtisch auf dem Boden liegend gefunden. Er war neben Gordon auf die Knie gefallen, hatte seinen Freund angefleht, wieder wach zu werden, und gleichzeitig seiner Sekretärin zugebrüllt, den Notarzt zu rufen. Aber er war zu spät gekommen. Es war ein massiver Herzinfarkt, der Gordons jahrelangen Witzeleien, er müsste weniger trinken und mehr Sport treiben, mitten an einem Arbeitstag ein jähes Ende setzte.

Gordons Augen hatten sich nur für einen Moment geöffnet, seine Lippen formten ein Wort: „Cordelia.“

Und dann war er tot.

Für Alec war es ein schwerer Schlag gewesen, Gordon zu verlieren. Vierundzwanzig Stunden später fror er immer noch und hatte Magenkrämpfe. Aber als er sich bemühte, die Neuigkeit zu verarbeiten, die Gordons Anwalt und Nachlassverwalter ihm gerade eröffnet hatte, fühlte er sich, als wäre er von einem zweiten Schlag getroffen worden.

Und dieser war so schwer, dass es ihm immer noch schwerfiel, zu glauben, was er gerade gehört hatte.

„Gordon hatte eine Tochter.“ Alecs Anwalt, Ezra, und Gordons Anwalt, Caleb, warteten schweigend, während Alec die schockierenden Informationen laut noch einmal wiederholte. „Sie ist fünfundzwanzig, lebt in Yorktown…. und abgesehen von dem 1934er Packard Cabriolet, das ich bekommen soll, hat er ihr sein gesamtes Vermögen vermacht. Einschließlich seiner Hälfte unserer Firma.“

Gordon Whitley war der Typ, von dem man eigentlich annahm, er würde ewig leben. Aber Alec hatte trotzdem immer damit gerechnet, dass er, falls seinem Freund und Sozius doch einmal etwas zustoßen sollte, Gordons Anteil an der Firma bekommen würde. Zumindest das eine Prozent, das bedeutete, dass ihm niemand in die Geschäftsführung von S&W Aviation hineinreden konnte.

„Ist sie schon über ihr Erbe informiert worden?“, fragte Alec.

„Ich habe nur kurz mit ihr telefoniert, werde mich aber direkt nach dem Verlassen deines Büros mit ihr treffen“, antwortete Caleb.

Hatten sie und Gordon sich nahegestanden? Hatte sie gewusst, dass diese Erbschaft, die sie jetzt zur Eigentümerin von 50 Prozent der erfolgreichsten Privatflugge­sellschaft der Welt und damit zu einer wirklich reichen Frau machte, eines Tages auf sie zukommen würde?

Oder würde sie von dieser Nachricht genauso überrascht sein wie Alec?

Alec hatte Gordon blind vertraut. Er hatte geglaubt, es gäbe keine Geheimnisse zwischen ihnen. Wie auch, wo sie doch fast zwanzig Jahre lang jeden Tag Seite an Seite gearbeitet hatten?

Cordelia Langley war ein verdammt überraschendes Geheimnis.

Er verkniff sich einen Fluch und rieb sich die Brust, in der sich alles beengt anfühlte. Er erfreute sich bester Gesundheit, aber es tat trotzdem höllisch weh, seinen engsten Freund zu verlieren. Einen Freund, der ihm ein enormes Geheimnis vorenthalten hatte.

„Bitte vereinbare einen Termin mit ihr hier im Büro“, sagte er zu Caleb. „Morgen. Ich muss mit ihr reden.“

Alec hatte erst vor fünf Minuten von Cordelias Existenz erfahren, aber er hatte bereits begonnen, einen Plan aufzustellen. So hatte sein Gehirn immer schon funktioniert, selbst als er fünf Jahre alt war und sein Vater ihm gesagt hatte, dass seine Mutter nicht mehr lebte. Damals hatte Alec sofort damit begonnen, Pläne zu schmieden, wie er sich um Harry, Suzanne und Drake kümmern würde. Denn er wusste, dass sein Vater es nicht schaffen konnte. Auch jetzt, da seine Geschwister erwachsen waren und voll und ganz für sich selbst sorgen konnten, passte Alec immer noch auf sie auf. Und er würde nie damit aufhören.

Nachdem Gordons Anwalt gegangen war, wandte sich Alec seinem eigenen Anwalt zu. „Bevor ich heute Abend nach Hause gehe, schicke ich dir alle Einzelheiten meines Buyout-Plans zu. Dann kannst du ihn juristisch hieb- und stichfest ausformulieren.“

Ezra schien nicht überrascht von Alecs Absicht, Cordelias Anteil an der Firma zu kaufen. Das war schließlich das einzig logisch Sinnvolle an dieser Angelegenheit.

„Es tut mir leid, Alec. Tut mir leid, dass wir ihn verloren haben.“ Verdrießlich schob Ezra seinen Sessel zurück, packte seine Akten ein und ging zum Aufzug. „Gordon war ein guter Mann.“

Als er die Tür schloss, war Alec versucht, sich ein Glas von dem irischen Whisky einzuschenken, den er und Gordon oft am Ende eines langen Tages miteinander getrunken hatten, egal, ob sie nun einen großen Sieg zu feiern oder einen ihrer seltenen Verluste zu betrauern hatten. Allerdings hatte ihn keine geschäftliche Niederlage je so schmerzhaft getroffen. Oder ein solches Gefühl der Leere hinterlassen.

Aber dann klingelte Alecs Telefon – ein Mitglied einer Königsfamilie aus einem kleinen europäischen Land wollte sich die besten Jets von S&W vorführen lassen.

Der Whiskey, den er in aller Stille zu Ehren seines besten Freundes aller Zeiten trinken wollte, würde warten müssen.

* * *

Cordelias Herz klopfte unruhig in ihrer Brust, als sie am nächsten Tag an der glänzenden Fassade des Bürogebäudes in Scarsdale, New York, einer der reichsten Städte Amerikas, hochschaute.

Die Hälfte dieses Gebäudes gehörte jetzt ihr, ebenso wie die Hälfte der Privatflugzeuge auf der beeindruckenden Liste, die ihr Gordon Whitleys Nachlassverwalter gegeben hatte. Dazu kam noch eine überwältigende Liste von Kunden, auf der einige der reichsten und prominentesten Leute der Welt standen. Schauspieler und Schauspielerinnen, die sie im Kino gesehen hatte. Gründer von Technologiefirmen, die jetzt Milliardäre waren. Sogar Mitglieder von Königsfamilien.

In den letzten 24 Stunden hatte Cordelia versucht, diese schockierenden Informationen zu bewältigen. Aber es bereitete ihr immer noch Schwierigkeiten.

Eine Menge Schwierigkeiten.

