Wie wir unsere Arbeitskultur verändern können - Margaret Heffernan - E-Book

Wie wir unsere Arbeitskultur verändern können E-Book

Margaret Heffernan

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Beschreibung

Die bekannte Autorin und Unternehmerin Margaret Heffernan erzählt in ihrem TED-Book ›Wie wir unsere Arbeitskultur verändern können‹, was wir alles an unserer Art zu arbeiten verbessern können. Margaret Heffernan (die selbst CEO von fünf großen Medienunternehmen ist) zeigt, dass es die kleinen Schritte sind, die wirklich Veränderung bringen. Eine verblüffende und geistreiche Anleitung, wie jeder – vom CEO bis zum Hausmeister – zur Verbesserung unserer Arbeits- und Gesellschaftskultur beitragen kann.

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Seitenzahl: 119

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Margaret Heffernan

Wie wir unsere Arbeitskultur verändern können

TED Books (gebundene Ausgabe)

Aus dem Amerikanischen von Irmengard Gabler

FISCHER digiBook

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhalt

MottoEinführung1 Der kreative KonfliktUnterschiede machen einen UnterschiedDer kreative Konflikt will geübt seinEntscheidende UnterschiedeBessere Fragen, bessere EntscheidungenAus Fehlern wird man klug2 Soziales KapitalWie lehrt man Empathie?Mörtel und SteineDie Zeit häuft soziales Kapital anExtrem hinhören3 Denken ist körperlichMonotasking!Mehr Arbeitsstunden/geringere ProduktivitätWache KöpfeGemeinsame StillarbeitWanderlustNach der heißen Phase ist Entspannung angesagt4 Schranken niederreißenNeugier zertrümmert SilosDie Köpfe auslüften: Raus aus den BürosAbweichendes Denken einführenRaus mit euch!Wie Offsite-Meetings Erfolg versprechenGeht nach Hause5 Anführer überallDie positive Wirkung hochgespannter ErwartungenSchluss mit rigiden BewertungssystemenAnführer haben VertrauenMacht verteilenDie beste Idee setzt sich durchDie Macht in der MachtlosigkeitDas Problem mit der MachtTreffen Sie Entscheidungen, egal in welcher PositionHacken wie wildEpilog: Widersprüche und UnwägbarkeitenEINES NOCH ...Quellen und weiterführende Lektüre1 Der kreative Konflikt2 Soziales Kapital3 Denken ist körperlich4 Schranken niederreißen5 Anführer überallDankDer TED Talk von [...]Kleine Bücher – große Ideen![Mehr Information]

»Ich liebe das, was in der Arbeit steckt – die Möglichkeit, sich selbst zu finden.«

Joseph Conrad

Einführung

1972 stürzte eine Maschine der Fluglinie British European Airways drei Minuten nach dem Start ab. Alle 118 Personen an Bord kamen dabei ums Leben. Was die Tragödie so bitter machte, war die allmähliche Erkenntnis, dass die Probleme, die den Absturz verursacht hatten, schon länger bekannt gewesen waren. Hätten die Verantwortlichen rechtzeitig entsprechende Bedenken geäußert, hätten sie die Tragödie eventuell verhindern können. In der nachfolgenden Untersuchung wurde es zur traurigen Gewissheit, dass die Unfähigkeit dieser Leute, den Mund aufzumachen und unangenehme Fragen zu stellen oder Zweifel mitzuteilen, in diesem Fall tödlich gewesen war. Die Barrieren zwischen Menschen, Funktionen und Standorten bedrohten einen gesamten Industriezweig.

