Wo Sterne schlafen - Anonymer Autor - E-Book

Wo Sterne schlafen E-Book

Anonymer Autor

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Beschreibung

Elf Kilometer unter dem Meeresspiegel, am dunkelsten Ort der Welt, macht die Astrophysikerin Hanna Rostova eine unmögliche Entdeckung. Ein mysteriöses Signal pulsiert aus den Tiefen der Erdkruste – und ein Echo davon scheint aus dem fernen All zu antworten! Doch während Hanna versucht, dieses kosmische Rätsel zu entschlüsseln, will der mächtige Konzern, dem die Tiefsee-Station gehört, die Wahrheit um jeden Preis vertuschen. Für Hanna beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit und mächtige Gegner. Wem kann sie in der klaustrophobischen Enge der Station trauen? Gemeinsam mit einem knorrigen Tiefseepiloten und einer unsichtbaren Hackerin wagt sie einen gefährlichen Tauchgang ins absolute Unbekannte, tiefer als je ein Mensch zuvor. Was sie im Abgrund finden, ist älter, fremder und gewaltiger als alles, was du dir vorstellen kannst – ein Vermächtnis der Sterne, das die Zukunft der Menschheit für immer verändern könnte. Bist du bereit, die Wo Sterne schlafen zu hören?

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EPUB
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Seitenzahl: 141

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Wo Sterne schlafen

Impressum

© 2025 Joris Plettscher

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: Joris Plettscher, Büschen 31, 41334 Nettetal, Deutschland.

Kontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung: [email protected]

