Wildes Wissen - Anders Indset - E-Book

Wildes Wissen E-Book

Anders Indset

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Beschreibung

Der Rockstar der Wirtschaftsphilosophie Du bist getrieben und gehetzt. Teil einer Informationsrevolution. Statt dir Zeit zum Denken und Lenken zu nehmen, rennst du um die Wette nach dem neuesten Wissen und dem aktuellsten Trend. Bis alles vor deinen Augen verschwimmt. Manager, Mitarbeiter, Mensch: In der Welt des außer Kontrolle geratenen Wissens lassen wir der Weisheit keine Chance. Wollen wir nicht als Homo obsoletus in die Geschichte eingehen, müssen wir wieder mit dem Denken beginnen. Um uns und unser Business wieder relevant zu machen. Wie du das wilde Wissen zähmst, liest du bei Anders Indset. »Die Führungskräfte von heute brauchen die Philosophie von gestern gepaart mit der Wissenschaft und der Technologie von morgen.« Anders Indset Indsets Kolumne »Anders gedacht« erscheint monatlich im Handelsblatt.

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ANDERS INDSET

WILDES WISSEN

KLARER DENKEN ALS DIE REVOLUTION ERLAUBT

Campus Verlag

Frankfurt/New York

Über das Buch

Der Rockstar der Wirtschaftsphilosophie Du bist getrieben und gehetzt. Teil einer Informationsrevolution. Statt dir Zeit zum Denken und Lenken zu nehmen, rennst du um die Wette nach dem neuesten Wissen und dem aktuellsten Trend. Bis alles vor deinen Augen verschwimmt. Manager, Mitarbeiter, Mensch: In der Welt des außer Kontrolle geratenen Wissens lassen wir der Weisheit keine Chance. Wollen wir nicht als Homo obsoletus in die Geschichte eingehen, müssen wir wieder mit dem Denken beginnen. Um uns und unser Business wieder relevant zu machen. Wie du das wilde Wissen zähmst, liest du bei Anders Indset. »Die Führungskräfte von heute brauchen die Philosophie von gestern gepaart mit der Wissenschaft und der Technologie von morgen.« Anders Indset Indsets Kolumne »Anders gedacht« erscheint monatlich im Handelsblatt.

Vita

Anders Indset rockt die internationale Managementszene. Er ist gefragter Keynote-Speaker und einer der bekanntesten Wirtschaftsphilosophen weltweit. Indsets Kolumne »Anders gedacht« erscheint monatlich im Handelsblatt. Seinen Lebensmittelpunkt hat der gebürtige Norweger seit vielen Jahren in Frankfurt am Main.

Inhalt

INTRO

Teil I Wildes Wissen

1. WILDES WISSEN UND DIE SUCHE NACH WEISHEIT

2. WILLKOMMEN IN DER NEUEN REALITÄT

3. RÜCKWÄRTS DENKEN

4. DIE MASCHINE & DAS ICH

Teil IIIdeen & Magie

5. ANFANGEN

6. STEHLEN & KOPIEREN

7. SERENDIPITÄT

8. MODELLE, METHODEN & FEHLER

9. DAS VERSAGEN DER GESCHÄFTSMODELLE

10. DIE MAGISCHE FORMEL (DIE KEINE FORMEL IST)

11. TRÄUME & FLOW

Teil IIIFokus & Vereinfachung

12. EINSCHRÄNKUNG JETZT! DIE RICHTIGEN DINGE RICHTIG (ZUERST) TUN

13. DIE GLEICHUNG

14. SCHNELLER ▸▸ SCHNELLER ▸▸ NOCH SCHNELLER

15. MACHEN – NICHT MACHEN – DANN DOCH MACHEN

Teil IVWerte & Emotionen

16. FINDE DEIN MANTRA

Loslassen

17. DAS HERZ DES UNTERNEHMENS

Aufbau eines ethischen Herzens – eine Priorität für die Vorstandsetage

Ein starkes Herz erwächst aus starken Menschen

18. DIE KRAFT DES MOMENTS

19. BEZIEHUNGEN & NETZWERKE

Individualismus ist tot

Wir alle tragen Verantwortung

Eine Bemerkung zu »Social Media«

Pass genau auf, ich schreibe das nur ein Mal

20. EMPATHIE, SELBSTERKENNTNIS & VERLETZLICHKEIT

1. Empathie

2. Selbsterkenntnis

3. Verletzlichkeit

21. LEBEN (LIEBEN) ODER LASSEN

Ein letztes Geheimnis: Teile und sei interessiert

Teil VKlarer denken, als die Revolution erlaubt

22. LASST UNS ZUERST DIE BILDUNG VERBESSERN

23. PRAKTISCHE PHILOSOPHIE

Die Wiederentdeckung der Kunst des Denkens

24. UNSERE ZUKUNFT

Die Schönheit von Geld & Kapitalismus

Das Ende des Bargelds

Bye bye bye bye bye Jobs

25. EIN GLOBALES MODELL

ZUM ABSCHLUSS

INTRO

Merksatz

Die Führungskräfte von heute brauchen die Philosophie von gestern, gepaart mit der Wissenschaft und der Technologie von morgen.

