Wunderläuferland Kenia - Jan Fitschen - E-Book

Wunderläuferland Kenia E-Book

Jan Fitschen

4,8

Beschreibung

Die Geheimnisse der erfolgreichsten Langstreckenläufer der Welt Jeder unserer achtzehn Millionen Freizeitläufer in Deutschland möchte besser werden und schneller und leichter laufen können. Jan Fitschen als Profi-Läufer auch. In „Wunderläuferland Kenia“ entschlüsselt er auf humorvolle Art die 42,195 Erfolgsrezepte der Kenianer, während um ihn herum der ganz normale Trainingslagerwahnsinn tobt. Denn das wollen wir alle wissen: „Warum verdammt sind die so schnell?!“, und vor allem: „Was können wir, vom Laufanfänger bis zum Profi, uns davon abgucken?” Jan Fitschen ist 28-facher Deutscher Meister im Langstreckenlauf von 3.000 m bis hin zum Halbmarathon. Spätestens seit seinem Sieg bei den Europameisterschaften 2006 über 10.000 m genießt er eine riesige Popularität in der deutschen Laufszene. Der Diplom-Physiker und Wirtschaftswissenschaftler stellte 2012 beim BMW Berlin-Marathon mit 2:13:10 h seine Bestzeit über die klassische 42,195-km-Distanz auf. Seit 2007 reiste er acht Mal zu Trainingszwecken nach Kenia, sprach und trainierte mit den Kenianern und beobachtete und testete, was sie im Training und Leben anders machen als wir. Zunächst nur, um selbst schneller zu werden, doch im Dialog mit seinen Trainingskollegen und durch viele Fragen von Freizeitläufern ermutigt schon bald auch, um diese Tipps an andere weiterzugeben. Daher führte ihn sein Weg schließlich erneut nach Kenia, um unterstützt von Spitzenfotograf Norbert Wilhelmi die Recherche für „Wunderläuferland Kenia“ abzuschließen. „Jan Fitschen, der erfolgreichste deutsche Langstreckler der letzten 20 Jahre, schreibt wie er läuft: Mit Leidenschaft und Begeisterung.“ Martin Grüning, Chefredakteur der RUNNER‘S WORLD

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INHALT

 

WARM-UP

DAS LAND

KILOMETER 1      Ein Auf und Ab

KILOMETER 2      Der steinige Weg zum Erfolg

KILOMETER 3      Staub und Matsch

KILOMETER 4      Höhenluft

ERNÄHRUNG

KILOMETER 5      Ugali

KILOMETER 6      Beilagen und Bio-Power

KILOMETER 7      Mystische Nahrungsmittel

TRAINING

KILOMETER 8      Trainingsrhythmus

KILOMETER 9      Der Dauerlauf

KILOMETER 10    Lockerer Dauerlauf (Easy Jog)

