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Dieser Band enthält folgende Western: Alfred Bekker: Die Rache der McCory-Brüder Neal Chadwick: Rückkehr nach Red Mesa Die Sonne neigte sich dem Horizont zu, warf lange Schatten über die staubigen Straßen und tauchte die Stadt Heartstone in ein rotgoldenes Licht. Die Stadt war ein blühender Flecken in der rauen Landschaft des Westens, eine Mischung aus Hoffnung und Verzweiflung, Leben und Tod. Heartstone war ächzend und knarrend aus dem Boden gestampft worden wie viele andere Städte, die entlang der neuen Eisenbahnlinie entstanden waren. In Heartstone liefen die Geräusche des Tagesgeschäfts zusammen: das Quietschen von Wagenrädern, das Rufen der Händler, Johlen der Cowboys und das gelegentliche Hufklappern schwerer Reitstiefel auf den Holzdielen der Veranden. All diese Geräusche wurden nur von zwei Dingen übertroffen: dem rhythmischen Ticken der Uhr im Büro des Sheriffs und dem beständigen Summen der Eisenbahnarbeiter, die immer wieder Material herbeischafften und verarbeiteten.
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Seitenzahl: 178
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Western Doppelband 1047
Copyright
Die Rache der McCory-Brüder: Western-Roman
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Sam Calder geht seinen Weg: Western
Titelseite
Cover
Inhaltsverzeichnis
Buchanfang
Dieser Band enthält folgende Western:
Alfred Bekker: Die Rache der McCory-Brüder
Neal Chadwick: Rückkehr nach Red Mesa
Die Sonne neigte sich dem Horizont zu, warf lange Schatten über die staubigen Straßen und tauchte die Stadt Heartstone in ein rotgoldenes Licht. Die Stadt war ein blühender Flecken in der rauen Landschaft des Westens, eine Mischung aus Hoffnung und Verzweiflung, Leben und Tod. Heartstone war ächzend und knarrend aus dem Boden gestampft worden wie viele andere Städte, die entlang der neuen Eisenbahnlinie entstanden waren.
In Heartstone liefen die Geräusche des Tagesgeschäfts zusammen: das Quietschen von Wagenrädern, das Rufen der Händler, Johlen der Cowboys und das gelegentliche Hufklappern schwerer Reitstiefel auf den Holzdielen der Veranden. All diese Geräusche wurden nur von zwei Dingen übertroffen: dem rhythmischen Ticken der Uhr im Büro des Sheriffs und dem beständigen Summen der Eisenbahnarbeiter, die immer wieder Material herbeischafften und verarbeiteten.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author /
© dieser Ausgabe 2025 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Alles rund um Belletristik!
Roman von Alfred Bekker
Der Junge hatte unbedingt mit seinem Vater und den Männern hinausreiten wollen.
Jetzt war es später Nachmittag, und sie waren auf dem Weg zurück zur Ranch.
Steve Gallaghers Ranch war nicht groß, aber sie bot ihm, seiner Familie und drei Cowboys ein Auskommen. Die Arbeit war anstrengend, und es gab stets mehr als genug zu tun, aber Steve Gallagher war froh, sein eigener Herr zu sein. Das war ihm eine Menge wert.
Ein Flecken Erde, der ihm gehörte, eine bezaubernde Frau und ein wohlgeratener, zwölfjähriger Sohn - was konnte man mehr vom Leben erwarten?
"Dad, du warst doch früher Sheriff in Little Valley, nicht wahr?", fragte der kleine Tom, während sie in gemäßigtem Tempo nach Hause ritten.
Sowohl Pferde wie Menschen waren müde und abgeschlagen, nur die Energien des kleinen Tom schienen nie zu versiegen.
"Warum bist du nicht Sheriff geblieben, Dad? Es ist doch eine gute Sache, für Recht und Ordnung zu sorgen!"
Steve lächelte.
"Ja, das stimmt, mein Junge. Es ist eine gute Sache, aber nicht ungefährlich. Und als ich deine Mutter kennenlernte, und mit ihr eine Familie gründen wollte, da wusste ich, dass das nicht zusammen passt: Tage oder Wochenlang auf der Jagd nach gefährlichen Halunken zu sein und zu Hause Frau und Kind, die nicht wissen, ob man lebend zurückkehrt!"
