Wir haben es nicht vergessen - Brigitte Finke - E-Book

Wir haben es nicht vergessen E-Book

Brigitte Finke

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Beschreibung

Während Irena und Stefan ihre frischgebackenen Schulkinder am ersten Tag begleiten, erfolgt in der Stadt ein Einbruch, der mit einer brutalen Körperverletzung endet. Und ausgerechnet in Irenas Haus, das sie seit ihrem Umzug zu Stefan vermietet hat. Wem oder was galt dieser Einbruch? War Irena selber das Ziel? Hattes man es auf ihre Mieter, die Familie Weller abgesehen? Oder war doch alles nur ein Zufall? Die Aussagen der Zeugen helfen erst einmal nicht. Bis dann doch noch der entscheidende Hinweis kommt. Und der haut alle um.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Ähnliche


Brigitte Finke

Wir haben es nicht vergessen

Irena und StefanBand 3

Inhaltsverzeichnis

Die Reihe „Irena und Stefan“

Das Buch

29.

30.

Tag eins

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

Tag zwei

15.

16.

17.

18.

19.

20.

21.

22.

23.

24.

Tag drei

25.

26.

27.

28.

29.

30.

31.

32.

33.

34.

35.

Tag vier

36.

37.

38.

39.

40.

Tag fünf

41.

42.

43.

44.

Tag sechs

45.

46.

47.

48.

49.

Tag sieben

50.

51.

53.

53.

54.

55.

56.

57.

58.

59.

60.

61.

62.

63.

64.

65.

66.

Tag acht

67.

68.

69.

Die weiteren weiteren Bücher der Reihe

Die Reihe „Irena und Stefan“

Irena Schneider und Stefan Bergmann sind Polizisten bei der Kriminalpolizei der Stadt. Mit ihrem kleinen Team, zu dem noch Silke Werner und Daniel Ostmann gehören, verfolgen sie Verbrecher und klären deren Verbrechen auf. Dabei haben sie sich auch kennen und lieben gelernt.

Ihre Kinder Anton und Moritz, beste Freunde und jetzt auch beste Brüder, sind mit dieser Entwicklung mehr als zufrieden.

Freuen Sie sich auf mehr Bücher aus der Reihe.

Band 1: …und Schuld bist du

Band 2: …hier habe ich das Sagen

Alle Bücher sind in sich abgeschlossen und lassen sich unabhängig voneinander lesen. Mehr Spaß macht es aber, wenn Sie die Reihenfolge beachten. Mehr dazu am Ende des Buches

Vor Ihnen liegt nun Band 3: …wir haben es nicht vergessen

Das Buch

Während Irena und Stefan ihre frischgebackenen Schulkinder am ersten Tag begleiten, erfolgt in der Stadt ein Einbruch, der mit einer brutalen Körperverletzung endet. Und ausgerechnet in Irenas Haus, das sie seit ihrem Umzug zu Stefan vermietet hat.

Wem oder was galt dieser Einbruch? War Irena selber das Ziel? Hattes man es auf ihre Mieter, die Familie Weller abgesehen? Oder war doch alles nur ein Zufall?

Die Aussagen der Zeugen helfen erst einmal nicht. Bis dann doch noch der entscheidende Hinweis kommt. Und der haut alle um.

29.

Henrike Weller verlies langsam das Schulgebäude. Sie wollte noch auf Hella, ihr jüngere Schwester warten. Wie immer war diese noch nicht am Schultor. Hella war meist etwas langsam. Sie träumte gerne ein bisschen vor sich hin statt einmal etwas schneller zu machen. Dass Henrike wartete, war ihr dabei völlig egal.

„He, du da. Musst wohl wieder Kindermädchen spielen. Oder ist es gar so, dass du nicht alleine nach Hause gehen kannst? Brauchst du deine kleine Schwester als Beschützerin?“ Die vorbeilaufenden Jungs hielten sich vor Lachen den Bauch. Jungs waren eben manchmal so richtig kindisch.

Was wussten die denn? Natürlich konnten die Schwestern jeder für sich alleine nach Hause gehen. Hatten sie ja an ihrer alten Schule auch so gemacht. Und auch hier waren sie nach dem ersten Schultag alleine nach Hause gegangen. Wirklich alleine, jeder für sich und ohne die anderen Schüler ihrer jeweiligen Klasse. Denn von den Mitschülern, die in die gleiche Richtung ginge wie Henrike und Hella, wollte da keiner sie dabeihaben. Sie waren eben die Neuen.

Aber jetzt. Da wollten die Mädchen gar nicht alleine gehen. Und auch nicht mit den anderen. Jetzt war alles anders. Von einem Tag auf den anderen. Und erzählen wollten sie auch nichts davon. Mit wem hätten sie auch darüber reden sollen? Wem konnten Sie denn überhaupt vertrauen?

Gut, die ganze Schule hatte bereits davon gehört. Aber nur der Direktor wusste, dass es ihre Familie betraf. Dass sie die Töchter waren. Auf ihren Wunsch und den ihrer Mutter hin hatte er niemanden etwas erzählt. Auch den Klassenlehrern nicht.

