Wikinger - John Haywood - E-Book

Wikinger E-Book

John Haywood

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Beschreibung

Inspiriert von den Raubzügen der Wikinger? So können Sie dabei sein Sie wollen sich von den gewöhnlichen Nordmännern abheben und zu Reichtum und Ehre gelangen? Sind Sie überzeugt, dass Sie das Zeug zu einem erfolgreichen Wikingerkrieger haben? In diesem Buch erfahren Sie alles, was sie wissen müssen, um die Musterung zu bestehen und am wilden Wikingerleben teilzunehmen. John Haywood ist Experte für mittelalterliche Geschichte und hat bereits zahlreiche Bücher über die Wikinger veröffentlicht. In diesem außergewöhnlichen Karriereführer nimmt er Sie mit auf eine Zeitreise ins 10. Jahrhundert. Sind Sie ein wilder Krieger oder sollten Sie lieber zu Hause bleiben? - Geschichtsstunde mit Augenzwinkern: Die Wikingerzeit lebendig in Szene gesetzt - Der Weg zum Wikingerkrieger: Wie Sie es in die hirð Ihres Häuptlings schaffen - Mit den Waffen der Wikinger: Einblicke in die nordische Mythologie und ihre Rituale - Rauschende Wikingerfeste und lange Winterabende: Wenn die Waffen ruhen - Witzig und informativ: Ein tolles Geschenk für GeschichtsinteressierteWikingerleben im Mittelalter: Ein Geschichtsbuch muss nicht trocken sein! In diesem Ratgeber steckt alles, was Sie für eine siegreiche Karriere als Wikinger wissen müssen: Sie erfahren, wie wichtig Beleidigungen und Prahlereien sind, wie Sie am besten Mönche verschleppen und Klöster plündern und was Sie auf hoher See erwartet. Auch wenn die Fahrt auf einem Wikinger-Schiff hart und beschwerlich ist: Mit diesem Buch voll geballten Fachwissens über die kriegerischen Nordmänner und ihre Geschichte im Europa des 10. Jahrhunderts gelingt der Karrieresprung zum erfolgreichen Wikinger garantiert!

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Seitenzahl: 285

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Abbildung auf S. 1: Berserker beißen in ihre Schilde, während sie sich in den typischen Blutrausch versetzen. Unempfindlich gegen Wundschmerzen und begierig nach einem Tod im Kampf, wie sie sind, stellen die Berserker die furchterregendsten Krieger unter den Nordmännern.

Abbildung auf S. 2: Nordische Krieger prallen zu Pferd aufeinander. Diesen Anblick werden Sie nicht oft erleben: Wikinger kämpfen lieber zu Fuß.

Die englische Originalausgabe ist 2013 bei Thames & Hudson unter dem Titel Viking. The Norse Warrior’s (Unofficial) Manual erschienen.

© 2013 Thames & Hudson Ltd., London

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme.

wbg Paperback ist ein Imprint der wbg.

3. unveränderte Auflage 2023, die 1. Auflage erschien

2014 im Primus Verlag

© der deutschen Ausgabe 2023 by wbg

(Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt

Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder

der wbg ermöglicht.

Einbandgestaltung: Andreas Heilmann, Hamburg

Einbandmotiv: ein Wikingerkrieger, bereit zum Beutezug;

© Thames & Hudson Ltd.

Gestaltung und Satz: Anja Harms, Oberursel

Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier

Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de

ISBN 978-3-534-27654-7

Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich:

eBook (PDF): ISBN 978-3-534-74742-9

eBook (epub): ISBN 978-3-534-74743-6

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Inhaltsverzeichnis

Informationen zum Buch

Informationen zum Autor

Impressum

Inhalt

I Warum Wikinger werden?

II Das Anmustern

III Große Anführer

IV Waffen und Taktik

V Seefahrt tut not

VI Bereitschaft zu Fernreisen vorausgesetzt

VII Das Leben auf Heerzügen

VIII Im Kampf

IX Kriegsbeute

X Der Schwertschlaf

Anhang

Karte der Wikingerwelt

Glossar

Zum Weiterlesen

Quellen der Zitate

Index

Dank

Bildnachweis

I Warum Wikinger werden?

Bedenke, dass so mancher Mann nur kurze Zeit lebt, wogegen seine Taten ihn weit überleben.

Der Königsspiegel

Wir schreiben das Julfest jenes Jahres, das die Christen als das Jahr 991 nach der Geburt ihres Gottes zählen. Vor zwei Wochen ist der erste Schnee dieses Winters gefallen, und die Nächte sind so tief und dunkel wie nur je. Hier in der Halle aber gibt es Wärme und Licht, Gesellschaft und reichlich Bier, feines Weizenbrot und Braten für jedermann. Die meisten sind schon betrunken, und am Tisch des Jarls auf seinem Hochsitz prahlen er und die Wikingerkrieger seiner hirð lauthals mit ihren Taten beim Raubzug des letzten Sommers in England. Wie sie Seite an Seite mit dem mächtigen Olaf Tryggvason kämpften, als er bei Maldon den stolzen Ealdorman Byrthnoth erschlug und die Engländer um ihr wertloses Leben laufen mussten. Wie der feige König der Engländer, Aethelred, ihnen Tausende von Silberpfunden zahlte, damit sie heimfuhren. Und wie sie sich nächsten Sommer mehr davon holen werden!

Sehen Sie sich die teuren Kleider der Krieger an und die schweren Spangen und Armreifen, die im Fackelschein glitzern, Geschenke des Jarls – aber gezahlt haben für alles die Engländer. Diese Männer haben Reichtum, genießen hohen Rang und Ansehen. Die Gesichter der Jungen glühen vor Bewunderung; die paar Stubenhocker unter ihren Vätern spüren, dass sie keine echten Männer sind, und wagen den Kriegern nicht ins Auge zu sehen. Ganz anders allerdings die Mädchen: Sie alle suchen die Blicke der Wikinger auf sich zu ziehen. Ausnahmsweise sehen sogar die Sklavenmädchen nicht so aus, als spielten sie das nur vor.

