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"Wenn Deine Botschaft Liebe ist, erschafft Dein Herzschlag Welten, in denen die Menschen Heimat haben", schreibt die Tiefenpsychologin und Autorin Theresia Maria Wuttke in ihrem jüngsten Roman "Yasmin liebt" Die handelnden Personen werden kaum charakterisiert. Die erzählte Geschichte könnte in jeder Zeit und in irgendeinem europäischen Land spielen. Doch genau das hat die Autorin bezweckt. Jeder soll sich in der Geschichte wieder finden können ... Yasmin ist eine junge, bildschöne Studentin. In einer Diskothek lernt sie in einer heißen Nacht Samir aus Cottonou, Afrika kennen. Sie erliegt seinem Charme. Yasmin wird schwanger, Samir bekennt sich nicht zu dem Kind. Yasmin ist total verunsichert. Wie sagt sie es ihrem Partner, ihrer großen Liebe? Wie reagieren ihre Eltern? Sie denkt an Abtreibung- im ersten Moment scheinbar die einfachste Lösung. Obwohl sie einen starken Kinderwunsch hegt, kann sie ihr ungeborenes Kind zunächst nicht annehmen. Es sind die einfühlsamen und psychologisch fundierten Gespräche mit der Nonne Lucida, welche die Heldin ihre Ängste überwinden und sie so ihren eigenen Weg finden lassen. So kann Yasmin das Geschenk annehmen. Theresia Maria Wuttke greift in ihrem Werk Yasmin und die Liebe ein Thema auf, dem sich viele Frauen weltweit stellen müssen. Nicht jeder von ihnen ist so viel Glück beschieden, wie der Protagonistin Yasmin, der neben der Nonne Lucida gleich zwei Männer zur Seite stehen, der Kindsvater und ihr Liebhaber. Dieses Buch zeigt Wege auf, sich tief auf die Liebe einzulassen, seiner Seele zu vertrauen. Yasmin geht mutig neue Wege zwischen Hingabe, Erotik, Selbstfindung und Auflehnung. Ihre Liebe ist wild, leidenschaftlich und frei von Bewertungen, nur so kann sie ihrem Kind die Tür ins Leben öffnen. Ein jeder von muss seine Wurzeln kennen, aus seinen Wurzeln zieht er seine Kraft.
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Seitenzahl: 201
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Theresia Maria Wuttke
Imprint
Theresia Maria Wuttke
published by: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
Copyright: © 2013 Theresia Maria Wuttke
Lektorat: Erik Kinting / www.buchlektorat.net
ISBN 978-3-7375-2243-4
Auch als Book on Demand bei Amazon erhältlich: ISBN: 978-1492952152
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung, sowie der Übersetzung liegen beim Autor. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Autors reproduziert werden oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältig oder verbreitet werden.
Ich erinnere mich noch gut daran: Es war im Januar 2010, da entstand die Idee zu diesem Buch. Ich traf Theresia Maria Wuttke. Sie erzählte von ihrer Idee, ihre langjährigen Erfahrungen als Psychotherapeutin und Tiefenpsychologin in der Arbeit mit Erwachsenen und Kindern zu dokumentieren. Das ist sicherlich ein sehr mutiges Unterfangen. Ich empfahl ihr, ihre Kenntnisse in Form eines Buches niederzuschreiben. Die Suche nach dem Titel führte zum Namen Yasmin. Ein jeder von uns kennt diese Pflanze. Sie ist wunderschön in ihrem Duft und sehr wild, in ihrem stürmischen Wachstum nahezu unbeherrschbar. Ihr dichtes Gestrüpp bietet Vögeln Unterschlupf, Nester werden gebaut und so entsteht neues Leben.
Auch wenn sich einige mit Vehemenz dagegen wehren: Wir leben in einer multikulturellen Gesellschaft. Dies ist einer der Vorzüge von Deutschland. Unser Land ist bunt. Jede Kultur hat ihre eigenen Wertvorstellungen. Wenn sich diese Wertvorstellungen mit der Kraft und den Emotionen junger Menschen verbinden, dann entsteht etwas Neues.
