Wie Sie anderen den Stachel ziehen, ohne sich selbst zu stechen - Barbara Berckhan - E-Book

Wie Sie anderen den Stachel ziehen, ohne sich selbst zu stechen E-Book

Barbara Berckhan

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Beschreibung

Wenn auch jeder Mensch etwas Besonders ist, gibt es manche, die sind etwas besonderer. Menschen, deren Verhalten markanter ist als gewöhnlich, und die schnell mal als schwierig gelten. Die erfahrene Psychologin und Kommunikationstrainerin Barbara Berckhan zeigt, wie man im Umgang mit diesen ausgeprägten Persönlichkeiten souverän und gelassen bleibt - und trotz oder gerade wegen aller Gegensätze gut miteinander auskommt. Anhand vielschichtiger Charakterportraits erfährt man auf amüsante Weise, welche Strategien zielführend sind, um eine gemeinsame Wellenlänge zu schaffen. Bei aller Ehrlichkeit bleibt der Ton des Buches durchwegs liebevoll-versöhnlich. Denn jeder wird manchmal als schwierig und anstrengend empfunden. Und das ist gut, denn hierdurch wird man wahr- und ernst genommen. So erfährt man nicht zuletzt, was man von den vermeintlich Schwierigen über sich selbst und das eigene Verhalten lernen kann und warum es nicht schadet, sich ab und zu eine Scheibe von ihnen abzuschneiden.

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Seitenzahl: 174

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»Aus dem Schreiben dieses Buches habe ich eine wichtige Erkenntnis gewonnen: Ich kann mich von den schwierigen Menschen nicht distanzieren. Ich kann nicht so tun, als wären da draußen viele Typen total daneben, während ich makellos bin. Denn die Wahrheit sieht anders aus: Alles, was die schwierigen Leute veranstalten, kann ich auch. Oder es ist zumindest potenziell in mir angelegt. Deshalb werden die schwierigen Leute in diesem Buch mit Verständnis behandelt. Das Verständnis, das ich mir auch für mein Schwierigsein wünsche.«

Bestsellerautorin Barbara Berckhan ist eine der führenden Kommunikationstrainerinnen Deutschlands. Kompetent und voller Humor beschreibt sie den Weg zu einem gelungenen Miteinander.

Man erfährt …

… wie man eine gemeinsame Wellenlänge findet

… was man von den vermeintlich Schwierigen über sich selbst und das eigene Verhalten lernen kann

… warum es sich lohnt, wenn man sich dann und wann eine Scheibe von ihnen abschneidet

Vorwort

Neben mir sitzt ein Verrückter – oder?

Oh nein, bitte keine Verrückten! Kaum hatte ich in der S-Bahn einen Platz am Fenster gefunden, da setzte sich ein Mann direkt neben mich. Und der war eindeutig verrückt: Er brabbelte die ganze Zeit vor sich hin. Auf dem Schoß hatte er eine große Topfpflanze, die er mit beiden Händen fest umklammerte. Mit diesem Grünzeug sprach er in einem strengen Tonfall.

Zuvor hatte ich stundenlang an diesem Buch geschrieben, und jetzt hatte ich frei. In meiner Freizeit wollte ich nichts, aber auch gar nichts mit schwierigen Menschen zu tun haben. Aber dieser Verrückte musste sich ausgerechnet neben mich setzen, als hätte er gerochen, dass schwierige Menschen mein Spezialgebiet sind. Ich fürchtete, nach der Topfpflanze würde dieser Typ nicht nur seine Pflanze, sondern auch mich vollquatschen. Deshalb schaute ich angestrengt aus dem Fenster.

Dieses Aufeinandertreffen war schon erstaunlich: Jetzt in der Bahn tat ich genau das, was ich vor ein paar Minuten aufs Papier gebracht hatte. Ich schrieb darüber, dass wir unseren Mitmenschen gern ein negatives Etikett aufdrücken, wenn sie unseren Ansprüchen nicht genügen. Genau das hatte ich gerade getan.

Ich hatte diesem Topfpflanzen-Besprecher das Etikett »verrückt« aufgedrückt. Und jetzt durfte ich meine Beurteilung fühlen. Wie fühlt es sich an, neben jemandem zu sitzen, den ich für verrückt hielt? Es fühlte sich nicht gut an. Ich war angespannt und wollte da weg. Ich tat so, als müsste ich aussteigen. In Wirklichkeit wollte ich mich woanders hinsetzen, weiter hinten in den Wagon. Ich stand auf, er zog seine Beine ein und ließ mich durch.

