Werbelüge "Starker Rücken" - Peter Scholten - E-Book

Werbelüge "Starker Rücken" E-Book

Peter Scholten

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Beschreibung

Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass gerade Profi-Sportler mit einem starken und muskulösen Rücken besonders häufig unter Bandscheibenvorfällen und Rückenschmerzen leiden? Warum das so ist? Weil ein starker muskulöser Rücken immer auch ein steifer und komprimierter Rücken ist. Die wissenschaftliche Forschung bestätigt jedoch schon lange: Wichtig ist ein beweglicher und geschmeidiger Rücken. Und den bekommen Sie am besten wieder im Alltag. Schließlich findet Ihre Bewegung überwiegend im Alltag statt. Der international renommierte Senmotic Faszientherapeut Peter Scholten zeigt Ihnen in diesem Buch, wie Sie Ihren Rücken im Alltag wieder richtig nutzen und sogar Spaß dabei haben. An einfachen, verständlichen Beispielen erklärt Ihnen der Autor das richtige Stehen, Gehen und Sitzen. Diese Anleitungen können Sie wieder zu einem beweglichen und schmerzfreien Rücken führen. So ganz nebenbei räumt Peter Scholten auch mit zahlreichen anderen Mythen zum Rücken und zur Bewegung auf. Dieses Buch ist ein Muss für alle Schmerzgeplagten.

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Seitenzahl: 153

Veröffentlichungsjahr: 2019

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„Mitdenken erwünscht.“ Peter Scholten

Haftungsausschluss

Die Ratschläge in diesem Buch hat der Autor sorgfältig geprüft und lebt sie selber im täglichen Leben. Sie spiegeln jahrelange Praxiserfahrung und Feedback von Klienten wider.

Dennoch kann kein Buch der Welt einen Arztbesuch ersetzen. Auch ist die Faszien Therapie kein Heilberuf, stellt keine Diagnosen und versucht nicht, Krankheiten zu heilen. Sie befasst sich vielmehr mit der Schmerzprävention durch Verbesserung der Körperhaltung und der Bewegungsqualität.

Alle Empfehlungen in diesem Buch erfolgen daher ohne jegliche Gewährleistung oder Garantie seitens des Autors oder des Verlages.

Bitte führen Sie die empfohlenen Übungen nur aus, wenn Sie gesundheitlich dazu in der Lage sind und folgen Sie den Empfehlungen nicht entgegen ärztlichem Rat.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur 2. Auflage

Erfolg durch systemisches Denken

Haben Sie Rücken?

Ein neuer Ansatz in der Schmerztherapie

Wie dieses Buch Ihnen helfen kann

Der symptomatische Ansatz

Der holistische Ansatz

Der systemische Ansatz

Strategie statt Aktionismus

Der Elefant im Raum

Übergewicht

Stress

Bewegungsdefizit und Leistungssport

Der Esoterische Ansatz

Was Sie von diesem Buch erwarten dürfen

Was Sie von diesem Buch nicht erwarten dürfen

Faszien – eine Frage der Haltung

Haltung – Struktur - Faszien

Die Schwerkraft - Ihr Freund und Feind

Die Zickzack-Linie: Das Grundprinzip richtiger Körperhaltung und natürlicher Bewegung

Der Feind in meinem Bett: Wie Ihre Matratze Ihren Rücken kaputt und die Industrie reich macht

