Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Pflegen ohne Netz und doppelten Boden - und trotzdem nicht aufgeben. Als Stefan plötzlich zum Pflegefall wird, ändert sich alles. Seine Partnerin, die Autorin dieses Buches, wird über Nacht zur Pflegenden, Bürokratie-Managerin, Antragstellerin - und zur Kämpferin gegen ein Gesundheitssystem, das oft eher blockiert als unterstützt. Wie ich den Stefan Würth von der Schippe holte ist die wahre Geschichte einer Frau, die sich mit Mut, Wut und Liebe durch alle Hürden kämpft - und dabei anderen hilft, nicht unterzugehen. Leserinnen sagen: Fesselnd, hilfreich und erschütternd ehrlich. Viele Praxistipps im Kampf gegen die Absurditäten im Verwaltungssystem. Die Autorin bietet konkrete Hilfe für überforderte Angehörige über ihre Webseite an. Dieses Buch ist für dich, wenn du pflegst, Anträge schreiben musst, mit Pflegekassen kämpfst oder einfach wissen willst, wie andere das schaffen. Und: Joey, der Berner Sennenhund, ist auch dabei. Mehr Hilfe auf: www.myeasyform.de Mehr Hilfe findest du auf der Website der Autorin: www.myeasyform.de
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 139
Veröffentlichungsjahr: 2025
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Vorwort
Einleitung
Wenn das Leben heimlich die Richtung ändert – Die ersten leisen Warnsignale
Ein Körper, der nicht mehr gehorcht – und keiner sieht, was wirklich los ist
Verloren in der eigenen Stadt – die ersten alarmierenden Anzeichen
Der erste epileptische Anfall – ein Moment, der alles veränderte
Vier Ärzte und ein MRT
Die Diagnose, die alles verändert – und was jetzt?
Zwischen Hoffnung und Angst – die OP
Die Bürokratie schlägt zu
Die Suche nach dem Primärtumor
Abwärts in die Strahlennekrose – als alles nur noch schlimmer wurde
Kortison – Ein Segen oder ein Fluch?
Der nächste Klinikaufenthalt
Diese Entscheidung hätte sein letzter Tag sein können
Kampf um Antworten – Warum man als Angehöriger niemals aufgeben darf
Ein letzter Versuch – Reha oder Pflegeheim?
Ich hätte mir im Leben nicht träumen lassen, dass der schlimmste Albtraum noch vor ihm lag.
14. Pflege zu Hause – eine Entscheidung mit Konsequenzen
15. Wenn Medikamente nicht mehr helfen – Ein mutiger Entschluss mit Folgen
16. Zu Hause – aber um welchen Preis? – Der Start einer ungewissen Pflegezeit
17. Wieder bei Null – und doch nicht aufgeben
18. Der steinige Weg zurück ins Leben – Training, Wut und kleine Siege
19. Der langersehnte Alltag – Leben mit neuen Regeln
20. Epilog – Ein Blick zurück und nach vorn
21. Nachwort
22. Hilfe für die, die helfen – Warum ich meine Erfahrungen weitergebe
Es gibt Geschichten, die das Leben schreibt – ungeschönt, voller Herausforderungen, aber auch voller Hoffnung. Diese Geschichte ist eine davon.
Dieses Buch ist mehr als nur ein persönlicher Erfahrungsbericht. Es ist auch ein Ratgeber für all jene, die plötzlich in die Rolle des pflegenden Angehörigen gedrängt werden – ohne Vorbereitung, ohne Anleitung, oft ohne Unterstützung. Ich teile nicht nur unsere Geschichte, sondern auch das Wissen, das ich mir mühsam erarbeiten musste: über den Umgang mit Behörden, über Hilfsmittel, über rechtliche Stolperfallen und darüber, wie man als Angehöriger nicht selbst daran zerbricht.
Möge dieses Buch Mut machen, Kraft geben und zeigen, dass es sich lohnt zu kämpfen – selbst dann, wenn alles aussichtslos erscheint.
Dieses Buch erzählt die wahre Geschichte von Stefan Würth, einer realen Person. Es besteht keinerlei Verbindung zur Firma Adolf Würth GmbH & Co. KG oder zu anderen Unternehmen mit dem Namen Würth. Alle im Buch enthaltenen Inhalte sind persönliche Erlebnisse und Meinungen und stehen in keinem Zusammenhang mit der genannten Marke oder deren Geschäftsinteressen.
