Zarin der Vampire. Schatten der Nächte + Fluch der Liebe: Verrat, Rache, wahre Geschichte und düstere Erotik - Tatana Fedorovna - E-Book

Zarin der Vampire. Schatten der Nächte + Fluch der Liebe: Verrat, Rache, wahre Geschichte und düstere Erotik E-Book

Tatana Fedorovna

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Beschreibung

----Neuauflage 2017: Liebe-Leidenschaft-düstere Erotik-atemraubende Spannung-wahre Geschichte-farbige Illustrationen--- Im historischen Russland umwirbt der tschechische Offizier Oberst von Redewitz die mysteriöse Olga. Er kennt die wahre Identität der Lieblingstochter des letzten Zaren nicht. Diese dürstet jedoch nach Rache für den Mord an ihrer Familie. Hat Liebe inmitten vom Blut des russischen Bürgerkrieges eine Chance? Die Zarentochter wird durch die Ereignisse von der Jägerin zur Gejagten. Wird ihr und Tarpen die Flucht überhaupt gelingen? Welche Zukunft haben beide? Gegenwart: Wird der Hauptkommissar Graf Gordon von Mirbach das Verschwinden der jungen Mädchen im heutigen Berlin aufklären oder stehen ihm seine Gefühle für die mysteriöse Ermittlern zu sehr im Weg? Welche Rolle spielt die russische Satanssekte? Jeder Band enthält zwei Erzählstränge. Der historische beruht auf wahren Tatsachen. Der große Stoff, die besondere Perspektive und das Agieren bedeutender Persönlichkeiten machen diese Reihe einzigartig. Diese Ausgabe zum Vorteilspreis - gegenüber Einzelkauf - enthält zudem ein Bonuskapitel mit seltenen historischen Fotografien. Leserstimmen: - Die Autorin versteht es, das Schicksal der jungen Zarin so zu erzählen, dass es einem unter die Haut geht. (Anorra); -Man bekommt hier wirklich qualitativ hochwertige Schreibkunst und spannende Unterhaltung geboten. Die ungewöhnliche Mischung aus blutiger Action, historischen Ereignissen und ethischen Fragestellungen zeichnet den Roman in besonderer Weise aus (Bookrix Literaturblog)

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Zarin der Vampire. Schatten der Nächte + Fluch der Liebe: Verrat, Rache, wahre Geschichte und düstere Erotik

Doppelband

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Buch

Autorin

Prolog

Pläne und Versprechen

Blutnächte

Die Rache muss warten

Medwedews Tod

Die Reise nach Omsk

Admiral Koltschak

Goldene Tage in Ufa

Bittere Niederlagen

Berlin 2016 - Der Schuss

Aufzeichnung des Hauptkommissars Gordon von Mirbach – Jonas’ Verhör

Teepause 2

Die Freunde Satans

Das Ritual

Band: Fluch der Liebe

Die Sokolows

Frohe Botschaft

Die Flucht

Liebe und Tod

Tarpens Cousin

Das Wiedersehen

Verrat in Irkutsk

Das Sonderkommando

Mitjas Rettung

Wladiwostok

Berlin 2016 - Jurowski

Aufzeichnungen des Hauptkommissars Gordon von Mirbach: Die Befreiung der Mädchen

Der Pakt

Der Plan

Das Fabergé-Ei

Die Übergabe

Letzte Aufzeichnung des ehemaligen Hauptkommissars Graf Gordon von Mirbach

Weitere Bücher

Leseprobe zu Hexen Kuss

Bonus: Historische Fotos

Impressum neobooks

Buch

Bitterkeit und Süße entfalten vereint eine besondere Wirkung.

Im historischen Russland umwirbt der tschechische Offizier Oberst von Radewitz Olga. Er kennt ihre wahre Herkunft nicht.  Doch diese dürstet nach Rache für den Mord an ihrer Familie. Hat ihre Liebe inmitten vom Blut der russischen Revolution eine Chance?

Im heutigen Berlin will der Hauptkommissar Graf Gordon von Mirbach das Verschwinden von jungen Mädchen aufklären, doch dabei stehen ihm seine erotischen Gefühle für die mysteriöse Ermittlerin im Weg. 

Autorin

Prolog

Liebe verleiht selbst Bestien Menschlichkeit,

Hass jedoch verwandelt Menschen in diese.

Pläne und Versprechen

 Pawel Medwedew war ein Mörder, der unbedingt bestraft werden musste. Leider lebte er noch immer.

Das Rachefeuer in mir brannte, jeder Eckzahn war fürs Zustechen bereit, für den Biss in die schweißige Haut seines Halses. Ich hatte die geplante Rache noch nicht vollendet. Mir war es bisher nicht gelungen, den Kommandanten, der den Tod meiner Familie befohlen hatte, und die daran beteiligten Rotgardisten zu töten. Offiziell nannte man die Banditen ein Schützenkommando, sie waren in meinen Augen jedoch nur eine Verbrecherkumpanei. Sie hatten meine Mutter, meinen Vater und die geliebten Geschwister auf bestialische Weise gemeuchelt. Nur ich bekam ein zweites Leben geschenkt – durch das Mittel, das Mama mir im letzten Moment verabreicht hatte. Doch wieso wählte sie mich? Warum hatte sie es nicht meinem kleinen Bruder, dem Zarewitsch, gegeben?

Mit jedem Tag wurde mir die Antwort klarer. Mir traute sie die Rache zu; ausgefeilt geplant und raffiniert durchgeführt.

Das an meiner Familie in der Ipatjew-Villa verübte Massaker stand mir in jedem Augenblick in seinen erschütternden Details vor Augen. Die Last wog unerträglich schwer.

Bald jedoch würde sich diese Schlächterei in ein anderes Gemetzel verwandeln, das dann mir gefiel. Die Rache würde grausam sein. Durch meinen Kopf geisterten wilde, blutrünstige Fantasien. Die neu erschaffene Bestie in mir tobte voller Wahnsinn, sie wollte das Blut dieser Schergen. In Gedanken riss ich bereits Pawel seine blauen Augen aus den Höhlen, mit denen er uns gleichgültig beim Sterben zugesehen hatte. Seine rote Zunge, mit der er mich verspottet hatte, nagelte ich mit rostigen Metalldornen an seine Stirn. Ganz zum Schluss sog ich den Rest seines verdorbenen Lebenssaftes aus der klopfenden Halsschlagader. In meiner Vorstellung ließ ich mir dabei viel Zeit. Ja, auch ich war nun eine gefährliche Furie und nahm diese Rolle mit inbrünstiger Leidenschaft an.

Als ich nach dem Racheversuch voller Aufregung aufgelöst im Hotel ankam, kochten noch immer Unmengen von Adrenalin in meinem Körper. Der alte Portier, der hinter der Empfangstheke stand, sah mich irritiert mit aufgerissenen Augen an.