Inhaltsverzeichnis

Echo aus der Tiefe

Sternenflüstern

Mauern aus Wasser und Stahl

Verbotene Frequenzen

Der Puls des Abgrunds

Allianz der Verstoßenen

Tauchgang ins Nichts

Das kristallene Herz

Die Schatten lauern

Das Vermächtnis der Sterne

Echo aus der Tiefe

Elf Kilometer Wasser. Der Gedanke allein war wie ein Gewicht, das sich auf die Brust legte, ein ständiger, unsichtbarer Druck, der sich in das Summen der Lebenserhaltungssysteme und das gelegentliche, beunruhigende Knarzen der Titan-Keramik-Hülle der Forschungsstation Abyssos mischte. Hier unten, im tiefsten bekannten Punkt der Erde, dem Challengertief im Marianengraben, gab es kein Oben oder Unten im herkömmlichen Sinne mehr, nur die erdrückende Masse des Ozeans, die von allen Seiten auf die kleine Blase menschlicher Technologie drückte. Draußen herrschte eine Finsternis, so absolut und alt, dass sie jeden Gedanken an Sonnenlicht oder Sterne absurd erscheinen ließ. Eine Kälte, die Metall spröde machen konnte, und ein Druck, der einen Menschen in Sekundenbruchteilen zu einer unkenntlichen Masse zerquetschen würde. Die dicken, mehrschichtigen Panzerglasfenster in den wenigen Gemeinschaftsbereichen und dem Beobachtungsdeck zeigten nichts als diese undurchdringliche Schwärze, ein Nichts, das eine seltsame, fast hypnotische Anziehungskraft besaß. Manchmal, wenn die leistungsstarken Außenstrahler für Wartungsarbeiten eingeschaltet wurden, tanzten bizarre, durchscheinende Kreaturen durch die Lichtkegel, Geister aus einer anderen Welt, bevor sie wieder von der Dunkelheit verschluckt wurden. Aber meistens blieben die Strahler aus. Energie war kostbar, und der Blick ins Leere war auf Dauer zermürbend.Im Inneren der Abyssos herrschte eine andere Art von Enge. Die Korridore waren schmal, aus gebürstetem Stahl und widerstandsfähigen Polymeren gefertigt, jeder Zentimeter optimiert für Funktion, nicht für Komfort. Kabelstränge und Rohre verliefen sichtbar unter Gitterplatten im Boden oder an den Decken entlang, ein ständiges Labyrinth aus Lebensadern, das die Station am Laufen hielt. Die Luft schmeckte immer leicht nach recyceltem Sauerstoff, Ozon und dem schwachen Geruch von Maschinenöl und Desinfektionsmittel. Das Licht war künstlich, ein bläulich-weißer Schein von LED-Panels, der versuchte, Tageslicht zu imitieren, aber immer eine Spur zu kalt, zu steril blieb. Es gab keine natürlichen Zyklen mehr, nur den vom Stationscomputer vorgegebenen Rhythmus aus Arbeits- und Ruhephasen. Überall summte, brummte und klickte es leise – die Lüftung, die Wasseraufbereitung, die Serverracks, die unermüdlich Daten verarbeiteten. Gelegentlich durchbrach das Zischen einer Hydraulikschleuse oder das dumpfe Grollen eines startenden Tauchroboters die Monotonie. Es waren die Geräusche einer Maschine, einer technologischen Insel inmitten eines feindseligen Universums, und die knapp vierzig Seelen an Bord waren Teil dieser Maschine geworden.Offiziell war die Abyssos ein Wunderwerk der Ingenieurskunst, ein Vorposten der Menschheit im letzten unerforschten Winkel des Planeten. Gebaut und betrieben vom globalen Energiekonglomerat GeoCore, diente sie einem einzigen, profanen Zweck: der Suche und Erschließung wertvoller Ressourcen am Meeresgrund. Seltene Erden, Edelmetalle, Gashydrate – alles, was die unersättliche Zivilisation an der Oberfläche benötigte und was an Land immer knapper wurde. Die Station war eine hypermoderne Bohrplattform, getarnt als Forschungseinrichtung. Riesige Bohrsysteme konnten vom Rumpf der Station ausgefahren werden, um Kilometer tief in den Meeresboden einzudringen, während Schwärme von autonomen Sonden und ferngesteuerten Fahrzeugen den Graben nach vielversprechenden Vorkommen absuchten. Die Männer und Frauen hier waren Techniker, Ingenieure, Geologen, Piloten – hochspezialisierte Experten, angeworben mit horrenden Gehältern und