Yoga - Elvira Friedrich - E-Book

Yoga E-Book

Elvira Friedrich

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Beschreibung

Yoga – alle tun es, und das ist gut so. Was aber ist das eigentlich ? Die Indologin Elvira ­Friedrich ­präsentiert Yoga als ganzheitliche Methode mit dem Ziel eines freien und selbstbestimmten ­Lebens. Ursprünglich in Indien entwickelt und von Patañjali im Yogasūtra systematisiert, hat Yoga sein Ursprungsland verlassen und die Welt erobert und durchdrungen. Oft auf Körper- und Atemübungen reduziert, lehrt der Yoga weitaus mehr. Dieses Buch, erstmals vor zwanzig Jahren erschienen und für die Neuausgabe ergänzt und erweitert, erlaubt einen tiefen Einblick in Ursprünge, Entwicklung und Praxis des klassischen Yoga.

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Elvira Friedrich

Yoga

Wege zur Unabhängigkeit

Überarbeitete Neuausgabe

Einführung zur Neuauflage

Zur Aussprache der indischen Wörter

Vorwort

I. Einleitung

1. Yoga: Wort und Begriff

2. Sechs Erlösungssysteme

3. Das indische Schrifttum und seine zeitliche Einordnung

4. Allgemeine Auffassungen

5. Schöpfung und Erlösung

II. Das klassische Sāṃkhya

1. Lehre

2. Die Sāṃkhyakārikā des Īśvarakṛṣṇa

III. Der klassische Yoga

1. Lehre

2. Praxis

3. Das Yogasūtra des Patañjali

IV. Verschiedene Yogaformen

1. Bhaktiyoga

2. Mantrayoga

3. Jñānayoga

4. Layayoga, Kuṇḍalinīyoga

5. Haṭhayoga, Rājayoga

V. Yoga heute

Nachwort

Literatur

»Das Selbst ist der Herr des Wagens, wisse, der Körper aber der Wagen; der Verstand ist der Wagenlenker, wisse, und das Denken eben die Zügel. Die Sinne, sagt man, sind die Pferde, die Sinnesobjekte ihre Laufbahn […]«

Kaṭha-Upaniṣad 3.3 und 4a

Einführung zur Neuauflage

Zusammen mit mehreren hundert Menschen saß ich vor Jahren in der Abflughalle des Flughafens in Taschkent in Usbekistan. Es war früher Morgen, und ich wartete auf den Aufruf zu meinem Flug. Die hier versammelten Reisenden waren alle müde, weil wahrscheinlich keiner in der vergangenen Nacht schlafen konnte. Zu früh musste man zum Flughafen aufbrechen. Formalitäten für die Ausreise aus Usbekistan mussten erfüllt, Pass- und Zollkontrollen erledigt, Sicherheitskontrollen durchlaufen werden. In der Abflughalle versuchten sich die Reisenden auf den Sitzen einzurichten, wenige legten sich einfach auf den Boden der Abflughalle und probierten liegend ein wenig zu dösen, wieder andere vertrieben sich die Zeit in einem der Restaurants oder in dem einen Geschäft, das es in der Abflughalle gab. Hin und wieder mischte sich in die Geräuschkulisse der Aufruf zu einem Abflug. In dieser Atmosphäre sah ich plötzlich einen Mann, etwa dreißig Jahre alt. Er hatte sich wohl gerade seine Matte auf den Boden ausgelegt und machte darauf Yogaübungen. Er war vollkommen auf sich und seine Bewegungen konzentriert. Mir schien, als würde er das Treiben um sich herum überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen. Ungeachtet der vielen Menschen in der Abflughalle bewegte er sich auf seiner Yogamatte und verharrte in der eingenommenen Haltung, um sie dann aufzulösen und die nächste Haltung einzunehmen. Ich beobachtete ihn fasziniert. Wie in einem Raum mit unsichtbaren Wänden war er auf sich konzentriert und isoliert vom Rest der Flughafengäste. Sicher übte er schon etliche Jahre diese Yogapositionen. Er meisterte viele Übungen, die eindeutig eine strenge Disziplin und viel Ausdauer erforderten. Seine Gliedmaßen schienen wie Gummi, als hätte er keine Knochen oder als wären seine Gelenke ausgehängt. Ich bemerkte, dass ihn viele Menschen beobachteten. Sie bewunderten seine Figuren, die er scheinbar so mühelos machte. Nach einiger Zeit wurde auch mein Flug aufgerufen, und ich ging zu meinem Flugsteig. Der Mann war immer noch mit seinen Yogaübungen beschäftigt.

