Wie dein inneres Kind Heimat bei Gott findet - Priska Lachmann - E-Book

Wie dein inneres Kind Heimat bei Gott findet E-Book

Priska Lachmann

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  • Herausgeber: adeo
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2024
Beschreibung

Das Konzept des inneren Kindes bezieht sich auf die kindlichen Gefühle, Gedanken, Nöte und Ängste, die uns als Erwachsene oft nicht bewusst sind, da wir heute funktionieren und sie ignorieren. Dennoch können sie sich in bestimmten Verhaltens- und Denkmustern zeigen, die unser Leben beeinträchtigen. In ihrem Ratgeber präsentiert Priska Lachmann einen fundierten Ansatz, um dem inneren Kind aus der liebevollen Perspektive Gottes zu begegnen, es anzunehmen und zu verstehen. Sie hilft dabei, die Defizite, den Mangel an Zuwendung und die unverarbeiteten Verletzungen, die das erwachsene Ich mit sich trägt, aufzudecken und sie der heilenden, vergebenden und kraftvollen Liebe Gottes auszusetzen. Das Buch enthält zahlreiche anschauliche Beispiele und basiert auf den Erkenntnissen renommierter Psychologen und Therapeuten. So ist dieser Ratgeber ein hilfreicher und gut verständlicher Begleiter auf dem Weg zu einer gereiften Persönlichkeit. Ausgewählte Themen des Buches: • Heilungswege des inneren Kindes • Grenzen setzen lernen • Die eigenen Bedürfnisse kennen lernen • Befreiung aus der Opferrolle • Welchen Persönlichkeitsanteil wir verdrängen • Das verwundete innere Kind und das Imago Dei • Gott als Vater und Mutter kennenlernen • Sich selbst lieben, wie Gott einen liebt

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Copyright © 2024 adeo Verlag

in der SCM Verlagsgruppe GmbH,

Berliner Ring 62, 35576 Wetzlar

Erschienen im April 2024

ISBN 978-3-86334-873-1

Umschlagmotiv und -gestaltung: Mareike Schaaf

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

www.adeo-verlag.de

Die im Buch erwähnten Geschichten von unbekannten Personen sind entweder verfremdete oder ausgedachte Geschichten, um etwas zu illustrieren.Das Buch ist zum Zwecke der besseren Lesbarkeit nicht gegendert. Es ist mir aber ein Anliegen, dass jeder und jede sich angesprochen fühlen soll.

Inhalt

Vorwort

Einleitung – oder wer ist dieses Innere Kind überhaupt?

1. Wie erkenne ich mein verletztes Inneres Kind?

Was verbirgt sich hinter dem verletzten Inneren Kind?

Das Innere Kind in Liebesbeziehungen

2. Mein Kindheitstrauma

Welche Traumata gibt es überhaupt?

Wir Kriegsenkelkinder

Wie man Traumata heilen kann

3. Der Schatten in dir

Der Schatten deiner Persönlichkeit

Welche Verdrängungsmechanismen gibt es?

Der Schatten in Beziehungen

4. Unterwegs auf der Heilungsreise

Die schönen Erinnerungen

Die positive Seite unserer Kindheit

Methoden, um deinem Sonnenkind zu begegnen

Das Innere Kind heilen

5. Wie du Halt findest bei Gott

Die Liebe zu dir selbst

Wenn Göttlichkeit dich heilt

Vergebung gegen Verbitterung

6. Schluss

Anhang

Übungen und Meditationen

Glossar

Anmerkungen

Vorwort

Wenn wir erkennen würden, dass viele, vielleicht sogar die meisten unserer Handlungen im Heute unsere inneren Kindheitswunden, unser ungehörtes Teenager-Ich und unser sehnsüchtiges Kinder-Ich widerspiegeln, dann würden wir vielleicht ganz anders durchs Leben gehen. Was wäre, wenn wir mal mit unserem Inneren Kind in ein Zwiegespräch gehen würden, was würde es zu uns sagen? Was wäre, wenn wir erkennen würden, dass der Schmerz, den unser jüngeres Ich gefühlt hat, heute nicht einfach so verschwunden ist, sondern wir als erwachsener Mensch Strategien entwickelt haben, um diesen Schmerz nicht mehr fühlen zu müssen? Wäre unser Teenager-Ich stolz auf uns? Was hatten wir für Träume und Wünsche, als wir klein waren?