Da sah ich es: An seinem rechten Ohr steckte ein Gerät. Das war ein Headset fürs Handy – sehr praktisch, wenn man beim Telefonieren beide Hände frei haben will, um beispielsweise eine große Topfpflanze zu transportieren.

Die Wunderheilung in der S-Bahn

Der Typ war nicht verrückt. Ich hatte ihm dieses Etikett verpasst, weil ich nicht alle Fakten kannte. Die entscheidende Seite seines Kopfs – die mit dem Headset – hatte ich vorher nicht gesehen.

Als ich verstand, dass er nur telefonierte, begann das, was man eine Wunderheilung nennen könnte. Ohne je ein Wort mit ihm gewechselt zu haben, wurde dieser Verrückte für mich zu einem normalen Menschen, mit dem ich mich wohl fühlen konnte. Doch alles, was sich tatsächlich geändert hatte, waren meine Gedanken. Jetzt hatte ich Verständnis für ihn. Ich hatte erkannt, warum er sich so verhielt, warum er in die Pflanze brabbelte. Mein Verständnis hatte alles geändert.

Jetzt einmal nur unter uns: Wer war nun in Wirklichkeit der schwierige Typ?

Ich habe mich trotzdem nach hinten in den Wagon gesetzt und über diese Szene nachgedacht. Dabei musste ich über mich selbst ein wenig lachen. Während ich leise vor mich hin kicherte, fiel mir die Frau auf, die mir gegenüber saß. Sie schaute mich irritiert an. Wahrscheinlich kam ich ihr ein wenig verrückt vor.

Bin ich normal oder schwierig? Oder beides?

Beim Schreiben dieses Buchs habe ich das meiste, was Sie hier lesen können, am eigenen Leib erfahren. Wie ein Medizinstudent, der ein Lehrbuch über Krankheiten liest und dabei feststellt, dass er gerade dieselben Symptome hat, die in dem Buch beschrieben werden. So ähnlich erging es mir auch: Ich schrieb über schwierige Menschen und hatte die gleichen Probleme. Am schlimmsten war es bei dem Kapitel über den Wüterich und den Antriebslosen.

Ich hielt mich immer für eine friedliebende Frau. Aber als ich über den Wüterich schrieb, hatte ich gleich drei Missgeschicke, bei denen ich aus der Haut gefahren bin. Alles nur Kleinigkeiten, aber ich war dermaßen geladen – ich hätte die Wände hochgehen können. Jetzt habe ich sehr viel Verständnis für alle Wüteriche da draußen und für den Wüterich, der in mir wohnt.

An dem Kapitel über den Antriebslosen arbeitete ich wochenlang. Ich schrieb alles fünf Mal um, und zwischendurch spielte ich an meinem Computer immer wieder ein paar Runden Solitär. Ich erreichte neue Rekordzahlen bei den gewonnenen Spielen, während mein Schreiben stagnierte. Ja, ich erlebte am eigenen Leib, wie die Antriebslosigkeit funktioniert.

Aus dem Schreiben dieses Buches habe ich eine wichtige Erkenntnis gewonnen: Ich kann mich von den schwierigen Menschen nicht distanzieren. Ich kann nicht so tun, als wären da draußen viele Typen total daneben, während ich makellos bin. Ich kann nicht auf den schwierigen Typen herumhacken und so tun, als hätten diese Leute nichts mit mir zu tun. Doch die Wahrheit sieht anders aus: Alles, was die schwierigen Leute veranstalten, kann ich auch. Oder es ist zumindest potenziell in mir angelegt. Deshalb werden die schwierigen Leute in diesem Buch mit Verständnis behandelt. Das Verständnis, das ich mir auch für mein Schwierigsein wünsche.

Kein Mensch wacht morgens auf und schreibt auf seine To-do-Liste: Heute werde ich mal nervig sein. Ich schreibe das so klar, weil wir oft genau das Gegenteil denken. Oft glauben wir, unsere Quälgeister würden uns mit voller Absicht nerven. Wir unterstellen ihnen, sie könnten sich besser benehmen, wenn sie sich nur ein wenig zusammenreißen würden. Mit ein bisschen gutem Willen und etwas Vernunft könnten diese Leute angenehmer sein. Aber so einfach ist das nicht.

