Wie christlich war Christus? - Rudolf Cirbus - E-Book

Wie christlich war Christus? E-Book

Rudolf Cirbus

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  • Herausgeber: epubli
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2014
Beschreibung

Immer wieder, wenn ein großes Unglück passiert, hört man viele Christen Fragen: Wie konnte es Gott zulassen? Sie sehen in Gott einen gerechten himmlischen Herrscher, der die Guten belohnt und die Schlechten bestraft. Warum müssen so viele Unschuldige leiden, wenn Gott gerecht ist? Andere Christen sind verunsichert. Sie stellen sich die Frage: Soll ich der Bibel glauben, oder dem, was die moderne Wissenschaft verkündet. Ist eine Jungfrauengeburt wissenschaftlich vorstellbar, oder lügt die Bibel? Wie ist das den mit der Heiligen Dreifaltigkeit? Gibt es im Christentum einen, oder gibt es drei Götter? Warum feiern Christen den Tag des Herren an einem Sonntag und nicht wie Gott es verlangt an einem Samstag? Warum feiern Christen den Geburtstag vom Jesus von Nazareth am 25. Dezember, obwohl keiner weis, wann er geboren ist?Schließlich stellt sich die Frage, wäre Jesus von Nazareth, der Christus, wenn er heute leben würde, ein Christ? Stimmt die Botschaft, die Jesus von Nazareth hinterlassen hat mit den Glaubensvorstellungen im Christentum überein? Wie christlich war Christus?? Was heißt es, an Christus glauben? Heißt es Christus als Person, als Sohn Gottes, als Gott selbst anbeten, zu verherrlichen oder heißt es seine Botschaft zu befolgen? Warum sollten sich Christen an die Botschaft halten? Wem tut man damit einen Gefallen, wem nutzt es, Gott oder den Menschen? Es sind viele Fragen auf die jeder Leser seine eigene Antwort finden sollte. Christen glauben an den einen Gott, haben aber verschiedene Gottesbilder. Meistens sind sich die Menschen ihrer Gottesbilder nicht bewusst. Am Gottesbild, das ein Mensch hat, entscheidet sich, ob der Glaube zum Segen oder zum Fluch wird.

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Seitenzahl: 192

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Rudolf Cirbus

Wie christlich war Christus?
christlichen Glauben neu entdecken
1. Auflage 2014

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung durch elektronische Systeme.

Impressum:
Wie christlich war Christus?
Rudolf Cirbus
Copyright: © 2014 Rudolf Cirbus
Verlag: epubli GmbH, Berlin,www.epubli.de
ISBN978-3-7375-2205-2

Inhalt

Vorwort
Der Gott Israels
Die Bibel
Die Evangelien
Abraham - der Stammvater
Woran glaubte Abraham?
Mose - der Gesetzgeber
Woran glaubte Mose?
Saul und David - die Gesalbten
Woran glaubten Saul und David?
Jesus - der Erlöser
Was ist die Botschaft?
Paulus - der Missionar
Woran glaubte Paulus?
Konstantin - ein Heide und Christ
Woran glaubte Konstantin?
Woran glauben wir?
Indizien, nicht Beweise
Wie christlich war Christus?
Quellenverzeichnis:

Vorwort

Papst Benedict XVI schreibt in seinem Buch "Jesus von Nazareth", dass in allen vier Evangelien Jesus nur zwei Bezeichnungen für sich selbst gewählt hat: "Sohn Gottes" und "der Menschensohn". Warum bezeichnen wir Christen Jesus als Gott?

