Wildwest-Roman – Unsterbliche Helden 13 - Jonny Kent - E-Book

Wildwest-Roman – Unsterbliche Helden 13 E-Book

Jonny Kent

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Beschreibung

Jack Farland, der Ohioman, ist auf dem Weg nach St. Louis, als er auf einer Lichtung einen schwerverletzten Mann findet, auf den offensichtlich aus dem Hinterhalt geschossen wurde. Farland kann dem armen Teufel nicht mehr helfen, will den Mord aber wenigstens bei der nächsten Polizeibehörde anzeigen. Auf dem Weg dorthin trifft er auf einen wortkargen Fremden, der kaum mehr als seinen Namen, John Griffith, preisgibt. Als sie beim Sheriff von Sandoval ankommen, erlebt Farland sein blaues Wunder: Griffith ist nicht nur der Bürgermeister von Sandoval, er beschuldigt den Ohioman auch des heimtückischen Mordes ...


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Seitenzahl: 142

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Inhalt

Cover

Bill Tampico

Vorschau

Impressum

BillTampico

Von Jonny Kent

Der Mann, der da in die untergehende Sonne ritt, hatte einen kräftigen Körperbau und ein eckig geschnittenes Gesicht. Unter der breiten Krempe seines Hutes blickten die vollen Strähnen eines blonden Haarschopfes hervor. Er trug ein schwarzes Hemd, ein gelbes Halstuch und links über der Hüfte einen schweren 45er Remington-Revolver. Bei dem Reiter handelte es sich um den neunundzwanzigjährigen Jack Farland, der jetzt auf St. Louis zuritt. Noch etwa fünfzig Meilen hatte er vor sich. Er hoffte jedoch, vor Einbruch der Dunkelheit eine Ansiedlung zu finden, um heute nicht schon wieder im feuchten, hohen Präriegras übernachten zu müssen. Im oberen Illinois waren die Nächte um diese Jahreszeit nämlich noch empfindlich kühl ...

Jack Farland ritt einen kräftigen Braunen, den er erst vor kurzer Zeit gegen sein letztes Pferd eingetauscht hatte. Der Weg, der ihn nach Westen geführt hatte, war hart und bitter. Farland hatte gehofft, in Indiana seinen Bruder James zu finden, der sich dort vor etwa zehn Jahren eine Ranch aufgebaut hatte, aber alles, was er gefunden hatte, war ein Grab – der Bruder war ermordet worden. Also hatte Jack den Weg nach Westen fortgesetzt. Mit magischer Gewalt zog es ihn dorthin.

Als er jetzt die Augen mit der Hand beschattete und in die sinkende Sonne blickte, sah er vor sich am Rand einer Hügelkuppe eine Waldkulisse, vor der ein reiterloses Pferd stand. Diese Tatsache an sich wäre anderswo ziemlich bedeutungslos gewesen, aber hier am Rande des Wilden Westens musste alles beobachtet, alles bedacht werden.

Der Mann aus Ohio ritt einen Bogen zum Waldrand hinüber, stieg, nachdem er sein Pferd ins Unterholz gezogen hatte, ab und arbeitete sich langsam vorwärts, bis er in die Nähe des ledigen Pferdes kam. Es war ein hochbeiniger Grauer, der plötzlich hell wieherte.

Farland hatte sich jetzt bis an den Rand der kleinen Waldkulisse herangeschlichen und blieb plötzlich stehen.

Etwa zwanzig Schritt vor ihm lag im hier nicht allzu hohen Gras der Körper eines Mannes.

Der Ohioman blickte sich nach allen Seiten sichernd um und beschloss dann, auf den Mann zuzugehen.

Als er ihn erreicht hatte, blickte er betroffen in das Gesicht des anderen. Es war das bereits von Totenblässe gezeichnete Gesicht eines etwa vierzigjährigen Mannes. Die Lippen waren von den großen gelben Zähnen zurückgerutscht, und die verzerrten Züge zeigten, dass der Mann einen verzweifelten Kampf gegen den Tod ausfocht. Sein beigefarbenes Hemd war über der Brust von einem gewaltigen Blutfleck bedeckt.

Jack Farland kniete neben dem Sterbenden nieder. »Kann ich Ihnen helfen?«, presste er heiser über die Lippen.

Der andere machte eine verzweifelte Anstrengung, die Zähne zu öffnen, aber es gelang ihm nicht.