Ihre Lehrerin war ja ganz in Ordnung. Aber der Heinrich, oh Verzeihung, der Herr Heinrich. Also der Klassenlehrer von Hella, der war so eine Sache für sich. Ihm machte es Spaß seine Schüler aufzuziehen. Wäre ja an sich kein Problem, wenn er dabei nicht gerade die Schwächen der Schüler suchte. Und die der Schülerinnen noch mehr. Ihm war es egal, ob ein Kind darunter litt. Und die Geschwister litten doch schon genug.

Ihre Mutter überlegte gerade, ob sie wieder umziehen wollte. Aber warum? Das Haus konnte doch nichts dafür. Es war wunderschön. Den Kindern gefiel es dort. Endlich hatten sie jeder ein eigenes Zimmer. Das war in der alten Wohnung ganz anders gewesen. Da mussten sich Henrike und Hella ein Zimmer teilen. Und Henry, ihr kleiner fünfjähriger Bruder, hatte das Bett sogar noch im Elternschlafzimmer stehen. Der schöne, große Garten kam noch dazu. Henry konnte ungestört draußen toben, Mama sich ihre Beete anlegen und für Henrike und Hella gab es Ecken, in den man auch mal ungestört sein konnte.

Ja, sie wollten hierbleiben. Nicht einmal die Aussicht darauf, wieder in die alte Schule zu ihren Freunden zurück zu dürfen, konnte sie reizen. Hier war es viel ruhiger als in der Großstadt. Und mit den Mitschülern würde man schon noch klarkommen. An ihnen lag es zumindest nicht.

„Na was ist? Willst du hier Wurzeln schlagen oder kommst du mit? Kannst ja nicht immer die Neue bleiben.“ Jetzt waren ein paar Mädchen aus ihrer Klasse aus dem Schulhaus gekommen und sprachen sie an.

Gerade jetzt mussten sie ihr so ein Angebot machen. Henrike wollte so gerne mit ihnen mitgehen. Sie hätte jubeln können vor Freude. Aber sie sollte doch auf Hella warten. Was also machen? Hella einfach vergessen? Sie war ja selber schuld, wenn sie immer so bummelte.

Aber nein, das konnte sie nicht. Wenn nun Hella etwas passierte, nur weil sie, Henrike, nicht gewartet hatte.

„Ich komme ja schon. Können wir nicht auf meine Schwester noch warten? Die ist auch voll in Ordnung.“

„Man, das mag ja sein. Aber sie ist doch noch ein Baby.“

Na, das stimmte ja nun nicht. Obwohl, manchmal hatte Henrike das ja selber schon gedacht. Zum Glück kam in diesem Moment Hella um die Ecke, inmitten von Mitschülerinnen.

„He, Rike. Ich gehe heute mit meinen Freundinnen heim. Ist das in Ordnung?“

Ob das in Ordnung war? Mehr als in Ordnung war das. Damit war ihr Problem ja gelöst.

„Mach mal ruhig, ich mache das gleiche mit meinen Freundinnen. Wir sehen uns dann zu Hause.“

Für kurze Zeit hatte sie sogar ihren Vater vergessen.

30.

Helen Weller stand inzwischen am Fenster ihres Hauses. Ihres gemieteten Hauses. Nur gut, dass sie nur zur Miete wohnten. Da konnte sie sich überlegen, ob sie sich nicht irgendwo weit weg eine neue Wohnung suchten. Irgendwo, wo nichts sie mehr an diese blöde Sache erinnerte und niemand sie kannte. Die Kinder waren noch nicht lange in der neuen Schule und bisher hatten sie noch keine neuen Freunde gefunden. Dachte Helen zumindest. Von der neusten Entwicklung gerade auf dem Schulweg konnte sie ja noch nichts ahnen.

Aber anderseits. Das Haus war schön. Es war ideal für die Familie. Es war nicht zu groß. Die Zimmer für die Mädchen auf dem Dachboden hatten sie zwar erst ausbauen müssen, aber das war es wert gewesen. Nur gut, dass ihre Vermieterin das genehmigt hatte. Und das Haus konnte ja auch nichts dafür. Es war nicht seine Schuld. Keiner wusste bisher, wer schuld war.

Doch es war nun einmal so. Hendrik, ihr Mann, lag im Krankenhaus. Schwerverletzt nach einem Überfall. Einbrecher waren in das Haus eingedrungen. Am hellerlichten Tage.

Aber man hörte ja immer einmal davon, dass Einbrüche tagsüber stattfanden, wenn keiner der Bewohner zu Hause war. Und eigentlich wäre ja auch keiner dagewesen. Hätte Hendrik nur nicht ausgerechnet an diesem Tag sein Handy liegen gelassen und wäre noch einmal zurück. Das Auto hatte er der Einfachheit halber gleich auf der Straße stehen lassen. Ein Einfahren auf das Grundstück wäre zu Umständlich gewesen.

Und so hatten sie ihn nicht gehört, als sie über die Hintertür ins Haus eindrangen. Gerade in dem Moment als Hendrik die Haustür von innen hinter sich zuzog.