"Auf mich hättest du dabei aber nicht Rücksicht nehmen brauchen", meinte der Junge.
Steve lachte, langte zu Tom hinüber und strich ihm durch den wuscheligen Haarschopf.
"Wenn man eine Familie hat, kann man nicht so leben, als wenn man nur für sich selbst zu entscheiden hat. Wenn du mal soweit bist, wirst du das auch merken."
"Was ist dann anders?", fragte der Junge.
"Man muss sich einigermaßen sicher sein können, dass man am nächsten Tag noch am leben ist, um für seine Familie zu sorgen. Das verstehst du doch, oder?"
"Ja."
Dann schwiegen sie beide eine Weile. Dafür meldete sich Brian, einer der Cowboys zu Wort.
"Der Kleine kann einem Löcher in den Bauch fragen, was Steve?"
In der Ferne sahen sie nun die Ranch auftauchen: Das einfache, aber gemütliche Wohnhaus, die Stallungen und Corrals, die Unterkünfte für Cowboys...
"Sieh mal, Dad! Dahinten ist Ma!"
Und dann sah Steve sie auch. Seine Betsy, die jetzt ihren schlanken Arm hob und ihnen zuwinkte.
Schnell waren sie herangeritten, hatten sich aus den Sätteln gleiten lassen und die Pferde festgemacht. Steve Gallagher nahm seine junge Frau in die Arme und strich ihr zärtlich über den Kopf.
"Hattet ihr einen harten Tag, Steve?"
"Ach es ging. Und bei dir, irgendwelche Probleme?"
"Nein. Ich habe Essen gemacht. Es ist gerade fertig geworden. Ich denke, du und die Männer werden einen Mordshunger haben!"
"Haben wir, Ma'am!", rief Brian herüber, der seinem Gaul gerade den Sattel vom Rücken gemacht hatte.
Tom wollte schon ins Haus rennen, aber die Stimme seiner Mutter hielt ihn zurück.
"Moment, junger Mann!", rief sie ihm hinterher, ohne sich aus den Armen ihres Mannes zu lösen. Sie deutete auf die Tränke. "Erst wird gewaschen!"
Sie standen nebeneinander, klopften sich den Staub von den Kleidern und wuschen Hände und Gesicht.
Plötzlich meinte der Junge: "Hast du gar keine Angst, Dad?"
"Angst?"
Steve richtete sich auf und runzelte etwas die Stirn.
"Wovor denn?" Er kannte seinen Jungen und er wusste, dass er irgendetwas Bestimmtes mit seiner Frage im Sinn haben musste.
"Na, als du Sheriff warst, da hast du doch sicher dafür gesorgt, dass eine Menge Verbrecher hinter Schloss und Riegel gekommen sind, nicht wahr?"
"Ja, das war mein Job. Es waren einige..."
"Hast du nicht Angst davor, dass einer von denen dir das eines Tages heimzahlen will, Dad?"
Steve schüttelte den Kopf.
"Nein, da mache ich mir eigentlich keine Sorgen, Junge."
"Gar kein dummer Gedanke, den der Kleine da äußert, was?", mischte sich Brian ein, der inzwischen ein Handtuch genommen hatte, um sich etwas abzutrocknen. "Erinnerst du dich noch an die McCory-Brüder, Steve?"
Ein leichter Schatten fiel über Steve Gallaghers Gesicht.
Er nickte kurz.
"Ja. Üble Kerle waren das."
"Mann, ich weiß noch wie der Gefängniswagen aus Tucson kam, um sie abzutransportieren! Erinnerst du dich noch, Steve? Ich war zufällig gerade aus dem Drugstore gekommen..."
"Ja, ich erinnere mich..." Dann machte Steve eine wegwerfende Bewegung. "Ach, es waren so viele... Little Valley war damals eine wilde, ungezähmte Stadt!"
Brian spuckte aus und wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht.
"Es mögen viele gewesen sein, Steve! Aber so wahr ich hier stehe, ich habe in meinem ganzen Leben nie wieder einen Mann so furchtbare Racheschwüre ausstoßen hören!" Er machte ein nachdenkliches Gesicht und kratzte sich hinterm Ohr. "Welcher von ihnen war es doch gleich noch... Roy! Es war Roy McCory!"