Farland erhob sich, lief zu seinem Pferd, griff sich die Flasche, in der er immer eine Mischung aus Whisky und Wasser mit sich führte – er hatte diese alte Cowboyregel oben in Indiana gelernt –, und kam damit zu dem Sterbenden zurück. Vorsichtig versuchte er, ihn anzuheben und ihm etwas von dem Getränk einzuflößen.

Ein dankbarer Blick aus den Augen des anderen traf ihn.

Aber der Ohioman, der auf seinem Weg nach Westen dem Tod schon mehrmals hatte ins Auge sehen müssen, spürte, dass hier jede Bemühung zu spät kam. Der Mann, der da im Büffelgras am Waldsaum lag, musste sterben.

Da war keine Zeit zu verlieren. Deshalb fragte Jack: »War es ein einzelner Mann?«

Der Mann im Gras versuchte eine Bewegung, aber sie misslang ihm.

»Sie brauchen nur die Augen zu schließen, wenn ich recht habe, und wenn Sie sie nach meinen Fragen offen lassen, dann weiß ich, dass ich mich irre.«

Ein leichter Wind strich von Südwesten her über den Hügel und wehte dem Ohioman eine blonde Haarsträhne tief in die Stirn. Er stützte den linken Ellbogen auf das Knie und blickte den Unglücklichen forschend an.

»War es ein einzelner Mann?«

Der andere schloss für einen Moment die Augen.

»Gut! Kannten Sie ihn?«

Wieder schloss der Sterbende für einen Moment die Lider.

»Wo kann ich ihn finden? Hier in der Nähe?«

Ja.

»Gibt es hier irgendwo eine Ansiedlung?«

Ja.

»Ist es ein junger Mann?«

Diesmal war die Antwort nicht klar.

»Unter dreißig?«

Nein.

»Blond?«

Der Mann verneinte die Frage.

»Also ein Mensch mit dunklem Haar?«

Jetzt bejahte der Sterbende die Frage wieder.

Jack Farland rieb sich mit der Rechten über das stoppelbärtige Kinn. »Können Sie mir sonst irgendetwas sagen, das mich zu ihm bringt. Ich meine ...«

Ein furchtbares Röcheln von den Lippen des Verwundeten ließ den Ohioman bis ins Mark erschauern.

Durfte er diesen Unglücklichen noch mit solchen Fragen quälen?

Jack Farland hatte auf seinem harten Weg hierher gelernt, dem Tod kalt ins Auge zu sehen.

»Verzeihen Sie mir, Mister, wenn ich versuche, noch mehr über den Mann herauszubringen, denn ich werde Sie gleich in die Stadt bringen, damit der Doc Sie behandeln kann, und unterwegs kommen wir dann nicht mehr zum Sprechen.«

Ein unendlich trauriges, bitteres Lächeln zuckte um die Mundwinkel des Sterbenden. Er wusste also genau, wie es um ihn stand, dass es keinen Sinn mehr hatte, ihn von hier wegzubringen und gar einen Doktor zu bemühen.

»Können Sie mir noch irgendetwas sagen, das mich zu dem Mann führen kann?«

Da zuckte das linke Augenlid des Mannes. Er versuchte angestrengt, die Lippen zu öffnen, zitternd bewegten sie sich. Aber er brachte keinen Ton mehr durch die Kehle. Plötzlich lief ein Zucken durch seinen Körper, und sein Kopf fiel zur Seite.

Er war tot.

Sekundenlang verharrte der Ohioman neben ihm, dann richtete er sich auf und blickte sich um.

Die Sonne schickte eben ihre letzten blutroten Strahlen vom Horizont über das Land und zauberte über alles einen purpurroten Schimmer.

Farland sah, dass das Pferd des Toten langsam herankam und neben seinem Herrn stehen blieb. Es senkte den Kopf, ganz so, als hätte es begriffen, welch ein Drama sich hier abgespielt hatte.

Jack bückte sich noch einmal nach dem Toten und tastete seine Taschen ab.

Der Mann hatte nichts bei sich. Nicht einmal Streichhölzer oder Tabak.

Auch eine kurze Untersuchung der Satteltaschen ergab nichts.

Jack schob die Hände hinten in den Gürtel und blickte auf das Gras, das sich im leichten Abendwind wiegte. Hier war nirgends eine Spur zu entdecken. Eine Spur, die etwa nach Osten oder Norden oder Süden geführt hätte. Nur die Fährte des Toten war zu sehen. Sie kam schräg vom Waldrand herüber.

Offenbar war er da drüben von seinem Gegner überrascht worden.

