Die Brandeisen-Bar - William Mark - E-Book

Die Brandeisen-Bar E-Book

William Mark

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Beschreibung

"Vor seinem Colt hatte selbst der Teufel Respekt!" (Mark Twain) Der Lieblingssatz des berühmten US Marshals: "Abenteuer? Ich habe sie nie gesucht. Weiß der Teufel wie es kam, dass sie immer dort waren, wohin ich ritt." Diese Romane müssen Sie als Western-Fan einfach lesen! vielen, vielen Dank für die zahllosen Briefe, die mich in den letzten Wochen erreichten. Yeah, Freunde, ich ahnte damals, als ich mit den Arbeiten an der Roman-Reihe Wyatt Earp begann, ganz sicher nicht, welchen Erfolg – und welchen Wirbel sie entfalten würde. Er ist ihnen zu groß geworden, den anderen, der Western peace office Earp. Nun suchen sie seinen Namen und seine Popularität zu verunglimpfen. Dies alles ist nicht neu; als Karl Mays Old Shatterhand zu bekannt wurde, tauchten liebe Zeitgenossen auf, die ihn angifteten. Das alles erlebt nun der tote Wyatt Earp. Er liegt drüben an der Westküste Amerikas auf den Hills of Eternity von San Francisco und kann sich nicht mehr wehren. Aber er hat eine ganze Armee von Freunden gefunden, die zu ihm stehen. Ein junger Mann aus Stuttgart schrieb mir. »… und wenn sie ihn hier in unseren wildwütigen Germany mit Steinen bewerfen würden, ich bleibe auf seiner Fährte, weil sie gut und sauber ist. Und weil er – wie er in Ihren Geschichten durch den Westen streift – ein charaktervoller Mann ist, zu dem wir sehr wohl aufschauen dürfen!« Der junge Mann aus Stuttgart hat es richtig empfunden. Es ist im Grunde das, was mir fast aus all Euren Briefen entgegengerufen wird: Wir wollen unseren Wyatt Earp behalten! Auch wenn das anderen Leuten nicht paßt. Seid ohne Sorge, Freunde, wir reiten weiter – und der Trail des Missouriers ist noch längst nicht zu Ende. Er geht jetzt erst dem Mittelpunkt seiner spannenden Erlebnisse entgegen. Ich werde Euch weiter berichten. Und Ihr dürft mir glauben, daß mich der ganze Sturm um Wyatt Earp in die sonst wohl kaum mögliche Lage gebracht hat, die Treue und Zustimmung meiner großen Leserschar vor Augen geführt zu bekommen. Thanks, Boys! Unser Marshal wird weiterleben – und die Straßen in Amerika werden weiterhin seinen Namen in Ehren tragen.

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Wyatt Earp – 294 –

Die Brandeisen-Bar

William Mark

Freunde,

vielen, vielen Dank für die zahllosen Briefe, die mich in den letzten Wochen erreichten. Yeah, Freunde, ich ahnte damals, als ich mit den Arbeiten an der Roman-Reihe Wyatt Earp begann, ganz sicher nicht, welchen Erfolg – und welchen Wirbel sie entfalten würde. Er ist ihnen zu groß geworden, den anderen, der Western peace office Earp. Nun suchen sie seinen Namen und seine Popularität zu verunglimpfen. Dies alles ist nicht neu; als Karl Mays Old Shatterhand zu bekannt wurde, tauchten liebe Zeitgenossen auf, die ihn angifteten. Das alles erlebt nun der tote Wyatt Earp. Er liegt drüben an der Westküste Amerikas auf den Hills of Eternity von San Francisco und kann sich nicht mehr wehren. Aber er hat eine ganze Armee von Freunden gefunden, die zu ihm stehen. Ein junger Mann aus Stuttgart schrieb mir. »… und wenn sie ihn hier in unseren wildwütigen Germany mit Steinen bewerfen würden, ich bleibe auf seiner Fährte, weil sie gut und sauber ist. Und weil er – wie er in Ihren Geschichten durch den Westen streift – ein charaktervoller Mann ist, zu dem wir sehr wohl aufschauen dürfen!«

Der junge Mann aus Stuttgart hat es richtig empfunden. Es ist im Grunde das, was mir fast aus all Euren Briefen entgegengerufen wird: Wir wollen unseren Wyatt Earp behalten! Auch wenn das anderen Leuten nicht paßt.