Das Innere Kind ist ein Konzept, mit dem wir versuchen wollen, Zugang zu unserer Vergangenheit zu bekommen, um unser heutiges Verhalten zu erklären und zu verstehen. Es ist eines von vielen Konzepten in der Geschichte der Psychologie, aber sicherlich eines, das wir leichter begreifen und zu dem wir schneller Zugang finden als zu anderen psychoanalytischen Verfahren.

Es gibt viele Ratgeber, auch zu genau diesem Thema. Doch oftmals sind sie komplex und nichts, was man bei einer Tasse Kaffee entspannt lesen kann. Ich wünsche mir ein Buch, das dich an die Hand nimmt und dir begegnet. Ein Buch, das dir zeigt, wie du heilen und im Heute zu mehr Lebensqualität finden kannst. Durch viele konkrete Beispiele aus dem Alltag bekommst du einen niedrigschwelligen Zugang zu dem Thema und einen Ansatz, um dich den schmerzhaften Punkten in deinem Leben zuzuwenden und sie zu heilen.

Bewusst habe ich die persönliche, therapeutische „Du“-Anrede im Buch gewählt, weil dieses Buch dir ein Coach, eine seelsorgerliche Beratung und eine Reise zu dir selbst sein soll.

Viel Freude, Frieden und Kraft dabei!

Einleitung – oder wer ist dieses Innere Kind überhaupt?

Wenn du dieses Buch in die Hand genommen hast, dann fühlst du dich womöglich leer, verwirrt und emotional festgefahren im Hinblick auf verschiedene Erlebnisse deiner Vergangenheit. Ich weiß, das fühlt sich herausfordernd an. Dieses Buch ist für dich, wenn du dich müde und erschöpft fühlst, überfordert bist mit deinen schmerzhaften Gefühlen. Ich war ebenfalls an diesem Punkt, ich weiß, wie es sich anfühlt, und ich möchte dir helfen, damit deine Vergangenheit nicht länger dein heutiges Leben diktiert. Wie du dich verhältst und wie du dich fühlst, soll nicht länger von deinen schmerzhaften Erfahrungen bestimmt werden.

Bevor ich meinen jetzigen Mann heiratete, datete ich einmal für kurze Zeit einen Mann, den ich ziemlich gut fand. Ich fühlte mich rundum wohl in seiner Nähe. Aber kurz bevor es ernster werden konnte, zog er sehr freundlich einen Schlussstrich. Er konnte sich keine Beziehung vorstellen und wollte auch nicht mit mir spielen. Und obwohl er sich absolut korrekt verhielt und mir deutlich machte, dass es nicht an mir und meinem Wert lag, war ich am Boden zerstört. Ich verkroch mich in meinem Bett und hatte das Gefühl, niemals wieder glücklich werden zu können. Die Ablehnung konnte ich nicht verkraften und heute kann ich auch verstehen, warum. Ich zog meinen Selbstwert und meine Anerkennung aus seiner Reaktion mir gegenüber, und als er mich ablehnte, brachen in mir versteckte Wunden auf, die sich alle gemeinsam in sehr viel Schmerz bündelten.

Das war leider auch kein einmaliges Erlebnis. Immer wieder in meiner Vergangenheit war ich in meinem Selbstwert abhängig von einer externalen Bestätigung. Aufgrund meiner Kindheitserfahrungen neigte ich zu co-abhängigem Verhalten, denn ich hatte in meiner Vergangenheit durch toxische Beziehungen die Erfahrung gemacht, dass ich in meiner Persönlichkeit nicht gut genug war, nicht ausreichte. Daher tendierte ich dazu, mich anzupassen, um geliebt zu werden, und merkte dabei gar nicht, wie ich mich selbst verleugnete.

In den Jahren seitdem (und nicht nur aus diesem Grund) habe ich mich auf die Suche und auf meine ganz persönliche Heilungsreise begeben, um mein Inneres Kind zu heilen und solche Gefühle nicht mehr fühlen zu müssen. Ich bin mir sicher: Wenn ich mich auf den Weg der Heilung begeben kann, kannst du das auch. Ich nehme dich mit und zeige dir, wie es gehen kann.

