Zitronen aus Fribello - Yvonne Lacina-Blaha - E-Book
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Zitronen aus Fribello E-Book

Yvonne Lacina-Blaha

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Beschreibung

Italien – Zitronenduft – Meeresbrise – türkisfarbenes Wasser ... In dem kleinen italienischen Dorf Fribello ist ganz schön was los. Die Touristin Isabella hat sich von ihrem Freund Lucas getrennt und gönnt sich eine Auszeit am Meer. Der gutaussehende Obsthändler Angelo glaubt an Früchte und die Liebe und will Isabella von sich überzeugen. Er legt ihr Zitronen und Sterne zu Füßen, aber das bringt alles nichts. In seiner Verzweiflung fragt er seine Kunden um Rat. Zitronen gegen gute Ratschläge. Einige zweifeln dadurch selbst an ihrer Liebe. Angelo muss sie am Ende auch noch trösten. Und da er schon in Übung ist, kümmert er sich auch gleich um Lucas, den Ex-Freund von Isabella. Der ist Isabella wild entschlossen nach Fribello nachgereist und will sie zurückerobern, er weiß nur nicht wie. Angelo nützt diese Chance und überredet seinen Nebenbuhler zu übertriebenen romantischen Liebesbeweisen, damit er sich ja nur lächerlich macht. Als wäre die Situation nicht schon verwirrend genug, mischt sich auch noch die Ex-Freundin von Angelo ein. Die will, dass diese Touristin möglichst schnell aus dem Dorf verschwindet – und sie weiß auch schon wie, sie muss nur die Dorfbewohner auf ihre Seite ziehen. Ein fulminantes Buch voller Leichtigkeit, dolce vita, Italien... – ein Lehrstück über die Liebe, Abgründe, Versöhnungen und darüber, dass echte Liebe ein ganzes Dorf in Atem halten kann... Mit Rezepten für das perfekte Liebesdinner.

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Seitenzahl: 301

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HANDELNDE PERSONEN

ISABELLA — Touristin

ANGELO — Obstverkäufer

LUCAS — Tourist

LORENZO — Bruder von Angelo

DONATELLA — Ex-Freundin von Angelo

MISTER BRIDE — Tourist

SIGNORA COTTINETTI — Vermieterin

RICARDO — Wirt

SIGNORA TRENETTI — Feinkostladen

SIGNOR COSTADELLA — Zitronenbaum-Allee

SIGNORA MISTRELLA — Blumenladen

DOTTORE FRACALLO — Dorfarzt

SIGNOR CATTASINA — Schuhladen

SIGNORA VACCILLANO — Schreibwarenladen

SIGNORA CATTOLONA — Postamt

PATER MAESTRO — Pfarrer

SIGNOR FRATELLO — Bürgermeister

SIGNOR LISETTO — Polizist

INHALTSVERZEICHNIS

Zitronen aus Fribello

Rezepte

Tomatensuppe

Rote Rüben Risotto mit Rucola, Gerösteten Kichererbsen & Kren

Erdbeer Flammkuchen

Tiramisu & Erdbeeren

Panna Cotta

Ravioli di Scamorza con Burro Agli Agrumi

Torta Caprese al Limone e Cioccolato Bianco

Isabella freut sich auf den Strand und das Meer, das sie schon durch die Autoscheibe in seiner ganzen Weite glitzern sieht. Sie parkt und wirft einen Blick in den Rückspiegel. Sie schaut in das satte Grün ihrer Augen. Müde sieht sie aus, und ihre langen braunen Haare könnten eine Bürste vertragen. Sie streckt sich und öffnet die Autotür. Sofort weht ihr ein leichter Wind den salzigen Geruch nach Meer in die Nase. Sie lehnt sich an das Auto, schirmt mit der Hand die blendende Sonne ab und lässt ihren Blick über die Promenade schweifen. Das ist also Fribello. Wie dieser Name schon klingt, wie ein schönes Versprechen ...

