Wie Angela Merkel politisch handelt - Hans-Erich Kiehne - E-Book

Wie Angela Merkel politisch handelt E-Book

Hans-Erich Kiehne

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Beschreibung

Wie Angela Merkel politisch handelt, darüber rätseln viele. Für viele erscheint sie als die kühl kalkulierende Physikerin, manche sehen sie als die Abwartende, Zögernde. Spontanität schreiben ihr nur wenige zu. Politische Grundlinien mag keiner so richtig erkennen. Analysiert man ihr Verhalten bei ihren wesentlichen politischen Entscheidungen, erschließt sich einem ihr Handlungsmuster. Herausragendes Beispiel ist die Energiewende. Auch in der Flüchtlingskrise lässt sich das gleiche Handlungsmuster erkennen. Doch in der Flüchtlingskrise scheiterte Angela Merkel. Hier konnte sie den überparteilichen Konsens nicht erreichen. Auch stießen die schnell eintretenden negativen Folgen des Flüchtlingsstroms auf immer stärkeren Widerstand in der Bevölkerung. Die Energiewende zeigt daher das klarste Grundmuster des politischen Handelns von Angela Merkel. Diese im Einzelnen daraufhin zu analysieren, ist Gegenstand dieses Buches. Oberste Priorität hat für Angela Merkel, die CDU/CSU als stärkste politische Kraft mit dem Anspruch auf die Kanzlerschaft zu sichern, wenn möglich auszubauen. Dafür ist sie bereit, auch lange gehaltene Positionen ihrer Partei aufzugeben, wenn sich der Zeitgeist in ihrer Sicht gewendet hat. Nicht der Kampf für als richtig anerkannte Ziele ist ihre Maxime (was ja große Politiker ausmachen sollte), sondern die Anpassung mit dem Ziel des Machterhalts, des Machtausbaus. Negative Folgen lassen Angela Merkel kalt, wenn der Zeitgeist sie nur zu rechtfertigen scheint oder sie erst die weitere Zukunft belasten werden. Hat Angela Merkel die Notwendigkeit zum Handeln erkannt, handelt sie schnell, überlegt und rücksichtslos. Wenn nötig, gelten ihr weder die EU noch die demokratische Kultur etwas. Ihr hierbei gezeigtes taktisches Geschick wie ihre Behandlung der Medien kann man nur als meisterlich bezeichnen.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort: Zum Buch

Die Energiewende

Die Ereignisse von Fukushima und die politischen Reaktionen im In- und Ausland

Die Geschehensabläufe in Fukushima

Die politischen Reaktionen in Deutschland

Der Atomausstieg im internationalen Umfeld

Bedingungen und Szenario für das Handeln Angela Merkels

Die Macht der „grünen“ Ideologie

Der jahrzehntelange politische Kampf um die Atomenergie

Die Medien und die Fukushima Katastrophe

Das Handlungsmuster von Angela Merkel

Die Taktik

Die zugrunde liegenden Entscheidungsmotive

Die harten Fakten der Energiewende

Entwicklung von installierter Leistung (höchst möglicher Leistung) und Stromproduktion (tatsächlich erbrachter Leistung)

Netzausbau

Netzmanagement

Die Kosten

Fazit

Die Politikerin Angela Merkel

Literaturauswahl

Abkürzungsverzeichnis

Vorwort: Zum Buch

Die Energiewende in Deutschland gehört zu den wichtigsten und einschneidendsten politischen Entscheidungen der Kanzlerschaft Angela Merkels. Es ist ihr Werk. Angela Merkel wird oft als eine Politikerin beschrieben, die zögert, abwägt, die die Folgen abschätzt, wenig Emotionen zeigt, sich abzusichern sucht und dann ihre Entscheidung trifft. Zu diesem Bild passt so gar nicht, wie schnell und radikal Angela Merkel in der Energiewende entschieden und sich durchgesetzt hat. Umso wichtiger – und interessanter – ist es, das Handlungsmuster von Angela Merkel in der Energiewende zu studieren und damit die Politikerin Angela Merkel besser zu verstehen. Es hat wenig mit dem Bild gemein, das die Öffentlichkeit gern von ihr zeichnet.

