Wildwest-Roman – Unsterbliche Helden 67 - Bill Murphy - E-Book

Wildwest-Roman – Unsterbliche Helden 67 E-Book

Bill Murphy

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Beschreibung

Drei ehemalige Soldaten der Unionsarmee schlugen sich mehr schlecht als recht durch den Westen. Sehr bald hegte einer von ihnen den Wunsch, seine Kumpane zu verlassen. Lucy Green hatte nämlich eingesehen, dass ihr Weg dem Tode geweiht war. Doch auf sich allein gestellt lebte es sich auch nicht unbeschwerter, denn Lucy stieß überall auf Misstrauen. Schuld daran war seine Vergangenheit, in der er zusammen mit seinen Genossen raubend durchs Land gezogen war und nur ein Gesetz kannte: Die Macht des Colts. Offen blieb jedoch seit jeher, ob diese Colts immer auf eigene Rechnung losgingen oder auf Befehl des berüchtigten Banditenchefs White Pearl. Um diese Frage zu klären, setzte sich Tom Sullivan in den Sattel ...


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Seitenzahl: 159

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Straße der Verlorenen

Vorschau

Impressum

Straße der Verlorenen

Von Bill Murphy

Obwohl sie im Rudel ritten, war jeder von ihnen so einsam wie ein streunender Wolf. Auf dem Hügelkamm zügelten sie die Pferde und schauten hinunter auf die Stadt.

Marty Belmond zog die Luft scharf ein. »In einer Stunde habe ich Geld. In diesem Saloon da unten ist es sicher gemütlich.«

Burt Aberdeen warf einen kurzen Blick zu den Bergen und Wäldern hinüber, durch die sich die Poststraße schlängelte. »Nicht da unten«, sagte er beinahe ein wenig grob.

Marty lachte wild. »Dann wenigstens Whisky. Wenigstens eine Flasche guten Whisky will ich dort haben!«

Burt machte eine unwillige Geste. »Wenn wir die Stage ausgenommen haben, können wir uns da unten nicht blicken lassen. Morgen Abend werden wir in Stockton sein. Dann lass den Teufel von mir aus tanzen.«

Marty Belmond leckte sich über die Lippen. Es leuchtete in seinen Augen auf. Er nickte heftig. »Und ob ich den Teufel tanzen lasse, Burt. Und ob!«

Burt Aberdeen lächelte kühl. »Noch haben wir den Fisch nicht, mein Junge.«

Marty schnaufte, sagte aber nichts und schaute wieder auf die Stadt. Sein Blick war voller Verlangen, und er schluckte in regelmäßigen Abständen.

Dann war es wieder still. Sie blickten alle drei auf die kleine Stadt hinab, die scheinbar friedlich im Sonnenschein dahinschlummerte.

Um Burt Aberdeens Mundwinkel zuckte es ironisch. Er sah Lucy Green an. »Recht eintönig da unten. Zumindest von hier oben aus betrachtet. Ich wünsche dir trotzdem viel Glück.«

Marty Belmond wandte den Kopf. Er sah den Partner an. Dann fuhr er sich mit der Hand unter den Stetson und kratzte sich den Schädel. »Ich wünsche dir das auch, Lucy. Aber ...«

Lucy Green hob die Hand. Schnell und kurz. »Kein Aber mehr! Ich werde da unten schon zurechtkommen.« Er lächelte schief zu Burt Aberdeen hinüber. »Und wenn es etwas eintönig ist da unten, dann soll es mir gerade recht sein.«

Burt Aberdeen wiegte den Kopf. Marty verzog das Gesicht. Man sah ihm an, dass er einiges sagen wollte. Doch er beschränkte sich auf den einen Satz: »Du bist trotzdem ein Narr, Lucy!«

Lucy Green wickelte sich den Zügelstrick um die Linke. Er tippte an den Stetson. »Dann lasst es euch gutgehen, Jungs! Ich hoffe trotzdem, ich höre nicht zu viel von euch.«

Burt Aberdeen nickte knapp. »Zeig dich sofort den Leuten! Wir tragen die gleichen abgewetzten grauen Kavalleriehosen.«

Lucy Green lächelte freundlich zurück. »Ich werde es schon richtig anfassen, Burt«, sagte er. Dann ritt er an.