Natürlich hatte sie sich schon früher gefragt, wer ihre leiblichen Eltern waren. Welches Adoptivkind tut das nicht? Ihre Mutter und ihr Vater waren großartige Eltern. Sie waren warmherzig und liebevoll und unterstützten sie in jeder Hinsicht. Sie hatten sie nie in Situationen gedrängt, in denen sie sich unwohl fühlte. Immer hatten sie verstanden, dass sie mit Pflanzen glücklicher war – sie hatte mit fünf Jahren ihren eigenen Gemüsegarten und ein Jahr später ihren ersten Rosengarten angelegt – als in einer Umgebung mit vielen Menschen. Oder in einem Büro.

Sie hatte einen kleinen Kreis treuer Freunde. Und mit ihrer Gärtnerei für Biogemüse und Blumen in einer verschlafenen Vorstadt führte sie ein gutes Leben. Sie war genau dort, wo sie sein wollte: Bei Sonne und Regen verbrachte sie den ganzen Tag mit Säen, Pflanzen und Ernten. Und abends zog sie sich mit einer Tasse Tee in ihr kleines, niedliches Häuschen am hinteren Rand ihres Grundstücks zurück.

Der Anwalt neben ihr räusperte sich. „Ms. Langley, sind Sie bereit, jetzt hineinzugehen?

Sie hat fast laut geschnaubt. Bereit? Sie war alles andere als bereit für irgendetwas hier.

Über ihren leiblichen Vater hatte sie zwar oft nachgedacht, aber sie hätte nie gedacht, dass er Besitzer von so etwas Großem und Beeindruckendem sein könnte.

Als sie alt genug war, um es zu verstehen, hatten ihre Eltern ihr alles gesagt, was sie wussten. Ihre leibliche Mutter war bei ihrer Geburt gestorben, und ihr leiblicher Vater hatte sie sofort zur Adoption freigegeben. Er hatte ihre Adoptiveltern persönlich ausgewählt, obwohl sie ihm nie begegnet waren. Ihr leiblicher Vater hatte sich dafür entschieden, anonym zu bleiben, anstatt seinen Namen in der Akte zu hinterlegen, die bei ihrer Volljährigkeit geöffnet wurde. Er hinterließ nur einen kurzen Brief an ihre Eltern.

Bitte geben Sie meiner Tochter alles, was ich ihr nicht geben kann.

Ihnen beiden vertraue ich ihr Glück und ihr Leben an.

Ihre Eltern hatten ihr den Brief gegeben, als sie ihr Studium mit einem Abschluss in Botanik abschloss. Am selben Tag hatten sie sie mit dem größten Abschlussgeschenk der Welt überrascht – mit einem Morgen Land, auf dem sie ihre Zukunft aufbauen konnte. Für ein Lehrerehepaar war das ein sehr teures Geschenk. Sie hatte sich geschworen, sie niemals zu enttäuschen und alles zu tun, was nötig war, um den Hoffnungen, die sie in sie setzten, gerecht zu werden.

Drei Jahre später hatte sie einen kleinen, florierenden Gärtnereibetrieb … und jetzt, und das war wirklich ein Schock, eine Milliardenbeteiligung an einer Privatflugge­sellschaft. Mit den besten Grüßen von dem Mann, der sie am Tag ihrer Geburt weggegeben hatte.

Cordelia wollte im Moment eigentlich nichts lieber, als in ihrem Garten zu sein – dem Privatgarten vor ihrem Haus, wo sie Steinkraut für die Schmetterlinge, Dahlien für die Kolibris und Schmuckkörbchen für die Bienen gepflanzt hatte. Aber alle Wünsche der Welt würden nichts an den Tatsachen ändern.

Gordon Whitley war ihr leiblicher Vater … und er hatte ihr die Schlüssel zu seinem Königreich vermacht.

Sie wusste, dass die meisten Leute dies als den Lottogewinn des Jahrhunderts betrachten würden. Aber Cordelia hatte nicht den geringsten Zweifel daran, dass ein Leben inmitten luxuriöser Flugzeuge und prominenter Kunden und mit mehr Geld, als sie jemals würde ausgeben können, nichts für sie war.

Heute war sie nur aus einem Grund hier. Um ihren Anteil an der Firma an Gordon Whitleys Geschäftspartner zu verkaufen. Sie würden einen kleinen Teil ihres unerwarteten Erbes verwenden, um ihren Eltern ein besseres Leben zu ermöglichen, und den Rest für einen wohltätigen Zweck spenden. Dann würde sie in ihr normales, ruhiges Leben inmitten von Blumen und Vögeln zurückkehren. Als ob nichts von alledem je passiert wäre. Als ob sie nicht soeben herausgefunden hätte, dass ihr leiblicher Vater die ganzen Jahre über weniger als eine halbe Autostunde von ihr entfernt gelebt und niemals versucht hatte, sie zu kontaktieren oder sie kennenzulernen, noch nicht einmal, als sie erwachsen war.

Sie bemühte sich angestrengt, den Stachel in ihrer Brust zu verdrängen, holte tief Luft, richtete sich gerade auf und hob das Kinn. „Ich bin bereit.“

KAPITEL 2

Von seinem Bürofenster aus beobachtete Alec, wie Cordelia auf dem Bürgersteig stand. Sie war hübsch, dunkelhaarig und schlank und sah Gordon eindeutig ähnlich. Sie war nicht die Art von Frau, die Alec in einer Bar auffallen würde, und sie gehörte auch nicht zu der Art Frauen, mit denen er sich normalerweise im Bett vergnügte. Er ging nur mit Frauen aus, die verstanden, dass er zwar für Spaß und Vergnügen zu haben war – aber nicht für immer.

Cordelia hatte vor seinem Gebäude – das jetzt, bis sie sein Übernahmeangebot annehmen würde, auch ihr gehörte – ein paar Minuten verweilt. Sie wirkte nicht beeindruckt. Und auch nicht verängstigt. Mehr als alles andere wirkte sie verwirrt. So, als ob sie noch nicht fähig gewesen wäre, dieses gigantische Erbe in ihren Kopf zu bekommen.

Nun, damit war sie nicht allein.

Seit er von ihrer Existenz erfahren hatte, hatte Alec hatte kaum geschlafen. Er hatte sich vorgenommen, gründlich über Cordelia zu recherchieren. Die Art von Übernahmeangebot, wie man es einer männermordenden Powerfrau mit ambitionierten Aufstiegsvisionen vorlegen würde, sah ganz anders aus als der Vorschlag, den er einem Mädchen aus der Kleinstadt machen würde, das plötzlich in eine ganz andere Welt hinauskatapultiert wurde.

Cordelia Langley war Mitte zwanzig und unverheiratet. Sie war bei ihren Adoptiveltern, dem Lehrerehepaar Amy und Walter Langley, in der Vorstadt von Yorktown aufgewachsen. Sie hatte in ihrer Schulzeit weder in einer Sportmannschaft mitgespielt, noch war sie Mitglied in einem Schulklub – außer im Gartenklub – gewesen. Sie hatte ihr Studium an der Pace University – ganz in der Nähe ihres Elternhauses – abgeschlossen und dann mit 22 Jahren ihr eigenes Gartencenter eröffnet. Sie lebte allein in einem kleinen Häuschen auf dem Grundstück der Gärtnerei.

