Zeit zum Leben: Auf nach Schweden - Andrea Höhse - E-Book

Zeit zum Leben: Auf nach Schweden E-Book

Andrea Höhse

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Beschreibung

Durch ein Burnout aus dem gewohnten Leben herausgerissen, begibt sich die Autorin auf eine emotional bewegende und abenteuerliche Reise, hinein in ein glückliches, selbstbestimmtes und freies Leben. Mit der Entscheidung nach Schweden auszuwandern, folgt sie dem Ruf ihres Herzens in ein Land, dessen Natur geprägt ist von atemberaubender Schönheit und wilder Ursprünglichkeit. Bevor sie allerdings ihr Traumleben in einem Tiny House auf dem Hof bei ihren Freunden genießen kann, muss sie sich zuerst mit tiefsitzenden Ängsten auseinandersetzen und sich von den Fesseln ihrer Vergangenheit befreien. Dabei offenbart sich ihr nach und nach das Geheimnis des Lebens und sie beginnt zu verstehen, wer sie wirklich ist und wie sie die sorglose Gelassenheit und den tiefen inneren Frieden finden kann, nach denen sie sich schon so lange sehnt.

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Seitenzahl: 247

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In Liebe und Dankbarkeit für meine Eltern

Andrea Höhse

Zeit zum Leben: Auf nach Schweden

Vom Burnout in die Freiheit

© 2022 Andrea Höhse

Umschlag, Illustration: Andrea Höhse

Druck und Distribution im Auftrag der Autorin:

tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Germany

ISBN

Paperback

978-3-347-72219-4

E-Book

978-3-347-72228-6

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter:

tredition GmbH, Abteilung „Impressumservice“, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Deutschland

Inhalt

Cover

Widmung

Titelblatt

Urheberrechte

Teil I: Zeit zum Leben

Der unbekannte Weg

Burnout: Wie geht’s weiter?

Magisches Schweden

Über die Angst und das Loslassen

Weisheit des Todes

Von Liebe und Selbstliebe

Der Weg zum wahren Selbst

Gegenwärtigkeit im Jetzt

Teil II: Auf nach Schweden

Goodbye Deutschland

Leben im Tiny House

Eins sein mit der Natur

Das Urvertrauen

Das Feuer der Leidenschaft wieder spüren

Ankommen und frei sein

Zeit zum Leben: Auf nach Schweden

Cover

Widmung

Titelblatt

Urheberrechte

Der unbekannte Weg

Ankommen und frei sein

Zeit zum Leben: Auf nach Schweden

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Teil I: Zeit zum Leben

Der unbekannte Weg

„Der Weg ist das Ziel.“ (Konfuzius, 551 – 479 v. Chr., chinesischer Philosoph)

Wieviel Zeit haben wir zum Leben und wieviel davon nutzen wir, um dieses Leben wirklich und wahrhaftig auszukosten? Die Ereignisse, mit denen ich mich in den letzten Jahren auseinandersetzen musste, haben mich dazu gebracht mir Gedanken über das Thema „Zeit zum Leben“ zu machen. Wir Menschen wissen alle nicht, wieviel Zeit uns auf dieser Erde geschenkt wird und unsere Lebenszeit kann schneller abgelaufen sein, als wir denken. Umso wichtiger ist es, zu erkennen, wie unglaublich kostbar diese Zeit ist und anzufangen, diese Zeit mit wirklichem Leben zu füllen.