Das Bild prägte sich mir ein: Die Abflughalle mit den vielen müden und teils genervten Menschen, die Unruhe und der Lärm, und mitten drin der Mann, der unbeeindruckt von allem um ihn herum seine Übungen machte. Man kann ihn vielleicht für exzentrisch halten oder wenigstens für eigenartig, dass er in solch einer Umgebung die Matte ausrollt und sich inmitten der Menge auf die Übungen konzentriert, bevor auch sein Flug aufgerufen wird. Nichtsdestotrotz hat er das Bild vermittelt von einem Ruhepunkt inmitten der Hektik und der Konzentration auf die Übungen inmitten des sich Unwohlfühlens, das von den Reisenden ausging. Damit hat der Mann vorgeführt, was der Yoga unter anderem bewirken kann: Ruhe im Moment der Unruhe. Unabhängigkeit von der situationsbedingten Hektik.

Sicher, ein gutes Buch hätte das beispielsweise auch bewirkt. Und es gibt vieles andere, was einem dabei einfällt und vielleicht am Flughafen leichter zu praktizieren wäre. Dieser Mann wählte eben seine Yogaübungen.

Nach einer Umfrage des Berufsverbands der Yogalehrenden in Deutschland e. V. treiben etwa 3,4 Millionen der Deutschen Yoga. Die Menschen beginnen mit Yoga oft aus gesundheitlichen Gründen: Sie hoffen auf eine Besserung ihres körperlichen Befindens und sogar auf Leistungssteigerung. Viele Befragte geben an, dass sich tatsächlich auch eine positive Wirkung gezeigt hätte. Gleichzeitig erkennen viele Yogaübende bald, dass sich mit der Besserung des körperlichen auch eine Besserung des geistigen Befindens einstellt. Körperpositionen und Atemtechniken, wie sie seit Jahrhunderten der Yoga lehrt, machen die Übenden aufmerksam auf jeden Teil des Körpers. Nerven, Muskeln, Gewebe, Gelenke, die Atmung, das Gehirn finden Beachtung und werden trainiert. Die physischen Haltungen haben ihre psychischen Entsprechungen. Die zahlreichen Haltungen strecken und dehnen die kleinsten Einheiten des Körpers und kräftigen mitunter Muskeln. Das Verharren in den Positionen lässt die Übenden die Körperspannung spüren und Ausdauer lernen. Viele Köperhaltungen trainieren das Gleichgewicht der linken und der rechten Körperhälfte. Die dadurch gewonnene Ausgeglichenheit verspüren die Übenden auch mental. Standhaftigkeit des Körpers geht über auf die Psyche, und die Willensanstrengung und Disziplin der Übungen verleihen Selbstvertrauen. Solche Ergebnisse überzeugen immer mehr Menschen davon, mit Yoga zu beginnen. Yoga ist für jedes Geschlecht und für jede Altersgruppe geeignet. In Städten und Gemeinden gibt es mittlerweile zahlreiche Angebote unterschiedlicher Yogaarten. Schon längst ist der Yoga auch zu einem Wirtschaftsfaktor geworden. Obwohl für die Übungen nur bequeme Kleidung und eine rutschfeste Unterlage notwendig sind, haben Yogaausstatter gute Geschäfte gewittert, und ihre Umsatzerfolge geben ihnen Recht. Sie verkaufen Yogamatten, Yogakissen, Yogadecken, Yogabekleidung, Yogataschen und anderes Zubehör. Entsprechende Ernährungsprodukte wie verschiedene Teesorten bis zu Trinkbechern gibt es speziell für Yogaübende im Angebot. Yogaferien, oft zusammen mit Ernährungskursen, Yogalehrerausbildungen, Yogaangebote in Wellnesshotels und vieles mehr liegen im Trend. Interessierte können dabei auswählen, ob sie im eigenen Land oder in fernen Ländern Kurse nehmen wollen. Es hängt dabei meist vom Geldbeutel ab. Unzählige Angebote finden sich im Internet. Verschiedene Apps sind konzipiert, die den modernen Yogaübenden unterstützen.

Üblicherweise meinen wir, wenn wir heute über den Yoga sprechen, Leibes- und Atemübungen, die ausgesprochen nutzbringende Wirkungen auf den Körper und den Geist dessen haben, der die Übungen regelmäßig durchführt. Doch würde diese Definition dafür ausreichen, dass sich in Indien im ersten nachchristlichen Jahrtausend ein System entwickelt hat, das sich »Yoga« nennt, ein System, das den Menschen einen Weg weist zur spirituellen Erlösung und Unabhängigkeit von der sie umgebenden Welt, die es – indischem Denken folgend – zu überwinden gilt? Ist der Yoga nicht viel mehr als »das Einnehmen einer Körperhaltung« (wörtlich für Sanskrit āsana) und »das Anhalten des Atems« (wörtlich für Sanskrit prāṇāyāma) mit den entsprechenden wohltuenden Folge? Viele Menschen in Europa machen regelmäßig Yoga, um damit mehr zu erreichen als körperliche Fitness. Der Yoga bietet mehr als Leibes- und Atemübungen. Sie sind die ersten Voraussetzungen auf dem Weg, den jeder Übende antreten kann, wenn er sich darauf einlässt. Die ersten gelungenen Yogaübungen machen Freude, Yoga kann aber darüber hinaus zur inneren Ruhe führen, zur Unabhängigkeit von negativen Empfindungen, die sich bei jedem Menschen leicht einstellen, der zulässt, dass er von seiner Umgebung zu sehr beeinflusst wird. Gerade in Zeiten der Unruhe, in Zeiten der Beeinflussung durch Werbung in allen Medien, durch ständige Einflussnahme auf den Menschen durch das Internet und vieles mehr bietet der Yoga eine Möglichkeit, sich von vielem zu lösen, was auf jeden von uns eindringt, was wir teils unbewusst aufnehmen, ohne uns dagegen wehren zu können. Der Yoga lehrt, wie wir uns davon freimachen und den Angriffen auf die inneren Reize entgegentreten können.