„Geht es Ihnen gut? Ihre Augen sind ganz rot. Das sieht ganz schlimm aus!“

Mühsam zwang ich mich zu oberflächlicher Gelassenheit und setzte schnell die Sonnenbrille auf, damit die Lichtstacheln meine Sehorgane nicht durchdrangen. Sein von Angst geprägtes Gesicht holte mich in die Wirklichkeit zurück.

„Es ist bloß das alte epileptische Leiden“, log ich mit kränklich verstellter Stimme. 

„Das Tageslicht lässt meine Augen fast bluten. Heute quält es mich besonders stark, da sich ein Anfall ankündigt.“

Der Portier nickte mitleidvoll. Seine Mimik wechselte von Erschrecken zu Anteilnahme. 

„Das muss ja furchtbar sein! Gibt es denn keine gute Medizin dagegen?“ Mit gespielter Traurigkeit schüttelte ich den Kopf und schaute mich um. 

„Geduld und Ruhe sind die einzigen Hilfsmittel!“ 

Einige Offiziere beäugelten mich und flüsterten verstohlen. Ich ahnte, wovon sie redeten: Sie träumten wahrscheinlich von einer Nacht mit mir. Der Krieg entzieht ihnen die Frauen und die Ausstrahlung eines weiblichen Vampirs zieht die Männer erotisch an. Zu jeder Tageszeit versprühen wir unser Lockgift.

Im Moment stand jedoch der Oberst Tarpen von Radewitz zwischen ihnen und mir. Ich nannte ihn einen wirklichen Freund und Beschützer, den mir der Zufall geschenkt hatte. Ein glücklicher Umstand hatte unser beider Schicksal miteinander verwoben. Das Zimmer, in dem ich schlief, gehörte eigentlich ihm. Großzügig hatte er mir dieses überlassen und war zu seinen Offizierskameraden gezogen.

Er diente im Stab der Tschechischen Legion und war ihr Kriegskamerad. Deswegen wagten sie es niemand hier, sich mir ungebührlich oder gar offen zu nähern. Sie betrachteten mich als seine Geliebte. Man bestiehlt einen Kameraden und Kampfgefährten nun einmal nicht.

Ihr solltet froh darüber sein, dachte ich in Richtung der Balztruppe. Bisher hatte niemand die Erfüllung seiner Wünsche überlebt. Schon einige waren an ihrer widerwärtigen Gier gestorben.

In diesem Augenblick kehrte auch schon Tarpen von seiner Besprechung im Stab zurück. Sie war diesmal ungewöhnlich kurz gewesen. Erstaunt sah er zu mir und ich zu ihm. Beide hatten wir nicht erwartet, uns hier zu treffen. Galant deutete er eine Verbeugung an. 

„Ich muss noch einige Papiere holen und gleich wieder zurück“, erklärte er sein schnelles Erscheinen. Als der Oberst mich näher betrachtete, wirkte er besorgt. „Du siehst ungesund und sehr blass aus. Soll ich einen Arzt holen?“

„Ich habe mich bloß erkältet! Der Fahrtwind war so eisig!“, redete ich mich heraus und eilte geschwind auf mein Zimmer. Mein Beschützer wirkte verblüfft und verstand nicht, dass ich ihn einfach stehen ließ. Sicher schob er es auf meine Unpässlichkeit. Er sollte jedoch meine ungeheuere Aufregung und ihre körperlichen Folgen keinesfalls bemerken.

Bei allen Teufeln der Hölle! Der Spiegel im Bad zeigte mir ein gruseliges Bild. Ich glich einem wilden Monster, einer lebenden Leiche. Das Weiß meiner Augen war feuerrot und selbst in der Tränenflüssigkeit etwas Blut.

Schnell öffnete ich den Messinghahn. Das heiße Wasser half mir gewöhnlich, mich zu entspannen. Es tat den kalten Gliedern gut.

Leider wurde ich enttäuscht. Nur ein eisiger Strahl rann durch meine Finger. Offenbar gab es wieder Probleme mit den Heizmitteln, denn seit dem Bürgerkrieg waren sie knapp und streng rationiert. 

Was sollte ich tun? Medwedew und die Mordfantasien gingen nicht aus meinem Kopf heraus. Am liebsten wäre ich sofort zum Gefängnis gestürzt, um ihn zu strafen. Ich musste jedoch klug handeln, sonst brachte ich mich selbst in Gefahr.

 Brillant, ausgeklügelt und sadistisch perfekt – so sollte das Vergeltungsmenü werden, das ich für Medwedew zusammenstellte. Übellaunig legte ich mich aufs Bett und schmiedete Marterpläne. Ich fantasierte über grausamste Details. Der Speichel im Mund lief mir in Vorfreude zusammmen. Medwedews Tod sollte ein Fest für mich werden. Er würde mir ein Stück vom Glück wiederbringen, das man mir durch die Ermordung meiner Familie geraubt hatte. Seine Hinrichtung sollte der Beginn meines Rachefeldzuges sein.

Erst kurz nach Mitternacht kehrte Tarpen von Radewitz ins Hotel zurück. Am anderen Ende des Flures hörte ich die Schritte seiner genagelten Stiefelsohlen. Nachdem er angeklopft hatte, öffnete sich knarrend die Tür.

„Da bist du endlich“, empfing ich ihn lächelnd. Die Schlange in mir wollte ihn umgarnen. Das war ein Teil meines Plans. Der Oberst sollte mir den Zugang zu dem Gefangenen ermöglichen. 

„Ich habe dich unendlich vermisst“, hauchten meine Lippen voller falscher Inbrunst.

Seine erschöpfte Miene hellte sich auf. Ich wusste, dass er mich bereits liebte und von einer wunderbaren Zukunft mit mir träumte. Was für eine Illusion! Eine herzlose Bestie kann nicht lieben. Allenfalls schätzte ich ihn, mehr jedoch nicht. Diese spezielle Zuneigung schützte sein Leben. Sie durfte weder zu klein noch zu groß geraten.

Aber ich brauchte einen Beschützer inmitten der Wirren. Er sicherte meine Existenz und gab mir die Möglichkeit zur Vergeltung. 

„Schön, dass du noch wach bist. Ich hatte darauf gehofft“, erwiderte er auf meinen ungewöhnlich herzlichen Empfang. „Leider wurde unser Vormarsch gestoppt. Die Bolschewiken sind zu stark und wir Tschechen zu wenige.“ Sorgenfalten zeigten sich auf seiner hohen Stirn, die ihm eine besonders intelligente Erscheinung verlieh.

„Damit war zu rechnen“, entgegnete ich. 

„Ja, die Deutschen haben ihnen für die Abtretung der Gebiete viel Geld zugesteckt“, bestätigte mein Beschützer. „Ihre Armee ist viel stärker als unsere vierzigtausend Mann.“

„Werden wir uns überhaupt halten können?“, fragte ich und forschte in seiner Miene nach der Antwort. Er hatte ein schönes Antlitz, es wirkte geradezu edel. Im Laufe der Zeit zeichnet der Charakter jedes Gesicht. Das wussten schon die Griechen.