Und doch erwuchs aus dieser Katastrophe eine Form der Zusammenarbeit – Vertrauen wurde aufgebaut, Informationen und Ideen geteilt –, die schließlich die Kultur eines gesamten Industriezweigs veränderte. Die Einführung neuer Abläufe machte es einfacher, Bedenken anzumelden, Fragen zu stellen, Alarm zu schlagen oder Vorschläge zu unterbreiten. Wo zuvor Verschwiegenheit gegolten hatte, herrschte jetzt Offenheit. Wo zuvor Fehler vertuscht worden waren, wurden sie jetzt als Lernerfahrung verbucht und ohne Scham offengelegt. Wo zuvor diskrete Zurückhaltung gepflegt worden war, durften sich jetzt alle lebhaft beteiligen. Dieser neue Arbeitsansatz wurde schließlich von 130 Fluglinien, von Flughäfen, Wartungsfirmen und auch Herstellern übernommen. Und er zeigte Wirkung: Während nach seiner Einführung 1980 gerade einmal 3000 Meldungen eingegangen waren, kommunizierten 2014 sämtliche Fluglinien mehr als 14000 Fragen, Bedenken oder Ideen – ein Zeugnis einer gewaltigen kulturellen Umwälzung. Diese neue Arbeitsweise wurde als »gerechte Kultur« bezeichnet und machte aus einem wenig vertrauenerweckenden Verkehrsmittel das sicherste von allen.

Heutzutage brauchen wir in allen Arbeitsumgebungen gerechte Kulturen, nicht nur, um Unfälle zu verhindern, sondern um jedem einzelnen Angestellten seine besten Ideen, Beobachtungen, Bedenken und Konzepte zu entlocken. Wir können es uns nicht leisten, dass einige wenige gedeihen, während alle übrigen passiv, demotiviert oder ernüchtert herumsitzen. Die Herausforderungen, die sich uns stellen, sind einfach zu groß, die Zeiten zu dringlich und die menschlichen Kapazitäten, die in Organisationen eingesperrt sind, zu facettenreich, um auch nur einen Teil davon brachliegen zu lassen. Gerechte Kulturen zapfen Erfindungsgeist, Engagement und Gewitztheit jedes Einzelnen an; sie belohnen den Einfallsreichtum und feiern die Wahrhaftigkeit. Gerechte Kulturen erkennen, dass es wichtiger ist, Vertrauen aufzubauen und Ehrgeiz zu fördern, als Gehorsam zu belohnen – auch wenn der Weg zum Erfolg mit Fehlern gepflastert sein mag. Der Kern wahrhaft gerechter Kulturen ist ein Führungskonzept, bei dem es nicht um diffuse Spekulationen geht – über Märkte, Aktionäre, Stakeholder, Vorgesetzte und Kollegen –, sondern darum, den Mut zu finden, für sich selbst und für andere einzustehen.

Unternehmen mit gerechten Kulturen beziehen ihre Inspiration und Stabilität nicht von einigen wenigen gefeierten Superstars, sondern aus der immensen kollektiven Intelligenz aller Angestellten, Vertragspartner, Teilhaber und Kunden. Hierin sind sie inhärent demokratisch und fordern eine großzügige und bescheidene Gesinnung. Informationen werden nicht eifersüchtig gehütet und zurückgehalten, weil sie Macht bedeuten, sondern großherzig geteilt, um Menschen zu inspirieren und ihr Wissen zu erweitern. Ein Gefühl der Verbundenheit, das den Ideenfluss erleichtert, ist der beste Beweis für ein gesundes Unternehmen mit einer ausgeprägten peripheren Wahrnehmung, die auch jene Konflikte und Kollisionen umfassen kann, die für wahre Innovationen unabdingbar sind. Mitarbeiter werden nicht nach ihren Fehlern beurteilt, sondern dazu ermutigt, ihre fachlichen und sozialen Talente auszubauen, die für die Zusammenarbeit auf hohem Niveau unerlässlich sind. Gerechte Kulturen sind gerecht, weil dort jeder Einzelne zählt. Wie Randy Papadellis, CEO der Firma Ocean Spray, es ausdrückte: Niemand gewinnt, wenn nicht alle gewinnen.