KILOMETER 11    Bergläufe und Kraftausdauer

KILOMETER 12    Intervalle

KILOMETER 13    Der lange Dauerlauf

KILOMETER 14    Nüchterner Erfolgskurs

KILOMETER 15    Hasen in freier Wildbahn

KILOMETER 16    Verletzungspause

KILOMETER 17    Fata Morgana

KILOMETER 18    Der Plan des Champions

DAS LEBEN IM LÄUFERLAND

KILOMETER 19    Das Leben eines Läufers

KILOMETER 20    Die Trainerfrage

KILOMETER 21    Besuch beim Physio

KILOMETER 22    Meister der Regeneration

KILOMETER 23    Muβe statt Mattscheibe

KILOMETER 24    Ein Kenianer kennt keinen Schmerz

KILOMETER 25    If you feel bad

KILOMETER 26    Junge Beine

KILOMETER 27    Schulische Wurzeln

KILOMETER 28    Barfuss übers Stoppelfeld

KILOMETER 29    Die Liebe zum Schuh

KILOMETER 30    Kenias schnelle Frauen

KILOMETER 31    Dopingkontrolle

KÖRPERBAU

KILOMETER 32    Der Körper eines Athleten

KILOMETER 33    Supermodels

KILOMETER 34    Hungerhaken

KILOMETER 35    Die Läufer-DNA

MOTIVATION

KILOMETER 36    Schweiss in der Regenjacke

KILOMETER 37    Glatzenschneider

KILOMETER 38    Kühe oder Kohle

KILOMETER 39    Hakuna matata

KILOMETER 40    Das grosse Rennen

KILOMETER 41    Der Glaube versetzt Berge

KILOMETER 42    Die Läufer-Lawine

KILOMETER 42,195

                             Der persönliche Erfolgsmix

                             Die 42 Schlüssel zum Erfolg

ABENTEUER KENIA: SPORT, SAFARI UND STRAND

                             Keine Panik

                             Safari-Tipps

                             Kleine Packliste

                             Relaxen am Strand

                             Allgemeine Ratschläge

                             Index

                             Danksagung

                             Impressum

                             Bezugsquellen

                             Weitere Werke im Unimedica Verlag

Iten, Kenia, morgens um kurz nach 6: ein Dauerlauf im Wunderläuferland

 
 

WARM-UP

 

DIE »NACHT VON BORGHOLZHAUSEN«, ein mittelgroßer Volkslauf am Teutoburger Wald in Nordrhein-Westfalen. Eine Stunde und fünfzehn Minuten vor dem Start. Es soll nur ein Trainingslauf werden, aber ganz weit vorne landen will ich trotzdem. Langsam beginnt das Warmlaufen. Auf einmal halten zwei Kleinbusse direkt vor mir. Die Türen springen auf und heraus kommen 23 Kenianer – nicht unbedingt im Stile einer Taskforce, sondern sehr viel entspannter, aber dennoch mindestens genauso beängstigend. Auch Coolness ist ein Zeichen von Überlegenheit. Mir schlackern die Knie!

Kurze Zeit später. Der Startschuss fällt. Ich gebe alles, Vollgas bis ins Ziel. Soweit die Beine tragen. Genau wie meine Mitstreiter. Fast alle Läufer wollen schließlich im Wettkampf möglichst schnell sein.

Egal, ob es darum geht, ein wenig abzuspecken, einfach etwas fitter zu werden, sich selbst ein schönes, neues Ziel zu setzen oder einfach zu gewinnen. Im Wettkampf stehen der Spaß und das Tempo im Vordergrund. Auch der Freizeitläufer mit zwei Trainingseinheiten pro Woche will testen, was er draufhat. Mir, mit 12 Einheiten pro Woche geht das nicht viel anders. Und heute bin ich richtig schnell. Glaube ich zumindest. Bis ich merke, dass ich sie wieder ziehen lassen muss, die Jungs aus Ostafrika, im speziellen die Gazellen aus Kenia. Ich schnaufe wie ein Walross und fühle mich wie einer dieser Exoten, der zu den Olympischen Spielen nur eingeladen wird, damit er hoffnungslos hinterherhinkt, damit alle TV-Zuschauer sehen können, wie groß der Abstand zu den Topathleten ist. Und das auf heimischem Boden, in meiner Lieblingssportart, wo ich doch eigentlich ziemlich gut bin. Wie so oft ist »gut« aber eine Frage der Perspektive. Wie machen die Kenianer das bloß? Ob beim BMW Berlin-Marathon, in Frankfurt oder auch bei vielen kleineren Läufen, immer sind sie vorne. Von den zehn schnellsten Marathonläufern aller Zeiten sind acht aus Kenia, von den Besten fünfzig stammt mehr als die Hälfte aus diesem Wunderläuferland und alle übrigen zumindest noch aus Afrika. Sie rennen mit einer Lockerheit, mit einer Leichtigkeit, es ist unglaublich. Ich bin mir sicher, dass die Wettkämpfe so noch mehr Spaß machen. Dahinschweben, scheinbar ohne echten Bodenkontakt. Locker über den Vorfuß, und atmen höre ich auch keinen. Dabei sind nicht etwa immer einer oder zwei Ausnahmeathleten zu sehen. Nein, oft genug sind es Namen, die ich nicht kenne. Ich sehe neue Gesichter bei jedem Rennen. Es ist beeindruckend. Ach ja: In Borgholzhausen bin ich damals über 10 Kilometer auf Platz 5 gelandet. Es war nur ein kleiner Volkslauf. Das war wenige Wochen vor der Europameisterschaft 2006, die ich damals gewann – wenn auch ohne Kenianer als Konkurrenten.

