Die Shipwell-Brüder - William Mark - E-Book

Die Shipwell-Brüder E-Book

William Mark

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Beschreibung

"Vor seinem Colt hatte selbst der Teufel Respekt!" (Mark Twain) Der Lieblingssatz des berühmten US Marshals: "Abenteuer? Ich habe sie nie gesucht. Weiß der Teufel wie es kam, dass sie immer dort waren, wohin ich ritt." Diese Romane müssen Sie als Western-Fan einfach lesen! Er hatte ein staubiges Gesicht, rissige Züge und schiefergraue Augen. Er sah nicht aus wie ein Dancing Master. Ganz und gar nicht. Trotz seines eleganten Anzuges im neuesten Boston-Schnitt, trotz des blütenweißen Rüschenhemdes, trotz der grünschillernden Seidenkrawatte. Seine Stiefeletten waren nagelneu und so blank, daß man sich darin spiegeln konnte. Als er sie im offenen Schlag der Overland auf das Trittbrett setzte, waren sie noch ganz sauber. Kaum aber hatten sie den Boden der Main Street berührt, setzte sich auch schon der gelbe Sandstaub darauf und paßte sie der Umgebung an. Mac Shipwell war ein Gentleman, jedenfalls bemühte er sich, dies seiner Umgebung klarzumachen. Jetzt schlug er sein tiefgraues Jackett auseinander, und die staunenden Bürger von Seminole bekamen eine kanariengelbe Weste mit bizarr-verschlungenen schwarzen Stickereien zu sehen. Mac Shipwell lüftete seinen halbhohen hellgrauen Zylinderhut und tat so, als werde er von irgendeiner noch unsichtbaren Abordnung empfangen. Hatten die Seminoler schon über Mac Shipwell gestaunt, so bekamen sie jetzt den Mund und die Augen nicht mehr zu. Hinter dem Dandy wurde im Overland-Türschlag ein gutgeformtes Mädchenbein sichtbar, das in einem roten Schnürschuh steckte. Die dazugehörige junge Dame folgte mit dem nächsten Fuß, zeigte ein hübsches, allerdings millimeterdick mit Schminke und Puder bedecktes Gesicht, eine Doppelreihe perlengleicher Zähne und ein hellblaues, langbewimpertes Augenpaar. Eingerahmt war dieses Gesicht von einer Lockenfülle, die vielleicht ein paar Töne zu hell sein mochte. Das Kleid der Schönen war aus blauem Stoff und schien einer Theatergarderobe entliehen zu sein. Die Seminoler bekamen noch keine Chance, zu verschnaufen, denn kaum hatte die junge Dame hinter Mac Shipwell die Straße berührt, als oben aus der Kutsche wieder zwei Mädchenbeine zum Vorschein kamen. Sie verweilten, schoben sich vorwärts und führten eine bildhübsche Brünette auf die Main Street. Dann kam die Aschblonde. Dann eine Schwarzhaarige. Und schließlich eine mit schimmernden brandroten Haaren.

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Wyatt Earp – 289 –

Die Shipwell-Brüder

William Mark

Er hatte ein staubiges Gesicht, rissige Züge und schiefergraue Augen.

Er sah nicht aus wie ein Dancing Master.

Ganz und gar nicht.

Trotz seines eleganten Anzuges im neuesten Boston-Schnitt, trotz des blütenweißen Rüschenhemdes, trotz der grünschillernden Seidenkrawatte.

Seine Stiefeletten waren nagelneu und so blank, daß man sich darin spiegeln konnte. Als er sie im offenen Schlag der Overland auf das Trittbrett setzte, waren sie noch ganz sauber. Kaum aber hatten sie den Boden der Main Street berührt, setzte sich auch schon der gelbe Sandstaub darauf und paßte sie der Umgebung an.

Mac Shipwell war ein Gentleman, jedenfalls bemühte er sich, dies seiner Umgebung klarzumachen.

Jetzt schlug er sein tiefgraues Jackett auseinander, und die staunenden Bürger von Seminole bekamen eine kanariengelbe Weste mit bizarr-verschlungenen schwarzen Stickereien zu sehen.