Sattes leuchtendes Rot wechselt sich mit zartem Rosa und strahlendem Gelb ab. Die Blumen in diesem Beet sind nicht in Reih und Glied eingesetzt, sie sind kunterbunt durcheinandergemischt wie auf einer Blumenwiese. Die grünen Parkbänke davor wirken wie frisch gestrichen. Sie hört nur das Rauschen des Meeres, kein Geräusch lenkt sie ab. Das tiefblaue Meer bewegt sich ganz sachte, die Sonne verschafft ihm diesen einzigarten Glanz. Der Strand ist menschenleer. Sie atmet tief ein. Ja, hier ist sie richtig, das spürt sie. Ihr Ex-Freund Lucas hätte jetzt neben ihr gestanden, mit den Händen in den Hosentaschen, und hätte Schon ganz nett gesagt. Allein bei diesem Gedanken atmet sie flacher. Sie braucht diese Auszeit in Fribello. Die Trennung muss sie erst verarbeiten. Lucas ist ihre große Liebe. Aber so sehr sie auch gekämpft haben, da war einfach nichts mehr zu machen, sie haben sich auseinandergelebt. Der Alltag war einfach stärker, er hat den Gefühlen keinen Raum mehr gelassen. Und ja, sie hätte Lucas fragen können, ob sie sich hier in Fribello gemeinsam eine Auszeit nehmen, vielleicht hätte sie das wieder zusammengebracht. Aber ihr war klar, dass er sich nie darauf eingelassen hätte.

Sie dreht sich um und schaut ihre Koffer an, die auf dem Rücksitz liegen. Sie parkt lieber außerhalb des Zentrums, da braucht sie keine Parkscheine. Sie wird einfach diesen Angelo fragen, ob er ihr tragen helfen kann. Sie muss sowieso zu ihm, er soll ihr ja ein Zimmer besorgen. Es ist heiß. Sie zieht ihren Pullover aus und knotet ihn um die Hüfte. Dann sperrt sie das Auto ab und schaut sich um. Wo ist das Schild mit der Aufschrift Centro? Sie muss zum Hauptplatz, dort ist Angelos Obstladen. Ihr Freund Lorenzo hat ihr so oft in den schillerndsten Farben von seinem Heimatort erzählt, dass sie das Gefühl hat, sich in Fribello bereits gut auszukennen. Das Dorf soll ja nicht groß sein, sie wird den Platz schon finden. Hoffentlich ist jetzt auch noch dieser Obsthändler so nett, wie Lorenzo ihn beschrieben hat, und besorgt ihr ein Zimmer mit einem atemberaubenden Meerblick.

Genau so hat sie Italien in Erinnerung. Sie bleibt vor einem sandfarbenen alten Steinhaus stehen und betrachtet die hellgrünen Fensterläden aus Holz. Ein Mintgrün. Die Holzkisten mit den rot leuchtenden Blumen passen perfekt dazu. Sie bindet sich die Haare zusammen. Nach sieben Stunden Autofahrt bräuchte sie jetzt eine kalte Dusche. Es wird Zeit, dass sie diesen Angelo findet. Lorenzo meinte, sie braucht keine Wegbeschreibung, jeder kennt seinen Obstladen. Das kann gut sein, aber Isabella hat hier noch keinen einzigen Menschen getroffen, wen soll sie also fragen? Der Duft von Zitronen steigt ihr in die Nase, sie kann sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal einen so intensiven Geruch wahrgenommen hat. Sie bleibt stehen und schaut sich um. Die Zitronenbäume stehen in Reih und Glied neben einem kleinen Brunnen. Die Früchte sind beeindruckend groß, die gelbe Farbe strahlt richtig. Sie ist so fasziniert, dass sie gar nicht bemerkt, dass sie schon auf dem Hauptplatz angekommen ist.

Sie weiß gar nicht, wo sie zuerst hinschauen soll. Überall stehen kleine Steinhäuser. In vielen ist ein Geschäft. Alle haben bunte Rollläden. Die Farben Blau und Grün wechseln sich ab. Lorenzo hat nicht übertrieben, es ist so richtig kitschig. Kitschig schön. Sie lächelt. Ach, Lorenzo, wie konnte er nur diesen hübschen Ort verlassen, um in einer stressigen Großstadt eine Pizzeria zu eröffnen? Und jetzt steht sie hier, mit einer leisen Ahnung von einem Lebensgefühl, von dem ihr Lorenzo so viel erzählt hat. Und da entdeckt sie auch schon den kleinen Laden mit alten, braun gestrichenen Holzkisten davor, das Obst darin sieht so richtig gesund aus mit seinen kräftigen Farben. Die Holzfenster sind gründlich gestrichen, und die große geschwungene dunkelgrüne Schrift frutta e verdura ist einladend. Vor dem Laden steht ein attraktiver schlanker Mann mit unendlich vielen schwarzen Locken. Er ist so anders als sein Bruder. Lorenzo ist groß und kräftig und hat fast keine Haare mehr auf dem Kopf. Hoffentlich weiß dieser Angelo auch wirklich Bescheid. Sie schaut an sich hinunter, ob sie halbwegs ordentlich aussieht, aber was kann sie nach so einer langen Autofahrt schon erwarten. Sie atmet tief ein, streckt den Körper durch, fährt sich mit den Fingern durch die Haare und geht los.