Start der Nacht von Borgholzhausen 2006, u.a. mit vielen Kenianern

 

Ein Jahr später. Ich werde um 6:30 Uhr von einem krähenden Hahn geweckt. Aus dem Bett herausquälen, die Augen reiben und erst einmal klarkommen. Ach ja, ich bin da: mitten drin im Wunderläuferland. Iten, die Heimat und Trainingsstätte vieler Tausender kenianischer Läufer, soll auch mir Beine machen. Drei Wochen Trainingslager liegen vor mir. Mit dem Höhentrainingslager bin ich ja bereits vertraut. In Arizona, in Südafrika und auch in der Schweiz haben meine Vereinskollegen und ich schon viele, viele Kilometer abgerissen und versucht, den Körper durch die Höhenluft an eine bessere Sauerstoffaufnahme anzupassen. Jetzt kommt der nächste Schritt. Es kann ja nicht nur allein an der Luft liegen. Sonst wären auch Nepalesen, Tibeter, so manche Mexikaner oder Peruaner Weltklasseläufer. Da muss es noch mehr geben. Ich bin gespannt, welche Geheimnisse die staubigen Straßen Kenias und die Kochtöpfe der Läufer-Camps für uns bereithalten.

Wir müssen Augen und Ohren offen halten, um möglichst viel in Erfahrung zu bringen. Zum Glück kommen hier wie überall auf der Welt die Läufer gut miteinander aus. Das erleichtert uns die Sache ungemein. Ruben Schwarz, mein Wattenscheider Vereinskollege, ist mein Begleiter für Kenia. Mit Ruben trainiere ich auch in Wattenscheid mehrmals pro Woche. Er ist Medizin-Student und Hindernis-Läufer und damit auf einer Strecke zuhause, auf der die Überlegenheit der Kenianer genauso stark ins Gewicht fällt wie beim Marathon. Gemeinsam gehen wir auf Erkundungstour. Schon beim ersten Spaziergang außerhalb unseres Camps bekommen wir von den lokalen Athleten, die wir treffen, eine Einladung zum gemeinsamen Dauerlauf. »We’ll show you around.« Puh, ein tolles Angebot, aber machen die uns jetzt nicht gleich total fertig? In den ersten Tagen in der Höhe musst du extrem aufpassen, dass du den Körper nicht überlastest. Ganz moderates Tempo und vielleicht sogar nur Spaziergänge sind hier das Mittel der Wahl für den erfahrenen Sportler. Ist es wirklich eine gute Idee, sofort mit den Superstars der Laufszene über die Äcker zu preschen? Hängen wir dann nicht spätestens nach drei Kilometern im Maisfeld fest und finden nicht mehr zurück? Bei aller Lockerheit – der deutsche Läufer ist meist doch erst einmal etwas vorsichtiger, wenn es um neue Erfahrungen geht.

Das Gute an unseren Camps ist unter anderem, dass sich dort noch andere Europäer aufhalten, die uns beruhigen. So finde ich den Mut, um mich auf einen ersten gemeinsamen Dauerlauf einzulassen.

