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Dieser Band enthält folgende Western: Neal Chadwick: Bohnen und Blei Alfred Bekker: Das Gesetz des Don Turner Als die drei finsteren Gestalten seinen Laden betreten hatten, wusste Tom Asher sofort, dass sie nicht gekommen waren, um ihm etwas abzukaufen. Ashers Puls beschleunigte sich, er rang nach Luft. Es würde Ärger geben, so viel stand fest. Die Gesichter der drei Männer waren hart. Ihre kalten Augen blickten mitleidslos auf Asher herab, der einen guten Kopf kleiner war als sie. Ein kalter Schauer lief über Ashers Rücken, die Hände hatte er in ohnmächtiger Wut zu Fäusten geballt. "Na, kennen wir uns noch, Mr. Asher?", fragte einer der drei, der offensichtlich ihr Anführer war. Sein schwarzer Bart unterstützte die Hagerkeit seines Gesichts und gab ihm ein düsteres Aussehen. Seine Haut war von auffallender Blässe. Er trug den dunklen Hut tief ins Gesicht gezogen. Mit der Linken nahm er seine schlanke Zigarre aus dem Mund und stieß Rauch aus, während die Rechte die ganze Zeit über in der Nähe des Revolvers blieb, den er in seinem Holster stecken hatte. "Ist schon ´ne ganze Weile her, seit Zahltag war, nicht wahr, Mr. Asher?", meinte der Schwarzbart. Seine Züge blieben eiskalt, nicht ein Gesichtsmuskel bewegte sich.
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Seitenzahl: 259
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Western Doppelband 1049
Copyright
Bohnen und Blei: Western
Das Gesetz des Don Turner
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About the Author
Titelseite
Cover
Inhaltsverzeichnis
Buchanfang
Dieser Band enthält folgende Western:
Neal Chadwick: Bohnen und Blei
Alfred Bekker: Das Gesetz des Don Turner
Als die drei finsteren Gestalten seinen Laden betreten hatten, wusste Tom Asher sofort, dass sie nicht gekommen waren, um ihm etwas abzukaufen.
Ashers Puls beschleunigte sich, er rang nach Luft.
Es würde Ärger geben, so viel stand fest.
Die Gesichter der drei Männer waren hart. Ihre kalten Augen blickten mitleidslos auf Asher herab, der einen guten Kopf kleiner war als sie.
Ein kalter Schauer lief über Ashers Rücken, die Hände hatte er in ohnmächtiger Wut zu Fäusten geballt.
„Na, kennen wir uns noch, Mr. Asher?“, fragte einer der drei, der offensichtlich ihr Anführer war.
Sein schwarzer Bart unterstützte die Hagerkeit seines Gesichts und gab ihm ein düsteres Aussehen. Seine Haut war von auffallender Blässe. Er trug den dunklen Hut tief ins Gesicht gezogen. Mit der Linken nahm er seine schlanke Zigarre aus dem Mund und stieß Rauch aus, während die Rechte die ganze Zeit über in der Nähe des Revolvers blieb, den er in seinem Holster stecken hatte.
„Ist schon ´ne ganze Weile her, seit Zahltag war, nicht wahr, Mr. Asher?“, meinte der Schwarzbart. Seine Züge blieben eiskalt, nicht ein Gesichtsmuskel bewegte sich.
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Alfred Bekker
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von Neal Chadwick
Bohnen und Blei – Westernroman von Neal Chadwick
Elias Boone hat das Gesetz hinter sich gelassen – doch die Vergangenheit holt ihn ein. Als die berüchtigten Redd-Brüder nach Jahren im Gefängnis nach Juniper Wells zurückkehren, droht die kleine Grenzstadt im Staub des Wilden Westens zu versinken. Boone muss sich entscheiden: Bleibt er Rancher und Familienvater – oder wird er noch einmal zum Sheriff, um seine Familie und die Stadt zu schützen?
Packende Schießereien, starke Charaktere und der raue Alltag einer Grenzstadt – "Bohnen und Blei" ist ein atmosphärischer Western voller Spannung, Herz und Mut. Erleben Sie, wie Gemeinschaft, Gerechtigkeit und Hoffnung gegen das Gesetz des Stärkeren bestehen. Ein Roman über Verantwortung, Zusammenhalt und die Kraft, das Richtige zu tun – selbst wenn der Preis hoch ist.
Für Fans von klassischen Western, starken Helden und bewegenden Geschichten. Jetzt bestellen und in die Welt von Juniper Wells eintauchen!
Elias Boone: Ehemaliger Sheriff, heute Rancher und Familienvater; handelt überlegt und erdig.
Clara Boone: Elias’ Frau; standhaft, pragmatisch, mit klarer Stimme in stürmischen Zeiten.
Nate Boone: Sohn der Boones; neugierig, lernwillig, wächst an Aufgaben.
Hank Merriweather: Cowboy auf der Boone-Homestead; loyal, zupackend.
Miguel Solana: Cowboy und stiller Stratege; verlässlich, aufmerksam.
Big Al Murphy: Saloonbetreiber in Juniper Wells; massig, mit Herz und Hausverstand.
Miss Carraway: Ladenbesitzerin; scharfer Blick, schnelle Zunge, fester Anker der Stadt.
Der Pastor: Geistlicher in Juniper Wells; stiller Mut, praktische Hilfe.
Wally Pike: Barbier und Bote; nervös, aber beherzt, kennt jeden Winkel der Stadt.
