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CanMEDS in der Gesundheitsversorgung Fachliche Expertise, klinische Kompetenz und Outcome-Orientierung sind die Zielvorgaben für die Expert*innen der Gesundheitsberufe, um eine qualitativ hohe Gesundheitsversorgung im interdisziplinären Team sicher zu stellen. Dies gelingt ihnen in ihren Rollen als Medical Expert, Health Advocate, Professional, Collaborator, Communicator, Scholar, Manager (CanMEDS-Rollenkonzept). In der klinischen Praxis ist es immer ein Mix an Kompetenzen, der zur Problemlösung führt. Nach einer Einführung zu CanMEDS orientieren sich die Bände der Reihe an den Tätigkeiten der Berufsgruppen, strukturell sind sie mit Grafiken und Fallbeispielen übersichtlich gestaltet. Health Professionals in der Rolle Scholar In der Rolle Scholar engagieren sich alle Health Professionals während ihrer beruflichen Laufbahn für die optimale Gesundheitsversorgung, indem sie sich ständig fort- und weiterbilden. Sie eignen sich Wissen an, entwickeln daraus fachliche, methodische, personenbezogene und soziale Kompetenzen und reflektieren ihre Erkenntnisse. Entscheidend aber ist die Performanz, also das, was tatsächlich als Qualität in der Gesundheits-versorgung ankommt. Performanz zeigt sich unmittelbar in der Diagnostik, Therapie und in den Interventionen der Health Professionals, aber auch mittelbar in der Weitergabe von Wissen und Fähigkeiten im Mentoring, in der Lehre und in der Forschung.
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Seitenzahl: 154
Veröffentlichungsjahr: 2025
Claudia Winkelmann
Christina Rogalski
Jens Karluß
Wissensmanagement in der beruflichen Laufbahn
Fachkräfte für Gesundheit gewinnen und halten
Wissensmanagement in der beruflichen Laufbahn
Claudia Winkelmann, Christina Rogalski, Jens Karluß
Programmbereich Gesundheitsberufe
Wissenschaftlicher Beirat Programmbereich Gesundheitsberufe
Sophie Karoline Brandt, Bern; Jutta Berding, Osnabrück; Sinje Gehr, Göttingen; Heidi Höppner, Berlin; Heike Kubat, Feldbach; Christiane Mentrup, Zürich; Sascha Sommer, Bochum; Ursula Walkenhorst, Osnabrück; Claudia Winkelmann, Berlin
Claudia Winkelmann, Prof. Dr. rer. med., Professorin für Betriebswirtschaft und Management im Gesundheits- und Sozialwesen, Alice-Salomon-Hochschule Berlin
Christina Rogalski, Prof. Dr. med. habil., Fachärztin für Dermatologie und Venerologie, Ärztliches Qualitätsmanagement, Klinikgeschäftsführerin bei der Hospital Management Group GmbH, Schleswig
Jens Karluß, Medienberater/Grafiker/Designer Medien-Sachsen Agentur, Aue-Bad Schlema
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Lektorat Gesundheitsberufe
z. Hd.: Barbara Müller
Länggass-Strasse 76
3012 Bern
Schweiz
Tel: +41 31 300 45 00
www.hogrefe.ch
Lektorat: Barbara Müller
Herstellung: Daniel Berger
Umschlagabbildung: Djelics, Getty Images
Umschlag: Hogrefe intern
Satz: Claudia Wild, Konstanz
Format: EPUB
1. Auflage 2025
© 2025 Hogrefe Verlag, Bern
(E-Book-ISBN_PDF 978-3-456-96351-8)
(E-Book-ISBN_EPUB 978-3-456-76351-4)
ISBN 978-3-456-86351-1