Wie gut muss es sein, denken Sie sich, wenn man seinen eigenen Platz auf den Metbänken am Jarlstisch hat, Arme und Finger schwer behangen mit den Ringen, die er Ihnen geschenkt hat. Wie ist das, wenn man weiß, jeder fürchtet Sie entweder oder beneidet Sie? Wenn die Skalden Ihre Taten noch lange nach Ihrem Tod besingen werden, wo weniger große Männer längst vergessen sind?

Wenn Sie gern mit von der Partie Hilfestellungen, wären, lesen um Sie weiter! Hier finden Sie alle erforderlichen Hilfestellungen, um ein erfolgreicher Wikinger zu werden. Aber das ist nicht jedermanns Sache. Wenn Sie Ihrem Vater Recht geben, dass ein lebender Hund besser ist als ein toter Löwe, dann bleiben Sie bei Ihrem Leisten – Sie haben nicht das Zeug dazu. Der Krieg ist in unserer Zeit der sicherste Weg zu Reichtum und Ruhm, aber erfolgreiche Wikinger werden nicht grundlos wie Helden behandelt. Der Preis des Ruhmes ist oft genug ein kurzes Leben, und für jeden Wikinger, der gold- und silberbeladen heimkehrt, stirbt ein anderer mit einem Speer im Bauch oder ertrinkt, wenn er Schiffbruch erleidet. Aber was für ein Leben! Welche Belohnungen und Siegespreise winken dem kühnen Krieger! Wie viele ferne Orte gibt es zu plündern, ehe die Winterfeuer ihn heimlocken! Und denken Sie auch daran, dass die Nornen schon bei Ihrer Geburt den Tag Ihres Todes verhängt haben und Sie, egal wie fern Sie sich von jedem Kampf halten, deswegen keinen Augenblick länger leben. Warten Sie nicht, bis Ihr Geschick Sie im Bett kauernd ereilt: „Am Ende wirst du sterben, nie aber stirbt der Ruhm für den Mann, der ihn erlangt.“

Die große Halle des Häuptlings. Jetzt sehen Sie sie nur von draußen, aber werden Sie Wikinger, dann können Sie drinnen gemeinsam mit dem Häuptling am Herrentisch tafeln.

Ein Anführer bewirtet seine Krieger am Häuptlingstisch, während andere ihnen aufwarten. Den erfolgreichen Wikinger erwartet ein privilegiertes Leben.

Was ist überhaupt ein Wikinger?

Ein Wikinger ist ein Pirat, ein Räuber und ein Plünderer. Niemand weiß ganz genau, woher das Wort eigentlich kommt, aber wahrscheinlich bedeutet es „Männer der Buchten“, vielleicht weil die Wikinger darin oft lauern und darauf hoffen, ein argloses Handelsschiff überfallen zu können. Die Ausländer denken, jeder in Skandinavien sei ein Wikinger. Das ist zwar verständlich – Wikinger sind ja die einzigen Skandinavier, die die meisten von ihnen je zu Gesicht bekommen –, aber weit von der Wahrheit entfernt. Nur wer auf Raubzüge geht, darf sich mit Recht Wikinger nennen. Die meisten Leute bleiben friedlich auf ihren Bauernhöfen oder gehen ihrem Handwerk nach und hoffen, der Gewalt so aus dem Weg zu gehen, obwohl das in diesen unruhigen Zeiten leichter gesagt als getan ist.

Das Leben als Wikinger

Den Sagas zu lauschen, ist der beste Weg, sich über Leben und Taten der großen Krieger unter den Wikingern kundig zu machen. Oft handeln sie von Ereignissen, die vor langer Zeit geschehen sind, also glauben Sie nicht gleich alles, aber sie sind eine Fundgrube für gute Ideen:

„Folgendermaßen pflegte Svein zu leben. Den Winter verbrachte er daheim auf Gairsay, wo er an die achtzig Mann auf eigene Kosten freihielt. Seine Trinkhalle war so groß, dass sich nichts auf Orkney mit ihr messen konnte. Im Frühling hatte er mehr als genug zu tun, denn es gab viel Saatkorn auszusäen, worum sich Svein persönlich mit Sorgfalt kümmerte. Wenn die Arbeit getan war, fuhr er auf Plünderung zu den Sudreys und nach Irland und nannte das seine ‚Frühjahrsreise‘, dann kehrte er gleich nach dem Mittsommer heim, wo er blieb, bis die Kornfelder abgemäht waren und das Getreide sicher eingebracht war. Danach fuhr er wieder auf Raub aus und kam nie zurück, ehe der erste Wintermonat zu Ende war. Dies nannte er seine ‚Herbstreise‘.“

Orkneyinga Saga 56

Tipp: Nur falls Sie so dämlich sind, dass Sie nicht wissen, wo Sie wohnen – Skandinavien besteht aus den drei nordeuropäischen Ländern Norwegen, Schweden und Dänemark.

Wozu Wikinger werden?

„Die Armut hat sie gezwungen, die ganze Welt zu durchstreifen, und von ihren Piratenüberfällen bringen sie in Fülle die Schätze der Länder heim. Auf diese Weise halten sie der Unfruchtbarkeit ihres eigenen Landes stand.“ Wenn man Fremde wie diesen Christenpriester so reden hört, könnten Sie denken, wir müssten auf Fahrt gehen, nur weil wir arm sind. Wenn unser Land so unfruchtbar ist, wie kommt es dann, dass wir so groß und stark sind? Hand aufs Herz, der Mann muss noch geboren werden, der nicht gern ein paar Schätze und ein Stück Land extra hätte. Allerdings gibt es noch viele weitere gute Gründe, ein Wikinger zu werden; welcher davon für Sie am schwersten wiegt, hängt von Ihrer Stellung in der Gesellschaft ab.