strengen Verschwiegenheitsklauseln. Sie lebten und arbeiteten in dieser isolierten Kapsel, abgeschnitten von der Welt da oben, nur verbunden durch einen schmalbandigen Quantenkommunikationslink, der hauptsächlich für den Datentransfer von GeoCore genutzt wurde. Persönliche Nachrichten waren stark eingeschränkt und verzögert. Man war hier unten allein, mit dem Druck, der Dunkelheit und der Arbeit. Die Abyssos war ein goldener Käfig am Grund der Welt, ein Ort extremer Bedingungen und extremer Isolation, eine technologische Blase, die nur existierte, um die Schätze aus der Tiefe zu heben.In einer dieser schmalen Seitenbuchten des Hauptkorridors, kaum mehr als eine Nische, die ursprünglich wohl für Wartungszugänge oder Lagerschränke gedacht war, hatte Dr. Hanna Rostova ihr Refugium eingerichtet. Es war ein chaotischer Gegenpol zur ansonsten strengen Ordnung der Abyssos. Drei Monitore unterschiedlicher Größe flackerten auf einem maßgefertigten Schreibtisch, der jeden verfügbaren Millimeter ausnutzte. Kabel schlängelten sich wie metallische Lianen zwischen den Geräten, verbunden mit einem modifizierten Analyse-Terminal, dessen Gehäuse offen lag und den Blick auf zusätzlich eingebaute Prozessoren und Kühlkörper freigab. An der Wand klebten ausgedruckte Sternenkarten neben komplexen mathematischen Formeln und einem vergilbten Foto eines riesigen Radioteleskops vor einem Sonnenuntergang. Der Raum roch schwach nach überhitzter Elektronik und dem synthetischen Kaffee aus dem Automaten am Ende des Ganges. Hier, abgeschirmt von den meisten Blicken, widmete sich Hanna ihrer inoffiziellen, streng geheimen Nebenbeschäftigung.Ihre Finger tanzten mit geübter Geschwindigkeit über die beleuchtete Tastatur, während ihr Blick konzentriert über die Datenkolonnen huschte, die auf dem zentralen Bildschirm nach unten scrollten. Zahlen, Diagramme, Spektralanalysen – ein steter Strom an Informationen, abgegriffen von den leistungsstarken externen Sensoren der Station, die eigentlich den Ozean und den Meeresboden abtasten sollten. Doch Hanna hatte einen Weg gefunden, einen winzigen Teil ihrer Rechenleistung und Bandbreite abzuzweigen, sie durch komplexe Filter zu jagen und mit den öffentlich zugänglichen Datenströmen verschiedener Radioteleskope an der Oberfläche abzugleichen. Es war ihr privates SETI-Projekt, ein Schattenprogramm, das auf gestohlener Zeit und Rechenkapazität lief, ein kleiner Akt der Rebellion gegen die Umstände, die sie hierher verschlagen hatten.Sie trug den Standard-Overall der wissenschaftlichen Abteilung, dunkelblau und praktisch, aber unter dem kühlen Licht der LEDs wirkte ihr Gesicht blass, die Haut fast durchscheinend. Ihr dunkelblondes Haar war straff zu einem Knoten im Nacken gebunden, nur ein paar widerspenstige Strähnen hatten sich gelöst und fielen ihr in die Stirn. Ihre graublauen Augen, normalerweise wach und voller analytischer Schärfe, wirkten müde, von feinen Linien umrahmt, die von zu vielen langen Nächten vor Bildschirmen zeugten. Eine kleine, verblasste Narbe direkt über ihrer linken Augenbraue zog sich kaum merklich zusammen, wenn sie sich konzentrierte – ein Überbleibsel aus einer Zeit, als ihre Experimente noch mit supraleitenden Magneten und Teilchenbeschleunigern zu tun hatten, nicht mit Schlamm und Tiefseebakterien. In ihrer Haltung lag eine unterschwellige Spannung, die angespannte Ruhe einer Raubkatze im Käfig.Ein flüchtiger Blick fiel auf ein digitales Dokument, das minimiert in einer Ecke des Desktops lag – der Ablehnungsbescheid für ihren letzten Finanzierungsantrag. "Mangelnde kurzfristige Relevanz", "hohe spekulative Natur", "Umverteilung der Mittel auf Projekte mit höherer strategischer Priorität". Die üblichen Phrasen, die ihren Traum von der systematischen Suche nach außerirdischer Intelligenz begraben hatten. Sie, Dr. Hanna Rostova, eine der vielversprechendsten