Wildes Wissen ist etwas Echtes, etwas Neues, etwas, über das niemand sonst verfügt oder noch nicht mit einem Preis versehen hat. Ist es aber erst einmal dokumentiert, repliziert und verbreitet, hat es keinen monetären Wert mehr, wenn die Technologie einsetzt und das Effizienzspiel unserer Nullkosten-Gesellschaft übernimmt.

Kapital – oder Cash – ist nicht länger King, weil wildes Wissen nicht gekauft werden kann. Die unbekannten Unbekannten – das, was wir erst im Nachhinein zu erklären versuchen, um es dann zu kopieren –, das ist es, wonach wir heute suchen. Wir müssen uns jetzt mit dem auseinandersetzen, was wir nicht wissen, was wir nicht erklären können oder wovon wir nicht wissen, dass wir es wissen.

Tausende von Jahren lang schien kaum etwas zu passieren. Niemand bemerkte den Wandel und die Veränderungen in unserem Leben, aber nur weil sie so langsam vor sich gingen. Zuerst kauerte der Homo erectus, später der Homo sapiens auf dem Boden, blickte zu den Sternen hinauf und fragte sich, worum es hier eigentlich geht. Im kantischen Stil fing die Menschheit an, sich Fragen zu stellen, und die Suche nach plausiblen Erklärungen begann: Was können wir überhaupt wissen? Was und wer bin ich? Was soll ich tun? Und worauf soll ich hoffen?

Erst als wir das Zeitalter der Aufklärung erreichten, nahm die Entwicklung Tempo auf. Wir fingen an, wissenschaftliche Instrumente zu ersinnen, um die Welt um uns herum zu erforschen, und dieses Verlangen nach Wissen wächst seitdem exponentiell. Vor uns liegt eine Reise, bei der wir ein »Upgrade« unserer Spezies anstreben. Wir werden mit neuen Herausforderungen konfrontiert und sie betreffen nicht nur die Geschäftswelt, sondern auch uns als bodenständige menschliche Wesen, unsere Gesellschaft und alles, was wir bisher erschaffen haben. Heute sind wir an einem Punkt angekommen, an dem jeder Aspekt unseres Lebens – unsere moralischen Richtwerte und alles um uns herum – von Technologie bestimmt wird. Das öffnet unsere politischen Modelle und kulturellen Strukturen für den unerbittlichen Angriff einer permanenten »Disruption«.

Unsere Zukunft, wie auch immer sie sich gestalten wird – letztlich jede Zukunft –, wird keine lineare Projektion der Vergangenheit sein. Die Herausforderung besteht darin, auszubrechen aus tief verwurzelten Denkweisen oder deduktiven Mustern, deren Schlussfolgerungen ausschließlich darauf beruhen, wie die Dinge sind oder waren. Um diesen Zustand infrage zu stellen, braucht es Vertrauen, Verletzlichkeit, Risikobereitschaft und den Mut, zu scheitern. Als »verstörend« werden dies manche bezeichnen, andere kategorisieren es als »Soft Skills«, für wieder andere ist dies etwas, das wir unbedingt vermeiden sollten. Dieses Herangehen ist aber notwendig, wenn wir zu neuen Paradigmen durchstoßen wollen, wenn wir neue Fragen stellen und das nächste Kapitel unserer unendlichen Reise nach nirgendwo aufschlagen wollen. Denn diejenigen, die zwischen den Paradigmen leben – jene, welche die Fähigkeit haben, das Verborgene zu sehen oder das Unbekannte zu erfassen –, finden wildes Wissen. Dies sind die erleuchteten Individuen, von denen wir lernen müssen, obwohl wahrscheinlich viele sie für »verrückt« halten werden.

Wir begeben uns mit diesem Buch auf eine Reise, um die Blaupause zu entdecken für die Schaffung von Modellen und einer Atmosphäre – einer Kultur, wenn man so will –, in der es möglich ist, Antworten auf verblüffende neue Fragen zu finden, die unser heutiges Verständnis von Realität in Zweifel ziehen und die vor allem eines tun: uns den Weg zu neuen Fragen ebnen. Es geht mir dabei um rückhaltlos offene Unternehmen und die Zukunft des Business. Um dahin zu gelangen, möchte ich dich mitnehmen auf eine Reise durch die Kunst der Philosophie, kombiniert mit meiner praktischen Erfahrung innerhalb der Wirtschaftswelt.