Seid ohne Sorge, Freunde, wir reiten weiter – und der Trail des Missouriers ist noch längst nicht zu Ende. Er geht jetzt erst dem Mittelpunkt seiner spannenden Erlebnisse entgegen. Ich werde Euch weiter berichten. Und Ihr dürft mir glauben, daß mich der ganze Sturm um Wyatt Earp in die sonst wohl kaum mögliche Lage gebracht hat, die Treue und Zustimmung meiner großen Leserschar vor Augen geführt zu bekommen.

Thanks, Boys!

Unser Marshal wird weiterleben – und die Straßen in Amerika werden weiterhin seinen Namen in Ehren tragen. Seine bronzene Gedenktafel wird weiter an der Mauer des alten Tombstoner Gerichtsgebäudes bleiben, auch wenn es hierzulande einigen Leuten nicht gefällt.

Der Missourier ist ein Mann, der stets gut und charaktervoll war und nach dem Gesetz gehandelt hat. Ich habe nie und werde auch nie anders von ihm berichten.

Unsere heutige Geschichte führt uns hinüber in die sonnendurchglühte Landschaft New Mexicos, in das heiße County Sandoval, wo Ende der siebziger Jahre die kleine Stadt Landola stand.

Vorwärts, zieht die Sporen fest, schnallt die Gurte enger und schwingt Euch in die Sättel. Es ist ein weiter Ritt, hinüber zum Rio Puerco…

So long

Euer William Mark

Landola.

Eine Stadt von zwei Dutzend Häusern, die windschief und völlig ausgedörrt in der wabernden Hitze des gelben Sandes standen.

Landola – ein Name, der spanisch klingt und wohllautend ist und an den sich heute kaum noch die Hundertjährigen in der Stadt Santa Fé erinnern können.

Landola steht längst nicht mehr. Der Sturm hat den Flugsand der gigantischen Dünen des Cabezon über ihre Straßen geweht, hat ihre Häuser vermodern lassen und unter sich begraben.

Fast ein Jahrhundert ist über den gelbbraunen Fleck Erde zwischen Santa Fé, Los Alamos und den fernen San Mateo hinweggeweht. Es hat die im Sand versunkene Stadt fast vergessen lassen.

Und doch stand sie einst da.

Ihre Mainstreet war breit, und unter den Vorbaudächern saßen die Männer schläfrig im Schatten und rauchten.

Das erste Haus, wenn man von Osten kam, gleich auf der linken Seite, war zweigeschossig, graubraun und fahl wie die andern; von seiner Fassade ragte ein aufdringlich wuchtiges Schild in die Straße, das in leuchtend weißen Lettern jedem, der es wissen wollte und nicht wissen wollte, entgegenrief, daß er sich der Brandeisen-Bar näherte.

Die Schenke selbst war schlauchförmig, länger also als breit, düster, lag stets im Halbdämmerlicht und hatte eine Theke, die fast ihrer ganzen Länge entsprach.

Jonny Fenner war der Wirt; zwergenhaft klein, vogelköpfig, hager und sauertöpfig. Er stand im Ruf, der schweigsamste Mann des Westens zu sein. Er begrüßte grundsätzlich keinen Menschen, auch nicht seine besten Gäste. Und deren gab es genug.

Bill Geoffry beispielsweise, den kahlköpfigen Barbier mit der Schweinsbeule im Genick. Jim Tucker, den bulligen Blacksmith von gegenüber, Mat Stevens, den kurzsichtigen Storehalter und nicht zuletzt But Baker, den Sheriff.

Hal Flanagan darf nicht vergessen werden. Obgleich er nicht in der Stadt wohnte. Er hatte vier Meilen westlich von Landola eine Ranch. Neun Cowboys arbeiteten für ihn.

Flanagen darf auf keinen Fall vergessen werden, weil er der Satan in der Geschichte von Landola ist.