»Vergiss das neunte Regiment nicht!«, rief Marty Belmond ihm nach.

Lucy Green hob die Hand und ritt den Hügel hinunter.

Sie sahen ihm nach. Schweigend. Um Burt Aberdeens Mundwinkel zuckte es. Doch dieses Zucken war ohne die gewohnte Ironie. Marty Belmonds Blick war fast wehmütig auf den sich mehr und mehr entfernenden Reiter gerichtet. Als Green die Sohle des Tales erreicht hatte, schnaufte Marty und sagte dann: »Wie viele Meilen sind wir drei zusammen geritten, Burt?«

Burt zog die Schultern kurz hoch. »Wer zählt die schon?«

Marty schüttelte den Kopf. »Den ganzen Krieg und die letzten drei Jahre! Hier, auf diesem windigen Hügel, trennen wir uns.« Dann strahlte er Burt Aberdeen warm und voller männlicher Kameradschaft an. »Aber wir beide, Burt«, rief er aus, »wir bleiben zusammen, was?«

Burt, Aberdeen nickte fest. »Wir bleiben zusammen«, erwiderte er, und in seinem Gesicht stand plötzlich ein harter Zug. »Uns trennt nichts, Junge!«

Marty lächelte befreit. »Das wusste ich, Burt. Wir beide! Das habe ich immer gewusst.«

»Reiten wir!«, sagte Burt Aberdeen und zog den Rappen herum. Er schaute zur Sonne hoch und fixierte deren Stand. »Wir haben genügend Zeit. Kontrolliere deinen Colt noch einmal.«

Marty riss das Eisen heraus. Er ließ die Trommel rotieren. Dann schob er die Waffe wieder zurück und folgte dem Partner.

Sie ritten über die Hügel auf die Wälder und die Poststraße zu.

Sie erreichten den Wald und ritten bis zur Schneise. Die Straße war gut einzusehen. Sie waren ruhig und gelassen. »Wir machen es wie immer«, sagte Burt Aberdeen. »Du nimmst die Pferde. Das andere mache ich – nun allein.«

Marty seufzte. Er zog sich das Halstuch bis unter die Augen übers Gesicht. Burt tat es ihm gleich.

»Straßenräuber!«, sagte Burt. Nur seine Augen lachten.

»Mir gleich«, erwiderte Marty und zuckte mit den Schultern. »Wer nichts bekommt, muss es sich holen. Morgen Abend in Stockton! Ich lass den Teufel tanzen, Burt.«

Burt nickte. »Dazu wird es sicher reichen.«

Marty trieb seinen Braunen dicht an Aberdeens Rappen. »Mal so einen richtigen fetten Zug, Burt. Nur ein einziges Mal. Davon träume ich seit Jahren fast jede Nacht. Nur ein einziges Mal, Burt.«

»Träum nur jetzt nicht, Marty!«, sagte Burt Aberdeen mahnend.

Sie verstummten. Beide hatten sie die dünne Staubwolke hinten zwischen den Bergen auftauchen sehen. Fasziniert spähten sie hinüber. Ihre Nervosität übertrug sich auf die Pferde. Martys Brauner trat hin und her.

»Halt deinen Bock jetzt ruhig!«, zischte Burt ärgerlich. »Zu zweit oder zu dritt. Was spielt das schon für eine Rolle?«

Marty schluckte. Burt war nervös. Das hörte er an dessen Stimme. Seine Unsicherheit stieg deshalb. Er griff hart in die Zügel. Zu hart. Der Braune ging vorne hoch und sprang herum.

»Bist du verrückt geworden?«, zischte Burt Aberdeen nun wütend.

»Mistvieh!«, brüllte Marty und versuchte, alle Schuld dem Braunen zu geben. Gleichzeitig klopfte er ihm beruhigend den Hals. »Ruhig, Alter!«, murmelte er, bevor er den Braunen herumzog. Er machte es langsam und vorsichtig. Dabei atmete er tief ein und aus, um selbst wieder in Ordnung zu kommen. Als er dabei aufsah, erblickte er die drei Reiter. Sie kamen von der Seite heran. Er stieß einen erstickten Schrei aus und wollte dem Braunen sofort die Sporen geben. Doch sie waren schon zu nah. Alle drei hielten Winchesters auf sie angeschlagen.

