Z BURBIA - Jake Bible - E-Book

Z BURBIA E-Book

Jake Bible

4,4

Beschreibung

Der Zombie-Bestseller aus Amerika! Whispering Pines ist ein kleiner, ruhiger, abgeschiedener amerikanischer Vorort am Rande von Asheville, NC, in den unberührten Blue Ridge Mountains. Und das ist gut so, denn die Zombie-Apokalypse hat im Westen von North Carolina Einzug gehalten und stellt das beschauliche Vorstadtleben ernsthaft auf die Probe! Umgeben von einem Meer Untoter haben die Bewohner von Whispering Pines ihr ländliches Leben von Straßenfesten auf Plünderungsfeldzüge umgestellt. Reinigung und Pflege der Vorgärten wurden gegen taktische Kriegsführung in der näheren Umgebung getauscht. Statt das Viertel zu verschönern, errichtete man eine Festung. Aber selbst in ruhigen Zeiten hat das Leben in einem Vorort seine Höhen und Tiefen: Neugierige Nachbarn, die strenge Hauseigentümervereinigung (HOA) und eine Hausverwaltung, die daran glaubt, dass die Worte ›strenge Auslegung‹ heilige Worte sind, wenn man sie auf die HOA-Verträge anwendet. Jetzt, während der Zombie-Apokalypse, werden selbst solche harmlosen alltäglichen Reibereien schnell zu dramatischen Kämpfen um die persönliche Identität, die Sicherheit der Familie und das nackte Überleben. Willkommen in der Welt von Z-Burbia! ---------------------------------------------------------- "Z-Burbia ist ein absolut toller Zombie Thriller!! LESEN!!!!!" [Lesermeinung] "Tolle Ferienlektüre mit immensem Ekelfaktor!" [Lesermeinung] "Thank you Jake Bible for the stupid smile in my face!!!" [Lesermeinung]

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Inhalte

Z Burbia

Copyright

Impressum

Vorwort

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Der Autor

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Leseprobe

Der LUZIFER Verlag

Z BURBIA

Jake Bible

übersetzt

von Katrin Fahnert

Title: Z Burbia. All rights reserved. First Published by Severed Press, 2013. Severed Press Logo are trademarks or registered trademarks of Severed Press. All rights reserved.

Dieser Roman ist ein fiktives Werk. Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse entspringen der Phantasie des Autors oder werden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit zu tatsächlichen Ereignissen, Schauplätzen oder Personen, lebendig oder tot, ist rein zufällig.

Impressum

This Translation is published by arrangement with SEVERED PRESS, www.severedpress.com

Titel der Originalausgabe: Z BURBIA
Deutsche Erstausgabe
Copyright Gesamtausgabe © 2014LUZIFER-Verlag
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Cover: Michael Schubert
Übersetzung: Katrin Fahnert

ISBN E-Book: 978-3-95835-021-2

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Vorwort

Zombies, Mann. Zombies.  Was soll ich sagen? Ich mag sie. Ich habe viele verschiedene Arten von Zombiegeschichten geschrieben von militärischem Scifi in der Apex-Trilogie (Zombie-Mechs!) über religiöse Satire in ›Bethany and the Zombie Jesus‹ (Satire, ja, aber nicht blasphemisch) bis zu jungen Erwachsenen, die etwas anders sind, in ›Little Dead Man‹ (siamesische Zwillinge, von denen einer lebt und der andere tot ist). Aber die Serie ›Z-Burbia‹ ist mein erster Zombieroman in der Art von Romero. Und ich hatte einen Mordsspaß dabei!   Wie viele von euch Zombiekennern wissen, ging es bei Romero immer um Sozialsatiren. Also dachte ich, warum nicht aufs Ganze gehen und als Handlungsort einen städtischen Außenbezirk wählen? Ich hatte eine verdammt gute Zeit, als ich meine eigenen Erfahrungen in einen Vorort verlagerte, einige Tote hinzufügte und es postapokalyptisch würzte. Ich hoffe, euch gefällt das Ergebnis.   Ich habe vor, mit der Serie fortzufahren. Darum freue ich mich über Feedback von meinen Fans und Lesern. Die Serie wird voller Blut und Gewalt sein, aber sie ist auch mit einem Augenzwinkern geschrieben. Ich denke, ihr werdet das mögen. Und ein großes Dankeschön an alle Zombieliebhaber da draußen! Ihr seid der Grund, warum ich dieses verrückte Zeug schreibe!