Das so erfolgreiche Handlungsmuster hat Angela Merkel gleichsam als Blaupause in entscheidenden Punkten auch bei der nächsten großen Herausforderung ihrer Kanzlerschaft angewandt, der Flüchtlingskrise. Mit Stolz verwies sie auf den von ihr durchgesetzten Atomausstieg, als sie am 31. August 2015 auf ihrer Sommerpressekonferenz ihre Willkommenskultur verkündete und erklärte „wir schaffen das“. Doch mit ihrer Willkommenskultur scheiterte Angela Merkel, anders als bei der Energiewende, weil sie zwei notwendige Voraussetzungen für den Erfolg nicht meistern konnte: Die negativen Folgen ihrer Willkommenskultur wurden sehr schnell offenbar. Den von ihr angestrebten parteiübergreifenden Konsens konnte sie nicht erreichen.

Das Handlungsmuster von Angela Merkels in der Energiewende lässt sich nur auf dem Hintergrund verstehen, wie ihn insbesondere die vorhergehende Ausbreitung der „grünen“ Ideologie und die hierdurch beeinflussten politischen Strömungen geprägt haben. Die Medien spielten eine herausragende Rolle. Am 11. März 2011 explodierten drei Reaktoren des Atomkraftwerks in Fukushima. Angela Merkel riss das Gesetz des Handelns an sich. Nicht einmal vier Monate später waren Atomausstieg und Energiewende beschlossen.

Das Buch gibt einen Abriss der politischen Strömungen und Entwicklungen bis zum Zeitpunkt der Atomkatastrophe in Fukushima und zeichnet im Einzelnen das folgende Geschehen nach. Dazu gehört auch das internationale Umfeld. Zentral ist das Handeln Angela Merkels. Eine genaue Analyse erschließt das Handlungsmuster einer meisterhaften Taktik und einer klaren Strategie bei allzu willigen Mitspielern. Den Abschluss bildet ein zusammenfassender Blick auf die Politikerin Angela Merkel.

Ein solches Buch hat auch den Kern der Energiewende und deren heute erreichten Stand kurz darzustellen. Es ist dies die Ersetzung der Kernenergie durch erneuerbare Energien. Aus dieser Grundkonzeption erschließen sich Umwälzung und Risiken, die die Energiewende für Deutschland gebracht hat. Es zeigt das Maß der Verantwortung derer, die die Energiewende beschlossen haben. Abgeschlossen ist die Energiewende noch nicht. Das Versprechen preisgünstiger Energie haben die sich immer höher schraubenden Strompreise bisher konterkariert. Die Sicherheit der Energieversorgung gewährleisten bisher noch die einwandfrei laufenden Atommeiler. Das Kapitel „Die harten Fakten der Energiewende“ geht hierauf näher ein.

I. Die Energiewende

Am 28. Oktober 2010 hatte der deutsche Bundestag gegen den heftigen Widerstand der Opposition die Regellaufzeit für Atomkraftanlagen von 32 auf 40 Jahre verlängert. Die schwarz-gelbe Regierungskoalition erfüllte damit eines ihrer wesentlichen Wahlversprechen. CDU/CSU und FDP hatten die Laufzeitverlängerung im Bundestagswahlkampf 2009 zu einem ihrer maßgeblichen Wahlziele erhoben. Acht Monate später am 30. Juni 2011 beschloss derselbe Bundestag den Atomausstieg, indem er den 7 älteren Atomkraftwerken die Betriebserlaubnis entzog und für die verbliebenen 9 Atomkraftwerke die Regellaufzeit wieder auf 32 Jahre herabsetzte. Hiernach gehen die letzten Atomkraftwerke 2022 vom Netz. Dazwischen lag der Atomunfall von Fukushima am 11. März 2011.

Die Energiewende 2011 hatte nicht nur den Abschied von der Kernenergie zum Inhalt. Den Ausstieg aus der Kernenergie hatte die rot-grüne Regierung Schröder/Fischer schon 2001 beschlossen. Diese Entscheidung hatte die schwarz-gelbe Koalition 2010 unberührt gelassen. Sie hatte lediglich die Regellaufzeiten der Atommeiler auf die international übliche Untergrenze von 40 Jahren verlängert.