„Zurzeit verteidigen wir uns noch. Alle hoffen auf Admiral Koltschak.“ 

Mit seinen schönen Händen öffnete Tarpen eine Flasche Champagner, die er mitgebracht hatte und reichte mir ein Glas. Auf grazile Weise stand ich auf und bewegte mich so, dass der Morgenmantel für kurze Momente meine nackte Brust entblößte. Sie war groß und vollkommen. Der lüsterne Blick seiner warmen Augen verriet mir, dass diese Geste ihre Wirkung bestens entfaltete. Natürlich tat ich so, als bemerkte ich das inszenierte Ungeschick nicht. Einen Augenblick lang gab sich Tarpen von Radewitz sprachlos. Seine Züge füllten sich mit den Zeichen erotischer Gier. Ja, er wollte mich. Der Gentleman in ihm protestierte verbissen, würde aber keinen großen Widerstand leisten. Ich konnte die Männer gut lesen.

„Admiral Koltschak bereitet eine Offensive für das Frühjahr vor. Wir verhandeln mit ihm. Unser General Gajda ist zuversichtlich, dass Koltschak und Denikin Erfolg haben.“ Er dozierte im förmlichen Offizierston, die Schultern gestrafft, dachte jedoch an etwas anderes. In seiner Fantasie war Verteidigung ein Fremdwort, er wollte angreifen, besetzen, erobern.

„Glaubst du es auch?“, wisperte ich mit rauchiger Stimmlage und trat dichter an ihn heran, sodass er nun sogar meine parfümierte Haut riechen konnte. Durch ein wenig Wodka, den ich zuvor getrunken hatte, war sie warm.

„Ja, er hat inzwischen durch die ausländische Hilfe ausreichend Geldmittel, um die Soldaten zu bezahlen und weitere Waffen zu kaufen. Bedauerlicherweise sind die Kosaken ein wenig kriegsmüde. Zentralrussland interessiert sie weniger als ihr eigener Hof.“

Endlich wagte er es, meine Hand zu greifen, und bedeckte diese mit innigen Küssen. Ich ließ es zu und senkte die Lider, bis sie die Hälfte der Augen verdeckten. Genussvoll stöhnte ich auf. Das gab ihm die Illusion, dass ich es genoss. Doch ich beobachtete ihn genau. Unser Gespräch stand in Gegensatz zu dem, was passierte, und diente meinem Opfer als Alibi.

„Wenn Koltschak die Bolschewiken schlägt, können wir auf direktem Weg zurück in die Heimat“, palaverte er, seine Küsse auf meinem Arm fortsetzend. „Unsere Jungs zieht es nach Hause, man hat uns zu oft betrogen. Ansonsten bleibt nur der Weg über Wladiwostok.“

Jetzt durchpulste ihn die Gier so intensiv, dass er mir jeden Wunsch erfüllen würde. Im Moment interessierten mich einzig Pawel Medwedew und die drei Komplizen, die im Gefängnis von Jekaterinburg dahinvegetierten. Ich wollte ihre qualvolle Exekution.

„Auf der Rückfahrt wurde mein Schlitten aufgehalten“, wechselte ich scheinbar zufällig das Thema und ließ Tarpen erneut meine wohlgeformten Brüste sehen. Sein Blick haftete auf meinen hellroten Warzen. Sie waren von edler Form, nicht zu groß oder zu klein und schmückten meine prallen Halbkugeln in europäischer Schönheit. Noch kein Kind hatte an ihnen gesaugt.

Aus seinen Augen sprühte die Inbrunst. Er wog ab, ob er zugreifen sollte, direkt mit der Hand eine der Früchte pflücken. Nie zuvor hatte ich ihm diese Chance geboten. Dennoch zauderte er. Mein Gönner gebärdete sich wie diese gebildeten Westeuropäer. Sie mussten regelrecht angeleitet und geführt werden, ehe sie es wagten, an einer Knospe zu nippen – ganz anders die draufgängerischen Russen. Diese rissen einem die Kleider vom Leib und akzeptierten keinen Protest.

„Was ist denn passiert?“, fragte er ohne wirkliches Interesse.

Ich entwand ihm meinen Arm. Sodann hob ich das Glas zum Mund und genehmigte mir einen Schluck von dem prickelnden Getränk.

Derweil setzte sich Tarpen in den Sessel, den ich in weiser Voraussicht so platziert hatte, dass er unmittelbar neben meinem Bett stand. Ich ließ mich auf die Daunendecke nieder, streckte scheinbar zufällig ein Bein aus und berührte damit das seine. Die erneute Berührung elektrisierte ihn. Er wusste nicht, was er denken sollte.

Mir gefiel dieses Spiel. Es weckte eine boshaft schalkhafte Lust, allerdings musste Tarpen es überleben. Halte dich zurück!

„Ein Kutscher sagte, sie hätten einen Bewacher vom Ipatjew-Haus gefunden“, erzählte ich, Gleichgültigkeit heuchelnd. „Er heißt Medwedew.“

„Und ist ein wichtiger Zeuge beim Zarenmord“, brachte mein Freier etwas abgelenkt und irgendwie keuchend hervor. Er sprach schnell, wollte das trockene Thema rasch abhaken, da es der Erfüllung seiner Lust im Wege stand.

„In welchem Gefängnis sitzt er?“, bohrte ich nach.

„Dort, wo die drei anderen sind“, brummte er und strich mit seiner Hand zärtlich die Haut meines Beines entlang.

Ich erhob mich und setzte alles auf eine Karte. Wie eine Katze platzierte ich mich auf dem Schoß meines Opfers. Schockiert sahen seine Augen in mein Antlitz. Unter meinen Pobacken regte sich dagegen die Freude. Ich lächelte ermunternd.

Er errötete und nach einigen Herzklopfern traute er sich tatsächlich, mit drei Fingern meine Brust zu liebkosen. Es fühlte sich gut an. Die hinterhältig gespielte Lust wich anderen Gefühlen. Überwog bei Tarpen meine menschliche Seite? Noch nie waren wir uns so nahe gewesen. Ich hatte ihm zwar Zuneigung und Loyalität signalisiert, aber stets einen gewissen Abstand gewahrt.

Seine starke Hand griff beherzter zu.

„Mein Gott!“, entfuhr es mir unbedarft genüsslich. Ein wohliger Schauer des Genusses überzog mich. Mein Vorhaben zwang mich zur Kühle. Dieser Widerspruch setzte mir zu und entfachte meine Lust nun tatsächlich.

„Ich will dieses Pack sehen“, setzte ich meine Strategie fort. „Sie haben auch meiner Familie viel Leid angetan. Kannst du mir eine Besuchserlaubnis verschaffen?“ Ich säuselte diese Worte, obwohl ich sie voller Hass zischen wollte. Doch mein Groll musste warten. Also turtelte ich wie ein Kätzchen und küsste seinen Hals. Oh, wie wundervoll warm die Haut unter meinen Lippen war! Wie würde sein Blut schmecken? Sein Geruch lenkte mich ab und beschwichtigte meinen Groll und die Mordlust.