Immer wieder, wenn erneut ein großes Unglück passiert, hört man viele Christen fragen: Wie konnte es Gott zulassen? Sie sehen in Gott einen gerechten himmlischen Herrscher, der die Guten belohnt und die Schlechten bestraft. Warum müssen so viele Unschuldige leiden, wenn Gott gerecht ist? Andere Christen sind verunsichert. Sie stellen sich die Frage: „Soll ich der Bibel glauben, oder dem, was die moderne Wissenschaft verkündet?“ Ist eine Jungfrauengeburt wissenschaftlich vorstellbar, oder lügt die Bibel? Wie ist das denn mit der Heiligen Dreifaltigkeit? Gibt es im Christentum einen, oder gibt es drei Götter? Warum feiern Christen den Tag des Herren an einem Sonntag und nicht, wie Gott es verlangt, an einem Samstag? Warum feiern Christen den Geburtstag von Jesus von Nazareth am 25. Dezember, obwohl keiner weiß, wann er geboren ist?

Schließlich stellt sich die Frage, ob Jesus von Nazareth, der Christus, wenn er heute leben würde, ob dieser Jesus von Nazareth ein Christ wäre? Stimmt die Botschaft, die Jesus von Nazareth hinterlassen hat, mit den Glaubensvorstellungen im Christentum überein? Wie christlich war Christus? Was heißt es, an Christus glauben? Heißt es, Christus als Person, als Sohn Gottes, als Gott selbst anzubeten oder seine Botschaft zu befolgen? Warum sollten sich Christen an die Botschaft halten? Wem tut man damit einen Gefallen, wem nutzt es, Gott oder den Menschen?

Als ich vor fünfzig Jahren in einem deutschsprachigen Dorf in den slowakischen Karpaten geboren wurde, stellten sich diese Fragen nicht. Ich wuchs in einem katholischen Dorf auf, in dem, bis auf eine Handvoll Mitglieder der kommunistischen Partei, alle Dorfbewohner jeden Sonntag den Gottesdienst besucht haben. Aber nicht nur an einem Sonntag, jeden Morgen um sechs Uhr läuteten die Glocken zum Morgengottesdienst, der immerhin besser besucht war, wie ein gewöhnlicher Sonntagsgottesdienst in einer typischen Gemeinde einer der großen christlichen Konfessionen im Westeuropa. Im Monat Mai kamen abends die täglichen Marienandachten in der Kirche dazu. Vor Weihnachten, in der Adventszeit sind verschiedene Gruppen zusammengekommen, die vor speziell zu diesem Zweck errichteten Hausälteren das heilige Paar auf der Suche nach einer Herberge in einer eigenen Liturgie anbeteten. Die Kinder sind ebenfalls in Gruppen mit einer Krippe von Haus zu Haus gezogen, wo sie eine Kurzversion der Weihnachtsgeschichte gegen ein kleines Entgelt vorspielten. In der Fastenzeit vor Ostern ist in der Kirche regelmäßig der Kreuzweg, der an das Leiden und die Auferstehung Christi erinnern sollte, gebetet worden. Die wichtigsten Gottesdienste im Kirchenjahr, die zwischen dem Gründonnerstag und dem Ostermontag stattfanden, dauerten zwischen zwei und vier Stunden und wurden von vielen Gläubigen in der überfüllten Kirche im Stehen gefeiert. Einmal im Monat gab es Gelegenheit zum Beichten, die von Kindern und Erwachsenen regelmäßig in Anspruch genommen wurde. Jeder, der an der Kommunion teilnehmen wollte, wusste, dass er nur ohne Sünde vor den Altar treten darf. Deshalb sind die Dorfbewohner regelmäßig zur Beichte gegangen, damit sie, von ihren Sünden befreit, wieder an der Kommunion teilnehmen konnten. Jeden Freitag wurde in allen Familien im Dorf gefastet, in dem man auf Fleisch verzichtet hat. An einem Sonntag hatten alle Dorfbewohner Sonntagskleider angezogen und es gab ein strenges Arbeitsverbot, an das sich jeder im Dorf gehalten hat. Beim Vorbeigehen an einer Kapelle oder einem Kreuz, von denen es im Dorf und auf den Fluren um das Dorf mehrere gegeben hat, hatte sich jeder für alle sichtbar bekreuzigt. So könnte ich noch lange fortfahren, z. B. mit den regelmäßigen Prozessionen und anderen religiösen Gewohnheiten, die ein fester Bestandteil meiner Kindheit waren. Als ich dann mit vierzehn Jahren mein Dorf verlassen habe, um in einer Stadt eine weiterführende Schule zu besuchen, wurde es mir bewusst, dass ich in einer Art „himmlischen Jerusalem“ aufgewachsen bin. In einem sozialistischen Land, das die damalige Tschechoslowakei gewesen ist, galt die Religion als “Opium für das Volk“ und wurde von Staatswegen behindert. Die wenigsten meiner Mitschüler glaubten an Gott. Niemand hatte in der Öffentlichkeit seinen Glauben bekundet. Mit achtzehn Jahren habe ich das Land verlassen, um in der Bundesrepublik, einem freien, demokratischen, westlichen Land, eine neue Lebensperspektive aufzubauen. In den westlichen Demokratien gehört die Ausübung von Religion zu den Grundrechten, die jedem Bürger zustehen. Ein bisschen überrascht musste ich feststellen, dass auch hier nur die wenigsten meiner Studienkollegen an Gott glaubten.

