Zerrissene Wahrheit - Heike Rommel - E-Book

Zerrissene Wahrheit E-Book

Heike Rommel

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Beschreibung

Der Schlüssel zur Vergangenheit "Karen saß reglos da und starrte auf das Bild. Das Blut rauschte ihr in den Ohren. Es war, als hätte sie das Drama ihres Lebens zusammengesetzt." Ein ungeheuerlicher Verdacht lässt Margret Lückner nicht mehr ruhig schlafen. Sie bringt einen Brief auf den Weg und legt eine Fotografie dazu … Ausgerechnet an der steilsten Stelle der Dornberger Straße versagen kurz darauf die Bremsen ihres Wagens. Der tödliche Autounfall entpuppt sich sehr schnell als Mord. Dass die unscheinbare Bibliothekarin ihrem untreuen Ehemann und der Tochter mit den Drogenschulden ein beträchtliches Vermögen hinterlässt, ist überaus interessant für Kommissar Domeyer und seine Kollegen vom Bielefelder KK11. Offenbart sich hier das Tatmotiv? Oder liegt der Schlüssel zur Lösung des Rätsels in Margrets Vergangenheit? Was wollte sie ihrer ehemaligen Freundin Karen so dringend mitteilen? Karen macht sich auf die Suche nach dem geheimnisvollen Brief – ohne zu ahnen, in welcher Gefahr sie schwebt …

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Von der Autorin bisher bei KBV erschienen:

Nacht aus Eis

Das fremde Grab

Zwischen Schatten und Licht

Heike Rommel, geb. 1962 in Olpe, hat Psychologie und Visuelle Kommunikation studiert und lebt heute in Bielefeld. Sie arbeitet seit über zwanzig Jahren in verschiedenen Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen. Ihre ersten Schreiberfahrungen machte sie beim Verfassen von Fantasy-Texten, bevor sie zum Krimi-Genre wechselte, das ihr als leidenschaftlicher Krimileserin und Tochter eines Kriminalbeamten und einer Polizeiangestellten naheliegt. Zerrissene Wahrheit ist bereits der vierte Kriminalroman um die Ermittler der Bielefelder Mordkommission. www.heike-rommel.de

Heike Rommel

ZerrisseneWahrheit

Originalausgabe

© 2018 KBV Verlags- und Mediengesellschaft mbH, Hillesheim

www.kbv-verlag.de

E-Mail: [email protected]

Telefon: 0 65 93 - 998 96-0

Fax: 0 65 93 - 998 96-20

Umschlaggestaltung: Ralf Kramp

unter Verwendung von: © eugenepartyzan

und ©_naiauss – Fotolia.de

Lektorat: Volker Maria Neumann, Köln

Druck: CPI books, Ebner & Spiegel GmbH, Ulm

Printed in Germany

Print-ISBN 978-3-95441-437-6

E-Book-ISBN 978-3-95441-447-5

Für WillyUnd für meinen Vater

Inhalt

Prolog

Montag, 26. August 2013

Dienstag, 27. August

Mittwoch, 28. August

Donnerstag, 29. August

Freitag, 30. August

Samstag, 31. August

Sonntag, 1. September

Montag, 2. September

Dienstag, 3. September

Mittwoch, 4. September

Donnerstag, 5. September

Freitag, 6. September

Danksagung

Prolog

Oktober 1986

Graues Morgenlicht fiel durch die Vorhänge der Blockhütte. Schnell schloss sie die Augen wieder, doch das Vergessen, das der Schlaf mit sich brachte, war ihr nicht mehr vergönnt. Dafür sorgte schon ihr heftig juckender Handrücken, auf dem sich eine nässende Blase gebildet hatte. Es war kühl in der Hütte, die Fenster waren beschlagen. Minnesota im Oktober. Sie legte sich die Bettdecke um die Schultern, tappte zu dem Eimer mit Wasser, der neben dem Fenster stand, und tauchte ihre Hand hinein. »Poison Ivy« nannten die Einheimischen das Zeug. Von ihrem ersten Praktikumsaufenthalt im International Wolf Center wusste sie, wo der Strauch stand, aber vorgestern bei ihrer Ankunft war es passiert: Geistesabwesend hatte sie seine giftigen Blätter mit der Hand gestreift.

Sie hätte nicht zurückkehren sollen. Das hatte sie schon im Flieger gedacht. Felix hatte neben ihr gesessen und aus dem Fenster gestarrt. Sie wechselten kaum ein Wort. Offenbar wollte er nicht darüber reden, was geschehen war. Die Katastrophe. Sie hätte nicht wieder herkommen sollen, aber ihr war nichts Besseres eingefallen, als einfach so weiterzumachen wie bisher. Dieselben Wege zu gehen, die gleichen Dinge zu tun. Wie eine Aufziehpuppe.

In der Baracke, in der die Mitarbeiter und Praktikanten das Frühstück einnahmen, konnte sie Felix nicht entdecken. Sie trank einen Becher dampfenden, dünnen Kaffee, betrieb Konversation, lachte an den richtigen Stellen. Nur, dass es sich so anders anfühlte als vorher – anstrengend, als müsste sie ihre Gesichtsmuskeln in die richtige Position zwingen. Die begeisterte Wildtierökologin mimen, die sie vor Kurzem noch gewesen war. Merkte man ihr die Anstrengung an? Sie war erleichtert, als sie endlich den Frühstücksraum verlassen konnte, ohne unhöflich zu wirken.

Heute war sie mit der ersten Fütterung dran. Als ein Kollege ihren Eimer mit blutigen Fleischbrocken füllte, wandte sie den Kopf ab. Früher war sie nicht so empfindlich gewesen. Sie machte sich auf den Weg zum Gehege und sah schon von Weitem George, ihren Liebling, am Zaun stehen. Während sie sich mit dem Eimer näherte, fixierte George sie mit seinen bernsteinfarbenen Augen, verfolgte jeden ihrer Schritte. Sie hatte ihn schon als Welpen gekannt, er war zutraulicher als die anderen, manchmal sogar frech. Das hatte sie immer gemocht. Jetzt verunsicherte sie sein Starren. Ihre Bewegungen wurden hölzern. Sie sagte sich, dass er ihren Geruch gleich erkennen würde, und trat an den Zaun. Die Tiere kamen vorsichtig heran, hielten Abstand. George dagegen lief zu ihr, nahm Witterung auf, fixierte den Eimer, dann sie, dann wieder den Eimer.

Sie holte ein Stück Fleisch heraus, das Blut färbte ihren Handschuh rot. Plötzlich hatte sie ein Summen im Ohr, ein Bild erschien vor ihrem inneren Auge: Grünlich schillernde Fliegen auf einem sonnengebräunten Gesicht … sie verschwanden in einem Nasenloch, ließen sich auf den ins Nichts starrenden Augen nieder, labten sich an dem Blut, das aus einem Ohr sickerte … Ihr Herz klopfte wild, sie keuchte. Wann hörte das endlich auf mit den verdammten Flashbacks?

Wie von weiter Ferne hörte sie eine Stimme. Hey, Lady, throw it to him, damn it, over the fence, girl! Why don’t you …

Sie schrie auf. Ein scharfer Schmerz schoss von ihrer Hand bis hoch in den Arm. George war hochgesprungen, hatte nach ihrer Hand mit dem Fleischbrocken geschnappt und ihren Arm dabei über den Zaun gerissen. Der Zaun bohrte sich in ihre Achselhöhle, während George an ihrer Hand zerrte. Um den Wolf von sich abzulenken, schleuderte sie den vollen Eimer mit der Linken über den Zaun. Wie auf Kommando stürzten sich die Tiere auf die blutigen Fleischstücke.

Montag, 26. August 2013

Der Morgen dämmerte herauf und tauchte die Dächer der Stadt in blutrotes Licht. Margret Lückner lag in ihrem Bett und starrte an die Zimmerdecke. Sie gähnte so heftig, dass ihr Tränen in die Augen stiegen, und warf einen Blick auf den Wecker: Er würde bald klingeln, also konnte sie genauso gut aufstehen. Seufzend warf sie die Decke ab. Seit halb vier hatte sie sich schlaflos im Bett herumgewälzt. Sie riss die Fenster auf, um die dumpfe Wärme aus ihrem Schlafzimmer zu vertreiben. Es schien ein sonniger Sommermorgen wie jeder andere zu werden. Sie ahnte nicht, dass es ihr letzter sein würde.

Ihr Yorkshire-Terrier wackelte zur Tür herein und sprang auf das Bett, um an den zerwühlten Laken zu schnüffeln. Roch er neben Schweiß auch den Gestank fruchtloser Grübeleien? »Runter, Orlando!«, rief Margret.

Der Terrier sprang davon, fegte dabei Wasserglas und Schlaftabletten vom Nachttisch. Sie sammelte die Scherben auf und warf sie samt der halbvollen Tablettenschachtel in den Mülleimer in der Küche. Die Tabletten wirkten sowieso nicht.

Gähnend befüllte sie die Kaffeemaschine, der Kaffee lief röchelnd durch, sein tröstlicher Duft breitete sich in der Küche aus. Nichts half, weder Hörbuch, noch progressive Muskelentspannung. Dabei hatte sie bis vor zehn Tagen noch geschlafen wie ein Baby. Die größte Aufregung in ihrem Leben hatte darin bestanden, dass einmal die Klimaanlage in ihrer Privatbibliothek ausgefallen war. Über Derartiges konnte sie jetzt nur noch müde lächeln. Sie riss die Kaffeekanne aus der Maschine, der Rest Kaffee verdampfte zischend auf der Warmhalteplatte. Gierig trank sie die erste Tasse.