https://doi.org/10.1024/86351-000
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CanMEDS – Die Zukunft im Gesundheitssystem
Einführung zur Rolle als Scholar
Tipp zur Nutzung des Buches
1 Einführungsphase
1.1 Übersicht der Aspekte
2 Wachstumsphase
2.1 Übersicht der Instrumente
3 Reifephase
3.1 Übersicht der Instrumente
4 Sättigungsphase
4.1 Übersicht der Instrumente
5 Austrittsphase
5.1 Übersicht der Instrumente
Schlusswort
Literatur
Weiterführende Literatur
Autorinnen und Autor
Mit Blick auf die Herausforderungen im Rahmen der Gesundheitsversorgung werden von allen hierfür tätigen Berufsgruppen, sowohl hohe fachliche Fähigkeiten und Fertigkeiten als auch personale und soziale Kompetenz erwartet. Selbst haben die Fachkräfte im Gesundheitswesen als Therapeutinnen und Therapeuten1, Pflegende und Ärztinnen und Ärzte den Anspruch, sinnstiftend tätig zu sein. Sie alle wollen bspw. auf Augenhöhe im interdisziplinären Team agieren und die ihnen anvertrauten Patientinnen und Patienten nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen untersuchen und behandeln. Das sogenannte CanMEDS-Rollenkonzept spiegelt diese Erwartungen und Ansprüche sowie die hierfür benötigten Kompetenzen wider. CanMEDS wurde ursprünglich in Kanada als Rahmenkonzept für die allgemeinmedizinische Ausbildung entwickelt (Canadian Medical Educational Directives for Specialists for general medical training). Zwischenzeitlich dient es in verschiedenen Ländern in der Medizinausbildung sowie in der therapeutischen und pflegerischen Qualifikation als Grundlage für die Curricula. Aber auch das berufliche Wissensmanagement als Lebenszyklusorientierte Personalentwicklung nutzt dieses Rollenmodell als Rahmen. Das CanMEDS-Modell umfasst insgesamt sieben Berufsrollen (Tabelle 1).
Nach dem Verständnis des CanMEDS-Rollenmodells steht keine dieser Berufsrollen eigenständig für sich, sondern erst deren Gesamtheit macht den Experten für die Gesundheitsversorgung aus. Das Rollenmodell ermöglicht eine gewisse Ordnung und Strukturierung. Es wird deutlich, dass sich die notwendigen Kompetenzen zur optimalen, qualitätsgesicherten Gesundheitsversorgung überschneiden. Dennoch können pro Rolle bestimmte Kernaspekte identifiziert werden (siehe Abbildung E-1). Mit diesen Kernaspekten beschäftigen sich die einzelnen Titel dieser Buchreihe, die jeweils eine ausgewählte Berufsrolle (hier die Rolle Scholar) in den Blick nehmen. Die große Praxisorientierung im Buch soll die Rollen-Entfaltung unterstützen und letztlich zur optimalen Versorgung der anvertrauten Patientinnen und Patienten beitragen.
Tabelle 1: CanMEDS Rollen im Überblick
Abbildung E-1: Wirkung der einzelnen CanMEDS-Rollen auf die zentrale Expertenrolle
In diesem Buch nutzen wir unterschiedliche Schreibweisen mit dem Anspruch der Geschlechtsneutralität. Auch wenn wir zumeist aus Gründen der Lesbarkeit die männliche Sprachform oder eine neutrale Form bei personenbezogenen Substantiven und Pronomen verwenden, impliziert dies keinesfalls eine Benachteiligung der jeweiligen anderen Geschlechter.