"Was hat er denn gesagt?", fragte Tom, sichtlich interessiert.
"Oh, schlimme Dinge, mein Junge! Er wollte deinen Dad über den Haufen schießen, wenn er dazu die Gelegenheit bekommen sollte..."
"Hör' auf, Brian", fuhr Steve abrupt dazwischen. "Das ist Vergangenheit und die sollten wir ruhen lassen..."
Aber während sie dann zum Essen gingen, arbeitete es in Steves Gehirn. Er rechnete nach. Er glaubte sich zu erinnern, dass Roy McCory damals fünfzehn Jahre bekommen hatte...
Fünfzehn Jahre...
Die waren um!
Aber dann scheuchte er die Gedanken an Roy McCory davon und verbannte sie zunächst einmal aus seinem Kopf.
Es gab Dutzende von Leuten, mit denen er in Ausübung seiner Pflichten irgendwann einmal aneinander geraten war.
Und bisher war noch keiner von ihnen auf seiner Ranch aufgetaucht, um sich an ihm zu rächen.
Er war ein hochgewachsener Mann mit vorspringendem Profil und ledriger, wettergegerbter Haut. Zwei eisgraue, kalte Augen lagen hinter hohen Wangenknochen.
Als der Trupp von fast zwei Dutzend Reitern den Hügelkamm erreicht hatte, gab er den Männern ein Zeichen und zügelte dann sein Pferd.
Seine Gefolgsleute taten es ihm nach und blickten ein wenig irritiert zu ihrem Anführer hinüber.
"Was ist, Roy?"
Roy McCory drehte sich nicht zu seinem Bruder Phil um, sondern starrte hinab ins Tal, dorthin, wo Little Valley lag.
"Die Stadt scheint ein bisschen gewachsen zu sein, seit das wir letzte Mal hier waren...", murmelte Roy finster.
Phil, sein Bruder war von ähnlicher Statur wie Roy, aber seine Haut war weniger ledrig und sein Gesicht wirkte nicht ganz so finster und hasserfüllt.
"Fünfzehn Jahre sind eine lange Zeit", meinte Phil.
"Ja", bestätigte Roy. "Und wie habe ich auf diesen Augenblick gewartet!" Sein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. "Jetzt werden Gallagher und Potter bezahlen!" Und in dem er das sagte, ballte er grimmig die Hand zur Faust.
Phil nickte knapp.
"Ja, wir sind es unserem toten Bruder Joe schuldig!"
Jetzt wandte Roy sich endlich zu ihm um und blickte ihn mit weit aufgerissenen Augen an, aus denen ein unstillbarer Durst nach Rache sprach.
"Wir sind es uns selbst schuldig, Phil!", zischte er.
"Bin gespannt, ob die beiden immer noch in Little Valley den Stern tragen!"
Roy spuckte aus.
"Wäre wirklich zu dumm, wenn irgend so ein dahergelaufener Strauchdieb uns zuvorgekommen sein sollte und wir jetzt keine Möglichkeit mehr hätten, sie unter die Erde zu bringen!"
Er ließ den Blick die Reihe der Reiter entlangschweifen.
Roy McCory und sein Bruder Phil waren der Rache wegen nach Little Valley gekommen, aber die Bande, die sie angeheuert hatten, hatte mit der alten Geschichte von damals nichts zu tun.
Es waren allesamt raue Kerle, bekannte Banditen und Halsabschneider, die nur einen Grund hatten, den McCorys zu folgen: Die Aussicht auf fette Beute.
Aber für Roy spielte das keine Rolle.
Wenn die Stadt sich erst einmal in ihrer Hand befand, würde schon genug für die hungrigen Wölfe abfallen...
"Los, Männer!", rief Roy. "Potter und Gallagher sind schon so gut wie tot!"
Dann preschten sie den Hang hinunter in Richtung der Stadt: eine schießwütige Bande von Killern, von denen jeder einzelne jederzeit dazu bereit war, für eine halbe Flasche Whisky einen Menschen umzubringen...
Mit Genugtuung bemerkte Roy, dass einige Passanten auf der Main Street von Little Valley sich noch an die alten Zeiten erinnerten.
"Die McCorys sind zurückgekehrt!", hörte er einen Mann in den mittleren Jahren aufgeregt rufen, der sich daraufhin raschen Schrittes in Richtung des Sheriff-Büros bewegte.