Mac Shipwell lüftete seinen halbhohen hellgrauen Zylinderhut und tat so, als werde er von irgendeiner noch unsichtbaren Abordnung empfangen.

Hatten die Seminoler schon über Mac Shipwell gestaunt, so bekamen sie jetzt den Mund und die Augen nicht mehr zu.

Hinter dem Dandy wurde im Overland-Türschlag ein gutgeformtes Mädchenbein sichtbar, das in einem roten Schnürschuh steckte.

Die dazugehörige junge Dame folgte mit dem nächsten Fuß, zeigte ein hübsches, allerdings millimeterdick mit Schminke und Puder bedecktes Gesicht, eine Doppelreihe perlengleicher Zähne und ein hellblaues, langbewimpertes Augenpaar. Eingerahmt war dieses Gesicht von einer Lockenfülle, die vielleicht ein paar Töne zu hell sein mochte. Das Kleid der Schönen war aus blauem Stoff und schien einer Theatergarderobe entliehen zu sein.

Die Seminoler bekamen noch keine Chance, zu verschnaufen, denn kaum hatte die junge Dame hinter Mac Shipwell die Straße berührt, als oben aus der Kutsche wieder zwei Mädchenbeine zum Vorschein kamen. Sie verweilten, schoben sich vorwärts und führten eine bildhübsche Brünette auf die Main Street.

Dann kam die Aschblonde.

Dann eine Schwarzhaarige.

Und schließlich eine mit schimmernden brandroten Haaren.

Die Seminoler kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Einen solchen Anblick hatte es in der kleinen texanischen Kistenholzstadt noch nicht gegeben.

Ein Gentleman und gleich fünf Stadtschönheiten – das war ein bißchen viel auf einmal. Heavens, man lebte schließlich am Ende der Postkutschenlinie, schon fast im ewigen Sand des Llano Estacado.

Es war eine gelbbraune Stadt, dieses Seminole. Gelbbraun wie der endlose Sand, der sie umgab. Eine breite Main Street und ein paar Quergassen, die sich stolz Avenuen nannten. Ein paar Scheunen, ein paar Corrals, eine winzige Kapelle, die sich die Presbyterianer erbaut hatten – das war Seminole. Die Poststraße führte von Osten in die Stadt herein, verließ sie aber im Westen nicht mehr.

Seminole lag am Ende der Welt.

Der Sand des Llano fraß sich schon bis in die Main Street hinein. Es war ein ewiger Kampf, den die kleine Stadt mit dem Sandstaub auszufechten hatten. Er war glühendheiß, legte sich auf die Atemorgane, verstopfte die Poren und preßte sich auf die verschwitzte Haut, wo er Mensch und Tier zur Dauerqual wurde.

Als Mac Shipwell den ersten Atemzug auf der Main Street von Seminole in die Lungen sog, glaubte er, einen Gluthauch eingeatmet zu haben.

Das war ja wirklich eine höllische Luft hier in diesem texanischen Brutofen. Er stammte oben aus dem Norden des Landes, wo die texanische Grenze das Indianerland abschloß. Da herrschte ein milderes Klima. Und vor allem gab es dort nicht diesen scheußlichen Sand, der die Sonnenglut noch verdoppelte, weil er sie zurückwarf.

*

Der Gunman, der mit dem Kutscher vom Bock gestiegen war, lud das Gepäck ab.

Es waren fünf übergroße Koffer.

Mac Shipwell hatte sein ganzes Gepäck in der rechten Hand. Eine krokodillederne Reisetasche, das war alles.

Shipwell stand mitten auf der Straße mit den fünf jungen Frauen, als die Overland eine Kehre auf der weiten Straße machte und im schwerfälligen Trott der Pferde wieder davonfuhr.

Keiner der sechs Menschen sprach ein Wort.

Der Mann hatte bereits eine Menge von seiner Großspurigkeit verloren.

Die Umgebung war geradezu beklemmend.

Da öffnete die Blonde den Mund.

»Das ist also Seminole, Mr. Shipwell?«

»Yeah, das ist Seminole.«

Der Mann nahm den Hut erneut ab und wischte sich mit einem übergroßen Taschentuch den Schweiß von der Stirn.