Seine Recherchen hatten ein eindeutiges Bild ergeben: Cordelia war eine stille, einfache Frau. Eine, die sich mit dieser Erbschaft völlig überfordert fühlen musste. Die Chancen, dass sie nur darauf wartete, sich alles vom Hals zu schaffen, standen gut.

Alec geriet wieder ins Staunen darüber, dass sein oft skrupelloser Geschäftspartner, ein Mann, der große Träume gehabt und noch viel Größeres erreicht hatte, in irgendeiner Weise mit einer Frau verwandt war, die ihren Lebensunterhalt mit Blumen züchten verdiente. Mit seinem eigenen Vater hatte Alec hatte viele Probleme gehabt, aber in Wahrheit war der Apfel nicht allzu weit vom Stamm gefallen. William Sullivan war einst der erfolgreichste Maler der Welt gewesen. Dass er die Malerei aufgegeben hatte, um an einem See in den Adirondacks Häuser zu bauen, hatte nichts daran geändert, wer er in seinem Kern wirklich war: ein Mann, der stets danach strebte, der Beste zu sein. Genauso wie Alec danach strebte, erfolgreich zu sein. Zu siegen. Zu triumphieren.

Deshalb war er bereit, Cordelia den Verkauf ihres Anteils mit einem äußerst großzügigen Übernahmeangebot so leicht wie möglich zu machen. Ehrlich gesagt, konnte er sich kein Szenario vorstellen, in dem sie ihre Hälfte von S&W Aviation behalten wollte. Wahrscheinlich zählte sie schon die Minuten, bis sie in ihrem Garten wieder mit der Kelle in der Hand auf dem Boden knien konnte.

Als Alec vor seinem Büro Schritte hörte, setzte er ein Lächeln auf und ging Cordelia zur Begrüßung entgegen. Aber sein Schritt – und sein Lächeln – gerieten ins Stocken, als er sie zu Gesicht bekam.

Alec hatte noch nie so grüne Augen gesehen. Und einen so weichen, lieblichen Mund. Noch nie hatte er angesichts einer schönen Frau feuchte Hände bekommen.

Vom Fenster aus hatte er gedacht, sie sei einfach nur hübsch. Aber jetzt wusste er, dass das eine enorme Fehleinschätzung war. Denn die unbestreitbare Wahrheit war, dass sie aussah wie ein Hauch frischer Luft an einem Tag mit strahlend blauem Himmel.

Verdammt, verschwitzte Hände, das konnte vorkommen. In poetische Schwafeleien zu verfallen, gehörte in eine andere Kategorie. Offensichtlich hatten ihn der plötzliche Tod seines Partners und die Nachricht von der Existenz seiner Tochter stärker aus der Bahn geworfen, als er angenommen hatte.

„Cordelia.“ Als Alec ihr seine Hand entgegenstreckte, fiel ihm auf, wie perfekt ihr Name zu ihr passte. Elegant und etwas altmodisch, aber trotzdem schön. „Danke, dass Sie heute zu diesem Treffen gekommen sind. Ich bin Alec Sullivan, der Geschäftspartner Ihres Vaters.“

Sie zögerte einen Moment, bevor sie ihre Hand in seine legte. Dieser Moment fühlte sich irgendwie länger an, als er wirklich war, und ermöglichte ihm einen noch näheren Blick in ihre atemberaubenden Augen, die nicht nur grün waren, sondern überall in der Iris goldene Sprenkel hatten. Ihr Atem schien etwas unregelmäßig zu gehen, als sie ihm gegenüberstand, und er konnte sehen, wie ihre Halsschlagader unter der Haut pulsierte. Ihre Hand war klein, aber stark, wahrscheinlich von der Gartenarbeit den ganzen Tag. Gleichzeitig waren ihre Handfläche und ihre Finger überraschend weich.

„Er ist nicht mein Vater.“ Bei dieser unerwartet heftigen Bemerkung drückte ihr Alec unwillkürlich die Finger, bevor er merkte, dass er sie loslassen musste.

„Mir wurde unmissverständlich mitgeteilt, er sei Ihr Vater.“

Ärger und etwas, das aussah wie Trauer, fuhr ihr durchs Gesicht und ließ ihren Mund zu einem Strich werden. „Biologisch, ja. Ansonsten, nein.“

Erneut war Alec überrascht. Ihr Händedruck und ihre Persönlichkeit waren viel stärker, als er es laut seiner Recherchen erwartet hätte.

Hatte er sich mit seinem Übernahmeangebot verrechnet?

Nein. Es würde das Beste sein, all das hier einfach hinter sich zu bringen. Nicht nur, weil er ein Unternehmen zu führen hatte, sondern auch, weil sie offensichtlich nichts mit ihrem leiblichen Vater zu tun haben wollte.

„Kommen Sie doch in mein Büro und machen Sie es sich bequem.“ Die Anwälte saßen bereits drinnen. Er hatte dafür gesorgt, dass sie alle auf den Sofas und nicht am Konferenztisch saßen. Die ungezwungene Atmosphäre würde Cordelia davor bewahren, sich allzu unwohl zu fühlen. Er wollte sie nicht ängstigen. Er wollte einfach den Übernahme-Deal so rasch und schmerzlos wie möglich abschließen. „Darf ich Ihnen etwas zu essen oder zu trinken anbieten?“ Sein Büro war mit allem ausgestattet, vom feinsten Champagner bis zur Cola, vom Kaviar bis zum Käsegebäck. Was auch immer seine Kunden wollten, sie bekamen es. Auf diese Art hatten Alec und Gordon das renommierteste und profitabelste Privatflugunternehmen der Welt aufgebaut.

„Nein, danke.“

Ihr Rücken war kerzengerade, die Hände in ihrem Schoß fest verschränkt. Mit anderen Worten, sie war auf keinen Fall entspannt genug, um einem Deal zuzustimmen. Glücklicherweise gehörte es zu Alec größten Begabungen, dafür zu sorgen, dass sich Frauen wohlfühlten. Jung oder alt, still oder gesprächig, introvertiert oder extrovertiert – er war noch nie einer Frau begegnet, die er nicht bezaubern konnte. Er war sich sicher, dass Cordelia da keine Ausnahme sein würde.