Wenn ich heute Pfarrern von meinen Kindheitserfahrungen erzähle, bekommen sie regelmäßig „feuchte Augen“. Offensichtlich erkennen viele Pfarrer in meinen Erzählungen ein Ideal einer vollkommenen Gemeinde. Ich muss aber feststellen, dass die Menschen in meinem Dorf genauso warmherzig, hilfsbereit, mitfühlend, verzeihend wie abweisend, unbarmherzig, zornig, hasserfüllt und unversöhnlich waren, wie es die Menschen sind, unter denen ich heute lebe. Was bewirkt also ein praktizierter Glaube bei uns Menschen? Was ist der richtige Glaube?

Als ich einmal eine Woche in einem Franziskanerkloster verbracht habe, sagte ein Pater zu mir: „Du hast einen gefestigten Glauben“. Das hat mich ein bisschen überrascht, denn ohne darüber nachzudenken, bin ich selbstverständlich davon ausgegangen, dass jeder, der an Gott glaubt, zumal ein Pater, auch einen gefestigten Glauben besitzt. So ist mir bewusst geworden, dass viele Menschen mit Gott hadern. Ihre Glaubensvorstellungen führen immer wieder zu Widersprüchen, sie leiden unter ihrem Glauben. Für uns Christen ist die Bibel ein heiliges Buch. Sie beinhaltet viele Geschichten, in denen verschiedene Menschen über ihren Glauben an den einen Gott berichten. Wir sind uns alle einig, wir glauben an den einen Gott. Doch die verschiedenen Geschichten in der Bibel lassen beim Leser unterschiedliche Gottesbilder entstehen. Das Gottesbild, das wir in uns tragen, lässt in uns Glaubenssätze entstehen, die unser Leben bestimmen. Wenn also jemand mit Gott hadert, wozu jeder das Recht hat, liegt es am Gottesbild, das er in sich trägt. Die Bibel ist nicht ein von Gott geschriebenes Buch, das ewige Wahrheiten beinhaltet, sondern sie schildert das Ringen von Menschen mit ihrem Glauben an Gott. Beim Lesen der Bibel ist es wichtig, einen „roten Faden“ zu finden, der zu einem Gottesbild führt, das uns Erlösung und nicht Widerspruch bringt. Der Glaube an den einen Gott, kann also Befreiung oder Verwirrung in unser Leben bringen. Ein ganzes Leben lang sind wir Menschen auf der Suche nach dem erlösenden Gottesbild. Doch wie findet man den „roten Fanden“ in der Bibel, damit unser Glauben ein Segen für uns wird?