Richter Abraham Hartley: Territorialrichter in Tucson; knapp, nüchtern, prinzipientreu.
Cain Redd: Rückkehrender Widersacher; kühl, kalkulierend.
Luther Redd: Cain’s Bruder; ruhigerer Schatten, doch entschlossen.
Quirt Delaney: Bandenführer mit Vorliebe für saubere Pläne; schnell und präzise.
Jeb Mallory: Mann aus alten Tagen; bringt Hinweise und will Altes gerade rücken.
Dickon Grady: Schmied von Juniper Wells; kräftig, loyal zur Stadt.
Jude & Larkin: Reiter im Dienst des Richters; ernste, zweckmäßige Profis.
Biloxi/Greasy u. a.: Umtriebige Revolvermänner; stehen für das raue, rastlose Element des Territoriums.
Juniper Wells: Kleine Grenzstadt; Saloon, General Store, Kirche, Telegraph – ein hartes, aber haltbares Gefüge.
Boone-Homestead (Cottonwood): Ranch der Boones am Bach; Haus, Scheune, Corrals, Windrad und Zaunlinien.
Cottonwood Creek/Flats: Wasser, Weiden und Arbeitsalltag; Ruhepol und Gefahrenrand zugleich.
Santa Fe Ridge: Hügelzug mit Gestrüpp und Fels; ideal für Pfade, Signale – und Hinterhalte.
Missionspass / Missionsruine: Alter Durchlass und marcante Landmarke; Engstelle mit Geschichte.
Deadman Cut: Enge Schlucht mit Felsbändern; taktisch heikel, zweischneidiger Durchgang.
Der Baum am Ende der Straße: Markanter Punkt der Main Street; Sinnbild für Recht, Erinnerung und Wandel.
Saloon (Big Al’s): Treffpunkt, Zuflucht und Windfahne der Stadtstimmung.
General Store (Miss Carraway): Drehscheibe für Waren, Worte und Nachrichten.
Sheriff-/Office-Zelle: Kleines Büro mit Zelle; Scharnier zwischen Ordnung und Ausnahmezustand.
Tucson: Gerichtssitz des Territorialrichters; Knotenpunkt für Recht und Verwaltung.
Yuma: Ferne Strafanstalt; fernes Echo der Konsequenzen.
Red Gulch: Schauplatz aus Elias’ Vergangenheit; Ursprung mancher Feindschaften.
Contention / Alamosa: Wegekreuz und Durchgangspunkte; kurze Stationen, lange Folgen.
Fort Summerfield Garrison: Militärposten im Umland; Ziel von Sold- und Versorgungswegen.
1
Der Junge hatte Elias Boone lange in den Ohren gelegen, dass er mit hinausreiten dürfe. Und heute hatte sein alter Herr schließlich nachgegeben.
Jetzt war es später Nachmittag. Sie ritten im gemächlichen Tempo zur Boone-Homestead zurück, deren Dächer in der sinkenden Sonne wie kupferne Schindeln glühten. Zwei Kühe standen am kleinen Bachlauf, den sie “Cottonwood Creek” nannten, und schwenkten träge ihre Schwänze.
Elias Boone beugte sich im Sattel vor und klopfte die staubige Mähne seiner Stute. Neben ihm trabte Nate, sein dreizehnjähriger, dünner Junge, mit roten Wangen und hellen, wachen Augen, die nichts zu übersehen schienen. Hinter ihnen ritten Hank Merriweather und Miguel Solana, die beiden Cowboys der Boone-Homestead, schweigsame, zuverlässige Männer, die ihren Lohn wert waren.
“Pa?”, fragte Nate, dessen Energie nie zu versiegen schien.
“Ja?”
“Stimmt es, dass du früher Sheriff in Red Gulch gewesen bist?”
Elias lächelte schmal, ohne den Blick von den Bäumen am Bach zu nehmen. Die Pappeln standen still, nur ein hoher Vogel strich über die Wipfel.
“Das stimmt, Junge.”
“Warum hast du aufgehört? Ich meine, Ordnung halten ist doch eine gute Sache.”
“Das ist es, Nate”, sagte Elias. “Aber es ist auch eine gefährliche Sache. Und als ich deine Ma traf und mit ihr hier draußen anfangen wollte... Nun, damals habe ich entschieden, dass ein Mann, der jeden Tag nach Westen reitet, um anderen Männern in den Lauf zu schauen, auf Dauer kein Ehemann und Vater sein kann.”
“Auf mich hättest du keine Rücksicht zu nehmen brauchen”, murmelte der Junge trotzig.
Elias lachte leise, langte hinüber und strich seinem Sohn durch den störrischen Haarschopf. “Eines Tages wirst du verstehen, dass Rücksicht nicht einfach Kette ist, sondern Wahl. Ich hab’ gewählt. Für euch.”
Nate schwieg und setzte das Kinn vor. Er dachte nach, das sah man ihm an. Hank spuckte einen goldbraunen Strahl in den Staub.
“Der Kleine stellt die richtigen Fragen, Boss”, meinte er. “Und er hört zu, das ist die halbe Miete.”
“Nächstes Jahr darfst du die Kälber allein in den Corral treiben”, fuhr Miguel den Jungen an und tat so, als wäre er streng. “Bis dahin reitest du neben deinem alten Herrn und fragst Löcher in die Luft.”