Nicht geheilte traumatische Erfahrungen aus der Kindheit können im Heute so aussehen:

geringes SelbstwertgefühlAngst, verlassen zu werdenVerlangen nach äußerer BestätigungSchamgefühlUnfähigkeit, Konflikte zu ertragen Zurückstellen der eigenen Bedürfnisse für andere Co-Abhängigkeit in Beziehungen Nachgiebigkeit im Übermaß Toleranz gegenüber missbräuchlichem Verhalten anderer inneres Sträuben vor positiven Veränderungen ZukunftsangstSchwierigkeiten, für sich selbst einzustehen und Grenzen durchzusetzen schlechte emotionale und geistige Gesundheit destruktives Bewältigungsverhalten Überbewertung der eigenen Unabhängigkeit hochgradig reaktiv sein*sich wiederholende Muster in Beziehungen

Hast du jemals auf diese kleine Stimme in deinem Inneren geachtet? Die Stimme, die dich vielleicht an dein jüngeres Ich erinnert? Ganz gleich, wie alt du wirst, du trägst dein jüngeres Selbst jeden Tag in dir. Sich um diese Version von dir selbst zu kümmern, darum geht es in der Arbeit mit dem Inneren Kind. Dein Inneres Kind ist ein Abbild von dir selbst mit verschiedenen Erfahrungen aus verschiedenen Phasen der Entwicklung. Dieser Teil von dir ist sehr stark mit deinem natürlichen Enthusiasmus, deiner Neugier und deiner Kreativität verbunden, die du als „echtes“ Kind erlebt hast.

Indem du dein Inneres Kind heilst, beginnst du, die Sicherheit und Geborgenheit zu schaffen, die dein jüngeres Selbst gebraucht hätte. Auf diese Weise haben die positiven Eigenschaften deines Inneren Kindes Raum, um zu strahlen. Du erschließt deine natürlichen Gaben, deine innere Neugier und deine grenzenlose Fähigkeit zu lieben. Wenn du hingegen vermeidest, deine Verletzungen aus der Vergangenheit anzusprechen, und dich mit ihnen allein fühlst, verwandeln sie sich in Verhaltensweisen, die dir selbst und deiner Umwelt schaden.

Der Begriff des Inneren Kindes stammt aus der Transaktionsanalyse von Eric Berne*. Er schlägt vor, dass der Mensch aus drei Ich-Positionen heraus handeln kann: aus der des Kindes, der des Elternteils und der des Erwachsenen. Diese Theorie ist die Weiterentwicklung von Freuds* Psychoanalyse in einem bestimmten Bereich der menschlichen Interaktion. Was das im Einzelnen und konkret bedeutet, werde ich weiter hinten im Buch noch mal aufschlüsseln.

Um im Heute ein Leben führen zu können, das sich in deinem Verhalten und deinen Empfindungen nicht aus deiner Vergangenheit speist, braucht es drei verschiedene Heilungsschritte. Diese machen es möglich, dass wir gestärkt und mental gesund unseren Lebensweg bestreiten können.

Der erste Schritt ist die Heilung unseres Inneren Kindes. Wir alle haben diesen jüngeren Teil in uns, der in unserer Kindheit nie so geliebt wurde, wie wir es gebraucht hätten. Unser Inneres Kind zu heilen ist ein Weg, um unsere Bedürfnisse anzusprechen, die in der Kindheit nicht erfüllt wurden, und die Bindungswunden zu heilen, die wir seither entwickelt haben.

Der zweite Heilungsschritt nennt sich „Schattenarbeit“. Bei der Schattenarbeit geht es darum, mit den Teilen von uns in Kontakt zu kommen, die wir verdrängt haben, oder mit dem, was viele als ihre „dunkle Seite“ bezeichnen würden. Diese Arbeit beinhaltet das Eintauchen in das Unterbewusstsein, das unsere Gedanken, Emotionen und Verhaltensweisen prägt. Die Schattenarbeit basiert zum großen Teil auf den Annahmen des Schweizer Psychiaters Carl Gustav Jung*, der bis 1961 gelebt hat. „Schatten“ sind die Teile von uns, die wir irgendwann abgespalten und unterdrückt haben oder die wir ablehnen. Sie sind Teile unserer Persönlichkeit, die wir aus Angst nicht zeigen wollen. Denn wir haben schon als Kinder gelernt, wie wir uns anpassen und verhalten müssen, damit wir Liebe und Fürsorge erhalten. Wir waren abhängig von den Erwachsenen. Auf diesem Weg haben wir Teile von uns verschlossen, Emotionen unterdrückt und sind verstummt.

Diese unterdrückten Anteile sind das „verwundete Innere Kind“. Das kleine Wesen, das sich damals angepasst hat, ist noch in dir und will befreit werden. Deine alten Verletzungen aus deiner Kindheit und Jugend machen sich in den verschiedensten Situationen deines erwachsenen Lebens bemerkbar. Als Elternteil spürst du manchmal, wie du dich überhaupt nicht erwachsen, sondern eher wie ein Kind verhältst. Als Partnerin erlebst du dich manchmal zurückversetzt in deine eigene Kindheit, als du dich missverstanden gefühlt hast von deinen Eltern. Und auf der Arbeit hast du das Gefühl, perfekt sein zu müssen, damit alle mit dir zufrieden sein können.