König

Also gut, ein König sind Sie vermutlich nicht. Aber jeder Wikinger sollte wissen, für wen er kämpft und wieso. Könige stehen an der Spitze der sozialen Leiter und heben sich von anderen Menschen durch ihr königliches Geblüt und ihre Abstammung von den Göttern ab. In den letzten gut zweihundert Jahren sind die Könige immer mächtiger geworden, aber fest im Sattel sitzen sie trotzdem noch nicht. Zwar werden Sie höchstwahrscheinlich deshalb König, weil Ihr Vater einer war, aber theoretisch kann es jeder werden, der Königsblut in den Adern hat. Deshalb sind Thronstreitigkeiten und Bürgerkriege so häufig. Könige müssen gute Krieger sein, nur so haben sie eine Chance, sich auf dem Thron zu halten. Außerdem müssen sie reich sein, um ein treues Gefolge aus Kriegern als Hausknechte (Huscarls) anzuziehen – und bei der Stange zu halten. Das ist die hirð (oder Hird), die Leibgarde des Königs und zugleich der Kern seines Heeres.

Sie würden auch bekümmert dreinschauen, wenn Sie in der Haut dieses Königs steckten. Wahrscheinlich denkt er gerade darüber nach, wie er die Treue seiner Hausknechte sicherstellen kann. Einen Beutezug nach England anzuführen, könnte die Lösung sein.

Könige haben nicht das Recht, allgemeine Steuern zu erheben, und die Einkünfte aus Königsland und Handelszöllen reichen nie aus, um ihre Krieger bei Laune zu halten – die Männer haben einen unstillbaren Hunger nach Schmuck und guten Waffen. Auf Wikingerzüge in Übersee auszuziehen, ist für einen König ein hervorragendes Mittel, an Einkommen aus Beute und Tributzahlungen zu kommen, und steigert gleichzeitig sein Ansehen als Anführer, indem er Ruhm im Kampf gewinnt. Ein Erfolg zieht den nächsten nach sich: Ein Sieg in der Schlacht lockt mehr waffentragende Gefolgsleute an, was wiederum zu neuen Triumphen und mehr Macht führt (und dazu, dass die Untertanen immer weniger an Aufstände denken!). Doch ein Leben im ständigen Kriegszustand ist gefährlich und die wenigsten Könige sterben im Bett. Ein wahres Wort besagt, dass ein König „zum Ruhm, nicht zum langen Leben“ da ist.

Seekönig

Zuallererst sind skandinavische Könige Herrscher über Männer, nicht über Land. Deshalb können Männer von königlichem Geblüt als Könige anerkannt sein, auch wenn sie gar kein Königreich haben. Alles, was es braucht, ist ein Gefolge aus Kriegern, das er anzieht – und bei sich hält! Dank dem Charisma des Königsblutes ist das gar nicht schwer. Wikingerzüge anzuführen, ist eine gute Entscheidung für diese landlosen „Seekönige“ – und wenn sie reich und berühmt genug werden, können sie womöglich ein Königreich mit Gewalt an sich bringen.

Oder es gelingt ihnen vielleicht – wie den Anführern des großen Dänenheeres, das 865 England überfiel und von einer Allianz aus Seekönigen befehligt wurde –, in Übersee ein eigenes Reich zu erobern.

Als Olaf Haraldsson zum ersten Mal ein Schiff und Männer bekam, gab die Mannschaft ihm den Titel ‚König‘; denn es war Brauch, dass jene Heerführer, die von königlicher Abstammung waren, beim Ausziehen auf Wiking sogleich den Königstitel empfingen, obwohl sie weder Land noch Königreich besaßen.

SNORRI STURLUSON, Saga von Olaf dem Heiligen 4

Jarl

Wenn Sie sehr großes Glück haben, sind Sie der Sohn eines Jarls. Die Jarle, die Machthaber einer Region, sind die Spitze des Adels, die höchstgestellten Männer im Land außer dem König. Die mächtigsten Jarle wie Håkon von Hlaðir (Lade) und Sigurd von Orkney kommen an Macht, Reichtum und Größe ihres Kriegergefolges ihren Königen nahe, aber natürlich fehlt es ihnen an jener Autorität, die allein das Königsblut verleiht. Früher konnten die Jarle praktisch tun, was sie wollten, aber jetzt, da die Könige stärker geworden sind, wird es schwerer und schwerer für sie. Deshalb ist die Führung von Wikingerzügen für einen Jarl ein gutes Mittel, seinen Reichtum zu mehren und die Treue seines Gefolges zu sichern, während er um den Erhalt seines Status kämpft.

Ein Jarl (im Sattel) und ein Herse. Die traditionelle Unabhängigkeit beider wird durch die wachsende Macht der Könige unterminiert, aber Wikingerzüge können ein Weg sein, sich dem zu entziehen.