Erlernte Verhaltensmuster engen uns ein und fesseln uns.

Verhaltensmuster entstehen im Gehirn

Dieses Buch handelt von Menschen, die uns schwierig vorkommen. Ich sage auch gern: die reizenden Typen. Ihr Verhalten ist so charakteristisch, dass ich sie einfach so nenne, wie sie sich oft benehmen: Wüterich, Nörgler, beleidigte Leberwurst, Lästermaul und so weiter. Ihr schwieriges Verhalten ist kein Zufall und auch kein seltener Ausrutscher. Es ist ein sich wiederholendes Muster, ein früh erlerntes, über die Jahre antrainiertes Verhalten.

Unser Gehirn organisiert unser Verhalten sehr gern in immer wiederkehrende Routinen. Das sind gewohnte Muster, die es uns erlauben, schnell zu reagieren, ohne dabei viel nachzudenken. Autofahren, mit zehn Fingern tippen, sich die Zähne putzen – das sind Tätigkeiten, die wir anfangs trainieren, damit sie dann später automatisch ablaufen.

Auch unser Umgang mit anderen Menschen wird vom Gehirn so organsiert. Wir gewöhnen uns bestimmte Verhaltensweisen an, und später reagieren wir automatisch. Die Art, wie wir reden, wie wir auf andere Menschen zugehen, wie wir uns streiten, wie wir mit unserer Angst und unserem Ärger umgehen – all das haben wir früh gelernt, und jetzt leben wir mit diesen zahlreichen Verhaltensmustern. Schwierig wird es erst, wenn ein automatisches Verhaltensmuster beim Betreffenden selbst oder bei anderen Menschen viel Stress erzeugt. Das können Wutausbrüche sein oder häufiges Nörgeln, Unentschlossenheit oder Passivität. Dann haben wir ein Problem.

Früh übt sich ... auch das Schwierigsein

Ein Mensch mit einem schwierigen Verhaltensmuster hat sich dieses Benehmen oft schon früh angewöhnt und manchmal steckte die blanke Not dahinter. Alle Kinder versuchen, mit ihrer Familie und in ihrer Umgebung einigermaßen gut zurechtzukommen. Da alle Kinder lernende Wesen sind, lernen sie auch schnell, wie sie das schaffen. Wenn ein Kind merkt, dass ein bestimmtes Verhalten gut funktioniert, ihm einen Vorteil verschafft oder dass es damit aus einer Klemme herauskommt, dann gewöhnt es sich dieses Verhalten an. Denken Sie zum Beispiel an ein Kind, das von der Mutter gern eine Süßigkeit bekommen möchte. Es hat die Erfahrung gemacht, dass die Mutter ablehnend reagiert, wenn es Süßes wütend fordert oder wenn es weinerlich herumquengelt. Spricht dieses Kind aber im normalen Tonfall, bekommt es öfter, was es sich wünscht. Das Kind lernt, dass ein normaler Tonfall ohne zusätzliches Drama seine Chancen, etwas zu bekommen, verbessert. Dieses Verhalten wird bei ihm belohnt, und damit entsteht ein Verhaltensmuster.

Besonders schnell und intensiv werden Verhaltensmuster gelernt, die aus der Angst geboren werden.

Stellen Sie sich ein kleines Kind mit seinen Eltern vor. Alle zusammen schlendern durch ein Kaufhaus. Das Kind läuft zwischen den Verkaufsständen hin und her. Plötzlich sieht es seine Eltern nicht mehr. Mama und Papa sind weg. Überall fremde Leute. Das Kind bekommt große Angst. Es hat Angst davor, völlig verlassen zu sein. Später finden sich alle wieder. Aber das Kind weicht seinen Eltern nicht mehr von der Seite. Es klammert sich an die beiden. Die Eltern verstärken dieses Verhalten, indem sie das Kind loben, weil es jetzt so brav ist und nicht mehr im Kaufhaus herumläuft.

Wenn das klammernde Verhalten des Kindes weiterhin von den Eltern durch Lob und Zuwendung verstärkt wird, kann daraus ein Verhaltensmuster entstehen. Dieses Muster ist unter Umständen bis ins Erwachsenenalter wirksam. Wenn dieser Mensch Stress erlebt oder Angst bekommt, startet das erlernte Verhaltensmuster automatisch. Er sucht Nähe und klammert sich an andere Menschen.

Wir können unsere Verhaltensmuster und Gewohnheiten ändern.