Wieder musste sie an dieses »klärende Gespräch« denken. Wie kannst du mir so etwas unterstellen? Eine Ungeheuerlichkeit, in der Tat. Sie war einen Moment lang unsicher geworden. Doch je länger sie darüber nachdachte, desto mehr hatte sich ihr Bauchgefühl zur Gewissheit verdichtet. Orlando wackelte zögernd näher, sah mit traurigen Augen zu ihr auf. »Schon in Ordnung, mein Guter.« Sie beugte sich zu ihm, kraulte ihm den Nacken. Was hatte sie von diesem Gespräch erwartet? Sie war zu naiv an die Sache herangegangen. Und … womöglich nicht nur an diese Sache? Ihre Hand verharrte in Orlandos langem Fell. Der Lärm des Berufsverkehrs drang von der Werther Straße durch das geöffnete Fenster.

Margret blinzelte in der grellen Morgensonne, ein Stechen über ihrem Ohr kündigte Kopfschmerzen an. Das gleißende Sonnenlicht fiel auf die Bodenfliesen, die Küche wurde mit einem Mal zum überbelichteten Foto in hellen, künstlichen Farben. Orlando, der Küchentisch, die Kaffeekanne, alles schien sich von ihr zu entfernen, das Bild wurde kleiner, als führe sie rückwärts durch einen Tunnel. Weiße Punkte tanzten vor ihren Augen. Sie stützte sich auf der Anrichte ab, ließ sich dann auf einen Stuhl fallen. Ruhiger atmen, dachte sie, ruhiger …

Nach einer Weile verschwanden die hellen Punkte. Der Kreislauf. Sie brauchte ein ordentliches Frühstück, dann würde die Welt schon anders aussehen. Und immerhin hatte sie den Brief vor ein paar Tagen auf den Weg gebracht. Sie überlegte, was sie damit auslösen könnte. Schlimmstenfalls … aber nein, es gab keinen anderen Weg. Für alle Fälle hatte sie mehrere Abzüge des Fotos gemacht, Vergrößerungen, die alles deutlich zeigten. Mehr würde sie vorerst nicht tun.

Genau fünfundzwanzig Minuten später trat Margret Lückner aus ihrer Haustür. Die Arbeit in der Unibibliothek wartete auf sie, und sie war trotz der Müdigkeit froh über dieses Stück Normalität. Heute stand unter anderem eine Rezension für Buch und Bibliothek an. Auf dem Weg zur Garage zog sie ihre dünne Strickjacke aus. Auf die tropische Nacht folgte ein heißer Tag. Die Nachbarn hatten alle Fenster geöffnet, kein Lüftchen bewegte die zurückgezogenen Gardinen.

Sie tippte den Code in das Tastenfeld neben dem Garagentor ein und wollte das Tor hochfahren, aber es kam eine Error-Meldung. Sie zog die Brauen zusammen. Das war ihr noch nie passiert. Wohl der Schlafmangel. Ungeduldig tippte sie ein zweites Mal. Wieder Error. Was war heute bloß los mit ihr? Beim dritten Mal durfte sie sich nicht vertippen, sonst blieb das Tor zu! Sie konzentrierte sich bewusst auf die Zahlenkombination und drückte auf Open. Das Tor fuhr summend hoch. Sie seufzte vor Erleichterung.

Der vertraute Geruch nach Staub, Gummi und Benzin drang in ihre Nase. Der graue Mercedes schimmerte matt im Halbdunkel. Sie entriegelte den Wagen, trat zur Fahrerseite, als etwas unter ihren Schuhen knackte. Sie hob eine Scherbe auf. Woher kam die denn? Die Scheiben des Wagens waren intakt. Sie schaute sich um und … ah, die Fensterscheibe an der rückwärtigen Garagenwand war zerbrochen! Wie oft hatte Rudolph ihr schon versprochen, sich um das Vergittern dieses Fensters zu kümmern?! Sie presste die Lippen aufeinander. Aber dann waren wie immer andere Dinge wichtiger für ihren Mann gewesen. Welche, das wusste sie ja inzwischen!

Sie würde sich also selbst darum kümmern. Verrückt, sie hatte sich damit zurückgehalten, um ihm nicht das Gefühl zu geben, dass sie in allem die Macherin war. Großer Gott, worüber sie sich den Kopf zerbrochen hatte. Damit war nun Schluss!

Sie ließ ihren Blick über das Regal schweifen, über den Stapel Winterreifen, die beiden Fahrräder … es schien nichts zu fehlen, nicht einmal der Grill neben dem Fenster. Sie wischte ein paar Scherben von seiner Edelstahlhaube. Vermutlich waren es diese Jugendlichen gewesen, die abends auf dem Parkplatz am Johannisberg herumlungerten und sich wohl aus lauter Langeweile einen Spaß daraus gemacht hatten, die Scheibe einzuwerfen.

Doch eines der Fahrräder lehnte in einem anderen Winkel an der Wand. Der Fahrradständer schwebte einen Zentimeter über dem Boden. Mit einem Mal fühlte sie sich beobachtet. Die feinen Härchen auf ihren Unterarmen stellten sich auf. Aber da war niemand, oder? Bestimmt war sie nur übermüdet. Wie konnte sie so sicher sein, dass das Fahrrad gestern noch anders gestanden hatte? Sie schüttelte den Kopf und warf einen Blick auf ihre Uhr. Schon so spät? »Diese Teenies!«, sagte sie laut und stieg in ihr Auto.

Margret fuhr den Mercedes in die Morgensonne, ließ ihn im zweiten Gang die kurze Einfahrt hinunterrollen, die direkt auf die steile, abschüssige Straße führte. Der neue Nachbar trat mit einem Aktenkoffer aus seiner Haustür und winkte ihr zu. Sie hob grüßend die Hand, legte den dritten Gang ein und gab behutsam Gas. Normalerweise brauchte sie das nicht, weil der Wagen allein durch das Gefälle beschleunigt wurde, aber sie hasste es, unpünktlich zur Arbeit zu kommen. Die junge Frau, die mit ihrem Kinderwagen die Straße überqueren wollte, musste warten, ebenso wie der Radfahrer, der im Begriff gewesen war, vom Bürgersteig auf die Straße zu wechseln, und nun mit einem kläglichen Quietschen anhielt. Der Mercedes wurde rasch schneller.

Zu schnell. Sie trat auf die Bremse. Nichts passierte! Der Schock war wie ein Stromstoß. Sie trat noch einmal mit aller Kraft bis zum Anschlag, versuchte es mit Stotterbremse, riss die Handbremse hoch. Nichts! Der Wagen raste auf die stark befahrene Querstraße zu. Margret schrie, riss das Steuer herum, prallte am Bordstein ab, schoss auf ein Auto zu, das auf der Vorfahrtstraße fuhr. Sie verfehlte es um Haaresbreite. Einen Moment später krachte ein nachfolgendes Auto in den Mercedes, sie wurde nach vorne geschleudert, der Airbag nahm ihr die Luft. Das schrille Hupen des Lieferwagens auf der Gegenfahrbahn der Werther Straße war das Letzte, was Margret Lückner in ihrem Leben hörte.

Irgendwo knatterte ein Rasenmäher, dann herrschte Stille. Kommissar Domeyer holte sich eine Fassbrause aus dem Kühlschrank, öffnete die Flasche und wollte gerade ansetzen, als das Telefon klingelte. Er ging mit der Flasche in den Flur und nahm ab.

»Hier Betty.«

»Betty? Willst du mit Robin sprechen oder …«

»Mit dir!«

Er konnte seine Überraschung nicht verbergen. Seit ihrem Auszug hatten seine Ehefrau und er kaum miteinander geredet. »Aha?«

»Ich wollte nur fragen, ob ihr schon das Flugticket und die anderen Unterlagen bekommen habt.«

»Wir?«

Betty stöhnte. »Unsere Tochter! Du weißt genau, was ich meine. Ihr Ticket müsste längst da sein! Lissa hat mich gestern deswegen angerufen.« Es klang vorwurfsvoll.

Dominik nahm einen langen Zug aus der Flasche.

»Dominik, bist du noch dran?«

»Sicher, ich hab nur gerade was getrunken. Ist ziemlich heiß heute.«

»Ja ja, was ist denn nun mit dem Ticket?«

Er hatte den Umschlag erst vor zehn Minuten auf dem Küchentisch entdeckt. Die Papiere und das Flugticket waren halb herausgezogen, Lissa hatte also schon einen Blick auf die Reiseunterlagen geworfen. Er nahm noch einen Schluck.

»Also, manchmal habe ich den Eindruck, du sabotierst das Ganze«, fuhr sie fort. »Wenn das Ticket nicht da ist, müssen wir beim Reisebüro anrufen!«

»Ich sabotiere das Ganze? Nur weil es deine Idee war, unsere Tochter ein halbes Jahr lang ans andere Ende der Welt zu schicken? Stell dir vor, sie lernt da jemanden kennen. So wie Nils in Österreich. Nur dass es nicht mal eben eine Tagesreise mit dem Auto entfernt ist, sondern …«

»Gönnst du ihr das nicht?«

Er verdrehte die Augen. »Das ist es nicht, Betty, ich …«

»Sie freut sich so darauf!« Bettys Stimme wurde schrill. »Und du …«

Er nahm den Hörer vom Ohr und seufzte. Schließlich hob er ihn wieder ans Ohr und hörte das Ende ihres Satzes: »… Reisebüro anrufen!«

»Keine Sorge, Betty, der Flugschein ist heute gekommen.«

»Meine Güte, warum sagst du das nicht gleich?!«

»Weil ich kaum zu Wort gekommen bin! Übrigens lag heute noch ein Umschlag im Briefkasten. Der Termin für unsere Scheidung steht jetzt fest. Aber das weißt du ja sicher schon.« Er drückte das Gespräch weg und atmete einmal tief ein und wieder aus.