Herse

Das ist eine hervorragende Startposition. Reichtum genug, Sie richtig auszustatten, aber lange nicht genug für Ihren Ehrgeiz – Sie sind das Holz, aus dem man Wikinger schnitzt! Die Hersen (hersir, Plural hersar), auch „begüterte Männer“ genannt, bilden die untere Ebene des Adels. Sie sind die örtlichen Häuptlinge, besitzen ausgedehntes Familienland, zahlreiche Pächter und Hörige, stehen dem Thing (der Versammlung) ihres Bezirks vor und führen in Kriegszeiten das örtliche Aufgebot. Hersen sind reich genug, sich selbst gut für den Kampf ausrüsten zu können, und bilden das Rückgrat jedes Wikingerheeres. Ihnen gehört eventuell ein Langschiff oder zumindest ein Anteil daran. Wenn ein Herse aus seinen Pächtern und den ansässigen Freibauern eine Schiffsbesatzung zusammenstellt, kann er auf eigene Rechnung kleine Raubzüge unternehmen oder sich mit anderen Hersen zusammenschließen – oder aber er stößt mit Schiff und Mannschaft zu einem der großen Heere unter dem Oberbefehl eines Jarls oder Königs. Bei den meisten Kriegern in der hirð von Königen und Jarlen handelt es sich um Hersen.

Die Zunahme der Königsmacht hat auf die Hersen große Wirkung gehabt. Viele haben großen Vorteil daraus gezogen, in die Dienste eines Königs zu treten, aber ihre örtliche Autorität ist untergraben worden, was ihren Handlungsspielraum beschränkt. Und sie sind nicht reich genug, um sich allein ihrer Haut wehren zu können, wenn es Streit mit einem König gibt. Die meisten Hersen schlucken das einfach und sehen Wikingerzüge als gutes Saisongeschäft an, um sich etwas dazuzuverdienen, nicht als Mittel zur Verwirklichung politischen Ehrgeizes, der darüber hinausreicht, daheim eine gute Figur zu machen. Früher allerdings suchten viele Männer, denen die Könige eine Nummer zu groß wurden, nach einer guten Gelegenheit, wo sie in Übersee Land nehmen und sich ansiedeln konnten. Sicher haben Sie von der Besiedlung Islands im letzten Jahrhundert gehört – die Führung dabei hatten vorwiegend Hersen, die darauf hofften, dort etwas mehr Macht für sich behalten zu können.

Heutzutage lassen sich die Könige das Plündern auf eigene Faust nicht so gern gefallen und die Hersen ziehen nun eher in königlichen Diensten in den Krieg. Mag der Ertrag auch höher sein, so mancher alte Krieger denkt wehmütig an die guten alten Räuberzeiten zurück, als ein Mann noch sein eigener Herr war.

Wie Sie sicher wissen, hat in Skandinavien nur der älteste Sohn das Recht, das Land seines Vaters zu erben. Vielleicht denken Sie, es ist ziemlich blöd, der jüngere Sohn eines Hersen zu sein, aber zumindest hat Ihr Vater Ihnen eine anständige Ausbildung zum Krieger verschafft und Sie für den Kampf ausgestattet. Das gibt Ihnen die Chance Ihres Lebens, ein Krieger ohne zu viel Verantwortung in der Heimat zu sein, und in den Reihen der Wikinger werden Sie haufenweise andere Nachgeborene treffen, die entweder auf Landerwerb in Übersee hoffen oder genug Beute einheimsen wollen, um sich davon Landbesitz zuzulegen. Und falls Sie sich einer hirð anschließen, könnten Sie natürlich ein Stück Land als Lohn für gute Dienste bekommen.

Bauern und Freie

Sie könnten es schlimmer getroffen haben. Zu den freien Männern, der größten Schicht in Skandinavien, zählen auch Handwerker und Händler, aber die meisten arbeiten auf dem Land als Tagelöhner, Pächter oder Freibauern. Manche reichen Freibauern haben eigene Pächter. Alle Freien haben das Recht, auf dem örtlichen Thing zu sprechen, und sind zum Dienst im örtlichen Aufgebot für Verteidigungszwecke verpflichtet. Die meisten können sich zumindest einen Speer und einen Schild leisten – die allereinfachste Ausstattung für einen Krieger – und viele sind deutlich besser ausgerüstet. Wenn Sie einer von der ärmeren Sorte oder vielleicht ein Tagelöhner sind, besitzen Sie vielleicht überhaupt keine Waffen außer der Axt, die Sie zum Holzhacken verwenden – nicht ganz so toll, wenn Sie einem Engländer im Kettenhemd gegenüberstehen, wie ich vielleicht besser dazusagen sollte. Falls der Dorfhäuptling Ihnen keine Waffen leihen kann, wird man von Ihnen eventuell niemals Kriegsdienst im Aufgebot verlangen, sondern dass Sie stattdessen Vorräte stellen.

In dieser Schicht gibt es viele landhungrige Männer, die sich gern freiwillig auf das Langschiff ihres Häuptlings melden, in der Hoffnung, entweder Land in Übersee zu gewinnen oder aber genug Beute, um daheim Land zu kaufen. Aber die Häuptlinge nehmen nicht jeden – sie wählen am liebsten die erfahrensten Männer mit der besten Ausrüstung. Wenn Sie also zu arm sind, um sich eigene Waffen zu leisten, werden Sie nicht viel Gelegenheit haben, sie zu gebrauchen, also wählt man Sie nicht aus und Sie bleiben weiter arm.

Andererseits: Wenn Sie Handwerker und risikofreudig sind, ist es eine Riesenchance fürs Geschäft, einem Wikingerheer nachzulaufen – es gibt ständig Schiffe und Waffen auszubessern. Für Händler gilt das gleiche – Handel ist selten ein Vollzeitjob und die Grenze zwischen Händler und Wikinger neigt sowieso zur Verschwommenheit. Händler müssen zum Schutz vor Piraten bewaffnet sein, also können sie, wenn es sich so ergibt, zum Spaß ein bisschen auf eigene Rechnung mitplündern, so wie sich Wikinger umgekehrt oft in Händler verwandeln, um Beute und Gefangene zu Silber zu machen.