Obwohl sie gesagt hatte, sie wolle nichts trinken, holte er eine Karaffe mit Sprudelwasser und vier Gläser, schenkte jedem von ihnen ein Glas ein, lächelte dann und sagte: „Ich hoffe, Sie sind gut hierhergekommen, ohne allzu viel Vormittagsverkehr?“

„Die Fahrt war okay.“

Er ließ sich von ihrer knappen Antwort nicht entmutigen. „Ich habe gehört, dass dieses Jahr durch den vielen Regen im Winter ein sehr gutes Blumenjahr ist. Sogar die Straßenränder sind voller Blumen, nicht wahr?“

Er hatte eigentlich auf ein Lächeln gehofft, erntete aber nur ein Stirnrunzeln. „Sie haben offensichtlich gut recherchiert und wissen, womit ich meinen Lebensunterhalt verdiene.“

Es gelang Alec nur mit Mühe, weiterhin zu lächeln. „Ja, ich habe mich informiert“, gab er zu. „Ich hielt das für meine Pflicht, wo ich doch bis gestern gar nichts von Ihnen wusste.“

Sie erstarrte. „Er hat Ihnen nie von mir erzählt?“

„Nein. Und wenn ich nichts von Ihnen wusste, dann wusste es niemand.“ Alec wollte mit ihr nicht zu tief in emotionsgeladene Gefilde vordringen, aber einige Fragen mussten gestellt werden. „Wussten Sie, wer er war?“

Ihr Gesicht erblasste kurz, bevor sie den Kopf schüttelte. „Nein.“ Sie klang ziemlich heiser und griff nach dem Wasserglas, das sie nicht gewollt hatte, und trank einen Schluck, bevor sie weitersprach. „Ich habe es gestern erfahren. Genau wie Sie.“

Fast zwanzig Jahre lang hatte Alec nichts als den größten Respekt vor Gordon gehabt. Aber jetzt musste er sich fragen, wie sein Freund die ganze Zeit über wissen konnte, dass es die Frau gab, die heute hier saß – und die eindeutig keiner Fliege etwas zuleide tun würde, noch nicht einmal, wenn diese eine ihrer Pflanzen fraß – ohne sich jemals mit ihr in Verbindung zu setzen.

Wenn Alec eine Tochter hätte, würde er sie kennenlernen wollen, unabhängig von den Umständen ihrer Geburt. Niemals in tausend Jahren hätte er das getan, was seine Mutter getan hatte, als sie beschloss, ihre Kinder zu verlassen und sich das Leben zu nehmen. Drei Jahrzehnte lang hatte Alec mit dem Wissen gelebt, dass weder er noch seine Geschwister für Lynn Sullivan wichtig genug gewesen waren, um weiterzumachen, um es noch einmal zu versuchen. Und jetzt war ihm der Gedanke unerträglich, dass Cordelia denken könnte, Gordon habe die Vaterschaft nicht anerkannt, weil sie ihm nicht wichtig genug war.

„Das tut mir leid“, sagte er leise. „Ihr biologischer Vater war ein guter Mann. Ein großartiger Mann. Aber die Entscheidungen, die er in Bezug auf Sie getroffen hat, verstehe ich genauso wenig wie Sie.“

„Mir seine Hälfte der Firma zu überlassen, meinen Sie?“

„Ja. Aber auch, warum er Sie geheim gehalten hat. Und warum er keinen Kontakt zu Ihnen aufgenommen hat.“ Alec erkannte, dass sie auch noch etwas anderes wissen musste. „Als ich Gordon nach dem Herzinfarkt in seinem Büro fand, atmete er noch. Nur ein bisschen.“

„Das will ich nicht hören.“ Sie verbrachte vielleicht den ganzen Tag mit Pflanzen, aber wieder fiel ihm auf, dass sie nicht annähernd so sanftmütig war, wie er aufgrund seiner Recherchen vermutet hatte. „Er hat … Er bedeutet mir nichts.“

„Aber Sie haben ihm etwas bedeutet.“

„Wie könnten Sie das sagen?“ Sie schoss von ihrem Sitzplatz hoch und knallte so fest gegen den Couchtisch, dass das Wasser über die Ränder aller vier Gläser schwappte. „Er hat nicht ein einziges Mal versucht, mit mir Kontakt aufzunehmen. Er hat ein ganzes Leben lang nur dreißig Minuten von mir entfernt gewohnt und gearbeitet und hat bis zu seinem Tod nie den geringsten Versuch unternommen, sich zu erkennen zu geben. Ich habe ihm nichts bedeutet!“

„Ihr Name.“ Alec stand ebenfalls auf, denn er musste ihr in die Augen sehen. „Ihr Name war sein letztes Wort.“

Er beobachtete sie so genau, dass er es sofort merkte, als ihre Knie nachgaben. Rasch ergriff er ihre Hände und hielt sie fest. „Ezra, Caleb“, sagte er zu den Anwälten, „lasst uns bitte ein paar Minuten allein.“

Die beiden Männer konnten es kaum erwarten, den Raum zu verlassen.

„Wir müssen das nicht heute machen, Cordelia.“ Alec sprach sanft, beruhigend, so als spräche er mit einem verängstigten Tier, das kurz davorstand, die Flucht zu ergreifen. „Wir können warten, bis Sie mehr Zeit gehabt haben, alles zu verarbeiten.“

„Es gibt nichts zu verarbeiten.“ Sie entzog ihm ihre Hände und ging zu der Wand aus Fenstern, von der aus man das Reich seiner Flugzeuge mit den Hangars und Landebahnen überblicken konnte. „Er mag für Sie und für Ihre Kunden und Angestellten vielleicht ein großartiger Mann gewesen sein, aber für mich ist er nichts weiter als ein vollkommen, absolut, total unbekannter Fremder.“ Als sie sich ihm zuwandte, war Alec von der hypnotisierenden Schönheit ihres Blicks und der üppigen Fülle ihrer Lippen erneut beeindruckt. „Er hat mir die Hälfte einer Firma hinterlassen, von der ich nichts weiß, in einer Branche, an der ich ganz und gar kein Interesse habe.“ Sie lachte ein bisschen, aber es lag kein Humor darin. „Ich fliege noch nicht einmal gern. Ich werde reisekrank.“

Unwillkürlich musste Alec selbst auch lachen, obwohl der Augenblick eigentlich viel zu ernst war. „Ihm wurde vom Fliegen auch schlecht. Er legte Wert darauf, dass es niemand erfuhr – dass er ein Flugzeugmogul war, der es kaum aushielt, wenn das Flugzeug nur die Startbahn hinunterrollte.“

„Das sind bloß Gene“, schoss sie zurück. „Meine Mutter, mein Vater – die Menschen, die mich wirklich großgezogen haben, die Menschen, die mich lieben – sie sind es, die zählen, nicht ein Fremder. Noch nicht einmal einer, der mir gerade die Hälfte seiner Multimilliarden-Dollar-Firma vermacht hat.“ Sie hob das Kinn. „Wenn er dachte, er könnte mich kaufen, liegt er falsch. Mein Herz und meine Liebe stehen nicht zum Verkauf. Ich will die Hälfte von S&W Aviation nicht. Genauso wenig, wie Sie wollen, dass ich sie bekomme.“ Sie wies auf seinen Schreibtisch. „Wenn Sie ein Angebot für mich haben, bin ich bereit, es mir anzusehen.“ Sie schaute aus dem Fenster auf die Flugzeuge und Hangars und schauderte fast. „Mehr als bereit.“

Das war genau das, was Alec gewollt hatte. Dass Cordelia hereinkommen und ihm sagen würde, er solle sich nehmen, was ihm sowieso zustand. Er hätte die Chance nutzen und sie sein Angebot so schnell wie möglich durchlesen und unterschreiben lassen sollen. Es war das einzig Sinnvolle in dieser verrückten Situation. Sie wusste nichts über Flugzeuge oder Großunternehmen. Und er hatte ganz gewiss weder Zeit noch Lust, ein Greenhorn wie sie zur Geschäftspartnerin auszubilden.