Angelo sortiert die Feigen, diesmal haben viele Dellen. Er legt sie auf die Seite, die kann er nicht verkaufen, die wird er selber essen. Er schaut auf, da steht ein Mädchen, er hat sie gar nicht gehört, so vertieft war er. Eine Touristin hat er hier schon lange nicht mehr gesehen. Er wischt sich die Hände am Tischtuch ab. Das macht er sonst nie. Er betrachtet Isabella genau, dunkle Locken, nicht so dicht und dunkel wie seine, sie hat große Augen, eine kleine Nase, sehr schlank. Angelo zieht sein T-Shirt gerade. »Was kann ich für die hübsche Fremde tun?«

Sie reagiert da jetzt lieber nicht darauf. »Lorenzo schickt mich, er meinte, Sie haben ein Zimmer für mich, also jetzt nicht bei Ihnen, aber in Fribello.«

Angelo lehnt sich an die Theke und schlägt die Füße übereinander. »Sind wir doch gleich per du, so ist das Leben viel einfacher. Ich bin Angelo.«

»Ich bin Isabella, es ist wunderschön hier. Lorenzo hat mir gesagt, dass Sie, also du, mir ein Zimmer besorgen könntest.«

Er mustert sie eingehend. »Wie lange brauchst du eines?«

Isabella schaut sich im Laden um. Die Äpfel liegen sogar nach Farben geordnet in den Holzkisten, sie ist beeindruckt. »Für etwa drei Monate.«

Angelo denkt nach. »Signora Cottinetti hat sicher ihr Gästezimmer frei. Das ist direkt am Meer. Wäre das in Ordnung für dich?«

Sie ist erfreut. »Das wäre toll!«

Angelo schaut sie an. »Hat mein Bruder Lorenzo noch irgendwas gesagt, wollte er mir etwas ausrichten? Wir haben sehr lange nicht miteinander geredet.«

Isabella will sich jetzt nicht unterhalten, sie will so schnell wie möglich das Zimmer sehen. »Nein. Lorenzo hat nichts gesagt, oh doch, liebe Grüße soll ich ausrichten.«

»Liebe Grüße, mehr nicht?« Er schaut zu ihren Beinen. »Wo sind die Koffer?«

»Die habe ich im Auto gelassen.« Sie hofft, dass das ein Angebot ist.

Angelo nimmt den Schlüssel. »Gut, dann holen wir sie.«

Sie ist erleichtert, sie hätte es schon irgendwie geschafft, aber so ist es ihr eindeutig lieber. »Ja, aber sollten wir nicht vorher fragen? Diese Signora Conti… anrufen?«

Er geht zur Tür und macht sie auf. Er dreht das „Komme gleich“-Schild um. Er zwinkert ihr zu. »Ach was, wir gehen einfach hin, ich habe nicht gehört, dass sie das Zimmer vermietet hat. Sie heißt Signora Cottinetti.«

Sie seufzt, hoffentlich laufen sie jetzt nicht umsonst zu dieser Frau. »Wir müssen über den Hauptplatz.«

An einer Straßenecke überlegt Isabella, ob das auch der richtige Weg ist. Sie schaut sich um und erkennt die Umgebung.

Angelo wundert sich. »Wie weit ist es noch?«

Sie deutet mit der Hand. »Fünf Minuten, ich wollte kein Parkticket lösen.«

Er bleibt kurz stehen und wischt sich über die Stirn. »Da ist es!« Isabella geht zu einem kleinen, roten Fiat und sperrt auf. Angelo hebt die Koffer aus dem Auto und stöhnt. Sie hätte gleich sagen sollen, dass er damit durch das halbe Dorf laufen muss, dann hätte er eine Schubkarre mitgenommen. Er redet den ganzen Rückweg kein Wort mit ihr, er ist einfach zu sehr mit den Koffern beschäftigt.

Isabella ist das Schweigen ganz angenehm. Sie kommen am Obstladen vorbei. Zum Glück steht niemand davor und wartet auf Bedienung, aber bei diesen Temperaturen geht ja auch keiner zu Mittag aus dem Haus, alle halten Siesta, nur er schleppt sich mit den Koffern ab. Der Arme. Er deutet Isabella mit dem Kopf an, dass sie Richtung Meer müssen.