Carola Dietrich-Soßdorf
Dieses Buch erzählt die Geschichte einer Reise, die ich mir nie hätte vorstellen können – eine Reise voller Höhen und Tiefen, Verzweiflung und Hoffnung, Ohnmacht und Kampfgeist. Es ist die Geschichte eines geliebten Menschen, der plötzlich aus dem Leben, wie wir es kannten, gerissen wurde und der sich Schritt für Schritt in eine fremde, oft entwürdigende Realität begeben musste.
Dabei geht es nicht nur um Krankheit, sondern auch um die Herausforderungen des Gesundheitssystems, die immense Verantwortung, die Angehörige tragen und die vielen stillen Kämpfe, die oft im Verborgenen stattfinden. Es ist ein Blick hinter die Kulissen einer Realität, die viele erleben, aber kaum jemand wirklich anspricht.
Dieses Buch soll nicht nur ein Erfahrungsbericht sein, sondern auch ein Appell: für mehr Menschlichkeit, für bessere Unterstützung von Angehörigen und für die Bedeutung der Vorbereitung – bevor man selbst oder ein geliebter Mensch in eine solche Situation gerät.
Es ist mein Versuch, die Erlebnisse zu verarbeiten, aber auch anderen, die ähnliche Wege gehen müssen, Mut zu machen. Denn am Ende zeigt sich, dass selbst in den schwersten Zeiten der Wille, die Liebe und die Hoffnung stärker sind, als man glaubt.
Februar 2020
Ein neues Jahr hatte begonnen. Stefan Würth und ich, Carola Dietrich-Soßdorf, seine Partnerin, schmiedeten voller Vorfreude Urlaubspläne. Unser Ziel waren die Azoren – ein lang ersehnter Traum. Ich war mit Eifer dabei, alles zu planen, doch langsam begann sich etwas zu verändern – fast unmerklich, aber doch spürbar. Stefan war nicht mehr der Alte.
Es war, als würde er nach und nach sein Interesse am Leben verlieren. Dinge, die ihm sonst wichtig waren, interessierten ihn plötzlich nicht mehr. Er ging nicht mehr mit unseren Hunden spazieren, sein strukturiertes Leben begann zu zerbröckeln. Sein Gang wurde unsicher und die ersten Stürze blieben nicht aus. Es war, als würde ihm Stück für Stück die Kontrolle entgleiten.
Das alles liegt jetzt fast fünf Jahre zurück. Damals konnte ich die Tragweite dessen nicht einmal ansatzweise erfassen. Ich erinnere mich daran, wie ich noch herzhaft lachte, als er mich aus der Badewanne rief, um ihm zu helfen. Ich dachte, es sei unmöglich, darin stecken zu bleiben – selbst mit seinen 120 Kilo nicht.
Doch das war es nicht. Er steckte nicht fest. Er wusste einfach nicht mehr, wie er aufstehen sollte. Ich fand das damals amüsant, doch meine große Tochter Dany, Logopädin von Beruf, ahnte bereits, dass hier etwas nicht stimmte. Ihre ernste Reaktion erreichte mich jedoch nicht – ich legte das Thema ad acta.
Anfang Mai 2020
Langsam dämmerte mir, dass mit Stefan wirklich etwas nicht stimmte. Nach langem Bitten und Drängen suchte er schließlich unseren Hausarzt auf – widerwillig.
Wie so viele Männer wollte er nicht als Hypochonder dastehen und erzählte daher nicht einmal die Hälfte seiner Beschwerden. Von seinen permanenten Kopfschmerzen oder den plötzlichen Sehausfällen erwähnte er kein Wort. Alles, was er schilderte, war, dass er ab und zu stürzte.
Mit diesen wenigen Informationen überwies der Hausarzt ihn zum CT des Kopfes. Das Ergebnis: keine Auffälligkeiten. Für einen kurzen Moment atmeten wir erleichtert auf.
Wir ahnten nicht, dass dies erst der Anfang einer langen Reise war, die unser Leben komplett auf den Kopf stellen würde.