So geht es auch Yasmin. Sie ist eine junge, bildschöne Studentin. In Paris lernt sie in einer heißen Nacht Samir aus Cotonou, Afrika kennen und erliegt seinem Charme. Yasmin wird schwanger, Samir bekennt sich nicht zu dem Kind. Yasmin ist total verunsichert. Wie sagt sie es ihrem langjährigen Partner? Wie werden ihre Eltern reagieren? Sie denkt an Abtreibung — im ersten Moment scheinbar die einfachste Lösung. Sie sucht Rat und findet ihn in Schwester Lucida.
Ein Kind braucht die Liebe von Vater und Mutter. Ein Kind ist das größte Geschenk in unserer Welt. Was nützen Geld und Macht, wenn die Liebe fehlt? Das Lächeln eines Kindes und seine uneingeschränkte Liebe können durch nichts ersetzt werden.
Ein jeder von muss seine Wurzeln kennen, aus seinen Wurzeln ziehen wir unsere Kraft. Die Kraft der Jugend haben wir in der Yasminrevolution in Tunesien kennengelernt, das bedeutende Ereignis des Jahres 2011. Junge Frauen und Männer sind bereit zu sterben für den Traum von Freiheit und Gerechtigkeit. Der Funke sprang über nach Ägypten, Libyen … diese Kraft der Jugend — die braucht unsere alternde Gesellschaft in Deutschland! Was wird aus unserem Land, wenn die Kinder nicht den Stellenwert erhalten, den sie verdient haben? Kinder sind das Wichtigste in unserer Gesellschaft. Wir müssen uns verneigen vor den Müttern und Vätern, die ihren Kindern die Chancen zum Leben geben.
Yasmin trifft Samir wieder, da sie weiß, dass ihr Kind den Vater braucht. Samir verliebt sich in Yasmin, alle Probleme sind wie weggeblasen. Doch Yasmin geht ihren eigenen Weg …
Yasmin steht stellvertretend für die selbstbewusste junge Frau in Deutschland — in dem Spannungsfeld zwischen Schwarz und Weiß, den Kulturen und Wertvorstellungen in Afrika und Europa und den verschiedenen Formen einer Partnerschaft. Mit zwei Männern findet sie ihren Weg, ihren ureigenen Weg. Ich wünsche mir, dass dieses Buch ein Erfolg wird und auch von vielen Männern gelesen wird. Dann lernen wir Männer die Empfindsamkeit einer Frau und werdenden Mutter kennen, mit all ihren Ängsten und Träumen.
Prof. Dr., Dr. h. c. Heinrich Reents
Endlich! Über Nacht hatte der Frühling sich über das Land ausgebreitet. Yasmin roch und schmeckte seinen Geruch und genoss die warmen Sonnenstrahlen, das Erwachen der Lebenssäfte, und träumte ihren schönsten Traum. Sie wusste noch nicht, dass wahr werden kann, was gestern noch unerreichbar schien.
Sie saß an ihrem Computer und surfte beschwingt durch die Internetseiten — von einer Partnerbörse zur nächsten. Yasmin hatte genaue Vorstellungen von dem Mann ihrer Träume: Er sollte eine Vision haben von einem Leben, für das es sich wirklich lohnt hier zu sein und an einer Welt der Zugehörigkeit mitarbeiten, in der Achtung und Wertschätzung selbstverständlich sind und das Entfalten der Seelenschätze als höchste Kür gilt. Gleichermaßen wünschte sie sich einen Mann, der sie als Frau und ganzes Wesen erkennt, ihren Geist inspiriert und ihrer Seele und ihrem Körper vollendet antwortet. Das setzt voraus, dass er eine Menge Lebenserfahrung und Reife und somit an Jahren zugenommen hat, dachte sie bei sich.