Doch wie sieht wirkliches Leben eigentlich aus? Wir alle jagen dem Glück hinterher auf der Suche nach einem erfüllten Leben und doch gelingt es den wenigsten auch nur eine Ahnung davon zu bekommen, was das Leben für uns alle sein könnte. Ich glaube, das liegt auch daran, dass wir in der Regel schon von Anfang an die falschen Fragen stellen. Wir fragen uns, wie wir das bekommen können, was uns zu unserem Glück fehlt und was wir tun können, um es zu erhalten. Wir mühen uns dabei ab in unseren, von den gesellschaftlichen Normen errichteten Hamsterrädern, die uns vorzugeben scheinen, wie ein Leben zu sein hat. Wir schuften und kämpfen uns ab für Dinge, die wir glauben zu brauchen, weil es uns so beigebracht worden ist. Anstatt zu hinterfragen, folgen wir blind unserem vorgefertigten Bild über die Welt, das unser ganzes Leben über in uns konditioniert wurde. Aber wer sagt, dass dieses Bild auch tatsächlich der Wirklichkeit entspricht? Könnte es nicht hinter all den festen Normen, Gesetzen und Regeln unserer Gesellschaft eine alternative Wahrheit geben? Vielleicht können wir unser Leben auch gänzlich anders leben: freier, selbstbestimmter, unabhängiger. Existiert abseits von unserem gewohnten Denken jene Wahrheit, die uns tatsächlich die absolute Erfüllung dessen ermöglicht, was wir uns für ein glückliches Leben erhoffen? Um mir genau diese Frage irgendwann beantworten zu können, habe ich mich auf die Suche begeben. Auf die Suche nach Antworten, aber vor allem auch auf die Suche nach mir selbst und bin dazu einem neuen, einem völlig unbekannten Weg gefolgt.

Ich hatte in meinem Leben bisher immer versucht, mein Bestes zu geben, hatte hart für das Erreichen meiner Ziele und Träume gearbeitet, hatte viel kämpfen müssen und trotzdem versucht, das Positive in allem zu erkennen, was mir widerfahren ist. Ich war immer stark und bin meinen Weg zielstrebig in eine festgelegte Richtung gegangen. Dabei bin ich immer der sicheren und gut befestigten Straße des Lebens gefolgt. Eine mir sehr vertraute, gut ausgebaute Straße, auf der auch die meisten andere Menschen unterwegs sind. Wenn man aber mal genau hinsieht und nicht nur stur geradeaus schaut, dann tauchen hin und wieder, recht unscheinbar, links oder rechts vom

eigentlichen Weg kleine, versteckte Trampelpfade auf, von denen man nicht genau weiß, wo sie hinführen. Die meisten Menschen übersehen sie oder achten einfach nicht auf sie und verpassen so die vielen Möglichkeiten, die diese Pfade ihnen bieten können. So bleibt ihr nicht genutztes Potenzial, das in allen Menschen schlummert, weiterhin verborgen.

Früher wäre ich mit Sicherheit auch einfach weitergegangen, aber ich habe irgendwann angefangen, mich mit persönlicher Weiterentwicklung zu beschäftigen und mich auf die Reise zu mir selbst zu begeben. Ich habe angefangen, mir wichtige Fragen über mein Leben zu stellen, habe Bücher gelesen, um mich von anderen Menschen inspirieren und leiten zu lassen und so mit der Zeit gelernt, wieder auf mein Herz und auf meine innere Stimme zu hören. Ich glaube, nur deshalb konnte einer dieser Pfade meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Ich hielt mitten auf der Straße an und blickte auf diese Chance, die sich mir dort bot, während die anderen Menschen hastig und scheinbar unbewusst weiter an mir vorbeieilten. Dieser verwunschene Pfad, kaum sichtbar und stark überwuchert von der natürlichen Vegetation schien mich mit leiser, flüsternder Stimme zu rufen, weckte in mir eine aufkommende Neugierde und auch eine leise Hoffnung auf eine wichtige Veränderung in meinem Leben. Dieser unbekannte Weg könnte mich natürlich auch tief ins felsige Gebirge oder in eine sandige, trockene Wüste führen und könnte sehr anstrengend und unbequem werden. Es bedurfte also einer Menge Mut, die gewohnte, sichere Straße wirklich zu verlassen und sich von diesem Leben, wie es die Masse der Menschheit lebt, abzuwenden. Ich hatte tatsächlich große Angst davor, diesen Schritt wirklich zu gehen, bis ich nach einer Weile verstanden habe, wie viel Neues und Wunderschönes mir auf diesem Pfad begegnen könnte und was ich alles verpassen würde, wenn ich es nicht endlich mal probieren würde, mich abseits des Gewohnten zu bewegen. Also bog ich schlussendlich von der Straße ab und marschierte los, hinein ins Unbekannte und in eine Welt abseits des Mainstreams. Ich folgte meinem Herzen und machte mich auf in das bisher größte Abenteuer meines Lebens. Bis sich mir die wahre Schönheit dieses Weges schlussendlich offenbarte, führte er mich aber zunächst durch einige dunkle Täler und tiefe, gefährliche Schluchten. Ich hätte mich dabei fast in der Wildnis verirrt, aber all das gehört zum Leben und zu einem neuen Weg dazu.