Und doch …

Irgendetwas hielt ihn zurück. In all den Jahren, in denen sie miteinander gearbeitet hatten, hatte Gordon – so skrupellos er im Geschäftsleben auch war – nie jemanden absichtlich verletzt, noch nicht einmal die unangenehmsten Kunden, die es durchaus verdient hätten, ein wenig zu leiden. Aber er hatte diese Frau verletzt. Zutiefst verletzt.

Und Alec konnte sich des Gedankens nicht erwehren, dass es nun an ihm war, Cordelia zu helfen.

Er wusste, wie übel einem die Eltern – ob sie tot oder lebendig waren, wie in seinem Fall – mitspielen konnten. Aber er hatte seine Brüder, seine Schwester, seine Cousins, seine Tanten und Onkel gehabt, die ihm Hilfe anboten, um mit allem zurechtzukommen. Selbst wenn er ihre Hilfe nie wirklich in Anspruch genommen hatte, so waren sie doch immer dagewesen. Wen hatte Cordelia außer ihren Adoptiveltern? Wäre sie bereit, mit ihren Freundinnen über diese Dinge zu reden? Mit ihrem Freund, wenn sie einen hatte?

Der Gedanke, dass sie einen Freund haben könnte, störte ihn irgendwie. Was nicht mehr Sinn ergab, als alles andere, was in den letzten fünfzehn Minuten passiert war. Er wusste nur, dass sie auf „Pause“ drücken mussten, bevor einer von beiden eine Entscheidung treffen würde, die sie dann beide bereuen würden.

„Ich habe nie daran gedacht, dass Gordon einmal sterben könnte“, sagte Alec. „Dass eine solche Naturgewalt wie er mit fünfzig so schnell gehen könnte. Und ich hätte garantiert nie gedacht, dass Sie dann hier vor mir stehen und die Schlüssel zur Hälfte meines Reiches in der Hand halten würden.“

„Ich habe es Ihnen bereits gesagt, ich will Ihr Königreich nicht.“ Sie kam näher. „Machen Sie mir ein Angebot, Alec. Wenn es fair ist, bin ich so schnell wieder weg, als wäre ich nie hier gewesen.“

In seiner Brust spürte er bei ihren Worten wieder diese Enge. Wollte er ihr deshalb nicht sein Übernahmeangebot unterbreiten? Weil es praktisch so wäre, als würde er sie auslöschen? Und trotz allem, hatte Gordon wirklich gedacht, seine blumenliebende Tochter würde tatsächlich wollen, was er ihr geben wollte?

Mehr als frustriert fuhr sich Alec mit einer Hand durch die Haare und sagte dann die vier Worte, von denen er nie gedacht hätte, dass er sie einmal sagen würde. „Ich brauche mehr Zeit.“

Sie starrte ihn an. „Das soll wohl ein Witz sein. Die Anwälte sind schon da und als ich reinkam, hatten Sie alle dasselbe Haifischlächeln im Gesicht.“

„Sie meinen, ich lächle wie ein Haifisch?“

„Sie wissen schon, was ich meine – Sie sahen aus, als hätten Sie einen Deal vor sich, den Sie sich schnappen wollen. Und ich mache Ihnen deswegen keinen Vorwurf. Warum sollte ein Mensch bei klarem Verstand die bisher totgeschwiegene Tochter seines Geschäftspartners, die dieser gleich nach ihrer Geburt weggegeben hat, als neue Partnerin in einem richtig großen Unternehmen haben wollen? Ich kann mir vorstellen, dass er in manchen Dingen vielleicht clever war – und zwar richtig clever, wenn man nach dem Erfolg Ihres Unternehmens geht – aber mir die Hälfte seiner Firma zu vermachen, war buchstäblich die dümmste Idee der Welt.“

Alec wusste, dass Lachen völlig fehl am Platz war. Aber er konnte sich nicht beherrschen.

Frauen brachten ihn selten zum Lachen, wenn man mal von seiner Schwester und seinen Cousinen absah, die nichts von ihm wollten. Seine weiblichen Verwandten waren nicht wie die Frauen, die sich mit allen möglichen Tricks ihren Weg in sein Leben bahnten, weil sie jemanden suchten, der ihnen Schmuck kaufte und ihnen nette Lügenmärchen erzählte. Seine Schwester und seine Cousinen akzeptierten ihn einfach als den zynischen, brüsken Kerl, der er war – und sie wussten wiederum, dass er sein Leben geben würde, um sie zu beschützen.

„Das ist nicht lustig“, sagte Cordelia. Sie wirkte gereizt und auch ein bisschen betroffen durch sein Verhalten. So, als ob er sich von einem Hai in einen verrückten Milliardär verwandelt hätte.

Er fuhr sich mit einer Hand über den Mund, wie um das Grinsen wegzuwischen. „Ich weiß. Ich wünschte nur, ich hätte Gordons Gesicht sehen können, als Sie sagten, er hätte die dümmste Idee der Welt gehabt. Normalerweise sind alle vor ihm gekrochen.“

Trotz ihres erklärten Desinteresses sah sie aus, als fasziniere sie das, was er ihr über ihren Vater erzählte. Dennoch beharrte sie: „Nun, ich werde jetzt definitiv nicht katzbuckeln und eine Firma nehmen, die ich nicht will. Ich bin bereit, einen Deal mit Ihnen zu machen. Hier. Und jetzt.“

Aber anstatt ihr das Kaufangebot zu unterbreiten, das sie unbedingt wollte, fragte er: „Arbeiten Sie gerne in Ihrer Gärtnerei?“

Ihr Blick machte es überdeutlich, dass sie ihn für verrückt hielt, weil er ihr Angebot, sich aus seiner Firma zurückzuziehen, nicht mit beiden Händen ergriff. „Total. Es ist das, was ich schon immer machen wollte. Das Einzige, was ich je machen wollte. Genau wie ich mir sicher bin, dass das hier …“ Sie wies wieder auf die Flugzeuge. „… das Einzige ist, was Sie je machen wollten.“

Er hätte nicken sollen und hätte auch zugestimmt, wenn es irgendjemand anders gesagt hätte. Aber genauso, wie er ihr nicht das Kaufangebot machen konnte, das er wollte, wurde ihm auch klar, dass er ihr diese Lüge nicht erzählen konnte. „Als ich ein noch ein Kind war, wollte ich ein Restaurant eröffnen.“ Er kochte oft für seine Eltern, seine Brüder und seine Schwester. Er erinnerte sich, wie er Menüs schrieb und kleine Tische und Stühle aufstellte. Aber dann, als seine Mutter starb und sein Vater die vier Geschwister sich selbst überließ, ging es nur darum, alles irgendwie zusammenzuhalten und dafür zu sorgen, dass seine Geschwister nicht unter die Räder kamen, während ihr Vater sich zu sehr in seiner Trauer vergrub, um sich um seine ebenfalls trauernden Kinder zu kümmern.