Er hatte das mit Lissas Highschool-Halbjahr in Neuseeland so gut wie möglich verdrängt und sich aus der Planung rausgehalten. Im Juli hatte er mit seiner Tochter und ihrem Freund noch das Sparrenburgfest besucht. Als sich das Mittelalter-Fest dem Ende zuneigte, setzten sie sich auf die Burgmauer und suchten den Nachthimmel nach Sternschnuppen ab. Erfolgreich.

Lissa hatte gelächelt. »Du darfst dir was wünschen.« Es gab keinen Zweifel daran, was er sich am meisten wünschte. Er sagte es ihr. »Aber Papa!« Empörung schwang in ihrer Stimme. »Wieso sollte ich denn nicht wohlbehalten zurückkommen?! Und so ein halbes Jahr geht schnell rum.«

Na, hoffentlich.

Nach und nach zogen alle aus, Betty hatte nur den Anfang gemacht. Und wenn Lissa weg war, würde nur noch sein jüngster Sohn Robin bei ihm wohnen.

Er stieg die Treppe hoch. »Lissa?« Ihre Zimmertür stand offen. Weder sie noch Robin waren zu Hause. Staubteilchen glühten auf im nachmittäglichen Sonnenschein, der durch das Fenster in Lissas Zimmer fiel. Stille. Fast wünschte er sich den Rasenmäher zurück, irgendein Radio, das plärrte, ein Grillfest bei den Horstkötters … Nur die Fassbrause gluckerte leise, während er die Flasche leerte.

Immerhin hatte er heute Abend noch etwas vor.

Als er drei Stunden später am Bürgerpark ankam, lag schon wieder ein Schweißfilm über seiner Oberlippe. Vermutlich würde er vorm Schlafengehen die dritte Dusche des Tages nehmen. Im Café am Bürgerpark herrschte Hochbetrieb. Die meisten Gäste, die der Kollege Fritz Redekop anlässlich seiner Pensionierung zum Umtrunk eingeladen hatte, saßen an den Tischen draußen, plauderten, lachten, aßen und stießen mit Sekt und Bier an. Über einem der Tische stand Rauch in der Luft. Auf den steuerte Dominik zu. Sein Bürokollege Frank Tillmann Herbst zog genüsslich an seiner Zigarette und versuchte, Rauchringe zu blasen, während Kollegin Nina Tschöke ihm grüßend ihr Bierglas entgegenhob.

»Hallo Dodo!« Ihre sportive Sonnenbrille war blau verspiegelt, sodass er ihre Augen nicht sehen konnte, aber auf ihren Lippen lag ein Lächeln.

»Hallo ihr beiden. Frank, wow, endlich ist die fusselige Matte ab!«

»Mensch, Dodo, und wir dachten schon, du kommst nicht mehr. Tja, da staunst du, was? Ich hab jetzt meine ganz private Friseuse.« Frank drückte seine Kippe aus, strich sich durch die frisch geschnittenen, blonden Haare und entblößte einen Schweißfleck auf seinem mit Papageien bedruckten Hemd.

»Man sagt übrigens Friseurin! Und hoffentlich hält es deine ganz private Friseurin noch ein Weilchen mit dir aus.« Sie zwinkerte Dominik zu. Zur Feier des Abends trug Nina, die Jeans und Turnschuhe bevorzugte, ausnahmsweise ein Kleid. Ein schlichtes natürlich, aber immerhin. Sie rückte Dominik den Stuhl zurecht, damit er sich zu ihnen setzte. »Und du weißt, was das heißt, Dodo. Er hat sich sogar rasiert.«

»Du hast wieder ein Techtel?« Fragend hob Dominik die Brauen.

»Als ob ich mich nur dann ra…« Frank wurde von einer Kellnerin unterbrochen, die ihnen ein Tablett mit gefüllten Sektgläsern hinhielt. Er deutete auf sein volles Weizenglas.

Dominik und Nina nahmen Sekt und stießen an.

»Auf Fritz.« Dominik trank einen Schluck. »Was macht der wohl nach seiner Pensionierung?«

»Er gibt sich die Kugel. Aber im Ernst: Was für eine blöde Frage ist das denn? Urlaub natürlich! Auf nach Malle oder mit Arminia in die Türkei oder noch mal sämtliche Staffeln von Fargo angucken … oder, na …«, Frank wedelte mit der Hand, »von mir aus am Quietsche-Entchen-Rennen auf dem Johannisbach teilnehmen – es gibt doch tausend Sachen, die man machen kann. Würdest du etwa die Arbeit vermissen?«

Die Staatsanwältin schob gerade ihren runden Körper im geblümten Sommerkleid zwischen den Stühlen hindurch, wobei sie einen Cocktail in die Luft reckte.

Frank rückte mit seinem Stuhl näher an den Tisch. »Na, Dodo? Ich höre.«

»Sicher würde ich die Arbeit nicht vermissen«, log Dominik. »Es ist nur … es wird langsam leer im Haus.«

»Hat Robin schon einen Studienplatz?«, fragte Nina.

»Nein, aber das wird nicht mehr lange dauern.«

Frank wischte sich den Bierschaum von der Oberlippe. »Sieh es mal so: Dann hast du sturmfreie Bude. Keiner, der dir auf den Sack geht. Apropos Bude … wisst ihr zufällig von einer freien Wohnung? Ich muss raus, Eigenbedarf.«

»Nein, aber in deiner alten Wohngegend am Umschlagbahnhof findest du sicher schnell was Neues«, sagte Dominik.

»Spinnst du? Das ist beste Innenstadtlage, zentraler geht’s fast nicht!«

Nina, die gerade ihre Sonnenbrille putzte, beugte sich vor und grinste. »Und du vergisst den grandiosen Ausblick auf den Schrottplatz. Aber ich weiß auch nichts. Ich bin schon froh, dass wir die Wohnung für meinen Bruder und seine Freundin gefunden haben. Der Markt in Bielefeld ist wie leergefegt. Und wenn es um ein Paar mit Down-Syndrom geht, dann fällt bei den Vermietern gleich die Klappe.«

»Kai ist sicher aufgeregt«, sagte Dominik.

»Klar, es ist seine erste eigene Wohnung.« Nina nippte am Sekt. »Und sie ist fast fertig. Stefan hilft uns beim Streichen.«

»Wie praktisch. Ist dein Stefan nicht Designer?«, sagte Dominik.

Ninas Gesicht rötete sich. »Er ist nicht mein …«

»Ach ja!« Frank grinste. »Stefan war doch dieser Typ auf deiner Geburtstagsparty, der kaum von deiner Seite gewichen ist. Und – wie läuft’s so zwischen euch?«

»Bent ist doch noch gekommen.« Nina deutete mit dem Kopf Richtung Park.

Der hünenhafte Erste Kriminalhauptkommissar Bent Andersen stiefelte gerade an zwei Schachspielern vorbei, die sich an einem Tisch im Park über ihr Spiel beugten. Schweiß glänzte auf seinem von Zickzack-Narben gezeichneten Gesicht und auf der Kopfhaut, die durch die militärisch kurzen Haare schimmerte. Er schüttelte dem Leiter des KK11 auf der Treppe der Café-Terrasse die Hand. Neben Big Bent, wie Dominik den Riesen aus dem hohen Norden nannte, wirkte der alte Kommissariatsleiter Ernst Meyer zu Bargholz schmächtig. Ernst ging die Treppe hoch, postierte sich am Terrasseneingang des Cafés, hielt eine kurze Rede und übergab dem Pensionär den Umschlag mit dem Gutschein für eine Wellness-Woche auf Rügen, für die die Kollegen gesammelt hatten. Bevor der sich bedanken konnte, setzte auch schon das unvermeidliche Ständchen ein.

»Nehmt Abschied Brüder, ungewiss …«, schmetterte der Kollege Ottfried Weber mit bebender Wampe gefühlte fünf Zentimeter von Bent Andersens Ohr entfernt. Hier in Bielefeld waren die Kollegen sangesfreudiger als bei der Kripo Flensburg, zu der Bent noch im letzten Jahr gehört hatte. Er wich ein paar Meter Richtung Park zurück. Den Überblick konnte er auch von hier aus behalten, da er die Menge um Haupteslänge überragte. Etwas abseits lehnte Ernst Meyer zu Bargholz an einer Magnolie und hielt sich ein Ohr zu, während er sein Handy ans andere Ohr presste. Die Falten zwischen seinen Brauen wurden tiefer, je länger er dem Anrufer lauschte. Schließlich notierte er etwas auf einem Zettel und beendete das Telefonat. Er fing Bents Blick auf und winkte ihn heran.

Bent beugte sich zu ihm hinunter, um ihn besser zu verstehen.