Mit der steigenden Zahl von Yogaübenden ist es zwangsläufig zu einer Vermarktung des Yoga gekommen, was nicht unbedingt zielführend für die Übenden ist. Weil so viele unterschiedliche Yogaarten angeboten werden, ist es für Anfänger schwierig, sich für einen Weg zu entscheiden. Gerade darum schadet es nicht, noch einmal auf den Kern der Yogalehre zu blicken. Dieser Kern der Lehre findet sich im berühmten Yogasūtra des Patañjali. Dass die Götter und die heiligen Männer, die sogenannten »Seher« (ṛṣi-s), Yoga nutzbringend einsetzen auf dem Weg zu höherer Erkenntnis, wird Jahrhunderte vor der Entstehung des Yogasūtra in indischen Quellen tradiert. Vor allen in den als heilig geltenden Mythensammlungen, den Purāṇa-s (wörtl.: »Die Alten«, sind über mehrere Jahrhunderte verfasst worden und fanden ihren Abschluss etwa im 10. Jahrhundert), steht Yoga als spiritueller Weg, den die Götter wählen, oft im Mittelpunkt. Die Hindu-Religionen verwenden den Begriff dementsprechend für eine Lehre, die von den Göttern ausgeht. Śiva gilt beispielsweise seinen Anhängern als der große Yogalehrer. Er unterrichtet von seiner Wohnstatt, dem Berg Kailāsa nach Süden gerichtet, also vom Himālāya herab auf Indien blickend, seine Schüler, die großen Seher, im Yoga. Erst Patañjali fasst aus der Fülle der unterschiedlichen Ideen eine Lehre zusammen, die nicht auf einen Gott ausgerichtet ist und deswegen für alle Menschen akzeptabel geworden ist. Die Lehre des Patañjali wendet sich an alle Menschen, die bereit sind, sich Zeit und Mühe dafür zu nehmen. Die komplexen Zusammenhänge erfordern Bereitschaft, sich auf eine zunächst unbekannte Einstellung einzulassen, die den Menschen und sein Eingebunden-Sein in die ihn umgebende Welt betrifft. Unabhängig davon, welchem kulturellen und religiösen Umfeld die Interesssenten angehören, stellt Patañjali die Zusammenhänge der Verflechtung des Menschen in die ihn umgebende Welt und seine Abhängigkeit davon dar. Patañjali zeigt, wie die sich oft schmerzhafte und bittere Abhängigkeit des einzelnen Menschen von seiner erlebten Umwelt auflösen lässt. Wo im ersten nachchristlichen Jahrtausend in Indien vieles nur Männern vorbehalten blieb, haben sich schon lange Frauen die gleichen Domänen erkämpft. In Indien und – von dort herkommend – in der ganzen Welt üben heute Frauen und Männer Yoga. Yogin-s und Yoginī-s begeben sich auf einen Weg, der sie körperlich stark macht und innerlich wachsen lässt.

Hamburg, Frühjahr 2021

Zur Aussprache der indischen Wörter

Die verwendeten indischen Wörter kommen aus dem Sanskrit. Sanskrit ist eine altindische Sprache für den sakralen und gelehrten Sprachgebrauch. Die älteste Form des Altindischen wird Vedisch genannt oder vedisches Sanskrit. Daneben gibt es das eigentliche Sanskrit, unterteilt in »klassisches«, »episches« und »buddhistisches« Sanskrit. Traditionell wird Sanskrit mit der Devanāgarī-Schrift fixiert.

Die indischen Namen und Wörter sind in ihrer international üblichen Transliteration geschrieben. Diese Umschrift ist an der Devanāgarī-Schrift ausgerichtet und ermöglicht eine präzise Aussprache.

1. Ein Strich über einem Vokal bedeutet dessen Länge. Z. B. nāgarī wird wie a in »Nagel« und wie ie in »Tier« gesprochen. e und o sind immer lang.