Bei dieser Gelegenheit muß auch Dave Coogan, der Vormann Flanagans, erwähnt werden. Und Jeff Kirby, den sie den Indio nannten, und Larry Owen, der krummbeinige Cowboy, Gil Parker, der Riese aus Texas, Barcley Jenkins, den sie kurz Ohio nannten und der graugesichtige Ike Barinca, der Mann mit der schnellen Hand.

Sie alle gehören zu der Geschichte von Landola.

But Baker hatte nichts zu lachen, wenn die wilde Mannschaft von der Hügel-Ranch in die Stadt kam. Und sie kam oft. Der Durst war auf der Weide noch größer als in der Stadt.

Und es dauerte geraume Zeit, bis die Boys ihren Durst gestillt hatten. Und was danach kam, war für die Menschen in der Stadt schlimmer als der größte Durst…

*

Der Salooner wischte eben mit seinem Ärmel über die Theke, als die hölzernen Schwingarme der Pendeltüren auseinandergestoßen wurden und sich die vierkantige Hünengestalt eines Mannes in Weidereiterkleidung in den Raum schob.

Gil Parker war nicht allein. Es kam überhaupt selten einer allein von den Boys der Hügel-Ranch.

Barc Jenkins, der Ohio-Mann, kam mit seinem ewiggrinsenden Gesicht hinterher.

Den Schluß bildete Kirby, der Indio. Er war übrigens kein reinblütiger Indianer. Es hieß, sein Vater sei ein Comanche gewesen; aber Jeff selbst wußte nichts Genaues darüber.

Der riesige Tex lehnte sich mit der Hüfte gegen die Thekenkante, sah Ohio an, und nur von einem Wolfshund hätte man verlangen können, daß er das, was der Hüne über die Lippen brachte, hören konnte.

Fenner schien auf seine Art ein solches Tier zu sein; er hatte den Tex offensichtlich verstanden, denn er wandte sich um, nahm drei Gläser vom Bord, schob sie mit geschickten Schübsen nebeneinander auf das Thekenblech, zog eine Whiskyflasche an sich heran und führte sie ebenso geschickt darüber. Ein gezielter Guß hatte sie zur Hälfte gefüllt und nicht ein Tropfen war verschüttet worden.

Die drei kippten den Drink mit einer Handbewegung weg.

Nach dem dritten Schluck wurde Ohio munter.

Er wandte sich um und sah auf das Orchestrion. Das heißt, jemand, der die Örtlichkeiten in der Schenke nicht kannte, hätte das Musikgerät in der finsteren Ecke nie erkennen können; aber die ›Boys‹ wußten ja, daß es dort stand. Sie hatten es zweimal zertrümmert, zweimal dafür gespart und erst in der vergangenen Woche hatte einer von ihnen wieder einen Angriff darauf unternommen.

Seitdem war es stumm – und blieb es auch auf den sanftesten Zuspruch und den goldhaltigsten Eagle.

Die Sache lag diesmal etwas anders, weil der Salooner nicht wußte, wer das Gerät ›entschärft‹ hatte.

Jonny Fenner fand in dem Schlitz, in den die Musikliebhaber die Münzen zu werfen hatten, eine Schusterahle und ein Stück Draht. Ferner fand er, als er den Mechanismus des Gerätes weiter auseinanderoperiert hatte, daß das Innenleben eines Orchesterions doch eigentlich nicht so hartnäckig nach schlechtem Whisky riechen dürfte.

Es waren die ›Boys‹. Jedenfalls stand das für Fenner fest.

Aber wie gesagt: Er war der schweigsamste Mann des Westens.

Er handelte auf seine Art.

Der Tex merkte es nicht. Ohio schien auch arglos zu sein. Aber der Indio rümpfte die Nase und schob das vierte Glas, das vor ihn glitt, zurück.

Der Tex schien vom Großen Manitu beim Verteilen der Stimmen übergangen worden zu sein. Er krächzte etwas, und der Mestize mußte ebenfalls das Gehör eines Wolfshundes haben, denn er erwiderte in der gutturalen Art seiner Ahnen väterlicherseits:

»Es fehlte jedesmal ein Strich!«

Der Tex warf den Kopf herum und sah den Wirt aus schmalen Augen an.