Wahrscheinlich hatten sie sich nicht die Mühe gemacht, Masken aufzusetzen. Vielleicht wären sie dann nämlich einfach wieder umgedreht. Aber Hendrik hatte sie wohl gesehen und hätte sie deshalb beschreiben können. So mussten sie schnell handeln. Und sie hatten gehandelt. Sie hatten Hendrik brutal zusammengeschlagen. Und wer weiß wie weit sie gegangen wären, ob sie nicht einmal vor einem Mord zurückgeschreckt wären, hätte es nicht gerade in diesem Moment an der Tür geklingelt.

Sie musste dem Paketboten dankbar sein, dass er es mit der Abstellgenehmigung so genau nahm und in den Vorraum des Hauses trat. Dafür hatte er den Code. So waren die Einbrecher doch lieber geflüchtet.

Der Bote hatte wohl aber etwas gehört. Ein Stöhnen, einen leisen Hilferuf, wie er ausgesagt hatte. Und er hatte einfach mal an der Wohnungstür geklinkt. Schließlich vermutete er eine Notsituation. Und dann hatte er ihren Mann gefunden, sofort Polizei und Notarzt gerufen und selbst erste Hilfe geleistet.

Nur war Hendrik so schwer verletzt, dass er keine Aussage zum Geschehen machen konnte. Er lag seitdem im Koma. Und sie konnten nur hoffen, dass er irgendwann wieder aufwachte. Wie schwer seine Verletzungen sich auswirkten, das konnte heute noch kein Arzt sagen.

Tag eins

1.

Irena und Stefan sahen stolz auf ihre zwei Jungs, die heute zum ersten Mal ihre Ranzen zur Schule trugen. Jeder der beiden hatte einen Sohn mit in die Beziehung gebracht.

Irena war geschieden, hatte ihren Anton. Und der verwitwete Stefan war Vater von Moritz.

Die Kinder, gleichaltrig, kannten sich bereits aus der Kita, waren dort schon beste Freunde. Und jetzt waren sie endlich beste Brüder, wie sie es selber gerne und häufig nannten. Jedem, der es wissen oder auch nicht wissen wollte, mussten sie es erzählen. War doch damit ein großer Wunsch der Jungs in Erfüllung gegangen.

Heute war der erste Schultag. Anton und Moritz waren glücklich, durften sie doch in die gleiche Klasse gehen. Obwohl die Eltern immer wieder bestätigt hatten, dass dies schon klar geht, hatten sie bis zuletzt Angst. Aber am Samstag war Schuleingangsfeier gewesen. Und Frau Stube, ihre Klassenlehrerin, hatte wirklich alle beide zu sich in die Klasse gerufen.

Sie durften sogar nebeneinandersitzen. Mussten aber den Eltern und der Lehrerin versprechen, dass im Unterricht nicht geschnattert wird. Na, mal sehen, wie lange das wohl gut geht wird. Die Jungen hatten eigentlich immer etwas zu erzählen.

„So Mama und Papa“, Moritz war an sie beide herangetreten. „Ihr könnt jetzt gehen. Ihr müsst ja nicht mehr mit in die Schule. Ihr könnte schon lesen und schreiben. Geht ihr mal die Verbrecher jagen.“

Anton bekräftigte das Ganze mit einem entschiedenen Kopfnicken.

„Wir lernen jetzt auch. Und dann können wir euch bald helfen. Tschüss!“ Und fort waren die beiden. Sie waren eben schon sehr selbständig geworden.

Irena und Stefan sahen sich an. Sie konnten sich ein lautes Lachen gerade noch solange verkneifen, bis die Kinder außer Hörweite waren. Und auch Oma Heike und Opa Frank, Stefans Eltern, fielen in das Lachen mit ein.

„Na dann lass uns mal ins Büro fahren. Die anderen warten bestimmt schon auf uns.“

Die anderen, das waren die Kollegen der Dienststelle der Kriminalpolizei der Stadt. In erster Linie Daniel Ostmann und Silke Werner, beide Kriminaloberkommissar wie sie selber auch, und ihr Chef Kriminalhauptkommissar Peter Schick. Natürlich gab es da noch mehr fleißige Mitarbeiter, Hagen Ortler von der Spurensicherung und Maria Lichtherr aus dem Labor zum Beispiel.

Sie alle verstanden sich prima, waren schon fast so etwas wie Freunde, wussten auch privat vieles voneinander. Und entsprechend angenehm war das Arbeiten. Selbst dann noch, wenn sie es mit den Abgründen des menschlichen miteinander zu tun bekamen.

Irena und Stefan betraten die Dienststelle in der Hoffnung, einmal keinen neuen Fall zu bekommen. Es gab genug Arbeit, die auch noch zu erledigen war. Schreibtischarbeit eben. Wäre schön, wenn sie einmal einen Tag hätten, der ihnen genug Zeit dafür lassen würde.

Aber sie betraten die Dienststelle eben doch in dem Wissen, dass das fast unwahrscheinlich war.

Peter stand auch schon an der Tür und schien sie zu erwarten. Nicht, dass er dabei auf die Uhr sah. Er hatte gewusst, dass sie heute, am ersten Tag nach ihrem Urlaub, später kommen würden und hätte sie nur im Falle einer Katastrophe angerufen. Überhaupt war Peter der beste Chef, den man sich nur wünschen konnte.