»Auf der Werther Straße hat es heute Morgen gegen halb acht einen schweren Unfall gegeben, mit einer Toten und einem Schwerverletzten. Ein Unfallexperte hat die Bremsspuren ausgewertet: Die Unfallverursacherin ist mit ihrem Mercedes ungebremst in den Gegenverkehr reingerauscht!«

»Ist sie die Verstorbene?«, fragte Bent.

»Ganz recht. Sie starb noch am Unfallort und wird gerade obduziert. Und jetzt halt dich fest …« Ernst Meyer zu Bargholz hob sein Handy wie zum Beweis in die Höhe. »Der Kfz-Sachverständige hat durchgeschnittene Bremsschläuche entdeckt!«

»Also ein Fall für uns.«

Ernst nickte. »Auch an der Handbremse ist manipuliert worden.«

Bent stieß einen leisen Pfiff aus. »Da hat sich ja jemand richtig Mühe gegeben.«

»In der Tat. Laut Sachverständigem braucht es Zeit, eine Handbremse zu manipulieren, weil die Seilmechanik schwer zugänglich ist, an der Unterseite des Autos.«

»Und der Schwerverletzte ist sozusagen der Kollateralschaden?« Bent zerschlug eine Mücke auf seinem Handrücken.

»Richtig. Der Lieferwagenfahrer auf der Gegenfahrbahn hatte keine Chance mehr, auszuweichen. Der liegt mit schwerer Kopfverletzung im künstlichen Koma. Dann gab’s noch eine leicht verletzte Autofahrerin, die mit ihrem SUV beim Unfallauto aufgefahren ist.«

»Zeugen?«

»Ein paar Passanten. Die Zeugenaussagen decken sich mit den Erkenntnissen des Unfallexperten.«

Bent kratzte sich den Mückenstich. In seiner alten Heimat Flensburg hatte er schon einmal bei einem als Autounfall getarnten Mord ermittelt. Ein mehrfach überfahrener Mann. Erst der Rechtsmediziner hatte die eigentliche Todesursache entdeckt.

»Ich will sichergehen, dass wir den Täter kriegen«, fuhr der Kommissariatsleiter fort. »Deshalb möchte ich, dass du den Fall übernimmst. Du bist zwar erst ein paar Monate hier, aber …« Er lächelte.

Bent erwiderte das Lächeln. Er war sich nicht im Klaren, ob er das Kompliment ernst nehmen sollte oder ob es guter Mitarbeiterführung geschuldet war, aber er mochte den Kommissariatsleiter. Leider würde Ernst der nächste Pensionär werden. »Danke, Ernst. Und zur Mordkommission …«

»Ich schlage Domeyer und Tschöke vor. Ein bewährtes Gespann und außerdem gerade frei, wenn mich nicht alles täuscht.«

»Schön, ja … manchmal ist es allerdings gut, alte Strukturen aufzubrechen …«

»Gut, Bent, fang mit diesen beiden an. Und dann überleg dir, wen du noch haben willst.«

»Also dann …« Bent räusperte sich. Na super. Dominik Domeyer würde er wohl nie los. Er konnte dem Kommissariatsleiter schlecht erzählen, wieso er den Umgang mit dem Kollegen schwierig fand. Mit diesen großen, braunen Augen und den fein geschnittenen Zügen sah Dominik fast aus wie Andys Zwilling. Und wenn es jemanden gab, an den Bent ganz sicher nicht erinnert werden wollte, dann war es sein ebenso attraktiver wie narzisstischer Ex-Freund. Um Abstand von Andy zu kriegen, hatte er schließlich Flensburg verlassen!

»Der zuständige Beamte vom Verkehr heißt Meier. Warte mal …« Der Kommissariatsleiter zog sein Handy aus der Hosentasche und gab Bent Meiers Nummer.

»Viel Erfolg!« Ernst hob die Hand und ging Richtung Café.

»Danke.« Bent lauschte dem Freizeichen seines Diensthandys und betrachtete den Bürgerpark. Allmählich wurde es dunkel. Auf den ansteigenden Wiesen lagen zahlreiche junge Leute auf Decken und Handtüchern. Manche spielten Frisbee oder Federball. Ein Jongleur, der drei Keulen in der Luft hielt, fesselte für einen Moment seine Aufmerksamkeit, bevor sich Kollege Meier am anderen Ende der Leitung meldete und ihm Auskunft über die bisherigen Erkenntnisse gab. Das Todesopfer, eine gewisse Margret Lückner, habe ihren Ausweis bei sich getragen, unter ihrer Adresse sei auch ein Rudolph Hofmeister gemeldet, den man bisher weder telefonisch noch zu Hause habe erreichen können. Bent bedankte sich und begab sich zur Gästeschar auf der in Stufen abfallenden Terrasse des Cafés.

Sein Blick wanderte über die lächelnden Gesichter der Gäste, deren Sommerbräune sich dunkel von ihrer hellen Kleidung abhob. Für einige hier war die Party nun vorbei. Er würde die alte Crew zusammentrommeln. Ottfried Weber und Walter Kux sprachen gerade mit dem frisch gebackenen Pensionär. Er suchte Nina Tschöke in der Menge, neben ihr saßen Frank Herbst und Dominik Domeyer. Bent gab sich einen Ruck. Also los. Er durfte keine Zeit verlieren. Margret Lückner, wer immer sie gewesen sein mochte, würde nie mehr einen Sommerabend wie diesen in einem Parkcafé genießen können.

Dominik und Nina beschlossen, den Dienstwagen stehen zu lassen. Margret Lückners Adresse lag nur einen Spaziergang weit entfernt. Sie gingen die Wertherstraße entlang, die am Hang oberhalb des Bürgerparks verlief. Ein junger Radler ohne Licht kam ihnen entgegen. Nina rief ihm etwas zu, das Dominik nicht verstand.

Sie schnalzte mit der Zunge. »Diese Leute wissen gar nicht, in welche Gefahr sie sich begeben.«

Der Geruch von Rauch und Bratwürstchen drang in seine Nase. In einem der Gärten hinter den Häusern wurde gegrillt. Gelächter, das Klirren von Flaschen. Ein Auto mit einer wummernden Musikanlage fuhr an ihnen vorbei.

Er blieb unter einer Straßenlaterne stehen und zog den Zettel mit der Adresse aus der Hosentasche. Motten und Nachtfalter umtanzten das Licht. »Dornberger Straße. Wir müssen hier rauf.«

Beide blickten den Hang hoch. Ein Schild am Rand der Straße zeigte eine siebenprozentige Steigung an. Die lange Dornberger Straße führte zum Kamm des Höhenzugs Teutoburger Wald und machte an der höchsten Stelle eine Kurve. Dahinter ging es wieder ein Stück abwärts.

Nina sprach aus, was Dominik dachte. »Da konnte ja nichts mehr schiefgehen. Bei der Strecke kriegst du ordentlich Speed.«

Margret Lückners schöner Altbau lag weit oben, am steilsten Stück der Straße. Noch weiter oben ragte die dunkle Silhouette des Teutos auf. Dominik dachte an die Silvesternacht, in der er mit Betty ganz in der Nähe gestanden und das Feuerwerk über Bielefeld beobachtet hatte. Inzwischen lebten sie getrennt und anstelle eines Feuerwerks sah er ein fiebriges Leuchten über der Stadt, wie den Widerschein der zwischen den Häusern gestauten Hitze.

Sein Blick wanderte über die dunklen Fenster des Altbaus. Als sie näher herangingen, tauchte ein Bewegungsmelder sie in grelles Licht. Wütendes Hundegebell. Im Nachbarhaus zur Rechten ging ebenfalls Licht an.

»Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste«, sagte Nina.

»Schau dich um«, gab Dominik zurück. »Hier wohnen Leute, bei denen es was zu holen gibt.«

Repräsentative Bürgerhäuser und Stadtvillen säumten die Straße. Sie gingen zu Margret Lückners Haustür und klingelten. Ein Hund bellte hinter der Tür, sonst tat sich nichts. Neben dem Klingelschild befand sich ein Tastenfeld. Die Tür war durch eine Alarmanlage gesichert. Sie klingelten noch ein paar Mal. Doch nur das Gekläff hinter der Tür wurde lauter.

Dominik spürte, dass sie beobachtet wurden. Eine gebückte, weißhaarige Frau im Morgenmantel lehnte sich aus einem Erdgeschossfenster des Nachbarhauses. Sie hielt ein Telefon in der Hand. Dominik trat näher an die niedrige Buchsbaumhecke, die den Vorgarten des Nachbargrundstücks umgrenzte.

Die Frau straffte sich, umklammerte das Telefon. »Suchen Sie wen?« Ihre Stimme klang schrill und zittrig zugleich.

»Domeyer, Kripo Bielefeld.« Dominik hielt seinen Polizeiausweis in die Höhe.