„Warum machen Sie es dann nicht?“, fragte Cordelia.

Bei ihr hörte sich alles so einfach an. Bei dieser Frau, die so gut wie nichts über ihn wusste, außer, dass er mit ihrem leiblichen Vater ein Geschäft aufgebaut hatte, das sie beide zu Milliardären gemacht hatte. „Meine Schwester sagt, ich bin schon Workaholic genug“, sagte er. „Wahrscheinlich würde sie versuchen, mich einweisen zu lassen, wenn ich nach dem Büro jeden Abend noch in einem Restaurant kochen würde.“

„Sie könnten ja die Firma verkaufen und nur kochen. Ich meine, wenn Sie glauben, dass Ihnen das mehr Spaß machen würde, als das, was Sie jetzt machen, warum nicht?“

Eigentlich hatte dieser Tag nach Alecs Vorstellung wie am Schnürchen verlaufen sollen. Cordelia wäre in sein Büro erschienen, er hätte ihr ein Angebot gemacht, das sie nicht ablehnen konnte, und dann hätte er sein Leben genauso weitergeführt, wie es vorher war.

Standen sie jetzt wirklich in seinem Büro und diskutierten darüber, ob er nicht auch seine Hälfte der Firma verkaufen sollte und sich dann mit Kochen seinen Lebensunterhalt verdienen sollte?

„Es gibt so viele Gründe, es nicht zu tun“, gab er zurück, „dass Sie hierbleiben müssten, bis es dunkel wird, wenn ich Sie Ihnen alle aufzählen soll.“

Mit einem Schlag änderte sich die Stimmung. Vielleicht war es der Gedanke daran, sie bis zum Einbruch der Nacht bei sich zu behalten, der es plötzlich knistern ließ. Oder vielleicht lag es daran, dass mit Cordelia nichts so gelaufen war, wie er es vorgehabt hatte. Und normalerweise lief immer alles so, wie Alec es wollte.

„Ich würde gerne einmal in Ihren Garten kommen“, sagte er.

Sie runzelte deutlich die Stirn und trat einen Schritt zurück. „Warum um alles in der Welt würden Sie das tun wollen?“

„Ich würde gern sehen, wo Sie arbeiten. Und mir ein Bild davon machen, wie Sie Ihr Geschäft aufgebaut haben.“

„Sie können doch unmöglich herausfinden wollen, ob ich eine passende Geschäftspartnerin für Sie wäre, oder?“ Sie hob die Hand, bevor er etwas erwidern konnte. „Denn ich möchte Ihnen wirklich nicht dabei helfen, reichen Leuten Flüge in luxuriösen Flugzeugen zu verkaufen.“

„Das kann ich schon selbst, vielen Dank.“

„Was um alles in der Welt wollen Sie dann von mir und meinem Garten?“

„Ehrlich?“

„Mein Gott, ja, bitte seien Sie ehrlich“, sagte sie. „Dann weiß ich wenigstens, was ich sagen muss, um Sie zum Umdenken zu bewegen, falls Sie gerade irgendetwas Verrücktes denken.“

So eine Antwort hätte er auch von seiner Schwester oder von seinen Cousinen Mia, Lori oder Cassie erwarten können. Sie alle würden Cordelia mögen. Und sie hätten im Moment ihre diebische Freude daran, wenn sie in einer Zimmerecke sitzen und bei einer Schachtel Popcorn diesem Gespräch lauschen könnten.

„Ich bin nie verrückt“, war das Erste, was sie über ihn wissen musste. Und dann: „Ich dachte, ich wüsste genau, wie ich mit dieser Situation umgehen müsste, die Gordon uns aufgezwungen hat.“

„Sie haben also ein Angebot für mich?“ Hoffnungsvoll blickte sie auf die Papiere, die auf seinem Schreibtisch lagen.

„Ich hatte eins.“ Als sie hörte, dass er in der Vergangenheit sprach, zog sie ein Gesicht. „Aber mein Bauchgefühl sagt mir, dass das, was ich vorbereitet habe, vielleicht nicht das richtige Angebot ist. Und ich vertraue immer meinem Bauchgefühl.“

„Wenn Sie meinen, ich sei hinter seinem Geld her“, sagte sie, „dann schwöre ich Ihnen, dass ich es nicht deswegen so eilig habe, einen Deal mit Ihnen zu machen.“

„Das weiß ich. Ich kann einen Goldgräber aus einer Meile Entfernung wittern.“

Sie starrte ihn etwas länger an, als ihm angenehm war. „Ich bin überzeugt, dass Sie das können.“ Dann wedelte sie mit der Hand durch die Luft, als wollte sie den Gedanken verscheuchen. „Ich will nur das alles nicht. Ich will nichts von ihm wissen. Das müssen Sie doch verstehen, nicht wahr?“

„Das verstehe ich, Cordelia. Aber ich weiß auch, dass er wollte, dass Sie es bekommen. Ich halte Sie nicht hin, weil ich Sie quälen möchte. Ich muss nur sichergehen, dass ich selbst wirklich klarsehe, bevor wir etwas schwarz auf weiß zu Papier bringen und unsere Unterschriften daruntersetzen.“

„Wenn ich Sie morgen in meinen Garten einlade, bringen Sie dann das Angebot mit? Eines, das zu Ihrem Bauchgefühl passt?“

Er wusste, welche Antwort sie wollte. Trotzdem sah er sich gezwungen, ihr zu sagen: „Ich mache keine Versprechungen, die ich nicht halten kann, also kann ich das noch nicht beantworten. Haben Sie mittags um zwölf Zeit?“

Sie knirschte so fest mit den Zähnen, dass er fast erwartete, sie knacken zu hören. Endlich nickte sie. „Zwölf Uhr Mittag ist okay. Aber es könnte morgen regnen, also kann ich nicht garantieren, dass Sie meinen Garten so sauber und geschniegelt wieder verlassen, wie Sie ihn betreten.“ Sie ging zur Tür und blieb dann mit der Hand am Türknauf stehen. Sie drehte sich noch einmal zu ihm um. „Ich hatte erwartet, Sie seien ein skrupelloser Geschäftsmann. Es wäre viel einfacher, wenn Sie das wären.“

Und dann ging sie.