Bedauerlicherweise gab es für ihre wichtigsten Wünsche keine Rubrik in dem vorgegebenen Formular. Wie schon als kleines Mädchen übergab sie diese Wünsche dem Himmel und vertraute, dass das scheinbar Unmögliche wahr würde, einfach deshalb, weil sie ganz fest davon überzeugt war, dass der Himmel es gut mit ihr meinte. So zwitscherte sie wie die Vögel vor ihrem Haus ihre Angaben zu einem Useraccount.
In den folgenden Tagen las sie mit Spannung die eingehenden E-Mails. Zwischen all den Anfragen hatte es ihr eine ganz besonders angetan:
Er: Hallo Du große Unbekannte. Du hast ja ein spannendes Profil und einen interessanten Studiengang. Da mein Vertrag auf dieser Kontaktbörse ausläuft, sende ich Dir meine Kontaktdaten.
Die unmittelbare Nähe, die in dieser Nachricht lag, berührte ihr Herz, während ihr Verstand ihr zu einer gesunden Distanz riet.
Da half nur eins: raus in die Natur.
Sie setzte sich aufs Fahrrad, während in ihrem Kopf die Gedanken tanzten: Soll ich, soll ich nicht? Der Fahrtwind machte ihr die Freude und nahm jeden ihrer Zweifel mit. Sonnenstrahlen wärmten ihr Gesicht, das Lachen von Kindern schlug in ihrem Herzen eine Saite an, Hunde tollen über den Gehweg. Irgendjemand sang aus einem geöffneten Fenster, Kaffeeduft zog in ihre Nase, Urlaubserinnerungen aus Italien stiegen in ihr hoch.
Was für ein Tag, so satt, so voller Leben.
Yasmin schaute als Königin ihres Landes in die sie umgebende Weite: Felder, Wiesen, Wälder, Dörfer so weit das Auge reichte. Auf den Koppeln grasten still Pferde, Hundegebell ertönte. Die Sonne küsste den Tau auf den Wiesen, sanfte Nebelschwaden lagen über dem Land. Die Wärme der Sonnenstrahlen schaffte in kurzer Zeit berührende Klarheit, aus Silhouetten wurden Konturen.
Am Beginn dieses Morgens wurde ihre Welt soeben neu geboren. Die Wächter auf den Zinnen ihres Walls riefen den neuen Tag aus.
„Meldet mir den König!“
Sie zog sich behutsam in die Gemächer ihrer Seele zurück und lauschte nach innen:
Königlich handelt der Mann, der die Hingabe der Frau achtet, ziert und beschützt. Dazu gehören ein tiefes Verständnis der weiblichen Natur und das tiefe Bedürfnis ihrer würdig zu sein. Königlich handelt die Frau, die sich ‚ziert‘, das heißt die Kostbarkeit ihrer Hingabe kennt und den Mann und sein Reich prüft und willens ist, nur einen König zu empfangen.
Vom Frühling umarmt, setzte sich Yasmin an ihren Schreibtisch. Ihre Hände flogen über die Tastatur. Sie lud noch ein Foto herunter, ein Klick und die Mail war unterwegs. Innerhalb weniger Minuten hatte sie Antwort, ihr Telefon klingelte.
Er: „Wenn du so bist wie dein Lachen, dann lass uns das gemeinsam tun.“
Yasmins Puls beschleunigte sich zusehends, diese Stimme hatte es ihr angetan. Das Lachen klang so satt, es hatte eine Tiefe, die ihr Herz in neue Räume entführte, wie eine Musik, die uralt und doch ganz jung zum Tanzen einlud.
Das Du am anderen Ende der Leitung erzählte, jeder Satz fiel auf fruchtbare Erde in Yasmin, ihr Boden war bereitet, gepflügt und wartete schon von der Sonne gewärmt auf den goldenen Samen, der jenseits aller Worte lag.