Das klingt selbstverständlich, und so sollte es auch sein. Doch nachdem ich sowohl in den USA als auch in Großbritannien Unternehmen geleitet habe, verblüfft mich derzeit die Passivität, die ich in Betrieben auf der ganzen Welt beobachte. Ich arbeite mit Firmenchefs, die an ihren Arbeitnehmern den Mangel an Energie und Einfallsreichtum beklagen, während sich im Gegenzug die Arbeitnehmer über die Regeln und Abläufe beschweren, die ihr Denken und ihren Unternehmungsgeist hemmen. Ich berate Führungskräfte, die gelähmt sind von der Vorstellung, allwissend sein zu müssen – und sehe ihre Untergebenen schweigen, obwohl sie sich mehr Mitspracherecht wünschen. Überall wird das sogenannte Silodenken beklagt, und es scheint mir, als hätten die vergangenen sieben Jahre straffer Effizienz nicht die Verbindungen zwischen den Menschen gestärkt, sondern die Barrieren.

Ich weiß nicht mehr, mit wie vielen Unternehmern ich schon gesprochen habe, die eine gute Idee hatten, sie aber für sich behielten, aus Angst, dumm dazustehen, aus der Reihe zu tanzen, als allzu extravagant, allzu wild, allzu aufdringlich und verrückt zu gelten. Passivität, die sich in Schweigen niederschlägt, hat ihren Preis, und das nicht nur, wenn die Leute das Gefühl haben, sie könnten nicht vor Problemen warnen, sondern auch wenn sie meinen, keine neuen Ideen angehen und austesten zu dürfen. Und in diesem Schweigen lösen sich Gelegenheiten – zu einer Korrektur oder Erneuerung – in Luft auf.

In jedem Land, das ich besucht habe, hat die Bevölkerung darauf bestanden, nur sie allein habe diese Herausforderung zu bestehen. In Ungarn schiebt man die Angst, sich laut zu äußern, auf die Geschichte; in Singapur ist es der Wunsch, das Gesicht zu wahren; in Lateinamerika ist der Stolz an allem schuld. Die Niederländer verweisen auf ihre kalvinistische Bescheidenheit, während die Briten von traditioneller Zurückhaltung sprechen und die Amerikaner sich als Konformisten bezeichnen. All diese Erfahrungen haben mir gezeigt, dass der Wunsch, Konflikten aus dem Weg zu gehen, und das Bedürfnis, anderen zu gefallen, universell sind und unsere Energie, unseren Unternehmungsgeist und unseren Mut aufzehren.

Wenn ich mit einzelnen Personen über diese vergeudeten Möglichkeiten spreche, sagen mir alle dasselbe: Es liegt an der Kultur. Die Kultur ist zum Alibi geworden, zum Sündenbock für alles, das falsch läuft. Aber wer kann es richten? Nur wir alle. Es ist natürlich in erster Linie die Aufgabe der Führungspersonen – aber nicht ausschließlich. Kulturen sind chaotisch, organisch und im besten Falle intrinsisch: gesteuert von denen, die sich ihr am meisten verpflichtet fühlen. Und so richtet sich dieses Buch an all jene – vom Firmenchef bis zum Hausmeister –, die ihr Arbeitsumfeld verbessern wollen. Es befasst sich mit der Anhäufung kleiner alltäglicher Gedanken und Gewohnheiten, die gerechte Kulturen erzeugen und erhalten: wie man spricht, zuhört, streitet, denkt, sieht. Es geht mir nicht um aufwendige Programme, die viele Millionen Dollar kosten und viel Zeit in Anspruch nehmen, sondern um kleine Schritte, die jeder gehen kann.

Was dieses Buch nicht bietet, sind simple Rezepte für einen Wandel über Nacht, Allerweltstipps und -tricks, wie Motivationstrainer und Cheerleader sie zum Besten geben. Ich möchte Sie vielmehr zum Nachdenken anregen: ein ziemlich prosaisches Konzept ohne großen technischen Aufwand, leicht vergessen und regelmäßig unterschätzt. Doch während wir nachdenken, müssen wir mit dem, was wir tun, aufhören. Wenn wir sie freilassen, schweifen unsere Gedanken über die Klischees, Fachjargons und Spekulationen hinaus. Nur so finden wir, woran wir glauben, wer wir sind und was wir sagen wollen. Nur wenn wir innehalten und nachdenken, lassen wir uns ein: auf uns selbst und auf die Menschen, mit denen wir arbeiten. Und aus diesen vielen kleinen Veränderungen erwachsen gewaltige Unterschiede, bis sie plötzlich, alle zusammen, ... eine gerechte Kultur ergeben.