Beim wilden Wissen geht es letztlich darum, die Komplexität und die Frustration des Lebens im 21. Jahrhundert zu überwinden. Dieses Buch will dabei helfen, Veränderungen, Wissen, Ideen, Kreation, den Wandel von Wahrnehmung, Gefühlen und Emotionen besser zu verstehen. Es geht darum, ein »Mensch« zu sein, und darum, was das für uns bedeutet. Es geht darum, nicht zum Zombie, Roboter oder zum »Homo obsoletus«, zum »überflüssigen Menschen«, zu werden, sondern darum, unsere Sinneserfahrungen, unser Bewusstsein und Unterbewusstsein sowie unser Urteilsvermögen zu erkennen und all das auszubilden, was uns menschlich macht und von Maschinen unterscheidet. Das Wort »Mensch« bezieht sich auf das Sein des Menschen, aber in meiner Definition bedeutet es viel mehr. Es ist das Gegenteil von »Unmensch« – im Grunde der bewusste Prozess, innerhalb des eigenen mentalen Rahmens richtig oder falsch zu handeln. Zum Mensch-Sein gehört ebenso, unsere »fehltastischen« Seiten (unsere großartigen Fehler) zu erkunden. Ein Mensch ist also nicht »nur« ein Mensch, sondern er ist ein bewusstes Wesen, das aufgrund seiner eigenen Werte, moralischen Rahmenbedingungen und Bewusstseinszustände das Richtige anstatt des Falschen wählt – so komplex, so einfach. Es ist die Leere, das »Ich«, das Subjekt. Es ist das, was wir nicht greifen und definieren können – es geht um dich. Diesen einfachen Unterschied zu verstehen wird uns helfen, uns zu etwas Besserem zu entwickeln, und uns die Fähigkeit geben, Fortschritt und Veränderung tatsächlich zu genießen. Bist du ein Unmensch oder ein Mensch? Es ist diese einfache Frage, die wir uns stellen müssen, wenn wir unsere Wertesysteme hinterfragen.

Dies ist also ein frischer, neuer Ansatz, um Wirtschaft und Philosophie zu verbinden und praktische Philosophie in unseren schnelllebigen Zeiten anzuwenden. Es geht um das, was man fühlt, wenn man jemandem während eines Gesprächs in die Augen schaut, darum, sich Zeit zum Nachdenken zu nehmen, um die Wiederentdeckung der »verlorenen Kunst des Denkens«. Heute sammelt die Gesellschaft schneller Wissen an, als sie Weisheit erlangt. Diejenigen, die Erfolg haben, sind diejenigen, denen es gelingt, Strukturen zu erkennen und die Kräfte des wilden Wissens zu nutzen – jenes ungezähmte Gewirr aus Daten, Erlerntem und Erfahrungen, das in unserem Leben blüht und unseren Geist umtreibt. Dieses Buch ist der Versuch, die Türen zu dem zu öffnen, was wir tatsächlich wissen, Licht in das Unbekannte zu bringen und alles aufzudecken, was in unserer täglichen Tretmühle wegfällt und verloren geht. Das sind die Bereiche, von denen wir wissen, dass sie wichtig sind, die wir aber nicht verstehen; das sind die Dinge, die tatsächlich einen Unterschied bewirken können. Es geht um das Hier und Jetzt.

Heute braucht die Welt mehr denn je philosophische Kontemplation. Wir leben zu einem unglaublich schönen Moment, es ist vielleicht die aufregendste Zeit in der langen Menschheitsgeschichte. Während wir durch unser Leben eilen und nach dessen Sinn suchen, während wir gleichzeitig versuchen, die Kunst des Lebens zu meistern, sollte es uns auch wichtig sein, die Kunst des Denkens zu verstehen und zu beherrschen. Was ist es, das uns menschlich macht, das uns von den Maschinen unterscheidet? Was genau ist das, was einen Menschen ausmacht?

Wir lesen über Fortschritte bei der Entwicklung von Quantencomputern, über Fortschritte auf dem Weg zu Singularität und perfektem Wissen – aber allgemeine künstliche Intelligenz (AKI, auch volle oder starke KI genannt) und Roboter haben das Ruder noch nicht übernommen. Noch haben wir ein paar Jahre Zeit (aber nicht mehr viele), um einen Zustand zu erreichen, in dem wir Klarheit darüber erlangt haben, wohin uns diese Reise führen wird. Wir hoffen und warten auf ein neues Paradigma, in dem sich neue Antworten zeigen werden. Doch während wir unterwegs sind, erkennen wir, dass der Wandel nicht aufhören wird, er ist unendlich und seine Geschwindigkeit nimmt ständig zu. Wir stehen in gewisser Weise am Anfang der Unendlichkeit, bereit für unendliche Veränderungen und unendliches Wissen. Wir sollten uns bewusst sein, dass wir den Weg zur Unendlichkeit, zum unendlichen Wissen und zu neuen Möglichkeiten einschlagen – und wir sollten das akzeptieren.

Heute stehen wir vor der Frage, ob wir unser Leben optimieren mittels künstlicher Intelligenz. Dabei geht es nicht um künstliches Bewusstsein oder künstliche Gedanken, sondern um körperloses maschinelles Wissen. Werden wir mit der Technologie fusionieren? Natürlich werden wir das bis zu einem gewissen Grad. Wir machen Fortschritte bei der AKI, der Fähigkeit von Maschinen, »allgemeine intelligente Aktionen« durchzuführen beziehungsweise jene intellektuellen Aufgaben erfolgreich zu übernehmen, wie sie ein Mensch ausführen kann.