Es ist ein moderates Tempo angesagt. Wir staunen über das sehr hügelige Gelände, über die sandigen Laufstrecken und über die vielen, vielen Athleten, die uns entgegenkommen. Unsere kenianischen Kollegen geben uns sehr schnell ein Gefühl dafür, was es heißt, hier ein Läufer zu sein. Voller Stolz sagen sie »I am an athlete«, was hier soviel heißt wie »Ich bin Profi-Läufer.« Egal, ob jemand unterwegs ist, um den nächsten Weltrekord zu brechen oder ob er sich wirtschaftlich gerade so über Wasser halten kann: In Kenia hat der »athlete« die gesellschaftliche Anerkennung, die bei uns wohl nur der Chef eines DAX-Unternehmens genießt. Am Ende dieses ersten Trainings in Kenia ist klar: Es ist nicht nur die Höhenluft, es ist nicht nur die Genetik, es sind viele, viele kleine Besonderheiten, die den Erfolg der Kenianer ausmachen. Einiges von dem, was uns erzählt wird, scheint eher ins Reich der Legenden zu gehören und lässt uns schmunzeln. Viele andere Ausführungen regen jedoch zum Nachdenken und Nachahmen an.

Vorbild einer ganzen Nation: Kenias Läufer

 

Und genau darum geht es ja. Die alles entscheidende Frage lautet: Warum sind die viel schneller als wir? Wie kann das sein, wo wir doch auch viel und hart trainieren, auf unsere Ernährung, den Schlaf und viele weitere Faktoren achten? Was machen die hier anders? Was steckt dahinter, was ist das Geheimnis des kenianischen Laufwunders, und vor allem: Was können wir uns davon abgucken?

Tempoläufe mit Ruben Schwarz auf dem berühmten Camariny Track

 

Wir wollen schließlich auch besser werden, möchten auch so locker aussehen bei Kilometer 9. Auch wir würden gern bei Kilometer 41 dem Ziel entgegenstürmen, statt uns über die Ziellinie zu schleppen. Was kann ich als Profi verbessern, und was kann ich mir als Freizeitläufer abschauen? Gelten die kenianischen Tricks auch für den Hobbyläufer mit zwei Einheiten pro Woche, oder gehören mindestens vier ambitionierte Einheiten in den Trainingsplan?

So viel bereits vorweg: Es gibt vieles, was wir uns hierzulande abschauen können, manches, was sich leider unmöglich kopieren lässt, aber auch einiges, was man am Besten einfach bleiben lässt, wenn einem etwas an der eigenen Gesundheit liegt.

 

DAS LAND

 
 

KILOMETER 1

EIN AUF UND AB

 

Ein kurzer Rückblick auf gestern: Die Anreise ist bereits ein erstes kleines Abenteuer. Völlig übernächtigt kommen wir mit Kenya Airways in Nairobi an, und zunächst rennt der Beamte an der Passkontrolle mit unserem Ausweis davon. Will er uns nur zeigen, dass auch er, wie alle Kenianer, ein superschneller Läufer ist? Nein. Seine zerknirschte Miene und der seltsame Blick lassen auf anderes schließen. Wir sehen in seinen Augen doch nicht etwa wie Terroristen aus? Hilfe, was passiert jetzt?

Ungeschickterweise haben wir voller Stolz ins Feld »Beruf« des Einreiseformulars »Student/Runner« eingetragen. Schließlich sind wir ja zum Trainieren hier, und nicht wie diese ganzen Touristen nur zum Fotoschießen. Wir sind Läufer und kommen in das Land der Läufer, um von ihnen zu lernen – und um uns auf ihrem Boden mit ihnen zu messen. Eine große Herausforderung, die jeden Laufsportler reizen würde. »Eure Sportler sind weltberühmt und ein Aushängeschild des Landes.« Das wollen wir gleich klarstellen.

Warum also die Blicke der Beamten und warum die Diskussion, von der wir nichts verstehen? Die Beamten unterhalten sich auf Englisch, doch in einem sehr seltsamen, stark gewöhnungsbedürftigen Dialekt. Anfangs halten wir die Sprache fälschlicherweise für Swahili.

»Hier lang, da lang, bitte warten«, heißt es. Am Ende stehen wir schließlich völlig verwirrt im Eingangsbereich. Drin im Land sind wir jetzt. Wir versuchen auch gleich, allen Passanten eine Laufstrecke zuzuordnen. Der da: Marathon. Der da: 800 Meter. Und diese ganze Gruppe dort: hmm, doch eher Kugelstoßen. Der Flughafen von Nairobi ist offensichtlich kein Tummelplatz für die Läufer des Landes.