Der dritte Heilungsschritt hat mit Spiritualität zu tun.

Spiritualität ist eine persönliche Erfahrung mit vielen Definitionen. Ich würde sie beispielsweise definieren als eine Verbindung, die über das eigene Selbst* hinausgeht. Sie gibt einem Individuum einen Sinn im Leben und beinhaltet ein inneres Glaubenssystem, bei dem man oftmals ein Gefühl für die Heiligkeit des Lebens und eine Vision für eine bessere Welt hat. Spiritualität kann sich auf Gott, eine höhere Macht, eine universelle Energie, das Heilige oder die Natur beziehen. Ich persönlich beziehe sie auf Gott und ganz besonders auf Jesus. Spiritualität kann ein Verhalten, das uns selbst und anderen schadet, durch einen gesunden religiösen Lebensstil verringern. In spiritueller Gemeinschaft können wir unter anderem Unterstützung und Hilfe erfahren, uns einem sozialen Netzwerk anschließen, einer Gruppe, die etwas Gemeinsames verbindet. Dieses Gemeinschaftsgefühl kann dazu beitragen, vergangene negative Erlebnisse zu bewältigen, und auch dazu, dass wir anfangen, unsere Handlungen zu hinterfragen.

Wenn du in deiner Kindheit einen Mangel an Zuwendung und Liebe erlebt hast, kannst du durch die eigene tiefe Auseinandersetzung und die Herstellung einer Verbindung zu deinem Inneren Kind alte Wunden heilen und nachträglich, durch den Aufbau von grundlegenden Fähigkeiten, deine Wurzeln festigen und damit für mehr Fülle in deinem eigenen Leben sorgen. Wenn du bereit bist, alte Emotionen zu lösen und Verletzungen aus der Kindheit zu heilen, dann wirst du spüren, wie sich dein Grundgefühl wandelt. Du entwickelst eine tiefe Liebe zu dir selbst und verstehst, warum du in manchen Situationen immer noch so verkrampft, unerwachsen oder unsicher reagierst.

1. Wie erkenne ich mein verletztes Inneres Kind?

„Bei mir zu Hause gab es nie Anerkennung.“„Nie war ich gut genug.“„Ich erlebte zu Hause Willkür mir gegenüber. Mal war etwas verboten, mal erlaubt. Je nachdem, wie es meiner Mutter ging.“„Ich konnte nicht genügen.“„Ich fühle mich nicht wertvoll.“„Ich glaube, ich belaste meine Freunde.“„Bedingungslose Liebe habe ich nie kennengelernt.“

Diese Sätze sind lediglich Beispiele für Emotionen, die tiefer liegen und deren Wurzeln sich in unserer Kindheit befinden. In jedem Menschen wohnt ein Inneres Kind. In diesem Inneren Kind liegen Gefühle, Erinnerungen und Erfahrungen abgespeichert, die wir während unserer Kindheit gemacht und entwickelt haben.

Das ungeliebte, abgelehnte Innere Kind drückt sich besonders durch Persönlichkeitsmerkmale wie Traurigkeit, Angst, Frustration, Ärger, Neid oder Scham aus und zeigt sich in der Suche nach Anerkennung und Bestätigung, durch Abhängigkeit von Personen oder Suchtmitteln oder in stark ausgeprägtem Konsumverhalten.

Das geliebte Innere Kind hingegen drückt sich durch Persönlichkeitsmerkmale wie Freude, Spontanität, Offenheit, Neugierde, Begeisterungsfähigkeit und Verantwortungsübernahme für das eigene Tun aus.

Was Menschen sehen: Du tust alles, um andere glücklich zu machen.

Dein Inneres Kind sagt: „Menschen lieben mich nur, wenn ich etwas für sie tue.“

Was du siehst: Ich habe immer einen Plan, bin für alles vorbereitet.

Dein Inneres Kind sagt: „Ich fühle mich sicher, wenn ich die Kontrolle habe.“

Was du siehst: Ich muss mich erklären und verteidigen.

Dein Inneres Kind sagt: „Sie glauben mir nicht, ich werde ungerecht behandelt.“[1]

Durch das In-Kontakt-Kommen mit deinem Inneren Kind wird dein Herz berührt. Da kommt das Ursprüngliche hervor, das jedes Kind mit seiner Geburt mit auf die Welt bekommt: die ganze Natürlichkeit unseres Wesens, unsere Sanftheit, unsere Hingabe, unser Lächeln, unser Schreien, unser Staunen, unsere einmalige und besondere Persönlichkeit, all unsere Talente, unsere Kreativität, unsere Neugierde, unsere Freude, Spontanität und Intuition, eine besondere Empfindsamkeit, die Liebe und Sinnlichkeit, die uns ausmacht, und der Glaube daran, dass alles gut ist.