Von Weitem würde sie den Ausweis nicht lesen können, aber ihre Miene entspannte sich. Sie ließ das Telefon sinken. »Kriminalpolizei? Ja dann … warten Sie.«

Die alte Dame verschwand vom Fenster, und eine Weile später öffnete sie ihnen die Tür. Sie stützte sich auf einen Rollator. Ihr Kopf wackelte, als würde sie ihn beständig über die Seltsamkeiten in der Welt schütteln. Ihr Gesicht, das Ähnlichkeit mit einem zu lange gelagerten Apfel hatte, verzog sich zu einem angestrengten Lächeln. »Ja bitte?«

»Domeyer und Tschöke«, sagte Nina freundlich. »Wir suchen Herrn Hofmeister. Das ist doch Ihr Nachbar, oder?«

»Ja. Und?« Mit ihrer altersfleckigen Hand betastete sie ihre perfekt gelegte Dauerwelle. »Möchten Sie hereinkommen? Darf ich Ihnen etwas anbieten?«

»Nicht nötig, Frau Schuster.« Dominik hatte ihren Namen auf dem Klingelschild gelesen. »Wir haben fürs Erste nur ein paar Fragen.«

Sie wirkte erleichtert. »Herr Hofmeister … der hat vor zwei Wochen Koffer aus dem Haus getragen. Ich habe ihn gefragt, wo er denn Urlaub macht. So ganz allein, ohne seine Frau, habe ich gedacht, komisch, aber heutzutage …«

»Und – wohin ist er gefahren?«

»Nirgendwohin, er macht keinen Urlaub. Mehr habe ich nicht rauskriegen können, so kurz angebunden wie der war! Und danach habe ich ihn nicht mehr gesehen.« Sie streichelte den Griff ihres Rollators und starrte ins Leere.

»Frau Schuster, dieser Herr Hofmeister …«

Sie blickte auf. »Der hat … hat der nicht so eine Galerie? Galerie Hofmeister in der Altstadt. Eine gute Adresse angeblich. Ich weiß aber nicht, wo. Ich komme ja kaum noch raus.«

»Vielen Dank. Das finden wir schon. Und seine Frau, Margret Hofmei… nein, Margret Lückner …«

»So was auch …« Frau Schuster verzog die Lippen zu einem Lächeln. »Komisch, nicht? Die Leute heiraten, und sie nimmt nicht mal seinen Namen an.« Ihr Kopf wackelte stärker. »Aber sie hat etwas von einem Blaustrumpf, wenn Sie mich fragen. Und nun ist er fort. Kein Wunder.«

»Wann haben Sie Frau Lückner das letzte Mal gesehen?«, fragte Dominik.

»Wieso …? Ist denn … ist was passiert?«

»Ihre Nachbarin hatte einen tödlichen Unfall.«

»Nein!« Ihre Augen wurden groß. »Einen tödlichen … Wo denn?«

»Das steht morgen ausführlich in der Neuen Westfälischen«, sagte Nina.

»Ich lese das Westfalenblatt.«

»Da auch. Also … wann haben Sie sie das letzte Mal gesehen?«

»Ja … hm … gestern Abend kam sie heim, ich hörte ihr Auto …«

»Und Margret Lückner saß am Steuer?«, fragte Dominik.

»Wer sonst? Die hatten getrennte Autos, der Hofmeister und sie. Ich habe sie nicht in ihrem Mercedes gesehen, aber später, als ich aus dem Küchenfenster schaute. Da ging sie von der Garage ins Haus.«

»Eine Garage, aha. War sie allein?«

»Ja, der Mann ist ja weg. Und die Tochter …« Sie kräuselte die Lippen. »Die Tochter tourt gern in der Weltgeschichte herum. In der Ostzone.«

»In Ostdeutschland?«

»In Leipzig, hat Frau Lückner erzählt. Da wären die Mieten noch billig, deshalb wohnt die Friederike jetzt dort. Die bewirbt sich da an der Schauspielschule. Aber Frau Lückner ist … war nicht glücklich darüber. Schauspielerin! Da wäre ich auch nicht glücklich drüber. Unser Sohn ist Studienrat, müssen Sie wissen. Und die Enkel …«

»Wann genau ist Frau Lückner denn nach Hause gekommen?«

Die alte Dame umfasste ihr Kinn, als wollte sie ihren wackelnden Kopf festhalten. »Noch vor der Aktuellen Stunde, aber wie lange vorher …« Sie schürzte die Lippen. »Hm. Vielleicht so gegen sieben? Wenn Frau Lückner während des Tatorts gekommen wäre, hätte ich das genauer sagen können. Da kann man die Uhr nach stellen, wann die den raus haben.«

»Wen?«

»Na, den Mörder. Der dicke Kommissar Thiel …«

»Hat noch jemand anderes Zugang zur Garage?«

»Außer ihr und ihrem Mann? Das kann ich mir nicht denken. Die Garage ist ja elektrisch gesichert und so. Ich kenn mich da nicht aus, aber da kommt man nicht so einfach rein. Ins Haus auch nicht. Nicht mal die Putzfrau kennt die Kombination, mit der man die Alarmanlage ausschaltet. Da war Frau Lückner eigen. Kann man ja auch verstehen, heutzutage …«

»Parkte sie ihren Wagen immer in der Garage?«

»Doch … ja, wenn sie den Mercedes länger abstellte, schon. Ihr Mann fährt einen Opel Corsa, der stand immer draußen.«

»Ist Ihnen in der letzten Nacht noch irgendetwas Ungewöhnliches aufgefallen? Hat Herr Hofmeister die Garage in letzter Zeit betreten?«

»Den habe ich seit zwei Wochen nicht mehr gesehen und sonst …« Sie schien den Kopf zu schütteln, was in dem Gewackel nicht so einfach auszumachen war. »Nein, nichts. Aber ich muss jetzt ins Bett, wenn die Herrschaften mich entschuldigen …«

»Nur eins noch: Wissen Sie, wie diese Putzfrau heißt?«

Sie notierten den Namen, den die alte Dame ihnen gab, und bedankten sich. Dann gingen sie ums Haus herum. Der Bewegungsmelder erfasste sie wieder und ließ die Garage kurz in hellem Licht erstrahlen. Neben dem Tor gab es ein ähnliches Tastenfeld wie an der Haustür.

»Interessant … Hofmeister wird die Kombination kennen«, sagte Dominik. »Der Täter muss die Garage irgendwann nach 19 Uhr betreten haben und hatte wohl bis zum Morgen Zeit, die Bremsen außer Kraft zu setzen.«

Nina nickte. Sie gingen an der Garagenseite entlang. Ein gepflegter Garten, dessen Mitte ein Springbrunnen zierte, kam in Sicht. Ein von Leuchten gesäumter Weg führte in den hinteren Teil des Gartens zu einer Sitzgruppe. Gedämpftes Gebell drang aus dem Innern des Hauses.

»Sag mal, Dodo, was zur Hölle ist denn ein Blaustrumpf?« Nina grinste.

»Altjüngferlich … vergeistigt … so in der Art. Wir brauchen diesen Hofmeister noch aus einem anderen Grund. Hörst du den Hund?«

Nina nickte. »Der verziert vermutlich gerade den Teppich mit Tretminen.«

Die Garage grenzte auf der Rückseite fast an eine Mauer. Es gab noch einen schmalen Durchgang, auf den Nina ihre Taschenlampe richtete. Eine Wassertonne kam in Sicht, davor glitzerten Scherben auf dem Steinboden.

»Nina, ich glaube, da ist ein Fenster auf der Rückseite.«

Nina schwenkte die Taschenlampe bis sie das Fenster erfasste. »Sieh an, da ist jemand eingestiegen, die Scheibe ist zerbrochen. Echt schlau, die Garage vorne sichern wie die Kronjuwelen, und hinten kann einsteigen, wer will.«

Sie gingen näher heran. Der Strahl von Ninas Taschenlampe wanderte über einen Gasgrill, einen Rasenmäher und Fahrräder. »Sieht erst mal nicht nach Diebstahl aus. Bin gespannt, ob Bella mit ihrer Truppe hier brauchbare Spuren findet.«

Dominik nickte. Er war bereits dabei, die Nummer von Bella Schnathorst, der Leiterin des Erkennungsdienstes, zu wählen.

Karen öffnete das Wohnzimmerfenster. Obwohl die Sonne bereits untergegangen war, hatte sich die Luft noch nicht abkühlt. Über dem Teutoburger Wald war ein voller Mond zu sehen. Sie glaubte, in den dunklen Strukturen den Oceanus Procellarum und das Mare Imbrium zu erkennen, doch je länger sie starrte, desto mehr verschwamm das Bild. Wind kam auf und streichelte ihr heißes Gesicht. Und dann hörte sie es und wich unwillkürlich vom Fenster zurück. Sie bilde sich das ein, sagte ihr Mann immer, wenn sie davon sprach. Also sprach sie nicht mehr davon. Es war wieder eine dieser Nächte, in der der Wind das Heulen der Wölfe mit sich trug.

Sie musste husten, doch der Husten tat nicht mehr weh, wohl wegen des Antibiotikums, das sie eingenommen hatte. Lass uns wegziehen, hatte sie ihn einmal gebeten, ich will nicht mehr so nah am Tierpark wohnen. Aber Karen, haben wir es denn nicht schön hier? Eine Villa in bester Lage und du … Er hatte ja recht.

Wieder musste sie husten. Sie stützte sich auf der Rückenlehne eines Sessels ab. So erschöpft hatte sie sich schon lange nicht mehr gefühlt. Das Geheul wurde lauter, als ob die Wölfe sich näherten. Karen fröstelte, trotzdem hier noch die Hitze stand. Ob diese Tiere ihre Angst wittern konnten? Ihre Schwäche? Sie atmete tief durch und schloss das Fenster.

Der Weg in die Küche war mit Päckchen antibakterieller Feuchttücher gepflastert, die auf Kommoden, Regalen und Tischchen bereitlagen. Ihr Mann, der am Nachmittag von einer Arbeitstagung in München zurückgekehrt war, bestand seit ihrer Bronchitis darauf, immer eines in Reichweite zu haben. Heute Nacht würde er im Gästezimmer schlafen, um nicht von ihrem Husten gestört zu werden.