Für jeden kommt irgendwann die Zeit, sich den eigenen Schatten zu stellen, aber die wenigsten haben den Mut, das auch wirklich zu tun. Hinter unseren Schatten erwartet uns jedoch ein helles Licht aus Liebe, Freude und Leichtigkeit für unser weiteres Leben. Wenn wir es wagen, uns mit unseren dunklen Anteilen zu befassen, werden wir dafür belohnt. Wo kein Schatten ist, da kann auch kein Licht sein. Zu allen Dingen gibt es einen Gegenpol, und wir können das eine nicht ohne das Andere erkennen. Ohne zu wissen, was Dunkelheit ist, hätten wir keine Vorstellung vom Licht, ohne Leid gespürt zu haben, wüssten wir nicht, was Freude ist. Mal geht es im Leben hoch und mal runter, mal ist man stark und mal schwach, an manchen Tagen scheint die Sonne, die uns wärmt, und an anderen Tagen kommt der Regen, der die Erde befeuchtet und alles wachsen lässt.

„Denn Sein und Nichtsein erzeugen einander. Schwer und leicht vollenden einander. Lang und kurz gestalten einander. Stimme und Ton vermählen einander. Vorher und Nachher folgen einander.“

(Laotse, 6. Jahrhundert v. Chr., chinesischer Philosoph)

Gerade von den dunklen Anteilen dieser Gegensätze können wir häufig am meisten lernen und uns in der Auseinandersetzung mit ihnen am besten weiterentwickeln. Sie zeigen uns deutlich auf, was in unserem Leben nicht rund läuft und möchten uns etwas Wichtiges mitteilen. Deshalb bin ich sogar dankbar, dass mich mein Leben und meine Entscheidungen zu diesem Punkt in meinem Leben geführt haben, an dem meine Geschichte hier nun beginnt. Ich schreibe keine erfundenen, fiktiven Romane, ich schreibe aus meinem Leben, denn das ist echt und der Wahrheit viel näher, als es ausgedachte Geschichten je sein können.

Burnout: Wie geht’s weiter?

„Man kann nie glücklich werden, wenn sich das, woran man glaubt, nicht mit dem deckt, was man tut.“

(Ralph Waldo Emerson, 1803 – 1882, amerikanischer Schriftsteller und Philosoph)

Ich beginne hier zu einem Zeitpunkt in meinem Leben, an dem ich mich sehr schwach gefühlt habe, an dem mich das Leben gezwungen hat, eine Pause einzulegen und nicht mehr stark zu sein. Ich bin in den Beruf der Pferdetierärztin mit viel Begeisterung und Enthusiasmus gestartet, musste aber leider im Laufe der Jahre immer mehr feststellen, dass sich meine Werte nicht mehr mit dem deckten, was ich dort tat. Ich bin irgendwann zu der Einsicht gelangt, dass die Pferde, die ich behandeln musste, in den meisten Fällen nur krank geworden sind, weil der Mensch sie entgegen ihren natürlichen Anlagen und Bedürfnisse zu seinen eigenen Zwecken nutzt und hält. Es geht dabei nur um den Menschen und nicht um das Wohl der Pferde. Man kann kein Tier, weder ein Pferd noch ein anderes ursprünglich wildes Tier, auch wenn es vom Menschen domestiziert wurde, artgerecht halten. Dabei muss man immer Kompromisse eingehen, die letztendlich auf Kosten der Tiere gehen und sie physisch und psychisch krank machen. Meine ethischen Überzeugungen bezüglich dieses Themas standen zuletzt in absolutem Gegensatz zu der Welt, in der ich mich beruflich bewegen musste. Um dies jedoch zu erkennen und zuzulassen, brauchte es wohl etwas mehr als bloße Worte auf Papier.