Sklave

Pech gehabt. Das ist kein guter Anfang. Sklave (thraell) sind Sie dann, wenn Ihre Mutter eine Sklavin war. Oder vielleicht waren Sie nicht schnell genug weg, als die Wikinger in Ihrer Gegend einfielen, und man hat Sie eingefangen und verkauft. Sklaven sind Besitzstücke und haben keine Rechte. Ein Herr kann seine Sklaven töten, wenn er das möchte, sie den Göttern opfern oder zur sexuellen Befriedigung verwenden. Trotzdem erwartet man von Sklaven, wenn nötig, Dienst im örtlichen Aufgebot an Kämpfern, und in Fällen von Blutfehden mit Nachbarn ist es völlig normal, dass Herren ihre Sklaven bewaffnen und mitkämpfen lassen. Nicht alle Sklaven behandelt man schlecht, viele kommen schließlich als Lohn für Treue und gute Dienste frei. Sobald sie den Status des Freien erreicht haben, bietet sich manchen Exsklaven vielleicht die Chance, Wikinger zu werden, aber den meisten wird es wahrscheinlich vollkommen reichen, frei zu sein. Ihre

Frauen

Für Sie ist eine Karriere als Wikinger eindeutig nichts. Kriegerinnen werden können Frauen nur in den Sagas um Helden und Götter. Zu Ihren Chancen im Tross eines Heeres lesen Sie bitte im Kapitel VII weiter.

Frauen können nicht selbst Kriegerinnen werden, aber welcher Wikinger freut sich nicht, wenn ihm nach einem anstrengenden Plündertag eine Frau im Lager einen Becher Met anbietet?

Wikingerzüge: die bisherigen Höhepunkte

ca. 789 Drei Wikingerschiffe aus Norwegen landen in Portland in Südengland. Die Eingeborenen halten sie für Händler und kommen ans Ufer, um sie zu begrüßen. Riesenfehler.

793 An dieses Datum erinnern sich alle: Plünderung des Klosters auf der Insel Lindisfarne in Northumbrien durch Wikinger. Das Kloster war vollkommen schutzlos. Die Mönche dachten, ihre Heiligen würden es schützen. Taten die aber nicht.

795 Wikinger plündern das schottische Kloster auf der Insel Iona und fahren von da zu einem Kloster in Irland weiter. Noch zwei Mönchshaufen, die ihre Heiligen im Stich ließen.

799 Der erste Wikingerüberfall aufs Frankenreich endet tragisch: Mehrere Schiffe scheitern an der Küste Aquitaniens und 105 Wikinger werden von den Einheimischen gefangen genommen und getötet.

Der letzte Anblick im Leben so manchen Mönches: Eine Gruppe schwert- und axtschwingender Wikinger erstürmt ein Kloster.

Eine Gruppe Rus (schwedische Wikinger) wird beim Angriff auf Mikligard von griechischer Kavallerie niedergeritten. Nicht immer können Wikinger ihren eigenen Kopf durchsetzen!

810 König Godfred der Däne verheert Friesland, einen Teil des Frankenreiches, und erhebt einen Tribut von hundert Pfund Silber. Mit der Verteilung können seine Krieger nicht zufrieden gewesen sein: Sobald sie zu Hause waren, ermordete einer von ihnen Godfred.

ca. 825 Die ersten Wikinger lassen sich auf den Färöern nieder. Die einzigen Einwohner – ein paar irische Mönche – machen sich vom Acker.

832 Wikinger überfallen Armagh, ein wichtiges religiöses Zentrum in Irland, dreimal in nur einem Monat.

834–837 Jedes Jahr wird der reiche fränkische Hafen Dorestad geplündert. Hat ganz hübsch was eingebracht.

839 Die ersten Rus (schwedische Wikinger) reisen den ganzen Weg bis Mikligard (oder wie die Griechen sagen: Konstantinopel).

841 Norwegische Wikinger bauen in Dublin in Irland einen befestigten Stützpunkt, der zu einem großen Sklavenmarkt wird.

843 Dänische Wikinger werden zu Dauergästen in Franzien, als sie eine Festung an der Mündung der Loire gründen.

845 Ein weiteres Dänenheer erreicht das Frankenland; dieses richtet sich an der Seine häuslich ein.

859–862Hastein und Björn Eisenseite heeren im Mittelmeer: Stoff für Heldenlieder, aber sie verlieren mehr als die Hälfte ihrer Schiffe.

860 Der erste Versuch der Rus, Mikligard zu nehmen, scheitert.

Wenn Sie sich den Rus im Osten anschließen wollen, werden Sie Ihr Boot häufig über Land tragen müssen, um Stromschnellen zu umgehen oder von einem Flusssystem zum nächsten zu kommen.

ca. 860 Gardar der Schwede kommt im Westmeer vom Kurs ab und entdeckt die unbewohnte Insel Island; ihre Besiedlung beginnt rund zehn Jahre später.

ca. 862 In Holmgard in Gardariki gründet Rurik ein Königreich der Rus.

865–876 Ein großes Dänenheer erobert und besiedelt Landstriche in Ostengland; nach ihnen wird das Gebiet als Danelag bekannt.

878 König Alfred von Wessex besiegt die Dänen bei Ethandun (Edington), womit die Serie dänischer Eroberungen in England endet.

882 Ruriks Landsmann Helgi erobert Koenugard (Kiew) und macht es zum Hauptort der Rus.

ca. 885Schlacht im Hafrsfjord: König Harald Schönhaar erzwingt die Einigung Norwegens.

885–886 Erfolglose Belagerung von Paris durch Wikinger.

891 Niederlage der Wikinger gegen die Franken in der Schlacht an der Dyle. Außerdem herrscht Hungersnot in Franzien; die Wikinger entscheiden sich, ihr Glück lieber in England zu probieren.