1Der kreative Konflikt

Stellen wir uns einen Raum mit 21 erfolgreichen Managern vor, die für eine globale Luxusfirma tätig sind. Sie sind allesamt gut angezogen, gut bezahlt, haben gute Manieren und sind gutsituiert. Doch genau das ist ihr Problem. Sie sind so makellos, dass sie nicht kommunizieren können. Während also an der Oberfläche alles gut aussieht und gut klingt, geschieht in Wirklichkeit nicht annähernd genug. Hier ist Schweigen nicht Gold, sondern zeugt von einem unterdrückten Konflikt.

Der Luxus des Unternehmens mag ungewöhnlich sein, der Rest ist es nicht. Die meisten Menschen – vom Geschäftsführer bis zum Hausmeister – weichen Konflikten lieber aus, anstatt sie zu begrüßen. Wir fürchten unsere Emotionen, und erst recht die Gefühle der anderen. Also entwickeln wir Gewohnheiten und Manierismen, die gewährleisten sollen, dass es niemals zum Streit kommt. Psychologen sprechen in diesem Zusammenhang von covering, »Tarnung«, was im Grunde nichts anderes bedeutet, als dass wir die markanten Aspekte unserer Persönlichkeit, unsere Werte und Leidenschaften unter Verschluss halten, wenn wir zur Arbeit kommen. Indem wir jedoch so viel Energie auf Vermeidungsstrategien verwenden, schaffen wir es nicht, Ideen voranzubringen, und stecken irgendwann fest. Gerechte Kulturen aber zielen speziell darauf ab, Konflikte und Ideen ans Licht zu holen, wo man sie sehen, erkunden und sicher angehen kann.

Scilla Elworthy weiß die Anzeichen unterschwelliger Konflikte sofort zu deuten. Dreimal für den Friedensnobelpreis nominiert, widmet sie einen Großteil ihres Lebens der Entwicklung eines funktionierenden Dialogs zwischen denjenigen, die Waffen bauen, und denjenigen, die dafür sorgen wollen, dass diese Waffen niemals zum Einsatz kommen. Die Manager einer Luxusfirma waren vielleicht nicht ihre üblichen Auftraggeber, aber sie hatte ihnen eine Menge zu bieten.

»Die Übung dauerte nur zwanzig Minuten«, erzählt sie mir. »Sie mussten paarweise arbeiten, einander gegenübersitzend, an einem behaglichen Ort, wo sie ungestört waren. Der Erste sollte eine nicht triviale Frage stellen – zum Beispiel »Sag mir, wer du wirklich bist« oder »Was wünschst du dir am meisten vom Leben?« In den folgenden fünf Minuten musste der Gefragte sich mit vollem Einsatz – Körper, Herz und Verstand – dieser Frage widmen und alles äußern, was er empfand, während er darüber nachdachte. Dabei mussten beide ganze fünf Minuten lang den Augenkontakt halten. Zuhören sollten sie ohne Regung: kein Lächeln, kein Stirnrunzeln, nichts dergleichen durfte die Antwort beeinflussen. Danach tauschte man die Rollen und wiederholte das Ganze.«

Was Elworthy beschrieb, war eine einfache, aber bei weitem nicht triviale Übung. Sie verlangte Aufmerksamkeit, Konzentration und Ehrlichkeit. Durch die Formalisierung des Gesprächs wurde der Müll beseitigt, der den Dialog am Arbeitsplatz meistens vernebelt; kein Smalltalk, keine diffuse Spekulation verstellte den Weg. Stattdessen machte jeder Teilnehmer die Erfahrung, freiheraus sagen zu dürfen, was er wirklich dachte und fühlte, und gehört zu werden – sehr wertvoll an einem Arbeitstag!