Viele Fragen drängen sich uns Christen auf. Um sie zu beantworten, lohnt es sich, nach den Quellen zu suchen, aus denen unser christlicher Glaube entstanden ist. Wer es versteht, das Wichtige von Unwichtigem in unserem Glauben zu unterscheiden, der kann sich aufmachen, die Botschaft Jesu von Nazareth neu zu entdecken.

Unser christlicher Glaube ist ein breiter Fluss, der aus verschiedenen Quellen gespeist wird.

Der Gott Israels

"Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.

Und die Erde war wüst und leer, und es lag Finsternis auf der Tiefe, und der Geist Gottes schwebte über den Wassern.

Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht."

Dieser Text steht am Anfang vom Ersten Buch Mose, dem Buch Genesis, in dem die Schöpfungsgeschichte beschrieben wird. Am Anfang gab es einen namenlosen Gott.

Der Gott Israels ist der Gott der Juden, der Christen und zugleich identisch mit Allah, dem Gott im Islam. Im Zweiten Buch Mose, dem Buch Exodus spricht Gott zu Mose

"Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs!"

Jakob, der Sohn Isaaks und der Vater Josefs und seiner elf Brüder, hatte den Beinamen Israel bekommen. Er ist der Begründer der zwölf Stämme Israels, die nach seinen Söhnen benannt und ihre Nachfahren sind. Doch Gott ist auch der Gott Isaaks und der Gott Abrahams, es gab ihn schon, bevor Israel entstanden ist. Es ist der Gott der Schöpfungsgeschichte, die in der Genesis, dem Ersten Buch Mose beschrieben wird.

Die vier hebräischen Zeichen הוה' werden als Tetragramm bezeichnet. Es handelt sich um vier Konsonanten JHWH, die im Allgemeinen als der Eigenname Gottes bezeichnet werden. Die alte hebräische Schrift kannte keine Vokale, nur Konsonanten. Zugleich hatte sich im Judentum in Bezug auf den Gesetzestext:

"Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen; denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht!"

die Gewohnheit durchgesetzt, die Aussprache des Gottesnamens aus Angst, ihn missbräuchlich zu verwenden, zu vermeiden. Allein dem Hohepriester war es vorbehalten, den Namen Gottes an einem hohen jüdischen Feiertag, am Versöhnungstag (Jom Kippur) im Tempel auszusprechen. Mit der Zerstörung des Tempels um das Jahr 70 n. Chr. ist diese Tradition verschwunden. Beim Vorlesen der Thora wird bis heute im Judentum JHWH durch Adonai Elohim (hebr. אלוהים אדונאי) ersetzt. Es bedeutet sinngemäß "mein Herr Gott". In Wirklichkeit steht die Ansprache Adonai Elohim im Plural, also in der Mehrzahlform. Das wird als Ansprache in der Majestätsform verstanden, vergleichbar mit der Ansprache "Eure Majestät". In Gebeten wird JHWH durch Ha-Schem (hebr. סצ'אם), was „der Name“ bedeutet, ersetzt.

Bei der Übersetzung der heiligen Schriften ins Griechische hatte man das Tetragramm JHWH durch Kyrios (griech. κύριος), was im Deutschen "Herr" bedeutet, ersetzt. Auf diese Weise wollte man vermeiden, dass der Eigenname Gottes durch Nichteingeweihte ausgesprochen wird.

Die richtige Übersetzung des Gesetzestextes:

"Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen; denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht!"

müsste also lauten:

"Du sollst den Namen JHWH's, deines Gottes, nicht missbrauchen; denn JHWH wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht!"

Die vermiedene Erwähnung des Gottesnamens führte dazu, dass wir heute die richtige Aussprache des Tetragramms JHWH nicht kennen. Am häufigsten wird JHWH als JaHWeH oder JeHoWaH ausgesprochen.