Die Rolle Scholar stellt eine der Berufsrollen im CanMEDS-Rahmenkonzept dar (S. 7). Damit sollen das Bewusstsein und der Anspruch zum Lebenslangen Lernen speziell mit beruflichem Bezug geschaffen und unterstützt werden. In der Rolle Scholar engagieren sich alle Berufs- und Professionsangehörigen im Gesundheitswesen während ihrer gesamten beruflichen Laufbahn für die optimale Gesundheitsversorgung, indem sie sich ständig fort- und weiterbilden. Dabei geht es um das Aneignen von Wissen, aber auch die Kompetenzentwicklung und schließlich um die Performanz. Kompetenz als Wille, Wissen, neue Erkenntnisse sowie Erfahrungen anzuwenden, und deren Entwicklung bezieht sich auf fachliche, methodische, personenbezogene und soziale Aspekte. Entscheidend aber ist die Performanz, also das, was tatsächlich in der Gesundheitsversorgung ankommt. Dies kann sich direkt als Prävention und Gesundheitsförderung, Diagnostik, Therapie, Pflege usw., aber auch indirekt als Weitergabe von Wissen und Fähigkeiten durch Einarbeitung, Anleitung, Lehre, Unterricht, Mentoring zeigen. Zur Rolle Scholar zählt ebenso die Reflexion des vorhandenen Wissens, z. B. durch das Stellen und Untersuchen wissenschaftlicher Fragen in der Praxis. Nicht zuletzt wird die Rolle durch das Verbreiten von Wissen und Praktiken im Gesundheitsbereich bspw. in Form von fach- und populärwissenschaftlichen Publikationen, Konferenz- und Kongressbeiträgen ausgefüllt.
Das übergreifende Ziel von Wissensmanagement ist, sich bestmöglich durch neues Wissen und Fähigkeiten den ständig verändernden Situationen anzupassen. Das Kriterium „bestmöglich“ berücksichtigt das organisationale und das individuelle Wissensmanagement gleichermaßen:
Organisationales Wissensmanagement: Für die Sicherung des Fortbestehens der Gesundheitseinrichtung bzw. der Gesundheitsversorgung müssen Bedingungen existieren und kontinuierlich geschaffen werden, um Wissen und Fähigkeiten der Mitarbeitenden zu entwickeln und für die künftige Gesundheitsversorgung zu sichern. Dies geschieht bspw. über Standardisierung des Onboarding-Prozesses, von Unterweisungen (S. 44) und Zielvereinbarungssystemen (S. 94) sowie Datenbanken (S. 84, 222) und Archivierung. Es handelt sich um eine strategische Aufgabe auf Basis von konstitutiven Entscheidungen des Top-Managements, z. B. Praxisinhaber, Klinikgeschäftsführerin, Krankenhausvorstand.
Individuelles Wissensmanagement: Für Mitarbeitende bedeutet das individuelle Wissensmanagement neben Verantwortungsübernahme (S. 106) und wahrgenommener Selbstwirksamkeit sowie Teamzugehörigkeit auch die Sicherung der Erwerbstätigkeit als Existenzgrundlage und für die private Lebensplanung. |12|Die Entscheidungen jedes und jeder Mitarbeitenden sind abhängig vom Dreiklang aus Leistungsfähigkeit, -möglichkeit und -bereitschaft. Diese stehen wiederum im Zusammenhang mit den individuellen Bedingungen (z. B. familiäre Verpflichtungen, Gesundheitsstatus) und den organisationalen Bedingungen (z. B. bestehende Unternehmenskultur, echte Unterstützungs- und Entwicklungsmöglichkeiten).
Vor diesen Hintergründen sind neben typischen Qualifikationsmaßnahmen auch Aspekte wie Betriebliches Gesundheitsmanagement (S. 104), Selbstfürsorge (S. 206), Reflexion von Bedürfnissen (S. 68) und unterschiedliche Lebensstile (S. 66) absolut relevant im organisationalen und individuellen Wissensmanagement des Lebenslangen Lernens im beruflichen Kontext.