Ich konnte es nicht fassen: Ich saß heulend auf der Gästetoilette unseres neu gebauten Hauses. Es hatte beim Abendbrot zwischen meinem Mann und mir ein Missverständnis gegeben. Dieses Missverständnis war zu einem kleinen Streit hochgekocht und ich war, wie so oft schon in meinem Leben, heulend weggelaufen und hatte mich im kleinsten Raum verkrochen, den wir hatten. Und natürlich hoffte ich, dass er mir hinterherlief. In der Vergangenheit hatte er das auch schon einige Male getan und mir dadurch geholfen, mich aus dieser Rolle zu holen, in die ich mich selbst manövriert hatte. Moment mal, was für eine Rolle? Ich saß hier wie ein kleines Kind! Unmündig. So, als hätten mich meine Eltern aufgefordert, das gemeinsame Essen zu verlassen und ohne Abendbrot ins Bett zu gehen. Ich suhlte mich in Selbstmitleid und Selbstzweifeln und wäre am liebsten direkt aus dem Haus gegangen und hätte meine Ehe hinter mir gelassen. Diese Gedanken waren wirr, völlig aus der Luft gegriffen und komplett überspannt. Wir sprechen hier von einem kleinen Missverständnis. Aber mein Inneres Kind war getriggert. Es fühlte sich missverstanden. Unverstanden. Die Mauern wuchsen an meinem Herzen in die Höhe, um mich zu schützen. Es war ein Automatismus und ich wusste mir nicht anders zu helfen. Ich musste erst lernen, mein Inneres Kind zu heilen, um gesunde und erwachsene Verhaltensweisen dem entgegen setzen zu können.

Erwachsen wäre gewesen, ruhig sitzen zu bleiben, meine Gefühle, ebenso wie meine Grenzen und Wünsche, offen und ruhig zu formulieren. Möglich wäre auch, meinem Mann mitzuteilen, wie sehr mich der Konflikt an meine Kindheit erinnerte und triggerte. Aber allein im kleinsten Raum unseres Hauses zu sitzen und zu weinen, war keine adäquate, erwachsene Reaktion und Lösung.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie unser verletztes, nicht geheiltes Inneres Kind unser erwachsenes Leben sabotiert. In dem Fall, den ich eben geschildert habe, war ich damals nicht in der Lage, Konflikte gut zu lösen, weil ich immer versucht habe, es allen recht zu machen, um gemocht zu werden. Aber es gibt natürlich viele andere Verhaltensweisen, die auf ungestillte Gefühle hindeuten. Neun davon habe ich im Folgenden mal für dich aufgeschrieben:

1. Co-Abhängigkeit

Vier Anzeichen, dass du co-abhängig sein könntest:

Du hast Angst, Menschen zu enttäuschen.Die Bedürfnisse der anderen sind dir wichtiger als deine eigenen.Du kannst keine Grenzen setzen.Du fühlst dich abhängig davon, was andere von dir denken.

Co-Abhängigkeit ist gekennzeichnet durch den eigenen Identitätsverlust. Du bist nicht mehr in Berührung mit deinen eigenen Gefühlen, Nöten, Wünschen und Bedürfnissen.

Bei einer Co-Abhängigkeit gibst du deine eigene Identität auf. Die Probleme des Partners werden zu deinen eigenen. Wirst du verlassen, hast du das Gefühl, nicht mehr weiterleben zu können, weil dein eigener Selbstwert an die Liebe und Aufmerksamkeit des Gegenübers gekoppelt ist. Co-Abhängigkeit liegt oft in ungesunden Familiensystemen begründet. Wenn Kinder in ihrer Kindheit physische oder psychische Gewalt erleben, beginnt das Kind, die so dringend benötigte Sicherheit nicht mehr in der Familie, sondern außerhalb zu suchen. Es verliert die Fähigkeit, aus sich heraus Selbstvertrauen zu entwickeln, und sucht Bestätigung in seinem Wert im Außen. Co-Abhängigkeit bedeutet, dass ein Mensch nicht weiß, wer er ist, weil seine Bedürfnisse in der Kindheit nicht gesehen wurden und ihnen nicht begegnet wurde.[2]