Die Fesseln der Gewohnheiten abstreifen

Verhaltensmuster funktionieren automatisch, aber sie sind veränderbar. Durch Lernen und Trainieren sind diese Verhaltensmuster entstanden – und genau so lassen sie sich auch ändern. Wir können aus unseren Routinen und Gewohnheiten aussteigen, unsere Automatismen ab-trainieren, quasi ent-lernen. Aber dazu brauchen wir Selbsterkenntnis und Achtsamkeit im Alltag. Das achtsame Bemerken ist der Schlüssel, mit dem wir an unsere eigenen Verhaltensmuster herankommen. Diese Achtsamkeit können wir lernen und uns angewöhnen. Im Alltag bedeutet das, dass wir lernen, uns zu beobachten. Wir nehmen aufmerksam wahr, wie wir uns verhalten und an welchen Stellen wir automatisch reagieren. Dabei können wir feststellen, wann genau unsere Verhaltensmuster anspringen. Bei welchen Gelegenheiten werden wir automatisch ärgerlich? Wann werden wir redselig, und wann ziehen wir uns zurück? Was muss jemand tun, damit wir unsicher werden? Und wann fangen wir an, uns selbst zu kritisieren?

Was wir nicht können, ist, diese Sache für einen anderen Menschen zu erledigen. Jeder ist für seine eigenen Automatismen zuständig. Aber wir können darauf achten, dass wir nicht automatisch schwierig werden, wenn sich unser Gegenüber »reizend« benimmt.

Warum es wichtig ist, vom Haken zu kommen

Ich habe im Laufe meiner Arbeit immer wieder festgestellt, dass ein schwieriges Verhaltensmuster allein nicht unbedingt ein Problem sein muss. Problematisch wird es für uns erst, wenn wir uns in dieses Verhaltensmuster verwickeln. Ich nenne das auch: sich darin verhaken.

Die häufigste Art, sich zu verhaken, besteht im Widerstand. Wir lehnen das Verhalten des anderen ab. Wir wollen das nicht erleben. Wir wollen uns nicht so fühlen, wie wir uns gerade fühlen. Je mehr wir den anderen ablehnen, desto mehr Stress erleben wir. Wir verlangen vom anderen, er solle sich ändern, und wir hoffen, dass wir uns besser fühlen, wenn der andere sich anders benimmt. Genau damit hängen wir am Haken: Wir geben dem anderen die Macht über unsere Gefühle. Wir verlangen, dass der andere Mensch sich so verhält, dass wir zufrieden oder sogar glücklich sind. Damit das auch passiert, doktern wir am anderen herum. Wir versuchen, den anderen zu ändern. Wir reden mit Engelszungen oder mit Sticheleien auf ihn ein, probieren es mit Vorwürfen oder guten Argumenten. Dabei treiben wir den Haken immer tiefer in unser eigenes Fleisch. Wie wir uns selbst damit unglücklich machen, beschreibe ich ausführlich im nächsten Kapitel.

In diesem Buch geht es darum, wie Sie sich am Stachel des anderen nicht stechen, wie Sie vom Haken kommen. Ja, es ist möglich: Sie können aufhören, sich in das schwierige Verhalten eines anderen Menschen zu verhaken. Wenn Sie das schaffen, hört für Sie der Stress auf, und Sie können sich entspannen. Dafür muss sich der schwierige Mensch nicht ändern.

Damit ein Hamster fliegt, müssten Sie ihn in ein Flugzeug setzen.

Wie man einem Hamster das Fliegen beibringt

Der Philosoph Friedrich Nietzsche hat geschrieben: Der Mensch hat eine wahre Wollust darin, sich durch übertriebene Ansprüche zu vergewaltigen. Ich möchte noch hinzufügen: Der Mensch ist die einzige Spezies, die es schafft, auch ihre Artgenossen mit übertriebenen Ansprüchen zu quälen. Das, was der Mensch sich selbst antut, tut er auch gern seinem Nächsten an.

Menschen, die wir schwierig nennen, genügen unseren Ansprüchen nicht. Wir verlangen im Stillen, die Leute sollen sich so benehmen, wie wir es für richtig halten. Sie sollen so vernünftig, anständig und korrekt sein, wie wir uns das vorstellen. Wenn jemand dagegen verstößt und unseren Ansprüchen nicht genügt, beurteilen wir ihn negativ. Wir denken: Mit dem stimmt was nicht, und damit wird dieser Mensch für uns schwierig. Was wir dabei oft vergessen ist: Das Schwierigsein haben wir erfunden. Es begann mit unseren Ansprüchen.