„Kommt bitte einmal zu mir, ihr beiden. Ich muss mit euch reden, bevor wir die anderen dazu holen. Besonders mit dir, Irena.“

Das klang ja geheimnisvoll, ja fast schon unheimlich. Irena bekam es mit der Angst zu tun. Was war passiert? Sie hatte kaum noch Kontakt zu ihrer Mutter, etwas Schlimmes wünschte sie ihr aber trotzdem nicht.

„Ich habe die Meldung von einem Einbruch mit schwerer Körperverletzung hereinbekommen, den ihr übernehmen sollt. Das Problem dabei: mir kam die Adresse irgendwie bekannt vor. Also habe ich einmal nachgeforscht. Und richtig, der Vorfall hat sich in deinem Haus zugetragen, Irena.“

Irena musste sich erst einmal setzen. Sie hatte bis zum frühen Sommer selber noch dort gewohnt. Stefan dagegen wohnte da noch in seinem eigenen Haus. Und sie beide hatten dann beschlossen, zusammenzuziehen. Jetzt lebten sie gemeinsam mit den Kindern im Haus von Stefans Eltern, die in das kleinere Haus am Ende des Grundstückes gezogen waren. Während Stefan sein Haus verkauft hatte, hatte Irena ihr Haus an die nette Familie Weller vermietet.

„Was ist geschehen? War es ein Anschlag auf die Wellers oder waren die nur ein Zufallsopfer. Hätte es also auch mich treffen können?“

„Das ist bisher leider nicht bekannt. Das sollt ihr ja ermitteln.“

2.

„Lasst uns zu den anderen gehen, dann erzähle ich euch, was ich weiß. Ich werde dich auch erst einmal nicht von dem Fall abziehen. Aber du weißt ja…“ Den Rest des Satzes lies Peter ungesagt. Ja, sie wusste, was er meinte.

„Guten Morgen. Es gibt einen neuen Fall. In Kurzform das, was mir schon bekannt ist. Dann könnt ihr euch an die Arbeit machen.

Heute Morgen hat der Paketbote Ralf Breuer ein Paket an der Straße, die zur Gartenbausiedlung führt, zustellen wollen. Die Familie hat Abstellgenehmigung hinter der ersten Tür erteilt und der Zusteller kennt den Code dafür. Als er ins Haus kam, hörte er hinter der Wohnungstür ein Stöhnen und wahrscheinlich auch einen Hilferuf. Er hat daraufhin an der Wohnungstür geklinkt und ist eingetreten. Er fand den Mieter, einen Herrn Weller, schwerverletzt. Alles deutet auf einen Einbruch hin.

Bei dem Haus handelt es sich um das von Irena. Ich werde sie nicht vom Fall abziehen. Die Leitung übernimmt diesmal aber Stefan. Und Irena, du hältst dich bitte trotz allem etwas im Hintergrund. Schreibtischarbeit ist auch mal nicht schlecht.“

Hatte sie das nicht vorhin gerade noch selber gedacht? So war das aber absolut nicht gemeint gewesen.

Die Kollegen sahen Irena bestürzt an. Jeder dachte wohl das gleiche: was, wenn Irena und Anton noch dort gewohnt hätten.

„Gut Peter, du hast wahrscheinlich recht. Aber eines möchte ich machen. Ich würde gerne mit Helen und, falls möglich, auch mit Hendrik Weller selber sprechen. Von mir aus könnt ihr sie hier aufs Revier bringen. Aber das bin ich ihnen einfach schuldig. Und ich würde mich dann auch ein bisschen besser fühlen. Die beiden sollen schließlich nicht denken, dass mir das Ganze egal ist.“

„Du bist niemanden etwas schuldig. Aber ich kann dich verstehen. In Ordnung, Stefan kann die Frau hierherbringen. Der Mann ist schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht worden. Da werden wir noch weitersehen. Und nun an die Arbeit. Ihr wisst, ich stehe euch jederzeit zur Verfügung. Und heute Abend bin ich als Zuhörer auch wieder dabei.“

Das war Peters übliche Vorgehensweise. Er machte seine eigene Arbeit und interessierte sich durchaus dafür, wie die Fälle der ihm unterstellten Kollegen vorwärts gingen. Aber er mischte sich in die Ermittlungsarbeit nicht ein. Er gab Hinweise, wenn er als Außenstehender etwas sah, was die anderen übersehen hatten. Das war bei dem einen Team mehr und bei dem anderen, so wie hier gewöhnlich, weniger. Und er war immer da, wenn seine Hilfe gebraucht wurde.

Jetzt ergriff Stefan das Wort. „Silke, du kommst mit mir mit zum Tatort. Wir werden uns dort einen ersten Eindruck verschaffen. Und Daniel, du versuchst schon mal etwas zum Hintergrund der Familie Weller heraus zu bekommen. Ein bisschen etwas kann dir Irena ja vielleicht erzählen.“

Kriminaloberkommissar Daniel Ostmann war der Computerspezialist der Dienststelle. Als solcher fühlte er sich im Büro vor seinen technischen Hilfsgeräten am wohlsten. Wenn es notwendig war, scheute er die Feldarbeit, wie er es selbst nannte, nicht. Aber er riss sich auch nicht gerade darum.