Tarpen lachte, blinzelte dann irritiert. Seine Hand hielt inne. 

„Warum interessiert du dich für das rote Gesindel? Es ist kein guter Anblick für eine Dame. Es ist zudem gefährlich“

„Ich habe schon Schlimmeres gesehen“, versuchte ich seine Bedenken zu zerstreuen und schenkte seinem Hals weitere kleine Küsse. Wie entzückend seine Ader hier pulsierte.

„Nein, ich denke nicht, dass ich das bewerkstelligen kann.“ Er wollte das Thema beenden, um sich der Erfüllung seiner Lust mit allen Sinnen zu widmen.

Du lügender Lustmolch!

Für diesen Ungehorsam hatte er eine Strafe verdient, deshalb schmollte ich wie ein kleines Mädchen und legte mich auf dem Rücken auf das Bett, so dass er mich genau betrachten konnte. Nach Ende der Buße öffnete ich meinen Bademantel vollständig und mein Besucher konnte sehen, was er noch nie gesehen hatte. Mein tiefes, feuchtes Tal, das ihm unendliche Wonnen versprach. Ich selbst glaubte das für diesen Moment.

Bei diesem Anblick schwieg er, als stünde er vor einer Heiligenstatue. Ich leckte mit langer Zunge meinen Mittelfinger entlang.

Tarpen wirkte vollkommen versteinert. Mit so viel Verdorbenheit hatte er bei mir offensichtlich nicht gerechnet.

„Wirst du mir eine Besuchserlaubnis verschaffen?“, hakte ich nach.

„Ist dir das so wichtig?“, keuchte er. Es fiel ihm schwer, dem Gespräch überhaupt noch zu folgen.

„Du siehst es!“ Ich stöhnte bei meinem Spiel leise und ergriffen, so wie es jeder Mann mag.

Sein Blick war starr auf mein lüsternes Spiel gerichtet. 

„Ich will dich!“, hauchte er leidenschaftlich. Es war um ihn geschehen. Mein Gift und die Nacktheit brachten ihn um den Verstand.

„Du bekommst mich, wenn du mir Zugang zu Medwedew verschaffst!“ 

Ich machte den seidenen Morgenmantel lächelnd zu.

Dem Oberst klappte der Mund auf. Entgeistert stierte er mich an. „Spielst du bloß mit mir?“

Der arme Kerl verstand nicht, wie Frauen agierten. Ein wenig tat er mir leid. – Moment, ich kannte Mitgefühl? Was waren das für seltsame Regungen? Waren sie menschlich? Die wundervolle Glut zeigte mir, dass auch ich ihn eigentlich wollte. Das war gefährlich. Gefühle lassen uns falsch handeln und stürzen Menschen ins Unglück.

„Ja und nein“, gab ich dem Ganzen eine leichtfertige Wendung. 

„Verschaffe mir Zutritt zum Gefängnis und du bekommst mein Geschenk!“ 

Der Oberst sprang engagiert auf die Beine. 

„Also gut, liebste Olga! Dieser Preis ist es wert. Ich werde versuchen, dich einzuschleusen. Ich nehme dich aber beim Wort!“

„Oh, Tarpen“, schmachtete ich zum Abschied.

„Olga?“

„Du hättest mich irgendwann ohnehin bekommen“, verdeutlichte ich ihm. Das erschien mir seltsamerweise wichtig. War es die Wahrheit oder lediglich Teil des verlogenen Spieles? Welche Seite würde den Sieg davontragen?

Er verharrte und rang mit sich. 

„Du weißt, dass ich dich liebe?“, stammelte er leise und sah mich bei seinen Worten warm an. Der Gentlemen in ihm hatte wieder die Herrschaft übernommen.

Ich nickte. Meine Augen wurden sogar etwas feucht. In meinem erkalteten Herz war vielleicht ein kleiner Rest menschlicher Wärme verblieben.

„Dann tu es für mich!“, erwiderte ich abschließend. Es klang ein wenig herzlos kalt.

Er wartete auf ein Geständnis, dass ich ihn ebenfalls liebte, allerdings vermochte ich ihn nicht zu belügen. Dazu war er mir zu wertvoll.

„Ich versuche es!“, versprach er abermals und verabschiedete sich leicht enttäuscht. Er merkte, dass er bei diesem Rendezvous nicht mehr einheimsen würde, wollte sich nicht lächerlich machen und hoffte auf die Zukunft. Zum Abschied berührten seine Lippen galant meine Hand. 

Ohne mich ein weiteres Mal anzusehen, trat er hinaus und schloss die Tür. Er konnte meinen halbnackten Anblick und die Glut seiner Gefühle nicht ertragen.

Blutnächte

Rund zwei Stunden vergingen, in denen mich widersprüchliche Gedanken und Gefühle peinigten. Um mich von den Grübeleien abzulenken, kletterte ich aus dem Hotelfenster, dann über die Feuerleiter auf den Hinterhof und begab mich auf einen nächtlichen Streifzug. Nach diesem Beinahe-Akt loderte die Blutlust stark in mir. Ein passender boshafter Ersatz musste her. 

Im Laufe der letzten Wochen hatte ich so etwas wie eine Jagdstrategie entwickelt. Bei Spaziergängen tagsüber merkte ich mir bestimmte Personen, deren besondere Duftnoten meine Nase gewittert hatte. Untrüglich verrieten mir die Gerüche, wer boshaftes Blut in sich trug und somit den Tod verdiente. Alle, die durch mich starben, hatten selbst gemordet und waren schuldig. Ich zog ausschließlich jene zur Rechenschaft, denen Blut an den Händen klebte. Das hatte ich mir bei meiner Vampirwerdung geschworen. Der Bürgerkrieg produzierte reichlich geeignete Opfer. Dadurch ging mir die Nahrung nicht aus.

Nachts besuchte ich dann die ausgekundschafteten Häuser und stillte meinen Hunger. Sobald die Sperrstunde anbrach, waren die Ausgespähten ja an ihrem Aufenthaltsort gefesselt. Natürlich musste ich trotzdem sehr vorsichtig sein. Inzwischen wusste ich aber genau, wo und wann patrouilliert wurde und Dank Tarpen verfügte ich über Papiere, die mir den Ausgang sogar während der Sperrzeiten erlaubten. Ich war nach diesen eine Angehörige der tschechischen Legion. In den Truppenbüchern führte man mich offiziell als Dolmetscherin. So konnte ich mich nahezu gefahrlos bewegen. Zudem kannten mich die meisten tschechischen Offiziere persönlich.

Ein kleiner Zug Soldaten marschierte im Gleichschritt vorbei, ohne mich zu entdecken.

Meine sensible Nase analysierte die Luft und lenkte mich geradewegs zu meinem Ziel. Ein paar Schneeflocken fielen auf meinen Pelzmantel. Die ledernen Stiefel knirschten bei jedem Schritt durch die frische Pracht.

Aus der Ferne beobachtete ich mein ausgewähltes Opfer.