2. h hinter einem Konsonanten bedeutet einen verstärkenden Hauchlaut, etwa wie im deutschen »Tee«. (Dabei muss bemerkt werden, dass Deutsch-Muttersprachler automatisch hinter den Konsonanten einen Hauchlaut sprechen. Weniger leicht gelingt es ihnen dagegen, Konsonanten ohne Hauchlaut zu sprechen.)

3. c wie tsch im Hamburgischen »tschüss«.

4. j wie dsch im deutschen »Dschungel«.

5. v wie w in Wild.

6. Ein Punkt unter dem Konsonanten (außer ṃ) zeigt, dass er mit zurückgebogener Zunge gesprochen wird.

7. Punkt oder Tilde über n (ṅ oder ñ) oder Punkt unter dem m (ṃ) zeigen einen Nasal.

8. Punkt unter r (ṛ) wird gesprochen wie ri (bṛhad wie »brihad«).

9. Wenn s mit einem Zeichen versehen ist (ś oder ṣ), wird es wie sch gesprochen (īśvara wie »īschvara«) oder mokṣa wie »mokscha«).

Für diese Ausgabe gilt: -s nach Sanskritwörtern oder Sanskritnamen geben ihren Plural an (z. B. Yoginī-s oder Mantra-s).

Vorwort

In den ersten nachchristlichen Jahrhunderten hat sich in Indien der Yoga entwickelt. Er bildet ein komplexes System von sittlichen, physischen und psychischen Übungen, welche die Befreiung aus dem Leiden in der Welt und die Erlangung der Unabhängigkeit zum letzten Ziel haben. Jahrhundertelange Beobachtungen kosmischer Zusammenhänge und der menschlichen Psyche fassten indische Denker zu einem faszinierenden Entwurf zusammen, wobei sie stets die Bedürfnisse und Wünsche des Einzelnen berücksichtigten und den Menschen im Zusammenhang mit seinen Stärken und Schwächen verstanden. Ein Anhänger des Yoga lernt das richtige Verhalten in der Gesellschaft und wird im Verlauf der Übungen schrittweise zur Beherrschung und Erkenntnis seiner selbst geführt. So gelangt der Schüler immer wieder zu neuen Einsichten, die eigene Erfahrungen besser verstehen und Zusammenhänge erkennen lassen. Er lernt, Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden, und beginnt, sein Bewusstsein einerseits als Hindernis, andererseits als Zugang zu dem Weg zu begreifen, an dessen Ende die Unabhängigkeit steht.

Beachtung fand die Lehre zunächst in ihrer Heimat und später auch über Indiens Grenzen hinaus. Über die Anhänger des Yoga kursieren unterschiedliche Vorstellungen, sie werden entweder als Menschen mit übernatürlichen Kräften oder als einsame Asketen betrachtet. Bereits Marco Polo (1254–1324), der bedeutende Reisende des Mittelalters, berichtet von einer Gruppe außergewöhnlicher Männer, die es in Indien gebe. Er schreibt, dass sie ein asketisches Leben führen und ausgesprochen lange leben. Diese Leute müssen den Venezianer sehr beeindruckt haben, was einerseits ihr eigentümliches Aussehen bewirkt haben dürfte, denn er beschreibt sie als Männer, die manchmal vollkommen nackt durch die Lande ziehen. Andererseits aber haben ihn wohl auch die Erzählungen von ihren außergewöhnlichen Fähigkeiten in Erstaunen versetzt und seine Neugierde geweckt. Marco Polo nennt sie »Chughi«, vielleicht handelt es sich um eine Verballhornung des Wortes Yogin, womit meist Anhänger des Yoga bezeichnet werden.

Heutzutage finden sich in den indischen Medien immer wieder Berichte über Yogin-s, die sich für Wochen in einen luftdichten Raum einschließen lassen und anschließend ohne merkliche Schäden ihrem selbstgewählten Gefängnis entsteigen. Manchmal erregen auch Männer Aufsehen, die behaupten, durch die Lüfte fliegen oder sich zur gleichen Zeit an zwei Orten aufhalten zu können. Da es der Yoga aber verbietet, solchen übernatürlichen Kräften nachzustreben, handelt es sich wohl kaum um seine wahren Anhänger. Sicher ist allerdings, dass gerade solche Geschichten die Neugier vieler Menschen im Westen geweckt haben. Die romantische Verklärung Asiens hat auch Indien zu einem Wunderland gemacht, zu dem Berichte über zauberkräftige Männer gut passen. Marco Polo war nicht der einzige Reisende, der ein märchenhaftes Bild von einer unbekannten, fernen Welt nach Hause brachte. Lange Zeit war das Interesse an Indien und seinen Weisheiten schwärmerischer Natur – und ist es in mancherlei Hinsicht bis heute geblieben.