Eine andere Ansprache Gottes wird im Neuen Testament überliefert. Jesus von Nazareth spricht Gott mit Abba an. Es handelt sich um ein Aramäisches Wort, das sinngemäß Vater bedeutet. Genau genommen ist das eine kindliche Ansprache, im Deutschen vergleichbar mit Papa. Während im Alten Testament Gott ausschließlich mit „Kyrios“, also „Herr“ angesprochen wird, findet sich im Neuen Testament häufig die Ansprache Abba, also Vater.

Eine weitere mögliche Deutung des Tetragramms ergibt sich anhand eines Textes im Zweitem Buch Mose, dem Buch Exodus. Hier wird geschildert, wie Mose Gott nach seinem Namen fragt:

"...und sie mich fragen werden: Wie heißt sein Name?- was soll ich ihnen sagen? „Ich bin, der ich bin!" Und er sprach: So sollst du zu den Kindern Israel sagen: "Ich bin", der hat mich zu euch gesandt."

Demnach lässt sich das Tetragramm JHWH auch als Abkürzung für die Aussage Ich bin der "Ich bin" deuten. In anderen Bibelübersetzungen wird die gleiche Bibelstelle als:

„…Gott sprach zu Mose: Ich werde sein, der ich sein werde. Und sprach: So sollst du zu den Israeliten sagen: »Ich werde sein«, der hat mich zu euch gesandt.“

Es ist also möglicherweise kein Eigenname, sondern eine Abkürzung für eine Aussage. Schließlich ist Gott JHWH, der Gott der Schöpfungsgeschichte, der alleinige Gott, der Gott, der keines Namens bedarf. Der Gott Israels, der Gott der Schöpfungsgeschichte, ist der Gott aller Menschen, der einzig alleinige, der wahre Gott.

So wird Gott in den Schriften aus Qumran, die man der jüdischen Glaubensgemeinschaft der Essener zuschreibt, als el (hebr. אל) angesprochen, was übersetzt Gott bedeutet. In der griechischen Fassung des Neuen Testaments wird Gott hauptsächlich als Theos (griech. θεός) angesprochen, was ebenfalls Gott bedeutet. Jesus von Nazareth hatte das Wort Gott in seiner aramäischen Sprache als Elah bzw. Elaha ausgesprochen. Die Muslimische Bezeichnung Allah für Gott wird von al ilah angeleitet. Hierin steht al für den Artikel der und ilah für Gott.

Die ursprünglich pragmatische Festlegung, den Namen Gottes nicht auszusprechen, um die Gefahr des Missbrauchs zu verhindern, hatte im Laufe der Zeit eine mystische Bedeutung bekommen. Der Name Gottes wurde zu einem Geheimnis. Man habe ihm mystische Eigenschaften zugesprochen. Als Beispiel kann die Legende um den Prager Golem genommen werden. Der bekannte Rabbi Jehuda ben Bezal'el Löw (Rabbi Löw), ein berühmter jüdischer Mystiker, der zurzeit Rudolfs II. im 17. Jahrhundert in Prag lebte, hatte einen Golem geschaffen. Beim Golem handelt es sich um einen Riesen, den der Rabbi aus Lehm geformt hat. Dieser Riese hatte auf der Stirn ein Loch, in das der Rabbi eine Kugel mit der Inschrift JHWH, dem Tetragramm versenkt hatte. Dadurch konnte der Riese zum Leben erweckt werden und die Juden in Prag vor Pogromen schützen.

Die Bibel

Die Bibel ist das Heilige Buch der Christen. Die Texte der Bibel sind auf uralte mündliche Überlieferungen zurückzuführen, die bei semitischen Völkern von Generation zu Generation weitergegeben wurden. So kommt es, dass sehr ähnliche Geschichten manchmal auch in nichtjüdischen Texten zu finden sind. Als Beispiel beinhaltet das Gilgamesch-Epos eine Geschichte, die der Sintflut-Geschichte aus der Bibel sehr ähnlich ist. Gilgamesch war ein sumerischer König, der Anfang des dritten Jahrtausends vor Christus in der Stadt Uruk lebte. Die Stadt Uruk liegt in der gleichen Gegend, aus der später Abraham mit seiner Sippe in das Land Kanaan aufgebrochen ist.