KAPITEL 3

Vom langen Knien auf dem Boden taten Cordelia die Knie weh, ihre Hände waren wund, weil sie mit Schaufel und Pflanzenheber in einem harten Stück Erde gegraben hatte, und sie war über und über mit Dreck beschmiert. Sie war bei Sonnenaufgang aufgestanden und hatte nur eine kurze Pause gemacht, um rasch eine Schüssel Müsli zu essen. Und noch nie hatte ihr die harte Arbeit, die sie Tag für Tag in den Aufbau ihres Gartens und ihres Geschäfts stecken musste, mehr Freude gemacht als heute.

Denn ohne all diese Arbeit wäre sie mit zu vielen Gedanken, zu vielen Fragen allein gewesen.

Sie hatte die zweite Nacht in Folge hinter sich, in der sie kaum geschlafen hatte. Jetzt war sie doppelt geplagt – von der Verwirrung über ihren leiblichen Vater und warum er getan hatte, was er getan hatte, und von den Gedanken an Alec Sullivan.

Er war Geschäftsmann und Milliardär. Der Firmenpartner ihres leiblichen Vaters.

Und mit Abstand der bestaussehende Mann, der ihr je untergekommen war.

Sogar jetzt wurde ihr ganz heiß, wenn sie nur an ihn dachte, und das hatte nichts mit der Sonne zu tun, die auf sie herabschien. Er war nicht ihr Typ – dieses „Ich bin der King“-Gehabe war nie ihr Ding gewesen. Und doch hatte sie auf ihn sehr feminin reagiert.

Vor allem aber war sie verblüfft, wie viel Empathie er ihr entgegengebracht hatte.

Sie hatte erwartet, dass er ihren leiblichen Vater rechtfertigen würde. Aber als Alec herausfand, dass sie bis gestern über Gordon im Dunkeln gehalten worden war, hatte er diesen in keiner Weise in Schutz genommen. Und das schätzte sie mehr, als er je erfahren würde.

Was ihr jedoch nicht gefiel, war die Tatsache, dass er ihr gestern kein Übernahmeangebot gemacht hatte. S&W Aviation fühlte sich an wie eine Schlinge, die sich um ihren Hals immer enger zog. Je länger sie dort blieb, um so schwerer fiel ihr das Atmen.

Sie wollte die Firma auf keinen Fall, und obwohl sie wusste, dass so ziemlich jeder sie für verrückt erklären würde, hatte sie auch bezüglich des Geldes extrem gemischte Gefühle. Wenn sie es selbst verdient hätte, wäre das etwas anderes. Aber einen erschreckend hohen Betrag von jemandem zu erben, der sie nicht einmal in seinem Leben hatte haben wollen? Sie konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass es ihr wie schmutziges Geld vorkam.

Wie eine Entschuldigung, die 25 Jahre zu spät kam.

Wie der Versuch, sich ihre Vergebung zu erkaufen.

Sie seufzte, als sie ihre dicken Handschuhe auszog, um die Haare, die sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst hatten, zurückzuschieben. Immer wieder erinnerte sie sich daran, dass es nichts zu verzeihen gab. Viele Babys wurden von ihren leiblichen Eltern zur Adoption freigegeben. Ihre eigene Herkunft – ein überwältigter Mann, der sein Baby weggab, nachdem seine Frau bei der Geburt gestorben war – war nicht einmal besonders bemerkenswert. Und nie würde sich Cordelia über ihre Adoptivmutter und ihren Adoptivvater beschweren, die einfach unglaublich waren.

Aus all diesen Gründen hatte es keinen Sinn, wütend oder verletzt zu sein, weil Gordon Whitley weder die Zeit noch die Lust hatte erübrigen können, die dreißig Meilen von seinem schicken Bürogebäude hierher zu fahren, um sie kennenzulernen.

Heute, nahm sie sich vor, würde sie ihre Hälfte der Firma an Alec Sullivan verkaufen und dann alle derartigen Gedanken und vor allem ihre verletzten Gefühle hinter sich lassen.

Die antike Uhr, die sie auf einem Bauernmarkt gekauft hatte, schlug viertel vor zwölf. Sie versuchte, sich im Stehen etwas Schmutz von ihrer Jeans zu wischen, was diese nur noch schmutziger machte. Die Versuchung war groß, größer als sie eigentlich hätte sein sollen, zurück ins Haus zu laufen, rasch zu duschen und bei der Gelegenheit vielleicht noch ein Sommerkleid anzuziehen.

Aber sie wollte Alec nicht beeindrucken. Nicht, dass ihr das auch unter den besten Umständen hätte gelingen können. Männer wie er nahmen von Frauen wie ihr ja nicht einmal Notiz, wofür sie zutiefst dankbar war. Sie mochte ihr ruhiges, schlichtes Leben. Sie liebte es, Rentnern ihre Petunien und Lavendelpflanzen zu verkaufen und dann ihre Abende damit zu verbringen, ihren eigenen Hausgarten zu jäten und zu gießen.

Das hieß aber trotzdem nicht, dass sie völlig verschwitzt und dreckig sein musste, wenn er kam. Ein frisches T-Shirt wäre kein allzu großes Zugeständnis. Glücklicherweise hatte sie in einem Lagerraum immer einen sauberen Stapel T-Shirts mit dem Aufdruck LANGLEY GARDEN CENTER liegen, falls ihre Teilzeitangestellten einmal vergaßen, ihre zur Arbeit mitzubringen.

Sie war gerade auf dem Weg zum Hauptgebäude, wo die Registrierkassen standen und die Geschenkartikel, die keine Sonne vertrugen, da kam Brian angelaufen. Er studierte Botanik und arbeitete dreimal die Woche halbtags bei ihr.

„Cordelia, ich habe gerade eine SMS von meinem Professor bekommen. Er sagte, ich kann meinen Test heute nachholen, aber nur, wenn ich spätestens in 15 Minuten da bin. Du weißt, dass ich dich wirklich ungern hängen lasse.“

„Es ist ja heute Morgen nicht viel los an der Kasse“, sagte sie lächelnd. „Sieh zu, dass du deinen Test bestehst, und wir sehen uns dann am Donnerstag.“

Er grinste. „Wie ich immer sage, du bist der beste Boss, den ein Mensch haben kann.“

Als sie Brian hinterherschaute, wie er auf seinen Beinen, die für den Rest seines Körpers zu lang schienen, davon sprang, fühlte sich Cordelia viel mehr als fünf Jahre älter. Komisch, wie vieles sich in 48 Stunden ändern konnte. Ihr war nicht klar, warum Alec sich gestern nicht in der Lage gefühlt hatte, ihr ein Übernahmeangebot zu machen. Aber nachdem sie keinen Zweifel daran gelassen hatte, dass sie die Hälfte seiner Firma nicht wollte, hatte er sicherlich verstanden, was Sache war.