Ja, manche Leute genügen unseren Ansprüchen nicht. Diese Leute frustrieren uns. Wir ärgern uns über sie, und damit wir uns besser fühlen, versuchen wir, sie zu ändern. Erst reden wir mit ihnen, dann fangen wir an zu diskutieren, und am Ende streiten wir uns. Wir gehen diesen Leuten aus dem Weg und schimpfen hinter ihrem Rücken über sie. Oder wir fahren unsere Ellenbogen aus und versuchen, uns durchzusetzen. Je mehr wir an diesen schwierigen Leuten herumzerren, desto gestresster fühlen wir uns. Es ist fast so, als wollten wir einem Hamster das Fliegen beibringen. Die Sache mit dem Hamster möchte ich an einem Beispiel erklären.

Stellen Sie sich Folgendes vor: Sie besitzen einen kleinen Hamster. Aus irgendwelchen Gründen haben Sie hohe Ansprüche an das Tier. Sie erwarten, dass Ihr Hamster fliegen kann. Ihr Hamster fliegt aber nicht. Sie sind frustriert.

Sie führen ein ernstes Gespräch mit ihm. Dabei sprechen Sie ganz offen über Ihre Bedürfnisse und Gefühle. Sie reden davon, wie glücklich Sie wären, wenn er nur ein wenig herumfliegen würde. Wenigstens mit dem Hüpfen könnte er doch anfangen. Trotzdem: Der Hamster fliegt nicht. Er hüpft nicht. Er nimmt einfach keine Rücksicht auf Sie. Sie sind sauer, weil Ihr Hamster Ihnen das Leben schwer macht.

Also fangen Sie selbst an, zu hüpfen, um Ihrem Hamster zu zeigen, wie das geht. Was Sie schaffen, müsste er doch auch können. Aber Sie beißen bei ihm auf Granit. Er gibt sich keine Mühe. Er ist nicht bereit, Ihnen auch nur ein Stück entgegenzukommen. Das Tier ist wirklich schwierig.

Ihr Leben könnte so schön sein, wenn dieser Hamster nur ein wenig guten Willen aufbringen würde. Nur ein paar Hüpfer – das wäre doch ein Anfang. Aber nein, das blöde Tier kümmert sich nicht darum, wie es Ihnen geht. Sie kritisieren ihn – sachlich natürlich. Sie konfrontieren ihn mit Ihrer Meinung. Sie machen ihm deutlich, dass sein Verhalten Konsequenzen haben wird. Sie werden laut und hauen mit der Faust auf den Tisch. Der Hamster verkriecht sich in sein Hamsterhäuschen.

Und Sie? Sie sind gestresst. Sie leiden und wissen nicht mehr weiter.

»Jedes Wesen ist ein stummer Schrei, anders gelesen zu werden.«

[ Simone Weil ]

Jetzt treffen Sie mich, und Sie nutzen Ihre Chance. Sie fragen mich: »Frau Berckhan, ich leide seit Monaten unter einem sehr schwierigen Hamster. Der ist so komplett daneben, und er provoziert mich, wo er nur kann. Wissen Sie, was der tut? Der weigert sich, zu fliegen! Ich habe schon alles versucht. Ich bin sogar mit meinen Ansprüchen runtergegangen. Aber auch beim Hüpfen hat er komplett auf stur geschaltet. Er weigert sich, mit mir zu kooperieren. Sagen Sie mal, Frau Berckhan, wie bringt man so einem schwierigen Hamster das Fliegen bei?« Meine Antwort lautet: »Gar nicht.«

Der Hamster ist nicht schwierig. Er macht Sie auch nicht absichtlich unglücklich. Sie machen sich selbst unglücklich, weil Sie von dem Hamster etwas erwarten, was er Ihnen nicht geben kann.

So ähnlich ist es auch mit Ihren schwierigen Mitmenschen. Die können sich nur so weit ändern, wie es ihnen möglich ist. Aber nicht so weit, wie Sie es vielleicht erwarten. Hören Sie auf, sich selbst unglücklich zu machen. Hören Sie auf, von den schwierigen Typen etwas zu erwarten, was die im Moment gar nicht leisten können.

Ja, Ihr Hamster kann nicht fliegen.