Die Tür des gesuchten Hauses öffnete sich und ein Mädchen, in eine Filzjoppe gehüllt, trat mit aufgelöster Haarmähne heraus. Ihre nackten Beine steckten in Strohschuhen. Sie roch nach frischem Geschlechtsverkehr.

Aus dem Inneren rief ihr ein Bursche hinterher: „Beeil dich, ich habe noch nicht genug!“

Die Kleine lachte schmutzig. Obwohl sie auf den ersten Blick unschuldig wirkte, konnte meine Nase nicht trügen. Sie war eine Mörderin. Wen hatte sie in ihren jungen Jahren auf dem Gewissen?

Ich schlich zu ihr.

„Mach dich davon!“, fuhr sie mich an. „Siehst du nicht, was ich gerade mache?“ Zwischen ihren nackten Füßen strömte Urin auf den jungfräulich weißen Schnee herab und färbte ihn gelb.

„Warum hast du getötet?“, fragte ich sie. Eine winzige Nische meines Hirns zweifelte noch immer an dem Ergebnis der Nase. Die junge Schönheit war keine zwanzig Jahre alt.

Verblüfft schaute sie mich an. Ihre kornblumenblauen Augen bildeten einen mysteriösen Kontrast zu ihrem strohblonden Haar. Hier in Sibirien war diese Kombination eine Seltenheit. Schade, dass in ihrem Herzen so viel Böses lag.

„Woher weißt du das? Nur Grischa und ich wissen doch davon.“

„Das beantwortet nicht meine Frage“, zischte ich bedrohlich. Entsetzen und Verblüffung stand nun in ihren Augen.

„Was hätten wir tun sollen? Es sind Kriegszeiten, unsere Babys hätten keine Chance gehabt.“

Jetzt wusste ich es. Sie hatte ihre eigenen Kinder ermordet. Gab es ein größeres Verbrechen als den Mord am eigenen Nachwuchs? Ich hasste diese Art von Frauen, die sich über ihre eigenen Kinder stellten und ihnen den Tod verordneten. Kinder passten nie. Man musste sich eben aufopfern. Der Bauch gehörte nicht einer Frau, sondern ihrem Baby.

„Nicht immerzu rummachen!“, zischte ich zynisch als Antwort und schnappte sie mir. Durch die Überraschung war sie eine leichte Beute. Aus Mitleid beendete ich ihr Leben schnell und trank mich satt.

„Wo bleibst du denn?“, hörte ich ihren Freund oder Mann ungeduldig aus der schäbigen Wohnung schreien.

„Ich komme schon!“, rief ich.

Da ihm die Stimme fremd erschien, sah er zur Tür hinaus. Verblüfft blickte er auf meinen blutigen Mund. 

„Wer bist du?“

„Ist das wichtig?“

„Deine Lippen! Sie sind …“ 

Ich wischte mir den Herzsaft mit dem Ärmel ab. „Besser so?“, fragte ich mit großen unschuldigen Augen.

Er nickte verstört und glupschte ungläubig.

„Grischa, erkennst du mich nicht?“, foppte ich ihn. Es war eine Narretei ganz nach meinem Vampirgeschmack.

„Woher kennst du diesen Namen?“ Er machte ein erstauntes Gesicht. Bartstoppeln ließen es männlich erscheinen.

Ich lachte schelmisch. 

„Von deinen Ungeborenen, ihr habt doch eure Babys ermordet?“ Mein Gesicht wirkte unschuldig, als wären wir Vertraute.

Der Mann wirkte noch schockierter. Ehe er etwas erwidern konnte, stieß mein Messer tief in seinen Bauch und drückte ihn gleichzeitig in die Wohnung zurück. Ich verschloss die Tür hinter uns.

„Das wird jetzt sehr intim“, erklärte ich flüsternd. „Keiner soll uns bei dem Tête-à-tête belauschen.“

„Ich bin nicht Grischa!“, stöhnte er, um sein Leben zu retten. Sein irrer Blick war auf mich gerichtet. Hatte ich wirklich den Falschen erwischt? Das war dumm.

Der naive Kerl leistete keinerlei Gegenwehr und hoffte auf mein Einlenken. Ich zog das Messer heraus, um ihm Gelegenheit zu geben, etwas zu sich zu kommen. Vielleicht erzählte er mir, wo sich der echte Grischa aufhielt. Ich hatte keinerlei Furch und fühlte mich stark und überlegen.

Leise stöhnend versuchte der Verletzte in die Tiefe der Wohnung zu fliehen, mit einer Hand verdeckte er seine blutende Bauchwunde.

Aus einem Zimmer kam ein weiterer kräftiger Bursche. Das war wohl der sagenhafte Grischa. Der Geruch in der Hütte verriet mir, dass alle es zu dritt miteinander getrieben hatten. Das Spiel gewann an Fahrt. Grischa realisierte nicht, dass sein Bettkumpan schwer verletzt war und ums Überlegen rang. 

Er lachte sogar. „Wunderbar! Was für ein hübsches Ding hast du da für mich mitgebracht?“

„Oh, ein Kavalier!“, spottete ich zurück. „Wollen wir es gleich miteinander treiben?“

„Was ist mit ihm?“, fragte der Mistkerl, der seinen stöhnenden Freund nun doch eines neugierigen Blickes würdigte. Dieser kniete auf dem Boden und hielt seine Wunde mit den Händen.

Ich ging an dem Verletzten vorbei.

„Beachte ihn nicht. Der ist total besoffen und will nur kotzen!“ Genüsslich trat ich über dessen Rücken, sodass der Verletzte stöhnend auf den Boden gedrückt wurde, und schlenderte zu meinem neuen Liebsten weiter.

Der stark Angetrunkene fand das witzig und griff mir in russischer Manier sofort frech unter den Rock, direkt zwischen die Beine.

„Wow!“, stöhnte ich. „Da haben wir aber einen erfahrenen Burschen!“

Ich gab dem unseligen Begehren aus einer verrückten Laune heraus nach und beschloss, das Geschehen bis auf die Spitze zu treiben. 

Ohne den im Flur Stöhnenden zu beachten, trieben wir es wie Tiere in der Brunst. Mit den Händen stützte ich mich an die Wand und ging leicht in die Knie. „Was für ein schmutziges Mädchen!“, jauchzte er. Ihn interessierte nicht, wer und wie alt ich war.

„Was für ein widerlicher Kerl!“, gab ich das verdorbene Kompliment zurück. Ich hörte Laute im Flur. Sein Gefährte wollte sich wohl davonstehlen?

Ich drückte sein Becken mit den Händen zurück.

„Warte hier, ich komme gleich wieder!“

„Was soll das?“, beschwerte er sich. Er konnte die baldige Erfüllung seiner Lust nicht mehr erwarten.

„Hab ein bisschen Geduld, Liebster! Bleib hier und verlass den Raum nicht!“ Ich beschwichtigte ihn mit einem Kuss.

Er knurrte ungehalten und spuckte einen grünen Fladen auf den Boden.