Bei einem erwachsenen Menschen kann sich dies beispielsweise wie folgt auswirken: Karina ist in einer neun Jahre andauernden Beziehung mit einem gemeinsamen Kind. Sie würde sagen, dass sie glücklich ist. Klar, es gibt kleine Differenzen im Haushalt, aber nichts, was ihre Beziehung infrage stellen würde. Sie findet fremdgehen moralisch verwerflich. Doch dann begegnet Karina im Alltag einem fremden Mann und beginnt eine heimliche Affäre mit ihm. Bis alles auffliegt. Karina hat keine Antworten darauf, warum sie sich überhaupt fremdverliebt hat. Sie kann ihre Bedürfnisse nicht analysieren und auch nicht kommunizieren und hat nur eine Ahnung davon, dass sie in ihrer langjährigen Beziehung immer zu kurz kam, nie das Gefühl hatte, gesehen zu werden. Und dann ihr unterdrückter, verkümmerter Trieb überhandgenommen hat.

Stefans Frau hat enorme Schulden angehäuft, kauft aber dennoch ständig Dinge, die sie sich nicht leisten kann. Dinge, die nach außen zeigen sollen, dass sie erfolgreich ist und keine finanziellen Schwierigkeiten hat. Stefan findet das gut, obwohl man das nicht erwarten würde, schließlich verschulden sie sich durch ihr Verhalten. Doch da er seinen Selbstwert in seiner Außendarstellung sucht, lässt er sie gewähren. Man würde denken, dass er den Schulterschluss mit ihr sucht, weil er dem Konflikt aus dem Weg gehen möchte, aber eigentlich scheut er vielmehr den Konflikt mit sich selbst. Stefan hat kein Gefühl für sein wahres Selbst und zu wenig Selbstwertgefühl. Sonst wüsste er, dass er eine falsche Selbstdarstellung nicht nötig hat, um sich gut genug zu fühlen.

Co-Abhängige in einer Beziehung befassen sich ständig mit den Gefühlen und dem Handeln der anderen Person und entschuldigen deren Fehlverhalten. Häufig sehen wir das bei Angehörigen von Suchtkranken. Oftmals reden sie die Erkrankung klein, zahlen die suchtbedingten Schulden des Verantwortlichen oder wahren den Schein der scheinbar perfekten Familie in der Öffentlichkeit.

2. People-Pleaser

Bist du ein sogenannter People-Pleaser?

Du kannst nicht Nein sagen, lässt zu, dass Menschen deine Grenzen überschreiten? Wahrscheinlich wurden deine Bedürfnisse als Kind nicht erfüllt und du warst das brave Kind, das niemanden belasten sollte.

Vielleicht ging es dir in der Kindheit so, dass du das Gefühl hattest, nur Aufmerksamkeit und Liebe zu erfahren, wenn du dafür sorgtest, dass es deinen Eltern gut ging. Du hast dich verantwortlich gefühlt, dass zu Hause Harmonie und Frieden herrschten. Das Fazit davon ist ein starkes Harmoniebedürfnis in der Gegenwart, Angst vor Ablehnung, aber vielleicht auch eine Suche, sogar Sucht, nach Anerkennung.

Ein People-Pleaser verleugnet oder ignoriert Probleme und weicht Konfliktgesprächen gern aus. Vielleicht bist du in einem kritischen Umfeld aufgewachsen und es war dir nur schwer möglich als Kind, deine eigene Meinung auszusprechen oder sie zu verteidigen. Du fühlst dich ständig verantwortlich dafür, dass es den Menschen in deinem direkten und indirekten Umfeld gut geht, entschuldigst dich zu oft, auch für Dinge, für die du dich nicht entschuldigen müsstest, und hast keinen Mut, für dich und deine Überzeugungen einzutreten. Viel wichtiger ist dir, dass die anderen dich mögen.

Damit geht meistens ein geringes Selbstwertgefühl einher. Denn du möchtest niemanden stören, nicht zu viel Platz einnehmen oder auffallen.

3. Vertrauensprobleme

Wenn Bezugspersonen nicht verlässlich sind, wachsen Kinder nicht mit dem Urvertrauen auf, das sie dringend brauchen, um ein reguliertes Nervensystem zu entwickeln und sich sicher fühlen zu können. Die Welt wirkt beängstigend und gefährlich, sodass betroffene Personen ein Übermaß an Kontrolle entwickeln, das zur Sucht führen kann. Sie verwechseln Besessenheit mit Fürsorge und Kontrolle mit Sicherheit, schreibt John Bradshaw*.[3] Das kann sich beispielsweise im Misstrauen gegenüber deinem Partner äußern. Aber vielleicht misstraust du auch deinen eigenen Fähigkeiten, weil deine Eltern nicht in der Lage waren, stetig und verlässlich zu sein, sodass du ihnen als Kind nicht vertrauen konntest und dadurch auch nicht lernen konntest, dir selbst zu trauen.