Auf dem Weg in die Küche kam sie am Bad vorbei, aus dem Geräusche drangen, ein Gurgeln, dann das Summen der elektrischen Zahnbürste. In der Küche versorgte sie sich mit einem Glas Eistee, ging damit in ihr Arbeitszimmer, schloss leise die Tür, setzte sich an den Schreibtisch, zog ihr Handy hervor und rief ihre Kollegin an.

»Hallo Karen.« Anke klang erstaunt. Im Hintergrund ertönte eine Männerstimme, dann ein heller Ton, als würden zwei Gläser aneinandergestoßen.

»Ja … ich …« Sie wusste nicht mehr, wie sie anfangen sollte. »Du warst so kurz angebunden heute Morgen, und es … ja … es ist mir sehr unangenehm, dass ich mich direkt nach dem Urlaub krankmelden musste und …« Ein Geräusch ließ sie den Faden verlieren. Sie sah auf. Ihr Mann stand in der Tür und schüttelte den Kopf.

»Karen.« Anke lachte auf. »Weißt du, warum ich nicht lange sprechen konnte?«

»Ähm … nein.« Ihr Mann hob gerade die Augenbrauen, schüttelte noch einmal den Kopf und ging.

»In dem Moment, als du angerufen hast, lief die Rauhut bei mir auf. Ohne Termin natürlich.«

»Ach so.« Karen lachte mit ihr, bis das Lachen in Husten überging. Die Rauhut war Ankes schwierige Klientin, für die die Kollegin die gesetzliche Betreuung in Finanzangelegenheiten übernommen hatte. Eine undankbare Aufgabe, denn die Frau kam so gut wie nie mit dem ihr eingeteilten Geld aus.

»Sonst hätte ich doch gerne noch geplaudert. Du … ich habe gerade Besuch. Können wir vielleicht morgen …«

»Besuch, na klar.« Männerbesuch hieß das wohl. »Kein Problem, Anke. Schönen Abend noch.«

»Dir auch. Und vor allem: Gute Besserung!«

Karen beendete das Gespräch. Anke erinnerte sie an sich selbst – vor dreißig Jahren. Sie hatte sich über einen Mangel an Verehrern nicht beklagen können – damals, als sie noch in einer kleinen Dachwohnung statt einer Villa lebte und den Glücklichen, der in ihrem Futonbett neben ihr aufwachen durfte, mit Prüttkaffee statt mit Espresso aus dem italienischen Kaffeevollautomaten versorgte. Im Sommer waren sie nachts oft mit ihren Weingläsern aus dem Fenster aufs flach abfallende Dach gestiegen, um sich dort auszustrecken und in den Sternenhimmel zu schauen.

Und dann war sie solide geworden, ein Kind bedeutete nun mal Verantwortung. Ihr Blick fiel auf ihr angespanntes Gesicht, das sich in der Fensterscheibe spiegelte. Keine Spur mehr von der früheren Leichtigkeit. Sie wandte sich ab, schloss mit zitternden Fingern eine Schreibtischschublade auf, tastete nach der Tablettenschachtel, drückte eine heraus, schluckte und spülte mit dem Eistee nach. Zuckte zusammen, als sie die Stimme ihres Mannes hörte.

»Ehrlich gesagt, Liebes, ich verstehe nicht, wieso du bei denen noch arbeitest! Wenn du dich auch noch dafür entschuldigen musst, dass du krank bist! Ich verdiene mehr als genug für zwei und …«

»Schon gut, die Kollegin war sehr nett am Telefon.« Sie wusste, was jetzt kommen würde. Ihr Mann stammte aus einer wohlhabenden Familie, besaß mehrere Mietshäuser und hätte nicht einmal selbst arbeiten müssen. Manchmal, wenn ein besonders schwieriger Klient ihr zusetzte, dachte sie schon daran, ob sie nicht aufhören sollte in diesem Betreuungsbüro. Aber wollte sie wirklich ihr letztes Stückchen Unabhängigkeit aufgeben?

Die Galerie Hofmeister lag im Erdgeschoss eines Altbaus in der Nähe des Klosterplatzes. Bent Anderson spähte in die dezent ausgeleuchteten Schaufenster. Die Bilder bestanden aus einer Vielzahl wirrer Linien, die sich verdichteten zu … Köpfen, Gesichtern, wenn er sich nicht täuschte. Hohläugig und melancholisch im Ausdruck, die Züge Überlebender. Bent machte auf dem Bürgersteig einem jungen Paar Platz, das der nahen Altstadt-Fußgängerzone zustrebte, um sich in den Strom der Nachtschwärmer einzureihen. Gelächter mischte sich in das Summen ihrer Stimmen.

Er drückte die gusseiserne Klinke der Eingangstür zur Galerie runter. Geschlossen. Ab 18.30 Uhr, entnahm er dem Schild neben der Tür. Er war also viel zu spät dran. Aber in den Räumen brannte noch Licht, soweit er das erkennen konnte. Vielleicht war Hofmeister noch da. Er klingelte ein paar Mal und wollte gerade aufgeben, als die Tür aufgeschlossen wurde. Als Bent dem Mann seinen Polizeiausweis zeigte, erlosch dessen verbindliches Lächeln.

»Herr Hofmeister?«

»Ganz recht.« Der Galerist richtete seine Krawatte. »Womit kann ich …«

»Können wir uns irgendwo in Ruhe unterhalten?«

Hofmeister, der wie er in den Fünfzigern sein musste, strich sich über den schmalen Streifen Bart, den er zwischen Unterlippe und Doppelkinn hatte stehen lassen. Er blickte hinaus auf die Straße, als wollte er sich vergewissern, dass niemand mitbekam, dass ein Polizist seine Galerie betrat, und nickte dann. Bent folgte ihm durch die Ausstellungsräume. Sie gingen über knarrende Holzdielen an Liniengeflechten und grob gestrickten Figurendarstellungen auf Leinwand vorbei. Das Ganze erinnerte Bent an Jean Dubuffet und seine Art brut. Sein Ex-Freund Andy hatte ihn bei ihrer letzten gemeinsamen Parisreise in eine Ausstellung von Dubuffet geschleppt.

Auf der Höhe eines großformatigen Bildes in Grau- und Brauntönen mit dem Titel Kain und Abel blieb Hofmeister plötzlich stehen, drehte sich auf dem Absatz um und fragte: »Worum geht es denn eigentlich? Doch wohl nicht um die neue Ausstellung? Oder bin ich etwa einem Fälscher aufgesessen?« Er lachte gekünstelt. Kleine Schweißperlen glitzerten auf seiner hohen Stirn, die in eine Halbglatze überging.

»Also …« Bent schaute sich um. »Wir setzen uns am besten.« Er steuerte auf das Polsterrechteck aus schwarzem Leder zu, das in der Mitte des Raumes stand. Man wusste nie, wie die Leute reagierten, und er würde Mühe haben, den etwas fülligen Mann aufzufangen.

Sie ließen sich nieder.

»Also?« Hofmeister schlug die Beine übereinander. Seine spitzen, schwarzen Lederschuhe schimmerten in dem gedämpften Licht.

»Ihre Frau hatte einen Unfall. Wir hätten es Ihnen gerne früher mitgeteilt, aber unter Ihrer Adresse konnten wir Sie nicht erreichen, und auf den AB wollten wir nicht …«

»Unfall? Das … und wie … wie geht es ihr jetzt?«

»Es war ein schwerer Unfall.« Bent räusperte sich. »Ein tödlicher Unfall. Es tut mir sehr leid!«

Hofmeister runzelte die Stirn. »Was? Margret? Meine Frau ist verun…«

»Rudolph, hier bist du!« Eine große, schlanke Frau im engen Rock und Ballerinas kam auf sie zu. Sie hinkte ein wenig, trat vorsichtig mit ihrem linken Fuß auf, dessen Knöchel mit einer Bandage umwickelt war. Sie warf ihre rote Mähne zurück und lächelte Bent an.

Hofmeister blickte zu ihr auf.

»Möchtest du mich nicht vorstellen?« Ihre Stimme war ungewöhnlich tief. Sie beugte sich hinunter, um die lockere Bandage zu richten. Dann sah sie wieder auf und ihr Lächeln verblasste. Sie spitzte ihren breiten, rot geschminkten Mund. »Alles … alles in Ordnung?«

»Der Herr ist von der Kripo.« Hofmeister massierte seine Schläfen, schüttelte den Kopf und schluckte. »Margret ist verunglückt. Tödlich. Mit ihrem Mercedes, oder, Herr … äh … Kommissar?«

Bent hob die Brauen. »Richtig, Ihre Frau ist mit einem Mercedes gefahren.« Dass es ein Autounfall war, schien Hofmeister vorauszusetzen.

»Oh … ach du meine Güte!« Die Frau sah Bent fragend an, legte Hofmeister dann die Hand auf die Schulter. »Rudolph, du Armer, wie schrecklich!«

»Das ist Ellen Schneider, die Künstlerin, deren Ausstellung morgen eröffnet wird«, erklärte Hofmeister. »Wir haben die Ausstellung heute zu Ende aufgebaut«, fügte er hinzu.

»Na ja, hauptsächlich du.« Sie grinste schief. »Ich bin nämlich gestern Nachmittag mit dem Fuß umgeknickt. Aber Rudolph war so lieb und …«

»Frau Schneider … kannten Sie Margret Lückner?«

»Ich … nein, nur vom Sehen. Aber Rudolph, wenn … also, wenn du willst, blasen wir die Vernissage natürlich ab. Unter diesen Umständen …«

Hofmeister furchte die Stirn. »Das macht Margret auch nicht wieder lebendig.«

»Wie du meinst. Ich lasse euch dann besser mal allein.« Sie lächelte schief und nickte ihnen zu.