Was Sie tun können

Was Sie davon haben

Schlafen in Rückenlage – Wie eine harte Matratze Ihre Körperhaltung verbessert

Schlafen in Seitenlage – Die Mär von der Lendenwirbelzone

Schlafen in Bauchlage

Warum man auf einer harten Matratze tiefer schläft

Zusammengefasst

Was Sie nun tun können

Wie Sie mit Hilfe von Barfußschuhen ihre natürliche Körperachse wiederfinden

Was Sie tun können

Was Sie davon haben

Wie Barfußschuhe Ihr Gleichgewicht verbessern

Training statt Einlagen: Wie man mit Platt- und Spreizfüßen umgeht

Dünnere Sohlen bieten besseren Bodenkontakt

Erschließen Sie sich eine wichtige Kraftquelle

Wie der Nullabsatz Ihre Körperachse wieder ins Lot bringt

Zusammengefasst

Was Sie nun tun können

Wie natürliches Gehen Ihren Rücken besser entspannen kann als jede Massage

Was Sie tun können

Was Sie davon haben

Warum richtiges Gehen so wichtig ist

Warum Sie Ihren Fuß nicht abrollen können

Vom Sprinten zum Joggen zum Gehen

Die schnellsten Läufer haben oft barfuß trainiert

Der Ballengang schont die Knie

Die effizienteste Art des Gehens

Wie der Ballengang Ihren Rücken gleich doppelt entspannt

Speed - oder Schritt, Trab und Galopp

Nordic Walking - Marketing gegen Biomechanik

Schnell-Gehen als Wettk(r)ampf

Zusammengefasst

Schmerzfrei Sitzen - einfach eine Frage der Technik

Was Sie tun können

Was Sie davon haben

Der tägliche Sitzmarathon

Sitzen Sie nicht gerade - sitzen Sie entspannt aufrecht

Sitzen ist Bewegung

Stühle: Designobjekte oder Sitzmöbel?

Die horizontale Sitzfläche

Die Härte der Sitzfläche

Die Höhe der Sitzfläche

Die Rückenlehne

Zusammengefasst

Warum das Training des Nervensystems die effizienteste Schmerztherapie ist

Was Sie tun können: Kopf statt Kraft

Was Sie davon haben

Es geht um Ihr Gehirn – Nicht um Ihre Muskeln!

Die Qualität der Bewegung macht den Unterschied

Regeln für natürliche Bewegung

Bewegungen müssen im ganzen Körper stattfinden

Man darf sich nicht festhalten

Bewegung beginnt mit Entspannung

Zusammengefasst

Beweglichkeit vor Kraft: Was dem Rücken wirklich guttut

Was Sie tun können

Was Sie davon haben

Auch Topathleten haben Rückenschmerzen

Wie man durch Liegestütze natürliches und effizientes Bewegen verlernt

Bauchmuskeltraining – Wie man sich schnellstmöglich den Rücken kaputt macht

Zusammengefasst

Warum Sie beim Stretching nur noch steifer werden

Was Sie tun können

Was Sie davon haben

Warum die meisten Stretching-Übungen sinnlos sind

So dehnen Sie richtig

Zusammengefasst

Wie lockere Kleidung gute Haltung fördert

Was Sie tun können

Was Sie davon haben

Wie unsere Kleidung unsere Bewegungsvielfalt einschränkt

Hosen und Gürtel

Hemd aus der Hose!

Haltungskorrigierende Kleidung

Handtaschen

Zusammengefasst

Ergonomie am Arbeitsplatz - ganz einfach

Psychosomatik

Was Sie tun können

Was Sie davon haben

Embodiment

Zusammengefasst

Schlusswort

Funktion ist der Schlüssel zur Lebensfreude

Werbung: Produkte für kluge Leute

Senmotic Faszien-Therapie: Wie Sie blitzschnell in Form kommen

Der Videokurs zum Buch

Barfußschuhe: Wenn die Füße vor Wonne seufzen

Senmotic Kampfkunst: Funktionale Bewegung lernen – Für den Alltag und zur Selbstverteidigung

Das Buch „Beweglicher, Schmerzfreier, Leistungsstärker mit der Senmotic Faszien-Therapie“

Über den Autor

Vorwort zur 2. Auflage

Die erste Ausgabe dieses Buches wurde vor meinem Umzug nach Deutschland geschrieben, als das Thema Faszien und Faszien Therapie gerade massiv in die Öffentlichkeit drängte. Alle namhaften Zeitungen (und auch viele zweit- und drittklassige Blätter) in Deutschland berichteten über die „Faszination Faszien“ und auch im Fernsehsehen gab es eine Fülle von Reportagen zu dem Thema. Erwartungsgemäß erreichten mich in meiner Wiesbadener Praxis recht schnell zahlreiche Interessenten für eine Behandlung. So durfte ich viele weitere Erfahrungen sammeln und etwas über den Gesundheitsmarkt hier in Deutschland lernen.

Dabei fiel mir zunächst besonders auf, wie intensiv sich viele Menschen bereits im Vorfeld mit den Themen Faszien, Körperhaltung und Bewegung auseinandergesetzt hatten. Die meisten hatten sich so viel Vorwissen angeeignet, dass wir gleich richtig einsteigen und loslegen konnten. Die Vorgeschichten und bisherigen Behandlungsversuche waren natürlich insbesondere bei Schmerzpatienten denen aus Frankreich ähnlich. Aber ein Kompliment für Ihre Belesenheit und Eigenverantwortung haben viele Interessenten wirklich verdient.