Sein Kumpan lag zuckend auf dem Boden und hauchte sein Leben aus.

„Was war da los?“, fragte mein widerlicher Liebhaber, der brav gewartet hatte.

„Dein Freund ist sauer, er gönnt dir keinen Spaß!“, flunkerte ich und stellte mich erneut willig an die Wand und hob das Kleid hoch. Ich betrachte ihn voll kranker Lust dabei und sah in Gedanken schon sein Ende. Was hatte der Krieg aus mir gemacht?

„Na endlich!“, bellte er. Während er zufrieden die Augen verdrehte  stieß ich mit Tarpens Dolch zu. Das war sein letztes Vergnügen in dieser Welt.

„Du hast jetzt deine Ruhe“, verabschiedete ich mich.

Die Rache muss warten

Da Tarpen von Radewitz seine Pflichten als Stabsoffizier nicht vernachlässigen konnte, verbrachte ich viel Zeit allein. Das galt ebenso für die Nächte. Manchmal sah ich ihn mehrere Tage nicht. Mit jeder einsamen Stunde spürte ich stärker, dass ich ihn vermisste. Er begann mir etwas zu bedeuten.

Am nächsten Tag wartete ich besonders sehnsüchtig auf die Rückkehr meines Beschützers. Würde er mir die Genehmigung fürs das Gefängnis verschaffen? In Gedanken plante ich die heiß ersehnte Rache in verschiedensten Variationen. Leider tauchte der Vielbeschäftigte nicht auf. Der Dienst hielt ihn zu lange fern. Das Warten machte mich rasend. Aus Wut tötete ich in der nächsten Nacht zwei Männer und trank erneut viel böses Blut. Das besänftigte mein Gemüt, doch die Sorge blieb.

Wie lange musste ich mich noch gedulden? Einen weiteren Tag später, am frühen Vormittag, betrat der heiß Ersehnte endlich mein Zimmer. 

Seine Augen wirkten matt und aus den Mundwinkeln sprach die Erschöpfung. Trotzdem sah ich ihn hoffnungsvoll an.

„Wo bist du so lange gewesen?“

Seine Augen blickten beschämt. 

„Beim Verhör von Medwedew. Ich musste dabei als Untervernehmer zugegen sein.“

„Was hat er gesagt?“

„Ziemlich viel. Stabskapitän Belozerkowski ist für seine Brutalität bekannt.“

„Hat der Kerl wenigstens seine Untaten gestanden?“

Tarpen von Radewitz lachte pikiert auf. 

„Bei dem Verhör hätte jeder alles gestanden. Belozerkowski hat ihm gleich zu Anfang mehrere Zähne herausgeschlagen.“

„Er hat es verdient!“, stieß ich energisch hervor. Allerdings hätte ich die Folter gerne selbst geleitet. In mir loderte grenzenloser Hass.

„Ich habe eine Kopie des Protokolls dabei. Medwedew hat es selbst unterschrieben.“ Mein Liebster zog ein Blatt Papier aus seiner Kalbsleder-Offizierstasche hervor.

„Ich weiß aber nicht, ob es die Wahrheit ist oder nur das Ergebnis von Belozerkowskis Schlägen.“ 

Er sah das Schreiben eine Weile an, ehe er es mir reichte. Scheinbar wog er ab, ob ich es lesen durfte.

Mit zitternden Händen nahm ich das Protokoll und las:

Der Zar, die Zarin, die vier Töchter des Zaren, der Arzt, der Koch und der Diener kamen aus ihren Zimmern. Der Zar trug den Zarewitsch in seinen Armen. Der Herrscher und der Thronerbe trugen Militärhemden und Fellmützen. Die Zarin und ihre Töchter trugen Kleider, aber keine Mäntel. Der Herrscher ging mit dem Thronfolger voraus. In meiner Gegenwart gab es keine Tränen, keinen Seufzer und keine Fragen. [...] Sie wurden in das Eckzimmer neben der verschlossenen Vorratskammer geführt. Jurowskij befahl Stühle zu bringen. Die Kaiserin setzte sich vor die Wand, in der die Fenster waren – näher zur rückwärtigen Säule des Bogens. Hinter ihr standen drei ihrer Töchter, der Kaiser befand sich in der Mitte, neben dem Thronerben, und hinter ihm stand Dr. Botkin. Das Dienstmädchen [...] stand links [...]. Neben ihr stand eine der Töchter. Das Hausmädchen hielt ein Kissen im Arm. Die Töchter des Zaren hatten kleine Kissen mitgebracht, eines davon legten sie auf den Sitz des Stuhles für den Thronfolger, das andere auf den Stuhl ihrer Mutter. Gleichzeitig betraten elf Männer den Raum [...].  Als er wieder ins Haus ging, waren zwei bis drei Minuten vergangen. Als er in das Zimmer ging, sah er alle Mitglieder der Zarenfamilie mit zahlreich Wunden am Körper auf dem Bodern liegen. Blut strömte über den Boden. Der Zarewitsch war noch am Leben- und stöhnte. Jurowskij ging zu ihm hinüber und schoss aus kürzester Entfernung zwei- bis dreimal auf ihn. Der Zarewitsch wurde still. Bei diesem Anblick wurde mir speiübel. Die Leichen wurden nach draußen zu den Lastwagen auf Bahren getragen, die aus einem Hemd bestanden, das über zwei Stangen [...] gespannt war. Die Leichen wurden in eine Grube gelegt, [...] und mit Schwefelsäure überschüttet um sie unkenntlich zu machen. 

Das Geständnis des Kerls entsprach vollkommen der Wahrheit. Mein Herz bebte und blutete, bei dem, was ich las. Tränen rannen mir das Gesicht herunter. Alle Abläufe standen mir natürlich detailliert vor Augen. Selbst meine Furcht durchlebte ich erneut. Tarpen wirkte von dem Anblick, den ich ihm bot, erschüttert. Mein Freund wusste nicht, wie er antworten sollte. 

„Ist schon gut, Olga“, versuchte er mich hilflos zu trösten. „Dieser Schuft ist ja in Haft.“

Ich warf mich weinend in seine Arme. Unbeschreiblich schmerzhafte menschliche Gefühle überwältigten mich. Für einen Moment war ich wieder das kleine Mädchen, die Tochter des Zaren, das eine Erwachsene spielen musste. Ich fühlte mich als unschuldiges Opfer. Schluchzer entrangen sich meinem Mund und schüttelten den Körper. 

Mein Beschützer strich mir liebevoll übers Haar. „Olga“, flüsterte er. „Geliebte Olga, warum nimmt dich das so mit? Was hat man dir bloß angetan?“

Ich schüttelte den Kopf. Darüber konnte ich nicht reden.