Das Lebenslange Lernen (auch synonym lebensbegleitendes Lernen, lebensbegleitende Bildung, éducation permanente, lifelong learning, lifelong education, recurrent education) umfasst sämtliche Qualifikationen, Bildungsgänge und Lernszenarien, d. h. die Gesamtheit des Lernens während eines Lebens. Lebenslanges Lernen zielt auf die individuelle Erweiterung von Kenntnissen, Wissen, Fähigkeiten, Qualifikationen und Kompetenzen. Es kann sich in unterschiedlichen Settings wie Familie, Beruf, Freizeit, Schule, Kommune vollziehen und unter verschiedenen Blickwinkeln auf der Mikro-, Meso- und Makroebene. Das Konzept des Lebenslangen Lernens ist nicht berufs- oder professionsspezifisch, sondern gilt ganz allgemein. Allerdings kommt dem Konzept im Zusammenhang mit dem Fachkräftemangel, der Fachkräftegewinnung und dem Halten von Fachkräften eine herausragende Bedeutung zu. Insbesondere geht es um systemrelevante Branchen, die in Präsenz agieren und deren Leistungsangebot nicht oder nur eingeschränkt durch Künstliche Intelligenz (KI) substituiert werden kann. Eine solche systemrelevante Branche ist das Gesundheits- und Sozialwesen. Fachkräfte entwickeln sich im Zuge des Lebenslangen Lernens durch formales, non-formales und informelles Lernen. Lebenslanges Lernen läuft in allen Lebenszyklen, deren einzelnen Phasen sowie den Schnittmengen der Lebenszyklen ab:
Biosozialer Lebenszyklus
Spannt umfassenden Bogen von Geburt (Forschungsergebnisse zum Tastsinn belegen dahingehende, vorgeburtliche Entwicklungen) eines Menschen bis zu dessen Tod.
Beschreibt den Verlauf der Persönlichkeitsentwicklung unter:
Biologischen Einflussfaktoren: als natürlicher Prozess des Älterwerdens (Veränderung körperlicher und kognitiver Leistungsfähigkeit) sowie
Sozialen Einflussfaktoren: Erziehung und Sozialisation (kulturelle Wertvorstellungen, soziale Normen und Riten).
Familiärer Lebenszyklus
Primär geht es um die vom Individuum gegründete Familie, Partnerschaft, Verbundenheit und bezieht sich auch bspw. auf die Bereiche Kinder und Enkelkinder.
Es geht um einen modernen Familienbegriff, der Klischees von Familie im Sinne von „Vater, Mutter, Kind“ ablöst.
Als Familie gilt, wenn mindestens eine Generationenbeziehung mit einem besonderen Verbundenheitsgefühl besteht und zwischen den verschiedenen Generationsangehörigen füreinander Leistungen erbracht werden.
|13|Beruflicher Lebenszyklus
Umfasst die Entwicklung einer Person von der Berufswahl bis zum Ende des Erwerbslebens.
Setzt sich aus Ausbildungsphase sowie in der Regel verschiedenen betrieblichen (enthält stellen- und laufbahnbezogene) Lebenszyklen zusammen.
Erwerbsfreie Phasen, z. B. durch Elternzeit, sind möglich.
Laufbahnbezogener Lebenszyklus (auch betrieblicher Lebenszyklus)
Beschreibt Entwicklung eines Mitarbeitenden vom Eintritt in die Einrichtung bis zum Austritt als Laufbahn (Karriere) innerhalb der Einrichtung.
Eine Laufbahn besteht aus mehreren, verschiedenen stellenbezogenen Lebenszyklen.
Einzelne Phasen können individuell sehr unterschiedlich verlaufen. Auch zur Dauer gibt es keine allgemeingültige Definition.
Stellenbezogener Lebenszyklus
Beinhaltet die Entwicklung eines Mitarbeitenden vom Antritt einer neuen Stelle bis zum erneuten Stellenwechsel.
Der Stellenwechsel kann sich innerhalb der Einrichtung (z. B. Wechsel eines Aufgabenbereiches oder von Fach- in Führungsverantwortung) vollziehen.
Mit dem Austritt aus der Einrichtung erfolgt immer ein Stellenwechsel.