In der Ferne hob sich die Homestead ab: das niedrige Haus mit der Veranda, die geschindelte Scheune, die Corrals, der Windradbrunnen, der ein monotones Klacken von sich gab. Ein leichter Wind strich aus den Bergen, brachte kühle Luft und fernes Harz.
“Da ist Ma”, rief Nate plötzlich. Auf der Veranda stand Clara Boone, schlank und in einem blassen Sommerkleid. Sie hob die Hand und winkte, und in Elias’ Brust wurde es warm. Manchmal musste er sich erinnern, dass Glück nicht laut sein musste; es reichte, wenn der Wind eine vertraute Stimme brachte.
Sie ließen sich aus den Sätteln gleiten. Clara trat Elias entgegen und er nahm sie kurz in die Arme, spürte das Salz ihres Schweißes und sah das Licht in ihren Augen.
“Harter Tag?”, fragte sie.
“Einer von vielen”, erwiderte Elias. “Aber der Zaun an der Nordweide hält wieder.”
“Gut. Ich habe Eintopf auf dem Ofen. Ihr kommt gerade recht.”
Nate wollte ins Haus stürmen, doch Claras Ruf ließ ihn erstarren. “Halt! Erst Hände waschen. Und zwar gründlich.”
“Jawohl, Ma”, brummte der Junge, grinste aber dabei.
2
Sie standen an der Tränke, wuschen sich Gesicht und Hände. Der Staub löste sich in braunen Rinnsalen und lief zurück in die Erde. Über dem Dach der Scheune zogen Schwalben ihre letzten Kreise.
“Pa?”, begann Nate erneut, während Elias sich mit einem Lappen den Nacken rieb.
“Hm?”
“Als du damals Sheriff warst... Hast du viele Schurken eingebuchtet?”
“Ein paar”, sagte Elias und presste das Tuch aus. “Und ein paar mehr unter die Erde gebracht.”
“Hast du keine Angst, dass einer von denen zurückkommt?”
Elias hob den Kopf, richtete sich auf. Die Sonne stand ihm im Rücken, sein Gesicht war ein Spiel aus Licht und Schatten.
“Einige Jahre habe ich mir darüber Gedanken gemacht”, sagte er langsam. “Aber am Ende, Nate, ist es wie mit Regen: Kommt er, wirst du nass. Kommt er nicht, bleibst du trocken. Ich verschwende keine Tage mit Warten auf Wolken.”
“Keine dumme Frage vom Kleinen”, mischte sich Hank ein, der das Wasser mit seinem Ärmel aus dem Bart wischte. “Erinnerst du dich an die Redd-Brüder, Elias?”
Elias’ Gesicht wurde still. Ein Schatten glitt über seine Züge. “Cain und Luther Redd”, murmelte er.
“Und Jed”, warf Miguel ein. “Drei waren’s. Einer kam an den Strick, zwei ins Zuchthaus nach Yuma.”
Nate hielt die Luft an. “Wer war Jed?”
“Der Schlimmste von ihnen”, sagte Elias tonlos. “Schnell mit der Waffe, langsam mit dem Kopf. Hat einen Kutscher erschossen, obwohl der die Hände in die Höhe hielt.”
“Und du hast ihn hängen lassen?”
Elias sah seinen Sohn an. “Ich habe ihn zum Richter gebracht. Der Richter tat, was Richter tun. Und die Stadt atmete danach freier.”
Hank schnalzte. “Zu dumm nur, dass die Brüder ihm damals vor dem Jail derart geschworen haben, dich eines Tages in den Staub zu drücken, dass einem die Haare zu Berge standen. Ich hör’ ihre Worte noch: ‘Wir kommen wieder, Boone.’”
“Genug, Hank”, schnitt Elias ab. “Die Jahre haben Rücken und Drohungen gebrochen.”
Aber als er neben Clara am Tisch saß und das Brot in den Eintopf brach, rechnete er unwillkürlich. Yuma. Zwölf Jahre für Cain Redd, zehn für Luther, wenn er sich richtig erinnerte. Es waren lange her. Lang genug.
Er scheuchte die Gedanken fort, trank vom kühlen Wasser und zwang sich, Claras Erzählungen vom Brotbacken und dem störrischen neuen Kalb zu folgen. Es gelang ihm, wie es Männern gelingt, die gelernt haben, zwischen zwei Atemzügen die Welt draußen zu lassen. Aber tief in ihm blieb etwas wach. Eine Saite, die keiner sehen konnte, die aber nun leise zu schwingen begonnen hatte.
3
Hoch über der Ebene, dort, wo die Hügel der San-Pedro-Range sich zusammenschoben, hielt eine Schar von Reitern an. Der Mann vorn trug einen schwarzen Hut mit schmaler Krempe, die Augen lagen tief in Höhlen wie aus Granit. Ein langer, schmaler Mund, das Kinn glatt rasiert, die Haut ledrig vom Wind. Er hob die Hand und die Männer hielten wie auf Kommando.
“Juniper Wells”, sagte er, ohne sich umzuwenden. Seine Stimme war kaum mehr als ein kehliges Brummen.
Sein Bruder ritt auf gleicher Höhe, etwas hinter ihm. Luther Redd, die gleiche Länge und Sehnen wie Cain, aber die Züge weichlicher, die Augen schweifend. Wer ihn sah, traute ihm eher einen schmutzigen Streich als einen kalten Schuss zu. Doch wer das glaubte, lag falsch.
“Größer geworden”, knurrte Luther. “Mehr Dächer. Mehr Trog.”