Mitte Mai 2020
Es schien alles in Ordnung zu sein, also ging Stefan wieder arbeiten. Doch seine Probleme wurden immer größer. Er konnte sich kaum noch konzentrieren, sein Gang wurde immer unsicherer und der nächste Sturz war nur eine Frage der Zeit. Schließlich passierte es: Er stürzte erneut.
Also wieder zum Hausarzt. Die Ursache musste endlich gefunden werden. Dieses Mal bekam er eine Überweisung zum MRT. Doch der nächste Rückschlag: Der Termin war erst in vier Wochen. Und als wäre das nicht genug, ging unser Hausarzt auch noch in den Urlaub. Stefan versuchte trotzdem weiterzuarbeiten.
Dann erzählte er mir eines Tages völlig verstört: „Ich musste mit dem Auto anhalten und überlegen, wo ich bin und wie ich nach Hause fahren soll.“
Das war in einer Kleinstadt, die er seit Jahren wie seine Westentasche kannte! In diesem Moment fand ich das Ganze nicht mehr lustig – im Gegenteil, es jagte mir einen kalten Schauer über den Rücken.
Ein paar Tage schleppte er sich noch zur Arbeit, aber es wurde immer schlimmer. Dann passierte es: sein erster epileptischer Anfall. Selbst als Laie konnte ich sofort erkennen, was los war. Es war ein vergleichsweise „harmloser“ Anfall – er stand da, hielt sich am Stuhl fest und begann am ganzen Körper zu zittern. Es dauerte nur wenige Sekunden, aber diese reichten aus, um mich in Panik zu versetzen.
Wieder ging es zum Arzt, diesmal zur Vertretung. Meine Hoffnung war, dass sie der Ursache auf den Grund gehen würde. Doch das Ergebnis war niederschmetternd: „Er ist gesund. Drei Tage Krankschreiben reichen.“
Seine Anfälle häuften sich weiter und mit dem Auto zur Arbeit zu fahren war irgendwann nicht mehr zu verantworten. Also wieder zur nächsten ärztlichen Vertretung. Und was soll ich sagen? Blutdruck in Ordnung … er ist gesund!
Ende Mai 2020
An einem Samstag sah ich keine Möglichkeit mehr, ihn ohne Hilfe über das Wochenende zu versorgen. Also blieb uns nichts anderes übrig, als in die Klinik zu fahren. Und es kam genau, wie ich es schon befürchtet hatte: Vor der Klinik bekam er einen starken Anfall. Seine Beine versagten ihm völlig den Dienst und er sackte einfach in sich zusammen.
Glücklicherweise waren zwei Männer von der Security da. Einer half mir, ihn zu stützen, während der andere einen Rollstuhl holte. Zur Anmeldung brauchten wir dann nicht mehr – es ging direkt um die Ecke in die Notaufnahme.
Endlich war Hilfe in Sicht. In weiser Voraussicht hatte ich die Überweisung vom Hausarzt für das MRT mitgenommen. Beruhigt fuhr ich nach Hause. Einfach mal durchatmen und das gute Gefühl haben, dass ihm jetzt geholfen wird – egal, welches Ergebnis dabei herauskommt.
Doch schon nach einer Stunde rief die Klinik an: „Sie können Ihren Mann wieder abholen.“
Im ersten Moment war ich erleichtert – nichts Ernstes. Ich komme dort an und er kommt mir mit leicht schwankendem Gang entgegen, in demselben Zustand, in dem ich ihn abgegeben hatte. Ich war fassungslos.
Die Schwester in der Notaufnahme sah mich mitfühlend an und wünschte mir alles Gute. Zu Hause las ich in Ruhe den Arztbrief der Klinik. Dort stand wortwörtlich: „Der Patient würde versuchen, sich ein MRT vorzeitig zu erschleichen.“
Diese Aussage machte mich wütend – als hätte ich mir alles nur ausgedacht, bloß um schneller an einen MRT-Termin für Stefan zu kommen. Neben mir mein wieder krampfender Partner und der vierte Mediziner, der keine Erkrankung erkennen konnte. Ich war mit meinem Latein am Ende.
7. Juni 2020
Ich hatte keine Ahnung mehr, wie ich Stefan helfen konnte. Sein Zustand wurde immer schlechter und er wurde zunehmend schwieriger. Egal, ob ich es mit Vernunft oder guten Worten versuchte – ich konnte einfach nicht mehr zu ihm durchdringen.