Ein Konzept, das im berufsbezogenen Kontext eine Kombination aus Wissensmanagement und Lebenslangem Lernen bildet und die obigen Ausführungen besonders umfassend berücksichtigt, ist die auf die betriebliche Stelle und berufliche Laufbahn bezogene Lebenszyklusorientierte Personalentwicklung. Daher stellt in diesem Buch das Konzept mit den einzelnen Phasen eines Lebenszyklusorientierten Personalentwicklungsprozesses den Rahmen dar (siehe Abbildung E-2).
In einem Branchensektor oder in einem Segment wie dem Gesundheitswesen demonstrieren es die zahlreichen Stellenanzeigen (S. 34) täglich: sie unterscheiden sich kaum, sind quasi austauschbar und die Inhalte zur Personalentwicklung sind vorrangig auf die fachliche Kompetenz der potenziellen Mitarbeitenden ausgerichtet. Tatsächliche Einrichtungsziele und -entwicklungen werden kaum in den Ausschreibungen transportiert oder gar in den Zusammenhang der Personalsuche und -bindung gebracht.
Abbildung E-2: Grundmodell eines Lebenszyklusorientierten Personalentwicklungsprozesses
Im Gegensatz dazu ist das übergeordnete Ziel des Konzeptes der Lebenszyklusorientierten Personalentwicklung, Schnittmengen in den Betrachtungsweisen der Einrichtungsleitung und der Mitarbeitenden zu identifizieren und im Sinne des organisationalen und individuellen Wissensmanagements maximal auszuschöpfen. Das gelingt durch umfassende, aufbereitete Informationen zur Einrichtung und setzt entsprechende Kommunikation und Transparenz voraus. Außerdem werden die Bedürfnisse (S. 68) und Skills von Einsteigenden ebenso berücksichtigt wie die der langjährigen, erfahrenen Teammitglieder (Winkelmann & Helmer-Denzel, 2021, 2022). |15|Karriere wird nicht lediglich vertikal, sondern auch horizontal und in Bögen gedacht und entspricht damit eher individuellen Lebensläufen. Das Konzept der Lebenszyklusorientierten Personalentwicklung ist somit lebensnaher.
Das „Fördern und Fordern“ bezieht sich auf alle Mitarbeitenden statt eingeschränkt auf High Potentials und Talente. Die Führungskraft selektiert zudem nicht hinsichtlich des Alters, sondern berücksichtigt das gesamte zur Verfügung stehende Potenzial der Mitarbeitenden für die qualitätsgesicherte Gesundheitsversorgung (z. B. als Interdisziplinäre Multimodale Schmerztherapie (Winkelmann & Görgner, 2023). Gleichzeitig ist ein weiteres, wesentliches Kriterium des Konzeptes, dass die Führungskraft die Bereitschaft zum Lebenslangen Lernen einfordert. Explizit im beruflichen Kontext zur laufbahn- und stellenbezogenen Entwicklung umfasst das auch die Bereitschaft der Mitarbeitenden, ihre eigene Arbeitsmarktfähigkeit bspw. in Form von Flexibilität (S. 218, 174, 214), von Kreativität (S. 176 Intrapreneurship) sowie von gesundheitsförderndem Verhalten (S. 104, 128) zu erhalten.
Das ganzheitliche Konzept der Lebenszyklusorientierten Personalentwicklung adressiert spezifisch jeden Mitarbeitenden der Einrichtung während dessen gesamter Anstellungszeit. Gleichzeitig verlangt es von jedem Mitarbeitenden das aktive Mitwirken.