892–894 Alfred von Wessex macht den Wikingern in England dermaßen das Leben schwer, dass sie aufgeben und heimziehen.

902 Die Iren vertreiben die Wikinger; viele dieser Flüchtlinge lassen sich im Nordwesten Englands nieder.

911 Hrolf, Anführer der Seinewikinger, wird vom Frankenkönig zum Grafen von Rouen erhoben.

912 Alfreds Sohn Edward der Ältere beginnt mit der Eroberung des Danelag.

912–913 Ein Streifzug der Rus im Chasarischen Meer endet böse.

917 Falls die Iren gedacht hatten, sie hätten die Wikinger zum letzten Mal gesehen, war das ein tragischer Irrtum: Die Wikinger kommen mit Macht wieder und erobern ihre alten Stützpunkte zurück.

919 Wikinger unter Rognvald erobern die Bretagne.

937 Athelstan, König der Engländer, besiegt ein Bündnis aus Wikingern und Schotten in der Schlacht von Brunanburh.

939 Rauswurf der Wikinger aus der Bretagne, wo es aber sowieso nicht mehr viel zu plündern gab.

954 Noch ein Rückschlag: Erik Blutaxt wird aus Jorvik vertrieben und fällt in einem Hinterhalt bei Stainmore, womit der Wikingereinfluss in England endet – bis auf Weiteres.

978 Die Serie starker englischer Könige reißt mit dem Herrschaftsantritt Aethelreds des Unfertigen ab (das konnte ja nicht so weitergehen).

980 Die Dänen plündern Southampton und verschleppen den Großteil seiner Bevölkerung.

988 Aus Wikingern bildet der Griechenkaiser von Mikligard die Warägergarde.

991 Nach Olaf Tryggvasons Sieg über die Engländer bei Maldon ist König Aethelred völlig fertig und in höchster Bereitschaft – jeden Preis zu zahlen!

Tipp: In dieser Zeittafel sind Sie sicher auf eine Menge neue Ortsnamen gestoßen – und wenn Sie weiterlesen, werden das noch mehr. Werfen Sie einen Blick auf die Karte auf S. 218/219 dieses Karriereführers, um sich einzunorden. Für Begriffe, die Ihnen nicht vertraut sind, gibt es außerdem ein Glossar.

II Das Anmustern

Der Huscarl eines Königs zu heißen,ist nicht zu verachten.

Der Königsspiegel

Sie wollen also Wikinger werden? Gehen wir davon aus, dass Sie ein gesunder frei geborener Bursche sind und keine Angst vor einem Kampf oder hohem Seegang haben. Wenn Sie der Sohn eines mächtigen Mannes sind, haben Sie sicher keinen Mangel an Möglichkeiten, auf Beutezug zu gehen: Sie sind für den Krieg erzogen, und dass Sie sich als Krieger bewähren, erwartet man von Ihnen. Pech gehabt, falls ein beschauliches Leben das ist, was Ihnen eigentlich liegt, denn Sie haben keine Chance, Ihren Status aufrechtzuerhalten, wenn Sie nicht Männer in die Schlacht führen können.

Falls Sie nicht vornehmer Herkunft sind – keine Bange. Alle Freien müssen unter ihrem Häuptling in der örtlichen Miliz dienen, also haben Sie sicher auch im allerschlimmsten Fall gelernt, einen Speer zu gebrauchen und Ihren Platz im Schildwall einzunehmen. Im Aufgebot ein bisschen Kampfgeist zu beweisen, ist die beste Chance für die Jungs mit leeren Taschen, Wikinger zu werden, denn die besten der Milizen sind es, die von ihrem Chef ausgewählt werden, ihn auf seinen eigenen Beutezügen zu begleiten. Die Gelegenheiten, Vollzeitkrieger zu werden, sind jedoch beschränkt und stehen hauptsächlich Mitgliedern der reicheren Schichten offen. Aber nicht verzagen – Tüchtigkeit zählt ebenso wie Klasse.

Wie ist eine Wikingerarmee aufgebaut?

Alle Wikingerheere beruhen auf der hirð – der persönlichen Kriegergefolgschaft mächtiger Häuptlinge und Könige. Eine hirð zu unterhalten ist kostspielig. Die Krieger der hirð – die drengs („Jungs“) oder Huscarls – sind sehr anspruchsvoll: Sie wollen Unterkunft, Essen, Kleider, Waffen und häufige Geschenke in Gold und Silber haben, damit sie loyal bleiben. Selbst ein König leistet sich üblicherweise keine hirð, die größer als ein paar hundert Krieger ist. Während die Größe der hirð, die ein Mann tragen kann, letzten Endes von seinem Reichtum abhängt, zählen auch sein Ansehen und seine Herkunft. Einem Feigling oder einem Dahergelaufenen würden Sie doch nicht folgen, oder? Natürlich haben Krieger lieber einen Erfolgreichen als Anführer, und jeder, der das besondere Charisma königlichen Geblüts mitbringt, zieht leicht eine Gefolgschaft an.