Soll er nur laufen und die Sternträger aus ihrem Rattenloch holen, dachte Roy zynisch. Dann brauchte er nicht nach ihnen zu suchen.
"Die Männer haben sich nach dem langen Ritt einen Drink verdient, meinst du nicht auch?", meldete sich Phil zu Wort.
Roy ließ einige Augenblicke lang den Blick wortlos umherschweifen um die Lage abzuschätzen. Dann nickte er schließlich gönnerhaft.
"Gut, gehen wir erst einmal auf einen Drink in den Saloon."
Little Valley war keine Großstadt und wenn es auch in den Jahren etwas gewachsen war, so hatte es nach wie vor noch immer nur einen Saloon, der von einem glatzköpfigen, massigen Mann namens Paddy Karrow betrieben wurde.
Es dauerte nur wenige Augenblicke, da hatten sie Paddys Laden erreicht, der ungefähr in der Mitte der Main Street zu finden war.
Sie stellten ihre Pferde zu den anderen und dann folgten sie Roy durch die Schwingtüren.
Als die McCorys den Saloon betraten, herrschte unter den anwesenden Zechern plötzlich Schweigen.
Roy blieb zunächst in der Mitte des Schankraumes stehen und schien die Atmosphäre der Angst sichtlich zu genießen, die er verbreitete.
Dann ging er gemessenen Schrittes zur Theke und wandte sich an Paddy.
"Na, lebst du auch noch, altes Haus?"
Paddys Gesichtsausdruck blieb unbewegt. Er schien sich über das Wiedersehen keineswegs zu freuen.
"Was willst du hier, Roy McCory? Streit?"
"Zunächst nur einen Whisky, Paddy. Den kann man doch immer noch bei dir bekommen, oder?"
"Wenn du dafür bezahlst, ja."
"Na, los, schenk ein. Und meinen Männern auch. Wir haben einen langen Ritt hinter uns..."
Dem Barkeeper war offensichtlich nicht wohl in seiner Haut. Sein rundes Gesicht war rot angelaufen und er schwitzte. Er hatte die McCorys erlebt, damals, vor fünfzehn Jahren...
Und er wusste, dass mit ihnen nicht zu spaßen war.
"Ist Steve Gallagher immer noch Sheriff in Little Valley?", fragte Roy dann.
Paddy sah auf.
"Nein, schon lange nicht mehr."
Roys Gesicht wurde zornig, auf seiner Stirn bildeten sich dicke Furchen.
"Na, red' schon, was macht Gallagher jetzt?"
"Schon ein paar Jahre nachdem...", Paddy schluckte, "...nach der Sache damals hat er den Stern abgegeben, sein Mädchen geheiratet und sich dann als Klein-Rancher niedergelassen."
"Hier in der Gegend?"
"Du willst ihn umbringen, nicht wahr, McCory?"
Roy griff blitzschnell zum Revolver an seiner Seite, spannte den Hahn und setzte die Waffe an das dicke Doppelkinn des Barkeepers.
Ein Raunen ging durch den Schankraum, die Männer hielten den Atem an, aber keiner fühlte sich im Stande einzugreifen.
Roy grinste zynisch und musterte einige Augenblicke lang die furchtsamen Gesichter der Bürger.
Dann wandte er sich wieder an den zitternden Paddy und wiederholte seine Frage.
"Hier in der Gegend?"
Paddy keuchte.
"Ja..."
Roy nickte zufrieden, ließ aber die Waffe nicht von dem armen Barkeeper.
"Wer ist jetzt Sheriff in Little Valley?"
"Mike Potter..."
"Habe ich es mir doch gedacht. Wenn Gallagher im Amt geblieben wäre, wäre Potter wohl ewig Hilfssheriff geblieben!"
Phil fiel in raues Gelächter, in das dann etwas zögernd auch die anderen Männer einstimmten.
Von den Leuten aus der Stadt lachte niemand.
In diesem Moment flogen die Schwingtüren des Saloons auseinander.
Die Kerle am Schanktisch wirbelten herum, während Roy McCory wie zur Salzsäule erstarrt war.
"Nehmen Sie die Waffe weg!", befahl eine ruhige, besonnene Stimme.