Ein Burnout baut sich langsam auf, es kündigt sich an, nur leider kann der Betroffene dies nicht wahrnehmen oder will es nicht wahrhaben. Man spürt, dass die Kräfte schwinden, man spürt die Überforderung, aber man kämpft trotzdem weiter und weiter gegen die Windmühlen des Systems. Bei mir kamen sehr viele Dinge zusammen. Die Arbeitszeiten einer Tierärztin gerade im Pferdebereich sind hart, zumindest war es bei mir so. Die Nacht- und Wochenenddienste, die zu meiner regulären Arbeitszeit noch dazu kamen, hatten mich über die Jahre sehr viel Kraft gekostet, aber ich habe das gepackt, weil ich in meiner Arbeit einen Sinn sah und genau wusste, wofür ich das tat. Erst als dieser Sinn dann wegbrach und ich meine Arbeit mehr und mehr in Frage stellte, konnte ich die nötige Energie nicht mehr so leicht aufbringen. Trotzdem konnte und wollte ich nicht zugeben, dass ich mir eigentlich nur eines wünschte: nicht mehr als Tierärztin arbeiten zu müssen. Statt mir eine Alternative zu suchen und zu kündigen, blieb ich verbissen dabei und kämpfte gegen die weiterwachsende Überforderung und schlussendlich gegen mich selbst. Allein meine berufliche Situation hätte schon als Ursache für ein Burnout ausgereicht. Bei mir kamen aber noch im Laufe der Zeit diverse private Schicksalsschläge dazu. Der Tod beider Eltern und das Auflösen und Verkaufen müssen des Elternhauses raubten mir auch noch das letzte bisschen Energie, das mich bisher noch durchhalten ließ. Der Tod meiner Oma brachte dann schlussendlich das Fass zum Überlaufen. Ich konnte einfach nicht mehr. Ich war vollkommen ausgebrannt. Ich musste Pause machen, um wieder neue Kraft schöpfen zu können. Ich musste mich neu erfinden und die Art, wie ich mein Leben lebte, komplett überdenken.

Das gestaltete sich leider nicht so einfach, wie ich es mir gewünscht hätte. Einfach ausruhen und dann geht’s wieder los. Leider nicht, denn so ein Burnout ist sehr tückisch. Ich hatte tatsächlich den Mut aufgebracht zu kündigen, hatte mir viel Ruhe gegönnt, mein bisheriges Leben reflektiert, eine Therapie begonnen und nach ein paar Monaten fühlte es sich dann tatsächlich auch so an, als hätte ich es geschafft, als hätte ich einen Weg aus der Kraftlosigkeit herausgefunden, die mich über Wochen auf meiner Couch gefangen gehalten hatte. Ich spürte meine Lebensenergie immer mehr zurückkehren und wollte meinem Leben nun wieder eine feste Ordnung und Struktur geben. Ich wollte wieder am Leben teilhaben und sehnte mich nach einem normalen Alltag. Ich suchte mir für den Anfang einen Job, der meinen Wertvorstellungen besser entsprach und hatte die Vorstellung, mein Leben würde nun wieder in geregelten Bahnen verlaufen, mir die nötige Sicherheit geben, die man doch unbedingt brauchte. Aber so wie mir geht es wahrscheinlich sehr vielen in der gleichen Situation, man täuscht sich in dieser Hinsicht gewaltig. Als ich mir zu Beginn meines Burnouts Berichte von anderen Betroffenen angesehen habe, haben viele davon erzählt, dass sie teilweise Jahre gebraucht haben, um wieder ein normales Leben zu führen. Ich wollte das nicht glauben. Ich dachte, es würde reichen, meinen Beruf aufzugeben, der maßgeblich zu meiner Überforderung beigetragen hatte. Ein bisschen meditieren, körperliche Bewegung, ein neuer Job.