Burt Aberdeen fuhr herum. Seine Colthand ruckte. Doch er konnte noch so schnell reagieren, dass er mitten in der Bewegung einhielt. Sie kamen durch hellen Sonnenschein, und ihre Gewehre blinkten herüber. Doch was Burt Aberdeen einhalten ließ und sicher auch Marty festnagelte, waren nicht die Gewehre der Männer, sondern der Umstand, dass auch diese Männer Tücher vor den Gesichtern trugen.

Sie kamen schnell herangesprengt. Sie mussten über den gleichen Hügel gekommen sein, sodass sie Burt und Marty nicht früher sehen oder hören konnten. Nur wenige Yards vor ihnen hielten die drei an. Sie hielten die Waffen nach wie vor auf sie gerichtet.

»Anfänger! Erbärmliche Anfänger in diesem Geschäft!« Das waren die ersten Worte, die sie beide zu hören bekamen.

Der Mann, der diese Worte hervorgestoßen hatte, ritt einen Fuchs. Er drängte sein Tier weiter nach vorne und sagte barsch: »Tücher runter! Los! Wer seid ihr?«

Marty zögerte.

Doch Burt nahm sein Tuch gelassen herunter. »Burt Aberdeen«, sagte er.

Marty folgte seinem Beispiel. Auch er nahm sein Tuch herunter und stellte sich vor: »Marty, Marty Belmond. Vor einer halben Stunde waren wir auch noch zu dritt. Einer stieg aus. Aber wir nehmen auch zu zweit jede Kutsche aus wie eine Weihnachtsgans.«

Die drei lachten hart. »Wir sind nicht zu dritt«, sagte der Mann auf dem Fuchs. »Wir sind zu sechst. Und nun schert euch fort!«

Marty wollte schon reiten. Doch Burt lächelte eisig, blickte kurz auf die Staubfahne, die größer geworden war, und sagte: »Die Kutsche fährt da unten durch, oder wir teilen. Wenn ihr einen Kampf haben wollt, könnt ihr ihn bekommen.«

Marty verschluckte sich, als er das hörte. Doch Burt wusste genau, was er sagte, und er sah den dreien auch an, dass er ihnen diese Worte zumuten konnte.

»Seid ihr allein?«, fragte der Mann auf dem Fuchs.

Burt Aberdeen wollte zur Antwort nur eisig lächeln. Aber Marty sagte sofort: »Yes, Gentleman! Aber wir lassen uns trotzdem nicht so einfach fortschicken.«

Der Mann auf dem Fuchs lachte hart. »In der Kutsche sind bald dreißigtausend Dollar.«

Marty nickte fuchtig. »Für uns gerade das Richtige!«

»Auf dem Bock sitzen zwei Sheriffs«, sagte der Mann.

»Wir würden schon zurechtkommen«, erwiderte Burt Aberdeen knapp.

»Fünftausend für euch, wenn wir die Sache zusammen machen«, meinte der Mann auf dem Fuchs und spähte lauernd herüber.

Burt wusste nun, dass sie allein waren. »Sechstausend Dollar für jeden, oder sie fährt da unten vorüber«, erwiderte er fest.

Der Mann auf dem Fuchs reckte sich im Sattel und spähte zur Straße. Viele Minuten waren es nicht mehr, und Burt wusste, dass sie gewonnen hatten.

»Wollt ihr hierbleiben?«, fragte der Mann.

Burt zuckte mit den Schultern. »Wenn ehrlich geteilt wird, haben wir überall den gleichen Spaß.«

»Die Befehle gebe ich!«, sagte der Mann.

»Das wäre uns recht«, erwiderte Burt Aberdeen.

»Okay! Bindet euren Kriegsputz wieder um!«, befahl der Mann. Er zeigte der Reihe nach auf seine Kumpanen. »John Navarra, Simpson Flat. Nennt ihn Simp. Das genügt. Ich bin Whit Pearl.«

Burt und Marty tippten grinsend an die Stetsons und zogen ihre Tücher wieder hoch.

Marty war ganz aufgeregt. »Gosh, ist das ein Spaß!«, rief er.