Langsam werden wir extrem unruhig. Unsere Pässe liegen noch immer bei irgendeinem Einreisebeamten in der bürokratischen kenianischen Verwaltung. Wir werden bestimmt gleich verhaftet. Nach einer Stunde ist dann aber plötzlich alles in Ordnung, wir bekommen ohne weitere Erklärung die Pässe wieder. Die Reise geht weiter von Nairobi nach Eldoret.

Schnell ist die Geschichte wieder vergessen. Erst sehr viel später, in Iten, werden wir erfahren, dass man sich in einem Touristen-Visum besser nicht als professioneller »Runner« outet. Denn das Laufen ist hier ja tatsächlich ein Beruf und nicht wie bei uns unabhängig vom Niveau eben »nur« ein Hobby. Daher kommt hier mit etwas Pech der Einreisebeamte auf die Idee, nach einem Arbeits- und nicht nach einem Touristenvisum zu fragen. Uff, Glück gehabt. Das hätte ein kurzer Ausflug werden können.

Beim Inlandsflug nach Eldoret und auf der anschließenden einstündigen Fahrt nach Iten mustern mein Trainingskollege Ruben und ich neugierig die Landschaft. Keine Löwen, keine Giraffen, aber eine Menge Hügel. Es geht ständig bergauf und bergab.

Eldoret, die viertgrößte Stadt Kenias, 2.100 Meter über dem Meeresspiegel gelegen, ist bekannt für ihre vielen Läufer. Hier fallen sie jedoch nicht so auf, denn bei ca. 250.000 Einwohnern herrscht ein ordentliches Gedränge, und die Camps der Läufer befinden sich ohnehin außerhalb der Stadt. Verständlich. Wenn wir in Deutschland die Möglichkeit dazu haben, trainieren wir ja schließlich auch lieber außerhalb der Städte.

Für uns geht es von Eldoret aus mit dem matatu, dem Mini-Bus, weiter nach Iten.

Der Weg führt über eine Teerstraße mit Schlaglöchern, in denen ausgewachsene Elefanten ihr Nickerchen halten könnten. Wir fahren vorbei an Maisfeldern, kleinen Hofanlagen mit Strohhütten, sowie an Kühen und Ziegen. Alle abzweigenden Nebenstraßen sind ungeteert. Sand und Staub, soweit das Auge reicht. Lehmroter Sand. Der sieht auch weiter unten einfach gut aus. Irgendwie wild und nach Arbeit. Es geht weiter bergauf. Dabei fällt uns immer wieder das wellige Profil der Umgebung auf.

Schließlich sind wir angekommen. In Iten empfängt uns ein riesiger Bogen, der sich quer über die Straße spannt. Darauf der Willkommensgruß: »Welcome to the home of champions.« Das sagt schon alles. Was könnte besser den Stolz des Landes auf seine Sportler zum Ausdruck bringen?! Hier wird nicht nur eine kleine Straße am Stadion nach einem bestimmten, erfolgreichen Athleten benannt. Nein. Hier ist ganz unbescheiden der ganze Ort die Heimat der Champions. Und was soll man sagen – Recht haben sie.

In Iten leben angeblich 50.000 Menschen, die alle zu laufen scheinen. Der Ort selber ist sehr klein und nur auf dem Markt typisch afrikanisch-wuselig. Die meisten der Bewohner leben offensichtlich auf den Farmen der Umgebung. Denn Landschaft und Landwirtschaft gibt es hier reichlich. Es ist irgendwie gar nicht so, wie ich mir Kenia vorgestellt habe. Es ist hier viel grüner. Es gibt nicht nur Steppengras und ab und zu einmal eine Akazie. Nein, kleine Felder – vornehmlich mit Mais und Gemüse – wechseln sich ab mit vereinzelten Baumgruppen. Und dazwischen immer wieder kleine Höfe.