Yasmin hörte: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne … “
Ein erstes Treffen wurde lachend ausgemacht und in ihr begannen die Knospen ihres Lebensbaumes weiter aufzuspringen.
Noch war das Grün der Blätter nicht geboren.
Die Wächter auf den Zinnen meldeten: „Der König kommt.“
Yasmin ließ die Tore öffnen, Fanfaren erklangen.
„Seid mir willkommen im Land meines Herzens.“
Der König: „Seid auch Ihr mir willkommen im Land meiner Seele. Ich lade Euch ein in meine Welt, die auch die Eure ist. Da seid Ihr Gebieterin einer Herrschaft, die größer ist als alle Herrscher dieser Welt. Ihr Name ist Hingabe.“
„Neues Leben sprudelt in mir wie ein ungestümer Bach, der die Wiesen herunterrauscht. Der Schnee des Winters hat ihn anschwellen lassen. Kleine Zicklein und Lämmer springen ungelenk über die Wiesen. Das Gezwitscher der Vögel begleitet das Fliegen meiner Seele“, so malten sich Yasmins Seelenbilder.
Sie ließ Ihren Gedanken und Gefühlen freien Lauf: „Dein Bild breitet sich in mir aus. Ich trinke deinen Atem, schmecke deine Haut, tauche ein in deine Sternenaugen und betrete einen neuen Kontinent.
Wer bist du, dass mich dein Herz und deine Hände verzaubern können und meine Seele in Sphären eintaucht, die ich ahnte und ersehnte, ohne zu wissen, wie es ist von dir in all meinem Sein geborgen zu werden, meine Grenzen zu sprengen und weiter und weiter über mich selbst hinauszuwachsen? Wenn ich in dein Gesicht schaue, verwandelt es sich in ein Antlitz wo meine Worte schweigen, weil deine Liebe strömt.“
Yasmin schaute in die Augen des Mannes, den sie in ihr Leben gerufen hatte. Sehr achtsam las sie die Signatur seiner Seele und lauschte nicht nur seinen Worten: Er ist seine Antwort. Jedes seiner Worte ist mit Taten verbunden, die Spuren in der Welt hinterlassen, Raum schaffen, damit das Leben von Menschen gelingt, ein Mann mit großen Aufgaben, der mehr will, als den äußeren Erfolg. Ja, genau das war einer von Yasmins Herzenswünschen: „Ich wollte einen Mann treffen, der eine Vision von einer Welt hat, für die es sich lohnt, alle Kräfte einzusetzen.“
Enricos blaue Augen strahlten, sein Körper erzählte von unzähligen Erfahrungen, die Yasmin an Gravuren in einem alten Baum erinnerten. Als die Mädchen und Jungen mit ihren Messern ihre Worte in seine Haut einritzten, schmerzte es ihn. Der Baum schwieg und wuchs an der Verwundung, weiter und weiter. In seinem Stamm waren diese Narben deutlich sichtbar: Alte Bäume sind weise. Sie haben viel gesehen, viel erlebt, noch mehr aber haben sie das bewahrt, was sie hat wachsen lassen und teilen es mit der Welt. Alte Bäume sind einfach nur da, groß, stark, still, mächtig. Je größer ihre Krone desto tiefer die Verwurzelung. Unter der Krone solch eines alten Baumes lässt es sich gut ausruhen, sie gibt Schutz und beherbergt unzählige Vögel. Dort bauen sie Nester, so sind sie sicher vor Sturm und Regen, beschützt vor Zugriffen.
Enrico sagte: „Ich sehe, wie deine Augen strahlen und dein Körper spricht, wie deine Seele es genießt die zu sein, die du bist.“
Yasmin bewahrte seine Worte wie einen kostbaren Schatz in ihrem Innern und begann ein Lied von den Beatles zu summen: Let it be.