Sie schaut ihn von der Seite an. »Es tut mir leid, sind sie sehr schwer? Es ist auch ziemlich heiß.«

Angelo richtet sich auf und schaut sie kurz an. »Ach, kein Problem. Wir sind ja gleich da. Noch zweihundert Meter.«

Er deutet auf ein zweistöckiges Steinhaus mit großem Garten. »Da ist es!« Er stellt das Gepäck vor dem Gartentor ab und lockert seine Schultern.

Es ist eins der sandfarbenen Steinhäuser mit einem roten Dach, die Fenster sind von blauen Holzläden umrandet und überall blühen Rosen. Der betörende Duft vermischt sich mit der salzigen Meeresluft. Sie atmet tief ein. Rosenduft mit Meeresluft. Hier kann sie es aushalten.

Die Hausherrin steht im Garten und schneidet gerade ihre roten Rosen. Das muss Signora Cottinetti sein. Sie entdeckt die Neuankömmlinge und richtet sich auf. Mit der Schere in der Hand deutet sie auf Angelo. »Was willst du? Und wen hast du da mitgebracht?«

Isabella zuckt zusammen, Angelo scheint den unfreundlichen Ton gar nicht wahrzunehmen.

»Diese junge Dame braucht ein Zimmer für drei Monate.«

»Das sind ja einmal gute Nachrichten«, Signora Cottinetti wird gleich freundlicher. »Ich habe ganz zufällig eines frei. «

So zufällig ist es wohl nicht, denn es sind kaum Touristen da. Sie macht das Gartentor auf und winkt Isabella herein. Angelo bückt sich und hebt die Koffer auf. Signora Cottinetti bittet Isabella in den Garten und macht das Tor zu. Sie schaut Angelo an. »Das schaffen wir schon. Danke.«

Isabella nimmt die Koffer und schnauft kurz. Signora Cottinetti macht die Haustür auf und deutet die steilen Stufen hinauf. Es ist alles sehr eng, sehr dunkel, und das Holz knirscht. Die Vermieterin sperrt im zweiten Stock einen kleinen Raum auf. »Das war das Arbeitszimmer meines Mannes, dort hat er aber meistens nur seine Schuhe geputzt, ich konnte den Geruch der Schuhpaste nie leiden. Aber was sollte ich tun, er war ein leidenschaftlicher Schuhträger, mehr Leidenschaft hatte er nicht in sich.« Sie lacht hysterisch.

Isabella gefällt das Zimmer. Es ist sehr einfach gehalten, die Möbel sind dunkelbraun, nicht ihre Lieblingsfarbe, aber der Balkon mit diesem Ausblick lässt sowieso alles andere unwichtig werden. Besser geht es nicht. Isabella schaut aus dem Fenster. So wird sie also jeden Tag aufwachen und schlafen gehen, wie Lorenzo es gesagt hat. Signora Cottinetti räuspert sich, sie hat nicht ewig Zeit. Isabella dreht sich um. »Oh, tut mir leid, ich war nur ...«

Signora Cottinetti schaut auf die Uhr. »Ist schon gut, wir sollten die organisatorischen Dinge besprechen. Kein Rauchen, kein Herrenbesuch, zweihundert Euro in der Woche.«

Isabella freut sich über den Mietpreis, so bleibt von ihrem Budget sogar noch etwas übrig. Es war eine kluge Entscheidung, das Weihnachtsgeld ihrer Großmutter all die Jahre anzusparen. Als Angestellte in einem Buchladen hätte sie sich nicht so viel Geld zur Seite legen können.

Signora Cottinetti faltet die Scheine und steckt sie in ihre Weste. Sie zieht den Schlüssel von der Tür ab und gibt ihn Isabella. »Ich hoffe auf ein ruhiges Zusammenleben.«

»Ganz sicher.« Isabella zieht schnell die Tür zu, sie will allein sein. In den letzten Monaten hatte sie einfach zu viele Diskussionen mit Lucas. Nach zehn Jahren Beziehung will sie sich endlich auf sich konzentrieren und herausfinden, was das Leben für sie noch bereit hält. Sie war es, die die Beziehung beendet hat. Und ihren Job hat sie gleich mitgekündigt. Denn wenn man nichts ändert, verändert sich nichts. Sie ist frei. Frei in Fribello. Sie hat lange genug gezögert.