Ich spürte, wie das Glück wieder in meinem Leben Einzug hielt, ich konnte wieder lächeln und genießen. Aber das neugewonnene Glück war leider nur von kurzer Dauer, denn auch in meinem neuen Job als Verkäuferin in einem Biomarkt merkte ich schnell, dass ich mit einer 40 Stundenwoche, dem festen Rhythmus der Arbeitswelt und dem generellen Funktionieren müssen, weiterhin stark überfordert war. Ich fühlte mich in diesem Job sehr wohl. Der Umgang mit den Kunden und mit den vielen spannenden Produkten machte mir Spaß, und mit meinen Kollegen verstand ich mich auch sehr gut. Aber gerade diese Phase eines Burnouts ist sehr gefährlich. Man fühlt die Lebensenergie wiederkommen, man möchte wieder in ein geregeltes Leben zurückkehren, aber man übersieht etwas Grundlegendes, und zwar die Tatsache, dass man erst ganz am Anfang der eigenen Heilung steht. Außenstehende können das schwer nachvollziehen, und das Gesundheitssystem macht es einem nicht leichter. Sobald es einem wieder einigermaßen gut geht, soll man auch wieder anfangen, seinen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten, wieder anfangen zu arbeiten, um Geld in das System einzubringen. Die Zeit, die man eigentlich bräuchte, die wird einem nicht oder nur sehr begrenzt gewährt. Allerdings ist Druck das Letzte, was man im Zustand eines Burnouts gebrauchen kann. Es ist ja genau das Problem, dass man sich selber viel zu viel Druck macht, dass man immer weiter funktionieren will, weil das von einem erwartet wird. Sonst ist man quasi nichts wert. Man geht also zurück ins System, gibt wieder sein Bestes, aber irgendwo hinter der weiter aufrechterhaltenen Fassade, beginnt man zu spüren, dass man sich danach sehnt, alles „Müssen“ fallen lassen zu können. Um nicht erneut in dieselbe Situation zu rutschen, bedarf es einem grundlegenden Wandel der eigenen Einstellung zu sich selbst und zu dem, was man glaubt leisten zu müssen.

Ich bemerkte, dass sich etwas falsch anfühlte an der Art, wie ich gerade mein Leben versuchte, in neue Bahnen zu lenken. Während ich brav jeden Tag zur Arbeit ging, spürte ich in mir eine tiefe Sehnsucht nach Ruhe, nach Entspannung, nach friedvoller Stille und dem „Nicht mehr müssen“. Mein ganzes bisheriges Leben lang bin ich immer fleißig und pflichtbewusst gewesen, habe getan, was getan werden musste und habe mich durch schwere Zeiten gekämpft. Abitur, Ausbildung, Studium, Job. Ich war stark und zielstrebig, quasi unbezwingbar. Doch im Endeffekt stellte ich fest, dass ich gerade dies nicht war, denn diese Art zu leben hat mich irgendwann doch in die Knie gezwungen. Ich habe mir nie eine Pause oder Zeit zum Durchatmen gegönnt, alles, was mir widerfahren ist, habe ich durchgestanden und bin einfach immer weitergegangen. Ich habe nie hinterfragt, ob etwas falsch an der Art und Weise ist, wie ich mein Leben bisher gelebt habe, bis ich mit Karacho aus dem Hamsterrad herauskatapultiert worden bin und irgendwo in einer Ecke völlig entkräftet liegen geblieben bin. Die Vorstellung war trotzdem so verlockend, wieder ins gewohnte Lebenskonzept einzusteigen, nichts zu hinterfragen und einfach so zu leben, wie alle es tun. Arbeiten, für die Rente vorsorgen, meine freien Wochenenden und die Urlaube genießen, aber an dem Punkt, an dem ich mich nun befand, war das gar nicht mehr möglich. Ich hatte erkannt, dass es nur einen einzigen richtigen Weg für mich geben konnte. Ich musste meinen ganz eigenen Weg finden, abseits dieses Systems, dass uns allen weismachen will, wir bräuchten es unbedingt für unser Überleben. Wer noch nie ein Burnout hatte, kann sich auch nicht wirklich vorstellen, was das für das weitere Leben bedeutet. Freunde und Familie denken, man ruht sich jetzt mal eine Weile aus und dann geht es weiter. Hingefallen. Egal, wieder aufstehen und weitergehen. Ja, das hört sich einfach an, aber ich musste leider erkennen, dass nichts daran einfach war. Wenn die Energiereserven erstmal erschöpft sind und die Regenerationsfähigkeit dahin ist, dann muss man sich etwas verdammt Gutes einfallen lassen, um das gekenterte Schiff wieder fahrtüchtig zu machen. Was sollte ich also tun? Wie sollte ich mir ein neues, ein anderes Leben aufbauen, bei dem ich mehr im Einklang mit mir selbst sein würde und wer könnte mir diese Fragen beantworten? Wo würde ich die Antworten finden, die ich so dringend suchte?