Das Urvertrauen rückblickend wiederherzustellen, kann nicht funktionieren, aber das eigene Selbstvertrauen und den Selbstwert zu stärken, schon. Wenn du dir selbst vertrauen kannst, kannst du auch wieder lernen, den Menschen um dich herum Vertrauen zu schenken, und dann lernst du auch, Kontrolle loszulassen. Weil du weißt, dass du selbstwirksam genug bist. Und weil du um deine Stärken weißt und deshalb auch, dass du Hindernisse im Leben bewerkstelligen kannst.

4. Schwierigkeiten mit Intimität

Erwachsene haben oft Angst vor Zurückweisung und isolieren sich daher vor intimen Beziehungen. Manche haben Angst, dass ihnen die Nähe zu viel wird, und andere haben Angst, allein zu sein, und verlassen daher mitunter noch nicht mal dysfunktionale Beziehungen.

Wenn Kinder in ihrer Kindheit erleben, dass ihr echtes Selbst, sie als Person, zurückgewiesen wird, ist das eine tiefe Wunde. Diese entsteht, wenn Eltern ihren Kindern nicht in deren Gefühlen, Nöten und Sehnsüchten begegnen. Kinder lernen dann, dass sie sich anders verhalten, jemand anders sein müssen, um Aufmerksamkeit und Liebe bekommen zu können. Dieses falsche Selbst entwickelt sich über die Jahre und irgendwann glaubt das Kind, es wäre tatsächlich so. Wenn du nicht weißt, wer du bist, kannst du keine wirklich intimen Beziehungen eingehen.

Weil das Innere Kind unsicher ist, baut es große Mauern um sich herum. Physisch, aber auch emotional. Sexuelle Dysfunktionen können damit einhergehen. Aber auch der Hang zu extremem Sex, gewaltvollem Sex und die Unfähigkeit, echte Beziehungen zuzulassen.

5. Traurigkeit

Der Platz ist hier nicht ausreichend und es würde der Tiefe und Größe des Themas nicht gerecht werden, um über Depressionen zu sprechen. Eine innere Leere und Traurigkeit kennen noch mehr Menschen aus ihrem Leben als die Krankheit „Depression“. Obwohl Letztere inzwischen immer mehr Personen betrifft.

Stell dir vor, du hast dein wahres Selbst begraben und hast Charaktereigenschaften angenommen, die zwar in deinem Umfeld akzeptiert wurden, die dir aber eigentlich nicht wirklich entsprechen. Ich konnte zum Beispiel viele Jahre nicht wütend sein. Ich begrub dieses Gefühl, weil in meinem Umfeld Wut negativ konnotiert war. Und ich wurde ein nettes, braves, immer lächelndes Mädchen. Wenn wir uns nicht mehr fühlen, nicht wissen, wer wir sind, verlieren wir manchmal den Zugang zu uns selbst und fühlen uns leer. Das kann zu Apathie führen. Und auch zu innerer Einsamkeit. Jemand, der sich depressiv fühlt, ist sehr mit sich selbst beschäftigt.[4] Die äußere Traurigkeit spiegelt eigentlich die Traurigkeit des Inneren Kindes wider.

6. Gedankenverzerrungen und Magie

Kinder denken nicht logisch und meistens auch egozentrisch. Sie beziehen alle Entscheidungen der Erwachsenen auf sich selbst. Je älter sie werden, desto besser können sie große Zusammenhänge verstehen, aber unserem Kindergartenkind fällt das aktuell zum Beispiel noch sehr schwer. Wenn mein Mann oder ich keine Zeit für sie haben, nimmt sie das persönlich. Wir sind immer bemüht, ihr zu sagen, dass unsere Entscheidung zu arbeiten, nicht bedeutet, dass wir sie nicht lieben. Sie kann sich aufgrund ihrer aktuellen Entwicklung aber noch nicht in mich hineinversetzen. Kinder handeln emotional. Wenn Erwachsene das ebenfalls tun, sich beispielsweise jeden Wunsch erfüllen, bringt sie das in finanzielle Nöte. Du hast keine Lust, Wäsche zu waschen? Dann stapelt sie sich und irgendwann bricht das Chaos zu Hause aus.

