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Als älteste schriftlich niedergelegte Weltreligion birgt der Hinduismus einen unermesslichen spirituellen Reichtum. In acht märchenhaften Erzählungen werden die Hauptgottheiten und deren Wirken vorgestellt. Eine Rahmenhandlung verbindet und verdeutlicht die unterhaltsamen Kurzgeschichten und macht diese Glaubensrichtung nahbar.
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Seitenzahl: 29
Veröffentlichungsjahr: 2023
Prolog
Die alte Frau
Brahma, der Schöpfer
Wie Saraswati zu ihren Reittieren kam
Vishnu als Heiler der Erde
Lakshmi oder warum Divali gefeiert wird
Warum Kali keine Statuen mag
Shiva und die drei unzufriedenen Männer
Hanuman und die Quelle der Stärke
Wie Ganesha zum Herrn der Hindernisse wurde
Bharatis Aufgabe
Epilog
Glossar
Bildnachweis
Quinn Quicksilver stand am Rande eines Dorfes und verabschiedete sich von den Bewohnern. Heute würde er zum nächsten Ort weiterziehen. Er war ein Quecksilbermensch, dessen Körper aus flüssigem Silber geschaffen schien. Versuchte man, sie näher zu betrachten, zerflossen sie vor dem Auge. Man konnte nie mit Bestimmtheit sagen, ob man einen Mann oder eine Frau vor sich hatte. Quecksilberleute waren ungewöhnliche Erdbewohner. Äußerlich alterten sie nicht und sahen selbst nach Jahrzehnten wie zwölfjährige Kinder aus. Daher wurden sie trotz ihrer reichen Lebenserfahrung häufig unterschätzt.
Ebenso wenig wie sie äußerlich anderen Erwachsenen glichen, ebenso wenig verhielten sie sich wie diese. Sie erhielten sich eine kindliche Unbeschwertheit, Neugierde und Wissbegier auf die Welt. Zusätzlich wurde Quinn von dem unbedingten Wunsch durchdrungen, die Fassade der Dinge abzustreifen und den tieferen Sinn des Lebens zu verstehen. Mittlerweile hatte Quinn einige Jahre die Welt erkundet. Alle Arten von Individuen hatte er kennengelernt. Immer wieder erstaunte und entzückte ihn die Vielfalt der Schöpfung: Es gab Menschen in jedem Alter mit unterschiedlichem Aussehen und einem einmaligen unverwechselbaren Charakter.
Auf seinen Reisen lernte Quinn viele weltliche Tätigkeiten. Er half, dem Bäcker Brot zu kneten, dem Bauern die Tiere zu versorgen, dem Schreiner einen Tisch zu drechseln und dem Maurer ein Haus zu bauen. Wann immer es möglich war, lauschte er den Ältesten und Weisen in den Dörfern. Sie sorgten mit ihren Geschichten dafür, dass die Menschen nicht vergaßen, was wesentlich war. Sie berichteten von Gott, den Göttern, den Naturgeistern und den Vorfahren.
Und in all der Zeit, während seiner Reisen, keimte der Same Gottes in ihm. Jede Geschichte, jedes Lied und jedes Gespräch ließ ihn wachsen bis Quinns Glaube so stattlich und fest verwurzelt wie ein Bodhi-Baum war. Gleichzeitig wuchs in ihm der Wunsch, noch mehr über Gott und die Schöpfung zu erfahren. Das spannendste Abenteuer blieb seine Reise zu sich selbst.
Er betrachtete das Leben der Menschen und deren Glück und Unglück: Geburt und Tod, rauschende Feste und Trauerfeiern, Reichtum und Armut, Gesundheit und Krankheit. Alle Sterblichen erlebten sowohl Heil und Freude, als auch Elend und Leid. Leben entstand, veränderte sich und erstarb wieder – ein ewiger Kreislauf. Ein ewiger Kreislauf? Wann begann und endete er? Was war dessen Sinn?
Der Quecksilbergeborene erkannte, dass er Hilfe brauchte, um seinen inneren Weg fortzusetzen.
Quinn erreichte sein nächstes Ziel, das Dorf Bhati. Hier lebte ein weithin bekannter Manuskriptmacher. Bei diesem wollte er lernen, die dafür notwendigen Palmblätter vorzubereiten und zu verarbeiten. Wie stets an einem unbekannten Ort, sah er sich wissbegierig um und schlenderte langsam zum Zentrum. Dort stand ein gewaltiger Bodhi-Baum. Unter diesem saß eine betagte Frau. Freundlich grüßte der junge Mann, stellte sich vor und fragte nach dem Manuskriptmacher. Die Alte zwinkerte ihm zu und wies ihm den Weg. Etwas verblüfft blinzelte Quinn und lächelte automatisch zurück.
Er fand das Haus und klopfte an. Der Meister der Palmblätter öffnete. Als er Quinn erblickte, überzog ein Strahlen sein Gesicht. Durch ihr markantes Äußeres waren die Quecksilbermenschen sofort erkennbar und als Gehilfen herzlich willkommen. Sein neuer Dienstherr hieß Grihastha