Ich neigte dazu, immer etwas tun zu müssen. Mein Leben auf ein bestimmtes Ziel hin auszurichten, immer zu überlegen, wie es weitergehen sollte und wo ich im Leben hinwollte. Konnte es vielleicht auch einfach mal ein sinnvolles Ziel sein, nichts zu tun und nirgendwo hinzuwollen, außer zurück zu mir selber? Mein ausgebrannter Körper und mein ausgebrannter Geist brauchten Ruhe. Eine tiefe Ruhe, wie ich sie noch nie erfahren oder zugelassen hatte. Nicht umsonst gehen so viele Menschen für einige Wochen, Monate oder sogar Jahre in ein Kloster, um alles Müssen von sich abzuwaschen, um in sich hineinzuhorchen und der Stimme zu lauschen, die tief im Verborgenen flüstert, aber die wir im normalen Alltag unseres gestressten Lebens einfach nicht zu hören vermögen. Ich habe im Laufe der Jahre alle meine Energiereserven restlos aufgebraucht. Immer getrieben von dem Grundsatz etwas tun zu müssen, etwas erreichen zu müssen und meinem Leben einen Sinn zu verleihen, keine der so kostbaren Lebenssekunden zu verschwenden. Ganz tief war der Glaubenssatz: „Von nichts, kommt nichts“, in mir verwurzelt und wollte sich nicht aus meinen Gedanken vertreiben lassen. Nervös zupften meine Finger schon wieder an der trockenen Haut meiner Lippen herum, während ich das hier schrieb. Das war eine Angewohnheit, ähnlich wie Fingernägel kauen, die sich schon tief in mein Unterbewusstsein hineingearbeitet hatte und die nur zu deutlich erkennen ließ, wie groß die Unruhe in meinem Inneren wirklich war. Stillsitzen, entspannen, nichts tun, das erschien mir fast unmöglich. Ich schaffte es vielleicht mal 15 Minuten auf meinem Meditationskissen zu sitzen und etwas von der ersehnten Ruhe zu erahnen, aber meine ewig kreisenden Gedanken verhinderten es einfach immer wieder, in diesen Zustand wirklich einzutauchen. Mein Verstand suchte sich immer wieder neue Projekte, die es verhinderten, dass ich über einen längeren Zeitraum nichts tat. Wir lenken uns ab, mit dem Lesen von Büchern, dann ein Hörbuch oder einen Podcast hören, vielleicht läuft ja auch gerade ein spannender Film. Was kommt als nächstes und als nächstes und als nächstes? Der Verstand will beschäftigt werden, immerzu. Zu oft schon hatte ich meinen Fernseher mit einem Tuch verhangen, um mir selbst zu sagen, dass ich ihn nicht brauchte, dass ich gut ohne diese tägliche Berieselung leben konnte. Doch immer wieder fehlte mir die Selbstdisziplin, diesen Vorsatz durchzuhalten, und schon nach kurzer Zeit fiel ich wieder in die alten Gewohnheiten zurück. Was war es nur, dass ich mir immer wieder und wieder die gleichen Serien anschauen musste? War es eine Ablenkung, um mich nicht mit mir und meinem Innenleben auseinandersetzen zu müssen? Es ist doch nicht der Sinn des Lebens, sich von Geschichten berieseln zu lassen, um aus seinem Leben und vor seinen eigenen Gedanken zu fliehen? Nichts spricht dagegen, sich ab und zu mal einen tollen, inspirierenden Film oder eine spannende Serie anzuschauen, aber die meisten Menschen scheinen, genauso wie ich, süchtig nach dieser Form der Ablenkung zu sein. Warum war es nur so schwer aus diesen alten Mustern auszubrechen? Warum siegte in mir immer wieder das Bedürfnis nach dieser Art der Berieselung? Wenn ich auf mein bisheriges Leben zurückblicke, dann waren es nicht die Momente vor dem Fernseher, an die ich mich so gerne erinnere. Es musste da etwas anderes geben.