„Na dann wollen wir mal. Kommst du mit zu mir ins Zimmer, Irena?“

Irena tauchte aus ihren Gedanken auf. Sie fühlte sich immer noch wie vor den Kopf geschlagen. Aber sie würde sich zusammenreisen. Sie würde professionell arbeiten. So wie immer. Sonst konnte sie den Kollegen ja nicht helfen.

„Ja, ich bin schon unterwegs. Mensch Daniel, heute Morgen haben wir die Kinder in die Schule geschafft. Da war alles noch in Ordnung. Die Jungs waren stolz und glücklich. Endlich Schulkinder und dann auch noch in einer Klasse und am gleichen Schultisch. Für sie war die Welt in Ordnung. Und auch für uns, wir waren auch stolz auf unsere groß gewordenen Kinder.

Aber weißt du was? Moritz hat uns mit den Worten verabschiedet, wir sollten doch mal Verbrecher jagen gehen. Das ist ja fast so, als hätte er etwas geahnt. Aber das kann so ein kleiner Junge doch noch gar nicht wissen.“

„Nun mal ruhig, Irena. Das konntet auch ihr nicht wissen. Keiner konnte das. Und für Moritz ist das nun mal eure Arbeit. Ihr jagt Verbrecher. Dass zur Polizeiarbeit auch anderes gehört, dass liegt noch außerhalb seines Begreifens.

Du musst den Fall unpersönlich angehen, auch wenn dir das schwerfällt. Sonst zieht Peter dich noch ganz ab. Und das wiederum würde heißen, dass auch Stefan nicht mehr mitarbeiten darf. Das ist dir doch bewusst, oder?“

„Du hast ja recht, Daniel. Ich komme nur nicht von dem Gedanken los. Was wäre passiert, wenn wir noch dort gewohnt hätten? Wenn Anton den Einbrechern in die Quere gekommen wäre?“

„Du weißt doch noch gar nicht, ob es ein Zufallsverbrechen war. Vielleicht ging das ganze ja gezielt gegen die Familie Weller oder zumindest gegen den Ehemann Hendrik.

Leg mal los. Erzähle mir alles, was du über die Familie weißt. Fange ganz von vorne an. Wie hast du sie kennen gelernt. Was weißt du von ihnen? Fühle dich einmal wie ein Zeuge. Und ich werde dich verhören.“

Mit den letzten Worten hatte Daniel geschafft, was er bezweckt hatte. Irena lies sich ein klitzekleines Lächeln entlocken.

„Also gut, dann will ich mal.“

3.

„Als wir beschlossen hatten, zusammenzuziehen, stand natürlich auch die Frage nach meinem Haus im Raum. Stefan wollte seines von Anfang an verkaufen. Wir wohnen jetzt ja auch in dem von seinen Eltern, da machte das einfach Sinn. Die Idee, mein Haus erst einmal zu vermieten, stammt von Stefan. Da hätte ich im Zweifelsfall immer noch eine Ausweichstelle, wenn es nicht klappen würde. Also verstehe das jetzt nicht falsch. Das war, weil ich am Anfang gezögert habe. Nicht Stefan.

Aber ich habe eben meine Erfahrungen gemacht, und nicht gerade die besten. Da wird man vorsichtig. Obwohl ich eigentlich nie an Stefan gezweifelt habe. Und inzwischen bin ich mir auch ganz sicher, dass wir beide zusammengehören. Ach was sage ich, wir vier gehören zusammen. Sonst hätte ich wahrscheinlich auch noch nicht vermietet, sondern das Haus einfach erst einmal leer stehen lassen. Jetzt könnten wir ja nicht mehr so von heute auf morgen dort wieder einziehen.

Ich habe dann einen Makler beauftragt, für mich einen Mieter zu finden. Und das ging dann auch sehr schnell. Fast ein bisschen zu schnell. Aber der Makler erklärte mir dann, dass er für die Familie schon lange nach einer größeren Wohnung sucht, die auch noch bezahlbar ist. Naja, zumindest letzteres trifft ja auf das Haus zu. Ich verlange Miete an der unteren Grenze des örtlichen Mietspiegels. Mir reicht es, wenn die laufenden Kosten gedeckt sind und soviel gespart werden kann, dass die Rücklagen für Reparaturen reichen. Mehr brauche ich nicht dafür.

Die Familie kam uns auch wirklich nett vor. Sie besitzen drei Kinder, was mir eigentlich etwas viel für das recht kleine Haus vorkam. Anton hatte sein Zimmer, für Moritz wäre aber kein eigenes vorhanden gewesen.

Nun ja, sie haben sich dann angeboten, auf eigene Kosten den Dachboden für ihre Töchter auszubauen. Warum nicht, habe ich gedacht. Und da sind wir uns dann einig geworden.“

„Und was weiß du sonst von der Familie? Berufe und so weiter. Du kennst das doch.“

„Stimmt, ich benehme mich wirklich wie ein Zeuge, schweife ab. Aber vielleicht ist das irgendwann ja alles doch noch wichtig. Kann ja sein, dass das Haus gezielt ausgewählt wurde wegen der Familie. Oder die Familie hat das Haus gewählt, weil es für sie günstig lag. Für was auch immer.