Selbst wenn eine hirð nicht mehr Männer zählt, als nötig sind, um ein Langschiff zu bemannen, ist sie doch groß genug, um als eigenes Heer zu gelten. Auf Island, das zugegebenermaßen nicht besonders viele Einwohner hat, gelten sogar neun oder zehn Bewaffnete schon als Heer. Normalerweise bilden die Vollzeitkrieger der hirð aber nur die Kerntruppen der Armee eines Häuptlings. Verteidigt der Häuptling sein Gebiet gegen einen Eindringling, hat er das Recht, zusätzlich die örtliche Miliz aufzubieten. Für Wikingerzüge in Übersee verstärkt der Häuptling seine hirð, indem er die besten Männer der Miliz auswählt. Das ist Ihr Stichwort. Auf Wikingerzügen zu dienen, ist keine gesetzliche Pflicht wie der Milizdienst, aber das heißt nicht, dass Sie sich weigern könnten, mitzugehen. Ein freier Mann braucht den Schutz und Beistand seines Häuptlings, deshalb ist er seinerseits gehalten, den Zielen seines Häuptlings Vorschub zu leisten, wenn er dazu aufgefordert wird. Normalerweise herrscht jedoch kein Mangel an Freiwilligen, die gern auf Beutezug wollen – Sie sind sicher nicht der einzige Bursche, der hofft, das könnte sein großer Durchbruch sein.

Die Wikinger kommen! Eine große dänische Flotte landet an der englischen Küste. Masten und Segel sind niedergelegt und eingeholt, damit die Schiffe nicht so leicht zu sichten sind.

Tipp: Stellen Sie sicher, dass man auf Sie aufmerksam wird. Alle Freien haben das Recht zu sprechen, wenn Sie also gute Ideen haben, heraus damit. Ein guter Anführer hört sich an, was seine Männer zu sagen haben. Und ein schlauer Wikinger wird belohnt.

Größere Wikingerheere setzen sich aus diesen kleineren Privatarmeen zusammen und zählen manchmal bis zu 5000 oder 6000 Mann. Im ersten Jahrhundert der Wikingerzüge verbündeten sich die Häuptlinge einfach zum Kriegführen. Jeder Anführer behielt das Kommando über seine eigene hirð, also erwarteten alle, an den Entscheidungen über Taktik und Strategie beteiligt zu sein. Am schwersten wogen aber immer die Ansichten derjenigen Anführer, die eine lange Erfolgsliste aufzuweisen oder Königsblut in den Adern hatten. Außerdem mussten alle Anführer Rücksicht auf die Meinung ihrer Krieger nehmen, weil die einem anderen Häuptling folgen konnten, wenn sie mit ihrem eigenen unzufrieden waren. Diese gemeinsame Führung wirkt vielleicht schwach, aber das große Dänenheer, das 865 in England einfiel, hatte mindestens sieben Anführer, und doch eroberte und besiedelte es fast das halbe Land. Diese Armeen konnten ebenso leicht zerfallen, wie sie entstanden. Sobald ein Feldzug vorbei war, gingen die Anführer und ihre jeweilige Gefolgschaft getrennte Wege und kehrten entweder mit ihrer Beute heim, besiedelten erobertes Gebiet oder stießen zu einer weiteren Armee, die woanders Krieg führte.

Heutzutage ordnet sich ein großes Wikingerheer eher einem einzelnen Anführer unter, normalerweise einem Jarl oder einem König. Solche mächtigen, reichen Männer können Gefolgschaften aus Hunderten von Kriegern unterhalten und den Häuptlingen, die ihnen unterstehen, befehlen, mit deren eigenen Gefolgschaften zum Königsheer zu stoßen. Sie würden vielleicht ganz von sich aus kommen, weil Sie auf Belohnungen hoffen, wenn der Feldzug Erfolg hat, aber tatsächlich haben Sie auch gar nicht groß die Wahl. Sich zu weigern, würde Sie dem Vorwurf des Treuebruchs aussetzen, mit allem, was das nach sich ziehen kann! Nach wie vor führen die Häuptlinge ihre Gefolgschaften in den Kampf, aber sie sind nicht mehr gleichberechtigte Partner auf dem Feldzug – sie dienen den Zwecken des Königs.

Wikingerheere haben keine Dienstvorschriften, weil sie keine brauchen. Die Bindungen durch persönliche Treue, gegenseitige Schwüre und vor allem die Ehre reicht aus, damit die meisten Männer im Schildwall standhalten. Ehre ist für einen Krieger lebenswichtig. Ein Mann ohne Ehre ist ein niðing („Neiding“, ein Nichts) und könnte ebenso gut nicht auf der Welt sein. Der schnellste Weg, seine Ehre zu verlieren, ist im Kampf wegzulaufen und seinen Herrn wie seine Mitkämpfer im Stich zu lassen. Die meisten Männer fürchten ein Leben als niðing viel mehr als den Tod.

Milizdienst

Wenn Sie ein gesunder freier Mann sind, besteht für Sie die Pflicht zum Waffentragen und zum Kampf im örtlichen Aufgebot. Im Notfall kann man sogar Sklaven bewaffnen. Häuptlinge und Jarle haben das Recht, die Männer ihres Bezirks auszuheben. Königen steht es zu, alle Freien in ihrem Königreich aufzubieten, wenn sie sie brauchen, aber tatsächlich sind sie viel wählerischer. Der Milizdienst dauert nur so lange wie die Krise. Die meisten Männer haben es eilig, nach Hause zu kommen und sich um ihren Hof zu kümmern. Für Sie kann das die erste richtige Kampferfahrung sein, aber das macht noch keinen Wikingerkrieger aus Ihnen.

Auf dem Thing der Miliz wählt der Häuptling die besten Männer aus, um seine hirð auf Wikingerzügen zu verstärken oder damit sie ihm folgen, wenn ihm befohlen worden ist, Männer für das Heer des Königs zu stellen. Das ist Ihre Chance, auf sich aufmerksam zu machen. Die erste Wahl sind normalerweise Männer aus der Hersenschicht. Zwar ist es heute üblicher als früher, dass Häuptlinge ihren Gefolgsleuten Waffen und Rüstungen leihen, aber wenn Sie zur ärmeren Sorte Freier gehören, die sich keine vernünftige Kriegsausrüstung leisten können, ist es unwahrscheinlich, dass man Sie aussucht. Stattdessen wird man Ihnen befehlen, Vorräte zu liefern. Beruft der König ein Thing der Miliz ein, um eine Armee aufzustellen, sind alle Freien verpflichtet, zusammen mit ihren Häuptlingen anwesend zu sein. In der Praxis können ärmere Freie das nicht bezahlen, also suchen die Häuptlinge nur die besten Gefolgsleute aus, damit sie sie zum Thing begleiten. Der König wählt sich die aus, die er will, und befiehlt den übrigen, zu den Feldzugskosten beizutragen.