»He, Schnapseule, hast du gehört, was er gesagt hat?«

Jonny Fenner schien plötzlich stocktaub geworden zu sein. Er sah mit ausdruckslosen Augen vor sich hin, wischte mit dem Unterton ein paar nicht vorhandene Tropfen vom Thekenblech und schob in tausendfach geübter Bewegung den Korken auf die Flasche.

Der Texaner knurrte: »Verdammter Geizhals!«

Auch diese Schmeichelei prallte von dem Salooner ab. Er wandte sich um und polierte die Gläser auf dem untersten Bord.

Gilbert Parker blieb mit dem Stiefelabsatz gegen die Frontseite der Theke, daß der faustgroße Sternradsporn aufkreischte.

Aber der schweigsame Jonny Fenner blieb unerschütterlich in seiner Ruhe.

Die grasgrünen Augen des Ohio-Mannes hingen indes immer noch an dem Orchestrion.

»Daß der Wimmerkasten hin ist, will mir nicht in den Schädel. Man müßte dem Ding auf die Füße helfen.«

Viel schneller, als man es ihm zugetraut hätte, hatte er seinen großen Bull-Revolver gezogen und richtete ihn spielerisch auf die dunkle Ecke, in der er den Musikkasten wußte.

Sicherlich wäre der Schuß losgegangen, wenn nicht der Handkantenschlag des Indios ihm die Waffe nach unten geschlagen hätte.

Ohio fuhr sofort herum und richtete den Colt auf seinen Kameraden.

»He, bist du wahnsinnig geworden?« fauchte er.

Der Mestize streifte ihn mit einem fast verächtlichen Blick.

»Wahnsinnig bist du wahrscheinlich. Er«, dabei wies er mit dem Daumen auf den Salooner, »schenkt ohnehin zuwenig ein.«

»Wieso?« Ohio begriff nicht. Auch er schien vom Großen Manitu in einer Weise stiefmütterlich behandelt worden zu sein: Sein Gehirn müßte nach der Schätzung seiner Kameraden unschwer in einen Mäuseschädel gepaßt haben.

Krächzend erklärte Parker ihm, um was es ging.

Ohios Reaktion war logisch. Er richtete den Colt auf den Salooner – mußte aber erleben, daß der ihm bereits eine abgesägte Schrotflinte entgegenstreckte.

Ohio sah trotz seines Spatzengehirns ein, daß der Wimmerkasten weitere Erörterungen nicht wert war.

Der Colt verschwand.

Und auch die Flinte.

Einem heimlichen Beobachter wäre die Routine, mit der sich das alles abspielte, sicher aufgefallen. Ganz zweifellos hatte sich diese Szene nicht zum erstenmal zwischen den Männern abgespielt.

Ohio kratzte sich das Kinn und goß seinen Whisky hinunter. Als er sah, daß der Mestize sein Glas nicht leerte, gönnte er sich auch noch diesen Drink.

Da knarrte vorn ein Arm der Schwingtür.

Im Eingang stand ein schlanker, hagerer Mensch mit eingefallenen Wangen, tiefen Falten um die Mundwinkel, scharfer Nase, schmallippigem Mund und stechenden grauen Augen.

Er trug einen dünnen Waffengurt ohne Patronenschlaufen. Dieser fadenscheinige Riemen hielt an jeder Hüftseite eine schmale, abgewetzte Lederschnalle, die je einen Single Action Revolver mit blankgewetzten schwarzen Knaufschalen hatten.

Die Männer wußten alle, wer da gekommen war.

Ike Barinca, der Revolvermann.

Hal Flanagan hatte ihn in seine Crew genommen, weil er einen Mann brauchte, der notfalls, allein durch seine schnelle Hand, den Worten des Ranchers Nachdruck verleihen konnte. Barinca hatte keinen sonderlich guten Ruf. Er kam aus Nebraska, sollte oben in Mitchell einen Rancher erschossen haben, in Deadwood einen Indianer-Agenten und in Wichita einen Schmied.

Niemand wußte, ob es stimmte. Aber Barinca tat nichts, diesen ›Ruf‹ zu entkräften. Im Gegenteil, er ging wie ein Gespenst durch die Gegend, setzte die Füße fast schwerelos wie eine Marionette voreinander, hielt den Kopf stets hochgereckt, so daß sein spitzer Adamsapfel aus dem Geierhals hervorreckte. Seine Arme begleiteten den Schritt nicht, wie bei einem normalen Menschen; sie blieben immer leicht angewinkelt und mit hängenden Mittelfingern drei Inches über den Hüftknochen hängen.