Aber lass mich einmal kurz überlegen. Hendrik Weller ist jetzt dreiundvierzig und arbeitet als Tischler in der Möbelfabrik. Seine Frau Helen ist achtunddreißig und Zahnarzthelferin bei unserem Zahnarzt hier in der Stadt. Die Kinder sind jetzt, soweit ich mich erinnere, fünfzehn, zwölf und fünf Jahre alt. Die Mädchen gehen ab heute ins Gymnasium und der Junge in die Kita. An ihre Namen kann ich mich aber beim besten Willen nicht mehr erinnern. Ich glaube, die haben sie uns auch gar nicht genannt.“

Daniel hatte sich alles geduldig angehört.

„Naja, viel ist es nicht. Aber ich glaube, mehr hätte ich auch nicht erfragt, wenn ich Vermieter wäre. Und mehr hat mein Vermieter damals auch nicht wissen wollen. Außer dass er noch den Lohnnachweis sehen wollte. Darum habt ihr euch doch auch gekümmert?“

„Haben wir. Lohnnachweis, Auskunft des alten Vermieters, Schufaabfrage. Da ist alles in Ordnung.“

„Was ja nicht heiß, dass nicht doch irgendwo etwas im Argen liegt, wie man so schön sagt. Ich werde mich also mal vor meinen Computer setzen und auf Spurensuche gehen. Vielleicht finde ich ja etwas, das ihr nicht wisst, weil es euch verschwiegen wurde.“

„Ach Daniel, eins noch. Das Haus habe ich von meinem Vater geerbt. Meine Mutter hat nie dort wohnen bleiben wollen. Ihr hat es in der Stadt nicht gefallen, also ist sie so schnell wie möglich in die Landeshauptstadt gezogen. Insofern war ihr das mit dem Erbe damals egal. Trotzdem sollte sie davon erfahren, und zwar von mir. Ich gehe zu Peter und werde dann zu ihr fahren.“

„Also gut, fahr du zu deiner Mutter. Ich kann und will dir nicht verbieten, mit ihr zu reden. Aber denke dran, du bist in erster Linie Privatmensch bei ihr.“ Peter stimmte nur ungern zu. Aber er sah auch ein, dass dieser Punkt Irenas Privatsache war.

„Muss ich wohl auch sein, sonst redet sie erst gar nicht mit mir. Es sei denn, sie kann etwas erfahren, das sie dann ihren Freundinnen erzählen kann. Aber ich werde natürlich trotzdem versuchen herauszubekommen, ob sie etwas weiß. Nicht mit Fragen sondern durch beobachten und zuhören.“

„Ich kenne deine Mutter zwar nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie etwas weiß. Und einmal ehrlich, wie lange gehört ihr das Haus schon nicht mehr?“

„Zehn Jahre. Ja ich weiß, wir würden sonst Vorbesitzer auch nicht befragen, wenn das Gebäude schon so lange nicht mehr in deren Besitz ist.

Mir geht es auch in erster Linie darum, dass sie es nicht aus den Medien erfährt oder von irgendeiner missgünstigen alten Bekannten. Noch weiß sie nicht, dass ich jetzt bei Stefan wohne. Und wenn wir uns auch sonst nicht viel zu sagen haben. Es könnte sie trotz allem erschrecken, wenn sie von einem Überfall ausgerechnet auf das Haus hört, in dem ich mit Anton wohne.

Aber vielleicht hat ihr gerade so eine alte Bekanntschaft schon etwas zugetragen, was für uns interessant sein könnte. Es geht doch nichts über ein bisschen Tratsch, wenn man dem anderen dadurch zeigen kann, dass man ihm überlegen ist. Und Mutter selber tratscht auch gerne. Also kann sie mir ja vielleicht etwas erzählen.

Ich selber aber werde natürlich vollkommen unwissend sein. Habe gerade noch Urlaub und weiß daher von nichts. So kann sie mich nicht ausfragen und nichts weitererzählen. Was dann natürlich dann reichlich ausgeschmückt werden würde. Man will doch die sein, die am meisten weiß.“

„Hauptsache sie erzählt dann nichts, was sie erst erfunden hat.“

„Ach Peter, du kennst meine Mutter nicht. Das kann bei ihr sowieso passieren. Und wenn ich dann noch geheimnisvoll tue oder ihr verbiete mit anderen zu reden, dann passiert das erst recht.“

4.

Irena war also in die Landeshauptstadt gefahren. So richtig wohl war ihr bei dem Gedanken, ihre Mutter gleich zu treffen nicht. Diese hat absolut nie Zeit für sie. Ihren Enkel ignorierte sie. Wenn Irena sie einmal brauchte um auf Anton aufzupassen, hatte sie nie Zeit.

Und außerdem: erstens mal hätte Irena sich ja nicht scheiden lassen brauchen, dann wäre immer ein Papa da, der das übernehmen konnte. Und zweitens braucht sie sich ja nur einen ordentlichen Beruf suchen. Einen, wo man geordnete Arbeitszeiten hatte.