Kapitel Eins

Es gibt nur einige wenige Gründe, warum Menschen in einen städtischen Außenbezirk ziehen. Unsere Gründe waren die Lage und der Preis. Für die Größe des Hauses war der Preis großartig und auch die Lage war toll; direkt am Rande von Asheville in North Carolina am French Broad River. Als dann die Toten auf der Erde umherwandelten, spielte der Preis keine so große Rolle mehr – es ging nur noch um die Lage.  Die Blue Ridge Mountains sind Teil der Appalachen, einer Gebirgskette, die sich von Georgia bis Maine erstreckt. Unser Gebirgszug befindet sich im Westen von North Carolina, um genau zu sein in Asheville.   Asheville ist wegen seiner bunten Mischung aus Kunst, Musik und Urlaubsmöglichkeiten als das Paris des Südens bekannt. Es ist von Höhlen, Buchten, Klüften und Tälern umgeben. Dort leben seit Generationen hart arbeitende North Caroliner. Sie sind zwar Freidenker, aber nicht dafür bekannt, unkonventionell zu denken. Durch und durch konservativ waren sie immer daran gewöhnt, auch in den besten Zeiten auf sich allein gestellt zu sein. Und wenn es zu einer Apokalypse kommt? Dann nimmt dieser konservative Pragmatismus überhand und erweist sich als äußerst nützlich.   Dies sorgt für eine interessante Dynamik in der Region. Eigentlich sollten die städtischen Toten tot bleiben. Sie erhoben sich aber aus den Gräbern, Leichenschauhäusern, Beerdigungsinstituten und anderen Orten. Nun, sie haben die progressive, freidenkende Bevölkerung von Asheville beinahe ausgelöscht. Die Lebenden wohlgemerkt; die untote Bevölkerung wächst und gedeiht. Ein Hoch auf den Fortschritt der Untoten!   Es blieben ein paar Überlebende übrig, die in der Stadt eingekesselt waren (zum Beispiel in Whispering Pines). Sie waren nicht nur von einem Meer Untoter umgeben, sondern von mehreren Gruppen und Familien ländlicher Überlebender, die ganz versessen darauf waren, alles aus den Ruinen von Asheville zu plündern, was sie nur konnten.   Gute Zeiten für alle.   So stehe ich vor meinem Badezimmerspiegel mit dem Rasierer in der Hand und frage mich, was aus meiner Familie werden wird. Da höre ich hier und dort einen verirrten Schuss außerhalb unseres zweistöckigen Hauses. Das Bild im Spiegel ist das eines vierzigjährigen Mannes mit blond-rotem Bart, der bald eine Glatze haben würde. 1,82 Meter groß, hundert Kilo, erschöpft und etwas unterernährt. Ja, ich bin ein Prachtkerl.   Ein weiterer Schuss ertönt und ich lege den Rasierer beiseite. Normalerweise würde ich die Kinder aus dem Badezimmer heraus anschreien, um herauszufinden, was los ist, aber das war pre-Z (vor den Zombies). In der heutigen Welt hält man die Klappe und bleibt ruhig. Lärm zieht die Untoten an. Heutzutage nehmen wir das Bedürfnis nach Ruhe in Whispering Pines sehr ernst.   Also bin ich nur etwas beunruhigt, weil ich nicht weiß, warum geschossen wurde. Waffen machen Krach. Wir sind ein Vorort, der Pfeile, Speere, Steinschleudern und andere Geschosse benutzt, die keinen Lärm machen. Das wurde von dem Vorstand der HOA (Hauseigentümervereinigung) vertraglich so festgelegt und unterzeichnet. Es wurde auch bei einem unserer ersten HOA-Treffen pre-Z bestätigt.   »Jace?«, fragt Stella aus dem Schlafzimmer. »Hast du was gehört?«   Stella Stanford, meine wunderschöne Frau und Mutter von meinen zwei Kindern (Junge: Charlie, sechzehn; und Mädchen: Greta, dreizehn). Mein Fels in der Brandung. Sie fragt, was eigentlich offensichtlich ist.   »Du meinst, außer den Schüssen?«, frage ich, als ich mein T-Shirt greife und es anziehe, bevor ich aus dem Badezimmer komme.   »Sei kein Arschloch«, sagt Stella. »Hast du etwas über das Wi-Fi gehört.«   Wi-Fi fragst du? Oh, haben wir. Kein Internet, seit die Apokalypse es zerstört hat, aber lokales Wi-Fi. Das hilft uns allen dabei, mit der Nachbarschaft in Kontakt zu bleiben.   »Ich habe meine Nachrichten noch nicht abgerufen«, erwidere ich. »Gib mir mein Handy.«   Stella verschränkt die Arme und wirft mir einen strengen Blick zu.   »Bitte?«, frage ich. »Tut mir leid, dass ich ein Arschloch bin.«   Sie reicht mir mein Handy und ich sehe eine Nachricht von Jon Billings, meinem besten Freund in der Nachbarschaft und Leiter der Anlage. Jon ist einer der wenigen Menschen in Whispering Pines, denen ich vertraue. Alle anderen beobachten wir mit Vorsicht und halten sie auf freundlicher Distanz. Es ist einfacher, ihnen eine Brechstange in den Kopf zu stoßen, wenn man sich nicht zu sehr eingliedert.   ›Landstreicher unten am Tor‹, heißt es in der Nachricht. ›Kommst du? Du weißt, Brenda wird dich da haben wollen. Ich bin sicher, sie wird jede Schwäche, die sie an dem Tor sieht, auseinandernehmen.‹   ›Wer schießt?‹, texte ich zurück.   ›Die Landstreicher.‹ Seine Antwort kommt schnell. ›Wo zum Teufel steckst du, Kumpel? Schwing deinen Arsch hier runter. Brenda versucht bereits, die ganze Struktur des Tors neu zu gestalten.‹   Jon ist auch ein Spezi. Es macht mich fertig, wenn er textet, denn er hebt seine Flüche für die Nachrichten auf, die er mir schickt. Niemand sonst hat eine Ahnung.   ›Auf dem Weg‹, texte ich zurück.   »Landstreicher«, sage ich zu Stella. »Ich muss so schnell wie möglich mit dem Fahrrad runterfahren.«   »Brenda?«   »Japp. Brenda«, sage ich und eile zur Garage. Ich ziehe meine robusten Arbeitsstiefel mit Stahlkappe an und schnappe mir mein Mountainbike.   Ich beachte die fragenden Gesichter meiner Nachbarn nicht, als ich an ihnen vorbei rase, konzentriere mich auf die Windungen und Kurven, Bodensenkungen und Erhebungen auf meinem Weg. Ich rase den letzten Hügel vor dem Tor herunter, das an den Eingang zu Whipsering Pines gesetzt worden war. Es blockiert den Zugang von der ehemaligen Bundesstraße 251 zu unserer Wohngegend. Ich sage ›ehemalige‹, weil es wirklich keinen ›Bundesstaat‹ mehr gibt und ich bin mir ziemlich sicher, dass das Verkehrsministerium seine Zuständigkeit während der Apokalypse verloren hat – oder vielleicht auch nicht. Sie könnten tatsächlich geplant haben, die gelben Linien nächste Woche nachzuzeichnen.   »Da bist du ja, Kumpel«, ruft Jon, während ich bremse, um neben ihm anzuhalten. »Brenda denkt, dass wir an der Außenseite noch mehr Stacheldraht brauchen, weil Stacheldraht offenbar eine abschreckende Wirkung auf hungrige Penner hat.«   »Jesus«, murmele ich.   »Hey, der Name des Herrn und all das?« Jon lächelt.   »Klugscheißer.« Ich lächele zurück und gehe an ihm vorbei zum Wachturm, der sich an der Seite des fünfzehn Meter breiten Tors befindet.   »Es tut mir leid, Leute …«, sagt Brenda gerade. Sie versucht, gleichzeitig zu flüstern und zu schreien, heraus kommt ein groteskes Krächzen. »… aber Whispering Pines ist eine eingezäunte Gemeinde und zum jetzigen Zeitpunkt nehmen wir keine neuen Bewohner auf. Ihr müsst bitte weitergehen. Noch mal, es tut mir lei–«   Mit wem auch immer sie spricht, er antwortet mit einer Pistole. Holzsplitter fliegen an Brendas Gesicht vorbei. Sie stammen vom Pfosten direkt neben ihr.   »Wo ist Stuart?«, zischt Brenda. »Jemand muss sich um diese Landstreicher kümmern!