Yogin-s heißen aber auch Menschen, die ihr ganzes Leben in Zurückgezogenheit den vorgeschriebenen Übungen widmen. Ihr Lehrer ist oft die einzige Person, mit der zusammen sie den Yoga praktizieren. Sie zeichnen sich durch Gleichmut und innere Ruhe aus, bekannt ist ihre kaum vorstellbare Körperbeherrschung, die es ihnen erlaubt, selbst in schwierigsten Posituren lange Zeit ausharren zu können. In indischen Berichten wird ihnen ein großes Maß an Weisheit zugesprochen, und weite Teile der Bevölkerung verehren sie. Dieses Bild wird den Anhängern des klassischen Yoga eher gerecht. Wer den Yoga als Weg zu höchster Erkenntnis übt, wird dies in der Einsamkeit unter Anleitung eines Lehrers tun, der ihm nicht allein Techniken vermittelt, sondern den ganzen Menschen betreut.

Die Lehre des Yoga besteht aus kosmologischen, psychologischen und ethischen Elementen, die eine lange Tradition in der indischen Geisteswelt besitzen und bis in die früheste Zeit der indischen Überlieferung zurückverfolgt werden können. Kaum ein Bereich der indischen Kultur erfreut sich bei uns ähnlicher Beliebtheit wie der Yoga, doch sind Darstellungen selten, die der Komplexität des Themas gerecht werden, ohne sich in Detailproblemen zu verlieren.

Das vorliegende Buch gibt eine Einführung in das klassische System des Yoga, wie es von Patañjali gelehrt wurde. Dies ist Voraussetzung für jede weitere Entwicklung des Yoga, und alle seine späteren Formen lassen sich darauf zurückführen. Der erste Teil stellt die Voraussetzungen des Yoga dar und zeigt ihre Verwurzelung in der indischen Tradition. Der zweite Teil erläutert die Lehre des mit dem Yoga eng verbundenen Sāṃkhya und bietet eine deutsche Übersetzung der Sāṃkhyakārikā von Īśvarakṛṣṇa (Abk. SK), des Textes, in dem das klassische System zusammengefasst ist. Das Sāṃkhya gehört, wie auch der Yoga, zu den sechs philosophischen Systemen; einige Gelehrte betrachten den Yoga sogar als eine Schule des Sāṃkhya. Im dritten Teil werden Lehre und Praxis des Yoga dargelegt; eine Übersetzung des Yogasūtra von Patañjali (Abk. YS) schließt sich an. Die Darstellung der Lehre hält sich möglichst eng an die Texte: Immer wieder wird auf die beigefügten Übersetzungen Bezug genommen. Sie sind von der Autorin nach Konsultation bereits vorliegender neu angefertigt worden und halten sich, soweit möglich, wortgetreu an die Originale.

I. Einleitung

1. Yoga: Wort und Begriff

Yoga (m.) ist ein Sanskritwort und heißt im Deutschen wörtlich »Joch«, ist im Zusammenhang aber meist zu übersetzen mit »Übung«, die Anstrengung und Ausdauer verlangt und sich auf ein religiöses Ziel richtet. Die Etymologie des Wortes ist eindeutig: »Yoga« leitet sich von der Wurzel YUJ ab, die die Bedeutung »binden, anschirren, anspannen, ins Joch spannen« hat. Auch das lateinische »iugum« und das deutsche »Joch« sind damit verwandt.

Der Schüler oder der Ausübende des Yoga heißt Yogin. Im alten Indien blieben religiöse Übungen weitgehend den Männern vorbehalten – auch der Yoga. Daher kommt es, dass die weibliche Form von Yogin, nämlich Yoginī, in alten Texten die Bedeutung Hexe oder Fee hat. Ferner wird jedes weibliche Wesen, das mit einer bestimmten Zauberkraft ausgestattet ist, als Yoginī bezeichnet. Eine Yoginī ist aber keinesfalls eine Frau, die bei einem Lehrer den Yoga übt.

Die Wortbedeutung von Yoga führt bereits zu einem Aspekt des Übens hin, dass es nämlich für den, der sein Leben danach ausrichten will, eine Anstrengung bedeutet. Er muss sich ins Joch spannen wie das Zugtier, das eine Last zu ziehen hat. In diesem metaphorischen Gebrauche besitzen viele indische Religionen ihren Yoga. Insoweit ist der Begriff nicht systemspezifisch. Dasselbe Wort taucht in Texten verschiedener Religionen Indiens durch alle Epochen der Geistesgeschichte hindurch auf. Hierbei bezeichnet Yoga das »Joch«, das der religiöse Mensch auf sich nimmt, indem er sich verschiedenen Übungen unterzieht, um zum Ziel der Erlösung zu gelangen, das unterschiedlich formuliert sein kann. Der Begriff »Yoga« in dieser allgemeinen Bedeutung ist scharf zu trennen von der Bezeichnung eines spezifischen Erlösungsweges, dem »klassischen Yoga«.