Angelehnt ist das Konzept an den Produktlebenszyklus und das Portfolio der Betriebswirtschaftslehre (Winkelmann & Rogalski, 2021). Demnach werden die herzustellenden Produkte bzw. Dienstleistungen im Markt eingeführt, mit zunehmender Bekanntheit stärker von Kunden und Kundinnen nachgefragt und weiter angepasst bis der Markt bspw. durch neue Mitwettbewerber oder durch Substitute gesättigt ist. Dann werden die Produkte bzw. Dienstleistungen vom Markt genommen. Kundinnen und Kunden nehmen das bspw. durch Verschwinden von Produkten aus den Regalen im Supermarkt, Beendigung eines Service oder Filialschließung wahr. Ein Beispiel in der Physiotherapie ist die Unterwasserdruckstrahlmassage. Sie wird als medizinische Leistung kaum noch angeboten, da sie durch neue Therapieverfahren mit besserem Wirksamkeitsnachweis und Kosten-Nutzen-Verhältnis nahezu vollständig abgelöst wurde.
Jede einzelne Mitarbeiterin und jeder einzelne Mitarbeiter durchläuft einen stellen- und laufbahnbezogenen Prozess (auch Employee Life Cycle, HR Life Cycle, Mitarbeiterlebenszyklus) in der Einrichtung (siehe Abbildung E-2). Im Konzept der Lebenszyklusorientierten Personalentwicklung fließen die verschiedenen Lebenszyklen – biosozial, familiär, beruflich, laufbahn- und stellenbezogen – ein, wobei im Kontext der Personalentwicklung die beiden letztgenannten von zentraler Bedeutung sind.
Wesentliche Merkmale der Lebenszyklusorientierten Personalentwicklung sind:
Alle Mitarbeitenden stehen im Fokus und zwar
für die gesamte Dauer der Stelle oder der Laufbahn.
|16|Die Personalentwicklung ist weder Selbstzweck noch dient sie der Verformung der Mitarbeitenden nach dem Motto: „Du bist gut so wie Du bist, aber wir wollen Dich anders.“.
Mit der auf die Zukunft gerichteten Frage „Wozu?“ wird die gezielte Entwicklung gemeinsam abgestimmt
und zwar im beiderseitigen Interesse. Einerseits im Interesse der langfristigen Leistungserstellung der Einrichtung als organisationales Wissensmanagement und andererseits im Interesse der/des Mitarbeitenden als Lebenslanges Lernen und individuelles Wissensmanagement im berufsbezogenen Kontext. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter profitieren von der langfristigen Sicherstellung des Einrichtungszwecks und -nutzens für die Gesellschaft, hier als Förderung und Erhaltung von Gesundheit, respektive der Existenzsicherung.
Das Wissensmanagement orientiert sich am individuellen Lebenszyklus der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters, aber gleichermaßen auch am Produktlebenszyklus und Portfolio der Einrichtung. Im medizinischen Bereich spielt unter anderem die Evidenz der Diagnostik- und Therapiemaßnahmen eine Rolle.
Erst nach der Analyse anhand der Personal-Matrix (siehe Abbildung E-3) werden Personalentwicklungsmaßnahmen geplant. Qualifikationen werden demnach nicht nach dem Gießkannenprinzip verteilt.
Untersuchungen zeigen, dass die Prognosekraft der einzelnen Phasen (siehe Abbildung E-2) der Variable Alter als Prädiktor weit überlegen ist. Man kann sich bspw. also bereits im Alter von 23 Jahren in der Sättigungsphase befinden. Außerdem hat die stellenbezogene Phase in der Regel größeren Einfluss auf Entscheidungen als die laufbahnbezogene Phase. Das erklärt sich durch die Unmittelbarkeit, Arbeitsroutinen und direktes Feedback, z. B. durch die Patienten.
Die Unzufriedenheit mit der Arbeit und die Fluktuation (S. 64), mindestens aber die Wechselabsicht mit Gefahr der inneren Kündigung (S. 168), nehmen dann zu, wenn sich Mitarbeitende der Sättigungsphase nähern.
Es gibt keine zeitliche Angabe zur Dauer der Phasen.
Je weiter aber Mitarbeitende im laufbahn- und stellenbezogenen Zyklus voranschreiten, desto weniger ausgeprägt erfahren sie von ihrer direkten Führungskraft „Individuelle Berücksichtigung“, „Wertschätzung“ oder „Lernförderung und Personalentwicklung“. Dieser Eindruck ist altersunabhängig.