“Mehr Beute”, entgegnete Cain, und ein kaum merkliches Zucken lief über seinen Mund.
Ein Raunen ging durch die Reihen der Männer hinter ihnen, zwanzig durstige Kehlen, die schon zu lange nach Remmidemmi lechzten. Sie hatten Namen, die jeder Barmann im Territorium kannte, und ein paar trugen keine Namen mehr, nur Spitznamen, die wie Narbe klangen: Greasy, Cut-Thumb, Biloxi Dan.
“Werd’ nie vergessen, was der Richter mit Jed gemacht hat”, sagte Luther leise. “Und was der Kerl von Red Gulch dazu beigetragen hat.”
“Boone”, korrigierte Cain. Er spuckte in den Staub. “Elias Boone. Er hat unser’n Bruder an den Galgen gebracht. Und er hat uns in Ketten legen lassen. Zwölf Jahre sind lang, Bruder.”
“Lang genug”, murmelte Luther. “Und der Sheriff von Juniper Wells, wie heißt der jetzt?”
“Will Trumbull”, mischte sich Greasy ein. “Ein dicker Hund, der zuviel in Paddys Saloon sitzt und zu wenig in den Hintergassen.”
“Paddys Saloon gibt’s hier nicht, du Kamel”, fuhr Cain ihn an. “In Juniper Wells schüttelt Big Al Murphy die Gläser.” Er ließ die Zügel tiefer in die Hand rutschen. “Wir reiten rein, als wären wir Segen und Regen. Und dann suchen wir Trumbull und—”
“Boone?”, fragte Luther.
“Boone”, sagte Cain. Seine Augen waren zwei kalte Nägel. “Falls er noch irgendwo im Umkreis atmet, wird er den Wind heute riechen.”
Cain Redd legte seine Hacken an. Zwanzig Pferde stürzten den Hang hinunter, einen Weg von Staub und Lärm und Blei vor sich.
4
Juniper Wells verschränkte sich um seine Main Street wie ein Mann die Arme. Bretterveranden, staubige Fensterscheiben, ein Schmied, der den Hammer hob, und ein Junge, der die Eimer trug und stehenblieb, als die Redds und ihr Tross in die Stadt rollten.
Ein paar Köpfe wandten sich, ein halblauter Ruf flog. “Die Redds! Die Redds sind wieder da!”
Big Al Murphys Saloon lag in der Mitte der Straße, das Schild schräg am Nagel, der Lack abgeblättert. Wer die Schwingtüren aufstieß, trat in einen Raum voller Rauch und Stimmen und selbstgezimmertem Unglück. Big Al, ein Berg von einem Mann mit rosigem Schädel und Armen wie Brückenpfeiler, hielt gerade ein Glas unter einen Hahn. Er hob den Kopf, als Cain Redd die Türen auseinander schlug.
Stille. Keine Stille wie nachts, wenn die Grillen reden, sondern diese Stille, die unter Bretterdächern entsteht, wenn zwanzig Männer bei vollem Tageslicht beschließen, die Luft nicht mehr zu bewegen.
Cain blieb in der Mitte des Saloon stehen. Er sog den Geruch ein. Bitter, warm, billig.
“Al”, sagte er schließlich. “Du bist dicker geworden.”
“Und du nicht schöner”, erwiderte Big Al, ohne zu blinzeln. Seine Stimme hatte etwas von Karrenrad auf Kies. “Whisky?”
“Für meine Männer”, nickte Cain. “Und für mich.”
“Wenn ihr bar zahlt.”
“Wir zahlen immer”, knurrte Luther. Ein Lachen ging durch die Reihen, ohne Spaß.
Big Al füllte Gläser. Seine Hände zitterten nicht. Er hatte zuviel gesehen in zuviel Jahren. Aber in seinen Augen lag ein Glanz, der sagte: Was jetzt kommt, sollte man eigentlich nicht mehr erleben müssen.
Cain kippte den Whisky. “Wo ist Trumbull?”
“Im Office”, sagte Big Al.
“Und Boone?”
Big Al machte ein Gesicht, als müsse er das Wort in einen passenden Kasten legen.
“Boone ist seit Jahren kein Sheriff mehr”, sagte er ruhig. “Hat sein Abzeichen abgelegt, als er Clara geheiratet hat. Bewirtschaftet die Fläche am Cottonwood Creek.”
Cain Redds Züge wurden enger. “In der Nähe?”
“Zweieinhalb Meilen westlich.”
“Gut.” Cain wandte sich halb. “Will Trumbull hat sicher nichts dagegen, wenn wir ihm einen Besuch abstatten.”
Ein leises “Nein!” kam vom Ende der Theke. Einer der Trinker, ein Mann mit schiefem Hut und erschrecktem Blick, hatte es gewagt. Cain sah ihn an, lang und kalt, dann stellte er sein Glas ab, nahm es wieder hoch und warf es nach der Spiegelwand hinter Big Als Kopf. Das Glas zerbarst, der Spiegel sprang. Ein Raunen. Der Mann am Ende der Theke senkte den Kopf.
“Trumbull ist der Sheriff von Juniper Wells”, sagte Cain noch einmal, als könne man das nicht auf viele Arten verstehen. “Wir begrüßen ihn wie es sich gehört.”