Gleich zur Eröffnung der Praxis in Wiesbaden hatte ich eine Dame in Behandlung, deren Erfahrung den Buchtitel „Werbelüge Starker Rücken“ so einleuchtend und amüsant bestätigt, dass wir heute noch mit Kollegen darüber lachen. Gerne möchte ich diese mit Ihnen teilen:

In Folge eines Unfalls litt die Dame unter einer Skoliose und Rückenschmerzen und besuchte ihren Hausarzt. Der empfahl zur Linderung der Probleme Krafttraining. Daraufhin ging sie zu einem Orthopäden, der das gleiche empfahl. Aller guten Dinge sind drei und zufällig wurde sie kurz danach auch noch vom Amtsarzt untersucht. Seinen Rat können Sie sich schon denken.

„Herr Scholten, als die mir das gesagt haben, wusste ich, dass die alle dumm sind“ platzte es im Vorgespräch aus ihr heraus. Warum? Nun, weil die Dame bereits seit Jahren intensiv Triathlon betrieb und so durchtrainiert und muskulös war, dass eine Steigerung kaum noch möglich schien.

Es ist schon erstaunlich, aber es scheint immer noch Mediziner zu geben, die unreflektiert aber reflexartig „Rückentraining!“ rufen, wenn Sie das Wort Rückenschmerzen hören. Pawlow’sche Reflexe gibt es also auch beim Menschen, man darf sich aber fragen, ob man dafür erst mal zehn Jahre studiert haben muss.

Inhaltlich wurde das Buch für diese zweite Auflage nicht stark erweitert. Auch die Thesen des Buches bleiben unverändert und so sind vor allem weitere Anregungen und Nachfragen meiner Wiesbadener Patienten in diese Auflage miteingeflossen.

Auch wurden alte Rechtschreibfehler und Inkohärenzen durch neue ersetzt. Dabei half mir mein Kollege aus München, Martin Hartwanger, das Schlimmste zu vermeiden. Vielen Dank!

Die Hauptmotivation für eine Neuauflage lag jedoch in den bis dato verwendeten Illustrationen. Ich hatte sie extra für dieses Buch von einem anatomisch versierten Grafiker anfertigen lassen. Dennoch war ich mit ihnen etwas unzufrieden, da sie nicht selbst-erklärend waren und man zum Verständnis immer den Text brauchte.

Bei den in diesem Buch verwendeten Illustrationen ist das - hoffentlich - ganz anders. Sie sollten auf den ersten Blick verständlich sein und den Text unterstützten. Dafür habe ich dem unglaublich talentierten Jesus Delgado (www.ilustradordelgado.com) zu danken! Er hat auch das Cover und Layout dieses Buches gestaltet.

Ich hoffe, die überarbeiteten Texte und verbesserten Illustrationen machen die Inhalte noch lesbarer und überzeugender.

Ihnen, liebe Leser, wünsche ich nun viel Spaß beim Lesen.

Peter Scholten, Wiesbaden, September 2018

„Pain is youth leaving the body.“ (Autor unbekannt)

1 Erfolg durch systemisches Denken

Warum der Körper Knochenbrüche, Schnitte und Prellungen heilen kann, Ihre Rückenschmerzen aber immer wieder zurückkommen. Die Unterschiede zwischen symptomatischer, holistischer und systemischer Behandlung. Warum fast alle Methoden auf Dauer versagen und wie Sie Ihrem Rücken eine Chance geben können.

Haben Sie Rücken?

Wenn Sie dieses Buch lesen und älter als dreißig Jahre alt sind, ist die Chance sehr groß, dass Sie bereits über Rückenschmerzen zu klagen hatten. Statistisch gesehen haben etwa 70% der Deutschen mindestens einmal im Jahr Rückenschmerzen. Bei Mitbürgern über fünfzig dürfte der Anteil erfahrungsgemäß noch höher liegen.

Neben Erkrankungen der Atemwege gelten Erkrankungen der Muskeln oder des Skeletts als zweithäufigste Ursache für Krankschreibungen - der volkswirtschaftliche Schaden ist immens.