Yasmin hatte das tiefe Bedürfnis, einen Text ihres Lieblingsdichters zu lesen. Sie griff zu einem Buch, das sie schon lange begleitete, und fand auf Anhieb den gesuchten Text. Nichts deutete darauf hin, dass diese Botschaft schon in wenigen Tagen die Hand auf ihr Herz legen würde, um in einem Augenblick das zu prüfen, was in ihr herangereift war, weit mehr noch: Eben gerade stieg die Lerche ihres Herzens in die Himmel und sang, nicht ahnend, dass Augenblicke später ihr Herzensgesang für einige Stunden verstummen würde. Jetzt aber gab es nur den einen Moment, sich dieser Botschaft tiefer und tiefer anzuvertrauen, um den Worten in ihrem Innern Gestalt zu geben:
Lasst Raum zwischen euch, und lasst die Winde des Himmels zwischen euch tanzen. Liebt einander, aber macht die Liebe nicht zur Fessel; lasst sie eher ein wogendes Meer zwischen den Ufern eurer Seelen sein. Füllt einander den Becher, aber trinkt nicht aus einem Becher. Gebt einander von eurem Brot, aber esst nicht vom selben Laib. Singt und tanzt zusammen und seid fröhlich, aber lasst jeden von euch allein sein, So wie die Saiten einer Laute allein sind und doch von derselben Musik erzittern. Gebt eure Herzen, aber nicht in des anderen Obhut, denn nur die Hand des Lebens kann eure Herzen umfassen. Und steht zusammen, doch nicht zu nah, denn die Säulen des Tempels stehen für sich, und die Eiche und die Zypresse wachsen nicht im Schatten der anderen.
Khalil Gibran
Bewegt sandte Yasmin den Text dem Mann ihres Herzens. Mit dem Flügelschlag seiner Seele kam die Antwort:
„Liebe Yasmin, Du schickst mir ja einen wunderschönen Text: Khalil Gibran über das Wesen der Liebe. Dieser Dichter hat es verstanden … das Einander geben, das Einander achten … Ich freue mich auf Dich, Enrico“
Im Postfach wartete eine Nachricht auf Yasmin:
„Liebe Yasmin,
ich möchte mich bei Dir bedanken für unsere gemeinsame Zeit. Es war sehr schön, Deine Welt kennenzulernen und vor allen Dingen Dich. Du bist eine großartige Frau, schön und hocherotisch. Du bist eine intelligente und mutige Frau: Ich achte zutiefst, wie du Dein Leben meisterst. Da kann ich mich nur ganz tief vor Dir verbeugen.
Meine Aufgaben in der weiten Welt erfordern meine ganze Präsenz. Von einem Flug zum anderen durcheile ich mit Siebenmeilenstiefeln die Kontinente und somit auch die Wochen im Kalender.
Ich will Dir nicht wehtun. Bitte habe dafür Verständnis.
Du bist eine großartige Frau.
Gott beschütze Dich und gebe Dir all die Kraft, die du brauchst.
Lass Dich umarmen.“
In Yasmin breitete sich eine tiefe Stille aus. Tränen rannen über ihr Gesicht und ein wilder Schmerz schien ihr das Herz zu zerreißen. Und ich glaubte zu wissen, was Liebe ist? Yasmin vermochte diese Frage nur aus der Tiefe ihrer Seele beantworten zu lassen. Ihr Verstand mit seinen Antworten irritierte sie, er suchte nach schnellen Lösungen.
Für sie war dieses Nacktsein im Fühlen der Weg zu den Wassern ihres Seelengrundes, aus dem sich eine Antwort weben würde. Dort hörte sie dem Gesang ihres Herzens zu, begleitet von einem Meer von Tränen.
Wollt ich verstehen von Dir,
so wüsst’ ich nicht,
was Liebe ist,
und nähm’ ich mir,
was weder ich errungen noch erkannt,
so litt ich Not.
So lass ich Dich,
So lass ich mich,
zu treffen uns im Grund,
wo sie nur wohnt,
sie, die nicht spricht.