In den ersten nachchristlichen Jahrhunderten entwickelte sich ein System, das die Erlösung des Selbst mittels einer systematisierten Reihe von Übungen zum Ziel hatte. In dieser Richtung treten die Übungen in den Vordergrund und verleihen ihr sogar ihren Namen: der Yoga. Hier ist der Begriff »Yoga« Bezeichnung für ein komplexes Lehrsystem einer bestimmten Schule geworden, das gleichzeitig einen Erlösungsweg bietet. Auf der Grundlage psychologischer Betrachtungen und den sich daraus ergebenden Möglichkeiten zur Klärung des Bewusstseins werden dem Schüler Wege zur Selbstfindung erschlossen.

2. Sechs Erlösungssysteme

Als Lehrsystem ist der Yoga eines von insgesamt sechs Systemen, die im ersten nachchristlichen Jahrtausend als verschiedene Sichtweisen (darśana n.) einer erlösungsbezogenen Lehre entstanden sind. Diese sechs – sie heißen Nyāya, Vaiśeṣika, Sāṃkhya, Yoga, Mīmāṃsā und Vedānta – gelten als »orthodox«, da sie die heiligen Texte des Veda nicht ablehnen, im Gegensatz zu den »nichtorthodoxen« Systemen der Buddhisten und Jainas. Den meisten der Sichtweisen liegt ein gemeinsames Weltbild zugrunde: Sie setzen voraus, dass das Leben mit ständigem Leiden verbunden ist, dem man durch aufeinanderfolgende Wiedergeburten ausgesetzt ist. Das Ziel der Erlösung vom Leiden verfolgen sie mit unterschiedlichen Methoden.

Lehrsystem

Grundtext

Autor

Nyāya

Nyāyasūtra

Akṣapāda Gautama

Vaiśeṣika

Vaiśeṣikasūtra-s

Ulūka Kaṇāda

Sāṃkhya

Sāṃkhyakārikā

Īśvarakṛṣṇa

Yoga

Yogasūtra

Patañjali

Mīmāṃsā

Mīmāṃsāsūtra

Jaimini

Vedānta

Brahmasūtra-s

Bādarāyaṇa

Tafel 1: Sechs Lehrsysteme

Die sechs Sichtweisen stützen sich auf Texte, deren Autorschaft dem legendären Gründer des betreffenden Systems zugesprochen wird. Sie bestehen aus knappen Sätzen, manchmal nur Satzteilen, die als Merksprüche für das Auswendiglernen geeignet waren. Auf diesen Grundtexten, die maßgeblich den Inhalt der klassischen Systeme wiedergeben, baut eine reiche Kommentarliteratur auf, deren Tradition bis in die Gegenwart hinein fortgeführt wird. Die klassischen Systeme im Einzelnen:

1. Nyāya (»Logik«) basiert auf einer Naturphilosophie und sieht die Logik als Grundlage zur Erlösung an. Gründer war der legendäre Lehrer Akṣapāda Gautama, dem der Grundtext Nyāyasūtra zugeschrieben wird.

2. Vaiśeṣika (»Schule der Eigentümlichkeiten«) entspricht weitgehend dem Nyāya, jedoch beschäftigen sich seine Lehrer insbesondere mit der Physik. Ulūka Kaṇāda gilt als der Gründer. Er geht davon aus, dass sich die gesamte Natur in Atome aufspalten lässt und sich dadurch gänzlich vom Selbst unterscheidet. Die Atome bestehen ewig und trennen sich am Ende eines Lebens des Gottes Brahman, wodurch sich die Welt auflöst. Zu Beginn eines neuen Brahman-Lebens setzen sie sich wieder zusammen, und ein neuer Weltenablauf beginnt. Die Erlösung des Einzelnen aus dem Kreislauf wird durch das Wissen um den Unterschied zwischen der aus Atomen zusammengesetzten Welt und dem Selbst ermöglicht.

3. Sāṃkhya (»Zählung«) geht von einer Dualität von Urnatur und Selbst aus. Das Sāṃkhya lehrt, dass die Erlösung erreicht wird, wenn der Anhänger des Systems diese Dualität erkennt. Sein legendärer Gründer ist der Weise Kapila.

4. Yoga (»Übung«) lehrt, ähnlich dem Sāṃkhya, die Dualität von Urnatur und Selbst. Er stellt drei Wege vor, die zur Erkenntnis der Dualität führen. Patañjali ist Kompilator des Yogasūtra, des klassischen Grundtextes des Yoga.

5. Mīmāṃsā (»Erörterung«) zielt eher indirekt auf die Erlösung ab, hier geht es um die Darstellung der Ewigkeit und Absolutheit des Veda. Das älteste Werk dieser Schule soll Jaimini verfasst haben.