Whit Pearl hob die Hand. Seine Kumpane kamen heran. »John und Marty, die Pferde! Simp, ich und du, Burt, wir gehen auf den Wagen!« Er sah Burt Aberdeen prüfend an. »Wir beide nehmen die Sheriffs. Um den Kasten kümmert sich Simp allein. Niemand tut etwas ohne ausdrücklichen Befehl. Wer einen Fehler macht und uns reinreißt, der kann sehen, wo er bleibt. Ist das so in Ordnung?«

Burt Aberdeen nickte. »Solange deine Befehle gut und richtig sind, nehmen wir sie entgegen.«

Whit Pearl blickte finster drein. »Hoffentlich bist du mit der Kanone genauso gut wie ...«

»Ich werde es dir jetzt zeigen«, unterbrach Burt Aberdeen ihn fest. »Gib den Befehl zum Hinunterreiten. Sie sind gleich da.«

Whit Pearl schielte auf Burts Colt. »Ich lass mich überraschen!«, sagte er brummig und zog seinen Fuchs herum. Dann ritten sie im Wald zur Straße hinunter.

Die Stage war schon nahe. Sie mussten sich beeilen, hinunterzukommen. Ringsum war Nadelwald. Die Pferde rutschten auf dem steilen Boden. Jemand fluchte einmal recht grimmig. Doch sie kamen gut hinunter. Dann standen sie dichtgedrängt wie ein Rudel hungriger Wölfe und warteten auf die Kutsche.

Dann war sie heran. Whit Pearl gab seine Befehle. Er schien schon lange im Geschäft zu sein. Jeder Befehl kam im richtigen Augenblick.

Marty und John brachten die Pferde zum Stehen. Die Männer auf dem Bock rissen die Waffen hoch. Burt Aberdeens Colt bellte.

Einem der Sheriffs flog der Hut vom Kopf. Die zweite Kugel prallte gegen das Gewehr und schlug es ihm zur Seite. Aberdeens Kugeln kamen schnell hintereinander. Sie entschieden den Überfall. Während er seinen Rappen auf die Kutsche zutrieb, fing er Whit Pearls erstaunten Blick auf. Auch Whit Pearl hatte sein Eisen gezogen. Doch Aberdeens Kugeln fuhren aus dem Lauf, noch bevor Pearl auch nur zum Zielen gekommen war.

Während Aberdeen und Pearl die Sheriffs und die beiden Passagiere in Schach hielten, zerrte Simpson Flat den Kasten aus dem Boden der Kutsche heraus. Gleichzeitig nahm er den Passagieren Geld und Wertsachen ab. Das ging alles so erstaunlich schnell, dass es nicht einmal Burt Aberdeen richtig begreifen konnte.

Simpson Flat hockte bereits wieder auf seinem struppigen Pinto. Er hatte sogar Zeit gefunden, den Schlag der Kutsche zuzuwerfen.

»Fahrt!«, schrie Whit Pearl mit heiserer Stimme. Aberdeen bemerkte, dass er sich Mühe gab, seine Stimme zu verstellen.

Vorne rissen Marty und John Navarra ihre Pferde zurück. Die Sheriffs zögerten. Doch dann griff der eine nach den Zügeln und fuhr los.

Whit Pearl jagte eine Kugel aus dem Lauf. Das Banditenrudel sprengte in den Wald hinein. Zu früh und zu hastig. Die dreißigtausend Dollar hatten sie anscheinend durchdrehen lassen. Die Leute der Kutsche nahmen sie unter Feuer. Burt Aberdeen riss seinen Rappen zurück. Da sah er John Navarra schon aus dem Sattel gehen. Aberdeen wollte schießen. Die anderen Banditen sicher auch. Doch die Kutsche war schon um die nächste Biegung verschwunden.

Whit Pearl trieb seinen Fuchs auf die Straße zurück. Marty sprang aus dem Sattel und rannte zu John Navarra hin. Auch Pearl stieg ab. Sie hoben den verwundeten Banditen in den Sattel, drückten ihm die Zügel in die Hände, und dann stob das Rudel davon. John Navarra nahmen sie in die Mitte.

Lucy Green stieg in Balmorhea vor dem Saloon aus dem Sattel. Er warf den Zügelstrick über den Haltebalken, klopfte seinem falben Wallach den Hals und ging dann in den Saloon hinein.