Aus meiner Arbeit als Faszien-Therapeut weiß ich, dass mechanische Rückenschmerzen oft vom Umfeld des Klienten verursacht oder begünstigt werden. Falsche Schuhe, Stühle oder Matratzen machen oft alle Heilbemühungen von Ärzten und Therapeuten zunichte. Mir ist bis heute kein Buch bekannt, das sich systemisch mit diesen Faktoren auseinandersetzt. Meinen Beitrag zum Thema halten Sie jetzt in den Händen. Aus Erfahrung weiß ich, dass die von mir vorgeschlagenen Maßnahmen zusammengenommen eine große Wirkung entfalten können.

Daher wünsche ich Ihnen jetzt viel Spaß beim Lesen!

Ein neuer Ansatz in der Schmerztherapie

Es ist ein scheinbares Paradox: Wenn Sie sich heute Abend beim Kochen in den Finger schneiden, schließt sich die Wunde innerhalb weniger Minuten. Am nächsten Tag hat sich eine kleine Kruste gebildet und bereits zwei Tage später ist alles verheilt.

Möchten Sie es etwas dramatischer? Dann denken Sie doch einmal an einen Knochenbruch. Auch bei einer so tiefgreifenden Verletzung verfügt Ihr Körper über ausreichende Selbstheilungskräfte und ist in der Lage, den Knochen innerhalb weniger Wochen wieder zusammenwachsen zu lassen.

Wie kann es daher sein, dass vielen Menschen der Rücken über Monate, ja Jahre hinweg Schmerzen bereitet? Wieso kann sogar ein Mensch nach einem schweren Motorradunfall innerhalb einiger Monate wieder einigermaßen gesunden, aber Ihr Rücken tut immer noch weh?

Ein möglicher Grund liegt darin, dass Sie Ihren Rücken von morgens bis abends so stark schädigen, dass er es einfach nicht schafft, sich so schnell zu heilen, wie Sie ihn wieder kaputt machen.

Sie meinen jetzt vielleicht, das könne nicht auf Sie zutreffen, da Sie regelmäßig zum Sport gehen oder Krankengymnastik machen. Tatsächlich weiß ich als Autor natürlich nicht, was Sie schon so alles gegen Ihre Rückenschmerzen unternommen haben. Gehen Sie dreimal die Woche ins Fitnessstudio oder Laufen? Vielleicht haben Sie sich sogar für 800 € den besten ergonomischen Bürostuhl gegönnt und die guten Sportsitze im Auto? Tragen Sie Einlagen und haltungskorrigierende Kleidung?

Falls dem so ist, darf ich Ihnen für Ihren Einsatz gratulieren, falls nicht, ist das auch nicht so schlimm, schließlich bringen diese Methoden im besten Fall wenig und verstärken oft sogar noch die Probleme. Warum das so ist, sehen wir in den nächsten Kapiteln.

Tatsächlich liegt Ihr Problem wahrscheinlich ganz wo anders, nämlich darin, dass Sie für jeden Schritt Richtung Gesunder Rücken bereits zehn Schritte rückwärts Richtung Rückenschmerzen gemacht haben.

Wenn ich behaupte, dass Sie Ihrem Rücken keine Chance geben, dann nicht, weil Sie nicht genug Gutes für Ihren Rücken getan haben.

Die Herausforderung liegt vielmehr darin, das Schädliche im Alltag wegzulassen.

Wie dieses Buch Ihnen helfen kann

Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ein neuer Ratgeber zum Thema Rückenschmerzen erscheint. Genauso vergeht kaum eine Woche, in der nicht zum Beispiel auf Spiegel Online ein Beitrag zu dem Thema erscheint, oder eine alte Methode mit neuem Namen vorgestellt wird, die dazu dient den Rücken zu kräftigen.

Callanetics, Pilates, Tae-Bo, Yoga, Planken, Stretching, Freeletics und neuerdings auch das sogenannte Faszien-Training, der Programmvielfalt sind kaum Grenzen gesetzt und das Marketing der Fitnessstudios und Trainer hat sicher schon die nächste Methode erfunden. Tatsächlich sind die meisten der dort unterrichteten Übungen nicht neu und etlichen Generationen noch aus dem Sportunterricht als Zirkeltraining bekannt.