»Wir sprechen nicht von Konfliktlösung, sondern von Transformation, Umwandlung. Unter dem Fuß des Drachen liegt immer ein Edelstein begraben – die Lehre, die man aus einem Konflikt ziehen kann. Daher sollte man die Dinge beim Namen nennen – und dann möglichst ruhig darüber sprechen.«

Die Erfahrung erwies sich als so beeindruckend, dass das Team nun auf Elworthys Verfahren zurückgreift, sobald die Organisation ins Stocken gerät: Man hält inne, setzt sich hin und nimmt wieder Kontakt auf. Die Fragen können sich steigern: Was hast du gern? Wovor fürchtest du dich? Was sind deine ehrgeizigsten Ziele?

»Der Erfolg war so durchschlagend, dass sich unsere Befürchtungen in Luft auflösten«, erinnert sich einer der Teilnehmer. »Wir gingen viel authentischer miteinander um. Fünfzehn Minuten von dieser Übung ersetzen vier Stunden Diskussion.«

Der Zweck einer gerechten Kultur besteht darin, das gesamte Kontingent an Informationen, Intelligenz und Wissen zutage zu fördern, das erforderlich ist, um die besten Entscheidungen zu treffen. Aus diesem Grund arbeitet man in Gruppen, weil Teamarbeit in ihrer optimalen Form jene konstruktiven Konflikte provoziert, aus denen bessere Ideen erwachsen: feingeschliffen durch den Zusammenprall unterschiedlicher Sparten und Denkweisen. Trotzdem sagen die meisten Menschen, wenn man sie fragt, sie hätten Angst vor Konflikten. Nur die allerwenigsten behaupten, sie zu mögen. Auch Führungskräfte tun sich schwer damit, denn 42 Prozent aller Firmenchefs räumen ein, dass das Gebiet, auf dem sie sich am wenigsten bewandert fühlten, die Konfliktlösung sei. Doch wenn man Konflikte richtig angeht, erreicht man in der Tat diese »Transformation«, von der Scilla Elworthy spricht: der Konflikt als positiver Prozess, bei dem jeder wächst.

Unterschiede machen einen Unterschied

Damit Konflikte tatsächlich auch kreativ werden, ist ein komplexes Aufgebot an Persönlichkeiten, Hintergründen, Denkweisen und Haltungen erforderlich. Doch es gibt gute Gründe, warum dies häufig nicht geschieht. Wir sind alle voreingenommen. Unser Gehirn arbeitet nicht zuletzt deshalb so effizient, weil es nach Übereinstimmungen sucht. Wenn ich etwas sehe, das einer vergangenen Erfahrung gleicht, nehme ich eine Abkürzung zu ihm und vertraue ihm, weil ich annehme, dass es in etwa das Gleiche ist wie das, was ich schon kenne: Ich überspringe somit jedes mühsame Dazulernen. Doch die Sache hat einen Haken. Am vertrautesten – bin ich mir selbst. Ich bin das Gesicht, das ich jeden Tag im Spiegel sehe, und die Stimme, die ich tagein, tagaus höre. Mein Gehirn bevorzugt daher Menschen, die mir ähnlich sind, weil es sich mit ihnen wohler fühlt. Aus diesem Grund sucht sich jeder, statistisch gesehen, einen Lebenspartner, der ungefähr dieselbe Statur, dasselbe Gewicht und Alter, dieselbe Herkunft, denselben Intelligenzquotienten, dieselbe Nationalität und Ethnie hat. Und ebenfalls aus diesem Grund engagierte ich als ehrgeizige junge Fernsehproduzentin auf der Suche nach dem besten Team, das ich finden konnte, weibliche Geisteswissenschaftlerinnen, die mehrere europäische Sprachen beherrschten, unter 1,70 m groß und allesamt im Juni geboren waren: Menschen wie mich. Erstklassige Teams brauchen Fenster zur Welt, aber weil wir allesamt voreingenommen sind, bekommen wir meistens nur Spiegel.