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Die Schwingtüren flogen erneut auf, diesmal von außen. Sheriff Will Trumbull trat herein, auf den schmalen Lippen ein Versuch von Ruhe, der nicht hielt. Neben ihm sein Deputy, ein blasser Junge mit zu großer Weste.
“Cain Redd”, sagte Trumbull. Er deutete auf den Stern an seiner Brust. “Ich vertrete hier das Gesetz.”
“Und ich den Entschluss”, entgegnete Cain. “Lang nicht gesehen, Will. Du hast dich nicht verändert.”
“Du schon”, erwiderte Trumbull. “Du siehst hungriger aus.”
“Zwölf Jahre Wüste tun das.”
Trumbull blieb mitten im Raum stehen. Sein Blick wanderte zu Big Al, dann wieder zu Cain. “Ich dulde hier keine Randale.”
“Randale?”, fragte Luther mit einem dünnen Grinsen. “Wir trinken nur.”
“Dann trink leise”, murmelte Big Al.
Cain spannte den Hahn, nicht als Drohung, sondern als Feststellung. “Wo war Red Gulch, als ihr vor Jahren Jed an den Baum gebracht habt?”, fragte er, ohne den Blick von Trumbull zu nehmen. “Wo war Boone? Ach ja. Er hielt das andere Ende des Seils.” Cains Mund zuckte. “Du weißt, weshalb wir hier sind, Will.”
“Wenn es um Boone geht, reite zu ihm und klopfe an seine Tür”, entgegnete Trumbull, erstaunlich ruhig. “Aber in meiner Stadt gelten Regeln.”
“Regeln sind eine Frage der Anzahl der Stiefel”, sagte Cain leise.
Die Hände bewegten sich. Trumbull griff, und Cain schoss. Der Ton des ersten Schusses war wie ein Riss durch dicken Stoff. Trumbulls Kolt kam nur bis halbe Höhe. Die Kugel traf ihn unterhalb der Rippen. Er stolperte rückwärts, riss ein Glas vom Tresen, fiel. In demselben Atemzug bellten weitere Waffen. Der Deputy tat so, als wolle er leben, und tat es im gleichen Moment nicht mehr. Er fiel an die Kante eines Tisches und blieb dort hängen, als gehörte er nicht mehr ganz zu einer der beiden Seiten des Raumes.
Big Al stand mit der Hand unter dem Tresen. Cain Redd sah die Hand und schüttelte den Kopf. “Lass es”, sagte er. Big Al ließ es. Es gab Momente, in denen man nicht sterben musste.
Ein Mann in der Ecke, ein Bürger mit sauberem Kragen, hob den Arm und stammelte: “Ihr habt—”
Cain schoß in die Decke. Putz rieselte. “Wir haben gesprochen”, sagte er kalt.
Dann trat er vor, griff nach dem Stern aus Trumbulls Weste, riss ihn ab und hielt ihn hoch, so dass ihn jeder sah. “Seit einer Minute ist dieser Posten frei”, erklärte er dem Raum. “Ich nehme ihn, auf Zeit. Wer etwas dagegen hat, sagt es jetzt.”
Niemand sagte etwas. Man hörte das Ticken der Uhr hinter der Bar.
Cain heftete den Stern an seine Brust, sah zu Luther, und die beiden brüderlichen Gesichter waren für einen Augenblick dasselbe: ein langes, dürres, hungriges Tier in zwei Spiegeln.
6
Clara schöpfte Eintopf nach. Nate hatte bereits zweimal zugelangt und rollte jetzt auf dem Stuhl hin und her, ein Bein untergeschlagen, als wolle er gleich aufspringen und etwas schießen. Elias löffelte langsam. Man lernte so zu essen, wenn man genug Jahre draußen verbracht hatte. Jedes Geräusch blieb dabei hörbar.
Das Hämmern von Hufen kam wie eine viel zu nahe Erinnerung.
Hank erhob sich bereits, noch ehe das Klopfen an der Tür durch Mark und Haus fuhr. “Wer da!”, rief er.
“Dickon”, kam es von draußen, kurzatmig. Dickon Grady, der Schmied von Juniper Wells, stand im nächsten Augenblick im Rahmen, Schweiß auf der Stirn, der breite Körper keuchend. “Elias…”, brachte er hervor, “die Redds—”
Elias erhob sich noch ehe der Satz fertig war. “Ist Will—?”
“Tot”, sagte der Schmied heiser. “Cain hat ihn im Saloon abgeknallt wie ’nen streunigen Hund. Luther hat gelacht dabei.”
Clara hielt den Löffel in der Luft. Dann stellte sie ihn in aller Ruhe auf den Teller. “Setz dich, Dickon”, sagte sie, weil es etwas zu tun gab. “Trink Wasser.”
“Keine Zeit.” Dickon schüttelte den Kopf. “Sie tragen Trumbulls Stern. Sie wandern auf und ab wie die Könige. Sie pressen Geld aus allen, die atmen.” Er sah Elias an. “Elias… Cain hat deinen Namen genannt. Vor allen. Er wird kommen.”
“Er kommt immer”, sagte Hank trocken.
Nate stand auf, die Augen groß, aber nicht weinerlich. “Pa—”
Elias legte ihm die Hand auf die Schulter. “Hol mir das Gewehr.” Er sprach leise. In seinem Blick bewegte sich etwas, was Clara besänftigte und zugleich beunruhigte: die alte Geradheit, die in ihm wohnte wie ein Messer in der Scheide.
“Du kannst nicht allein gegen zwanzig Männer”, sagte sie, ohne die Stimme zu heben. “Du hast uns.”