Quantencomputer werden bedeutende gesellschaftliche Veränderungen mit sich bringen, in wenigen Jahren sind sie so weit. Bald, vielleicht in 15 bis 20 Jahren, werden wir die Möglichkeit haben, die Rechenleistung eines menschlichen Gehirns zu kaufen. Achtung: Intelligenzexplosion! Wie wäre es mit einem IQ von mehr als 1.500?! Wir wissen nicht, was uns in einem solchen Fall erwartet. Wir »bio-hacken« unseren Körper in Richtung dessen, was man »Transhumanismus« nennen könnte. Es gibt jedoch Grenzen. In nicht allzu ferner Zukunft gibt es möglicherweise Billionen von hyper-interdependenten Computern, die mit unserer Spezies verbunden sein werden, mit allen acht Milliarden von uns. Diese technologischen Durchbrüche werden kontinuierlich und exponentiell sein, aber wir sprechen von Rechenleistung und nicht vom Mensch-Sein. Es ist schließlich das Bewusstsein, das uns letztlich menschlich macht.

Die Herausforderungen für die heutigen Wissenschaftler und Futuristen bestehen darin, perfektes Wissen und Post-Humanismus zu erreichen. Der Fortschritt der Wissenschaft und das, was wir mit unseren neu gewonnenen Kräften und Kenntnissen tun wollen, wird ein Spiegel dessen sein, was wir als unseren moralischen Rahmen definieren. So wie wir Stein, Feuer und Bronze kultiviert haben, müssen wir auch Wege finden, um die heute von uns geschaffene Technologie zu zähmen.

Wir brauchen die Fähigkeit, zu beurteilen, welche Aspekte des zukünftigen Wissens auf die Wirtschaft und auf unser Leben im Allgemeinen anwendbar sind. Als Ausgangspunkt wollen wir feststellen, dass eine Tatsache (Wissen) etwas ist, worauf wir aufbauen, um Weisheit zu erlangen – bis dann plötzlich ein neues Gefühl dafür da ist, wie wir die Welt wahrnehmen. Aufgrund der Technologie, die uns heute zur Verfügung steht, und wegen der narzisstischen Suche nach Aufmerksamkeit, die wir überall um uns herum beobachten können, neigen wir dazu, alles zu glauben und alles Wissen zu teilen, das wir als Fakt nehmen und auf dem wir dann aufbauen. Dies hängt aber nicht unbedingt mit der exponentiellen Geschwindigkeit des Wandels zusammen, sondern vielmehr mit den Einschränkungen unseres Bewusstseinszustands und der Art und Weise, wie wir denken und was wir hinterfragen. Das zeigt genau das Fehlen dessen, was ich als »die Kunst des klaren Denkens« bezeichne. Mit den neuen medialen Systemen und den (anti-)sozialen Medien samt deren inhärenten Belohnungsmechanismen dafür, dass wir etwas in ihnen teilen, befinden wir uns in einem unangefochtenen Wissensstand. Wir haben eine fatale Informationsgesellschaft geschaffen – ein Phänomen, das ich als »bösartige Weisheit« bezeichnen möchte. Bösartige Weisheit wird von Menschen produziert, die von den Informationen, die sie weitergeben, zutiefst überzeugt sind und die dafür von ihrer eigenen selbstgerechten Gruppe gefeiert werden. Dies ist eine der größten Herausforderungen, vor denen wir als voneinander abhängige Gesellschaft stehen. Wir werden von den (anti-)sozialen Medien getrieben und in eine Welt der Möglichkeiten hineingesogen, die sich ständig in Richtung höher, schneller und besser bewegt. Vielleicht hat es noch nie eine Zeit des kälteren Narzissmus gegeben als heute, während wir gleichzeitig so offen, sozial und verbunden sind wie noch nie. Wir stehen mit anderen in Kontakt und sind gleichzeitig allein. Doch diese Art verbundener Einsamkeit ist nichts, wofür wir Menschen gemacht sind. Technologie hilft uns, unsere Gefühle zu erkunden und bewusst zu agieren, doch gleichzeigt schafft sie neue »unlösbare« Herausforderungen für unsere Spezies.

Dieses Buch ist, so hoffe ich, ein Denkanstoß für gefangene und frustrierte Systemdenker und Hardcore-Kapitalisten, die heute mehr denn je an ihrem Wissen zweifeln und zunehmend die Kontrolle verlieren. Wildes Wissen richtet sich an diejenigen, die das Gefühl haben, am Gate zu stehen, auf der falschen Seite des roten Absperrbandes, während die Rakete im Begriff ist zu starten. Dieses Buch ist aber auch für dich. Denn ich möchte dich dazu ermutigen, aufzusteigen und dich auf die Reise der Selbsterkenntnis zu begeben. Das ist nicht meine Reise, sondern deine. Ich möchte, dass du sie genießt, dass du das Jetzt lebst und ein Leben führst voller Neugierde und Hyper-Wissbegierde, erfüllt von lebenslangem Lernen.