«   Landstreicher ist der Name, den wir den Nachzüglern gegeben haben, die an unser (wenn ich das so sagen darf) recht beeindruckendes Tor klopfen. Überlebende, die es irgendwie geschafft haben, am Leben zu bleiben, indem sie die Z und nicht so freundliche Menschengruppen meiden. Im Laufe der Monate haben wir immer weniger von ihnen gesehen, aber ab und zu kommen noch welche vorbei. Bei der Dunkelheit, die sie umgibt, ist es nicht schwer, ein Leuchtfeuer des Lebens zu entdecken.   James ›Nenn-mich-nicht-Jimmy‹ Stuart steht plötzlich neben mir, sieht mit seinem gewohnten angepissten Blick zum Wachturm hoch und ist etwas überrascht, dass alle anderen nicht genau so stocksauer sind wie er. Stuart ist ein pensionierter Hauptfeldwebel der Marine, 1,73 Meter, Ende fünfzig, Bürstenhaarschnitt, drahtig und stark. Als Leiter der Verteidigung (nicht zu verwechseln mit einem Sicherheitschef, Gott bewahre!) sieht er jeden, der nicht gut trainiert ist und militärische Taktiken nicht versteht als Furunkel an seinem durchtrainierten und taktischen Arsch. Das schließt so ziemlich alle von uns ein.   »Die Tore halten«, sagt Stuart, ohne mich anzusehen. »Nun, was hat sie dann zu meckern?« Stuart fängt seine Fragen gerne mit ›nun‹ an. Es ist ein merkwürdiges Getue.   »Landstreicher«, sage ich.   »Landstreicher«, echot Jon.   »Pater.« Stuart nickt Jon zu.   »Ja, mein Sohn?«, lächelt Jon. Stuart lächelt nicht zurück. »Richtig. Hey.«   Stuart seufzt und steigt dann mit erstaunlicher Geschicklichkeit die Leiter zum Wachturm hoch. Wir folgen. Als wir oben sind, nimmt er einen Schlüsselring von seinem Gürtel und schließt den Stahlschrank auf, der auf den Boden des Wachturms geschraubt ist.   »Nun, wie viele sind es?«, fragt Stuart, während seine Hand über dem offenen Spind schwebt.   »Acht«, antwortet ein unscheinbarer Mann und sieht zu Brenda, Stuart, mir, Jon und wieder zu Stuart. »Drei Erwachsene und fünf Kinder. Es sieht so aus, als wären sie pausenlos gerannt. Ich habe mir keine Sorgen gemacht, bis sie anfingen zu schießen.«   »Lasst uns rein!«, ruft eine belegte Stimme von unten. »Bitte!«   »Kinder?«, fragt Stuart. Sein Blick findet Brenda, während er ein AR-15 und ein Magazin aus dem Spind nimmt. Er legt das Magazin ein und starrt sie an.   Brenda ist die Vorstandsvorsitzende unserer Hauseigentümervereinigung. Klein, fett, potthässlich. In den ersten Tagen der Apokalypse hat sie die Kontrolle in Whispering Pines übernommen. Sie vermittelt den Anschein von Ordnung in einer Welt, die sich innerhalb von vierundzwanzig Stunden von normal zu ›HEILIGE SCHEISSE, MAN WILL MICH AUFFRESSEN!‹ verwandelte. Obwohl es ihr an allem mangelt, was einen normalen Menschen ausmacht, gibt sie eine verdammt gute Verwalterin ab – wenn man davon absieht, dass sie keinerlei menschlichen Anstand besitzt. Es ist schwer an ihr vorbeizukommen, glaubt mir.   »Wir haben keinen Platz und keine Ressourcen«, erklärt Brenda. Ihr Flüstern ist wie das Zischen einer versteckten Viper. »Du weißt das, Stuart. Beschluss 856 ist, was die Aufnahme von neuen Bewohnern angeht, klar und deutlich. Es ist nicht erlaubt. Du warst bei der Abstimmung dabei, Stuart. Muss ich deutlicher-«   »Halt die Klappe«, erwidert Stuart. »Ich kenne den Beschluss. Ich wollte mich nur vergewissern, bevor ich meinen Job mache.«   Zu jeder Zeit sind zwei Wachen auf dem Turm postiert, aber sie fügen sich Stuart, wenn es zu willkürlicher Gewalt kommt. In diesem Punkt ist Stuart sehr deutlich: Niemand tötet die Lebenden außer ihm, es sei denn, man muss sich selbst verteidigen. Ich habe mich mehr als einmal gefragt, wie viele Menschen Stuart in den Jahren bei den Marines getötet hat. Ich habe selbst erlebt, wie er seit Beginn der Apokalypse nicht weniger als vierzehn Seelen getötet hat. Wie viele Z es waren, kann ich nicht sagen.   Lasst mich diesbezüglich erklären, dass die Z, über die wir reden, eure klassischen, schlurfenden, Schuss-in-den-Kopf-Zombies sind. Die frischen, die sich erst vor Kurzem verwandelt haben, sind mobiler als die Veteranen unter den Untoten, aber sie können bestenfalls etwas schneller laufen – wie eine Oma im Einkaufszentrum, die Powerwalking macht. Man kann sie überholen. Aber, wie immer, kommt es auf die Anzahl an. Und die Z dominieren unsere Ärsche locker zwanzig zu eins. Okay, okay, ich untertreibe … Sie sind uns fünfzig zu eins zahlenmäßig überlegen. Ich hasse es nur, das zuzugeben. Was? Gut, gut, 100 bis 200 zu eins. Meine Güte.   »Hallo Leute«, sagt Stuart, als er über den Rand des Wachturms schaut. »Ich bedauere es, unhöflich zu sein, aber es ist entschieden worden, dass wir keine Bewohner mehr aufnehmen können. Ich muss Sie nun bitten, zu gehen. Es nicht zu tun, wäre keine gute Option.«   »Fick dich!«, schreit ein Mann. »Lass uns rein, alter Mann! Wir haben Kinder hier! Wir verhungern, verdammt noch mal. Hör auf, ein Arschloch zu sein!«   Stuart seufzt und legt das Gewehr an die Schulter. »Ich werde Sie nicht noch einmal bitten, Sir. Es tut mir leid, aber Sie müssen jetzt gehen. Dieser ganze Lärm, den Sie machen, lockt nur die Z an. Wir versuchen, das zu vermeiden.«   Ich riskiere einen Blick und sehe, dass Stuart recht hat. Von beiden Seiten des Highways 251 schlurfen Untote auf die kleine Gruppe von Landstreichern zu. Wenn Stuart die Leute nicht tötet, dann werden es die Z tun. Zwar sieht keiner von ihnen allzu frisch aus, was bedeutet, dass ihre Schlurfrate etwa einen Meter pro Sekunde beträgt, aber in etwa zehn Minuten sind sie da.   »Ist das unser alter Briefträger?«, fragt Jon, der ebenfalls herüberspäht. »Ich schätze, dieses Jahr muss ich ihm kein Weihnachtsgeschenk kaufen.«   »Dafür, dass du ein Mann Gottes bist, bist du ein gefühlloser Bastard«, flüstere ich ihm zu. Er zuckt mit den Schultern.   »Halt. Verdammt. Noch mal. Das. Maul«, schimpft Stuart.   »Entschuldigung«, sage ich. Jon zuckt wieder mit den Schultern.   Ein Schuss ertönt und wir alle, mit Ausnahme von Stuart, werfen uns auf den Boden des Wachturms. Als Stuart das Feuer erwidert, zähle ich drei Schüsse. Jon und ich schauen zu ihm hoch und sehen, wie er über die Schulter zu Brenda blickt. Sie nickt. Fünf weitere Schüsse.   »Das waren Kinder«, sagt Jon, während er aufsteht und zur Leiter geht. »Kinder!«   Er sieht niemandem in die Augen, als er heruntersteigt, sein Fahrrad nimmt und den Hügel hinauf zurück zu seinem Haus fährt.   »Brenda«, sage ich und sehe sie direkt an. »Wirklich?«   »Wie sollen wir sie ernähren?«, fragt sie. »Das ist bereits entschieden worden.«   »Wir müssen die Straße räumen«, sagt Stuart, während er sein Gewehr einer der Wachen gibt. »Reinige das und verschließe es wieder. Ich komme wieder, um sicherzustellen, dass es richtig gesäubert wurde. Sehe ich einen Schmutzfleck, findest du dich außerhalb des Tores wieder.«   Die Wache nickt. Seine Hände zittern, als er das Gewehr nimmt.   Stuart sieht mich an, nimmt dann sein Handy aus der Tasche und schreibt seiner Verteidigungsmannschaft eine Nachricht. ›Habt ihr Lust, ein paar Z zu töten?‹   »Warum nicht?« Ich zucke mit den Schultern. »Ich bin doch schon hier.«   Zuhause habe ich einen großen Baseballschläger. Durch diesen habe ich Stacheln geschlagen und mit Klebeband umwickelt. Ich nenne ihn den Silberschläger – dummer Name, ich weiß. Aber ich habe ihn in meiner Eile liegen lassen, um schnell zum Tor zu gelangen. Also bewaffne ich mich mit einem Brecheisen, das ich von einem der großen Gestelle mit Nahkampfwaffen nehme, die das Tor an jeder Seite säumen.   Stuart und ich warten nur eine Minute, dann ist die Verteidigungsmannschaft da. Bewaffnet mit Äxten, Stahlrohren, noch mehr Brechstangen, Baseball- und Hockeyschlägern. Einer sogar mit einem geschärften Cricketschläger. Die Mannschaft ändert sich ständig, aber ihre Aufgabe nie: Die Straße und die Umgebung frei von Z halten. Es ist ein Vollzeitjob.   Wir nicken uns schweigend zu und warten auf Stuarts Signal. Der Mann steht am Tor und lauscht. Dann nickt er fast unmerklich. Das Tor wird entriegelt und die Streben entfernt, die rechte Tür nur so weit aufgeschoben, dass wir hindurchschlüpfen können. Sobald wir draußen sind, schließt sie sich hinter uns und wird nicht geöffnet, bis wir die Straße vollständig gesäubert und uns auf Bisse untersucht haben. Ein Biss ist der Tod; für den Gebissenen und wahrscheinlich auch das gesamte Viertel. Das können wir nicht gebrauchen.   Ich zähle mindestens dreißig Z, die auf uns zukommen. Die meisten haben gehört, wie das Tor geöffnet wurde (daran arbeiten wir noch; das verdammte Ding ist so schwer, es ist unmöglich, dass die Scharniere nicht quietschen) und schlurfen auf uns zu. Stuart zeigt mit vier Fingern auf vier Mannschaftsmitglieder zu seiner Rechten. Sie rücken aus. Nur er und ich gehen auf die Z zu, die sich direkt vor uns befinden.   Ich komme so nah an den Ersten heran, dass ich ihm meine Brechstange durch das Auge ins Hirn stoßen kann. Dann stelle ich einen Fuß auf die Brust des Z und drücke, befreie die Brechstange. Den nun wirklich toten Zombie trete ich in die Gruppe hinter ihm. Ihre nässenden, untoten Gliedmaßen kommen dadurch ganz durcheinander. Stuart ist direkt bei mir. Er macht dieselbe Bewegung, denn er ist derjenige, der sie mich gelehrt hat.   Stuarts Philosophie wie man die Z tötet: Ihnen ins Auge zu stechen, wann immer man es kann. Es ist ein einfacher und direkter Weg zum Gehirn. Wenn wir Kugeln benutzen, würden wir dieselbe Stelle anvisieren. Wenn du also eine Waffe hast, die zu demselben Ergebnis führt, dann verwende sie. Außerdem ist das Einschlagen der Schädel nicht nur ermüdend, weil man immer wieder die Arme über den Kopf reißen muss, es macht auch Lärm. Ich denke, wir haben bereits erfasst, dass Lärm schlecht ist.   Wir gehen und stechen, stechen, stechen, suchen uns einen Weg durch die Z. Aber es kommen immer mehr von beiden Seiten. Glücklicherweise befindet sich etwa zwanzig Meter direkt vor uns das Flussufer des French Road River. Wir müssen nicht befürchten, dass aus dieser Richtung weitere Z kommen. Wir teilen uns auf; Stuart links, ich rechts. Wir stechen weiter und weiter.   Das Gemetzel geht schon eine halbe Stunde, da reißt Stuart seine Faust über den Kopf und pfeift leise. Das Tor öffnet sich wieder und eine neue Welle Z-Killer tritt heraus, während sich unsere Mannschaft in Richtung Tor zurückzieht. Wir überprüfen uns gegenseitig, vergewissern uns, dass wir nicht gebissen wurden. Dann werden wir nach Whispering Pines zurückgeführt, während die zweite Mannschaft ihre Schicht antritt.   Ich breche auf der Grasfläche neben dem Wachturm zusammen, während Stuart neben mir Platz nimmt. Er reicht mir eine Feldflasche und ich nehme ein paar kräftige Schlucke.   »Danke«, sage ich und gebe sie zurück.   Stuart nickt nur und wir sitzen schweigend nebeneinander, während sich die dritte Mannschaft versammelt und auf ihren Auftritt wartet. Das Tor öffnet sich, sie strömen heraus. Ein paar Minuten vergehen und die zweite Mannschaft kommt herein, schweißgebadet und voller Blut. Stuart zählt schnell durch und nickt zufrieden, als er sieht, dass die Mannschaft vollzählig ist.   Dann ertönt ein gellender Schrei.   »Scheiße«, sagt Stuart und alle Blicke sind auf ihn gerichtet. »Sorry, Leute. Wir können uns nicht mehr ausruhen. Es ist Zeit, mit voller Stärke da rauszugehen.«   Wir alle wissen, was dieser Schrei zu bedeuten hat. Jemand ist leichtsinnig geworden oder wurde überrascht. Das endete damit, dass sich die Zähne eines Z in sein Fleisch bohrten. Wir alle tragen langärmlige Kleidung, manche sogar Leder. Trotz dieser Vorkehrungen kann ein hungriger Z ziemlich eindrucksvoll zubeißen. Ihre Beißkraft scheint zuzunehmen, sobald sie sich von den Toten erheben. Das macht physiologisch keinen Sinn, aber in dieser surrealen Welt ist das die Realität.   Wir strömen durchs Tor und gehen an die Arbeit. Wir müssen schnell sein, weil der Wind den Schrei und den Geruch von frischem Blut kilometerweit trägt. Habe ich bereits erwähnt, dass sich der Geruchssinn und das Gehör eines Z auch verbessern? Ja, das ist echt gruselig.   Jemand zieht die verletzte Frau durch das Tor, während sich Mannschaft Eins, Zwei und Drei schnell durch die Z zu ihrer Linken kämpfen. Zehn Minuten später sind wir fertig und überlassen der stets tüchtigen Edna Strom und ihrer Z-Reinigungsmannschaft die verrottenden Leichen.   »Rein und ausziehen«, ordnet Stuart an und alle folgen. Hinter dem sicheren Tor beginnen wir uns auszuziehen. »Doppelt und dreifach überprüfen, Leute.«   Mechanisch inspizieren wir gegenseitig unsere nackten Körper. Während der Apokalypse gibt es weder Scham noch Anstand. Man muss von drei Leuten überprüft werden, bevor man seine Klamotten nehmen und nach Hause gehen darf.   »Sieht gut aus, Dad«, sagt Charlie, als er auf mich zutrottet. »Du solltest wirklich an der Bräune deines Hinterns arbeiten. Niemand will diese weißen Brötchen sehen.«   »Danke, Kumpel.« Ich lächle. »Eine sehr nette Art, dafür zu sorgen, dass sich dein alter Herr wohl in seiner Haut fühlt.«   Charlie grinst. »Mom ist sauer. Ich wollte dich nur schon mal vorwarnen. Sie dachte nicht, dass du nach draußen vor das Tor gehst.«   »Durch diese Vorwarnung will ich den vorherigen Kommentar mal vergessen«, sage ich. »Wir sind quitt.«   »Wir können niemals quitt sein, solange du das Wort ›quitt‹ benutzt«, sagt Charlie und läuft in Richtung unseres Hauses. Es ist nur ein paar Blocks entfernt.   Ich schaue hinüber und sehe Greta, die lacht und auf mich zeigt. Nette Kinder habe ich da. Meine Frau lacht allerdings nicht. Sie zeigt auch auf mich. So, wie sie mich ansieht, scheint es, als würde sie mit Dolchen auf mich zielen.   Ich gehe nach Hause, werfe die schmutzige Kleidung in den ›Entseuchungs- Wäschekorb‹ (es sei denn, sie ist wirklich völlig verdreckt, dann ist es Zeit für die Verbrennungsanlage) und stelle mich unter die Dusche. Stella wartet auf mich, als ich aus der Duschkabine steige.   »Hey Schatz«, grinse ich. Doch das Grinsen verschwindet aus meinem Gesicht, als ich ihren Blick sehe.   »Wir haben darüber gesprochen«, sagt sie.   »Ich weiß, aber ich hatte keine Wahl«, antworte ich. »Wir mussten die Menge der ankommenden Z irgendwie in den Griff kriegen. Außerdem …«   »Außerdem was?«   »Außerdem musste ich ein wenig Dampf ablassen«, sage ich leise. »Stuart hat acht Landstreicher getötet. Fünf davon waren Kinder.«   Stella reißt die Hand vor den Mund. Tränen schießen ihr in die Augen. »Kinder?«, presst sie heraus. »Er hat es auf eigene Faust getan?«   Ich schüttele den Kopf.   »Wer hat den Befehl gegeben?«, fragt sie, obwohl sie es eigentlich gar nicht braucht. Sie kneift die Augen zusammen und ihr Gesicht wird ganz rot vor Wut. »Diese Frau. Dieses verrückte Miststück. Eines Tages werde ich ihr geben, was sie verdient, Jace. Das verspreche ich dir.«   »Ich weiß, ich weiß«, erwidere ich. »Sie ist böse. Sie hat Stuart immer wieder etwas über den letzten Beschluss erzählt.«   »Er hätte sie nicht töten müssen!« Stella schreit fast. Dann beruhigt sie sich. Sie will nicht, dass die Kinder uns hören. »Er hätte sich ihr gegenüber behaupten können.«   »Hätte er, aber er hat es nicht getan. Stuart ist ein guter Soldat. Er befolgt die Befehle, die man ihm erteilt. Ob es dir gefällt oder nicht: Brenda hat das Sagen. Zumindest, bis die nächsten HOA-Vorstandsmitglieder gewählt werden.«   »Das ist erst in ein paar Monaten«, knurrt Stella.   »Lass es auf sich beruhen«, sage ich. »Es wird dich nur auffressen. Den heutigen Tag lege ich in diesem kleinen, schwarzen Loch in meinem Gehirn ab. Ich werde nicht mehr darüber nachdenken, bis ich siebzig und senil bin.«   Selbst ich weiß, dass das Schwachsinn ist, aber es ist eine der vielen Lügen, die ich mir selbst erzähle, um durch den Tag zu kommen.   »Wie war dein Tag, Schatz?«, grinse ich, als ich mich abtrockne und anziehe. »Hast du den Kindern was Gutes beigebracht?«   Bevor die Z kamen, war Stella fünfzehn Jahre lang Lehrerin gewesen. Nun hat sie die Ehre, alle achtzehn Kinder zu unterrichten, die hier im Viertel im Schulalter sind. Sie muss die Schmach ertragen, sie in zwei Räumen zu unterrichten, die wir uns von der Church of Jesus of the Light (CJL) „ausleihen“. Ja, es gibt eine Kirche in unserem schönen Viertel. Aber, und das ist ein großes ›Aber‹, sie ist nicht Teil von Whispering Pines. Derjenige, der diesen Vorort als Erster entwickeln wollte, hatte das ganze Land um die Kirche herum zu einem angemessenen Preis gekauft und versprochen, dass der Weg zur Kirche auf unbegrenzte Dauer genutzt werden darf. Dann ist der Bauunternehmer pleitegegangen. Sein Nachfolger, der die Häuser dann tatsächlich gebaut und Whispering Pines verwirklicht hat, hatte das Land als Schnäppchen erstanden. Aber egal wie sehr man es versuchte, die CJL wurde man einfach nicht los.   Das wäre nicht so schlimm, wenn die Kirche nicht von einem alten Prediger geleitet würde, der ehrlich daran glaubt, dass wir alle von Gott wegen unserer Sünden bestraft werden. Natürlich sind die Z eine gerechte Strafe, und ihm ist es eine Genugtuung, mindestens 50 Mal am Tag darauf hinzuweisen. Er erzählt es jedem, der in Hörweite kommt. Die arme Stella muss den ganzen Tag mit ihm klarkommen. Sie hält ihn von den Kindern fern, aber das ist ebenso viel Arbeit wie das Unterrichten selbst.   »Ich habe Prediger Carrey geschlagen«, sagt Stella.   »Scheiße! Das hast du getan?«   »Nein. Natürlich nicht.« Sie blickt finster drein. »Aber es wäre fast dazu gekommen. Ich hatte ihn mit dem Arsch an der Wand, und wenn dein Sohn nicht eingegriffen hätte, ich glaube, dann hätte ich Schlimmeres getan, als ihn zu schlagen.«   »Und warum hattest du ihn mit dem Arsch an der Wand?«   »Weil er seinen Kopf in das Zimmer der jüngeren Kinder gesteckt und gesagt hat, ich zitiere wortwörtlich: dass jeder von ihnen für das, was ihre Eltern am Tor machen, zur Hölle fahren wird. Viel Glück, ihr elenden Mistkerle, wenn ihr in der Grube brennt.‹ Das sagte er zu Kindern, die gerade mal fünf Jahre alt sind, Jace. Der Mann ist böse.«   »Für dich sind viele Leute ›böse‹«, sage ich. »Vielleicht brauchst du eine neue Beschreibung.«   »In diesen Tagen gibt es viel Böses«, sie starrt zornig, »oder hast du das nicht bemerkt?«   »Habe ich.«   »Dad!«, ruft Charlie von unten. »Da ist jemand für dich an der Tür!«   »Jemand?«, frage ich. Er kennt jeden in der Nachbarschaft. Außerdem weiß er, dass man nicht schreit.   »Sei nett«, sagt Stella, »er war heute mein Held.«   »Ich bin nett«, antworte ich, während ich die Treppe hinuntereile, »mach dir keine Sorgen.«   »Ich bin wohl kaum irgendjemand«, sagt Mindy Sterling vor meiner Haustür.   Eine Frau Mitte dreißig. Mindy ist fett, aber nicht zu kurvenreich, stark, aber nicht muskulös, und sie leitet den Sicherheitsdienst in der Wohngegend. Das ist wie eine Nachbarschaftswache. Die Polizei ist zu einer dysfunktionalen Einheit geworden. Früher war sie Teil der Zenith Hausverwaltung, dem Unternehmen, das die Einhaltung der Verträge für den Bauunternehmer und die HOA überwachte. Zum Glück war sie am Z-Tag in dem Viertel. Seitdem sitzen wir mit ihr zusammen hier fest. Unnötig zu sagen, dass Mindy dem HOA-Ausschuss gegenüber Rechenschaft ablegt und dieser wiederum Brenda. Das bedeutet, Mindy ist Brendas Miststück. Und sie mag es eigentlich auch so. Sie muss nicht denken und schikaniert die Leute. Sie tut so, als wäre sie unverzichtbar. Prinzipiell derselbe Job wie vorher, aber mit mehr Tod und Zombies.   »Das hast du unten am Tor stehenlassen«, sagt Mindy und zeigt auf mein Fahrrad, das jetzt im Vorgarten steht. »Ich habe es für dich hergebracht. Du weißt, dass es gegen die HOA-Verträge ist, wenn man persönliche Gegenstände einfach so herumliegen lässt. Heute werde ich dich verwarnen, Jace, aber beim nächsten Mal beschlagnahme ich das Fahrrad.«   Ich blinzele sie ein paar Mal an und dann schüttle ich den Kopf. »Äh, danke.«   »Und sag deinem Sohn, dass er mich mit ›Miss Sterling‹ ansprechen soll, wenn ich zu euch nach Hause komme«, sagt Mindy, während sie sich zum Gehen wendet. »Mich ›jemand‹ zu nennen, ist respektlos. Das habe ich zur Kenntnis genommen.«   »Gut, Mindy«, rufe ich ihr nach. »Wir hassen es, dass die Dinge durch die Apokalypse respektlos geworden sind!«   Sie ignoriert mich, was wirklich das Beste ist.   Mein Handy summt und ich sehe eine Nachricht von Jon.   ›Ich weiß nicht, was deine Frau heute getan hat, aber ich habe Brenda am Arsch. Ich soll kommen, um mit meinem ›Bruder Gottes‹, was immer das auch bedeutet, zu reden und um ihn zu beruhigen. Er ist bei ihr zu Hause und tobt wie ein Verrückter. Er möchte, dass deine Frau auf die Anklagebank gebracht wird.‹   ›Das tut mir leid‹, antworte ich. ›Soll ich mit ihr vorbeikommen?‹   ›Ich will, dass deine Frau mit dir kommt, damit wir das klären‹, textet John. ›Und ich möchte, dass sich jeder darüber im Klaren ist, dass ich Leiter der Anlage bin. Die Tage, an denen ich Gottesdienste gehalten habe, waren schon vor dem Z-Tag lange vorbei. Warum schnallen die Leute das nicht?‹   ›Wegen dem Heiligenschein und dem Engelschor, die deinem jämmerlichen Arsch überall hin folgen‹, erwidere ich. ›Sag Brenda, dass du auf dem Weg bist, aber schwing deinen Arsch erst mal hierhin. Okay?‹   ›Sicher. Schön. Meinetwegen. Lutsch meinen heiligen Schwanz.‹   ›Dein Schwanz hat nur ein Loch‹, scherze ich.   ›Wenigstens habe ich einen Schwanz, Arschloch. Jetzt hör auf, mir Nachrichten zu schicken. Ich kann nicht gleichzeitig texten und laufen. Außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass es illegal und gegen die HOA-Verträge ist. Ich möchte nicht von Mindy angehalten werden. Ich kann diesen Reeboks nicht entkommen, die sie bei der letzten Tauschbörse bekommen hat.‹   ›Wir sehen uns in einer Minute.‹   ›Ich habe gesagt, dass du aufhören sollst, mir zu texten, also hör auf! Scheiße! Sind das Schuh-Sirenen? Mist, sie kommt, um mich zu holen, Kumpel! Polizeibrutalität! Polizeibrutalität!‹   Als er aufhört, mir zu texten, steht er vor meiner Haustür.   »Warte einen Moment«, sagt er und hält eine Hand hoch, während er etwas in sein Handy tippt.   ›Leck mich am Arsch‹, sagt die Nachricht auf meinem Handy.   »Okay, alles erledigt«, grinst er. »Wo ist Stella?«   »Genau hier, Jon«, sagt sie, während sie um die Ecke kommt.   Sie umarmt ihn und gibt ihm einen dicken Kuss auf die Wange. »Komm rein. Jace hat gestern Sonnentee gemacht. Möchtest du ein Glas?«   »Sicher, gerne.« Er lächelt. »Aber lasst ihn uns mit auf den Weg nehmen. Wir gehen zu Brenda, um das geradezubiegen, was auch immer du getan hast.«   Stella runzelt die Stirn. Jon runzelt die Stirn. Beide schauen mich an.   »Du hast es ihr nicht gesagt?«, fragt Jon.   »Ich dachte, das überlasse ich dir«, erwidere ich. »Sie mag dich lieber.«   »Jetzt gerade schon«, sagt Stella. »Und ich gehe nicht in die Nähe dieses Mannes. Nur dann, wenn wir ihn endlich umlegen.«   »Stella, Liebling«, beginnt Jon.  »Nenn mich nichtLiebling«, kontert Stella. »Selbst Jace darf mich nicht Liebling nennen. Die Antwort ist nein.«  »Muss ich es sagen?«, fragt Jon. »Muss ich?« Stellas Gesichtsausdruck verrät ihm, dass er es muss. »Die Quelle ist auf dem Besitz der CJL. Wenn wir Carrey verärgern, dann stellt er uns das Wasser ab, legt uns trocken. Kein Wasser für die Häuser, kein Wasser für die Pflanzen, kein Wasser für irgendetwas.«   »Dann schalten wir ihm den Strom ab«, sagt Stella und verschränkt die Arme. »Richtig, Jace? Er stellt uns das Wasser ab und wir kappen die Stromleitung zur CJL. Uns gehören alle Windkraft- und Solaranlagen.«   »Menschen können ohne Strom leben«, entgegnet Jon. »Sie können aber nicht ohne Wasser leben.«   »Der Fluss ist direkt da unten auf der gegenüberliegenden Straßenseite«, sagt Stella. »Wir können dort Wasser holen.«   »Kein sauberes Wasser, Schatz«, sage ich und weiß, dass ich mein eigenes Grab schaufele. »Der French Broad River ist verseucht. Die Abwasseraufbereitungsanlage flussaufwärts ist seit Monaten undicht, seitdem die Sicherheitseinrichtungen versagt haben. Schon bald wird es nur noch ein Fluss aus Scheiße und Pisse sein. Wir brauchen die Quelle.«   »Auch du, Jason?«, fragt sie.   Ich schenke ihr ein schwaches Lächeln und sehe Jon an.   »Nur drei Sekunden Arschküssen wird uns alle retten«, meint Jon. »Du wirst eine arschkriechende Heldin sein. Ich werde dafür sorgen, dass es die ganze Nachbarschaft erfährt.«   Stella schimpft eine Minute vor sich hin und ruft dann über die Schulter: »Ich muss gegen einen Drachen kämpfen, Kinder, werde aber bald mit eurem Vater wieder zurück sein.«   »Okay«, rufen die beiden.   Jon und ich zucken zusammen.   »Beruhige dich«, sagt Jon.   »Mindy war gerade in der Gegend«, erkläre ich. »Sie sucht einen Grund, um mich hinter Schloss und Riegel zu bringen. Dein Gebrüll ist ein perfekter Grund.«   »Fein. Meinetwegen«, entgegnet Stella, während sie die Haustür hinter sich schließt. »Warum ist dein Fahrrad im Vorgarten?«   »Es ist mir nach Hause gefolgt und dann dort zusammengebrochen«, sage ich.   »Klugscheißer.«   Der Weg ist angenehm, weil es ein schöner Spätsommerabend geworden ist. Die Sonne steht noch am Himmel, aber die Luft hat sich verändert und ein Hauch von Herbst liegt darin. Wir müssen nur ein paar Blocks gehen, bis wir zu Brendas Haus gelangen. Wir können hören, wie Prediger Carrey darin brüllt.   »Jesus, was hast du getan?«, flüstert Jon.   »Ich habe ihn am Leben gelassen«, sagt Stella bissig und stürmt ohne anzuklopfen hinein.   Ich zucke mit den Achseln. Wir folgen ihr.   Das Bild, das sich uns zeigt, ist wildes Chaos. Es scheint, als ob sich ein Marktschreier dazu entschieden hätte, seine Kleidung und sich selbst nicht mehr zu waschen – genau wie alles in seinem näheren Umfeld. Dann hielt er es für eine gute Idee, in Old Spice zu baden. Prediger Carrey schreitet auf uns zu und gestikuliert wild mit den Händen. Seine dünnen, weißen Haare sind zerzaust und seine Augen rollen in ihren Höhlen immer und immer und immer und …   »Da ist sie!«, schreit Carrey. »Die Harpyie des Tals!«   »Ist das ein offizieller Titel?«, frage ich.   »Ich erinnere mich nicht daran, dass davon etwas in der Bibel steht«, sagt Jon. »Und ich denke, ich habe alles gelesen.«   »Es steht wohl in der ungekürzten Fassung«, entgegne ich.   »Oh, ich habe nur die Kurzfassung. Sie überspringt die ganzen Zeugungsgeschichten und kommt direkt zu Sodomie und Vergewaltigung.« Jon lächelt.   »Du … du!«, schreit Carrey und zeigt auf anklagende Art und Weise mit dem Finger auf Stella.   Ich stelle mich instinktiv vor sie, aber Carrey neigt sich an mir vorbei und lässt den Finger ausgestreckt, als ob er sie durch seine Berührung auf dem Scheiterhaufen verbrennen könnte.   »Du bist in meinem Haus nicht willkommen!«, kreischt Carrey. Bei dem Geräusch zucken wir alle zusammen.   »Ich dachte, es wäre Gottes Haus?«, fragt Stella ruhig. Zu ruhig. Ich kenne diese Gelassenheit. Sie ist nicht gut. Ich wünsche, ich könnte ihr entkommen, aber es ist zu spät.   »Du wagst es, gotteslästerlich zu sein?«, knurrt Carrey.   »Wo genau war die Gotteslästerung?« Stella lächelt. Ein ruhiges Lächeln. Herrje! »Sag es mir, Prediger. Wo habe ich gelästert?«   »Ihre unreine Anwesenheit ist Blasphemie genug!«, kreischt er.   »Das ist kein Grund«, entgegnet Stella und sieht zu Brenda. »Sind wir hier fertig? Er sagt es einfach immer wieder. So weit waren wir doch schon mal.«   »Ich werde euch das Wasser wegnehmen!«, schreit Prediger Carrey. Er hat seine Hände über den Kopf erhoben und seine Augen machen wieder diese Sache – sie rollen, rollen und rollen.   »Prediger, bitte«, fleht Brenda. »Sei vernünftig. Du musst an die Kinder und älteren Menschen denken.«   »Dann hättest du an sie denken sollen, bevor du begonnen hast, mit diesem Pöbel zu verkehren!«, schreit Carrey. Er schleudert uns die Arme entgegen.   »Pöbel?« Jon grinst. »Ich glaube, Sie verwechseln hier einiges, Mr. Carrey.«   »Sie lehren mir Gottes Wege nicht!«   »Das würde mir auch im Traum nicht einfallen«, wirft Jon ein. »Gott wird Sie zu gegebener Zeit selbst belehren, wenn er das Bedürfnis verspürt.«   »Embargo! EMBARGO!« Carrey dreht sich wütend weg.   »Wie stellen wir den ruhig?«, flüstere ich. Jon versucht nicht zu lachen, aber am Ende schnaubt er Rotz aus der Nase.   »Oh mein Gott, ihr zwei«, schimpft Stella. »Ihr seid schlimmer als die Kinder.«   »Leute, Leute!«, sagt Brenda. »Wir müssen dieses Problem lösen!«   »Gut«, entgegnet Stella und versetzt Carrey einen Schlag. Er fällt zu Boden. Sein Mund blutet und seine Augen sind vor Überraschung weit aufgerissen. Sie schiebt mich aus dem Weg, nähert sich ihm. »Kein Embargo oder ich weide dich eigenhändig aus, du scheinheiliges Arschloch. Ich werde dich jagen und töten, egal wohin du läufst. Du lässt meine Familie in Ruhe, du lässt meine Kinder in Ruhe, und ich lasse dich am Leben. Verärgere mich wieder und ich hänge dich an den Eiern auf. Dann lasse ich dich zu den Z auf der anderen Seite des Tores hinunter.«   Carrey starrt sie minutenlang an. Zumindest fühlt es sich so an, aber es sind nur ein paar Sekunden.   »Okay«, sagt er leise und steht auf. »Okay. Gott wird dafür sorgen, dass du deine Belohnung im Jenseits bekommst. Ich habe getan, was ich kann.«   »Äh, also kein Embargo?«, fragt Brenda.   »Nein«, sagt Carrey und geht.   »Nun, das hätte nicht besser laufen können«, sagt Jon. »Können wir jetzt gehen?«   »Nein«, entgegnet Brenda und sieht erst mich und dann Jon an. »Stella kann gehen. Jetzt, wo das erledigt ist. Aber nicht ihr zwei.«   »Gut«, sagt Stella. »Ich werde gehen und ein langes Bad nehmen. In dem Wasser, für das ich gerade einen alten Drecksack in den Arsch getreten habe.«   »Denk an eure Ration«, sagt Brenda, als meine Frau abwinkend geht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass auch ein Mittelfinger in diesem Winken war. »Hat sie mir den Stinkefinger gezeigt?«   »Nein, ganz bestimmt nicht«, lüge ich. »Also, was möchtest du von uns?«   »Carl hat mich auf ein ernstes Problem hingewiesen«, sagt Brenda und bedeutet uns, dass wir uns hinsetzen sollen.   »Carl hat ein Problem beim Stromnetz gefunden.«   »Und das Problem ist …?«, fragt Jon.   »Wir werden in den nächsten Wochen die Hälfte des Stromnetzes verlieren«, sagt Brenda. »Bei der Batteriekapazität gab es einige Fehleinschätzungen und nun – kurz gesagt – müssen wir mehr Batterien auftreiben, wenn wir das Stromnetz auf voller Leistung halten wollen.«   »Vielleicht ist es keine so schlechte Idee, es zurückzuschrauben«, sagt Jon und hält sein Handy vor sich. »Ich bin nicht besonders erpicht darauf, dass dieses Ding immer eingeschaltet ist. Brauchen wir die Kommunikation über Wi-Fi denn wirklich? Und brauchen wir Strom, damit unsere Kinder XBox spielen und Erwachsene BluRays schauen können? Du weißt, das ist die Apokalypse.«   »Wir halten die Gesellschaft am Leben, indem wir die Traditionen aufrechterhalten«, kontert Brenda.   »Ein guter, scharfer Stock ist das, womit wir in diesen Tagen die Gesellschaft am Leben halten«, sage ich, bedaure es aber gleich, als ich die Wut in ihrem Gesicht sehe. Das ist offenbar etwas, das sie erledigt haben will. Und wenn Brenda möchte, dass etwas getan wird …   »Mal angenommen, wir stimmen zu«, sagt Jon. »Warum wir? Warum redest du nicht mit meiner Frau? Sie ist die Leiterin der Plünderungszüge. Es ist ihre Mannschaft, die da rausgeht.«   »Weil wir sie und ihre Mannschaft anderweitig brauchen. Sie müssen draußen nach Nahrung suchen«, entgegnet Brenda. »Stubben hat mir mitgeteilt, dass die Pflanzen dieses Jahr nicht gut wachsen. Wir werden unser Lager mit Konserven und anderen Lebensmitteln, die wir finden, auffüllen müssen.«   »Was sagt Tran dazu?«, frage ich. Tran ist mein vietnamesischer Nachbar. Sein Akzent ist so stark, dass wir hauptsächlich mit Kopfnicken und Handzeichen kommunizieren. »Er ist Leiter der Lebensmittelversorgung.«   »Er ist auch eine Klatschtante«, erwidert Brenda. »Man sagt ihm etwas, und der ganze Ort weiß es. Das kann ich mir nicht leisten.«   Eine Klatschtante? Tran? Nun fühle ich mich richtig schlecht, weil ich nicht entziffern kann, was er von sich gibt. Gott, als Nachbar tauge ich gar nichts.   »Ich brauche euch zwei, weil …«, sie zeigt auf Jon, » … du bist Leiter der Anlage und wirst wissen, wonach du suchen musst. Und du …«, ich bin es nun, auf den sie zeigt, »… du bist unser Problemlöser. Unter uns, ich weiß, dass ihr alle Batterien bekommen könnt, die wir benötigen.«   »Das letzte Mal, dass ich Batterien gesehen habe, war irgendwo mitten in der Stadt«, sagt Jon. »Ich würde eine Einladung, in die Stadt zu gehen, lieber ablehnen.«   »Stuart wird euch begleiten«, bekundet Brenda.   Dadurch fühle ich mich besser, aber nicht viel.   »Nur drei von uns? Das ist alles?«, frage ich. »Finde ich nicht gut.«   »Mit Stuart werdet ihr sicher sein«, sagt Brenda und zeigt zur Haustür, als ob unsere Zeit nun um wäre.   »Er wird euch am Morgen kontaktieren.«   »Oh«, entgegne ich, als ich merke, dass unsere Zeit tatsächlich um ist. »Wie früh denn?«   »Ja, wie früh?«, will auch Jon wissen. »Ich möchte donnerstags ausschlafen.«   »Ist morgen Donnerstag?«   »Zur Hölle, als ob ich das wüsste.« Jon zuckt die Achseln. »Sagen wir ja, damit wir ausschlafen können.«   »Was soll dieses wir? Bestimmst du jetzt für mich mit? Ich muss meine Mutter anrufen, um zu fragen, ob es okay für sie ist. Sie mag es nicht, wenn …«   »Verdammt!«, schreit Brenda, reißt dann eine Hand vor den Mund und senkt ihre Stimme. »Jungs, bitte. Es war ein anstrengender Tag und ich habe noch viel zu tun, bevor ich zu Bett gehe.«   »Okay«, sagt Jon. »Wir werden bereit sein.«   Wir gehen eine Weile, bevor ich das Schweigen breche.   »Hast du ein gutes Gefühl dabei?«, frage ich.   »Verdammt, nein«, antwortet Jon. »Es stinkt.«   »Warum diese Geheimniskrämerei?«, wundere ich mich. »Warum hat es Carl uns nicht selbst gesagt? Man könnte meinen, er würde …«   »Morgen früh reden wir mit Stuart, bevor wir durch das Tor gehen«, sagt Jon. »Sind wir einmal auf der anderen Seite, werde ich keinen Piep mehr von mir geben, bis wir gesund und munter zurück sind.«   »Verstehe«, sage ich, während wir vor meinem Haus stehen. Wir wissen beide, dass wir es nicht schaffen werden, nicht zu reden. Reden ist genau unser Ding – leise zu reden, natürlich. »Bis dann.«   »Es wird ein Abenteuer«, sagt Jon. »Ein Scheißabenteuer.«   »Nacht, Mann.«   »Nacht.«   Ich sehe ihm kurz nach, als er geht. Dann drehe ich mich um, und laufe ins Haus. Ich finde Stella, die auf der Couch sitzt.   »Ich dachte, du wolltest ein Bad nehmen?«   »Ich habe das nur gesagt, um Brenda zu täuschen«, antwortet Stella. »Ich würde auf diese Weise kein Wasser verschwenden.« Sie beobachtet mich eine Sekunde lang. »Was? Was ist passiert, nachdem ich gegangen bin?«   »Mir wurde ein Auftrag erteilt«, sage ich und setze mich neben sie. »Ich muss diesen Ort morgen früh mit Jon und Stuart verlassen. Anscheinend brauchen wir Batterien oder das Stromnetz bricht zusammen.«   »Also, warum geht Melissa denn nicht?«   »Genau das hat Jon auch gefragt«, erwidere ich. »Brenda hat uns irgendeinen Mist zur Antwort gegeben.«   Stella lehnt sich gegen mich und seufzt. »Wem können wir am meisten vertrauen, falls ich Verbündete brauche?«   »Verbündete? Du hast zu viel John LeCarre in der Schulbibliothek gelesen.« Ich lache. »Tran und seine Familie. Vielleicht Stubben? Natürlich Melissa.«   »Verdammt kurze Liste«, sagt Stella.   »Alle anderen sind zu sehr mit Brenda verbandelt. Oder mit Mindy, was aufs Gleiche rauskommt.«   »Tran und vielleicht Stubben. Großartig.« Stella verdreht die Augen. »Ich könnte die Schule abblasen, bis du wieder zurück bist. Mich im Haus verkriechen.«

Kapitel Zwei

Whispering Pines ist nicht einfach so entstanden. Eine Menge Schweiß und Blut waren nötig, um diesen Ort sicher zu machen. Hauptsächlich Blut. Wir fingen mit fast 80 Haushalten an, und derzeit gibt es nicht mehr als 30 in der Siedlung. Der Mist, den Brenda über zu wenig Platz verzapfte, ist Bullshit.  Wir haben genug Platz. Wir haben viel Platz.   Und was die Ressourcen angeht …   Als sich das Tor für Stuart, Jon und mich öffnet, schaue ich den Hügel zu Phase Eins hinauf (wo Jon lebt und auch Stuart) und dann zu Phase Zwei (wo ich wohne) und ich denke daran, wie lange es wohl dauert, um die Dinge wieder in Ordnung zu bringen. Whispering Pines befindet sich am Flussufer des French Broad River. Das ist gut. Der Ort liegt auf einem Plateau, aber es ist nicht so wie bei einer flachen Tischplatte.   Die Rückseite von Phase Eins stößt gegen fünfzig Meter hohe Kalksteinfelsen. Oben auf der Spitze der Klippe ist eine lange, breite Wiese. Auf dieser Wiese befinden sich Stahlzäune, die mit Stacheldraht durchsetzt sind. Zwischen den Zäunen sind mehrere lange Gräben. Denk an Schlachtfelder des Ersten Weltkriegs und du verstehst, was ich meine. In die Felsen ganz oben ist eine Terrasse gebaut worden, sodass Wachen vierundzwanzig Stunden am Tag die Z beobachten können. Wenn sie kommen, verfangen sie sich im Stacheldraht oder fallen in einen Graben. Keiner hat es bisher zum Ende der Klippe geschafft.   Teile von Phase Eins und Phase Zwei sind beidseitig von einer knapp neunzig Meter tiefen Schlucht aus riesigen Felsen und Geröll umgeben. Wir mussten die natürlichen Gegebenheiten einfach ausnutzen. Die Schlucht ist an den Seiten auch mit Stahlzäunen und Stacheldraht gesichert. Wenn die Z bis in die Schlucht kommen, werden sie es dennoch nie an den Seiten hinaufschaffen.   Highway 251 und der French Broad River befinden sich vor dem Tor. Ich habe die Vorteile ja bereits erklärt.   Nun, die Stahlzäune und der Stacheldraht waren meine Idee. Darum bin ich der Leiter der Technik, obwohl ich keine Ausbildung in dieser Richtung habe. Wenn es um die baulichen Arbeiten geht, beuge ich mich Jon. Aber Ideen und Design? Ich habe ein Händchen dafür. Fast alles (außer das Tor) ist aus Stahl: die Zäune, der Stacheldraht, die Stahlträger. Der Grund dafür? Einfach zu reinigen.   Gewöhnlich schlängeln wir uns durch die verborgenen Pfade des Stacheldrahts und legen alle Z um, die sich verfangen haben. Ein kurzer Stich ins Gehirn und sie sind tot. Aber wenn eine Horde versucht, durch den Draht zu kommen, dann wird es chaotisch. Wir haben einige Leute verloren, weil sie dachten, die Z hätten sich verfangen und sie könnten an ihnen vorbeigehen und sie einer nach dem anderen umbringen. Nicht immer funktioniert das so einfach.   Edna Strom ist Leiterin des Z-Säuberungskommandos und ich habe viel mit ihr zusammengearbeitet, um eine einfache Lösung zu finden, wenn es zu viele Z werden. Wir verbrennen sie, bis sie entweder ganz tot oder so verbrannt sind, dass man sie leicht erledigen kann. Wir müssen uns keine Sorgen um die Ausbreitung des Feuers machen, weil die Schlucht nur aus Felsen besteht und die Wiese vor Phase Eins schon versengt ist, sodass sich das Feuer nicht ausbreiten kann.