Miguel trat zur Tür, sah hinaus, als erwarte er, dass der Schatten längst vor dem Haus stehe. “Dickon, wie viele?”
“Mindestens zwanzig, vielleicht mehr. Ein halbes Dutzend bleibt immer am Saloon, die anderen ziehen herum. Und sie suchen.” Er wandte sich Elias zu. “Ich war bei Big Al. Er hat mir gesagt, was Cain will.”
“Mich”, sagte Elias.
Dickon nickte. “Er hat gesagt, er hängt dich an dem Baum am Ende der Straße, an dem sie die betrunkene Kuh damals festgebunden haben, erinnerst du dich?”
Elias blickte aus dem Fenster. Der Himmel war groß und verblasste dort, wo die Berge lagen. “Hank, Miguel. Ihr ladet. Wir verrammeln die Fensterläden. Clara…”
“Nein”, sagte sie und brauchte kein zweites Wort. “Du sagst nicht, ich soll fortreiten. Nicht, wenn du hier bleibst.”
“Es ist nicht nur meiner,” entgegnete Elias ruhig. “Es ist unser aller. Aber wenn Cain kommt, dann will er mich. Euch zu schützen, ist das Beste, was ich tue.”
“Und wer schützt dich?”, fragte sie.
Er lächelte so, wie nur Männer lächeln, die zu lange über die Schulter gelebt haben. “Die Gewohnheit?”
Hank stopfte Patronen in die Röhren der Winchesters. “Ich reite zu O’Rileys altem Heuschuppen und hole die Kiste mit den Patronen, die wir dort versteckt haben.” Er klappte die Lade zu. “Miguel bleibt hier. Der Junge—”
“Der Junge bleibt hinter dem Tisch, wenn’s knallt”, sagte Clara mit einem Blick, der keinen Widerspruch duldete.
“Dickon”, wandte Elias sich an den Schmied, “reite nach Süden, sobald du kannst. Halte dich am Fluss. Es gibt da oben jemanden, der noch immer den Wind lesen kann.”
Dickon zog die Brauen hoch. “Du meinst…”
“Den Alten in den Hügeln. Wer anders?”
Dickon nickte zögerlich. “Wenn dich das beruhigt—”
“Es beruhigt mich nicht. Aber ich will, dass einer mehr weiß, was hier geschieht.”
Dickon winkte ab, etwas wie Respekt in seinen harten Zügen. “Ich wusste, dass der Tag kommt, an dem du wieder den Staub so anschaust wie früher, Elias. Ich hätte mir nur gewünscht, dein Junge hat’s nicht sehen müssen.”
Nate stand da, die Fäuste an den Seiten, und sah alles. Vielleicht war es so. Vielleicht musste er es sehen.
7
Cain Redd und die Seinen traten aus Big Als Lädel hinaus wie Leute, die beschlossen haben, eine Stadt zu besitzen. Die Sonne stand über der Main Street und ließ kein Flackern zu, hinter dem man sich verbergen konnte. Luther hakte die Daumen in die Gürtelschlaufen.
Ein Mann schrie “Mörder!”, ohne dass man sah, wer. Es war ein Schrei wie ein Stein, den ein Bursche gegen einen Bären wirft: Zu klein und zu spät.
Cain hob die Waffe und schoss zweimal in den Boden. “Ruhig”, sagte er. “Es ist warm heute. Wozu schwitzen?”
Dann deutete er auf den knorrigen Baum am Ende der Straße. “Wir bauen dort oben ein neues Denkmal”, sagte er. “Für den Mann, der unseren Bruder hat sterben sehen. Und wer weiß— vielleicht wird es die Stadt daran erinnern, dass Erinnerung etwas ist, das man bezahlen muss.”
“Boone ist nicht in der Stadt”, sagte Luther. “Er sitzt auf seinem Land und zählt Kälber.”
“Ein Mann wie Boone sitzt nie nur”, entgegnete Cain. “Er reitet die Gedanken.”
Luther hielt den Blick in den staubigen Wind. “Weißt du, was anders ist als damals?”, fragte er plötzlich.
“Was?”
“Damals waren wir drei. Heute sind wir zwei.”
Cain Redds Mund wurde nur ein Hauch schmaler. “Heute sind wir, Luther”, sagte er. “Das reicht.”
“Und die Wölfe hinter uns?”, fragte Luther leise.
Cain blickte die Reihe der Männer entlang. Einige grinsten, einige sahen woanders hin, einer angelte mit dem Finger in der Backenzahnfuge. “Die Wölfe fressen, solange wir Fleisch finden”, sagte Cain, als spräche er von Regen. “Und solange wir der Regen sind, bleiben sie.”
8
Die Nacht fiel in Juniper Wells, aber sie trug keine Kühle. Die Luft war schwer und roch nach Metall und Angst. Big Al wischte noch immer Glasscherben vom Tresen. Seine Hände taten, was sie kannten, und sein Kopf versuchte, nichts anderes zu kennen.
Auf der Veranda des Saloons saß Cain, die Stiefel auf der Brüstung, den Hut ins Gesicht gezogen, die Waffe in der Nähe. Neben ihm Luther, ein Streichholz zwischen den Zähnen.
“Er kommt”, sagte Luther.
“Ich hoffe es”, erwiderte Cain.
“Und wenn er nicht?”
Cain spuckte das Streichholz seinerseits aus. “Dann gehen wir ihn holen.”