Farland folgte geduckt der Fährte und blieb am Waldrand am Boden knien, um die Spur zu untersuchen. Er hatte nie richtig gelernt, wie man eine Fährte las, hatte sich aber selbst einiges Wissen über diese Dinge angeeignet.

Hier waren Hufabdrücke zu sehen, und erst drei, vier Schritte vom Waldrand entfernt waren die Gräser von dem Mann niedergetreten worden, der jetzt den ewigen Schlaf angetreten hatte.

Also musste der, der geschossen hatte, ein Stück von hier entfernt gewesen sein. War es etwa gar kein Kampf gewesen? Sollte der andere ihn vielleicht aus dem Hinterhalt vom Pferd geknallt haben?

Das sinkende Licht des Tages musste genutzt werden.

Jack Farland zog sich in den Sattel und ritt einen Halbkreis um die Stelle, an der der Tote lag. Hier war nirgends die Spur eines zweiten Reiters zu entdecken.

Farland rutschte wieder aus dem Sattel und zwängte sich durch das dichte Unterholz, weiter in die kleine Waldung hinein. Und schon nach knapp fünf Minuten hatte er plötzlich eine Spur entdeckt, die hier an einer lichten Stelle zwischen zwei hohen Bäumen endete und wieder umkehrte. Jack wandte den Kopf und sah, dass man von hier aus genau die Stelle im Auge hatte, an der der Unglückliche aus dem Sattel geschossen worden war.

Ein Heckenschütze also.

Und damit Mord!

Wenn er vielleicht erfahrener, sehr viel älter gewesen wäre, dann würde Jack Farland wohl zugesehen haben, weiterzukommen, ohne sich weiter um das, was hier geschehen war, zu kümmern.

Aber Farland war ein Mann, der unbeirrbar seinen Weg ging. Hier war ein Mensch heimtückisch ermordet worden! Das musste untersucht und gesühnt werden!

Er ritt auf der Fährte des Mannes, der jetzt dort drüben am Waldrand tot im Büffelgras lag, in Richtung Nordwesten. Die Sonne war gesunken, und über dem Horizont im Westen stand leuchtendes Orange, das den Himmel weithin färbte.

Die Spur endete plötzlich auf einem steinigen Plateau, das ringsum von Buschwerk umgeben war. Da sie bis jetzt ziemlich gerade nach Nordwesten verlaufen war, beschloss Jack, auf diesem Kurs zu bleiben. Und richtig: Auf der anderen Seite der steinernen Bodenfläche war eine, wenn auch nur noch schlecht erkennbare Fährte zu sehen, die weiter nordwestlich führte.

Nach einer Dreiviertelstunde begann es zu dunkeln, und die Fährte war kaum noch zu erkennen. Rechts gab es ein Gehölz, das aus niedrigen Krüppelfichten bestand. Der Reiter blieb etwa hundertfünfzig Yard davon entfernt weiter auf seinem Kurs.

Plötzlich glaubte Jack, ein schwaches Geräusch vernommen zu haben. Es war der Ton, den der Huf eines Pferdes verursachte, wenn er auf einen größeren Stein in der Erde traf.

Der Kopf des Ohio-Mannes flog herum.

Nichts war zu sehen!

So setzte er langsam seinen Weg fort, wobei er jedoch seine Aufmerksamkeit verdoppelte.

Da, wieder dieses Geräusch! Und diesmal in größerer Nähe!

Jack Farland zog seinen Wallach herum und ritt im scharfen Bogen zurück, sprengte um eine größere Buschgruppe herum – und hatte einen Reiter vor sich.

Der Mann tat, als hätte er ihn nicht bemerkt und ritt nach Nordwesten, der Richtung folgend, die auch der Ohioman eingeschlagen hatte.

Jack war jetzt etwa fünfzehn Yards hinter dem Reiter und behielt diesen Abstand bei.

Da hielt der andere auf einmal sein Pferd an, stützte die Rechte auf die Hinterhand des Tieres und sah sich nach seinem Verfolger um.

Farland kam langsam näher. Im letzten Licht des Tages sah er nun einen dünnen Menschen vor sich, der einen schwarzen Bart trug und einen breiten Quäkerhut auf dem Kopf hatte. Das Gesicht war hager, und die dunklen Augen lagen tief in den Höhlen. Wie alt er sein mochte, war schwer zu bestimmen. Fünfunddreißig, vielleicht auch fünfundvierzig Jahre. Er hatte einen dunklen Anzug an, trug ein graues Kattunhemd und eine schwarze Halsschleife. Von einer Waffe war nichts zu sehen.