Sie ist.
Und lächelnd legt ihr Atem blaues Tuch
um Schultern, deren Herz sie trug.
„Wer bist Du denn — wenn ich umarmen möchte Dich,
dass du entfliehst?
Taucht nicht die Morgenröte alles in ihr Licht
und gibt und ist?“
Meinst du,
ein winzig Strahl nur
könntst erhaschen Du?
Zu groß, zu weit, zu licht ist sie,
Wenn mich ihr Herz erkennt
und sie’s ihr eigen nennt.
Yasmin war zurückgekehrt aus dem Land der Stille. Aus ihrem Herzen schrieb sich Zeile für Zeile:
„Liebster,
danke für Deine Offenheit und Deine Achtung für mich als das Wesen, das ich bin. Nun heißt es Abschied nehmen, und ich tue das ganz bewusst und voller Liebe für Dich und Dein Herz.
Wie auch immer Deine Wege gehen, sei beschützt, geliebt und voller Vertrauen in Deine Aufgaben.
Manchmal erleben wir ein Leben in einem Tag, so war es mit Dir, dafür danke ich. Mein Herz verneigt sich vor dem Deinen und dankt Dir für diesen einen Augenblick, der ein ewiger ist. Ich umarme Dich. Wenn Du am tiefblauen Nachthimmel, wo auch immer Du bist, einen Stern leuchten siehst, der blinkt und lacht, dann bin ich das.
Mögest Du Menschen treffen, die Dich lieben und ehren. Mögen da Menschen sein, die Dich schätzen. Mögest Du Menschen begegnen, die Dir zuhören und Dich lieben, hinter all den Geschichten, die vor Deinem Leben spielen. Mögen da Hände sein, die Dich streicheln. Möge es Menschen geben, die Dich trösten, wenn Du weinst. Mögen Menschen an Deiner Seite sein, die Dich stützen, wenn Du fällst.
Mögen in all Deinen Projekten Dir Tausende von Kinderaugen sagen: „Wie gut, dass Du für uns da bist.
Möge es eine Frau geben, die Dich liebt und Dein Herz Heimat findet,
Yasmin“
Die Tage vergingen und Yasmin hatte sich auf ihre ureigene Weise neu in sich beheimatet. Sie fühlte: lieben heißt lassen, sich jedem Augenblick ganz verschreiben, ihn annehmen und jenseits der vorgegebenen Muster handeln.
Immer wieder gingen ihre Gedanken zu dem Mann ihres Herzens, der zwischen Afrika und Europa seiner tiefen Lebensbestimmung folgte. Sie fühlte, dass ihre innere Signatur sich mit der seinen verbunden hatte und ihre Herzen aus dem großen Atem der Weltenseele gespeist wurden.
Ein Herzschlag im Großen, Eins-Sein, dieser Spur folgte sie lautlos im Einverstandensein.
Glück breitete sich wie eine Welle in ihr aus, sie trank es aus der hohlen Hand, wohl wissend, dass es zeitlos wie ein Vogel auf einem Zweig sang, jederzeit zum Abflug bereit.
Eine sternenklare Nacht, die sie in einen erholsamen Schlaf begleitete, lies sie eintauchen in das Samtblau der Nacht.
Am späten Vormittag wachte sie auf und genoss ihre vorlesungsfreie Zeit mit einem köstlichen Frühstück. Lachend und sprudelnd vor Lebensfreude führte sie mit Freunden Telefonate und plante am Nachmittag eine Bootsfahrt am nahegelegenen See.
Ein kurzer Blick in ihr Postfach ließ sie glauben, sie sei im Traumland unterwegs, Post vom Mann ihres Herzens? Schnell öffnete sie die Nachricht:
„Wir werden uns wiedersehen.