Mittlerweile ist es spät geworden. Die Anreise von Deutschland aus dauert alles in allem 24 Stunden. Eine große Zeitumstellung gibt es nicht, doch für den ersten Dauerlauf in Kenia war es leider zu dunkel. So beziehen wir also unser Quartier im Camp von Lornah Kiplagat, Weltmeisterin und kenianische Legende. Wir ziehen das Mückennetz über die Betten und träumen von tollen Trainingseinheiten sowie großen Siegen.

Das Geländeprofil: Komplett flach ist es hier nirgends..

 

Der nächste Tag. Unser erster Tag im Land der Laufwunder. Wir haben die Anreise gut überstanden. Schon sehr früh am Morgen werden wir von den Hähnen der benachbarten Bauernhöfe geweckt. Es geht los! Das Trainingslager kann beginnen …

Ein schnelles Frühstück und kurze Erkundungsgänge sind für uns der Auftakt, dann wird gelaufen. Wir schnüren das erste Mal die Sportschuhe, um mit unseren neuen kenianischen Freunden die Gegend zu erkunden. Dabei bekommen wir direkt einen Vorgeschmack auf eine wichtige Zutat des kenianischen Erfolgsrezeptes:

Die leichten Hügel, die aus dem Auto so schön anzuschauen waren, scheinen nun beim Laufen zu ausgewachsenen Bergen zu mutieren. Das hängt auch mit der Höhenluft zusammen. Flache Strecken lassen sich, solange man noch nicht an den geringeren Sauerstoffgehalt der Luft angepasst ist, einigermaßen bewältigen. Anstiege hingegen werden zu echten Herausforderungen.

Und hier scheint es tatsächlich keine einzige Runde zu geben, die auch nur einigermaßen flach ist. Es sind nicht die Alpen, aber Hügel um Hügel ziehen sich die Staubpisten in die Länge.

Ich denke mir: »Das kann doch nicht sein.« Wir keuchen wie die Dampfwalzen und müssen uns quälen. Die Stücke, bei denen es bergab geht, scheinen grundsätzlich kürzer zu sein als die Bergauf-Passagen. Haben wir, die wir uns doch für begnadete Lauftalente halten, schon am ersten Tag in Kenia das Laufen verlernt? Die bis zu 200 Kilometer pro Woche, die wir im Training zu Hause abspulen, sind offensichtlich wirkungslos gegen die Macht der kenianischen Höhenluft. Die Beine sind schwer, die Sonne brennt, und wir sind innerhalb kürzester Zeit völlig aus der Puste.

Die Tour macht trotzdem Spaß, keine Frage. Wir lachen über uns selbst. Denn schnell wird klar, dass wir schon bei dem allerersten »lockeren« Läufchen einen Teil von dem gefunden haben, was wir hier suchen: Das Streckenprofil ist eine der Erfolgskomponenten kenianischer Läufer.

Hier in Iten ist es nicht möglich, bei gleichbleibender Belastung vor sich hin zu traben. Immer wieder muss die Schrittfrequenz an das Bodenprofil angepasst werden. Mit Druck aus dem Fuß den Hügel hinauf und dann, locker und ohne zu viel Stoßbelastung für die Knochen, wieder hinunter. Tempo und Einsatz müssen ständig angepasst werden. Komfortzone? Fehlanzeige!

TIPPSTÄRKERER ABDRUCK DURCH HÜGELIGES PROFIL

Der Laufsport ist immer auch ein kleiner Kampf gegen die Bequemlichkeit. Definitiv nichts für faule Leute. Ein Läufer bekommt nichts geschenkt. Der eine hat mehr Talent als der andere, aber trainieren müssen wir alle. Wer ständig nur in seiner Komfortzone unterwegs ist, kommt nicht in Form. In Bochum bin ich eine Zeitlang immer schön um den Kemnader Stausee gelaufen. Eine 10-Kilometer-Runde, topfeben, und am Ende des Programms stehen dann tolle, schnelle Zeiten im Trainingstagebuch. Das kann aber nicht Sinn der Sache sein. Es ist wichtig, variabel zu trainieren und dem Körper immer neue Reize zu bieten. Dafür eignen sich, wenn es die Umgebung vor Ort zulässt, unter anderem Dauerläufe im hügeligen Gelände. Durch die unterschiedlich steilen und langen Passagen bergauf und bergab wird der Körper stark gefordert. Auch Laufstil und Schrittlänge verändern sich positiv. Das wiederum führt zu einem effektiveren Laufstil, zu mehr Dynamik und damit zu einem Leistungsfortschritt. Zu steiles Gelände gilt es jedoch zu meiden. Zumindest, wenn es darum geht, sich auf flachen Strecken zu verbessern. Bei einer geplanten Teilnahme an einem Berglauf ist das natürlich anders. Doch insbesondere zu steile Passagen bergab können durch die stärkere Stoßbelastung die Muskulatur schädigen.