»Ich denke, wir werden hier erwartet?« brummte die Blonde mürrisch, der der Aufenthalt in der prallen Sonne offensichtlich mißbehagte.

»Das werden wir auch«, versetzte der Mann, »Mr. Coster wird unsere Ankunft noch nicht bemerkt haben.«

Shipwell kniff die Augen zusammen und blickte forschend über die im grellen Sonnenlicht liegenden Häuserreihen.

Plötzlich hatte er anscheinend entdeckt, was er suchte. Aber sein Gesicht verzog sich mißvergnügt beim Anblick dieses Hauses.

Langsam steuerte er darauf zu.

Die Frauen folgten ihm.

Das Gepäck blieb mitten auf der Straße stehen.

Von den neugierigen Blicken der Umstehenden gaffend verfolgt, gingen die sechs die Straße hinunter.

Daisy Clipp, die Blonde, scherte aus dem Gänsemarsch aus und betrat den schattigen Stepwalk.

Helen Vaugham, die Brünette, folgte ihr.

Die schwarze Liz Miller, die aschblonde Mary Loo und die rote Jo

Temple kamen nach.

Dann erst merkte es Mac Shipwell.

Auch er betrat den schattigen Gehsteig.

Plötzlich stieß sich ein großer Bursche von der Hauswand ab und blieb vor Daisy stehen.

Es war ein riesiger Bursche mit flachsblondem Haar, kräftigem Gebiß und wasserhellen Augen. Er trug ein graues Kattunhemd und einen breitrandigen Hut, der tief im Nacken saß.

Das Mädchen starrte ihm erschrocken ins Gesicht.

»Was gibt’s?« fragte die sonst nicht mundfaule Daisy.

»Was soll’s geben, Puppe? Eine ganze Menge, zum Beispiel dich und mich.«

Der schlaksige Texaner Red Hartles mußte taub gewesen sein, daß er die Schritte Mac Shipwells in seinem Rücken nicht gehört hatte.

Erst als der graugesichtige Mann ihm hart auf die Schulter tippte, wandte der Bursche sich um.

Da aber traf ihn schon der Faustschlag Shipwells und warf ihn der Länge lang auf die Vorbaubohlen.

Die Männer auf den Korbstühlen, an den Überdachpfosten und in den Türen und Fenstern machten runde Augen.

Heavens, wer hätte das diesem Dancing Master zugetraut?

Allerdings, wenn der wüßte, wen er da niedergeschlagen hatte, würde er höchstwahrscheinlich jetzt drüben im Mietstall den schnellsten Gaul nehmen und der Overland folgen.

Die Frauen blickten auf den Mann am Boden, kicherten dann und stiegen kaltherzig über ihn hinweg.

Derartige Szenen schienen nicht neu für sie zu sein.

Als sie aber ihren Boß vor der Tür des Donkeys Saloon anhalten sahen, veränderten sich ihre spöttischen Mienen sofort.

»Was soll denn das sein?« zischte Daisy, während sie die schäbige Fassade der Schenke mit kritischen Blicken musterte.

»Der Donkey Saloon von Seminole«, versetzte die rote Jo.

Helen schlug vor Entsetzen die Hände zusammen.

»Das kann doch nicht wahr sein!«

Shipwell warf den Kopf herum.

»Ruhe!« befahl er barsch.

Neben dem Eingang saß ein knochendürrer Mann mit struppigem Graukopf und olivbraunen zerfurchten Zügen.

Sein fleckiges blaues Hemd stand vorn offen und gab unbekümmert den Blick auf die eingefallene behaarte Brust des Mannes frei.

Auf den vielfach geflickten Hosen lagen zwei gichtige Hände.

Am Vorbaupfeiler lehnte ein mittelgroßer Bursche mit breitem Kreuz und schmalen Hüften. Er hatte seine Beine übereinandergeschlagen und den grauen Hut tief ins Gesicht gezogen.

Angelegentlich musterte er die Straße, sog an seiner braunen Zigarette und hatte die Hände tief in die Taschen seiner engen Levishose geschoben. Sein Hemd war verwaschen rot. Schräg um seine Hüfte hing ein Waffengurt. Tief auf dem linken Oberschenkel baumelte ein schwerer Revolver.