Dass ihre Irena ihren Beruf liebte, war ihr vollkommen egal. Und dass Antons Papa nie abends zu Hause gewesen ist, noch weniger Zeit hatte als Irena selber, dass ihm sein Sohn wahrscheinlich vollkommen egal war, dass ignorierte Birgit Richmann sowieso.

Nun gut, es war wie es war. Inzwischen hatte sie ja Oma Heike und Opa Frank, die Anton als Enkel schon adoptiert hatten, bevor Irena und Stefan sich selber über ihre Beziehung klar geworden waren.

„Hallo Mutter, darf ich kurz reinkommen? Ich muss dringend mit dir reden.“

„Irena? Was machst du denn hier? Ich staune, dass du überhaupt noch weißt, wo ich wohne. Aber gut, wenn du schon einmal da bist, dann komme eben rein. Ich habe aber nicht viel Zeit. Meine Freundin kommt mich dann gleich besuchen. Hat mich vorhin angerufen. So richtig kurzfristig. Aber sie scheut eben den Weg aus der Stadt bis zu mir nicht. Und der ist genauso lang wie deiner.“

Frau Richmann sah Irena triumphierend an. Ja, für andere war sie eben wichtiger als für die eigene Tochter.

Oh, oh, dachte Irena. Ob du am Ende merkst, dass deine Freundin nur kommt, weil sie dir eine Sensation mitzuteilen hat? Bestimmt hatte es sich inzwischen rumgesprochen, dass vor dem Haus von Birgit Richmann Polizei stand. Dass ihr eben dieses Haus schon seit langem nicht mehr gehörte, war dabei natürlich Nebensache.

„Es geht auch schnell, was ich dir zu sagen habe. Ich wollte das nur nicht am Telefon machen. Aber wahrscheinlich hätte ich mir den Weg sparen können, wenn du Besuch von einer deiner Freundinnen bekommst.“

Die Anführungszeichen oder die besondere Betonung für das Freundinnen verkniff sich Irena lieber.

„Also kurz, in mein Haus wurde heute früh eingebrochen. Es gab einen Schwerverletzten. Warum und weshalb, dass ist wohl noch nicht bekannt. Ich…“

Birgit Richmann unterbrach ihre Tochter groff. „Das war ja klar, dass irgendwann einmal so etwas passiert. Du musst dir in deinem Beruf ja auch massig Feinde gemacht haben. Und dann werden auch noch unbeteiligte verletzt. Oder hattest du etwa jemanden zu Besuch?“

„Vielleicht lässt du mich erst einmal ausreden. Ich wollte dir gerade erklären, dass ich nichts Weiteres weiß, weil ich zurzeit Urlaub habe.

Und sag mal, weißt du überhaupt noch, wo ich wohne? Würdest du uns finden, wenn du denn einmal dazu bereit wärst, uns zu besuchen? Dein Weg ist nämlich genausoweit wie meiner.

Ich wohne schon seit einigen Wochen nicht mehr in dem Haus. Ich habe wieder eine Beziehung. Mit einem Mann, dem ich etwas bedeute. Und da Anton jetzt in die Schule geht, sind wir noch vor Schulbeginn zusammengezogen.

Übrigens Anton. Nein, ihm ist dadurch bei dem Überfall auch nichts passiert.

Weißt du, Mutter, ich bin hergekommen, weil du es von mir erfahren solltest. Nicht von Dritten, damit du dich nicht erschrickst. Aber das war wohl Wunschdenken von mir. Ich hätte in der Stadt bleiben sollen und es deiner Freundin überlassen, dass sie dir davon erzählt. Ich vermute nämlich, dass sie nur deshalb heute so plötzlich Zeit hat, weil es etwas zu Tratschen gibt. Mach´s gut, ich fahre wieder.“

Irena rannte schon fast zu ihrem Auto. Wieder dort, konnte sie die Tränen nicht zurückhalten. Was hatte sie denn erwartet? Sie wusste doch, wie ihre Mutter tickte. Ab jetzt wollte sie sich nur noch auf den Fall konzentrieren. Und auf ihre neue Familie.

5.

Silke und Stefan waren inzwischen am Tatort eingetroffen. Von außen war kaum zu sehen, dass sich hier ein Verbrechen ereignet hatte. Nur die Einsatzfahrzeuge, das blinkende Blaulicht und die vielen Gaffer zeigten, dass hier etwas nicht stimmte.

„Hallo Denise, schön dass gerade du hier am Tatort bist. Was kannst du uns denn erzählen?“

Die noch junge Polizeihauptmeisterin Denise Wünsche hatte sie schon im letzten Fall unterstützt und dabei gezeigt, dass sie durchaus für die Kripo geeignet war.

„Ins Haus wurde heute Morgen eingebrochen. Es sieht danach aus, dass die Täter durch die Hintertür hereingekommen sind. Im Garten sind im Schlamm deutlich Fußspuren zu sehen und auch gleich hinter der Tür. Der Paketbote wollte wohl ein Paket abstellen und hat dabei in der Wohnung etwas gehört, das ihn hat stutzig gemacht. Er war es auch, der den Verletzten Bewohner gefunden und ihm somit wahrscheinlich das Leben gerettet hat.“

„Ist der Mann noch hier, können wir ihn befragen?“

„Du meinst sicher den Paketboten. Ja, Ralf Breuer, so heißt der Zeuge, sitzt da drüben. Er ist etwas geschockt. Aber im Großen und Ganzen geht es ihm gut.