Über den Hüftknochen? Man könnte auch sagen; anderthalb Inches über den hochstehenden Knäufen seiner Revolver.

Ike Barinca kam langsam auf die Theke zu. Er vermied dabei, einen unnötigen Blick in den Hintergrund des Schankraumes zu werfen. Um genau zu berichten, muß man sagen, daß er von der Tür her im spitzen Winkel auf die Thekenmitte zuhielt. Das obere Thekenende begann ja beinahe links neben der Tür.

Und Fenner hielt sich immer in der Thekenmitte auf; jedenfalls so lange, wie er nur wenige Gäste zu bedienen hatte.

Barinca blieb neben dem Texaner stehen. Er behielt dabei einen gewissen Abstand einmal zur Theke und auch zu dem Texaner frei.

»Einen Kentucky«, sagte er.

Daß er es sagte, war bedeutungslos, aber wie er es sagte! Sicher wären die vier Männer in diesem Augenblick erschrocken herumgefahren, wenn sie die Stimme des Schießers nicht bereits gekannt hätten.

Es war ein Schnarren, das an das ratschende Geräusch eines zu schnell absinkenden großen Uhrgewichtes erinnerte.

Jonny Fenner, der auch den Schie­ßer nicht gegrüßt hatte, fischte eine längliche Whiskyflasche heran, schnipp­ste den Korben ab und goß ein Glas zu einem Drittel voll.

Kirby, der Indio, blickte Barinca forschend an.

Das Gesicht des Coltmans verzog sich auch sofort. Er sah über das angehobene Glas hinweg in die Augen des Wirtes.

»Ich habe einen Whisky bestellt – keinen halben!«

Blitzschnell landete die goldbraune Flüssigkeit in dem hölzernen Gesicht des Salooners.

Fenners gichtige, knotige Finger lagen auf dem Thekenblech. Langsam hob er die Rechte und wischte sich mit dem Unterarm den Whisky aus seinen Augen.

Barinca griff in seine linke Westentasche und warf ein kleines Geldstück auf die Theke.

Mit einem affenähnlichen Klauengriff ließ der Wirt es in die blitzartig aufgezogene Thekenlade verschwinden, nahm wieder die Flasche und goß kaltherzig die gleiche Menge ein.

Barinca preßte einen lästerlichen Fluch durch die Zähne, nahm das Glas aber und trank es aus.

»Warte nur, alter Brunnenvergifter, du lernst mich noch kennen.«

Ohio hatte sich wieder umgewandt und sah in das Dunkel, wo das Orchestrion stehen mußte.

Er hatte nicht nur ein kleines Gehirn, er konnte auch nicht viel vertragen. Der Alkohol hatte ihn mutiger und tatendurstiger gemacht, als er gemeinhin war.

Jetzt zog er seinen Colt so, daß der Indio es nicht bemerken konnte, stieß ihn vor, und schon brüllte der Schuß durch den Raum.

In der Schenke herrschte für einen Herzschlag lang absolute Stille.

Dann sprang Ohio mit einem Satz vorwärts, stieß den Colt wieder vor und knallte zwei weitere Schüsse in das Dunkel des Schankraumhintergrundes.

Die darauffolgende Pause wurde durch das harte Klicken eines Gewehrhahns ausgefüllt.

Ohio warf sich herum.

Der Salooner hatte das Schrotgewehr wieder im Anschlag.

Es war Irrsinn, was in der nächsten Sekunde geschah.

Barcley Jenkins schoß.

Fenner starrte ihn an, stierte in die weißgraue kleine Pulverwolke, die auf ihn zuflog. Seine Augen waren überweit aufgerissen und schienen aus ihren Höllen quellen zu wollen. Seine Finger krampften sich ins Thekenholz.

Und dann rutschte er ganz langsam zurück und verschwand hinter dem Tresen.

Im Schankraum herrschte Schweigen.