Ich spürte, dass ich niemals richtig glücklich werden würde, wenn ich es mir gestatten würde, den ganzen Tag vor dem Fernseher zu verbringen. Es war mein Ego, das mir suggerierte, dass es sich so gut anfühlt. In Wirklichkeit lenkte es mich allerdings nur davon ab, mich den wirklich wichtigen Themen meines Lebens zu stellen, mir gewisse Fragen zu beantworten, um daraus für mich ein Leben zu erschaffen, das sich besser anfühlt, als es gerade der Fall war. Der Begriff „Zeit totschlagen“ kam mir dabei in den Sinn. Ich wollte mein Leben nicht damit verbringen, permanent auf einen Bildschirm zu starren, um mich vom eigentlichen Leben abzulenken. Was ich wirklich wollte, das war, nachts tief und fest schlafen, morgens aufwachen, erholt und erfrischt mit genug Energie, meinen Tag so zu gestalten, wie ich es mir vorstelle und mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht, weil ich mich auf den kommenden Tag freue. Ich möchte die täglichen Dinge des Alltags mit Freude und in Achtsamkeit verrichten, weil sie wichtig sind und zu meinem Leben eben dazu gehören. Ich möchte meinen Tag weiterhin damit beginnen, mich mit einer Tasse Tee in eine gemütliche Ecke zu setzen und ein inspirierendes Buch zu lesen, das mir zusätzlich ganz viel positive Energie für meinen Tag schenkt. Ich möchte gesundes, frisches Essen zu mir nehmen, mir leckere Gerichte kochen, bei denen ich Freude bei der Zubereitung, aber auch beim Essen habe und es mit allen Sinnen genießen kann. Ich möchte Zeit draußen im Garten oder in der Natur verbringen, die frische Luft in meine Lungen saugen und tief und bewusst atmen. Ich möchte etwas für andere Menschen tun, meine Hilfe anbieten, mich unterhalten, von anderen lernen, meine eigenen Gedanken teilen, gemeinsam mit anderen Lachen und Leichtigkeit verspüren. Ich möchte einen tiefen Sinn in dem sehen, mit dem ich mein Geld zum Leben verdiene, und ich möchte dabei lieben, was ich da tue. Ich möchte mich nicht auf die Rente freuen, sondern ich möchte diese Tätigkeit bis zu meinem Lebensende weiterführen, weil ich daraus Kraft schöpfe und nicht Energie verliere, die ich dann am Wochenende, im Urlaub oder in der Rente wieder auftanken muss. Ich möchte Zeit haben zum Schreiben, möchte mit Worten spielen und sie zu einem großen Ganzen verschmelzen lassen in Form von Büchern. Ich möchte die Welt an meinen Gedanken teilhaben lassen, weil ich genau weiß, dass sich sehr viele andere Menschen ähnliche Gedanken machen und es ihnen vielleicht hilft, meine Worte zu lesen, zu wissen, dass sie nicht allein sind und dass es einen Weg aus ihrer Situation herausgibt. Wie ich da nun aber hinkommen sollte, zu diesem Leben, das ich mir wünschte, das wusste ich leider noch nicht. Aber ich habe gespürt, dass es einfach Zeit für eine radikale Veränderung in meinem Leben war, dass ich einen kompletten Neuanfang brauchte, und wenn ich bleiben würde, wo ich gerade war, ich nie bei mir selbst ankommen würde.