Meine Zeit mit Dir lege ich in Deine Hände
und lasse sie von Deinem Herzen hüten.“
Der Flügelschlag ihres Herzens öffnete Yasmin die Tür, eine Seelen-Antwort auf die überraschende E-Mail zu versenden:
Mitten im Winter singt Dein Vogel auf grünem Zweig,
er singt Dein Lied,
hörst Du es?
Dieser Vogel singt in der Nacht,
im Schnee, mitten im Glück,
er singt weiter und weiter,
mitten im Unglück,
er singt weiter und weiter,
er war von Anfang an dabei,
er singt bei Deiner Geburt,
er singt weiter und weiter,
er singt, wenn Du einsam bist,
er singt weiter und weiter,
er war von Anfang an dabei,
er singt, wenn Du glücklich bist,
er singt weiter und weiter,
er singt, wenn Du stirbst,
er singt weiter und weiter,
er ist das Lied des Lebens,
das so viel größer ist als unser Denken,
unsere Vorstellungen und Wünsche,
er singt weiter und weiter,
er kennt Dich,
er liebt Dich,
er leitet Dich,
er singt weiter und weiter.
Wo kommen wir her?
Wo gehen wir hin?
Sei wie dieser Vogel, vereine Dich mit ihm.
Sein Singen begleitet Dich.
Er ist Dein Seelenvogel.
Flieg und stimm ein in den Gesang der Morgenröte,
mitten in der Nacht hinein in Dein neues Leben und beginne zu singen.
Singe weiter und weiter,
stimm ein mit allen Seelenvögeln
und lebe den großen Traum,
der in unsere Herzen gelegt ist,
wo keine Furcht Dein Streben aufhält,
das zu teilen, was Du bist: ein liebendes Wesen.
Im Wiedersehen und Eintauchen in das Geheimnis ihrer Liebe formte sich ein Gedicht das, aus den Fäden der Herzen gewebt, das Licht des neuen Tages erblickte:
Wohl wissend, dass Deines in den Händen ruht,
wo jedes Fallen Sein gewährt, meinen Leib mit Deinem verbinden,
wohl wissend, dass Du geformt aus Meisterhand
und so die Lerche in den Himmel steigt,
wohl wissend, die Liebe bleibt.
Du kannst sie nicht fassen
noch wird sie je Dir gehören,
doch eines vermagst Du, ihr zu gewähren Dich zu durchdringen in Raum und Zeit,
sie weiter zu tragen und Ja zu sagen in jedem Augenblick.
Meinen Atem mit Deinem verbinden,
wohl wissend, dass Deinen Atem Du schöpfst aus tiefem Grund
Yasmin stand gemeinsam mit ihrem Liebsten in der warmen Sonne des Frühlings und beide genossen ihre durchdringende Wärme auf der Haut. Diese Wärme bahnte sich den Weg tief in jede Zelle ihrer Körper und rief jauchzend das Bedürfnis nach mehr sonniger Nähe in den beiden wach.
Enrico, das geheimnisvolle Wesen im Leben Yasmins, hörte seiner jungen Freundin aufmerksam zu, was sie ihm von sich erzählte, und ließ sich Zeit mit seinen Antworten. Er wollte sie ganz erfassen, ihr Vertrauen auf alte und ganz neue Weise gewinnen und sie, die Junge schulen. Nicht dass er meinte ihr eine Lektion erteilen zu wollen, vielmehr warf er wie ein Fischer sein Netz in der Luft aus, um die in sie gelegten goldenen Samen zart einzufangen. So konnte er als Resonanzkörper ihrer Seele den Klang ihrer Lebensmelodie zurückwerfen.
Sie begann zu fühlen, wie die in ihr verborgenen Antworten auf ganz zentrale Fragen in ihr selbst zu sprechen begannen.
Sanft öffneten sich seine Arme, um sie in ihrem kostbaren Sein zu bergen.
Die Stunde des Abschieds war da, bald würde der Alltag diese Liebe durch sämtliche Prüfinstanzen lenken. Was blieb? Im Herzen? In den Händen?