Es geht in diesem Buch darum, wie man anders denkt, wie man die Kontrolle über das Chaos gewinnt und gleichzeitig mehr Chaos erwartet und akzeptiert. Es geht darum, immer mehr Veränderungen und immer turbulentere Umgebungen zu begrüßen, ohne dass diese Umwälzungen dein Leben kontrollieren. Chaos und Turbulenzen sind nicht negativ. Sie können eine Kraft sein – deine Kraft, deine Stärke. Die Welt ist chaotisch, das müssen wir akzeptieren.

In Wildes Wissen werde ich dir nicht sagen, was du denken sollst, oder so tun, als hätte ich alle Antworten parat. Stattdessen ist mein Ziel, dein Denken an sich zu beeinflussen, um dich zu befähigen, die Antworten und den Status quo auf dem Weg zu gemeinsamen Zielen infrage zu stellen. Lass uns Brücken, neue Ansichten und immer großartigere Möglichkeiten schaffen.

Dies ist deine aufregende Reise, auf der du das Spektrum der Bewusstseinsebenen durchwanderst und das wunderbare »Sein«, »Mensch« zu sein, erkundest. Es geht um die Wirtschaft, die Unternehmen und Unternehmer von morgen in Verbindung mit der verlorenen Kunst der Philosophie. Und es geht darum, wie du klarer denkst, als die Revolution erlaubt.

Teil I

Wildes Wissen

1. WILDES WISSEN UND DIE SUCHE NACH WEISHEIT

Die menschliche Existenz und das, was aus den vor uns liegenden Herausforderungen resultiert, hängt von einer Sache ab: Wissen. Oder genauer gesagt: von wildem Wissen. Gezähmtes Wissen, Dinge, von denen wir wissen, dass wir sie wissen, sind wichtig, aber das, von dem wir nicht wissen, dass wir es wissen, oder von dem wir nicht wissen, dass wir es nicht wissen – das wird uns helfen, auf diesem Planeten zu überleben.

Seit Hunderten oder sollten wir besser sagen seit Tausenden von Jahren denken und diskutieren wir darüber, was Wissen eigentlich ist. Die Fragen, was wir wirklich wissen können, haben zahlreiche wissenschaftliche Zweige hervorgebracht. Unsere Erklärungen haben uns von der griechischen Antike bis ins 21. Jahrhundert geführt. Noch heute lesen und hören wir, wie Wissenschaftler, Physiker und Philosophen ihre aktuellste Beschreibung dessen, was Wissen wirklich ist, präsentieren.

Aber ebenso können wir über die Wildheit des Wissens nachdenken und darüber, was es wirklich ist. Und im Kontext des Wissens können wir darüber diskutieren, was genau »wild« bedeutet. Doch persönlich glaube ich, dass die Nutzung und die Akzeptanz der Wildheit des Wissens eine sehr genaue Beschreibung dessen ist, was den Fortschritt für unsere Spezies bewirken wird. Es ist das Gegenteil von gezähmtem Wissen, das sich stabilisiert hat und in Algorithmen und Systeme übergegangen ist. Wildes Wissen ist jene Art von Wissen, das zu neuen Reaktionen und Wirkungen und schließlich zu zukünftiger Weisheit führen wird. Es ist das Unstrukturierte und Unbekannte, es ist das, was sich in den Zwischenräumen zwischen den verschiedenen Disziplinen befindet, mit dessen Hilfe wir schließlich das Neue definieren und vorankommen werden – und gleichzeitig die unlösbaren Herausforderungen meistern.

Es ist das unendliche Potenzial des Wissens, auf das wir hoffen und auf das wir uns verlassen. Es ist das Wissen, das uns geholfen hat, Technologien zu entwickeln und Fortschritte zu erzielen. Solange wir es wild sein lassen, haben wir die Chance, unseren Planeten zu retten, den ökologischen Zusammenbruch zu vermeiden und das vom Menschen organisierte Leben zu verlängern. Werden wir dabei erfolgreich sein? Nun, zumindest besteht eine Chance, denn beide Ergebnisse sind möglich: Wir können erfolgreich sein oder nicht. Es hängt alles davon ab, ob wir weiterhin Fehler machen, die wir zu beheben und zu adaptieren vermögen und aus denen wir lernen können – und jeden existenziellen Fehler, der vor uns liegen könnte, umschiffen –, und ob wir vermeiden können, all unsere Befugnisse und die Erörterung von Themen, die jenseits der Daten der Vergangenheit liegen, vollständig den Algorithmen zu überlassen. Das gegebene beziehungsweise alte (verpackte) Wissen sowie Informationen können nur als Ergänzung für die zukünftige Weisheit dienen. Wenn wir versuchen, das, was wir für unsere Realität halten, weiter zu verstehen, müssen wir die Kraft des wilden Wissens nutzen und unsere menschliche Intelligenz, unser volles Potenzial nutzen und mehr Bewusstsein und Aufmerksamkeit dafür entwickeln, wie die Dinge funktionieren. Mit anderen Worten: Wir stehen vor der Herausforderung, plausible Erklärungen zu suchen und unsere Welt besser zu verstehen.