Mit dem Annähern an die Sättigungsphase bewerten Mitarbeitende die Reichweite, den Stellenwert und den Nutzen von Personalentwicklungsmaßnahmen immer geringer. Hinderungsgrund, an Maßnahmen teilzunehmen, bzw. Ablehnungsgrund von Maßnahmen ist vor allem die mangelnde Kenntnis des Bedarfs respektive die unzureichende Orientierung am Bedarf (S. 68) der Mitarbeitenden in der Reife- und Sättigungsphase.
Die wechselseitige Kenntnis der jeweiligen Blickwinkel, die sich im Laufe der Anstellungszeit typischerweise auch mehrmals verändern (S. 11), ist für beide Seiten gleichermaßen bedeutsam. Um gezielt Maßnahmen zu planen und umzusetzen, kann die Personal-Matrix (synonym Lebenszyklusorientiertes Personalportfolio, Mitarbeitenden-Matrix) herangezogen werden (siehe Abbildung E-3). Sie ist angelehnt an das Portfolio der Betriebswirtschaftslehre (Winkelmann & Rogalski, 2021). Der betriebswirtschaftliche Produktlebenszyklus und das Portfolio stehen im Zusammenhang. Das gilt auch für den Lebenszyklus mit Stellen- und Laufbahnbezug und das Personalportfolio. Die Lebenszyklusphasen lassen sich mit einem gewissen Spielraum den Quadranten zuordnen.
Abbildung E-3: Zusammenhang von stellen- und laufbahnbezogenem Lebenszyklus und dem Lebenszyklusorientierten Personalportfolio
In den jährlichen Kooperationsgesprächen (S. 96) zwischen der direkten Führungskraft und der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter werden in diesem Diagramm das Entwicklungspotenzial und die aktuelle Leistung abgetragen sowie mögliche Abweichungen der Selbst- und Fremdeinschätzung (S. 134) diskutiert.
Die Personal-Matrix wird somit als lebenszyklusorientiertes Diagnoseinstrument eingesetzt. Sie dient sowohl den Mitarbeitenden als auch den Führungskräften neben einer Zuordnung zu den einzelnen Phasen dem Ableiten von spezifischen Personalentwicklungsmaßnahmen. Diese Maßnahmen (S. 106) stehen immer in direkter Verbindung mit der Einrichtungsentwicklung bzw. mit den Trends und Entwicklungen der Nachfrage nach Produkten (z. B. Sanitätsladen-Sortiment) und/oder Dienstleistungen (z. B. Diagnostik und Therapie).
Es erfolgen keine Altersselektion und ausschließliche Konzentration auf ausgewählte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Karrieremodelle sind lebenszyklusgerecht und damit lebensnah. Neben typischen vertikalen (S. 92) existieren horizontale Karrierewege (S. 140), Teilzeit-Karrieren (S. 194) und Late Careers (S. 174). Die Arbeits- und Entwicklungsbedingungen entsprechen den Bedürfnissen (S. 68) unterschiedlicher Lebensstile (S. 66). Statt Generationen (S. 70) und deren Konflikte zu thematisieren, setzt das Konzept auf die Vielfalt von Lebenskonzepten und deren berufliche Einbettungen. Zum langfristigen Erhalt der Leistungsfähigkeit, -bereitschaft und -möglichkeit bildet eine ganzheitliche, betriebliche Gesundheitsbildung (S. 104) mit der Verhältnis-, Verhaltens- und Systemprävention die Klammer.
Das „Wohlbefinden“ der Mitarbeitenden gilt als Key-Performance-Indicator (KPI) und wird erzeugt durch:
Positive Gefühle,
Zielerreichung/Erfolg/Gelingen,
Engagement/Work-Life-Flow,
Sinn und
Positive Beziehungen.