Lucas steht bei Lorenzo in der Pizzeria. »Hast du etwas von Isabella gehört? Hat sie dir vielleicht erzählt, wo sie ist? Ich meine, dir erzählt sie doch alles. Du kennst wohl ihre Sicht auf unsere Beziehung besser als ich.«

Lorenzo lacht. »Jetzt übertreibst du. Ja, wir reden viel, aber das ich mehr weiß als du, das bezweifle ich. Sie ist in Fribello, ich habe sie hingeschickt. Sie bleibt ein paar Monate. Das Mädchen braucht Klarheit und Meeresluft.«

»Sie ist bitte wo?« Lucas ist erstaunt, sie hat es wirklich getan. Sie hat nicht nur davon geredet, sie hat sich eine Auszeit genommen. Sicher hat sie auch in der Buchhandlung gekündigt. Das überrascht ihn jetzt wirklich.

»Fribello ist ein Ort, der einem irgendwie Kraft gibt. Man kann sich auf sich selbst konzentrieren, weil es so wenig Ablenkung gibt. Das herrliche Meer, der betörende Duft der Blumen und diese Zitronen leuchten den ganzen Ort aus, so viele sind es. Diese schöne Umgebung lässt einen auch innerlich ruhig werden. Deswegen habe ich Isabella nach Fribello geschickt. Sie ist eine Träumerin. Sie kann dort wieder zu dir finden, du wirst ihr fehlen, weil sie jetzt wieder frei ist für ihre eigenen Gefühle. Sie liebt dich doch! Du solltest zu ihr fahren. Das Ambiente dort hilft selbst einem Typen wie dir, der nichts von Romantik versteht. Sie wird dich gleich in einem anderen Licht sehen, wenn du im Zitronenduft vor dem Meer stehst. Verstehst du!« Lorenzo schaut ihn erwartungsvoll an.

Lucas nickt. »Ich bin mir nicht sicher, ob das der beste Weg ist, eine Beziehung zu reparieren, wenn der andere abhaut. Aber du hast es ja nur gut gemeint.« Lucas ist verzweifelt. Er verlässt die Pizzeria. Er muss nachdenken, vielleicht sollte er wirklich nach Fribello fahren.

Angelo steht in seinem Obstladen und sortiert die Äpfel, er mag das nicht, wenn Kunden die unterschiedlichen Sorten durcheinanderbringen. Die Roten und die Grünen, sie müssen immer in einer Reihe sein. Er träumt vor sich hin. Dieses Mädchen. Er nimmt einen Apfel und beißt hinein. Hübsch ist sie. Er ist neugierig auf sie. Er schluckt ein Stück hinunter. Wen hat sein Bruder ihm da wohl geschickt? Er kann nicht glauben, dass nicht mehr als liebe Grüße zwischen ihnen übrig sind. Er muss ihn anrufen, vielleicht kann Lorenzo ihm auch etwas über sie erzählen. Er muss diese Isabella noch einmal sehen, am liebsten sofort. Sie hat sicher Hunger, er sucht Obst aus und schnappt sich einen Korb.

Signora Cottinetti schaut aus dem Fenster, als Angelo sich dem Gartentor nähert. Sie schüttet die Nudeln ins kochende Wasser, knallt den Deckel auf den Topf und geht zum Gartentor. »Du schon wieder! Was brauchst du?«

»Ich habe dir vorhin einen Gast gebracht, also könntest du ruhig ein bisschen dankbar sein.«

Er weiß ganz genau, dass die Alte ihm eigentlich eine Provision für die Vermittlung eines Feriengastes schuldet. Ihr Blick fällt auf den Obstkorb, den Angelo in der Hand hat.

»Darf ich zu Isabella? Ich möchte ihr diesen Korb zur Begrüßung schenken.«

Signora Cottinetti geht auf die Seite, um Platz zu machen. So still ist sie selten, dieser Kerl verlangt keine Provision für die Vermittlung, der bringt auch noch etwas.

Isabella sitzt auf dem Bett und betrachtet den Lampenschirm. Viele kleine Zitronen sind darauf gestickt. Sie lässt ihren Blick die Wände entlang wandern, etliche kleine Landschaftsbilder hängen da. Es klopft. Das wird doch nicht wieder dieser Angelo sein. Sie steht langsam auf und geht zur Tür.

»Du hast sicher schon lange nichts mehr gegessen, das Obst ist natürlich aus meinem Laden.«

Über diese Aufmerksamkeit freut sie sich. »Der ist ganz schön groß! Danke, das ist sehr nett.« Sie nimmt die Türklinke in die Hand.