Das Entscheidende der Energiewende 2011 bestand darin, dass gleichzeitig die Ersetzung der Atomenergie vollständig durch erneuerbare Energien zum Ziel erhoben wurde. Der absolute Vorrang der erneuerbaren Energien macht den besonderen Kern der Energiewende aus. Die erneuerbaren Energien stellen nicht mehr eine Ergänzung oder einen Teil eines umfassenden Energiemixes dar, sondern wurden zum Kern der künftigen Energieversorgung erklärt. Das veränderte die Grundstruktur der Energieversorgung mit weitreichenden Auswirkungen auf Investitionen, Kosten und Sicherheit der Versorgung.

Kein Land hat eine derartige Konsequenz aus dem Atomunfall in Fukushima gezogen.

II. Die Ereignisse von Fukushima und die Reaktionen im In- und Ausland

1. Die Geschehensabläufe in Fukushima

Am 11. März 2011 riss ein Erbeben vor der japanischen Küste 130 km östlich von Fukushima die Erdkruste auf. Das Seebeben war mit einem Wert von 9,0 auf der Richterskala das stärkste in Japan registrierte Erdbeben. Es löste im Gebiet des Kernkraftwerks Fukushima heftige Bodenerschütterungen aus. Die aktiven Reaktorblöcke 1-3 schalteten daraufhin automatisch ab – die übrigen Blöcke 4-6 waren wegen Revisionsarbeiten außer Betrieb. Das Erdbeben ließ die Stromversorgung kurze Zeit später zusammenbrechen. Strommasten waren umgestürzt, Leitungen abgerissen. Der Ausfall der Stromversorgung schaltete automatisch die Notstromanlage der Reaktoren an.

Etwa eine Stunde später erreichte der durch das Seebeben ausgelöste Tsunami die japanische Küste. Mit Wellen von 14 Metern überspülte das Meer den Betonschutzwall des Kernkraftwerks von 5,7 Metern und überflutete die in den Kellern liegenden Notstromanlagen. Die Notstromversorgung brach zusammen. Das Unglück nahm seinen Lauf.

Infolge Ausfalls der Stromversorgung fiel die Kühlung der Brennstäbe aus. Die Brennstäbe erhitzten sich. Es entwickelten sich Temperaturen von über 1 000 Grad Celsius. Das Kühlwasser verdampfte. Es folgten Wasserstoffexplosionen. Große Teile der äußeren Gebäudehüllen zerbarsten. Radioaktivität wurde freigesetzt. Diese trugen die vorherrschenden Seewinde auf das Meer. Als der Wind umschlug, verseuchte er eine rund 100 qkm große Fläche. Menschen wurden nicht betroffen. Die Behörden hatten schon vorher ein Gebiet in einem Umkreis von 20 km evakuiert.

Wie der Bericht der UNO vom Herbst 2013 festgestellt hat, hat insbesondere infolge der schnellen Evakuierung der Atomunfall von Fukushima keine strahlungsbedingten Todesfälle verursacht. Auch ist kein Ansteigen der Krebsfälle zu erwarten. Geblieben sind die radioaktiven Abwässer, die die weiter erforderliche Kühlung der zerstörten Reaktoren 1-3 bedingt. Das Problem, diese kontaminierten Wasser zu dekontaminieren, ist noch nicht gelöst. Auch die Absicherung des Grundwassers bedarf noch einer endgültigen Lösung.

2. Die politischen Reaktionen in Deutschland

Auf der Lagebesprechung im Bundeskanzleramt am 12. März 2011, einem Tag nach dem Reaktorunfall, erklärte Angela Merkel: “Das war` s“ (Spiegel 14/2011). Auf der Pressekonferenz am selben Tag äußerte sich Merkel jedoch noch zurückhaltend. Auf der Pressekonferenz zwei Tage später am 14. März 2011 verkündete sie erste Konsequenzen:

Im Lichte der Erkenntnisse aus Japan würden alle deutschen Kernkraftwerke einer umfassenden Sicherheitsprüfung ohne Tabus unterzogen. „Genau aus diesem Grunde werden wir die erst kürzlich beschlossene Verlängerung der deutschen Kernkraftwerke aussetzen. Dies ist ein Moratorium. Dieses Moratorium gilt für drei Monate“.