Egozentrisches Denken bezieht alle Aussagen der Menschen in unserem Umfeld auf uns selbst und lässt sie unseren eigenen Wert bestimmen. Statt zu erkennen, dass Menschen oftmals mehr über sich selbst aussagen, ihre Wünsche mitteilen und in ihren Sätzen keine Wertung mitschwingt. „Fühl dich doch nicht persönlich angegriffen“, sagen wir dann.

Kinder neigen auch dazu, an Zauber, Magie und Wunder zu glauben. Sie glauben, dass bestimmte Worte oder Zeichen die Realität verändern können. Das können gespielte Zaubersprüche und auch Gebete sein, Kinder sind in jungen Jahren nicht in der Lage, diese Dinge voneinander zu trennen. Aber auch in unserem Alltag trainieren wir unseren Kindern an, dass ihr Verhalten oder ihre Worte eine direkte Veränderung herbeiführen können. Und wenn wir nicht gut aufpassen, können wir Kinder schnell manipulieren.

„Weil du geschrien hast, weint Mama jetzt“ wäre ein beispielhafter Satz dafür. Das Kind glaubt, direkte Schuld zu haben, und wird alles dafür tun, damit Mama nie mehr wegen ihm weinen muss. Es kann die Komplexität der Situation und auch die emotionale Beschaffenheit seiner Mama nicht begreifen und differenzieren.

Als Erwachsene könnte sich dieser Glaube daran, dass bestimmte Worte und Zeichen unsere Realität direkt verändern können, wie folgt auswirken: zum Beispiel durch den Glauben daran, dass eine Person, eine Beziehung, eine Ehe allein dich glücklich machen könnte. Oder dass du friedlich leben kannst, wenn du genug Geld hast. Oder der Satz: „Wenn du dich anstrengst, wirst du belohnt werden.“

Kleine Mädchen glauben an Feen und Magie. Erwachsene Frauen glauben manchmal ans Universum, an das Erfüllen ihrer Wünsche und Träume, wenn sie die richtigen Worte aussprechen, bestimmte Rituale ausführen oder zu Vollmond eine Wasserschale ins Fenster stellen. Erwachsene Menschen glauben mitunter auch, dass sie nur intensiv und lang genug beten müssten, damit Gott als Wunscherfüller ihr Leben schöner macht. Das Problem ist: Wenn unser Inneres Kind verwundet ist, nimmt es die märchenhaften Kindheitsgeschichten wortwörtlich.[5]

Wenn du dich so sehr nach der Liebe deines Lebens sehnst, die dich bedingungslos liebt und akzeptiert, und du das Gefühl hast, alleine niemals glücklich leben zu können, du also einen Partner als allein seligmachendes Ziel siehst …

… dann deshalb, weil dir diese bedingungslose Liebe als Kind gefehlt hat und du dich deswegen heute unsicher und nicht gut genug fühlst.

7. Suchtverhalten

Ein verwundetes Inneres Kind ist oftmals die Ursache für Suchtverhalten. Sucht ist ein unkontrollierbares „Verlangen nach einem bestimmten Gefühls-, Erlebnis- und Bewusstseinszustand“[6], so lautet die offizielle Definition der Weltgesundheitsorganisation. Im normalen Maß sind viele der gleich aufgezählten Dinge in Ordnung, aber ab einem bestimmten Punkt werden diese zu einer Sucht.

Das können Drogen sein, Alkohol und Rauchen, aber auch Shopping, Essen, extremes Gaming, Sex oder auch extreme Spiritualität. Man kann auch abhängig sein von Traurigkeit oder davon, rational zu denken und dadurch Gefühle zu vermeiden, die wehtun könnten. Auch das Sammeln von Dingen kann suchthaft sein, genauso wie das Anhäufen von Geld. Das Innere Kind ist die ganze Zeit dabei, seine Sehnsucht zu stillen, und ist unersättlich.

Eine Sucht erkennt man an verschiedenen Kriterien. Es geht mit einem wiederholten Substanzgebrauch los, der bewirkt, dass man auf der Arbeit oder zu Hause Verpflichtungen nicht mehr wahrnehmen kann. Man muss die Dosis steigern, um Entzugssymptome abzumildern, und kann nicht mehr aufhören zu konsumieren. In der Folge schränken die Betroffenen wichtige soziale und berufliche Aktivitäten ein und isolieren sich zunehmend. Alle Kriterien, die auf eine Suchterkrankung hinweisen, findet man zum Beispiel auf der Seite des Blauen Kreuzes[7].

8. Selbstbestrafung

Aufgeritzte Unterarme, Narben von heißen Klingen, Bissspuren usw. deuten tiefen psychischen Schmerz an, der dadurch Erleichterung findet, dass es physisch wehtut.