Ein weiterer Beleg für nicht jüdische Texte ist die bekannte biblische Aussage: „Auge um Auge, Zahn um Zahn“. Sie ist Bestandteil des Codex Hammurabi, einer der ältesten heute bekannten Rechtssammlungen. Sie stammt von Hammurabi, der im 18. Jahrhundert vor Christus über Babylon herrschte.

Viele der Überlieferungen wurden vermutlich im sechsten Jahrhundert v. Chr., während des Babylonischen Exils, durch Juden schriftlich zusammengefasst. Die erste schriftliche Fassung eines biblischen Textes stellen die fünf Bücher Mose dar, die auch Gesetzesbücher genannt werden. Die fünf Bücher Mose stehen als Thora im Zentrum des jüdischen Glaubens. In der christlichen Bibel sind sie Bestandteil des Alten Testamens. Im Zweiten Buch Mose wird geschildert, wie Gott selbst die Worte des Gesetzes auf steinerne Tafeln, die ihm Mose auf den Berg Sinai mitbringen sollte, geschrieben hatte. Der Text ist in Hebräisch verfasst, der Sprache, die die Angehörigen der zwölf Stämme Israels bei ihrem Auszug aus Ägypten gesprochen haben. Die steinernen Tafeln mit dem Gesetzestext wurden in der Bundeslade aufbewahrt, die das Volk Israel auf seiner Wanderung durch die Wüste ins gelobte Land mit sich getragen hatte. Im Laufe der Geschichte, bei der Gefangennahme durch die Babylonier, ist die Bundeslade verschollen. Die Texte, die in der Thora, bzw. in den fünf Büchern Mose geschrieben sind, sind also in der Form, wie sie uns heute vorliegen, von Menschen verfasst und nicht von Gottes Hand geschrieben.

Der Name Bibel wird abgeleitet vom Wort Biblia aus der altgriechischen Umgangssprache, der sogenannten Koina. Es bedeutet Bücher, bzw. Schriftrollen. Die Bibel ist also eine Sammlung von Büchern, deshalb wird sie auch als "Das Buch der Bücher" bezeichnet. Die erste zusammenfassende schriftliche Aufzeichnung mit dem Namen Biblia, ist um das Jahr 250 v.Ch. in Alexandria in altgriechischer Sprache erstellt worden. Sie beinhaltete die fünf Bücher Mose, also die Gesetzesbücher. Die Legende besagt, dass sie von 72 hebräischen Schriftgelehrten, jeweils 6 stellvertretend für jeden der 12 Stämme Israels in 72 Tagen ins Griechische übersetzt wurden. Später hatte man die Zahl 72 auf 70 abgerundet. Die Zahl 70 hatte im Judentum verschiedene symbolische Bedeutungen. Damit bekam diese Bibelübersetzung die Bezeichnung Septuaginta, was in lateinischer Sprache siebzig bedeutet. In der Zeit bis etwa 100 n. Chr. wurden alle heute im Christentum bekannten jüdischen Schriften ins Griechische übersetzt. Diese Übersetzungen erfolgten hauptsächlich in Alexandria, aber auch in Jerusalem. Der Name Biblia wurde etwa bis zum Jahr 200 n. Chr. auf alle Heilige Schriften der Juden, die ins Griechische übersetzt oder in Griechisch verfasst wurden, angewendet.