Dann kam der Sonntag. Unerwartet standen meine Tochter Dany und mein Schwiegersohn in spe, Dr. Frank Schütz, vor der Tür. (trotz Corona) Sie waren extra die 200 Kilometer gefahren, weil sie meine Berichte und die immer schlimmer werdenden Horrorgeschichten nicht mehr losließen.
Mein Schwiegersohn, selbst ein erfahrener Notarzt, versuchte, sich ein Bild von der Situation zu machen. Er konnte nicht begreifen, was hier eigentlich los war und warum bisher niemand die Ursache für Stefans Zustand gefunden hatte.
Er brauchte keine halbe Stunde, um eine erste, niederschmetternde Vermutung zu äußern: Verdacht auf Lungenkrebs und Hirnmetastasen.
In solchen Momenten hört man zwar die Wörter, aber ihre Bedeutung gelangt nicht wirklich ins Bewusstsein. Es ist ein sehr seltsamer Zustand – wahrscheinlich, damit man selbst handlungsfähig bleibt.
Die beiden fuhren wieder nach Hause und ich blieb zurück – mit einem Kopf voller Sorgen und der dringenden Notwendigkeit, einen Plan zu schmieden. So konnte es nicht weitergehen.
Mit seiner aktuellen Überweisung hätten wir noch zwei Wochen warten müssen – und das war einfach keine Option mehr. Stefans Zustand ließ keinen Aufschub zu.
Es blieb nur eine Möglichkeit: Ich musste als Selbstzahlerin versuchen, sofort einen Termin bei einem Radiologen zu bekommen. Egal, was es kosten würde – ich war bereit, alles zu tun, um endlich Klarheit zu bekommen. Warten war keine Lösung mehr.
Ich hatte leichte Zweifel, denn ich hatte noch nie probiert, als Selbstzahlerin einen Termin zu bekommen. Trotzdem, blieb mir keine andere Wahl.
Doch es stand noch eine andere Frage im Raum, die einige der vorherigen Ärzte als mögliche Ursache angedeutet hatten: Was, wenn das alles vom Herzen kommt? Diese Unsicherheit machte die Situation noch komplizierter.
Meine Entscheidung stand fest: Am Montag früh rief ich zuerst beim Kardiologen an. Nach einer kurzen Schilderung der Situation bekam ich die erlösende Antwort: „Sie können sofort kommen.“
Ermutigt rief ich gleich danach den Radiologen an. Auch dort schilderte ich kurz Stefans Zustand und erwähnte die Überweisung – ergänzt um die Info, dass wir bereit wären, als Selbstzahler zu zahlen. Die Antwort war ebenso erleichternd: „Sie können sofort kommen.“
Ich war überglücklich. Nicht nur, dass wir beide Termine am selben Tag hatten – beide Ärzte waren auch im selben Gebäude! Das ersparte uns zusätzlichen Aufwand und zum ersten Mal seit Langem hatte ich das Gefühl, dass sich etwas bewegen würde.
Zuerst gingen wir also zum Kardiologen. Nach über einer halben Stunde kam Stefan endlich wieder heraus. Der Arzt erklärte uns, es gebe definitiv keine Herzprobleme, fügte aber hinzu: „Sie haben ja noch Ihr MRT vor sich. Ich begleite Sie gleich hinunter.“
In der Radiologie angekommen, verschwand er sofort zu seinem Kollegen. Kurz nach den Aufnahmen baten die beiden Ärzte uns in ein separates Zimmer. Sie sahen uns mitfühlend an. Dann öffneten sie den Laptop und zeigten uns das MRT-Bild.
Die Metastase im Kopf war riesig und nicht zu übersehen.
Beide Professoren waren entsetzt. Dann folgte der Hinweis, dass nur zwei bekannte Kliniken für die Weiterbehandlung infrage kämen und man auf jeden Fall zuerst Kortison geben müsse, damit der Druck im Kopf nachlasse.
Was auf uns zukam, war mir noch immer nicht klar.
Ich schickte zuerst die MRT Aufnahmen an meinen Schwiegersohn, damit er sie gemeinsam mit einem befreundeten Neurologen auswerten konnte. Dann kam der Anruf: Stefan muss so schnell wie möglich in eine der genannten Kliniken!