In der Wissenschaft herrscht der Glaube vor, dass die Welt etwas ist, das wir interpretieren müssen – und wenn wir es schaffen sollten, unsere Fähigkeiten durch einen künstlichen Motor besser als mithilfe unseres Körpers zu steigern oder durch digitale Superintelligenz dank fortgeschrittener künstlicher Intelligenz, dann, ja dann wären wir in der Lage, alles zu erklären und universelle Wahrheiten aufzudecken. Aus meiner Sicht sind es eher unsere natürliche Dummheit, unser menschlicher Entdeckergeist und unser Urteilsvermögen, unsere Intuition sowie unsere Sinneserlebnisse, die uns weiterbringen, die uns helfen werden, Fortschritte zu machen und bislang verborgene Geheimnisse aufzudecken, als die bloße künstliche Intelligenz.

Wir betrachten die Welt als Ansammlung von Nullen und Einsen, als Daten und Informationsebenen. Aber sie ist mehr. Sie ist null und eins gleichzeitig. Können wir verstehen, was andere denken oder fühlen? Können wir verstehen, was sie sich wünschen? Wollen wir das überhaupt? Da die Technologie neue Möglichkeiten eröffnen wird, müssen wir uns fragen, in welcher Art von Welt wir wirklich leben wollen.

Wir können heute etwas wissen und es als Wissen definieren. Morgen wird es sich als falsch erweisen und das wird dann zum neuen Wissen. Wir haben uns langsam durch die Geschichte bewegt, haben dabei gute und schlechte Erfahrungen gemacht und mit verbesserter Technologie wird die Erforschung dessen, was wir sind, besser und komplexer. Alles ist miteinander verbunden und von unendlicher Reichweite. Die Welt ist chaotisch und die Akteure der Geschäftswelt und der Wirtschaft ganz allgemein sind äußerst komplex, weil es sich um Menschen handelt. Aus der Art und Weise, wie diese Spieler mit der Welt und der Technologie interagieren, erwächst das Wilde.

Aus diesen Gründen sollten wir nach mehr Stabilität streben und die Vergangenheit studieren. Wir sollten Daten und Informationen sowie abstrakte »richtige« und »intelligente« Daten – oder wie auch immer wir sie nennen möchten – sammeln. Wir sollten unser Verständnis für unsere Geschichte vertiefen sowie Freiheit und Kreativität für die Zukunft maximieren. Denn das, was wir heute wissen, könnte morgen ver-rückt sein – dann müssten wir unsere Weltanschauung daran anpassen. Die Potenzialität einzugrenzen und den fehltastischen Menschen in einen Käfig einzusperren würde eine deterministische, vordefinierte algorithmische Welt erzeugen. Das ist nicht das, was wir brauchen. Unsere Intuition und das menschliche Urteilsvermögen sind für den menschlichen Fortschritt unerlässlich. Wie halten wir dies wild? Durch Denken und Navigieren.

Dieses Buch ist jedoch keine philosophische Wanderung innerhalb des philosophischen Zweiges der Epistemologie (jener Zweig der Philosophie, der sich mit der Theorie des Wissens beschäftigt). Zudem wird dieses Buch keine Auseinandersetzung über (universelle) Wahrheiten, Überzeugungen oder Rechtfertigungen von Wissen bieten.

Wildes Wissen ist ein kurzes Manifest, das Gedanken zu Business und Philosophie vereint und darüber nachdenkt, wie Unternehmen und Führungskräfte im 21. Jahrhundert erfolgreich sein können. Es ist ein Leitfaden für die Kunst des Wirtschaftens im 21. Jahrhundert. Es zeigt, wie wir mehr über die Beherrschung der Kunst des Lebens und der des Denkens durch die Anwendung praktischer Philosophie erfahren. In den folgenden Kapiteln werden wir unsere ersten Schritte machen, um alte Weisheit in die Tat umzusetzen und Philosophie praktisch und anwendbar für unsere täglichen Kämpfe in der Geschäftswelt zu machen.

Wir werden das Gehirn/den Geist, das Herz und den Körper der Organisation betrachten, die durch »Ideen & Magie« (Geist), »Fokus & Einfachheit« (Körper) und »Empathie & Werte« (Seele, Herz) repräsentiert werden.

Führung und die Kunst, Geschäfte zu machen, sind Dinge, die wir heute ganzheitlich sehen müssen. Wir müssen unseren Geist hinsichtlich unserer Wahrnehmung erkunden. Wir müssen uns mit dem befassen, was uns wirklich ausmacht, mit dem Leiden und der Liebe und auch mit dem Geist unserer Gesellschaft und damit, wie alles mit allem verbunden ist. Wir brauchen heute sowohl klügere als auch mutigere Leader, und nur wenn wir den menschlichen Faktor, die Essenz dessen, was es bedeutet, ein Mensch zu sein, nutzen können, werden wir Fortschritte erzielen. Wenn wir das Wissen dort lassen und halten können, wo es hingehört, also wild, nur dann werden wir es nicht entmenschlichen, sondern stattdessen eine Zukunft erschaffen, in der wir mit der Technologie, die wir jetzt kreieren, zusammenleben können.