Das Stöhnen eines Mannes, dessen Lohn zu tief im Glas lag, zog aus einer Schattenecke. Greasy rieb sich das Gesicht. “Boss”, lallte er, “was ist mit den Tresoren?”
“Die Tresore laufen nicht weg”, sagte Cain ruhig. “Die Männer schon, wenn sie nicht bekommen, was sie wollen.” Er ließ den Blick die Straße hinunter gleiten. “Morgen früh holen wir Boone.”
9
Elias Boone saß auf der Veranda und schärfte das Messer an einem alten Stein. Das Geräusch war leise und gleichmäßig, ein Rasieren der Zeit. Clara saß neben ihm, die Füße auf dem unteren Brett, die Hände ineinander gefaltet. Drinnen schnarchte Hank auf dem Stroh, Miguel saß an der Hintertür und starrte in die Nacht, als könne er sie durchbohren.
“Es gab eine Zeit, da glaubte ich, wir könnten es hinter uns lassen”, sagte Clara undeutlich. “Den Staub. Die Männer, die mit der Kälte in den Augen. Die Wörter, die man nur flüsternd sagen kann. Sheriff. Strick. Stern.” Das letzte Wort blieb an ihren Lippen hängen.
Elias legte das Messer zur Seite und sah sie an. “Und ich gab dir mein Wort, dass ich nicht mehr losreiten würde. Nicht so.”
“Worte sind keine Mauern”, sagte sie, und in ihrer Stimme lag keine Bitterkeit, nur Müdigkeit.
Elias nickte. “Sie sind die Pfosten dazwischen.”
“Was wirst du tun, wenn sie kommen?”
“Alle Fenster sind verriegelt”, sagte er ruhig. “Wir haben Schießscharten an der Rückwand, seit dem letzten Winter, als die Coyoten zahlenmäßig zu frech wurden. Wir halten stand, solange es geht. Und wenn—”
“Wenn?”, fragte sie.
“Wenn eins von uns fällt, werden die anderen reiten. Ich halte sie auf, so lange ich atme.”
Clara wandte den Kopf ab. “Ich hasse dich, wenn du so sprichst.”
“Dann hasst du mich gut”, sagte er. “Denn dann erinnerst du dich.”
Nate trat in den Türrahmen, bleich. “Da draußen ist jemand.”
Elias stand in einer Bewegung. Miguel war schon unterwegs, der Schatten wurde zu einem Mann. Er trug die Nacht auf den Schultern und roch nach Ruß und Eisen.
“Dickon?”, fragte Elias.
“Bis zum Fluss kam ich”, keuchte der Schmied. “Weiter nicht. Sie haben Posten draußen. Zwei sah ich, vielleicht mehr. Einer hat mich fast gesehen, als ich den Cottonwood überquerte.”
Elias’ Kiefer mahlte kurz. “Das reicht.” Er griff nach der Winchester, schob sie in seine Armbeuge, als wäre sie dorthin geboren. “Dann kommen sie im Morgengrauen.”
Dickon nickte. “Sie werden das Licht im Rücken haben. Du wirst sie zuerst sehen.”
“Gut.” Elias ging zwei Schritte und blieb stehen. Er hob den Kopf, als lausche er auf ein kleines, dünnes Geräusch zwischen all den anderen. Dann nickte er in sich hinein. “Wir schlafen abwechselnd. Einer draußen, zwei drinnen. Der Junge bleibt bei seiner Ma.”
“Pa—”
“Das ist kein Tanz, Nate. Das ist Arbeit. Und du tust deine.”
Clara stand auf, griff nach Elias’ Hand. Ihre Finger waren warm. “Geh nicht weit von mir weg”, sagte sie.
“Wie könnte ich?”, erwiderte er, und meinte mehr als den Hof.
10
Dämmerung wehte über Juniper Wells, und mit ihr kam die Ruhe vor der falschen Sorte Wetter. Der Himmel war grau, und die ersten Vögel taten so, als sei es ein anderer Morgen als sonst.
Cain Redd warf die Zigarette auf die Straße und zertrat sie. “Los”, sagte er. “Wir holen ihn.”
Sechs Männer scherten aus der Gruppe, die vor dem Saloon stand. Der Rest sollte die Stadt halten, das hatten sie die letzten zwei Tage geübt: Ein Mann vor dem General Store, zwei am Office, einer auf dem Dach vom Barber. In der Mitte die Männer, die “Sicherheit” einzogen. Sicher war nur eines.
Die sechs ritten zu zweit nebeneinander. Cain vorn, Luther an seiner Seite, dann Greasy und Cut-Thumb, dann zwei Männer, deren Namen niemand länger als nötig in den Mund nahm.
Cottonwood Flats lag still, als sie sich näherten. Ein Hahn krähte, als habe er einen schlechten Witz gehört. Cain hob die Hand. Die Pferde gingen langsamer. Die Männer glitten aus den Sätteln, banden die Tiere hinter den Weiden, verteilten sich. Es ging alles mit jenem Schweigen, das man nur lernt, wenn man zu lange unter Wölfen gelebt hat.
Cain deutete auf die Scheune, auf den Brunnen, auf den Schatten links der Veranda. Sie nickten. Dann spannte er den Hahn.