Es war, als wollte Yasmin Licht einfangen, das ihren Tag erhellt, aber nicht zu fangen ist. Ihr Liebster würde wieder und wieder das nächste Flugzeug besteigen, sie würde Tage nichts von ihm hören oder lesen, weil die Situationen in fremden Ländern ganz andere Verhaltensweisen nötig machten, als hier. Wohin mit ihrer Sehnsucht, ihrer Leidenschaft, ihren Gedanken?
Enrico spürte ihre Gefühle und in die Stille hinein sprach er mit wenigen Worten Ewiges aus:
„Wir werden fliegen,
sternengleich,
himmelwärts.
Es ist wie das Spiel von Ebbe und Flut,
die Flut kommt, sie nimmt uns mit,
trägt uns weit ins Meer hinaus
und brandet wieder zurück ans Ufer.
Wie oft, so oft, wie wir unseren Herzen erlauben
sich den Wellen hinzugeben.
Alles kommt,
alles geht,
nichts bleibt,
alles ist.“
Wir sind wie die Zugvögel zu fernen Zielen unterwegs, die Route kennt unser Herz allein. Unser Kompass sind die Träume, die uns fernab unserer Vorstellungen die Tür zu unserer Sehnsucht öffnen.
Yasmin ging freudig ihrem Studium nach und ihr Tag war randvoll mit Alltagsereignissen, die scheinbar bedeutungslos waren. Da entdeckte sie über ihrem Hausstein ein Rotschwänzchen, das ein Nest baute. Die Vögel wissen immer, was zu tun ist. Folge ich meinen Träumen? Mache ich es wie die Zugvögel oder wie das Rotschwänzchen?
Der frühe Morgen tauchte alles in ein neues Licht, während die Kraft der Sonne den aufgebrochenen Boden wärmte. Blüten tanzten durch die Luft und ein süßer Duft umspielte Yasmins Nase, während sie den ersten Kaffee wohlig warm in ihrer Mundhöhle aufnahm und seinem Aroma genussvoll mit Nase und Mund erlaubte, sich auszubreiten. Kostbares Leben, wie einfach … selbst der Kaffee zeigte sich als Liebhaber, der es verstand, sie mit seinem Duft und Geschmack zu verführen.
Da war sie schon in Gedanken bei Enrico und sein Geruch stieg in ihre Nase. Erinnerungen wurden wach und Yasmin rief in die Weite des neuen Morgens seinen Namen. — Doch es blieb still, nur das Rotschwänzchen ging seiner Arbeit nach. Die Vögel bauten Nester, das war doch der Impuls, mit dem sie in ihre traumlose Nacht gegangen war.
Mit einer schnellen Bewegung stellte sie die Kaffeetasse hart auf die Spüle. Irgendetwas war in ihr ins Fühlen geraten, dem sie sich gerade gar nicht widmen wollte.
Ihre Sehnsucht aber blieb, Sehnsucht wonach, was genau war es denn? Was also bewegte sich da drinnen und nannte seinen Namen nicht?
"Liebe Yasmin,
Du Sternengeborene, wonach suchst Du? Ist es die Rose, die Du Dir vertraut gemacht hast, wie der kleine Prinz, und sehnst Du Dich nach ihr?
Keine Rose ist so schön wie Deine, niemand weiß um sie, nur Dein Herz. Die Straße auf der Du sie erreichen kannst, führt über die Brücke zu den Sternen. Die Rose weiß um Dich, sie wächst und blüht und sendet ihren Duft zu Dir auf die Erde.
Achte auf Dich und lebe Deine Träume, sie sind unendlich kostbar. Wie Deine Rose, sind sie nicht sichtbar. Wenn Du aber jeden Tag Deine Träume fühlst, in ihnen vor Freude badest, werden sie wahr.
So nimmst Du die Brücke über die Zeit, wo am anderen Ende Deine Rose wartet, denn niemand kennt und liebt Dich so sehr wie sie.