Laufanfängern empfehle ich, für die ersten Schritte zunächst möglichst flache Strecken zu wählen. Dann fällt das Laufen leichter, und die ersten Erfolge stellen sich schneller ein. Ins Gelände sollte nur gehen, wer sich bereits eine gewisse Basis erarbeitet hat.

 

Als wir diesen ersten Lauf hinter uns haben, stehen wir noch lange im Halbschatten herum und dehnen die Muskeln. Dabei unterhalten wir uns mit den vielen anderen Läufern aus aller Welt, die ebenfalls in unserem Camp wohnen und trainieren. Alles dreht sich ums Laufen: »Was sind deine Bestzeiten, was sind deine Ziele, wie können wir eventuell gemeinsam trainieren?« Man versteht sich. Und es sind nicht nur »Profis« unterwegs. Nein, auch »Recreational Runners« (Freizeitläufer) finden sich in Iten ein, für ein ganz besonderes Trainingserlebnis. Die wichtigste Erkenntnis aus der Plauderei, die uns allen Mut macht: Die Hügel werden uns schon bald flacher erscheinen.

Auch an diese Art des Dauerlaufs gewöhnt sich der Sportler natürlich. Nach einer Woche in Kenia sind die Berge wieder zu Hügeln geschrumpft, und wir wissen, mit wie viel Kraft wir den jeweiligen Anstieg angreifen müssen. Was aber bleibt, ist die Gewissheit, auch zu Hause immer wieder neue Strecken und Geländeprofile ausprobieren zu müssen. Jede Einheit zählt, und ein Dauerlauf in hügeligem Gelände ist die natürlichste Art des Intervalltrainings, die es gibt.

KILOMETER 2

DER STEINIGE WEG ZUM ERFOLG

HINTER MEINEM BEGLEITER Ruben und mir liegen ein Mittagsschlaf und ein erstes, sehr einfaches Mittagsessen. Eines ist schon jetzt klar: Viel zunehmen werden wir hier nicht. Und Ablenkung gibt es auch herzlich wenig. Dafür umso mehr Konzentration auf das Wesentliche: laufen, laufen, und nochmals laufen.

Bereits beim zweiten Lauf des Tages trauen wir uns, zusammen mit echten Kenianern zu trainieren: Bestärkt durch die zwei Holländer Matthijs und Pim, die wir im Camp kennengelernt haben, gehen wir auf das Angebot unserer neuen einheimischen Freunde ein. Das erste »Einlaufen« am frühen Morgen war soweit ja ganz in Ordnung. Außerdem sprechen so gut wie alle Kenianer neben ihren Stammessprachen und Swahili ein recht gutes Englisch. Das macht die Sache deutlich einfacher. Das Englisch der Einheimischen klingt in unseren Ohren ein wenig nach lustigem Singsang, unser Schulenglisch bringt wiederum die Kenianer zum Lachen. Der englische Wortschatz der Läufer erstaunt uns, bis wir lächelnd darauf hingewiesen werden, dass Englisch die offizielle Amtssprache ist. Schon die Kinder lernen die Sprache in der Schule. Das erklärt auch, warum die Kids am Wegesrand uns stets voller Stolz mit einem »How are you?« begrüßen. Sind sie etwas größer und mutiger, wird dies noch mit einem »My name is …« ergänzt. Hier wird das Erlernte sofort getestet.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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