Falls Sie unbedingt ein Geschöpf haben wollen, das fliegen kann, wenden Sie sich an einen Wellensittich.

Die sanften Lösungsmittel für schwierige Menschen

Einige unserer Mitmenschen finden wir auf Anhieb sympathisch, andere sind ganz okay. Aber manche sind uns von vornherein suspekt oder gar unsympathisch. Es wäre unrealistisch zu erwarten, dass wir überall nur sympathische Leute treffen, mit denen wir gut auskommen. Sie und ich – wir werden immer wieder auf Menschen treffen, mit denen wir es schwer haben. Daraus ergibt sich eine Frage: Schaffen Sie es, mit diesen schwierigen Leuten so umzugehen, dass Sie dabei gelassen bleiben?

Ja, es ist durchaus möglich, mit schwierigen Typen entspannt umzugehen – ohne dabei zu kämpfen und ohne ein Opfer dieser Leute zu werden. In diesem Buch finden Sie viele Beispiele, wie Sie das hinbekommen.

Aber Sie können das beeinflussen, was in Ihrer Macht steht: Ihr eigenes Verhalten und Ihre innere Einstellung zu diesen Menschen. Wenn Sie das beides in Richtung Gelassenheit drehen, werden Sie eine entspannte Beziehung zu diesen Menschen haben. Vielleicht sind die schwierigen Typen dann immer noch schwierig, aber Sie sind darin nicht mehr verwickelt. Es kratzt Sie nicht mehr.

Sie können diese reizenden Typen nicht umkrempeln.

Die folgenden Lösungsmittel sorgen dafür, dass Sie sich freier und entspannter fühlen. Aus dieser Haltung heraus können Sie Gespräche führen, die wirklich konstruktiv sind, mit denen Sie etwas bewirken. Sie merken mehr und mehr, dass der schwierige Mensch Sie nicht mehr dominiert. Dieser Typ kann so sein, wie er will, und Sie haben die Freiheit, sich davon nicht treffen zu lassen.

INFO

Bitte mit Umsicht

Bei all dem ist eines ganz wichtig: Ich gebe Ihnen Anregungen, die Ihnen helfen sollen. Bitte gehen Sie damit eigenverantwortlich um. Tun Sie nichts, was Ihnen oder anderen Menschen schaden könnte.

Keiner hat Schuld

Nehmen Sie die Schuldfrage komplett raus aus Ihren Überlegungen. Der schwierige Typ ist nicht schuld an den Verhaltensmustern, die er im Laufe seines Lebens gelernt hat, um einigermaßen über die Runden zu kommen. Er ist auch nicht schuld an den Klemmen, in denen er sitzt. Er ist auch nicht schuld daran, dass Sie so frustriert und genervt sind.

Das Gleiche gilt für Sie. Auch Sie sind nicht schuld an Ihren eigenen automatischen Verhaltensmustern, mit denen Sie reagieren. Keiner von Ihnen beiden – weder Sie noch Ihr schwieriger Typ – hat vorsätzlich geplant, schwierig zu sein.

Solange Sie an der Frage der Schuld festhalten, werden Sie auch insgeheim den Wunsch haben, der andere sollte bestraft oder verändert werden. Die Behauptung von Schuld führt schnell zu rachsüchtiger Vergeltung. Aber das ist eines der destruktivsten Manöver im Umgang mit anderen Menschen.

Das sanfte Lösungsmittel:

Wenn der Kontakt zu einem schwierigen Menschen für Sie zum Problem wird, hat niemand Schuld daran. Ihr Unwohlsein entsteht, weil Sie am Haken zappeln, weil Sie sich gestochen haben. Sie haben sich in das Verhaltensmuster des anderen verwickelt. Auch das ist nicht Ihre Schuld. Sich beim anderen zu verhaken, ist auch nur ein automatisches Verhaltensmuster. Aber das können Sie zum Glück ändern. Es beginnt damit, dass Sie sich Erleichterung verschaffen, indem Sie die Schuld-Nummer aus Ihren Überlegungen streichen. Das ist einer der wichtigsten Bausteine für Ihre Gelassenheit: Gewöhnen Sie sich an den Gedanken, dass das Leben schmerzhaft sein kann und keiner daran schuld ist.

Ohne Schuldzuweisung erkennen Sie klarer, was wirklich passiert ist.

Für Ihr Glück und Ihre Zufriedenheit sind nur Sie zuständig