Nachdem das Geräusch ihrer Schritte auf dem Holzboden verklungen war, berichtete Bent vom Unfallhergang.

»Sie hat also die Kontrolle über den Wagen verloren?« Hofmeister bearbeitete seinen Bartstreifen. »Hatte sie einen Schwächeanfall oder …«

»Danach sieht es nicht aus.«

»Aha? War der Wagen etwa nicht in Ordnung? Den Mercedes hat sie im Juli noch zur Inspektion gebracht! Die haben doch wohl keinen Mist gebaut?«

»Diese Frage darf ich Ihnen aus ermittlungstechnischen Gründen nicht beantworten.« Bislang wussten nur die Polizei und der Täter, dass die Bremsen manipuliert worden waren. Wenn sie Glück hatten, würde sich der Täter mit seinem Wissen verraten.

»So?« Hofmeister zog die Brauen zusammen. »Aber wenn Ihre Ermittlungen abgeschlossen sind, werde ich ja wohl erfahren, was meiner Frau passiert ist?!«

»Natürlich.« Bent hatte öfter erlebt, dass die Angehörigen den Tod ihrer Lieben nicht wahrhaben wollten, manchmal auch Zusammenbrüche, aber Hofmeister wirkte gefasst. Betroffen, aber nicht übermäßig emotional, notierte Bent in Gedanken. »Herr Hofmeister, Sie sind vor einiger Zeit verreist? Eine Nachbarin hat das meinen Kollegen erzählt.«

»Wir … ähm …« Hofmeister straffte sich. »Margret und ich hatten beschlossen, dass uns etwas Abstand gut tun würde. Wir dachten, das wird unsere Ehe beleben. Nach fünfzehn Ehejahren muss man aufpassen, dass man nicht in Gewohnheiten erstickt. Ich wohne seit zwei Wochen bei … einem alten Freund aus Studienzeiten. Ein Provisorium.«

»Haben Sie noch einen Schlüssel für das Haus … und die Garage?«, fügte Bent hinzu. »Oder den Code? Da bellt ein Hund hinter der Tür …«

»Ach Gott, Orlando! Der muss sicher dringend raus. Ich gehe nicht davon aus, dass Margret den Code verändert hat. Wie gesagt, wir wollten nur eine Pause. Ja dann … dann sollte ich wohl gleich hinfahren.«

»Dürfte ich Sie begleiten und mich zusammen mit den Kollegen im Haus mal umsehen? Und in die Garage müssen wir mit der Spurensicherung.«

»Spurensicherung?« Hofmeister blinzelte, als wäre ihm etwas ins Auge geflogen.

Aus dem Nebenraum ertönte ein Rumpeln, dann das Scharren von Schuhsohlen. Ellen Schneider erschien im Durchgang mit einem in Noppenfolie eingewickelten Bild unter dem Arm. »Verzeihung. Den Leviathan nehme ich also wieder mit.«

»Wie besprochen.« Ein Lächeln straffte die weichen Konturen von Rudolph Hofmeisters Wangen. »Wir sehen uns, meine Liebe.«

»Also dann …« Sie schien nicht zu wissen, was sie sagen sollte. »Ich ruf dich nachher an, ja? Das mit Margret … wirklich unfassbar! Und … ja, tschau, bis bald.« Sie winkte Bent, als wäre er ein alter Bekannter. Ihre Schritte entfernten sich. Eine Tür fiel dumpf ins Schloss.

Bent betrachtete das Liniengewirr von Kain und Abel. So genau war nicht zu erkennen, was da zwischen den beiden Figuren passierte, zu viele wirre Fäden, nur eine Verdichtung an der Oberfläche. Zudem wies das Ganze eine gewisse Räumlichkeit auf durch eine zweite Bildebene: An manchen Stellen öffnete sich das vordergründige Graubraun und ließ eine düstere Farbigkeit durchschimmern. Kain und Abel – eine der ältesten Mordgeschichten der Welt. Ein Bild, das thematisch ins Polizeipräsidium passte. Dekorativ war es nicht gerade, aber ihm gefiel es.

Bent holte Luft. »Ein interessantes Bi…«

»Die Spuren…«

Sie hatten gleichzeitig begonnen, zu sprechen. Er nickte Hofmeister aufmunternd zu.

»Wenn die Spurensicherung … gehen Sie davon aus, dass der Mercedes in der Garage beschädigt worden ist?« Nach einer Weile veränderte Hofmeister seine Sitzposition. Das Leder des Sitzelementes knarrte. »Also gut«, fuhr er fort. »Die Frage kann ich mir auch selbst beantworten.«

»Fährt ausschließlich Ihre Frau den Mercedes?«

»Nur Margret, ja. Ich begreife das nicht …« Hofmeister hob fragend die Brauen. »Das alles klingt, als ob … glauben Sie etwa, jemand wollte Margret etwas antun?«

»Leider ja. Herr Hofmeister, wo haben Sie die letzte Nacht verbracht?«

»Die letzte Nacht? Sie verdächtigen mich? Das …«

»Reine Routinefrage. Wir ermitteln in alle Richtungen«, sagte Bent in neutralem Ton. Er verschwieg, dass der Ehepartner in solchen Fällen meist der Hauptverdächtige war.

»Ja … hm … ich, wir – also Ellen, ich meine Frau Schneider … und ich haben ihre Bilder zur Galerie transportiert und überlegt, wie wir die Bilder am besten hängen.«

»Um wie viel Uhr haben Sie sich mit ihr getroffen?«

»Wir sind gegen 18.00 Uhr mit den Bildern zur Galerie gefahren. Wir haben die Bilder zum Teil schon aufgehängt und hier noch einen Wein getrunken so bis um … ja, es war schon zwei, als ich nach Hause fuhr.«

»Nach Hause?«

»Zu meinem alten Studienfreund. Ach ja, er heißt Robert Bauer, falls Sie das überprüfen müssen«, fügte er mit süffisantem Lächeln hinzu. »Was das Haus anbetrifft, ich weiß, ich könnte Ihnen den Zugang verweigern …«

Und dich verdächtig machen, aber dafür bist du zu klug.

»… und ich bezweifele, dass Margret es goutieren würde, dass Fremde sich in ihrem Haus umtun. Aber wenn Ihnen das weiterhilft, dann bitte … fahren wir doch gemeinsam dorthin.« Er verschränkte die Arme über dem runden Bauch.

»Herr Hofmeister, haben Sie eine Idee, wer Ihrer Frau etwas Böses gewollt haben könnte? Gab es ein Vorkommnis in letzter Zeit, einen Konflikt, etwas, das …«

»Wer sollte ihr etwas Böses gewollt haben? Einer Bibliothekarin, die sich mit einer Leidenschaft Büchern widmete, die …«, er senkte den Blick, »die ihr im sonstigen Leben eher abging.« Hofmeisters schwarzes Hemd spannte über seinem bebenden Bauch. »Es sei denn …«

»Ja?«

»Bei den Nachbarn ein paar Häuser weiter hat es in den letzten beiden Monaten zwei Wohnungseinbrüche gegeben. Seitdem machte Margret sich Gedanken. Und jetzt …« Er runzelte die Stirn. »Ob das etwas mit diesen Einbrüchen zu tun hat?«

»Ist schon einmal jemand in Ihre Garage eingebrochen?«

»Bisher nicht. Man müsste ja die Alarmanlage ausschalten. Und von hinten … Margret hatte Angst, dass da jemand einsteigen könnte, aber das Wertvollste, das in der Garage steht, ist der Mercedes, und man kann das Tor nicht von innen öffnen, wenn die Alarmanlage aktiviert ist.« Rudolph Hofmeister starrte mit düsterer Miene vor sich hin, schüttelte dann den Kopf.

»Mal was anderes … Herr Hofmeister …« Bent lächelte. »Habe ich das richtig verstanden, Sie sind also in erster Linie Galerist?«

»Nicht nur in erster Linie.« Hofmeister hob eine Braue. »Das füllt meine Zeit durchaus.«

»Schön, ja und … verkaufen Sie viel? Verstehen Sie mich nicht falsch, aber was Sie hier ausstellen, trifft nicht gerade den Massengeschmack.«

»Man braucht schon einen langen Atem«, gab Hofmeister zurück. »Aber auch das Exklusive hat seine Liebhaber. Und, ehrlich gesagt, die Erwartungen der Masse haben mich noch nie interessiert.«

Hofmeister wollte mit seinem eigenen Wagen fahren. Bent und er trafen sich eine halbe Stunde später vor dem großen Altbau des Ehepaars, der von Rhododendren umgeben war. Hinter einem hohen Bogenfenster im Erdgeschoss-Erker tauchte ein struppiger, kleiner Hund auf und fing an zu bellen, als er sein Herrchen auf dem Bürgersteig entdeckte. Davor parkte bereits ein Dienstwagen. Bent klopfte gegen die Scheibe, und Dominik und Nina stiegen aus. Der Galerist schloss auf. Noch bevor er das Licht einschalten konnte, schoss ein Fellbündel auf ihn zu. Hofmeister schnappte sich das aufgeregte Hündchen und versorgte es in einer Küche nebenan mit Wasser und Futter, bevor er es in den Garten ließ.