Shipwell steuerte auf ihn zu.

»He, Mister!«

Langsam wandte sich der Mann um.

Auf seiner linken Brustseite blinkte ein sechszackiger Sheriffstern.

Shipwell konnte seinen Schrecken nicht verbergen. So plötzlich vor einem Sheriff zu stehen, ihn obendrein noch so von oben herab angerufen zu haben, das war für einen Mann seines Schlages nicht gerade angenehm.

Der Hüter des Gesetzes schob sich den Hut aus dem Gesicht und blickte Shipwell fragend an.

Er hatte ein frisches, eckiges, sonnengebräuntes Gesicht und blaue Augen.

»Was soll’s denn, Mister?«

Shipwell hatte seinen Schrecken bereits wieder überwunden.

»War ein Irrtum, Sheriff, ich suche Mr. Coster.«

Der Sternträger wies mit dem linken Daumen lässig auf den Mann neben der Pendeltür.

Shipwells Unterkiefer klappte herunter.

»Was denn? Er ist Jimmy Coster?«

»Yeah.«

Bill Owens, der Sheriff, wandte sich wieder ab, lehnte sich an den Pfeiler, schlug die Beine übereinander, zog sich den Hut tief in die Stirn und blickte wieder ebenso gelangweilt auf die Straße wie vorhin.

Die Frauen schienen für ihn überhaupt nicht da zu sein.

Shipwell ging auf den Mann neben der Tür zu.

»Sie sind Jimmy Coster?«

Der Mann nickte.

»Yeah.«

Dabei kaute er auf einem Priem herum und sah auf die Frauen.

»Sind das die Girls?« fragte er mit krächzender Vogelstimme, wobei er mit dem Kinn auf die Mädchen wies.

»Yeah, das sind die Star-Girls aus Topeka.«

Shipwell blickte enttäuscht auf den Alten.

»Und ich bin Mac Shipwell.«

»Aha«, meinte Coster, während er weiter auf seinem alten Priem herumkaute, »das ist gut. Dann will ich mal aufstehen.«

Ächzend erhob er sich, ging auf die Frauen zu, schlurfte langsam an ihnen vorbei und musterte sie etwa so wie ein Korporal seine Mannschaft und ging dann kopfschüttelnd auf den Saloon zu.

Rücksichtslos ließ er die Pendeltür hinter sich zuschlagen.

Shipwell stieß sie wieder auf und ließ die Frauen in den dunklen Schankraum treten.

Gleich hinter der Tür blieben die Tanzgirls stehen.

Daisy ließ einen hellen Pfiff hören.

»Das soll eine Dancing-Hall sein? Dieses finstere Loch?«

»Warten Sie nur, bis Licht ist«, ließ sich der Wirt vernehmen.

Vorn an der Theke zündete er eine Kerosinlampe an.

Die Frauen erstarrten, als der schwache Lichtschein den schlauchartigen Raum erhellte. Links die längliche Theke, rechts etwa sieben oder acht Tische, und im Hintergrund des Saloons war eine Art Podium errichtet.

Alles von einer ernüchternden Kahlheit und Primitivität.

»Tja«, sagte Mac Shipwell.

Die Frauen vermochten keinen Laut durch die Kehle zu bringen.

Selbst die kesse Daisy war geschlagen.

Shipwell sah sich um, ging quer durchs Lokal auf das Podium zu, sah sich um, so, als müsse doch noch irgendwo etwas anderes auftauchen, und kam dann wieder zurück.

»Well, es ist nichts Besonderes, aber schließlich sind wir ja hier auch nicht in Topeka.«

»Nichts Besonderes?« platzte Daisy los. »Ich finde, es ist ein Skandal. Eine Unverschämtheit!«

»Tut mir leid«, versetzte Shipwell, »ich wußte auch nicht, daß es so ein Stall ist.«

»Niemals trete ich hier auf!« trompetete die rote Jo.

»Ich auch nicht«, stimmte ihr Helen zu.

Alle protestierten sie – bis auf die schwarze Lizzy. Die war so entsetzt, daß sie überhaupt nichts sagen konnte.