jungen Astrophysikerinnen ihrer Generation, degradiert zur Datenanalystin für einen gierigen Konzern, geparkt am dunkelsten, tiefsten Ort der Welt, um Gesteinsproben zu katalogisieren. Die Ironie war bitter. Und doch... dieser kleine, versteckte Datenstrom, dieses heimliche Lauschen ins All, war mehr als nur Trotz. Es war der letzte Funke ihrer alten Leidenschaft, die Weigerung, die Neugier ganz sterben zu lassen. Die Hoffnung, dass irgendwo da draußen, zwischen all dem kosmischen Rauschen, doch noch etwas sein könnte. Eine Antwort. Ein Muster. Irgendetwas.Bisher war es nur das gewesen: Rauschen. Schwache Signale von bekannten Pulsaren, Hintergrundstrahlung, gelegentliche Ausbrüche von Sonnenstürmen, die die empfindlichen Sensoren störten. Sie justierte einen Filter, zoomte in ein bestimmtes Frequenzband hinein, das von einem erdgebundenen Teleskop als "interessant, aber wahrscheinlich terrestrischen Ursprungs" markiert worden war. Nichts. Nur die üblichen statistischen Schwankungen. Ein leises Seufzen entwich ihr. Es war wie immer. Die Suche nach einer Nadel im größten Heuhaufen des Universums, und sie tat es mit gestohlenen Werkzeugen aus einer Taucherglocke am Boden des Ozeans. Lächerlich. Und doch konnte sie es nicht lassen. Sie minimierte das SETI-Fenster und wandte sich den offiziellen Daten zu, die auf dem Hauptmonitor auf sie warteten. Die Arbeit rief.Ein schriller, aber gedämpfter Piepton, gefolgt von der neutralen Computerstimme aus den kleinen Lautsprechern über ihrem Arbeitsplatz, riss Hanna aus ihrer Konzentration. "Dr. Rostova, bitte Echtzeit-Überwachung Bohrfortschritt Gamma-Sieben aktivieren. Seismische Baseline-Analyse erforderlich." Die Stimme klang unpersönlich, mechanisch, ein weiterer Teil der Maschinerie, die ihr Leben hier unten diktierte. Hanna schloss kurz die Augen, unterdrückte ein weiteres Seufzen. Schichtbeginn für ihre offizielle Rolle. Mit ein paar schnellen Klicks schob sie das Fenster mit den kosmischen Daten in den Hintergrund ihres Desktops, wo es unsichtbar weiterlief, und maximierte das Hauptinterface des GeoCore-Analysezentrums. Sofort füllte sich der größte Bildschirm mit einer Flut neuer Grafiken und Zahlenkolonnen, diesmal in den kühlen Blau- und Grüntönen der Konzernsoftware.Ihre Aufgabe war es, die Daten zu überwachen, die von den Sensoren an den riesigen Bohrsystemen der Abyssos gesendet wurden. Aktuell fraß sich der Bohrkopf Gamma-Sieben langsam, aber unaufhaltsam durch die dichten Sedimentschichten und das darunterliegende Basaltgestein des Meeresbodens, mehrere hundert Meter unterhalb der Station. Hannas Job war es, die dabei entstehenden seismischen Echos und die Sonar-Rückstreuung in Echtzeit zu analysieren. Sie musste nach Anomalien suchen – nicht nach den aufregenden, universumverändernden Anomalien, die sie sich erhoffte, sondern nach schnöden geologischen Unregelmäßigkeiten. Veränderungen in der Gesteinsdichte, die auf wertvolle Erzadern hindeuten könnten. Feine Haarrisse oder Instabilitäten im Fels, die eine Gefahr für den teuren Bohrkopf darstellen würden. Gasblasen, die unkontrolliert freigesetzt werden könnten. Es war eine Arbeit, die Präzision und Aufmerksamkeit erforderte, aber für Hanna war sie vor allem eines: unendlich monoton.Endlose Diagramme zogen über den Schirm. Links die seismischen Wellenformen, ein Gewirr aus Zackenlinien, die die Vibrationen des Bohrers und die Reaktion des Gesteins darstellten. In der Mitte eine schematische Darstellung des Bohrlochs, die Schicht für Schicht die durchdrungenen Formationen zeigte – Tonstein, Sandstein, vulkanisches Tuffgestein, jede mit ihrer eigenen charakteristischen Signatur. Rechts liefen die Echtzeitparameter des Bohrers: Drehzahl, Anpressdruck, Temperatur, Drehmoment. Hanna verglich die aktuellen Werte mit den prognostizierten Modellen und den Daten der letzten Stunden. Alles