Es kam in mir ein Gedanke, ein Wunsch danach auf, für mich einen Ort zu finden, an dem ich Heilung finden, an dem ich durchatmen, Kraft schöpfen und regenerieren könnte. Ein ganz besonderer Ort, an dem man dieses typische Gefühl von „Ruhe und Frieden“ spüren kann. Ich lebte seit vielen Jahren zusammen mit meinen beiden Katzen in einer wunderbaren, alten Bauernwohnung auf einem alten Hof mit eigenem Garten und hatte es in den letzten Jahren immer als mein kleines Paradies bezeichnet. Im Sommer unter einem der Obstbäume im Schatten zu sitzen und zu lesen, das Gras unter meinen nackten Füßen spüren zu können, erfüllte mich immer mit tiefer Zufriedenheit. Ich liebte es, dort zu leben. Ich liebte die Abgeschiedenheit ohne direkte Nachbarn, die Nähe zur Natur und den wunderschönen, natürlich gehaltenen Garten, den meine Vermieterin, die dort mit ihrer Familie auch lebt, erschaffen hatte. Die Autobahn, die man je nach Windrichtung mehr oder weniger stark hören konnte, hatte mich nie sonderlich gestört, ich war immer vollkommen dankbar, an so einem tollen und friedlichen Ort leben zu dürfen. Obwohl ich dort aber immer so glücklich war, habe ich dennoch den unbändigen Drang verspürt, etwas zu verändern. In mir wurde der Wunsch nach etwas Eigenem immer größer. Ich wollte mein Erbe nach dem Tod meiner Eltern sinnvoll in etwas investieren, das nur mir gehören würde. Ich träumte von einem kleinen, schnuckeligen Häuschen in der Natur, nur für mich ganz allein. Ein Ort, an dem meine Seele heilen könnte und ich die Ruhe und den Frieden finden würde, nach dem ich mich so sehr sehnte, zumal alle möglichen Leute mir sagten, mein Geld in eine Immobilie zu stecken sei das Sinnvollste, was ich machen könnte. Aber konnte es solch einen Ort wirklich geben oder war der Gedanke von diesem Ort vielleicht auch nur eine Illusion, ein Wunsch, der so eigentlich nie in Erfüllung gehen könnte und dem ich immer weiter hinterherjagen würde? Denn wenn ich es nicht schaffen könnte, heute, hier und jetzt diese Ruhe in mir selbst zu finden, wie sollte ich sie dann woanders finden? Auch an einem anderen Ort wäre ich immer noch derselbe Mensch und würde meine innere Unruhe einfach mit mir nehmen. Diese Erkenntnis blieb zu dieser Zeit aber noch vor mir verborgen und deshalb machte ich mich, getrieben von meiner Unruhe, auf die Suche nach einem Fleckchen Erde, das mir ein neues zu Hause bieten sollte und mich auch ein bisschen aus meiner Komfortzone in der Sicherheit einer Mietwohnung herausholen würde. Ich brauchte einfach eine neue Perspektive für mein Leben, einen kompletten Neustart, denn auch beruflich wusste ich überhaupt nicht, wie es bei mir weitergehen sollte. Ich glaubte aber fest daran, das Universum würde mir ein deutliches Zeichen geben, in welche Richtung ich gehen sollte. Es würde mir den Weg weisen, der für mich bestimmt ist.

Also begann ich mit brennendem Enthusiasmus die Immobilienangebote im Internet zu durchstöbern und wurde auch schnell fündig. Das erste Haus, das ich mir anschaute, war wirklich zuckersüß und ich dachte schon vor der Besichtigung, dass es einfach für mich bestimmt sein müsste. Es war ein kleines, schnuckeliges Holzhäuschen mit einem Reetdach auf einem eigenen Waldgrundstück in einem kleinen, romantischen Dorf in der Nähe von Stade. Der Besitzer, ein älterer Mann, war vor kurzem verstorben und sein Sohn verkaufte nun dieses Haus, das sein Vater mit viel Liebe zum Detail über die Jahre für sich hergerichtet hatte. Da ich selbst gerade mein Elternhaus verkauft hatte, spürte ich eine unglaublich starke Verbindung zu diesem Haus, denn ich wusste genau, wie schwer es sich anfühlte, loszulassen und wie schön es dann war, zu wissen, dass das eigene Elternhaus in gute Hände kommen würde. Mein Vater hatte zusammen mit meinem Opa unser Haus über 2 Jahre lang selbst erbaut. Mit Schaufel und Schubkarre hat er mühsam den Keller per Hand ausgehoben, um dann, ganz langsam, Stein auf Stein für seine kleine Familie ein gemütliches zu Hause zu erschaffen. Einfach alles an und in diesem Haus trug seine Handschrift und nun durfte es auch nach dem Verkauf weiterleben und einer anderen Familie ein Heim werden. Dieser Gedanke war unglaublich tröstlich und half mir und meiner Schwester beim Loslassen.