Mit offenem Mund und zwinkernden Augen hatte der hemdsärmelige Salooner dieser Protestkundgebung zugesehen.

Er kramte eine Zigarrenkiste vom Flaschenbord, schob sich eine Zigarre, die eigentlich für das Wochenende gedacht war, zwischen die Zähne und riß an der Theke ein Zündholz an.

Langsam kam er auf die Gruppe zu.

»Was ist denn los?«

»Was los ist?« knurrte Shipwell. »Den Damen gefällt Ihre Schenke nicht.«

»Was?«

»Nein!« prustete Daisy. »Das ist doch keine Dancing Hall, das ist eine Cowboyhöhle. Nie und nimmer werde ich hier auftreten!«

»Ich auch nicht!«

»Und ich auch nicht!«

»Niemals!«

Lizzy Miller hatte sich abgewandt. Sie trat an die Pendeltür und blickte geblendet in die Helle der gelben Straße.

Draußen an dem Vorbaupfeiler lehnte noch der Sheriff und starrte vor sich hin.

Alles in dieser Stadt atmete eine lähmende öde Ruhe.

Die Lippen des Mädchens bewegten sich.

»Wäre ich doch bloß in Topeka geblieben.«

»Nie und nimmer werde ich in dieser Höhle auftreten«, rief die blonde Daisy wieder theatralisch.

Lizzy schob die bastgeflochtenen Pendeltüren auseinander und trat auf den Vorbau.

Sofort sprang die brutale Hitze sie wieder an. Erst jetzt merkte sie, daß es in der Schenke kühl gewesen war.

Das Mädchen blickte auf den Rücken des Sheriffs.

Der stand wie eine Holzfigur da und linste unter seinem Hutrand hervor auf die Straße.

Vielleicht schlief er auch.

Lizzy hätte sich nicht darüber gewundert.

Sie trat an ihn heran.

»Sheriff?«

Bill Owens wandte sich um.

»Yeah?« Er schob sich den Hut aus dem Gesicht.

»Wann fährt die nächste Postkutsche?«

»In einer Woche, Montag.«

»Nie und nimmer werde ich hier auftreten«, trompetete Daisy drinnen.

*

Aber sie traten auf.

Am nächsten Abend.

Es war ein Samstag.

Jimmy Coster und Mac Shipwell hatten ein gewaltiges Plakat gemalt und es auf die Straße gestellt.

Die Schenke war brechendvoll.

Die Star-Girls tanzten, da sie nun schon einmal beim Tanzen waren, nicht anders, als sie sonst auch getanzt hatten, oben in Topeka, woher sie kamen.

Zunächst war es in dem Schankraum ganz still gewesen.

Mac Shipwell war kein guter Klavierspieler. Aber er spielte. Und im Seminole hatte seit dem Tod des alten Jesse Florian, der sich zu den Wochenenden als Pianoplayer betätigt hatte, niemand mehr auf dem alten halbverstimmten Kasten herumgehämmert.

Mac Shipwell spielte.

Und es gab wirklich niemand im Saloon, der etwas daran auszusetzen gehabt hätte.

Das staubgraue, rissige Gesicht mit den schiefergrauen Augen wollte nicht so recht zu dem Beruf dieses Mannes passen. So wenig, wie ihm der modische elegante Anzug stand.

Shipwell spielte zu den Tänzen der Star-Girls.

Und es gab niemanden in Costers Saloon, der wußte, woher dieser Mac Shipwell überhaupt so ein Piano handhaben konnte.

Wer sollte wohl auch auf den Gedanken kommen, daß er es im Gefängnis von St. Louis gelernt hatte, wo er wegen schweren Diebstahls und Körperverletzung vier Jahre gesessen hatte?

Er und sein Zwillingsbruder Chet.

Vor drei Monaten waren sie entlassen worden.

Chet hatte sich sofort auf den Weg gemacht. Das Geschäft, das sie sich aufbauen wollten, bedurfte einiger Vorarbeiten.

Chet und Mac waren Artisten. Sie stammten aus Texas und waren wegen ihrer springerischen Fähigkeiten in den Städten des Ostens bald vorwärtsgekommen. Well, sie waren keine »Kanonen«, aber es gab doch Zirkus-Unternehmen genug, die die beiden Männer beschäftigten.