im grünen Bereich. Keine signifikanten Abweichungen. Nur Fels, der sich unter dem unerbittlichen Druck des Bohrers ergab. Sie zoomte in einen Abschnitt der seismischen Daten, folgte einer besonders uninteressanten Linie, die eine dicke Schicht homogenen Basalts repräsentierte. Sterne, dachte sie mit einem Anflug von bitterem Sarkasmus. Sie hatte davon geträumt, die Geheimnisse ferner Sterne zu entschlüsseln, die Zusammensetzung von Exoplaneten-Atmosphären zu analysieren, nach den schwachen Signaturen von Zivilisationen zu suchen. Stattdessen starrte sie nun auf die inneren Narben eines Planeten, auf die stummen, kalten Schichten von Felsen, die nur für ihren potenziellen materiellen Wert von Interesse waren. Es war, als hätte man einen Astronomen gebeten, den ganzen Tag Kies zu sortieren. Aber es war ihr Job, die Aufgabe, für die GeoCore sie bezahlte und ihr diesen Platz in der Tiefe gewährte. Also tat sie es, mit der gleichen methodischen Gründlichkeit, die sie auch auf ihre heimliche Leidenschaft anwandte, auch wenn ihr Herz dabei nicht höherschlug. Sie verfolgte die Linien, prüfte die Zahlen, wartete auf die nächste Schichtgrenze, den nächsten Routine-Check, während der Bohrer Meter um Meter tiefer in die Erdkruste vordrang.Die Monotonie der fallenden Linien und gleichmäßigen Kurven auf dem Hauptmonitor hatte Hannas Aufmerksamkeit fast eingelullt. Ihre Augen folgten mechanisch den seismischen Signaturen von Gamma-Sieben, während ein Teil ihres Gehirns immer noch über die Wahrscheinlichkeit nachdachte, ein kohärentes Signal aus dem Alpha-Centauri-System zu empfangen. Es war ein leises, fast unmerkliches Flackern auf einem der kleineren, seitlichen Bildschirme, der die Breitband-Hydrophon-Daten anzeigte – ein passives Lauschsystem, das eigentlich nur dazu diente, ungewöhnliche Geräusche im umgebenden Wasser oder vom Meeresboden aufzufangen –, das sie zuerst stutzig machte. Ein schwaches, pulsierendes Muster, kaum mehr als ein Artefakt im Hintergrundrauschen, tauchte am unteren Rand des Frequenzspektrums auf. Zuerst tat sie es als das ab, was es höchstwahrscheinlich war: eine Interferenz. Die massiven Bohrköpfe erzeugten ein enormes Spektrum an Vibrationen und elektromagnetischem Rauschen, das oft seltsame Echos in den empfindlicheren Systemen hervorrief. Oder vielleicht war es nur eine der vielen Macken der überlasteten Sensorphalanx, ein kurzzeitiger Aussetzer in einem der tausenden von Datenkanälen. Sie machte eine mentale Notiz, später eine Diagnose laufen zu lassen, und wollte sich schon wieder den drögen Bohrdaten zuwenden.Doch das Muster verschwand nicht. Es blieb bestehen, ein beharrliches, leises Pochen im digitalen Äther. Und es wiederholte sich. Nicht exakt gleich, aber mit einer erkennbaren Regelmäßigkeit, einer Art innerer Logik, die nicht zu den chaotischen, breitbandigen Störgeräuschen des Bohrers passte. Es war zu... strukturiert. Zu präzise. Hannas Finger erstarrten über der Tastatur. Die routinierte Langeweile wich schlagartig einer wachen Anspannung. Ihr wissenschaftlicher Instinkt, geschärft durch Jahre des Suchens nach Ordnung im Chaos der kosmischen Daten, schlug Alarm. Das hier war anders. Sie zog das Fenster mit den Hydrophon-Daten auf den Hauptmonitor, vergrößerte den relevanten Frequenzbereich. Das Muster wurde deutlicher: eine Serie kurzer Impulse, gruppiert in komplexen Sequenzen, getrennt durch unregelmäßige Pausen. Es erinnerte sie an etwas, aber sie konnte es nicht sofort einordnen. Es war kein bekanntes natürliches Phänomen – keine seismische Aktivität, keine biologische Lautäußerung bekannter Tiefseeorganismen, kein thermisches Knacken im Gestein. Und es passte auch zu keiner der bekannten Signaturen von Maschinenlärm oder Sensorfehlern.Mit schnellen Befehlen isolierte sie das Signal, filterte das Hintergrundrauschen so gut wie möglich heraus. Sie