Die Grundausbildung

Für das Training von Kriegern gibt es in Skandinavien keinen förmlichen Rahmen. Alle Freien haben das Recht, Waffen zu tragen, also ist die Ausbildung mit der Waffe überwiegend Sache der Familienmitglieder. Wahrscheinlich können Sie sich nicht mehr an das erste Mal erinnern, als Sie ein Spielzeugschwert geschenkt bekamen. Falls Ihr Vater seine Pflichten ernst genommen hat, war das höchstwahrscheinlich am gleichen Tag, an dem Sie Ihre ersten eigenen Schritte gemacht haben, ohne sich bei Ihrer Mutter festzuhalten. Wenn Sie das Glück haben, mit einem reichen Vater gesegnet zu sein, dann haben Sie Ihre ersten Eisenwaffen vermutlich ungefähr mit zehn Jahren bekommen. Sicher, sie waren kleiner und leichter als die Ihres Vaters, aber diesen Tag haben Sie bestimmt nicht vergessen: Das war das erste Mal, dass Sie sich ein bisschen als Mann gefühlt haben.

Die erste Waffe der meisten Jungen ist ein Holzschwert. Man kann eine Menge lernen, einfach indem man mit den Freunden Wikinger spielt. Zwar werden Sie sich nicht ernsthaft verletzen, aber ein fester Treffer mit einem Holzschwert tut weh genug, damit Sie etwas daraus lernen.

Umfang und Qualität der Ausbildung, die hinter Ihnen liegt, hängen hauptsächlich vom Reichtum und Ansehen Ihrer Familie ab. Falls Sie aus einer Familie armer Pachtbauern kommen, haben Sie wahrscheinlich nicht viel Gelegenheit zum Training, weil Ihre Arbeitskraft ständig auf dem Hof gebraucht wird. Ihrem Vater gehören ein alter Speer, ein Schild und ein Beil zum Holzhacken, aber von den beiden Erstgenannten hat er selten Gebrauch machen können. Vielleicht hat er mit dem Aufgebot im Schildwall gestanden oder sich sogar an einem Raubzug unter Führung seines Oberhaupts beteiligen können, aber ebenso gut kann sich seine Kriegserfahrung darauf beschränken, Nachschub geliefert zu haben, damit andere kämpfen konnten. Mehr Glück haben Sie gehabt, falls Ihr Vater ein Herse ist. Dann besitzt er eine komplette Ausrüstung und hat sicher das Aufgebot des Ortes in die Schlacht geführt – vielleicht sogar Wikingerzüge geleitet und seinem König oder Jarl während längerer Feldzüge gedient. Er hat Ihnen viel beibringen können, aber trotzdem haben Sie nicht das Training bekommen, das dem Sohn eines Jarls oder eines Königs offensteht. Diese privilegierten Jungen, die auf keinem Hof helfen mussten, können von klein auf ein Vollzeittraining mit den besten Waffen und Rüstungen absolvieren, unter ständiger Anleitung der erfahrenen Krieger aus dem Gefolge ihrer Väter. Aber verschwenden Sie keine Zeit mit Neid – nutzen Sie jede Gelegenheit zum Training.

Kommen Sie nicht aus den privilegierten Schichten, dann haben Sie die Chance, etwas übers Kämpfen zu lernen, sobald Sie alt genug sind, zur Heerschau für das örtliche Milizaufgebot anzutreten. Das ist die Zeit, in der der Häuptling und seine Gefolgsleute die Aufgebote in Schild- und Speerkampf und in einfacher Taktik wie dem Schildwall trainieren. In Küstengegenden haben Sie zusätzlich die Chance, das Segeln und Rudern von Langschiffen zu üben. Passen Sie gut auf, zeigen Sie sich einsatzbereit und aggressiv, dann werden Sie vielleicht auf einen Beutezug mitgenommen. In Notfällen kommt es durchaus vor, dass das erste Training für einige junge Leute dann stattfindet, wenn der Schildwall unmittelbar vor Beginn der Schlacht gebildet wird. Es versteht sich von selbst, dass das nicht ganz so ideal ist.

Tipp: Bei Sportarten mit Wettkampfcharakter wie Ringen, Speerwurf und Bogenschießen mitzumachen, ist ein anderer Weg, sein Talent als Krieger zu entwickeln und vorzuführen. Wenn Sie eine aggressive Neigung verraten, wird man Sie eher darin bestärken als Sie tadeln. Der berühmte isländische Wikinger Egill Skalla-Grimsson war erst sieben, als ihm ein nachsichtiger Nachbar eine Axt gab, mit der Egill dann einen älteren Jungen tötete, der ihn während eines Ballspiels verprügelt hatte. Egills Mutter sagte, sie meine, dass in ihm ein echter Wikinger stecke, und drängte ihren Mann, einen Häuptling in der Gegend, ihm ein Schniff und einige Männer zu geben, sobald er alt genug sei.

Die Ausbildung zum Bogenschützen muss von klein auf beginnen, damit ein Schütze die nötige Kraft im Oberkörper aufbauen kann. Schießen ist ein beliebter Sport und kann einem außerdem ein Abendessen besorgen.