In Springfield, Missouri, waren sie dann in einer sternklaren Augustnacht in den Wagen des Zirkus-Direktors eingebrochen, hatten den Mann mit einer Radspeiche niedergedroschen und waren mit dem Geld geflohen.

Schon in St. Louis wurden sie gefaßt.

Es war purer Zufall, daß die beiden erwischt wurden.

Das neue »Unternehmen« hatten sie in ihrer langen Haftzeit gründlich durchgesprochen.

Chet hatte den schwierigen Part übernommen.

Er ritt umher und suchte die Städte, in denen Mac mit der Truppe auftreten konnte.

Dazu mußte Mac spielen können. Er war immer ein wenig musikalisch gewesen, hatte früher bei ihren Zirkusfahrten immer auf der Cowboy-Gitarre herumgezupft und auch gern hin und wieder auf anderen Instrumenten sein Glück versucht. Die Sache hatte nun ein anderes Gesicht bekommen. Mac mußte richtig Klavierspielen lernen.

Mrs. Cuttaway, die Frau des Gefängnisdirektors, hatte von dem Wunsch des Häftlings 3011 gehört und es bei ihrem Mann durchgesetzt, daß sie ihm Unterricht erteilen konnte.

Heavens, Mac hatte oft geflucht, wenn er zu dem Bruder in die Zelle zurückkam. »Ich gebe auf, dieses Weib macht mich krank.«

Fast dreieinhalb Jahre lernte er. Und getreu dem Plan des Bruders lernte er ein paar geistliche Lieder, um kein Mißtrauen im Gefängnis zu erregen, und ein paar Tänze, wegen der Ablenkung.

»Ein Irrsinn«, hatte Mac oft geflucht. Aber Chet, der gerissenere der beiden, war bei seiner Forderung geblieben.

Als sie entlassen wurden, hatten sie kaum Geld, sich selbst durchzuschlagen, geschweige denn eine Dancing-Girl-Truppe zu unterhalten.

Chet beschaffte das Geld.

Er stahl in Kansas City in einer Bank eintausenddreihundert Bucks.

Dann verschwanden sie weiter in den Westen.

Mac blieb in Topeka. Die France Show Girls hatten es ihm angetan. Es waren sieben prächtige Mädchen, die im Alhambra Saloon in Topeka auftraten.

Mac gelang es nach und nach, fünf der Mädchen abzuwerben.

Er gründete die Star Girls.

Und dann kam Chets Brief aus

Brownfield.

»Seminole, Costers Donkey Saloon.«

Mehr stand in dem Brief nicht drin.

Mac setzte sich sofort hin und schrieb einen Brief.

Der alte Jimmy Coster hatte sich nicht einmal allzuviel Zeit mit der Antwort gelassen.

Well, er hätte gern eine Tanz-Girl-Show auf vierzehn Tage in seinem Saloon.

So war alles gekommen.

Gleich nach der Ankunft hatte Mac das Haus gesehen. Es stand schräg gegenüber vom Dokey Saloon, war klein, gedrungen und aus Steinen erbaut. Über seinen Fenstern stand in großen Lettern:

Texas Bank.

Da war also die Bank.

Hell und Devils, war sie nicht ein bißchen nah beim Saloon?

Nun, Chet mußte wissen, was er tat. Schließlich war er der Klügere.

Eine primitive Idee, dieses neue Geschäft. Uralt – aber immer wieder neu.

Well, die Girls waren nur das Betriebskapital. Chet und Mac hätten sich auch so mit ihren Revolvern in die Banken schieben können, mit vorgebundenen roten Gesichtstüchern und aufgehaltenen Leinenbeuteln.

Aber das war scheußlich unangenehm, weil es eine Menge Bankiers und Schaltermänner gab, die auch einen Revolver hatten.

Eine Reihe schneller Dollarmacher war durch diesen Umstand zu einem vorzeitigen Ableben gekommen.

Diesen Unsicherheitsfaktor wollte Chet Shipwell ausschließen.

Die Girls mußten die Stadt in Atem halten.

Mac mußte spielen.