Schweigend hielten die beiden Männer im Abstand von ein paar Yards an.

Jack Farland tippte mit der Rechten an seinen Hutrand.

»Evening.«

Der andere nickte kurz und meinte, ohne den Gruß zu erwidern: »Auch nach Sandoval?«

Der Mann aus Ohio nickte. Er wusste gar nicht, wo dieses Sandoval lag. Aber da die Fährte des Mannes, der oben am Waldrand gestorben war, hier hinaufführte, würde er ihr auf jeden Fall folgen. Und am Ende dieser Fährte schien dieses Sandoval zu liegen.

Farland ritt langsam näher. Die Linke hielt er in unmittelbarer Nähe des Revolverknaufes.

Da fletschte der Mann mit dem Quäkerhut die Zähne. Es waren helle, starke Zähne, die dem Gesicht in der Dämmerung etwas totenkopfähnliches gaben. »Sie sind ein vorsichtiger Mann.«

»Wie man's nimmt«, erwiderte Farland.

Sie ritten nun nebeneinander durch die düstere Savanne nach Nordwesten.

Der andere schien ein schweigsamer Mann zu sein, denn er öffnete den Mund nicht ein einziges Mal. Es war fast eine Stunde vergangen, als Jack in der Ferne ein Licht auftauchen sah, zu dem sich bald weitere gesellten. »Sandoval?«, fragte er.

Der Mann mit dem Quäkerhut nickte nur. Als sie bis an die ersten Häuser herangekommen waren, hielt er sein Pferd an. »Mein Name ist Griffith, John Griffith. «

»Jack Farland«, entgegnete der Ohioman.

Griffith blickte unverwandt in das Gesicht seines Begleiters. »Wo kommen Sie her?«, fragte er dann. Jetzt, wo sie die Häuser erreicht hatten und man sich in unmittelbarer Rufweite von anderen Menschen befand, hatte er offensichtlich seine Schweigsamkeit verloren.

»Aus Ohio«, erklärte Farland.

»Ziemlich weiter Weg hier hinauf.«

»Ja, und wo kommen Sie her?«

Griffith nahm den Kopf etwas zur Seite, blickte Farland noch einen Moment an und zeigte nun auf die breite Straße, die von zwei dichten Häuserreihen gesäumt wurde, und über die vielfache Lichtfinger hinübergriffen. »Ich komme hier aus Sandoval«, antwortete er dann.

»Und jetzt, wo kommen Sie jetzt her?«, fragte Jack erneut.

»Von draußen! Ich war auf unserem Vorwerk. Mein Bruder hat eine Ranch. Nicht sehr weit von hier. Ich reite öfter hin.«

Farland wandte den Blick von ihm ab und sah zu den Häusern hinüber. Irgendwo da drüben würde es einen Platz für ihn geben, wo er sich zur Ruhe legen könnte. Ein billiges Boardinghouse oder auch ein Scheunenquartier.

Vorher aber gab es noch etwas Wichtiges zu erledigen: er musste den Sheriff aufsuchen. »Wo finde ich das Sheriff-Office?«, erkundigte er sich.

»Es liegt gleich hinter der Schenke.«

Farland tippte grüßend an den Hutrand und wollte weiterreiten. Da hörte er Griffith sagen: »Ich komme mit.«

Sie ritten zusammen weiter. Vor den Häusern und in den Höfen herrschte noch reger Betrieb. Auf dem Vorbau der Schenke aber standen die ersten Gäste bereits herum und begannen sich auf den Abend vorzubereiten.

Hinter der Bar zum »Silberdollar« lag auf der rechten Straßenseite ein kleiner Backsteinbau, vor dem ein Schild mit der Aufschrift ›Sheriff-Office‹ angebracht war.

Die beiden stiegen von den Pferden.

Farland ging voran, klopfte an die Tür und öffnete. Das Bureau des Sheriffs von Sandoval war in zwei Räume aufgeteilt. Im vorderen stand ein Schreibtisch, hinter dem ein großer, vierschrötiger Mann stand, der den beiden Eintretenden unwillig entgegenblickte. »Feierabend, Leute«, sagte er und schien dann erst Griffith zu erkennen. Er runzelte die Stirn und krächzte: »Was gibt es denn noch?«

Jack Farland trat an den Schreibtisch heran und blieb davor stehen. »Mein Name ist Farland, Sheriff!«

»Ehe Sie weitersprechen und dem Sheriff irgendeine erfundene Geschichte erzählen«, ertönte da plötzlich die scharfe Stimme Griffiths, »möchte ich Sie daran erinnern, dem Sheriff mitzuteilen, dass Sie oben bei den Whitestocks einen Mann erschossen haben.«

Jack Farland stand da wie vom Schlag getroffen. Dann fuhr er herum, und seine Augen suchten die des Quäkers. Der aber stand noch drüben im Türrahmen und blickte an ihm vorbei auf den Sheriff.