Während die anderen die Treppe zu Margret Lückners Arbeitszimmer hochstiegen, führte Hofmeister Bent mit den Worten: »Margrets Privatbibliothek« in ein Eckzimmer im Erdgeschoss. Die Bücherwände erstreckten sich bis zur hohen Decke. Eine Schiebeleiter machte die oberen Regalreihen zugänglich. Über einem Sofa hing ein gerahmtes Portraitfoto, das Margret Lückner zusammen mit einer zehn Jahre jüngeren Ausgabe von Rudolph Hofmeister und einem Mädchen zeigte, das Bent auf zwölf oder dreizehn Jahre schätzte. Die grün gefärbten, langen Haare des Mädchens kontrastierten mit seinem T-Shirt in grellem Pink. Vermutlich handelte es sich um Frau Lückners Tochter, die in die Kamera grinste und dabei ihre Zahnspange entblößte. Sie überragte bereits ihre zierliche Mutter, deren Hornbrille zu wuchtig für ihr herzförmiges Gesichtchen wirkte. Wobei die dicke Hornbrille auch schon das Auffälligste an der in gedeckten Farben gekleideten Bibliothekarin war. Margret Lückner war weder hübsch noch hässlich gewesen – kein Mensch, dem man auf der Straße einen zweiten Blick gönnen würde.

Hofmeister beschäftigte sich mit seinem Handy, und Bent ging an den Bücherreihen entlang. Das dunkle Parkett knarrte bei jedem Schritt. Margret Lückner hatte bibliophile Ausgaben, Prachtbände und alte Exemplare bevorzugt. Er zog eine ledergebundene Ausgabe von Goethes West-östlicher Diwan aus dem Regal und warf Hofmeister einen Blick zu. Der hatte sich gerade zum Fenster gedreht und sprach in sein Handy.

»Was soll das heißen, Sie wissen nicht, wo sie ist? Ich dachte, Sie und Rike wohnen zusammen! Ja, was? Dann holen Sie doch jemanden, der das weiß! Ich muss meine Stieftochter unbedingt sprechen – und das sofort!«

Bent blätterte in dem Buch und entdeckte, dass es sich um eine Ausgabe aus dem Jahr 1821 handelte. Behutsam schob er den Band ins Regal zurück. Hier schienen Kostbarkeiten aufgereiht zu sein. Dafür sprach auch, dass die Bibliothek klimatisiert war. Das Thermometer an der Wand zeigte angenehme achtzehn Grad, während im Flur noch die Tageshitze stand.

Hofmeister stöhnte auf und schmetterte sein Handy auf das Sofa.

»Sie erreichen Ihre Stieftochter nicht?«

»Friederike ist wie immer unterwegs! Und ans Handy geht sie auch nicht!« Hofmeister schürzte die Lippen. »Na, die meldet sich spätestens, wenn sie wieder Geld braucht.«

»Apropos Geld … wie hat Ihre Frau das alles finanziert?« Bent machte eine Armbewegung, die den Raum umfasste. »Als Bibliothekarin …«

»… verdient man nicht üppig, ich weiß. Sie hat das Haus und noch einiges andere von ihren Eltern geerbt.«

Bent holte Luft, um etwas zu sagen, als der Kollege Domeyer eintrat. Er strich sich eine dunkle Locke aus der Stirn, die sofort wieder zurückfiel, und lächelte Hofmeister charmant an. In solchen Momenten ähnelte er Bents Ex-Freund Andy noch mehr als sonst. Plötzlich wünschte sich Bent, ihm gälte dieses Lächeln. Er rief sich zur Ordnung. Er hatte schon in den letzten Monaten solche Anwandlungen gehabt. Das musste aufhören! Er konnte Dominik, dessen Büro auf demselben Flur lag wie seines, schließlich nicht immer aus dem Weg gehen.

»Herr Hofmeister, wir haben einen abgeschlossenen Schreibtisch entdeckt.« Dominiks Lächeln verstärkte sich. »Wir suchen nach Hinweisen …«

»Ich verstehe schon.« Hofmeister erwiderte das Lächeln. »Ich weiß, wo Sie den Schlüssel finden werden. Margret hatte keine Geheimnisse vor mir. Kommen Sie.«

Sie folgten ihm in das Arbeitszimmer im ersten Stock, in dessen Mitte ein breiter Schreibtisch stand. Nina war gerade dabei, ein Fenster zu öffnen. Hier war es im Gegensatz zur Bibliothek ziemlich warm. Ein Nachtfalter kam herein und flatterte zielstrebig unter den grünen Glasschirm der Schreibtischlampe. Hofmeister nickte Nina zu, nahm ein Bild ab, hinter dem ein in die Wand eingelassener Tresor zum Vorschein kam, tippte eine Zahlenkombination ein und holte einen Schlüssel aus dem Tresor.

»Gut gesichert. Wem gegenüber hatte Ihre Frau denn Geheimnisse?«, fragte Bent, während Hofmeister die Schubladen für sie aufschloss.

Hofmeister blickte auf. »Gute Frage. Wie wäre es mit … Friederike.«

»Darf ich?« Nina setzte sich auf den Schreibtischstuhl und zog eine der Schubladen auf. Hofmeister stellte sich zu Bent ans offene Fenster, das auf den Garten hinausging, und wischte sich Schweiß von der hohen Stirn.

»Hatte Ihre Frau ein gutes Verhältnis zu ihrer Tochter?«, fragte Bent.

Im Garten plätscherte ein Springbrunnen vor sich hin. Motten tanzten um die Leuchten am Rand eines Gartenwegs. Dominik blickte Nina über die Schulter. Sie blätterte in einer Mappe, das Papier raschelte leise.

»Herr Hofmeister?«, machte Bent weiter.

»Schwer zu sagen. Natürlich wollte Margret nur das Beste für Friederike …«

»Aber?«

»Margrets und Rikes Ansichten über das Beste lagen weit auseinander. Und meine Frau pflegte ihre Meinungen dezidiert zu vertreten.«

»Worum ging es dabei?«

»Friederike denkt keine Sekunde lang daran, sich in die bürgerliche Vorstellungswelt ihrer Mutter einzupassen …«

Tu endlich Butter bei die Fische! Hofmeister starrte ihn an. Hatte er das laut gesagt? Bent räusperte sich. »Schön … und konkret?«

»Seit Jahren bewirbt meine Stieftochter sich an Schauspielschulen, erfolglos natürlich. Dann hauste sie auch schon mal in einem – wie sagt man – einem Zirkuswagen. Oder Bauwagen? Und zurzeit versucht sie wohl, sich mit Straßentheater über Wasser zu halten – mehr schlecht als recht.«

»Aha. Wissen Sie, wann Ihre Stieftochter das letzte Mal hier war?«

»Bedaure. Ich selbst bin seit meinem Auszug vor zwei Wochen nicht mehr hier gewesen. Und davor … sie besuchte sie alle paar Monate mal, in der Regel, um sich eine Finanzspritze abzuholen.«

Vom Schreibtisch kam Gemurmel. Dominik gesellte sich zu ihnen ans Fenster, er hielt einen ledergebundenen DIN-A4-Kalender in der Hand. »Herr Hofmeister, Ihre Frau hat hier für das vorletzte Wochenende Bad Tölz eingetragen. Was hat sie damit gemeint? Haben Sie Freunde dort?«

»Bad Tölz?« Hofmeister betastete seinen Bartstreifen. »Nein, ich wüsste nicht … wir waren nie dort, und was Margret da wollte …« Er zuckte mit den Achseln.

»Im Kalender taucht öfter eine Gesa auf«, meldete sich Nina vom Schreibtisch. Das Licht der Schreibtischlampe spiegelte sich in ihren Brillengläsern, bis sie den Kopf bewegte.

»Ja ja, die Gesa …« Hofmeister verzog den Mund. »Ich nehme an, jede Frau braucht eine Busenfreundin, selbst Margret. Ihre Kollegin Gesa Mönkemöller. Die arbeitet auch in der Unibibliothek.«

»Vielen Dank. Und … dürften wir den Kalender mitnehmen?«, fragte Dominik. »Sie bekommen ihn unversehrt zurück.« Wieder dieses Lächeln. Bent wandte den Blick zum Fenster, sah gerade noch, wie ein fellbedecktes Tier im Gebüsch des Gartens verschwand. Ein Marder?

»Bitte, nehmen Sie den doch mit, Herr …«

»Kommissar Domeyer. Upps, was ist denn das für ein Foto?«

Es war aus dem Kalender gefallen. Bent bückte sich danach. Die Aufnahme zeigte ein Bergpanorama mit schneebedeckten Gipfeln. Im Vordergrund waren ein hoher Felsen und eine mit Sträuchern bewachsene Schlucht zu sehen. »Kennen Sie dieses Foto, Herr Hofmeister?«

Hofmeister warf einen Blick darauf. »Nein, tut mir leid. Hübsches Urlaubsfoto. Könnten die Alpen sein, oder? Vielleicht hat sie das an dem Wochenende in Bad Tölz gemacht.«

Bent reichte das Foto Dominik, der es auf den Schreibtisch legte und auf den Laptop daneben tippte. »Dieser Laptop …«

»… gehört meiner Frau.«

»Wir würden uns den gerne mal ansehen. Hatte Ihre Frau ein Passwort?«

»Da bin ich überfragt. Ich gehe nie an ihren Laptop.«

»Dürften wir den auch mitnehmen?« Dominik lächelte. »Unser IT-Experte …«