Es saßen vielleicht zwanzig Männer im Raum. Der Tresen war leer. Auch der Keeper hockte an einem Tisch. Lucy Green grüßte knapp und ging bis zum Tresen durch. Er spürte die vielen neugierigen Blicke auf seinem Rücken. Er scherte sich nicht darum.

Der Keeper kam herbei.

Lucy Green bestellte einen Whisky. Während der Keeper eingoss, blickte er verstohlen auf die Uhr. Wenn alles in Ordnung war, würden Marty und Burt die Kutsche sicher schon ausgenommen haben.

Der Keeper schob das Glas über den Tresen. »Fremd hier?«, fragte er interessiert. »Auf der Durchreise? Wir haben gute und billige Zimmer.«

Lucy Green lächelte. »Fremd, well. Auf der Durchreise eigentlich auch. Doch als ich auf die Stadt zuritt, kam mir die Idee, hier einen Job zu suchen.«

Der Keeper wiegte bedenklich den bulligen Schädel. »Schlechte Zeiten. Einen Job?« Er zog die Schultern hoch und schaute über die Tische hinweg. »Vielleicht nur auf der Pferderanch. Aber das ist nichts. Dort ... No! Das ist wirklich nichts.«

Zwischen den knappen Pausen konnte Lucy Green hören, wie still es im Saloon geworden war. Alle schienen dem Gespräch zuzuhören. Er sprach trotzdem laut, in der Hoffnung, dass es ein Mann in die Ohren bekommen würde, der einen Job zu vergeben hatte. »Meine Ansprüche sind nicht sehr groß«, sagte er zum Keeper und lächelte schief. »Mit Rindern und Pferden bin ich groß geworden.«

Der Keeper seufzte. »In diesen schlechten Zeiten wird man dabei klein.«

Lucy Green lächelte. Einige Hoffnungen zerrannen, und er fragte sich verbittert, warum es immer noch so verflucht schwer war, einen Job zu finden. Der Krieg war schon drei volle Jahre vorüber. Er schaute wieder auf die Uhr. Er hatte gewusst, dass es schwer werden würde. Deshalb bereute er seinen Entschluss keineswegs. Wenn er in dieser Stadt keinen Job bekam, dann würde er weiterziehen. Es gab noch viele andere Städte, und Balmorhea war die erste, in der er nach einem Job fragte.

Der Barmann hatte seinen Blick zur Uhr bemerkt. Lucy erschrak, als er das feststellte.

Der Keeper blickte gleichfalls zur Uhr und erklärte: »Sie geht etwas nach. Es ist gerade eins. Die Kutsche müsste eigentlich jetzt einfahren.« Er lauschte. Dann hob er die Hand und lächelte Lucy erfreut an. Ein ratterndes Geräusch war von der Straße her zu vernehmen, und Lucy hielt beklommen den Atem an.

Der Keeper zog eine Uhr aus der Tasche, klickte sie auf und verglich sie mit der Uhr an der Wand. Dann ging er hin und korrigierte. »Pünktlich sind die Jungs von der Stage«, bemerkte er voller Stolz, als gehöre die Linie ihm.

Lucy Green schluckte. Nicht eine Minute Verspätung, wie er hören konnte. Beklemmung befiel ihn. Er dachte an die Partner, und er hatte das Gefühl, sie im Stich gelassen zu haben. Wenn ihnen etwas zugestoßen war, würde er daran zu tragen haben. Sie waren immer zusammen gewesen. Im Krieg. Den ganzen Krieg hindurch. Dann die Jahre im Frieden, die keinem von ihnen die ersehnte Ruhe oder den neuen Anfang gebracht hatten. Sie waren wie Brüder gewesen, wie drei verlorene Söhne, die den Weg zurück nicht finden konnten. Nun war er einfach ausgestiegen, hatte das Band zwischen ihnen zerrissen. Er schnaufte, und das Blut schoss ihm in den Kopf. Er biss sich auf die Lippen. Dann kippte er den Whisky hinunter. Es war eine rasche und verzweifelte Bewegung. Es brannte im Magen wie Feuer.

Der Keeper goss sofort noch einmal ein. Um dessen Mund stand ein mitleidiges Lächeln. »Alle Straßen sind so verflucht lang, nicht wahr?«, fragte er und besah sich Lucy Greens abgerittene Kleidung.