Er versteht den Wink und verbeugt sich. »Also dann, ich hoffe, mein Obst schmeckt dir. Man sieht sich.«

»Davon ist auszugehen. Danke schön!« Isabella stellt den Obstkorb auf den Tisch. Angelo hat ihn mit Bananen, Äpfeln, Zitronen und Orangen gefüllt. Wer soll das alles essen, das wird ja schlecht. Sie schnappt sich eine Banane und beißt hinein. Das tut gut. Erst jetzt merkt sie, wie hungrig sie ist. Sie stellt sich zur Terrassentür und genießt diesen Ausblick. Die Sonne verschwindet schon fast im Meer. Sie schaut auf die Uhr, es ist tatsächlich Abend geworden. Jetzt, wo es nicht mehr ganz so heiß ist, möchte sie noch eine Runde durchs Dorf drehen. Sie macht die Terrassentür zu und wirft die Bananenschale in den Mülleimer. Sie geht zum Obstkorb und nimmt sich noch zwei Bananen und zwei Äpfel, den Rest bringt sie Signora Cottinetti. Sie klopft an die Küchentür.

»Ja bitte?« Signora Cottinetti sitzt am Tisch und isst Spaghetti mit Tomaten.

Isabella steckt den Kopf durch die Tür. »Ich habe einen Obstkorb von Angelo bekommen, ich kann das nicht alles allein essen. Ich dachte, ich gebe Ihnen etwas davon.«

Signora Cottinetti deutet mit dem Kinn in eine Richtung. »Stell ihn bitte auf die Küchenzeile.«

Isabella ärgert sich, als sie das Haus verlässt, diese unfreundliche Vermieterin hätte sich ruhig bedanken können. Es ist nicht mehr so heiß, die Straßenbeleuchtung ist schon an. Die schwarzen, geschwungenen Lampen passen wunderbar zu den alten Häusern. Isabella spaziert langsam Richtung Hauptplatz, sie bleibt immer wieder stehen und betrachtet die kleinen Blumeninseln. Die Blüten in Rot, Rosa und Weiß verströmen einen intensiven lieblichen Duft, der sich verlässlich mit dem Salzgeruch des Meeres vermischt. Das ist Fribello. Sie atmet ganz tief ein.

Da hört sie, wie jemand ihren Namen ruft.

Angelo winkt, er sperrt gerade seinen Obstladen zu. »Ich habe Feierabend«, ruft er. »Wir könnten doch gemeinsam essen gehen. Das Ristorante hier hat ganz köstliche Ravioli, kennst du die mit dem dicken Teig am Rand? Das ist eine Spezialität in Fribello.«

Isabella hat eine Schwäche für diesen dicken Rand, den sie schon von Lorenzo kennt, und Hunger hat sie auch. Sie nickt. »Warum nicht? Ich komme mit.«

»Damit habe ich jetzt nicht gerechnet. Wunderbar, es sind nur hundert Meter bis zum Ristorante alla Madonna. Einmal über den Hauptplatz.«

Es ist viel los im Restaurant. Am großen Tisch in der Mitte ist das Treffen des Verschönerungsvereins, es ist laut. Angelo sucht einen Tisch in der Ecke, er will nicht, dass sie ständig beobachtet werden. Er nimmt den Sessel und bittet Isabella, Platz zu nehmen. Isabella findet Gefallen an seiner Höflichkeit. Eigentlich ist er auch ganz hübsch mit seinen dunklen Locken, er ist nicht sehr groß, aber sein Körper wirkt gut gebaut.

Angelo ruft zum Wirt hinüber: »Ricardo! Bringst du uns Wasser!«

Isabella schaut durch den Raum, es ist gemütlich hier, das dunkle Holz ist nicht ihr Fall, auch nicht die rot karierten Vorhänge, aber die Stimmung ist gut.

Ricardo bringt einen Krug Wasser und zwei Gläser. »Angelo! Wen hast du da mitgebracht?«

»Sie ist auf Besuch hier. Eine Freundin von Lorenzo.«

»Da hat er aber eine hübsche Freundin geschickt.« Ricardo lacht laut.

Isabella räuspert sich, sie ist ja auch noch hier.

Ricardo klopft ihr auf die Schulter. »Geschmack hat er, wie heißt du?«

»Isabella.«

»Ich bin Ricardo, was willst du essen?« Er zieht die Tischdecke gerade.

Angelo antwortet für sie. »Wir hätten gerne zweimal die hausgemachten Ravioli, die muss sie kosten, die sind einzigartig.«

Sie ärgert sich, er hätte sie auch fragen können. Aber gut, sie hätte sie sowieso bestellt.

Angelo lehnt sich zu ihr, er schaut sie genau an. »Schön, dass wir hier zusammen sitzen.«

Isabella nickt und nimmt das Glas in die Hand. Ihr fällt auf, dass sie seit Stunden nichts mehr getrunken hat.

»Fribello ist ein kleiner Ort, das ist dir sicher schon aufgefallen, aber das muss ja nicht zwingend schlecht sein. Man ist nie allein, wenn man Hilfe braucht. Es findet sich immer jemand, der schnell einmal aushelfen kann, dafür bleibt auch selten etwas geheim. Ständig wird etwas über andere herumerzählt, egal ob es wahr ist oder nicht. Man muss die Geschichten hier eben erfinden, es tut sich ja sonst nichts, aber es genügt mir, mir ist nie langweilig. Wenn ich mich unterhalten will, dann komme ich eben ins Ristorante und höre mir die neuesten Gerüchte an. Wir sind quasi ein Märchendorf.« Er grinst.

Isabella findet das wunderbar. »Das ist genau das Richtige für mich als Großstädterin. So ruhig stelle ich mir das Leben hier vor. Und über mich wird wohl niemand reden, ich bin ja eine Touristin und absolut uninteressant.«

Angelo schüttelt den Kopf. »Da irrst du dich aber gründlich. Genau das macht dich erst recht spannend.«

Ricardo bringt die Ravioli. »Vorsicht, die Teller sind noch sehr heiß!« Er stellt sie auf den Tisch und legt die grün karierten Servietten dazu.

Isabella beißt in ein Stück Ravioli, dieser dicke Rand, dieses flaumige Gefühl im Mund, sie spürt wie der weiche Teig in ganz kleine Stücke zerfällt. Und dann auch noch diese Füllung mit Ricotta und Rucola, sie zergeht auf der Zunge, so flaumig ist sie. Es sind die besten Ravioli. Allein schon deswegen hat sich diese Reise gelohnt.

Angelo nimmt ein Stück in den Mund. »Man schmeckt, dass die Oma ihre Finger im Teig hatte.«

Isabella schluckt hinunter. »So kann man es auch nennen, aber sie sind wirklich sehr gut.«

»Das ist ein Familienbetrieb, weißt du.« Angelo wischt sich den Mund ab. »Es freut mich, dass sie dir schmecken, und es freut mich auch, dass wir uns jetzt besser kennenlernen.« Er schaut sie erwartungsvoll an.

Isabella legt die Gabel auf den Teller und fragt ganz trocken: »Ist das schon das Romantikprogramm?«

»Nein, das kommt erst.« Angelo lacht und ruft zu Ricardo. »Bringst du uns Rotwein!«

»Nein danke, kein Rotwein, ich bin müde und möchte bald schlafen.« Romantik, das hat ihr gerade noch gefehlt.

Angelo legt sein Besteck auf den Teller. »Das ist aber traurig, der Abend hat doch erst begonnen. Können wir das wenigstens nachholen?«

Isabella gähnt. »Ja, können wir.«

Angelo steht auf und ruft Ricardo zu. »Ricardo, danke! Es war wie immer großartig. Ich zahle morgen.«

Isabella geht mit Angelo durchs Restaurant, sie spürt die vielen neugierigen Blicke in ihrem Rücken. Sie will sich möglichst schnell von Angelo verabschieden, denn sie findet ihn zwar sehr nett, aber sie befürchtet, dass er mehr möchte als nur Ravioli essen. Gleich vor der Restauranttür bleibt sie stehen. »Danke für den schönen Abend. Gute Nacht!«

Aber so einfach macht er es ihr nicht. »Ich bringe meine Begleitung natürlich nach Hause, das lasse ich mir nicht nehmen.«

Sie hat es befürchtet.

Er deutet ihr mit der Hand, dass sie über den Hauptplatz müssen. »Weißt du, hier in Fribello ist alles ein wenig langsamer, hier leuchten auch die Sterne intensiver. Schau mal nach oben. Jeder einzelne von ihnen leuchtet für dich, dieser hier leuchtet dir den Weg zu deinem Bett aus. Wir bräuchten hier gar keine Straßenlaternen. Bella, schau hinauf, wünsch dir was!«

Sie schmunzelt, so einen Schwachsinn hat sie noch nie gehört. Der tut ja so, als hätte er die Sterne extra als Showprogramm für sie bestellt. Aber immerhin, ihr Ex-Freund Lucas hätte keinen einzigen gesehen.

Sie kommen zum Gartentor. Isabella ist nervös, er wird sie doch jetzt hoffentlich nicht küssen wollen. Angelo verbeugt sich vor ihr und beginnt »Grazie, Grazie, Grazie!« zu singen. Isabella schaut auf den Boden und ist peinlich berührt.

Signora Cottinetti reißt die Fenster auf und brüllt. »Ruhe da unten!«

Angelo verbeugt sich und geht rückwärts weg. Schnell macht Isabella das Gartentor auf und huscht ins Haus. Sie zieht die Schuhe aus, geht ins Badezimmer und putzt sich die Zähne. Ihre Gedanken kreisen, er hat sich sehr um sie bemüht, obwohl er sie nichts gefragt hat. Und diese Vorstellung war irgendwie schön, noch nie hat ein Mann für sie gesungen. Vielleicht ist ja das der Weg, den sie sucht. Kitschige Romantik am Gartentor. Sie legt sich ins Bett und deckt sich zu. Diese dünnen Bettdecken hier in Italien sind nicht ganz ihr Ding, flauschig dick ist ihr lieber. Vielleicht war das doch keine so gute Idee mit Italien, mit der Trennung? Was ist, wenn sie sich in einen anderen verliebt? Noch ist es sowieso zu früh, ihr Herz hängt eindeutig noch an Lucas, aber irgendwann wird sie vielleicht wieder in einer Beziehung sein. Mit wem auch immer.

Angelo steht in der Küche und schneidet die aufgeplatzten Feigen auf, zum Glück sind es nur drei Stück. Er nimmt den Teller und setzt sich an den Küchentisch. Er muss an Isabella denken, ihre Zurückhaltung reizt ihn. Warum ist sie wohl hier? Schade, dass sie es ihm nicht erzählt hat. Er beißt in die Feige. Er hätte sie fragen sollen, da ist er wie sein Bruder. Da fällt ihm Lorenzo wieder ein, er fehlt ihm, das war ihm in dieser Deutlichkeit gar nicht bewusst. Er muss ihn endlich anrufen, aber nicht jetzt. Er ist müde, er wäscht den Teller ab und geht ins Bad. Während er seine Zähne putzt, beschließt er, dass er alles tun wird, um dieses reizende Mädchen kennenzulernen. Er wird ihr morgen eine Überraschung vor die Tür legen.

Angelo steht zeitig auf, viel früher als sonst. Er muss in den Obstladen. Er holt drei Zitronen und eine Grußkarte, die hat er zum Glück noch in der Lade herumliegen. Er möchte Isabella eine Botschaft bringen. Er überlegt kurz, ob er Signora Cottinetti schon aufwecken kann. Ach was, denkt er, die ist sicher schon wach. Er gähnt. Tatsächlich, es brennt Licht in der Küche der Vermieterin.

Sie sitzt beim Frühstück, als sie Angelo entdeckt. Sie springt auf, zieht den Morgenrock zu und läuft zum Gartentor. »Quälst du mich jetzt zu jeder Uhrzeit?«

»Ich ziehe bald bei dir ein«, scherzt er. »Ich will Isabella nur kurz etwas vor die Türe legen, ich bin gleich wieder weg.«

»Na, hoffentlich zahlt sich das alles aus!«

Isabella liegt noch im Bett. Die Sonne scheint durch den gelben Vorhang, sie hört die Vögel. So fühlt sich also Glück an. Sie streckt sich und fragt sich, was sie heute in diesem wunderschönen Dorf anstellen will. Neuer Tag, neues Glück. Sie wird sich jetzt in dieses Abenteuer stürzen. Wie gut, dass ihr Mut dieses Mal stärker war als die Zweifel, die sie sonst oft von etwas abgehalten haben. Der Wind lässt den Vorhang leicht auf und ab tanzen und die Sonnenstrahlen sind jetzt schon kräftig. Sie springt vom Bett und geht unter die Dusche. Sie cremt sich langsam ein, voller Vorfreude auf einen Tag, den sie am Meer verbringen wird, um einfach nichts zu tun. Sie trocknet sich ab, geht zum Schrank und nimmt ein rotes Kleid heraus. