Zarin der Vampire. Böse Spiele: Der Zar und selbst Russland können fallen, das Haus Romanow ist jedoch unsterblich - Tatana Fedorovna - E-Book

Zarin der Vampire. Böse Spiele: Der Zar und selbst Russland können fallen, das Haus Romanow ist jedoch unsterblich E-Book

Tatana Fedorovna

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Beschreibung

++ Neuauflage 2018++ Sehnsucht-Rache-wahre Geschichte-dunkle Begierde+++ Oberst Tarpen von Radewitz beschützt und umwirbt Olga, die Lieblingstochter des letzten Zaren. Er kennt ihre wahre Herkunft nicht. Doch diese dürstet vor allem nach Blut für den Mord an ihrer Familie. Sie kommt dabei ihrem Hauptfeind immer näher, doch auch der versucht ihrer habhaft zu werden. Hat Liebe inmitten vom Blut des russischen Bürgerkrieges eine Chance? Im heutigen Berlin will der Hauptkommissar Graf Gordon von Mirbach das Verschwinden von jungen Mädchen aufklären, doch dabei stehen ihm seine erotischen Gefühle für die mysteriöse Ermittlerin im Weg. Wie hängen Vergangenheit und Gegenwart zusammen? Der große Stoff, die besondere Perspektive und das Agieren bedeutender Persönlichkeiten machen diese Reihe einzigartig. Sie treffen auf Liebe und heroisches Handeln. In dieser farbig illustrierten Version verschmelzen Spannung, Erotik und Kunst zu einem ganz besonderen Genuss. Dies ist der zweite Band. Jeder Teil kann eigenständig gelesen werden. ---Lesermeinungen: -Spannend und abwechslungsreich ist der Stil der Autorin, die mit Worten zu faszinieren versteht. KEIN Vampir-Mainstream, keine billige Lovestory, keine glitzernden Hipster-Vampire. - Die Geschichte über die junge Zarentochter ist spannend geschrieben, schaurig und bietet auch jede Menge Hintergrundwissen über das Russland der Vergangenheit -unbedingt lesen, Geheimtipp, schauerlich schön und anders

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Seitenzahl: 172

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Tatana Fedorovna

Zarin der Vampire. Böse Spiele: Der Zar und selbst Russland können fallen, das Haus Romanow ist jedoch unsterblich

Nach einer wahren Begebenheit

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

Prolog

Plünderer im Koptyaki-Wald

Wieder in Jekaterinburg

Pawel Medwedew

Aufzeichnungen des Kommissars Gordon von Mirbach

Teepause

Gesetz des Zufalls

Marc

Aufzeichnungen des Kommissars Gordon von Mirbach

Die Pathologie

Aufzeichnungen des Kommissars Gordon von Mirbach

Die Spur

Aufzeichnungen des Kommissars Gordon von Mirbach

Freiheit

Aufzeichnungen des Kommissars Gordon von Mirbach

Weitere Bücher

Historische Fotos

Impressum neobooks

Vorwort

Die Prinzessin Olga Nikolajewna Romanowa erblickte im düsteren November 1895 als erstes Kind der Zarenfamilie das Licht der Welt. Ganz Russland und der Hochadel in der Welt feierten ihre Geburt. Anstelle zu schreien, lächelte sie bei der Geburt. Die Prinzessin war ein wunderschönes Kind. Die orthodoxe Kirche bezeichnete sie als ein Geschenk Gottes, geboren um Besonderes zu tun. Ihre Mutter war eine deutsche Adlige, ihr Vater stammte aus dem berühmten Zarengeschlecht der Romanows. Die Ehe der beiden war gegen den Widerstand ihrer Familien geschlossen worden. Tiefe Liebe verband den mächtigen Regenten mit seiner gottesfürchtigen Gemahlin. Das Paar wurde mit fünf Kindern gesegnet: Olga, Tatjana, Maria, Anastasija und Alexej. Russland versinkt bald darauf im Chaos und die Zarenfamilie wird auf bestialische Art ermordet. Olga kann auf wundersame Weise überleben, schwört Rache und Gott ab. Ihr neuer Beschützer -Tarpen von Radewitz- kennt ihre wahre Herkunft nicht und entwickelt mehr und mehr Gefühle für die geheimnisvolle Schönheit. Haben die beiden inmitten von Blut und Gewalt eine Zukunft? Die mitreißende Geschichte beruht auf wahren Geschehnissen. Diese Neuauflage wurde um weitere Szenen ergänzt und zudem hervorragend illustriert.

Prolog

Bedenke stets, dass schlechte Handlungen Auswirkungen haben.

Aus Bösem wächst nichts Gutes.

Plünderer im Koptyaki-Wald

 Panisch, vor Kälte zitternd und ängstlich lauschend verharrte ich, den Körper unter Blättern und Gesträuch verborgen, in einer Mulde. Dieses unzureichende Versteck befand sich mitten im Kampfgebiet zwischen den vorstürmenden Weißgardisten und den bedrängten Rotgardisten, die gegeneinander um den Besitz von Jekaterinburg, der wichtigsten Metropole im Ural, rangen. Es war der 18. oder 19. Juli 1918. Mein Zeitgefühl arbeitete durch die Furcht, die körperlichen Strapazen und das in meinem Körper immer noch wirkende Mittel unzureichend. Immer wieder verlor ich erschöpft die Besinnung und glitt in eine befreiende tiefe Ohnmacht.

In meinem Kopf wiederholten sich fieberhaft die grausamen Szenen der letzten Tage. Ja, es war alles wahr. Ein Mordkommando aus Bolschewiken und ungarischen Kriegsgefangenen unter dem Kommandanten Jakow Michailowitsch Jurowski hatte in der Nacht vom 16. auf den 17. Juli unsere gesamte Familie auf bestialische Weise hingerichtet. Dahinter stand die Tscheka, der neue Geheimdienst Lenins. Mit ihren Bajonetten hatten die Gardisten die Bäuche meiner Schwestern aufgeschnitten, dem jungen Zarewitsch mehrfach aus nächster Nähe ins Ohr geschossen und unsere Leichen, wie die vonwertlosen Tieren, in einen Bergwerksschacht geworfen. Da die Sprengladung, die ihre Missetat für immer verbergen sollte, wie durch ein Wunder versagte, holten sie unsere Leichen wieder hoch. Sie wolltendiese woanders vergraben. Der Vormarsch der Weißgardisten störte ihr Vorhaben jedoch.

Einzig ich hatte überlebt, weil unsere Mutter, die ehemalige Zarin von Russland, mir diese besondere Kapsel geschenkt hatte. Das besondere Elixier zirkulierte in meinen Adern und schenkte mir nun dieses neue Leben. Der bittere, warme Lebenssaft eines Rotgardisten war die erste Muttermilch in dem neuen Leben gewesen. Dieses war der Rache und dem Hass gewidmet, denn Mitgefühl und Verständnis hatten sich als trügerisch erwiesen. Die Welt gab dem Stärkeren das Recht und nicht dem Einsichtigen. Das Böse verstand nur seine eigene Sprache.

Die weißgardistischen Truppen wurden von den Tschechen angeführt. Ihr Ring um Jekaterinburg hatte sich anscheinend inzwischen geschlossen.

Immer wieder peitschten Schüsse durch die Luft und Granateneinschläge detonierten auf dem Schlachtfeld. Soldaten stöhnten zu Tode getroffen oder schwer verletzt. Pulverrauch durchzog zusammen mit dem frühmorgendlichen Nebel den blattlosen Birkenwald. Gelbgraue Grashalme wiegten sich leicht im Wind. Zwischen den Bäumen und Sträuchern huschten Rehe und Wildschweine verängstigt umher. Wohin sollten sie fliehen inmitten des Kampfes?

Das äußere Geschehen erschien vollkommen unwirklich, wie aus einem Traum geboren. Mir war sehr übel, Frost schüttelte mich.

Aus dem Mund ergossen sich immer wieder Schwalle säuerlichen schwarzen Magensaftes und die Reste meiner menschlichen Fäkalien liefen stinkend an den zuckenden, nackten Beinen herunter. Dieser Geruch biss scharf in der Nase. Ich vermochte mich kaum zu bewegen. Die Riech- und Hörkraft funktionierten von allen Sinnen am besten.

Ich spürte einen Tritt auf mir. Ein Mann stieg mit vorausgerichtetem Gewehr eilig über meinen gequälten Körper hinweg. Entweder bemerkte er ihn nicht oder die vermutete Frauenleiche war ihm egal. Andere Soldaten folgten ihm gebückt. Sie trugen entweder tschechische oder zaristische Soldatenuniformen. Es waren die lange erwarteten Unsrigen. Endlich waren sie da.

Der Plan des jungen charismatischen tschechischen Generals Radola Gajda war also aufgegangen. Mit nur wenigen Soldaten hatte er Teile der transsibirischen Eisenbahnlinie unter Kontrolle gebracht und so die wichtigste Nachschublinie der Rotgardisten unterbrochen. Sie konnten keine Hilfe aus Zentralrussland auf diesem Weg erhalten.

Der junge General war gerade vierundzwanzig Jahre alt. Eine solche Karriere war sicher nur in diesen schwierigen Zeiten möglich. Mama hatte uns gesagt, er sei ein ehrenwerter junger Mann und werde unserer Familie helfen. Wir hatten alle für seinen Sieg gebetet. Es gab sie doch noch, die letzten Helden, welche nicht der neidischen Hetze gegen meine Familie gefolgt waren.

Unseretwegen war der schnelle Vormarsch seiner Truppen auf Jekaterinburg erfolgt. General Gajda wusste sicher nicht von unserem Tod und erhoffte, sowohl den Zaren als auch seine Angehörigen zu retten und vor einem Mord durch die Bolschewiken zu bewahren.

Doch diese hatten das nicht zugelassen. Unsere Leben wurden herzlos ihrer proletarischen Idee geopfert. Ihr boshaftes Ziel war die Vernichtung aller Adeligen, aller Bürger, der gesamten Intelligenz, der Künstler und Kosaken. Das Leben anderer wiegt immer leichter als das eigene.

Die Sonne war bereits aufgegangen. Ich konnte ihr gleißendes Licht kaum ertragen und steckte meinen Kopf tief unter den Blätterhaufen in weiches Moos. Das linderte den ungeheuerlichen Schmerz.

Mir war so unendlich übel, meine Muskeln zitterten und ich wagte mich nicht zu erheben.

 Wie würde der Empfang durch die Unsrigen sein? Eine erneute Ohnmacht umfing mich. ...

 Es war mitten in der Nacht, als mein Bewusstsein zurückkehrte. Ich wusste nicht, wie lange ich so gelegen hatte. Waren nur Stunden oder gar ein Tag vergangen? Die Kämpfe hatten sich noch weiter in Richtung Jekaterinburg verlagert. Aus der entfernten Stadt hörte ich Geschrei, Angriffsgebrüll und Gewehrsalven. Noch immer wurde hart um die Stadt gerungen. Aber die Front lag nun hinter mir. Der geschundene Körper war noch sehr schwach. Trotzdem erhob ich mich vorsichtig und trottete dumpf benommen auf wackeligen Beinen durch den Wald und die Hügel in die entgegengesetzte Richtung, fort vom Kampfgeschehen. Lebensdurst und Hoffnung trieben mich an. Ein grauer zerzauster Wolf stand plötzlich rechts vor mir und sah mich an. Er wusste nicht so recht, was er mit dem unerwarteten Besuch anfangen sollte. Sein graues Fell stand zu Berge und er knurrte, die schleimigen Lefzen dabei herunterziehend. Ein anderer noch größerer Wolf, das Leittier, speiste in einiger Entfernung. Sein Opfer, das eine blutverschmierte Rotgardistenuniform trug, zappelte noch etwas, da ein kleiner Rest Leben in ihm steckte.

Ein herzloses, von Wahnsinn beflügeltes Lachen entrang sich meiner Kehle. Der Schreck über diese Art des Humors, die ich augenscheinlich empfand, schnürte mir diese jedoch sofort wieder zu. Hatte ich überlebt, um nun vielleicht durch die Wölfe zu sterben? Ich durfte meine Angst nicht zeigen. Vielleicht waren die Tiere durch die Schüsse noch verängstigt.

Ein seltsamer unbändiger Hunger und auch Furcht krampften den geleerten Magen zusammen. Der Geruch von frischem menschlichen Blut wehte köstlich herüber und machte mich von einem Moment auf den anderen unermesslich gierig. Der Verstand trat dahinter zurück. Ich ging frech zu dem fressenden Leitwolf und stieß ihn, meinen neuen Rang in dieser Welt klarstellend, beiseite. Er jaulte erschrocken auf, wagte aber keine Gegenwehr und beäugte mich zusammen mit den anderen Tieren des Rudels misstrauisch und furchtsam. Sie knurrten, fletschten drohend ihre Zähne, wagten jedoch keinen Kampf.

„Danke“, flüsterte der Rotgardist. Er konnte sogar noch sprechen. Durch eine Schussverletzung fehlte ein Teil von seinem Kopf. Sein verbliebenes Auge war auf mich gerichtet.

„Gern geschehen!“, erwiderte ich sarkastisch und biss in seinen Hals. Das Blut des Sterbenden schmeckte ausgezeichnet. Die Bitterkeit des ersten Trunkes im Schacht wich einer ganz neuen Empfindung. Dieses Getränk war köstlich, frisch, zitronenhaft, seidig und sämig zugleich. Die Welt wandelte sich mit jedem Schluck weiter, erschien wunderbar, kristallen, mystisch, zauberhaft verändert und rein. Mein Blick wurde schärfer und die Kraft aller Sinne nahm zu. 

Ich ging gestärkt weiter und fühlte mich immer besser, fast euphorisch. Die Wölfe folgten mir vorsichtig in einigem Abstand. Sie waren irritiert. Ich roch noch mehr frisches Blut. Hinter einem Gebüsch lag ein weiterer bewusstloser Rotgardist. Mein Hunger war unermesslich. Gier stieg in mir hoch. Sie glich der eines Trinkers auf einer Feier. Das war mein Blutfest! Ich vergaß alles um mich herum und grub genussvoll die Zähne in den neuen Hals. „Was machst du da?“, hörte ich plötzlich eine Stimme hinter mir.

 Die Mordlust hatte zur Unachtsamkeit geführt. Langsam wandte ich mich um. Drei Gewehrmündungen wiesen direkt auf meinen Körper. „Mein Gott!“, rief einer der drei und wollte sich im ersten Moment bekreuzigen. Stattdessen zielte er noch genauer. Die Männer schauten mich von oben bis unten schockiert an. Der Anblick war wohl erschütternd. Für den Moment war auch ich sprachlos.

 Konnte ein Kampf erfolgreich sein? Durch die Auseinandersetzung mit dem Bolschewiken im Bergwerksschacht war ich über den Ausgang nicht sicher. Schon bei dem Kampf mit nur einem Mann war der Sieg schwer zu erringen gewesen. Waren ihre Kugeln nicht schneller? Vielleicht war ich gar nicht unsterblich? Vorsicht war zu Beginn allemal besser. Es waren die Unsrigen, also keine Feinde.

„Ich wollte mir hier Sachen besorgen!“, log ich. Das erschien mir glaubhaft, da ich noch immer vollkommen unbekleidet war. „Die Rotgardisten haben mir alles gestohlen.“

 Die Männer schwankten und begutachteten erstaunt meine Nacktheit.

 „Wieso bist du so blutverschmiert? Du bist schwer verletzt!“ „Ja, sie haben mich mit ihren Bajonetten gestochen und hielten mich für tot. Später habe ich mich versteckt! Zur Tarnung habe ich mich stundenlang zu den Toten gelegt!“ Die Gruppe wirkte unsicher. „Das sah fast aus, als wenn der noch lebte!“ 

Der Rotgardist war zum Glück inzwischen verstorben und konnte deswegen nichts mehr dazu sagen. „Es war einer von denen!“, log ich. „Streck deine Hände vor! Das ist irgendwie nicht geheuer und wir müssen das erst überprüfen. Keine Bewegung, sonst schießen wir deinen Kopf weg! Valerij, fessele ihre Hände!“  Der Größte von ihnen hatte gesprochen. Dabei zielte der Mann genau auf meine nackte Brust.

Er war wohl der Anführer. Seine wenigen gelben Zähne kauten unablässig auf einem Stück Kautabak. „Erschieß sie lieber gleich!“, wandte der Kleinste von ihnen unsicher ein. „Sie sieht gefährlich aus! Es könnte eine Waldhexe sein!“ Der junge Valerij trat sehr vorsichtig zu mir und wand eine rostige eiserne Kette, wie man sie zum Anbinden von jungen Stieren benutzte, um meine Hände. Dann legte dieser sie um meine Hüfte, sodass die Bewegungsfähigkeit der beiden Arme sehr stark eingeschränkt wurde. Ich konnte die Hände gerade etwas vor dem Bauch hin- und herbewegen. Mit einem Splint verriegelte er die Kette auch noch. Dann steckte Valerij das andere Ende zwischen meinen Beinen hindurch und hielt mich von hinten daran fest. Meine Wunden und auch die Fesselung schmerzte. „Wir gehen mit ihr zum Fluss und waschen sie erst einmal!“, entschied ihr Hauptmann zufrieden. „Dann sehen wir weiter.“ „Mir ist sie nicht geheuer!“, wandte nochmals der Kleinere ein. „Erschießen wir sie lieber gleich. Es soll hier im Koptyaki-Wald wirklich Hexen geben!“ Der bärtige Anführer lachte, spuckte seinen durchgekauten Tabak aus und genehmigte sich nachdenklich ein weiteres Stück Pfriem. Der Kleine richtete unentwegt sein Gewehr auf mich. Wenn ich zu fliehen versuchte, würde seine Kugel schneller sein.

Der Große wies in östliche Richtung. „Geh da lang und keine Sperenzchen! Wir zielen auf dich.“ Dann hängte er mir sogar noch einen halb gefüllten langen Jutesack über die Schulter, dessen Ende ich durch meine Ketten nur schwer greifen konnte. „Du trägst das!“ Mir blieb nichts anderes übrig. Von Gewehren bedroht und von der Kälberkette gehalten, humpelte ich voran. Valerij machte sich dabei immer mal den Spaß, diese zu straffen, sodass sie schmerzhaft genau zwischen meinen Beinen scheuerte.

 Es handelte sich bei der Gruppe um bewaffnete Leichenfledderer aus der Umgebung. Der Jüngste war etwa fünfundzwanzig, der Älteste um die fünfzig Jahre alt. Ihre Gesichter waren vollbärtig und das lange Haupthaar nach sibirischer Bauernsitte mit Butter geölt.

„Kann ich vielleicht Sachen bekommen?“, bat ich. Die Nacktheit vor den drei Männern behagte mir nicht. „Wenn du uns hilfst, dann bekommst du vielleicht welche!“, lachte der Anführer. Anscheinend gefiel ihm seine Macht. „Geh einfach und halt dein Maul! Es ist hier immer noch gefährlich.“ Wir marschierten vorsichtig durch den Wald. Bei jedem Gefallenen auf dem Weg schauten sie, ob er noch lebte. War es so, schnitten sie den Weißgardisten den Hals und den Bolschewiken die Gedärme durch. Die Gewehre schonten sie, damit kein Lärm entstand. Bei den Rotgardisten zischten sie: „Ab in die Hölle, du Bastard!“ Zu den Weißen sagten sie etwas freundlicher: „Nun siehst du Gott, Kosak!“

 Das, was zu gebrauchen war wie Stiefel, Geld, Schmuck und andere Wertsachen, landete in ihren Säcken. Mich ließen sie keine Sekunde ohne Bewachung. Als der Einstich am Bein durch die Bewegung zu bluten begann, waren sie jedoch so gnädig die größeren Wunden mit einer glühenden Messerklinge, die sie über dem Feuerzeug erhitzten, zu schließen.

 „Da hast du aber Glück gehabt, dass du die Stiche überlebt hast. Das grenzt an ein Wunder!“, meinte der Anführer anerkennend.

 „Sie ist doch eine Hexe“, raunte sein Kumpan, der Wladimir hieß, und bekreuzigte sich. „Wie konnte sie sonst überleben?“ Der Kleine, der mich für eine Hexe hielt, war besonders misstrauisch und ebenso ängstlich. Manchmal banden sie mich deswegen sogar während des Plünderns an einen Baum fest.

Als wir erneut bei einem Rotgardisten ankamen, der noch recht lebendig war und sich aufgrund einer Beinverletzung hinter einem umgestürzten Baum versteckt hatte, reichte mir der Anführer, der wie mein Bruder Alexej hieß, ein Taschenmesser. Ich konnte dieses in der schwierigen Haltung kaum greifen.

 „Diesmal machst du die Arbeit, damit wir sehen, ob wir dir vertrauen können!“ Der Jüngste von ihnen, der mich an der Kette hielt, nickte bestätigend. „Bitte, verschont mich!“, flehte der angeschossene Rotgardist. Er sah mehr wie ein Junge in Uniform aus. „Wie alt bist du?“, fragte der kleine Wladimir ihn. Obwohl er mich immer noch töten wollte, schien er gegenüber diesem Jungen nicht so hartherzig zu sein. "Fünfzehn!“, antwortete der Gefragte artig. Er hoffte, dass ihm die Antwort das Leben retten würde. „Genau wie meiner!“, lachte Alexej, ihr Anführer. „Ich denke, du lügst. Du siehst schon aus wie sechzehn und als ob du schon etwas mit Mädchen gehabt hast!“ „Bei Gott, nein!“, erwiderte der Junge. „Die Rotgardisten haben uns alle in die Uniformen gezwungen. Vor vier Wochen besuchte ich noch die Schule!“ „Pech für dich!“, sagte der Große. „Mach dein Werk!“, forderte er mich auf.

 Für einen Moment erwachten in mir menschliche Gefühle und meine Hände zögerten. Hatte er die Wahrheit gesprochen und war unschuldig? Der Soldat war fast so jung wie mein ermordeter Bruder. Andererseits war er ein verhasster Rotgardist und hatte allein schon deswegen den Tod verdient. Alexej richtete sein Gewehr direkt auf meinen Kopf.

 „Entweder er oder ihr beide!“ Es war ihm ernst. Seine Kumpanen hatten nichts dagegen. „Hat schöne Stiefel, der Bursche!“, stellte er mit einem Blick auf diese fest. Die Beute interessierte ihn. „Er kommt wohl wirklich aus einer guten Familie“, stellte der junge Valerij fest. „Wer sonst hat Stiefel aus Kalbsleder?“

„Egal!“, lachte der Räuberhauptmann, dem es offensichtlich gefiel, Herr über Tod und Leben von anderen zu spielen.

„Er hat sich die falsche Uniform angezogen! Das hätte er nicht tun sollen. Nun bekommt er den Lohn für seine Tat. Ich kenne seine Familie nicht!“ Er spuckte wieder einen braunen Fladen Kautabak aus. „Schneid ihm also die Gedärme durch!“

 Der Knabe begann zu zittern und Tränen liefen aus seinen Augen. „Das könnt ihr doch nicht machen! Denkt an Gott!“ Alexej stieß ihm seinen Stiefel ins Gesicht und drückte seinen Kopf in den Boden, in der Art, wie man Ziegen schlachtete. „Halt’s Maul! Und du schlitz ihm endlich den Wanst auf!“ Ich kniete mich hin und zog dem Burschen, so gut ich es mit meinen Einschränkungen vermochte, sein Hemd aus der Hose, sodass der unbehaarte Bauch entblößt war. „Keine Angst, Junge, das tut nicht mehr so weh“, versuchte ich ihn zu trösten. Dieser zitterte in Todesangst an allen Gliedern. Ich kannte dieses Zittern. Das Messer war stumpf, doch ich stieß kräftig zu und schnitt, so stark ich konnte, um sein Leiden gering zu halten. Der Anführer klopfte mir begeistert auf die nackte Schulter. „Das hast du gut gemacht, Mädchen! Jetzt gehörst du zu uns!“

 Trotzdem nahm er vorsichtshalber sein Taschenmesser aus meinen gebundenen Händen wieder an sich. Sie zogen dem sterbenden Burschen die wertvollen Stiefel aus. In seiner Joppe fanden sie einen Tscheka-Ausweis mit dem Dienstgrad eines Kommissars. „Wusste ich doch, dass das Schwein uns belogen hat! Einundzwanzig Jahre alt war der Bolschewik schon!" Alexej spuckte den sterbenden Jungen an und trat wütend so lange auf dessen Kopf bis dieser zerbrach und das weißliche Gehirn in die dunkle Erd-Blutlache herausquetschte.

 „Die Kommissare sind die Schlimmsten! Direkt von dem Teufel Lenin beauftragt! Gut, dass wir ihn erledigt haben.“ Ein wenig beruhigte diese Nachricht mich, da ich keinen Unschuldigen ermordet hatte. Töten war doch nicht so leicht, wie ich es mir vorgestellt hatte. Da war noch etwas Gewissen in mir. Wir zogen mit unserer Beute weiter. „Nicht schlecht!“, lobte mich der Anführer. Er war durch die viele Beute gut gelaunt.

 Der Sack scheuerte zusätzlich auf meinen Wunden. Die Situation war unerträglich. Nach etwa zwei Stunden und weiteren Diebstählen passte nichts mehr in diesen hinein. „Wir sind bald am Fluss! Lasst uns schon einmal einen Teil hier verstecken!“, schlug der kleinere Wladimir vor. Wir kamen gerade an einer Höhle vorbei. Die beiden anderen Plünderer stimmten zu und verbargen die meiste Beute. Eine halbe Stunde später kamen wir an einem schmalen Flüsschen an. Das Wasser floss flink über die grauen Steine des Bachbettes. Ringsherum standen viele Birken und einige blaue Lilien blühten. Es war ein ruhiger, schöner und abgeschiedener Platz. Eine Birke war durch einen Sturm umgefallen und lag auf ihrer Krone. Ich war noch immer vollkommen nackt und blutbesudelt. Die Männer hatten mir bisher keine Gelegenheit gegeben, mich anzukleiden. „Wasch dich erst einmal! Du siehst schlimm aus!“, forderte mich der große Alexej auf.

 Er wies auf den Fluss. Valerij verlängerte die Kuhkette etwas, die mir immer noch die Hände band. Was blieb mir übrig? Trotz der Schmerzen und erst kürzlich geschlossenen Wunden ging ich in das kühle Flüsschen. Er blieb am Ufer. Der Kleine aus der Gruppe zielte mit dem Gewehr auf mich. "Wie soll ich mich mit gefesselten Händen waschen?“, versuchte ich etwas mehr Freiheit zu erreichen. Doch russische Bauern sind listig. Sie durchschauten wohl meinen heimlichen Plan. Der Anführer nahm die Kette in seine Hand. „Wasch sie ab, Valerij!“ Der zog gelassen die Stiefel aus, wickelte seine Fußlappen ab, krempelte die Hose hoch und trat zu mir.

 „Setz dich hin!“

 „Mein Bein schmerzt zu sehr! Das schaffe ich nicht.“

 Er versuchte nun, so gut es ging, meinen Körper zu reinigen. Die Männer gaben ihm dabei Hinweise. Der junge Bursche arbeitete gründlich, bis alle mit dem Ergebnis zufrieden waren. Der Plündererhauptmann befahl nun dem jungen Valerij, mich an den flach liegenden, umgefallenen Birkenstamm zu binden.

 Dieser machte es so, dass mein Oberkörper auf der Birke und meine Hände unter dem Stamm lagen. Es war eine entwürdigende Haltung, die mir keine Bewegungsfreiheit ließ. Ich musste den Kopf stark verdrehen, um die Männer überhaupt zu sehen.

 Schon beim Waschen hatten die Männer mich begierig angesehen. In Russland war das kein gutes Omen. Jeder Befreiungsversuch war nutzlos. Die drei waren äußerst durchtrieben, typische russische Bauern eben. Eine böse Vorahnung stieg in mir auf.