Lucy Green nickte, lächelte unsicher und trank auch den zweiten Whisky auf einen Zug.

An der Tür war Bewegung. Von den Tischen erhoben sich einige Männer. Lucy Greens Blick fiel auf einen kleinen, drahtigen Mann, der einen Sheriffstern auf der Brust trug. Er war aufgestanden, warf Spielkarten auf den Tisch und ging leichten, federnden Schrittes zur Tür. Er machte auf Lucy Green einen harten und furchtlosen Eindruck. Er blickte zum Tresen herüber und lächelte freundlich. Lucy lächelte zurück, obgleich er nicht wusste, ob dieses Lächeln ihm oder dem Keeper gegolten hatte.

Lucy Green atmete gepresst aus. Es war ruhig geblieben. Vielleicht hatten Marty und Burt die Kutsche verpasst, sagte er sich. Schließlich hatten sie sich alles nur zwei knappe Tage lang angesehen. Aber die Zeit stimmte, und er wusste, dass er sich mit diesen Gedanken nur beruhigen wollte. Die Unruhe drängte ihn hinaus auf die Straße. Er wollte sich Gewissheit verschaffen. Nur mit Mühe konnte er diese Regung unterdrücken.

Dann tauchte ein Mann an der Tür auf. Er drückte die Schwingtüren mit beiden Armen auf. Er blieb einen Augenblick so stehen und sah sich wild um. Dann rief er laut: »Die Stage ist überfallen worden, Gentlemen! Nur wenige Meilen vor der Stadt. Dreißigtausend Dollar sind geraubt!«

Lucy Green blieb fast das Herz stehen. Sekundenlang herrschte ein lähmendes Schweigen im Saloon. Doch dann brach es los. Die Männer sprangen auf. Flüche und wilde Schreie ertönten. Fragen schwirrten auf den Mann an der Tür zu. Der kam langsam zum Tresen, einen ganzen Schwarm der Männer auf sich ziehend.

Lucy Green nahm sein Glas und drückte sich zur Seite. Der Tresen war im Nu besetzt.

»Der Sheriff sucht Männer für eine Posse!«, schrie jemand von draußen herein. Einige folgten augenblicklich diesem Ruf.

Der Mann am Tresen wurde mit ganzen Fragenbündeln überfallen. Endlich konnte er sprechen. »Dreißigtausend Dollar!«, sagte er bedeutungsvoll und sah sich um. Er war ein Wichtigtuer. Lucy Green sah ihm an, dass er die Fragen der anderen geradezu genoss.

»Dreißigtausend Dollar!«, sagte er noch einmal. »Die Silver Ranch wollte sie in diesen Tagen von der Bank abheben, um Lohngelder zu zahlen. Zwei Sheriffs aus Stockton haben den Transport begleitet.«

Der Keeper hatte Lucy noch einmal nachgeschenkt. Er trank, um seine Unruhe zu verbergen. Er verschluckte sich, musste husten und erreichte nun gerade das Gegenteil. Alle sahen zu ihm her.

»Einer von den Kerlen wurde aus dem Sattel geschossen«, fuhr der Mann dann fest fort und zog die Aufmerksamkeit der anderen wieder auf sich.

Ein Ring legte sich um Lucys Brust und drückte ihm die Lunge zusammen. Das also war der Preis! Nun hatten sie dreißigtausend Dollar, und einen von ihnen hatte es erwischt. Lucy gäbe etwas darum, erführe er, wer getroffen worden war. Marty oder Burt? Wer es auch ist – sie waren in Not! Hufschlag drang von der Straße herein. Lucys Blick fiel durch das Fenster auf die Straße hinaus. Reiter jagten vorüber. Lucy atmete gepresst aus. Der Vorsprung der Partner war zu gering. Das wusste er. Er war versucht, hinauszugehen und auf seinen Wallach zu steigen.

Aber da sagte der Mann schon: »Sie waren zu fünft. Sie kamen hinter den Hügeln aus dem Wald. Die Sheriffs waren ohne Chance.«

Lucy hielt den Atem an. In seinem Kopf rotierten tausend Gedanken. Nun verstand er gar nichts mehr.