Dieses Buch ist ein Versuch, die Essenz des Durcheinanders zu sortieren rund um die Themen, wie wir mit Ideen arbeiten, wie wir sie ausführen und sie vereinfachen, um ein besseres Verständnis von ihnen zu erhalten. Es geht um die Ethik und Emotionen in Wirtschaft und Führung und darum, wie man das Herz der Organisation kultivieren und fördern kann, es geht um das wilde Wissen und die Zukunft unserer Spezies.

2. WILLKOMMEN IN DER NEUEN REALITÄT

Ich bin davon überzeugt, dass man nur in kreativen Szenarien das Potenzial des »Mensch-Seins« wirklich ausschöpfen kann. Unsere heutigen kreativen Fähigkeiten entspringen daraus, Lösungen zu finden, Fehler zu machen und manchmal kläglich zu scheitern, bis schließlich Fehlerkorrekturen zum Besseren führen. Der Mensch ist »fehltastisch«. Wenn du ein Optimist oder ein Pessimist bist, liegst du unter Umständen falsch. In eines dieser beiden Extreme zu verfallen ist ein Fehler. Dennoch halte ich Optimismus für die tendenziell bessere Lösung. Alles andere wäre frustrierend, sodass das Leben einer Achterbahnfahrt mit mehr Tiefen als Höhen gliche. Um die Dogmen der Welt zu entlarven und zu bekämpfen, brauchen wir allerdings eine gewisse Portion Skeptizismus. Und um mögliche Zukunftsszenarios zu entwerfen, brauchen wir neue Fragen.

Ich möchte, dass du beim Lesen dieses Buchs immer wieder kurze Pausen einlegst, innehältst, nachdenkst und reflektierst. Geh raus und betreibe »lautes Denken«: Diskutiere mit anderen die Themen, die dich zum Nachdenken gebracht haben, und wirf die Fragen auf, die dir durch den Sinn schießen, wenn du fasziniert oder irritiert bist, dich provoziert fühlst. Dies ist ein Buch, in dem du ein paar Seiten lesen und dann in einen Dialog treten solltest. Diskussionen und lautes Denken helfen dir dabei, deine Gedanken zu klären und zu sortieren. Schreib mir eine Mail, diskutiere die Ideen mit deinem Partner, deiner Partnerin oder mit Kollegen. Das wird zu neuen Fragen und Gedanken führen, versprochen! Die einfache Kunst, Fragen zu stellen, kann und wird dein Leben verändern.

Merksatz

Wahre Weisheit findet man an Sweetspots, die in aller Öffentlichkeit verborgen liegen zwischen dem unbewussten Zustand des gezähmten Wissens und dem bewussten Zustand der umgesetzten Erfahrungen.

Noch bevor Sokrates seine Dialoge mit Platon führte, stand das Thema Veränderung auf der Tagesordnung. Der griechische Philosoph Parmenides war der Auffassung, dass man nichts wirklich ändern kann, dass Veränderung unmöglich ist. Er stand im Widerspruch zum Philosophen Heraklit von Ephesus, der glaubte, dass Veränderung das grundlegende Gesetz des Universums sei. Es gibt, so behauptete er, nichts Dauerhaftes außer der Veränderung (ein Zitat, das fälschlicherweise vielen anderen Quellen zugeschrieben wird).

Heraklits 2.500 Jahre alte Feststellung war noch nie wahrer als heute: »Kein Mensch steigt jemals zweimal in denselben Fluss, denn es ist nicht derselbe Fluss«, was nach der Überlieferung durch den Zuruf eines Schülers erweitert wurde: »… und es ist nicht derselbe Mann.« Das Wort »Veränderung« prägt uns seitdem. Der italienische Diplomat, Politiker und Philosoph Niccolò Machiavelli ging einen Schritt weiter und legte mit seinem Buch Il Prinzipe – Der Fürst, erschienen um 1515 – den Grundstein für das, was wir heute als »moderne Philosophie« bezeichnen. Heute, 500 Jahre später, steht Wandel ganz oben auf unserer Agenda.

»Veränderung« ist für jeden CEO ein lästiges Problem. Doch: CEOs sind Gestalter des Wandels, also willkommen in der neuen Welt. Noch eine Revolution? Noch mehr Disruption? 2.0., 3.0, 4.0 – hast du das verstanden?! All diese lästigen Buzzwords machen uns ganz verrückt. Veränderung ist heute etwas Normales, alles verändert sich und das ist auch das, was uns zukünftig bevorsteht. Wir wissen inzwischen, dass nichts dem Wandel entkommen kann. Wandel und Veränderung sind nicht nur auf IT oder Technologie beschränkt, sondern durchziehen jeden Aspekt unseres Lebens.