Roy verzog zynisch das Gesicht und bewegte sich nicht.
"Sieh an, so sieht man sich wieder... Mike Potter!", quetschte er zwischen den schmalen, blutleeren Lippen hindurch.
Potter deutete auf den Blechstern, den er an der Brust trug und machte ein ernstes Gesicht.
"Ich vertrete hier das Gesetz, McCory!"
"So wie damals!"
"Ja, so wie damals! Ganz gleich, was Sie nach all den Jahren zurück nach Little Valley getrieben hat: Ich werde nicht dulden, dass Sie hier irgendwelchen Aufruhr stiften!"
Roy nahm den Colt blitzartig von Paddys Doppelkinn weg und zerschoss eine der Whiskyflaschen, die hinter dem Saloonkeeper in den Regalen standen.
Dann drehte er sich gänzlich zu Potter herum, wobei er die Waffe noch immer in der Hand hielt.
"Der Grund, weshalb Phil und ich nach all den Jahren hier her zurückgekehrt soll kein Geheimnis sein, Sheriff!"
"Nun?"
"Es gibt zwei Gründe und sie tragen beide Namen: Gallagher und Potter!"
"Sie wollen Rache?"
"Sie beide haben unseren Bruder Joe an den Galgen gebracht - und uns für viele Jahre ins Loch!"
"Es war unsere Pflicht, euch festzunehmen und vor den Richter zu schleppen", erklärte Potter. "Ihr drei hattet eine Postkutsche überfallen und die Passagiere misshandelt. Und Joe hat auf den Kutscher geschossen - und ihn ermordet!"
"Wenn Sie denken, dass Sie durch Ihr erbärmliches Gewinsel unserer Rache entgehen können, dann haben Sie sich geirrt, Potter!"
"Ich weiß", meinte Potter.
Sein Blick ging die Reihe der Kerle entlang, die ihm da an der Theke gegenüberstanden.
In ihren Augen las er seinen Tod.
"Das Urteil über Sie ist längst gesprochen, Potter!", meldete sich jetzt Phil zu Wort. Sein Tonfall war eisig. "Es geht nur noch darum, es zu vollstrecken..."
Die Hände der Männer gingen zu den Revolvern und auch Potters Rechte glitt zur Hüfte.
Roy McCory, der die Waffe ja bereits in der Hand hatte, war der Erste, der feuerte.
Er schoss, noch bevor der Sheriff sein Eisen völlig aus dem Holster gerissen hatte.
Mike Potters Augen erstarrten, als ihm die Kugel in den Oberkörper fuhr. Doch noch ehe er rücklings durch die Schwingtüren taumelte und der Länge nach in den Staub der Straße schlug, wurde er von einem Kugelhagel förmlich durchsiebt.
"Das wäre erledigt, Männer", murmelte Roy, als die Ballerei vorbei war. "Der steht nicht wieder auf..." Dann wandte er sich an Paddy. "Glotz nicht so dumm wie ein Affe, Dicker! Ein Saloonkeeper sieht so etwas doch sicher nicht zum ersten Mal! Schenk den Männern lieber nach, anstatt große Augen zu machen!"
"Jawohl...", stammelte er.
Seine Hände zitterten so sehr, dass er kaum die Whiskyflasche halten konnte.
Unterdessen war einer von den Leuten aus der Stadt von seinem Platz aufgestanden.
"Das war unser Sheriff!", rief er völlig entgeistert. "Sie haben unseren Sheriff ermordet!"
Roy McCory wandte sich um und bedachte ihn mit einem kühlen Blick, aus dem deutliche Geringschätzung sprach.
Der Mann trug einen braunen, schon recht abgeschabten Anzug, aber keinen Colt um die Hüften. Er schien völlig außer Fassung zu sein und bewegte sich kopfschüttelnd seitwärts auf die Schwingtüren zu.
Dabei ließ er für keine Sekunde den Blick von Roy. Er stierte ihn an, als sei der fremde Bandenführer ein exotisches Raubtier.
"Was haben Sie getan..." stammelte er und auch einige der anderen anwesenden Zecher hatten sich nun von ihren Plätzen erhoben.
Allerdings riskierte es von ihnen kein einziger, ein unbedachtes Wort über die Lippen kommen zu lassen.