Bill Joker, der Gesetzeshüter von Sandoval, glaubte, nicht richtig gehört zu haben. Er zog seine buschigen Brauen zusammen, legte seinen vierkantigen Schädel etwas zur Seite, so als müsste er das linke Ohr nach vorne bringen. »Was war das, Mr. Griffith?«

Der Mann mit dem Kinnbart und dem Quäkerhut schob beide Hände in die Ausschnitte seiner weinroten, mit Perlstickereien besetzten Weste und fletschte die Zähne. »Es ist so, wie ich gesagt habe, Sheriff. Dieser Mann da, der sich Farland nennt, hat vor zwei Stunden einen Mord begangen.«

Der Sheriff schluckte. Well, dieses Sandoval war wirklich keine besonders friedliche Stadt, hier geschah ständig etwas, aber Mord gehörte nicht zu den alltäglichen Vorkommnissen. »Das müssen Sie mir genauer erklären, Mr. Griffith«, presste Joker durch die zusammengebissenen Zähne.

»Ich habe gesehen, wie der Mann vor der Leiche des anderen stand. Sheriff. Sie wissen, dass ich wegen der Rustler immer ein Fernglas bei mir führe. Mein Vater hatte es schon. Und durch dieses Glas habe ich diesen Mann beobachtet.«

Jack Farland vermochte sich nicht von der Stelle zu rühren und blickte immer noch aus starren Augen den Mann an, der sich John Griffith nannte und ihn mit einer solchen Ungeheuerlichkeit belastete. Endlich hatte er sich gefasst und wollte sich in Bewegung setzen, um auf Griffith zuzugehen.

Da hörte er die knarrende Stimme des Sheriffs hinter sich: »Stehen bleiben! Und nehmen Sie die Hände hoch.«

Der Ton war so unmissverständlich, dass Farland der Aufforderung nachkam. Er nahm die Hände in Schulterhöhe und spürte dann, wie der Sheriff nach seinem Revolver griff. Da Joker die Waffe des Ohio-Mannes jedoch nicht mit einem Zug aus dem Holster bekam, machte Farland plötzlich eine Bewegung nach hinten und hatte die Hand des Sheriffs abgeschüttelt. Dafür zog er selbst den Colt. Aber zu seiner größten Verblüffung sah er, dass der Quäker ebenfalls einen Revolver in der Hand hatte. Farland hatte bis jetzt keine Waffe bei Griffith gesehen, also musste der merkwürdige Mann den Colt irgendwo in der Tasche gehabt haben.

»Es steht eins zu eins«, sagte Griffith. »Es kann sein, dass Sie mich erwischen, Farland, aber es ist sicher, dass ich Sie mitnehme.«

»Mir scheint, Sie haben es nötig, Griffith«, kam es rau von den Lippen des Ohio-Mannes.

Der Sheriff, der jetzt um den Schreibtisch herumgekommen war, hielt auf den Gewehrständer zu.

»Bleiben Sie stehen«, forderte ihn Farland auf.

Der Sheriff presste einen Fluch durch die zusammengebissenen Zähne. »Das bringt Ihnen nichts ein, Mann. Sie kommen nicht weit. Ein Bandit, der einen Mord begangen hat, wird von den Leuten in Sandoval verfolgt wie ein Pferdedieb.«

Was das bedeutete, wusste Jack Farland genau.

Es war einen Augenblick still in dem kleinen Bureau.

Griffith sah in den grünen Augen des Fremden eisige Kälte und tödliche Entschlossenheit. Da senkte er seinen Revolver und schob ihn unter die Jacke in den Hosenbund. Langsam wandte er sich um.

»Augenblick!«, rief ihm Farland nach.

Griffith blieb stehen und blickte über die linke Schulter zurück. »Was wollen Sie noch? Ich habe meine Arbeit und keine Zeit, mich mit einem Mörder zu befassen.«

Damit öffnete er die Tür und trat auf den Vorbau.

Jack schob den Colt ins Holster zurück und sah sich nach dem Sheriff um.