Warm rannen die Tränen aus meinen Augen. Die grantige Kruste um meinen Menschlichkeit hatte einen starken Riss bekommen und ließ diese unschuldigen Gefühle hervorquellen. Das Leid drohte mich zu ersticken. Ich rang um Atem und keuchte nach Luft. Mit großer Anstrengung regulierte ich diese Emotionen herunter. Das Menschliche erstarb und die Bestie in mir lebte wieder auf. Nur so konnte ich Rache üben und schuldige Leben ohne hinderliches Gewissen nehmen. Ich wollte Medwedew und seine Gefährten töten! Alles, was er mir angetan hatte, sollte er doppelt so qualvoll durchleiden! Zwischen Täter und Opfer gibt es keinen wesentlichen Unterschied. Recht ist bloß ein Begriff, den Menschen geschaffen haben, ein Wort, eine Illusion. Ist Rache nicht ebenfalls eine Form von Recht? Zurück blieb einzig der Wunsch nach dieser.

„Hast du mir die Besuchserlaubnis verschafft?“, stieß ich wie gewandelt kaltherzig hervor. 

Zum Glück konnte Tarpen mein boshaftes Gesicht und die Veränderung darin nicht sehen. Sie hätte ihn vielleicht erschreckt.

„Nein, das ging einfach nicht. Unser General hat jeden Besuch bei dem Inhaftierten verboten.“

„Wieso?“, knurrte ich zornvoll. Nur mit Mühe widerstand ich dem Drang, diesem Versager an die Gurgel zu greifen.

„Medwedews Leben ist von internationaler Bedeutung“, rechtfertigte sich mein Gegenüber. „Er ist der entscheidende Zeuge für den Zarenmord. Viele haben ein großes Interesse daran, sein Leben zu rauben. Deswegen wird er sogar beschützt. Nur so können wir doch den Roten die Untat juristisch beweisen.“

Ich rastete innerlich aus, zwang mich aber zur Beherrschung. Was für eine Ironie! Die Tschechen beschützten das Leben der Furie, die meine Familie getötet hatte.

„Mach noch einen Versuch!“, fauchte ich ihn an.

„Nein, das bringt nichts.“

„Dann wirst du mich niemals bekommen!“ , zischte ich mit zynischer Kälte in sein Ohr. „Meine Schatztruhe bleibt dir auf ewig versperrt!“

„Damit kann ich leben. Ich liebe dich auch so.“ Er gab sich als Ehrenmann.

Meine Wut flammte lodernd empor, doch ebenso schnell sank sie wieder ab. In mir kämpfte die boshafte Bestie mit dem kuscheligen Kätzchen, der Hass mit Zuneigung. Warum musste dieser Schwächling mir zugleich so wunderbar sowie widersprüchlich erscheinen? Er hatte doch versagt. Seine Worte waren voller Würde und Stärke. Mit einer Hand wollte ich ihn ermorden und seinen Ungehorsam mit Blut bestrafen! Ich brauchte keinen nutzlosen Helfer! Aber meine andere Hand wollte ihm liebevoll das Haar streicheln. Und meine Lippen die seinen sogar küssen.

„Geh!“, stieß ich innerlich zerrissen hervor und wandte mich ab, um ihn vor der wilden Kreatur in mir zu schützen. Diese gewann in mir die Oberhand, das Kätzchen wurde zerfetzt. 

Verstört tappte mein nutzloser Held davon. Was war mit mir los? Ich durfte keine romantischen Gefühle zulassen. Das behinderte meine Pläne.

In den folgenden Tagen lauschte ich den Nachrichten. Es machten viele Gerüchte zum Mord an meiner Familie die Runde. Mit der weiteren Aufklärung der Ereignisse hatte man inzwischen den gewissenhaften Kasaner Staatsanwalt Sokolow beauftragt. Er löste die militärischen Ermittler ab. Ob das gut oder schlecht für meine Vergeltungspläne war, konnte ich nicht abschätzen. Ich argwöhnte aber, dass diese neuerliche Wendung lästige Begleiterscheinungen haben würde.

Jedenfalls hatte die Mutter des Zaren, meine Oma, die weißgardistische Regierung und den Staatsanwalt um eine genaue Fallanalyse gebeten. Sie hatte der Verwaltung mitgeteilt, dass sie für jegliche Unkosten der Untersuchung persönlich aufkommen würde. Noch immer hoffte sie, ihren Sohn und uns lebendig wiederzusehen. Zurzeit lebte sie auf der sicheren Krim, außerhalb des Einflusses der Roten, die auch ihr nach dem Leben trachteten und das gesamte Geschlecht der Romanows auslöschen wollten.

Einige Tage später spazierten Tarpen und ich einen Feldweg am Rand der Stadt entlang. Der Schnee reichte sehr hoch, unsere Stiefel versanken bis zum Schaftende darin. Ein Stück des Weges waren wir geritten, jetzt wanderten wir zu Fuß weiter. Der Atem der Pferde dampfte. Die Tiere scheuten noch immer etwas vor mir. Nach wie vor hoffte ich auf eine Ausnahmeerlaubnis für den Gefängnisbesuch.

„Hat Medwedew noch etwas verraten?“, erkundigte ich mich. Der Oberst schaute zurück, um sicher zu sein, dass uns niemand hörte. 

Die zwei Attachés standen bei den Pferden und rauchten. Sie genossen die Pause vom Dienst.

„Wenn du mich fragst, verspottet er uns“, antwortete mein Gefährte nach einer Weile. „Man kann ihm nicht glauben.“

Der Schnee knirschte unter unseren Schritten, doch die Sonne schien. Es war ein schöner Wintertag. Nicht einmal Schüsse hörte man. Das schuf die Illusion von Frieden.

„Wieso?“, fragte ich nach. „Weshalb traut ihr ihm nicht?“

„Weil sich der Kerl ohne Grund gestellt hat. Er hat uns eine abenteuerliche Geschichte aufgetischt.“ Tarpen schüttelte den Kopf, um zu verdeutlichen, wie ihn das erstaunte.

Ein toter Vogel lag mit offenem Schnabel am Wegesrand. Er war erfroren und erinnerte an die Endlichkeit des Lebens.

„Welche?“, bohrte ich nach und hakte mich bei ihm vertraut ein.

Tarpen lachte auf. „Dieser Wicht foppt uns. Angeblich ist er vor der lebendigen Zarentochter Olga geflohen, die ihn auf offener Straße angegriffen hat. Er hat sich ergeben, damit diese ihn nicht umbringt. Aber sage mir, welcher Soldat hat Angst vor einem Mädchen? Stellt man sich deswegen seinen Feinden, wo einen der sichere Tod erwartet?“

Mit seinem Fuß warf mein Begleiter etwas Schnee über das verendete Tier. Er glaubte wohl, dass es die bezaubernde Landschaft verschandelte. Dann griff seine Hand nach der meinen. Ich ließ es zu. Die warmen, vergossenen Tränen für meine Familie hatten gezeigt, dass noch Menschlichkeit in mir lag. Und die Augenblicke, die ich schluchzend in seinen Armen verbracht hatte, waren Ausdruck dafür gewesen, wie innig ich für ihn empfand. Er bedeutete mir mehr als andere Menschen. Diese Gefühle hatten nichts mit Liebe zu tun, aber sie stellten eine Form von Zuneigung dar.