Der Mann im braunen Anzug griff unter sein Jackett.
Roy McCory zögerte nicht eine Sekunde. Blitzartig riss er das Eisen heraus und feuerte.
Er traf den Mann mitten auf der Stirn, der daraufhin in sich zusammensackte und auf den ungehobelten Bretterboden schlug.
Seine Augen waren weit aufgerissen.
Er war gestorben, ohne zu wissen, weshalb.
Roy steckte den Colt weg, während die anderen Saloongäste wie erstarrt dastanden. Keiner von ihnen wagte auch nur ein zu lautes Atmen.
Mit dem Fuß drehte er den Toten herum.
Die Hand, mit der er unter das Jackett gegriffen hatte, hielt ein Taschentuch...
"War das wirklich nötig, Roy? Ich meine Potter, okay, aber gleich so nervös..."
"Halt's Maul, Phil!"
Roy sagte das auf eine Art und Weise, die es seinem Bruder besser erscheinen ließ, sich daran zu halten und tatsächlich nichts mehr von sich zu geben.
Roy wirkte ziemlich unbeteiligt. Zumindest dafür, dass er soeben zwei Menschen erschossen hatte.
Er wandte einen funkelnden Blick in Richtung von Paddy, der vergessen zu haben schien, seinen Mund zu schließen, nachdem er ihn das letzte Mal geöffnet hatte. "Ich hoffe, ihr habt einen Totengräber hier in der Stadt, der so etwas wegmacht..."
Roy sprach ganz leise und es klang gespenstisch. Fast wie das Zischen einer Schlange.
"Was ist, Paddy, alter Angsthase? Habt ihr einen oder nicht?"
"Ja."
"Das ist gut, Paddy! Das ist gut..."
"Ich verstehe nicht..."
"Du verstehst nicht? Wir werden die Dienste des Totengräbers noch öfter in Anspruch nehmen müssen, wie mir scheint..."
Er musterte die Reihen der Stadtleute, die alle nur hier her gekommen waren, um friedlich einen Drink zu nehmen und die jetzt soviel Angst hatten, dass sie es nicht gewagt hätten, einen Muskel zucken zu lassen oder eine Augenbraue in die Höhe zu ziehen.
"Hast du nicht ein paar Zimmer, Paddy?", raunte er dann, ohne den Keeper dabei anzusehen.
Paddy gab keine Antwort.
Und das hatte auch einen einleuchtenden Grund. Er hatte nämlich nicht die geringste Lust, auch nur einen der Kerle zu beherbergen.
"Ich hab dich was gefragt!", brauste Roy dann auf einmal auf, so dass sein dickleibiges Gegenüber geradezu zusammenzuckte.
"Ja, ich habe Zimmer."
"Dann richte sie für mich meine Leute her!"
"Sie sind belegt! Es sind Gäste drin!"
"Wirf sie raus, Paddy. Wir haben Vorrang!"
"Aber..."
Roy wandte sich an seine Männer und machte eine Bewegung mit der Hand.
"Kommt Leute, wir sind nicht zum Spaß hier..."
Sie tranken ihre Whiskys aus und bewegten sich schwerfällig in Richtung der Schwingtüren, wo ihr Boss auf sie wartete.
"Hey, was ist mit Bezahlung!"
"Wir bezahlen jede Rechnung!", rief Roy. "Hast du gehört? Jede Rechnung! Und wir vergessen nichts! Aber unsere Währung wird in Blei geprägt!"
Dann riss er blitzschnell den Colt heraus und zerballerte den großen Spiegel, den Paddy hinter dem Schanktisch angebracht hatte.
Der Barkeeper wurde bleich.
"Du kannst jede Menge davon haben!", zischte Roy McCory grimmig.
Als die McCorys mit ihrem Gefolge vor den Saloon traten, vorbei an der Leiche von Mike Potter, da war draußen inzwischen ein Menschenauflauf entstanden.
Zornige Bürger hatten sich zusammengefunden und nicht wenige von ihnen waren bewaffnet
"Mörder!", schrie einer aus der Menge. Es war nicht auszumachen, wem die Stimme gehörte und vermutlich hätte ihr Besitzer es sonst auch nicht gewagt, den Mund so weit aufzureißen.
"Jagt sie aus der Stadt!"
"Jawohl!"