6. Vedānta (»Vollendung des Veda«): Von Bādarāyaṇa stammen die dem Vedānta zugrunde liegenden Texte, die Brahmasūtra-s. Das System basiert auf den Upaniṣad-s, Texten zur Opfermystik und priesterlicher Philosophie. Sein wichtigster Lehrer war Śaṅkara im 8. Jahrhundert n. Chr., der zahlreiche Kommentare zu den Brahmasūtra-s und einigen Upaniṣad-s verfasste. Nach Śaṅkara führt Meditation zu der Erkenntnis, dass die einzige Realität – die Welt betrachtet er als Illusion – die Weltseele Brahman sei, mit welcher wiederum die Einzelseelen identisch seien.

Mīmāṃsā, Nyāya, Vaiśeṣika und Sāṃkhya sind Erlösungssysteme, die die Existenz eines Gottes nicht voraussetzen. Dagegen gelten Vedānta und Yoga als theistisch.

Bei einer Betrachtung des klassischen Yoga-Systems können wir uns nicht ausschließlich auf dieses eine System beschränken. Bereits im Epos Mahābhārata wird deutlich, dass der Yoga keinesfalls als selbständiges System angesehen wird, sondern in enger Verbindung mit einem zweiten steht, dem Sāṃkhya. Dort heißt es:

Vom Sāṃkhya und vom Yoga einzeln sprechen die Einfältigen, nicht die Weisen; wer eines nur richtig ausübt, von beiden erhält er die Frucht. Welcher Stand von den Anhängern des Sāṃkhya erreicht wird, der wird auch erlangt von den Anhängern des Yoga; wer als eines das Sāṃkhya und den Yoga sieht, der sieht.1

Die enge Verbindung zwischen Yoga und Sāṃkhya wird auch darin deutlich, dass manche Lehrer dieser Systeme den Yoga »theistisches Sāṃkhya« nennen. Damit ist gemeint, dass beide grundsätzlich identisch seien und sich nur im Hinblick auf die Gottesidee unterscheiden. Im Gegensatz zum atheistischen Sāṃkhya bezieht nämlich der Yoga eine göttliche Macht (īśvara m.) in seine Lehre ein; ihr kommt aber insofern keine vorrangige Bedeutung zu, als sie nur in einem der drei im Yogasūtra beschriebenen Heilswege den Meditationsgegenstand darstellt, von dem aus die entscheidende Erkenntnis gewonnen wird. Diesen einen Weg mag man immerhin theistische Variante des Yoga nennen.

Die Bezeichnung »theistisches Sāṃkhya« für den Yoga als umfassendes System greift jedoch zu kurz. Wenn auch Ansatz und Ziel beider Systeme grundsätzlich gleich sind, so liegen ihre Schwerpunkte doch auf anderen Gebieten: Das Sāṃkhya untersucht den Prozess, durch den der Mensch die Dinge der Außenwelt wahrnimmt, und setzt ihn mit einem Schöpfungsablauf gleich. Durch die Wahrnehmung der Welt ist der Einzelne an das Leid gebunden; von dieser Grundlage ausgehend wird zugleich die Möglichkeit aufgezeigt, dem Leid zu entfliehen. Der Yoga hingegen baut auf manchen im Sāṃkhya gegebenen Einsichten auf und erläutert nur knapp den theoretischen Hintergrund – hier geht es vornehmlich um die Heilswege. Das Sāṃkhya bietet vor allem eine theoretische Grundlage zur Erklärung alles Werdens, der Yoga die Wege aus dem ewig sich wiederholenden Werden. Ziel des Sāṃkhya und des Yoga ist Erlösung (mokṣa m.) des Einzelnen, damit er dem Geburtenkreislauf (saṃsāra m.) und dem mit ihm einhergehenden Leiden entkommt.

Das Sāṃkhya geht aus von der Dualität von Urnatur und Selbst. Obwohl sie prinzipiell gegensätzlich sind, erscheinen sie den Lebewesen als miteinander verbunden, wodurch sie an das Leiden der Welt gebunden sind. Wenn die scheinbare Verbindung gelöst ist, kann der Mensch dem Leiden entfliehen. Aber auf der anderen Seite kann auch nur diese Verbindung zwischen Natur und Selbst bewirken, dass der Mensch dem fortwährenden Geburtenkreislauf entkommt. Der Yoga bietet psycho-physische Methoden zur Erlangung des Zieles. Meditation erweist sich im klassischen Yoga-System als zentrale Übung und einzige Möglichkeit, den Unterschied zwischen Natur und Selbst zu schauen und damit ihre Verbindung aufzulösen.