Alle diese Schriften, die sich auf die Zeit vor der Geburt Jesus von Nazareth beziehen, werden im Christentum mit dem Namen Altes Testament oder Alter Bund bezeichnet. Die erste Übersetzung ist die als Septuaginta bezeichnete Übersetzung ins Griechische. Sie stellt bei den meisten orthodoxen christlichen Kirchen die Grundlage für das Alte Testament. In der Katholischen Kirche gibt es eine Übersetzung ins Lateinische, die sogenannte Vulgata. Sie wurde von Hieronymus, den man zu den Kirchenvätern zählt, aus dem Griechischen der Septuaginta unter Zuhilfenahme hebräischer, bzw. aramäischer Texte übersetzt. Neben der Vulgata wird in der Katholischen Kirche auch die Septuaginta verwendet. Als weitere bedeutende Übersetzung ist die Lutherübersetzung der Bibel ins Deutsche zu nennen. Luther hatte das Alte Testament aus hebräischen bzw. aramäischen Schriften übersetzt. Die im Judentum nicht anerkannten Deuterokanonischen Schriften im Alten Testament der Christen hatte Luther als apokryphe Bücher in den Anhang übernommen. Zu den Deuterokanonischen Schriften zählen die Makkabäerbücher, das Henochbuch, das Buch Judit, das Buch Tobit, das Buch Baruch, das Buch Jesus Sirach, die Zusätze zum Buch Daniel, die Zusätze zum Buch Esther, die Weisheiten Salomos und der Jeremiabrief. Das Alte Testament entspricht also bis auf die Deuterokanonischen Schriften im Wesentlichen dem Tanach, den heiligen Schriften im Judentum.

Der Tanach ist in drei Teile gegliedert. Der erste Teil ist die Thora. Er beinhaltet die fünf Bücher Mose. Der zweite Teil wird Nevi'im genannt und beinhaltet die Bücher der Propheten. Der dritte Teil wird Ketuvim genannt, was mit Schriften übersetzt wird. Die endgültige Zusammenfassung der heiligen Schriften der Juden zu einem Kanon erfolgte erst um das Jahr 100 n. Chr. Das heißt, zu Zeiten Jesus von Nazareth gab es im Judentum noch keine einheitliche Heilige Schrift.

Christliche Bibeln bestehen neben dem Alten Testament aus dem Neuen Testament. Das Neue Testament, das auch als der Neue Bund bezeichnet wird, beinhaltet Schriften, die nach der Kreuzigung von Jesus von Nazareth entstanden sind und sich auf sein Leben, sein Wirken und seine Botschaft bzw. auf die Geschichte der Apostel, die seine Lehre in der Welt verbreitet haben, beziehen. Als Ausnahme kann die Offenbarung nach Johannes bezeichnet werden. Hierbei handelt es sich um einen mystisch-prophetischen Text, der sich nicht direkt auf Jesus von Nazareth bezieht.

Die Festlegung dessen, welche Schriften in die Bibel, wie wir sie heute kennen, aufgenommen werden, wird als Bibelkanon bezeichnet. Der Bibelkanon mit allen Texten ist um das Jahr 400 n. Chr. Durch Bischofssynoden in Rom, Hippo und Karthago festgelegt worden.

Die Bibel ist das Heilige Buch der Christen, steht am Anfang dieses Textes. Dem wird wohl kein Christ widersprechen. Es gibt aber große Unterschiede bei dem, was Christen unter einem heiligen Buch verstehen. Für die Einen ist das das authentische, sozusagen in Stein gehauene Wort Gottes. Für viele ist die Bibel eine Art Sakrament, ein geheiligter Gegenstand, dessen Beschädigung, gar Verbrennung ein Frevel, eine Art schwere Sünde ist. Sie halten jedes Wort und jedes Satzzeichen für wahr und unabänderlich. Die Anderen sehen in der Bibel Aufzeichnungen durch Menschen, die Erfahrungen wiedergeben, von Menschen, die eine besondere Beziehung zu Gott hatten. Für diese Christen ist nicht das Buch und nicht das Wort das Heilige, sondern die Erfahrungen, die ihnen zu Teil werden, wenn sie nach den biblischen Weisheiten ihr Leben ausrichten.