Und wieder hörte ich dieselbe Aussage: so schnell wie möglich Kortison, um den Druck im Kopf zu reduzieren.
11. Juni 2020
Für welche Klinik sollte ich mich nun entscheiden? Die Entfernungen waren fast identisch. Intuitiv wählte ich die mir vertrautere Autobahn.
Also bestellte ich ein Taxi – 400 Euro waren weg. Es würde wohl nicht das letzte Mal sein. Dann ging es ab in die Klinik, die CD mit den MRT-Bildern im Gepäck, direkt in die Notaufnahme.
Da es mittlerweile fast Mitternacht war, kamen wir zügig dran. Der Diensthabenden Ärztin wollte ich die CD geben und zählte alle Informationen der vier vorherigen Ärzte auf. Doch sie nahm die CD nicht an. (Heute ist mir klar: Nur ein eigenes MRT bringt Geld.) Dann sagte sie: „Ich bin Onkologin und weiß, dass er gerade einen epileptischen Anfall hatte. Er bekommt jetzt ein entsprechendes Medikament.“
Von Kortison wollte sie gar nichts wissen. Wäre es nicht schon zu spät gewesen und sein Zustand nicht so kritisch, wäre ich sofort in die andere Klinik gefahren. In diesem Moment aber war mir klar: Der Kampf ist eröffnet und wer mich kennt, weiß, dass Aufgeben für mich keine Option ist. Also ließ ich ihn – wenn auch zähneknirschend – in dieser Klinik zurück.
Da mein Jahresurlaub begann, konnte ich nun jeden Tag zu ihm in die Klinik fahren. Nach drei Tagen musste ich feststellen, dass sich sein Zustand eher verschlechtert hatte. Also fragte ich vorsichtig nach. Die besagte Ärztin erklärte mir: „Wir mussten die Medikation erhöhen, weil keinerlei Besserung eingetreten ist.“
Aha. Ein Epilepsie-Medikament mindert also den Druck im Gehirn nicht – interessant.
An dieser Stelle möchte ich einen Vergleich ziehen, auch wenn man damit vielleicht Äpfel mit Birnen vergleicht. Ich war über 30 Jahre im Maschinenbau tätig und dort würde folgende Konstellation niemals durchgehen:
Eine Maschine ist defekt, es kommt zum Produktionsausfall. Ein Elektriker schaut vorbei und sagt: „Ich glaube, da ist ein Kabel kaputt.“ Doch ich ignoriere seine Einschätzung, denn schließlich kenne ich die Anlage am besten, habe den höheren Bildungsabschluss und bin schon am längsten im Unternehmen. Also kippe ich ein kleines Kännchen Öl darauf. Nach zwei Tagen läuft die Maschine immer noch nicht, also nehme ich diesmal eine große Kanne Öl. Und siehe da – nichts ändert sich.
Spätestens nach drei Tagen hätte ich meinen Job verloren.
Zum Glück fand dann das wöchentliche Ärztetreffen statt und Stefan wurde endlich auf die neurochirurgische Station verlegt – zu den Experten. Die Entscheidung fiel schnell: Die Metastase musste operativ entfernt werden.
Mir war bewusst, dass eine Metastase wie ein Pilzgeflecht ist und je nachdem, wo sie sitzt, es keine Garantie für eine vollständige Entfernung oder gar Heilung gibt. In meinem Kopf ratterten plötzlich all die Zweifel los:
Wie viel Lebensqualität würde Stefan nach der OP überhaupt noch haben?
In diesem Moment fragte ich mich: Sollte ich ihm das alles wirklich noch zumuten? Die Aussicht, ihn auf dem Operationstisch zu sehen und nicht zu wissen, ob und wie er je wieder zurückkommt, nagte an mir. Aber gleichzeitig wusste ich auch: Ohne diesen Eingriff hätte er vermutlich gar keine Chance.
Er selbst stimmte zu, obwohl er die Tragweite gar nicht mehr erfassen konnte. Er lebte schon in seiner eigenen Welt. Ich war hin- und hergerissen. Trotzdem sagten wir beide: Ja.
Die OP sollte schon zwei Tage später stattfinden, aber dann kam die nächste Hiobsbotschaft: Seine Blutwerte waren katastrophal – alles musste verschoben werden.