Keiner der Männer von der Hügel-Ranch rührte sich.

Sekunden verrannen.

Dann dröhnten harte schnelle sporenklirrende Schritte über den Vorbau.

Die Pendeltür wurde aufgestoßen.

Sheriff Baker stand da und blickte in den Schankraum.

Er sah die vier steif dastehenden Männer.

»Fenner!« brüllte er.

Dann stürmte er vorwärts – und die vier Cowboys wichen gleichzeitig von der Theke zurück in den Raum.

Baker hatte die Theke erreicht, blickte darüber hinweg – und im gleichen Augenblick peitschte ein Schuß durch den Raum.

Der Sheriff zuckte zusammen und wurde wie von einem schweren Stoß gegen die Frontwand der Theke gestoßen.

Dann gaben seine Knie nach.

Im Niedersinken wandte er sich um.

Die vier Männer hinter ihm hatten ihre Colts in den Halftern.

Und vor Ike Barinca stand noch eine dünne Pulverwolke, die auf die Theke zukroch.

Der Gesetzesmann rutschte an dem Thekenholz nieder und schlug dann mit einem dumpfen Geräusch seitlich auf die Dielen.

Wieder herrschte Schweigen im Schankraum der Brandeisen-Bar.

Stumm standen die Männer da.

Niemand sah zu dem Schießer hin.

Da drehte der Indio sich um. »Wir müssen weg!«

Mit polternden Schritten stürmten die vier aus der Schenke, schwangen sich auf ihre Gäule und stoben aus der Stadt.

Sekundenlang stand noch die Staubwolke, die sie hinterlassen hatten, am Ende der Straße.

Sie hatten hinter den Fenstern und den nur angelehnten Türen gestanden, die Bürger von Landola.

Eine ganze Reihe von ihnen hatte schon den ersten Schuß gehört.

Sie hatten auch den Sheriff über die Straße stürmen und in der Schenke verschwinden sehen.

Aber niemand hatte auch nur den Versuch gemacht, irgend etwas zu tun. Sie hatten die Cowboys aus der Stadt reiten lassen, obgleich sie alle wußten, daß die Burschen wieder etwas angestellt hatten. Schließlich waren Schüsse gefallen, zwei Schüsse.

Und der Sheriff kam nicht aus dem Saloon zurück.

Wo blieb der Sheriff?

Endlich, nachdem tatsächlich Minuten vergangen waren, löste sich die herkulische Gestalt des Schmiedes aus dem Dunkel der Werkstatt.

Jim Tucker sah sich nach allen Seiten um, blieb auf der Straßenmitte noch einmal stehen und blickte dahin, wo die Reiter schon vor Minuten verschwunden waren. Dann stampfte er langsam weiter. Vor der Saloon-Tür wischte er sich seine gewaltigen Pranken an der Schürze ab und öffnete langsam die hölzernen Schwingarme.

Zwei Dutzend Augenpaare starrten auf seinen breiten Rücken, über dem sich das graue fleckige Kattunhemd spannte.

Jim Tucker rührte sich nicht. Steif stand er da und starrte in den Raum.

Da hielt es den kleinen Barbier nicht mehr. Er stürzte aus seinem Laden heraus und überquerte mit seinen kurzen krummen Beinen im Laufschritt die Straße.

An der Schankhaustür angekommen, hielt er keuchend inne, bückte sich, um unter den Armen des Schmiedes hindurch einen Blick in das Innere der Schenke werfen zu können.

»He, laß mich vorbei!« hechelte er und betrat den Schankraum.

Als er nach zwei Minuten wieder herauskam, standen die Leute auf der Straße.

Geoffrey schob sich an dem Black­smith vorbei und blieb vor der obersten Vorbaustufe stehen.

»Er ist tot!« stieß er heiser hervor.

Mat Stevens, der Storehalter, rief: »Wer…?«

»Der Sheriff…«

Auf der Mainstreet von Landola herrschte tiefes, bedrückendes Schweigen.

Die Menschen vermochten nicht zu begreifen, daß der Sheriff tot sein sollte.

Ein alter weißhaariger Mann ging gebeugt auf den Saloon zu. In der rechten Hand trug er eine Arzttasche. Doc Winters betrat den Saloon.