Elias Boone stand im Hausflur, die Winchester an der Schulter, so still, dass selbst der Wind ihn hätte übersehen können. Neben ihm, leicht nach hinten versetzt, Hank mit der zweiten Büchse. Miguel lag auf dem Bauch hinter dem Holzstapel, die Tür zur Hinterseite so weit offen, dass er sehen konnte, wer durch die Schatten kroch. Clara stand nicht in Sichtweite der Fenster. Nate hockte hinter dem schweren Tisch, die Beine angezogen, die Augen auf den Flur gerichtet. Dickon saß im Dunkeln der Speisekammer, die schwere Eisenstange, die er als Schmiedehilfe benutzte, über den Knien. Jeder atmete flach.
Das erste Geräusch war kein Schuss. Es war ein Scharren an der Rückseite des Hauses. Miguel zog den Abzug halb durch, ließ ihn wieder vor. Noch nicht. Dann ein Schatten, der sich vom Brunnen löste. Cain, erkannte Elias an der Haltung. Der Mann trug seinen Körper, als stünde die Welt still, bis er es anders befahl. Elias schob den Kopf nicht einen Zoll vor, nur die Mündung sprach.
Der Schuss riss die Luft auf. Greasy, der gerade in die Hocke gehen wollte, taumelte und fiel gegen den Brunnenschwengel. Seine Waffe entlud sich im Fallen und schlug ein Loch in den Pfosten der Veranda. Dann brach die Hölle los. Ein Krachen, ein Heulen, das Nicht-Atmen, das in jedes Haus kommt, wenn aus Männern plötzlich nur noch Bewegungen werden.
Cain warf sich in den Staub, rollte, feuerte. Sein Schuss ging in den Türpfosten. Splitter sprangen, streiften Elias’ Wange wie Bienen. Hank duckte, schoss, traf Cut-Thumb in den Oberschenkel. Der Mann schrie auf und verschwand hinter dem Trog.
Miguel schoss auf den Schatten am Scheunentor, und der Schatten blieb liegen. Luther feuerte blind auf das Fenster, in dessen Nähe er Elias vermutete. Glas, Holz, Staub. Elias rollte zur Seite, schoss tief, traf einen Stiefel, sah ihn wegrutschen, hörte im selben Moment den nächsten Schuss von links, wo keiner sein sollte. Er riss die Schulter herum. Ein Mann, den sie nicht gesehen hatten, lag im Gras nahe des Weges und schoss mit der geduldigen Bosheit eines Mannes, der nicht an Ehre glaubte. Elias spürte ein Brennen am Oberarm, ein heißes, nasses Lachen der Haut. Er biss die Zähne zusammen, legte an und legte den Mann ins Gras, bevor er seinen Namen überhaupt hatte denken können.
“Ma!”, hörte er von hinten. “Pa ist—”
“Still!”, fuhr Clara den Jungen an, so scharf, dass er sofort begriff. Sie hatte die Kochschürze abgelegt. Ihre Hände waren leer, aber in ihnen lag etwas, das nicht leer war. Sie wartete, wie man nachts wartet, wenn der Sturm bereits um die Ecken geht.
Die Schießerei verlegte sich. Cain pfiff, kurz und hoch. Zwei seiner Männer schlichen zur Rückseite, wo Miguel lag. Miguel sah sie kommen, wusste, dass er nur drei Patronen im Rohr hatte, und rechnete in einem einzigen knappen Augenblick. Er schoss, traf den vorderen in den Hals. Der zweite sprang über den Trog, rutschte aus, rappelte sich hoch, riss die Waffe hoch— und Miguel hörte in seinem Rücken eine Tür, obwohl hinter ihm Wand war. Hank brüllte “Runter!”, und Miguel gehorchte, ohne nachzudenken. Der Schuss des Mannes pfiff über ihn hinweg und zerriss den Kamm der Brennholzstapel.
Cain spürte es: Die Boone-Homestead war nicht einfach Holz und Staub. Sie war Verteidigung. Er knirschte. “Luther!”, rief er knapp.
“Ja?”
“Ins Haus. Von hinten.”
Luther grinste, zeigte kurz Zähne, und war weg. Ein Schatten, der an der Scheunenseite entlang kroch, so flach wie ein Reptil.
Elias hörte ein Stück Stille in all dem Lärm. Es war die Stille, die anzeigt, dass jemand den Weg gewechselt hat. Er bewegte sich einen Schritt zurück, so, dass er den hinteren Korridor halb sah. Er dachte den Gedanken, dass Luther nicht so dumm sein würde, durch die Hintertür zu kommen, gleichzeitig mit dem Geräusch, das die Hintertür machte. Elias fuhr herum, schoss.
Die Kugel traf den Türrahmen. Luther, der den Kopf bereits durchgeschoben hatte, riss ihn zurück. Holzsplitter fuhren ihm in die Wange. Er fluchte, tief, schoss zurück. Die Kugel hämmerte zwischen Elias und Clara in die Wand. Clara duckte den Kopf und spürte den Atem an ihrer Schläfe.
“Bleib bei mir”, sagte Elias in einer Stimme, die ruhig war in einer Zeit, die es nicht war.
Hank schoss bereits Richtung Hinterraum. Luthers Schüsse wurden ungenauer. Er fluchte wieder, wich zurück. “Cain!”, rief er.
“Was?”, keuchte sein Bruder.
“Es ist kein Bauernhof, es ist ein Fort.”
Cain spuckte Blut aus. Er hatte sich beim Rollen auf die Lippe gebissen.
“Trotzdem”, sagte er. “Trotzdem.”