Das Gute daran: Wir können dies beeinflussen durch unser Denken und Handeln. Und ich glaube, genau das müssen wir tun. Wir brauchen neue Fragen, neue Modelle, denn, wie uns Marty McFly und Doc Brown in Zurück in die Zukunft gelehrt haben, wir sind am 21. Oktober 2015 in der Zukunft angekommen – eine andere Zukunft wird es nicht mehr geben und es liegt an dir und mir, zu improvisieren und zu gestalten, was noch kommen wird. Zukunft ist eigentlich ein Verb, etwas, das wir tun – im Grunde müsste es »zukünften« heißen. Der Wandel kommt so schnell, der Fortschritt ist so rasant, der Informationsfluss so unerbittlich, dass alles, was wir für die Zukunft vorhersagen könnten, tatsächlich nur ein Spiegel der Gegenwart ist.

Merksatz

Heute werden Philosophen überall gebraucht, in jeder Branche und in jedem Unternehmen.

Alles, was ich gelernt habe, zum Guten wie zum Schlechten, habe ich der Philosophie zu verdanken. Und ich denke, dass wir in die Philosophie zurückblicken müssen, um Konzepte für das Weltverständnis zu entwickeln, um bahnbrechende Arbeiten zu ermöglichen und Pionieren aller Bereiche die Welt zu Füßen zu legen, damit sie denken, forschen und analysieren und eine neue »Weltordnung« gestalten können.

Die wahren Veränderer sind heute nicht mehr Tech-Pioniere wie die Google-Gründer Sergey Brin und Larry Page; die heutigen Tech-Milliardäre der Silicon-Valley-Ära des Webs verstehen nicht einmal die Technologie oder die wahre Natur des Internets selbst. Niemand tut das. Niemand kann »die Digitalisierung« verstehen. Es werden auch nicht populistische Bewegungen oder Politiker sein (Politiker sind nur Manager – sie können den Wandel nicht initiieren), die den Wandel knacken. Wir sind derzeit Zeugen des Aufstiegs einer Generation von Hackern und sehen uns einem evolutionären Wandel in Kultur und Kreativität gegenüber. Schwärme junger Menschen sind die neuen Kräfte – und sie legen gerade erst los. Noch nie war die Kluft zwischen den knapp 20- und 40-Jährigen so groß wie heute. Menschen um die 40 sind frustriert von der digitalen Welt, die in ihren Taschen brummt und ihre Zeit frisst in der Ära des Individualismus und des exaltierten »Ich«. Die 20-Jährigen hingegen sind Einzelpersonen, die in erster Linie ein verbundenes Leben führen und den physischen Raum als sekundären Spielplatz für partizipative Kulturen sehen, an dem sie mit Ko-Kreation, Kreativität und Freude an den Lösungen von morgen arbeiten.

Die Philosophie der alten Welt hat vielleicht nicht Schritt gehalten mit der Geschwindigkeit von Wissenschaft und Technik, aber heute müssen wir diese Bereiche miteinander verbinden, das ist wichtiger denn je. Wir müssen die Schätze der Geschichte retten, die in aller Öffentlichkeit verborgen liegen, und sie mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen und Technologien von morgen verbinden. Weisheit ist nicht etwas, das man haben kann, sie ist etwas, das man für immer sucht.

Heute verstecken sich viele hinter schicken maßgeschneiderten Anzügen und ihre Krawatten sind so festgebunden, dass sie kaum atmen können. Da ich der »älteren Generation« des 21. Jahrhunderts angehöre, verstehe ich den Druck, so auszusehen, als hätte man es drauf, und jederzeit Vertrauen und Souveränität auszustrahlen. Wir müssen kompetent wirken, sonst verlieren wir den Respekt anderer Menschen. Ein Manager sagte einmal zu mir: »Ich kann die Krawatte nicht ablegen. Ich würde meine Glaubwürdigkeit verlieren und meine Leute würden mir nicht mehr vertrauen.« Das war der Moment, in dem ich zu denken begann, dass die Welt ein bisschen außer Kontrolle geraten ist und dass wir nicht so richtig gut darin sind, die Fehler in unserem System zu korrigieren. Eine Krawatte bewirkt Vertrauen? Natürlich nicht. In diesem frustrierten, lärmenden und tobenden, funky Socken tragenden Wesen befindet sich eine Person, die versucht, ihr wahres, authentisches Selbst zu finden. Der Mann wird von einem Gefühl des Machtverlustes aufgezehrt, weil er früher etwas wusste, das niemand sonst wusste, und er darum damals die Kontrolle hatte. Obwohl wir dieses Verhalten verstehen können, sollten wir es nicht tolerieren. Die größte Herausforderung für die männlichen Führungskräfte von 55 und mehr Jahren ist heute die Notwendigkeit, neugierig zu bleiben und zu lernen. Inkompetenz und Unkenntnis können ein Problem sein, aber Vertrauen und Respekt entstehen auf lange Sicht nicht dadurch, dass man sich eine Krawatte und einen maßgeschneiderten Anzug überstreift. Früher einmal wurden Macht und Autorität in Muskeln gemessen. Danach kam eine Zeit – und mit deren Denken schlagen wir uns heute noch herum –, in der Macht aus Information und Wissen erwuchs. In der Zukunft, in einer Ära der Beziehungen und der Gefühle, werden das Herz und die Seele die neuen Kräfte sein.