Beide Systeme haben sich im Laufe der Jahrhunderte weiterentwickelt und verändert. Physische Übungen wie Körperhaltungen und Atemtechniken wurden im weiteren Verlauf in den Mittelpunkt gestellt, während die geistigen Übungen in den Hintergrund traten. Doch im 19. Jahrhundert erlebte die klassische Lehre des Yoga eine Renaissance. Die physischen Übungen verloren nun ihre Bedeutung und wurden wiederum lediglich als Vorbereitung für den »königlichen Yoga«, d. h. für die Meditation betrachtet.

Auch heute noch wird der Yoga von zahlreichen Anhängern in verschiedenen Formen geübt. Nach wie vor bleibt jedoch der klassische Yoga zusammen mit dem Sāṃkhya Voraussetzung für alle praktizierten Formen des Yoga.

3. Das indische Schrifttum und seine zeitliche Einordnung

Unser Wissen über die Systeme stammt aus den indischen Schriften. Für die Untersuchung und Beschreibung von Sāṃkhya und Yoga müssen die entsprechenden Texte herangezogen, geprüft und miteinander verglichen werden. Eine exakte Datierung der Schriften ist nicht möglich, was nur eine grobe zeitliche Einteilung der einzelnen Systeme erlaubt. Im alten Indien gab es nicht, wie in anderen Hochkulturen, eine Tradition der Geschichtsschreibung. Während sich Historiker im Fall von Kleinasien, China oder der islamischen Welt auf exakte Daten stützen können, sind nur wenige Jahreszahlen der alten indischen Geschichte bekannt. Aus der vorchristlichen Zeit ist lediglich der Indienfeldzug von Alexander dem Großen (327–325 v. Chr.) sicher datiert, aus der nachchristlichen Zeit liefern erst islamische Geschichtsschreiber wieder genaue Angaben. Nachdem im Jahre 637 erstmals der Islam in Indien Fuß zu fassen versuchte, stehen mehr und mehr historische Daten fest. Das Fehlen einer absoluten Chronologie erschwert natürlich auch die zeitliche Einordnung der überlieferten Texte. Philologische Studien ermöglichen zwar eine ungefähre Chronologie, eine genaue Datierung aber blieb bislang unmöglich. Gerade die Ursprünge des Yoga sind in den frühesten Texten des indischen Kulturraumes zu suchen.

Die Veda-s und ihre Begleittexte

Die ältesten überlieferten Texte des indischen Subkontinents entstanden vermutlich um 1200 v. Chr. nach der Einwanderung indoeuropäischer Stämme aus dem Nordwesten. Die Einwanderer selbst nannten sich Ārya-s, »Edle«. Ihre Texte wurden mündlich tradiert, es sind vier Liedsammlungen (saṃhitā f.), die vier Veda-s. Die älteste Sammlung ist der Ṛgveda, auf ihn folgen der Sāmaveda, der Yajurveda und der Atharvaveda. Man nimmt an, dass die Hymnen gegen Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. abgefasst worden sind.

Das Sanskritwort Veda heißt im Deutschen »Wissen«. Die Veda-s gelten als ewig und heilig, sie sind das »heilige Wissen«, welches Allmacht beansprucht und ewig wirkt. Der Wortlaut der Texte wurde angeblich den Priestern im Trancezustand eingegeben. Die Texte sind in vedischem Sanskrit verfasst. Es unterscheidet sich vom späteren klassischen Sanskrit durch einen größeren Formenreichtum und eine Akzentsetzung, die bewirkt, dass die Worte eher gesungen als gesprochen wurden. Unter Strafandrohung war es verboten, die heiligen Worte vor Unbefugten zu rezitieren. Kam es vor, dass jemand aus den unteren Schichten beobachtet wurde, wie er Verse aus dem Veda zitierte, wurde er hart bestraft. Zumeist beinhalten die Veda-s Anrufungen der Götter, die gerade bei den Opfern von Bedeutung waren.

Opfer spielten im Leben eines religiösen Menschen der vedischen Zeit eine große Rolle. Durch sie versuchte man, die Götter gnädig zu stimmen, und bat mit ihrer Hilfe um Nachkommen, reiche Ernte und langes Leben. Die Riten führten immer vier Priester aus. Sie allein konnten das Opfer verrichten, da niemand sonst berechtigt war, den Veda zu rezitieren. Er war wegen seiner Heiligkeit für das Gelingen des Opfers notwendig. Einer der Priester rezitierte den Ṛgveda, um die Götter anzurufen und zu preisen. Der zweite Priester begleitete das Opfer durch ständiges Murmeln des Sāmaveda. Der dritte Priester führte unter Aufsagen des Yajurveda die Handgriffe aus, und der vierte Priester war zum Schutz des Opfers anwesend. Er überwachte die Tätigkeiten der drei anderen, damit keine Silbe falsch gesprochen und kein Handgriff falsch ausgeführt wurde. Dadurch wäre das Opfer sinnlos geworden, denn der Veda hätte seine Heiligkeit eingebüßt.