Der Bewohner des Hauses ist vor wenigen Minuten schwerverletzt in die Uniklinik gebracht worden. Die Sanitäter meinten, dass er wohl nicht so schnell ansprechbar sein wird, da es sich vor allem um Kopfverletzungen handelt.

Aber sag mal, Stefan. Stimmt es, dass das Haus Irena gehört? Ich mag mir gar nicht vorstellen, dass ihr etwas passiert wäre. Also ich meine, es ist so genauso schlimm. Aber Irena ist immerhin eine Kollegin, die man persönlich kennt.“

„Schon gut Denise, ich weiß was du meinst. Mir geht es ja genauso. Und den Kollegen auch.

Ja, es stimmt. Das Haus gehört Irena. Sie hat es erst vor wenigen Wochen an die Familie Weller vermietet. Diese ist während der Schulferien dann hier eingezogen“

„Oh weh, das ist kein guter Start in ein neues Haus.“

„Du sagst es. Hast du eigentlich immer noch Interesse, bei uns anzufangen?“

„Der Antrag liegt auf dem Tisch in der Chefetage. Peter Schick hat ihm wohl auch zugestimmt. Er meint, er kann immer Personal brauchen. Und bei mir wüsste er auch, dass er gutes bekommt. Ich bin gleich ein paar Zentimeter gewachsen, so habe ich mich über sein Urteil gefreut. Aber der Dämpfer kam dann von oben. Keine freien Kapazitäten. Ich müsste in eine andere Dienststelle wechseln. Und das kann ich mir nicht leisten. Meine Oma wohnt hier und die ist auf meine Hilfe angewiesen. Einen Umzug würde sie aber nicht mehr verkraften, auch mir zu Liebe nicht. Du weißt ja, einen alten Baum…“

„Irena ist für den Fall nicht voll einsetzbar. Sie kann nur im Hintergrund arbeiten. Wir wollen auch kein Risiko eingehen bis wir uns sicher sind, dass die Einbrecher von ihr nichts wussten.

Kann also durchaus sein, dass ich Hilfe brauche. Mal sehen, ob ich dich dann wenigstens mal für den einen Fall als Unterstützung bekomme.“

Stefan ging jetzt zu dem am Rand sitzenden Paketboten.

„Guten Tag, ich bin Kriminaloberkommissar Stefan Bergmann. Sie haben den Verletzten gefunden? Haben vorher sogar etwas gehört? Aber fangen wir erst einmal mit ihrem Namen an. Mir wurde gesagt, sie heißen Ralf Breuer.“

„Genau, Ralf Breuer. Ich fahre schon seit einigen Jahren hier in der Wohngegend die Pakete aus. Die meisten meiner älteren Kunden kenne ich daher. Die sind dann auch meist zu Hause, wenn ich komme. Naja und die jüngeren, die noch arbeiten gehen, haben dann irgendeine Abstellerlaubnis erteilt. Mal ist es die Zustellung beim Nachbarn, mal der Schuppen oder die Garage. Die Familie hier hat eine ganz andere Möglichkeit gewählt.“

Der Zeuge musste erst einmal tief Luft holen. Vor Aufregung hatte er das Atmen vergessen.

„Erzählen Sie ganz ruhig weiter, Herr Breuer. Sie machen das schon richtig. Wo also sollten Sie das Paket der Familie Weller abstellen?“

„Ja dazu muss ich ganz kurz ausholen. Das Haus hat einen Vorraum. Einen verschlossenen wohlgemerkt. Die eigentliche Wohnungstür liegt erst dahinter. Wenn man also in diesem Vorraum ist, ist man noch lange nicht in der Wohnung. Und für diesen Vorraum beziehungsweise für die äußere Tür eben habe ich den Code zum Öffnen.

Das war übrigens schon bei der Dame vorher so. Der habe ich die Pakete auch immer in den Vorraum gelegt. Nur eben noch mit einem anderen Code damals.

Aber sagen Sie einmal, Herr Bergmann. Die Hausbesitzerin, ist das nicht eine Kollegin von Ihnen?“

„Genau, aber das hat hiermit nichts zu tun. Erzählen Sie bitte weiter.“

„Ich habe also erst kurz geklingelt und als niemand öffnen kam, die Tür mit diesem Code geöffnet und wollte das Paket ablegen. Da habe ich hinter der anderen Tür, also der Wohnungstür, so komische Geräusche gehört. Ich habe mich regelrecht erschrocken. Erst war es ein lautes Knallen, das kam von ziemlich weit weg. Nachdem ich jetzt den Wohnraum gesehen habe, denke ich, dass es von der Hintertür kam, wahrscheinlich sind die Täter da gerade geflohen und haben die Tür zugeschlagen. Und dann war da so ein Stöhnen und ich glaube, auch ein Hilferuf war zu hören. Den kann ich mir natürlich auch eingebildet haben.

---ENDE DER LESEPROBE---