Sie hatte den Lagerraum fast erreicht, als plötzlich ein heller Lichtreflex aus der Scheune ihre Aufmerksamkeit weckte. Sie hielt schützend die Hand vor die Augen, um von dem Licht nicht geblendet zu werden, und stellte dann fest, dass Alec Sullivan nur wenige Meter entfernt von ihr stand.

„Hallo, Cordelia.“

Also ehrlich, dass er bloß ihren Namen sagte, hätte ihr doch jetzt keine Gänsehaut bescheren sollen. Und außerdem, was war das überhaupt für ein Milliardär, der zu einem Termin mit einer Gartenhändlerin zu früh erschien? Und zwar so früh, dass er sie gerade so verschwitzt und dreckig erwischte, wie sie vor ihm nicht erscheinen wollte. Hatte er denn keine Diamanten zu kaufen oder Firmen zu übernehmen? Außerdem hatte sie ihn im Anzug erwartet, nicht in einer abgetragenen Jeans und einem T-Shirt, das die Muskeln an seinen Armen und Schultern viel zu sehr betonte, und dazu auch noch den Waschbrettbauch hervorhob, der, wie leicht zu erkennen war, ebenfalls steinhart sein musste. Er trug sogar verkratzte Arbeitsstiefel, so als würde er sich mit körperlicher Arbeit auskennen. Tat er das? Und warum kümmerte sie das überhaupt, wo es doch jetzt einfach nur darum ging, ihre zeitweilige Partnerschaft aufzulösen und dann so schnell wie möglich eigene Wege zu gehen?

„Hallo, Alec.“ Danach wusste sie nicht weiter. Sie war nicht die gesprächigste Person der Welt – es sei denn, es ging um ihre geliebten Pflanzen – aber jetzt ins Stocken zu geraten, war sogar für sie extrem. Aber was hatten sie einander schon zu sagen, abgesehen davon, dass sie sich auf ein paar Zahlen mit enorm vielen Nullen einigen mussten? „Ich bin sicher, Sie sind sehr beschäftigt“, brachte sie endlich heraus. „Und im Moment keine Kunden da sind, die meine Hilfe brauchen, könnten wir doch einfach zur Sache …“

„Cordelia, Liebes.“ Eine elegante grauhaarige Frau kam hereingestürmt. „Ich bin endlich soweit, meinen gesamten Vorgarten zu renovieren. Rasen raus, Blumen rein. Ich hoffe, du hast etwas Zeit, um dich mit mir hinzusetzen und das zu besprechen.“

Belinda Billingsworth war eine von Cordelias besten und anspruchsvollsten Kundinnen. Sie erneuerte ständig die Beete in ihrem Garten, was normalerweise eine sehr gute Sache war.

„Belinda, das ist ja wunderbar“, sagte Cordelia lächelnd. „Ich habe jetzt etwa für eine Stunde eine Besprechung, aber sobald das erledigt ist, bin ich nur noch für dich …“

„Entschuldigung, kann mir vielleicht jemand helfen, zehn dieser großen Säcke Blumenerde auf meinen Wagen zu legen?“ Eine ältere Frau, die Cordelia nicht erkannte, winkte ihnen von der anderen Seite des mit Ziegelsteinen gepflasterten Weges zu.

„Ich helfe gern“, sagte Alec.

Bevor Cordelia Alec antworten konnte, dass sein Angebot sehr nett, aber überhaupt nicht nötig war, weil sie fähig war, sich um alles zu kümmern, war er schon auf dem Weg zu der Frau und ihren Säcken und sah aus, als fühle er sich in dem Gartencenter genauso wohl wie in seinem schicken Büro inmitten seiner Zig-Millionen-Dollar-Flieger.

„Wo hast du denn deine neue Hilfe gefunden?“, schnurrte Belinda.

„Er arbeitet nicht für mich“, sagte Cordelia, bevor sie besser über all die Fragen nachdenken konnte, die gerade auf sie zukamen.

„Dein neuer Freund also?“ Belindas Augenbrauen gingen auf und ab. „Viel attraktiver als dein letzter, das steht fest. Und mit großen, starken Händen, von denen ich wette, dass er sie zu benutzen versteht, wenn du weißt, was ich meine.“

Cordelia spürte, wie ihre Wangen glühend heiß wurden. Noch während sie versuchte, sich zu überlegen, wie sie Alecs Anwesenheit erklären sollte, stellte sie plötzlich fest, dass Alec von hinten in die Scheune zurückgekehrt war und das Ende von Belindas Satz ganz sicher mitbekommen hatte.

„Mrs Angelo wollte wissen, welche Blumenerde für einen halbschattigen, feuchten Bereich am besten ist.“ Es war eine einfache Frage, aber das Funkeln in seinen Augen konnte man nur als schalkhaft bezeichnen.

Cordelias Herz raste viel zu schnell. „Die Mischung mit Lehmerde und Sand“, antwortete sie.

„Großartig, danke.“ Danach zu urteilen, wie er seine Worte in die Länge zog, waren ihm weder ihre glühenden Wangen noch ihr rasender Puls entgangen. „Ich sag es ihr.“

„Alec.“ Sie legte ihm die Hand auf den Arm, um ihn zurückzuhalten, aber zog sie sofort zurück, als hätte sie sich verbrannt. Und das hatte sie auch. Weil er so warm war. Und seine Muskeln so hart. Weil alles an ihm so verlockend war, was sie jedoch eigentlich gar nicht hätte bemerken sollen. „Es ist wirklich nett von Ihnen, auszuhelfen, aber wenn Sie mir nur ein paar Minuten Zeit geben, um die Dinge hier zu regeln, können wir gleich reden.“

„Ich habe eine Cousine, die im Einzelhandel tätig ist, also kenne ich mich mit einer Registrierkasse aus. Ich kümmere mich Mrs Angelo und alle anderen, die Hilfe brauchen, während Sie sich mit Mrs …“ Er streckte Belinda die Hand hin. „Ich bin Alec.“

„Belinda Billingsworth.“ Sie drückte ihr Wohlgefallen ohne jede Zurückhaltung aus. „Ist das nicht traumhaft, wie Sie Ihrer Freundin hier zur Hand gehen?“

„Wir sind nicht zusammen!“ Cordelias Beteuerung klang zu laut, zu schrill, ja fast panisch. „Alec und ich haben nur ein paar geschäftliche Dinge zu klären, das ist alles.“ Sie versuchte, sich zusammenzureißen, wandte sich wieder ihm zu und sagte: „Es wäre super, wenn Sie einen Moment mithelfen könnten, vielen Dank. Ich komme, sobald ich kann.“

Mit einem Nicken und noch einem Lächeln für Belinda ging er zurück zu der Kundin, die er gerade bediente. Belinda löste den Blick gar nicht mehr von seinem jeansbekleideten Hinterteil und, ehrlich gesagt, auch Cordelia fiel das äußerst schwer.

„Er ist perfekt für dich“, sagte die Kundin, als sie in Cordelias kleines Büro gingen.