Stärken und Stretchen, das waren damals schon die Denkkategorien. Und da sich der menschliche Körper darum nicht schert, wie eine Bewegung heißt, machen diese Methoden letztlich alle dasselbe und unterscheiden sich höchstens ein wenig in der Gewichtung. Im Kapitel über Krafttraining und Stretching lernen Sie, warum diese Methoden am Problem Körperhaltung und Rückenschmerzen vorbei trainieren.

Als Therapeut und jemand, der regelmäßig Vorträge zum Thema Schmerzprävention hält, habe ich mich immer gefragt, wann denn mal ein Buch systemisch aufzeigt, wie man sich im Alltag richtig zu bewegen hat.

Auch im Gespräch mit meinen Patienten muss ich immer wieder verwundert feststellen, wie wenig Ärzte und Therapeuten nach möglichen Ursachen forschen, bevor sie behandeln. Das liegt sicher auch daran, dass die Suche nach der Ursache viel zeitintensiver ist, als Medikamente oder Krankengymnastik zu verschreiben. Dennoch entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, wenn Menschen wegen Hüft- oder Knieschmerzen in meine Praxis kommen weil ihnen Ärzte und Physiotherapeuten nicht helfen konnten und sich dann herausstellt, dass sie regelmäßig Schuhe mit Absätzen und enge Gürtel tragen. Oder intensiv Bauchmuskeltraining betreiben. Das ist ein bisschen so, als ob ein Mensch mit doppeltem Cheeseburger und Pommes in der Hand bei einem Ernährungsberater verzweifelt nach dem Grund seines Übergewichts fragt.

Statt ihre Patienten auf diese ganz einfachen Dinge hinzuweisen, werden oft erst einmal teure bildgebende Verfahren verkauft. Dabei raten Richtlinien, zum Beispiel die der ACP (American College of Physicians) bei unspezifischen Rückenschmerzen von der bildgebenden Diagnostik ausdrücklich ab, wenn ansonsten keine Hinweise auf mögliche gefährliche Verläufe vorliegen.

Und dann wird gespritzt oder Krankengymnastik verschrieben. Das kann genau so in manchen Fällen auch angezeigt sein. Dennoch, so berichten es immer mehr Menschen in ihrer Frustration, gleicht es auch einem für die Krankenkassen teuren Schema 08/15, das immer wieder gedankenlos abgerissen wird.

Dabei möchten Menschen, dass man sich für sie Zeit nimmt, ihnen erst einmal zuhört. Wenn sich der Therapeut dann noch die Zeit nimmt, den Menschen einmal selber genau anzuschauen und anzufassen, seine Bewegungsmuster analysiert und nach Details aus seinem Alltag fragt, dann fühlt sich der Patient geschätzt und ernst genommen. So viel Zeit muss sein!

Eine reine standardisierte Symptombehandlung hingegen bietet nur selten eine nachhaltig befriedigende Lösung.

Um diese Kritik zu verstehen, muss man zwischen symptomatischen, holistischen und systemischen Ansätzen unterscheiden.

Der symptomatische Ansatz

Symptomatische Ansätze „bekämpfen“ das Problem hier, jetzt und lokal. Also zum Beispiel, indem Ihnen oral oder intramuskulär ein Schmerzmittel verabreicht wird. Manchmal hilft auch ein Einrenken bei einem guten Osteopathen.

Und tatsächlich gibt es auch Formen der Faszien Arbeit (die man dann auch nicht „Faszien Therapie“ nennen sollte), welche genau am schmerzenden Körperteil ansetzen und auch nur genau dieses eine Problem lösen.

Symptomatische Ansätze und Methoden sind insbesondere dann sinnvoll, wenn schnelle Hilfe geboten ist, weil der Schmerz sehr groß ist oder wenn, wie bei schweren Bandscheibenvorfällen, ansonsten weitere gesundheitliche Gefahren drohen.

Der Nachteil liegt darin, dass die Ursache des Problems dabei in der Regel nicht behandelt wird; gerade bei Schmerzmitteln ist es ja so, dass Ihr Haus weiterhin brennt, aber der Feuermelder abgeklemmt wird, damit Sie der Lärm nicht so stört.

Vielleicht schmunzeln Sie jetzt, aber wussten Sie, dass manche Behandlungsmethoden einfach darin bestehen, Nervenenden zu veröden, damit der Nerv das Schmerzsignal nicht mehr zum Gehirn senden kann?