Dass die erste zusammenfassende Aufzeichnung der Gesetzesbücher in einer Übersetzung aus dem Hebräischen in Alexandria erfolgte, war kein Zufall. In jener Zeit befand sich in Alexandria die umfassendste Bibliothek der damaligen Welt. Sie hatte unter anderem die Aufgabe, das gesamte in der Antike verfügbare Wissen zusammenzutragen. Die Stadt Alexandria, in Ägypten gelegen, war damals, genauso wie das Heilige Land, unter griechischer Herrschaft. Griechisch war die Sprache der Machthaber und zugleich war es die Handelssprache. Aus diesem Grund versuchte man in der Bibliothek von Alexandria das verfügbare Wissen der damals bekannten Welt ins Griechische zu übersetzen und aufzubewahren. Wenn man als Unbefangener im Alten Testament liest, fällt auf, dass manche Geschichten ziemlich verwirrend sind. Im Text wird manchmal ein Ereignis zweimal hintereinander ohne erkennbare Abgrenzung beschrieben. Häufig widersprechen sich beide Schilderungen. Dazu muss man wissen, dass die griechische Übersetzung der heiligen Schriften, die sogenannte Septuaginta, zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, da es noch keine kanonisierte, also einheitliche Festlegung der heiligen Schriften gegeben hat. Es lagen viele mündliche, zum Teil auch schriftliche Überlieferungen im Judentum vor. Die Übersetzer haben offensichtlich aus Respekt vor den heiligen Texten sich nicht angemaßt, sie zu einem Text ohne Widersprüche zu vereinheitlichen.

Was macht es also für einen Sinn, in einem Text zu lesen, der voller Widersprüche ist und offensichtlich nicht immer die historische Wahrheit wiedergibt? Diese Frage stellen in unserer von Rationalismus bestimmten Zeit viele Menschen. Wenn man sich als rein rationell bestimmtes Wesen betrachtet, dann ist die Antwort einfach: Es macht keinen Sinn, in der Bibel zu lesen. Wenn man aber die Bibel nicht als Buch der Wahrheit, sondern als Buch der Weisheit betrachtet, dann wird sie zur Quelle für geistige Impulse.

Die Evangelien

Die Evangelien sind Bestandteil des Neuen Testaments. Es handelt sich um Texte, die das Leben und Wirken Jesus von Nazareth beschreiben. Der Name Evangelium stellt die lateinische Form des Griechischen Wortes Evaggelio (griech. ), was Lehre, Prinzipien oder Grundsätze bedeutet. Die Urtexte der Evangelien liegen uns in altgriechischer Sprache vor. Das Evangelium nach Lukas beginnt mit einer Einleitung:

"Nachdem viele es unternommen haben, einen Bericht über die Tatsachen abzufassen, die unter uns völlig erwiesen sind, wie sie uns diejenigen überliefert haben, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes gewesen sind, so schien es auch mir gut, der ich allem von Anfang an genau nachgegangen bin, es dir der Reihe nach zu beschreiben, vortrefflichster Theophilus."

Aus diesem Text geht hervor, dass es viele Evangelien gibt. Vier Evangelien, die Evangelien nach Matthäus, nach Markus, nach Lukas und nach Johannes, sind in Jahr 367 durch Athanasius von Alexandria ausgewählt worden. Später sind diese Evangelien in den Bibelkanon im Neuen Testament aufgenommen worden. Daneben gibt es noch weitere Evangelien, die man als apokryphe Bücher bezeichnet. Zu denen zählen z. B. das Thomasevangelium, das Judasevangelium, Nikodemusevangelium, das Petrusevangelium, das Ägypterevangelium und das Ebionitenevangelium. Vermutlich ist keines der Evangelien zu Lebzeiten Jesus von Nazareth aufgeschrieben worden, sondern erst in der Zeit, als seine Jünger die Botschaft verbreitet haben.