„Das klingt verrückt“, stimmte ich leise zu. Wie wunderbar war es in seiner Nähe. Ich fühlte mich geschützt und ein wenig wie zu Hause. Das war einfach nur seltsam. 

„Für seine Lügen hat der Chefvernehmer Belozerkowski ihn Dutzende Male geschlagen“, fuhr Tarpen fort. „Er wollte ihn von diesem Schwindel abbringen und erfahren, warum er sich wirklich gestellt hat.“

„Und?“, fragte ich scheinbar interessiert, denn die Wahrheit war längst auf dem Tisch. 

„Trotz grausamster Folter erzählt er ständig das Gleiche. Mit Marter können wir ihm nicht beikommen. Der Kerl führt uns an der Nase herum, wo jeder andere längst alles gestanden hätte. Nur wenige Menschen sind so stark.“

„Also wendet man jetzt noch härtere Methoden an?“, mutmaßte ich hoffnungsvoll. Solange ich nicht mitmachen konnte, sollte der Kerl wenigstens durch die Hände anderer leiden. Die Wahrheit wurde Medwedew zum Verhängnis. Je mehr er sie erzählte, um so weniger glaubte man ihm. Das war schon irgendwie komisch und eine besondere Rache.

Mein Informant schüttelte den Kopf. „Staatsanwalt Sokolow meint, dass solche Quälereien nichts bringen. Deshalb hat er jede weitere Folter verboten.“

Ich kochte innerlich. Nun bekam der Kerl im Knast auch noch eine Luxusbehandlung!

„Sokolow ist ein aufrichtiger Mann und treuer Monarchist“, schloss Tarpen das Thema ab. „Er gibt sich alle Mühe, den Fall aufzuklären. Dazu will er international verwertbare Beweise sichern, doch Geständnisse unter Folter haben nur eine bedingte Aussagekraft.“

„Dann soll er mal mit seinen Kuschelmethoden weitermachen“, gab ich mürrisch zurück.

Eine Zeit lang schwiegen wir, dann sagte mein Begleiter plötzlich: „Möchtest du heute mitkommen?“

„Wohin?“, fragte ich mit neuer Hoffnung. Konnte ich doch ins Gefängnis und dem Mörder nahekommen?

„Der Staatsanwalt hat mich zum Abendessen eingeladen. Ich habe darum gebeten, jemanden mitbringen zu dürfen.“ 

Er sah mich liebevoll an.

„Mir geht es nicht gut“, wich ich dem unausgesprochenen Wunsch aus. „Das Sonnenlicht schmerzt mich heute besonders stark.“

Da Sokolow nun der Aufklärer war, wollte ich jeden direkten Kontakt mit ihm vermeiden. Durch seinen Auftrag kannte er sicher viele Bilder von meiner Familie. Wenn er meine Ähnlichkeit mit Olga entdeckte, würde ihn das misstrauisch machen. Niemand sollte Verdacht schöpfen und mich mit der Zarenfamilie in Verbindung bringen. Das war mein Geheimnis, welches mir gleichzeitig als Schutzmantel diente. Sonst würde man mich erneut verfolgen, nach meinem Leben trachten.

„Warum willst du nicht doch mitkommen? Ruh dich einfach noch ein wenig aus!“, hakte mein Begleiter enttäuscht nach. 

„Du hast doch immer so großes Interesse an dem Zarenmord. Es gibt keine bessere Quelle als Sokolow persönlich. Bei ihm laufen alle Informationen zusammen.“

„Mein Interesse gilt mehr den Mördern“, parierte ich und nahm mir vor, noch vorsichtiger zu sein. 

„Was ist dein Geheimnis? Ich würde es sehr gerne erfahren.“ Mein tschechischer Freund musterte mein Gesicht in allen Facetten.

„Dann wäre es kein Geheimnis mehr“, gab ich seiner Frage eine scherzhafte Wendung, so bitter diese in meinen Ohren auch klang. Ich zog meinen Arm aus dem seinen.

Wir gingen zu den Pferden zurück. Als sie mich rochen, machten sie furchtsame Augen. Tarpen hatte mir eines der Tiere geschenkt, da es für den Dienst zu schwach war und vermutlich eine unerkannte Krankheit in sich trug. Für eine Frau ohne Gepäck war es allerdings stark genug. Ich hatte das Tier spöttisch Karuschka getauft. So hieß einst das sprechende Pferd von Ilja Muromez, meinem früheren Lieblingshelden.

„Warum haben die Tiere Angst vor dir?“, staunte Tarpen. „Du bist eine gute Reiterin und sie kennen dich inzwischen.“

Ich zuckte mit den Schultern und schwang mich in Karuschkas Sattel. Einer der Gefreiten hielt das Tier zur Sicherheit an den Zügeln fest. 

„Wahrscheinlich haftet an meiner Haut der Geruch von Blut. Vor einigen Zeit starb unter mir ein Pferd im Kugelhagel der Roten.“

„Ja, das könnte eine Erklärung sein. Diese Tiere sind sehr sensibel“, stimmte er zu.

Medwedews Tod

Da mein Freund es nicht vermocht hatte, mir einen Weg zum verhassten Medwedew zu bahnen, tüftelte ich an einem neuen Plan. Allerdings war mein Todeskandidat für die Weißgardisten und Tschechen zu einem wertvollen Pfand geworden, sodass man ihn inzwischen besser beschützte als damals die Leibgarde meine Familie.

Unterdessen verbreiteten die barbarischen Bolschewiken sich widersprechende Lügen, dass der Zar noch lebte oder zwar hingerichtet worden sei, aber man die Kinder verschont hatte und, und , und …

Ich hasste ihren Anführer Lenin. Für mich war er ein selbstherrlicher Schlächter, der um der eigenen Macht willen täglich immer längere Exekutionslisten unterschrieb. Er wollte all seine Gegner töten und schreckte dabei nicht einmal vor alten Kampfgefährten der eigenen Seite zurück. Bis vor wenigen Monaten hatten die Bolschewiken noch die Unfreiheit im Zarenreich kritisiert. Doch jetzt errichteten sie eine Diktatur, die ausschließlich ihre Meinung zuließ. Sie nannte sie höhnisch sogar selbst die Diktatur des Proletariats. Waren Attentäter und Terroristen im Zarenreich meist nur verbannt worden, ermordeten die Bolschewiken ihre Gegner gnadenlos und ohne Gerichtsverfahren. Von allen Monstern war Lenin also das Größte. Das linke Gedankengut war gefährlicher als jeder Religionsfanatismus. Im Vergleich zu ihm stand ich in dieser Rangordnung ziemlich weit unten. Was wogen schon einige Dutzend Tote gegen Hunderttausende? Auch unter der Haut seiner Gefolgsleute verbargen sich letztlich nur weitere Bestien. Sie waren die Wölfe im Schafspelz und zu jeder Untat bereit.

Dennoch gab es einen Lichtblick.