Der holistische Ansatz

Weiterhin gibt es dann die Ursachenbekämpfung, den holistischen Ansatz. Hier wird der Mensch als Ganzes gesehen und es wird versucht, die Ursache für den Schmerz aus der Welt zu schaffen. Dazu kann zählen, dass der Therapeut nicht am Rücken arbeitet, sondern am Bein, weil er zum Beispiel vermutet, dass die Wadenmuskulatur eine Rolle spielt.

Oder ein Ernährungsberater rät zu einer ausgewogeneren Ernährung, oder einfach zum Abnehmen. In die Kategorie der Ursachenbekämpfung fallen auch Krankengymnastik und andere sportliche Aktivitäten. Warum diese in ihrer Wirksamkeit und Nachhaltigkeit sehr begrenzt sind und wie Sie es besser machen können, erfahren Sie in den folgenden Kapiteln.

Solche holistischen Ansätze sind gut und notwendig, um einen dauerhaften Behandlungserfolg zu erzielen. Da ihre Wirkung oft langsamer einsetzt, sind solche Methoden bei chronischen Schmerzen zu empfehlen, wenn der Schmerz akut nicht zu groß ist oder anderweitig unmittelbarer Handlungsbedarf besteht.

Der systemische Ansatz

Der systemische Ansatz geht über Ursachenbekämpfung noch insoweit hinaus, als dass er nicht nur den Körper als Ganzes, sondern alle Umwelteinflüsse in den Lösungsansatz miteinbezieht. Insofern muss ein systemischer Ansatz immer multidisziplinär sein.

Wer aber nur einen Hammer besitzt, der sieht in jedem Problem einen Nagel. Wenn Sie zu einem Gesundheitsexperten jeglicher Couleur gehen, kaufen Sie letztlich immer ein mehr oder minder gut angewendetes Denksystem.

Der Masseur sieht in Ihrem Rücken Verspannungen und wird versuchen, sie so gut wie möglich zu massieren. Ihr Orthopäde ist vielleicht besonders gut im Spritzen und empfiehlt das dann auch. Wieder andere Menschen meinen, Einlagen seien das Wunderheilmittel und andere sehen es in der Akupunktur oder der Osteopathie.

Inhaltlich gibt es Argumente für und gegen jede dieser Methoden.

Wie Sie aber beim Lesen dieses Buches feststellen werden, fehlt im Behandlungsprozess fast jedes Patienten ein Blick für das Wesentliche, das heißt die Umstände und Ursachen im Umfeld des Patienten, die seiner Genesung im Wege stehen. Wie bereits gesagt heilt der Körper sich ja permanent. Wer also ständig Rückenschmerzen hat, der muss seinem Rücken täglich mehr schaden als nutzen. Anders gesagt man macht sich schneller kaputt, als der Körper sich heilen kann.

Strategie statt Aktionismus

Leider behandeln viele Menschen ihre Rückenschmerzen mit einer Strategie, die so ähnlich ist, wie die von Herrn Müller zum Abnehmen. Herr Müller will schon seit Jahren abspecken, deshalb geht er auch dreimal die Woche joggen und nimmt zusätzlich Nahrungsergänzungsmittel, die eine ausreichende Versorgung mit Vitaminen und Mineralien garantieren. Er gönnt sich ausreichend, aber nicht zu viel Ruhe, trinkt viel Wasser und ist psychisch stabil.

Warum hat Herr Müller, der so viel richtig macht, immer noch nicht abgenommen? Das könnte vielleicht daran liegen, dass er jeden Mittag bei McDonald’s kalorienreiche Industrienahrung in sich hineinschaufelt und mit Cola runterspült.

Über Herrn Müller können wir gerne gemeinsam schmunzeln, ihn habe ich mir nämlich nur ausgedacht. Vielleicht schmunzeln wir auch über Kettenraucher, die sich teure Gesichtscremes für bessere Haut kaufen.

Aber was halten Sie von Herrn Meier, der zweimal pro Woche pflichtbewusst zur Krankengymnastik geht und sich noch massieren lässt und dessen Rücken immer noch weh tut? Ihn wollen wir nicht so schnell verurteilen, denn er macht ja vermeintlich alles richtig und folgt auch noch dem Rat seines Arztes.