aktivierte die Richtungsanalyse der Hydrophon-Arrays, ließ den Computer die genaue Herkunft des Signals triangulieren. Das Ergebnis ließ sie unwillkürlich die Luft anhalten. Die Vektoren zeigten nicht auf Gamma-Sieben. Sie zeigten auch nicht von irgendwo aus dem Wasser über oder neben der Station. Sie zeigten nach unten. Tief nach unten. Weit unterhalb der aktuellen Bohrtiefe von Gamma-Sieben, weit unterhalb der Zone, die GeoCore überhaupt interessierte. Sie zeigten in eine Tiefe von mehreren Kilometern unter dem Meeresboden, in Schichten aus präkambrischem Gestein, die als geologisch stabil und seit Äonen unverändert galten. Eine tote Zone, fest und undurchdringlich. Von dort sollte nichts kommen außer dem Echo der eigenen Messinstrumente.Das Signal selbst war faszinierend und beunruhigend zugleich. Es war nicht laut, eher wie ein Flüstern am Rande der Wahrnehmbarkeit. Aber seine Komplexität war erstaunlich. Die Pulsfolgen variierten in Länge, Frequenz und Amplitude nach einem Muster, das fast mathematisch wirkte. Es hatte die Präzision eines künstlich erzeugten Codes, eine digitale Anmutung, die in der analogen Welt der Tiefseegeologie völlig fehl am Platz war. Es war, als würde jemand in einer Sprache sprechen, die sie nicht verstand, aber deren künstlicher Ursprung unverkennbar war. Hannas Herz begann schneller zu schlagen. Ein Kribbeln lief ihr über den Rücken. Das konnte nicht sein. Sie zwang sich zur Ruhe, zur wissenschaftlichen Nüchternheit. Überprüfe die Daten. Überprüfe die Instrumente. Sie rief die Kalibrierungsprotokolle der Hydrophone auf – alles normal. Sie checkte die Systemdiagnose – keine Fehlermeldungen. Sie ließ Vergleichsalgorithmen laufen, um das Signal mit bekannten Störquellen abzugleichen – keine Übereinstimmung. Sie wechselte auf ein unabhängiges Sensor-Set, das für seismische Kartierungen genutzt wurde, und filterte auch dort nach dem spezifischen Frequenzband. Es war da. Schwächer, aber eindeutig dasselbe Muster. Es war real. Ein strukturiertes, künstlich wirkendes Signal, das aus einer unmöglichen Tiefe unter dem Meeresboden kam. Die Implikationen dieser Entdeckung begannen, sich langsam in ihrem Verstand zu formen, und sie waren schwindelerregend.Der Schock saß tief, eine kalte Welle, die durch Hannas Adern zu rauschen schien, gefolgt von einer fast fiebrigen Hitze. Ein künstliches Signal. Aus der tiefsten Erdkruste. Die Implikationen waren so gewaltig, dass ihr Verstand Mühe hatte, sie zu fassen. Doch noch bevor die volle Tragweite ihrer Entdeckung einsickern konnte, schaltete sich ein anderer Instinkt ein – einer, der in den letzten Monaten auf der Abyssos geschärft worden war: Misstrauen. Ihr erster klarer, rationaler Gedanke war nicht wissenschaftlicher Triumph, sondern pure Selbsterhaltung. Niemand durfte davon erfahren. Zumindest noch nicht. Sofort tauchte das Bild von Dr. Aris Thorne vor ihrem inneren Auge auf – der aalglatte, karrierebewusste Stationsleiter, dessen Loyalität allein GeoCore galt. Thorne würde eine solche unbestätigte, unklassifizierte Anomalie, die nicht direkt auf förderbare Ressourcen hindeutete, als bestenfalls irrelevant abtun. Schlimmer noch, er würde sie als potenzielle Störung des Bohrbetriebs betrachten, als etwas, das vertuscht oder als Messfehler abgetan werden musste, bevor es die Zeitpläne oder die Profitmargen gefährden konnte. GeoCore suchte nach Metallen, nicht nach Mysterien. Eine Entdeckung wie diese, unkontrollierbar und potenziell beunruhigend für die Öffentlichkeit oder Konkurrenten, würde unter Verschluss gehalten, bis man einen Weg gefunden hätte, sie zu nutzen oder sicherzustellen, dass sie niemand anderem nutzte. Hannas Forschung, ihre Neugier, würde dabei auf der Strecke bleiben, die Daten konfisziert, sie selbst vielleicht mundtot gemacht oder versetzt werden. Nein, sie musste vorsichtig sein. Sehr vorsichtig.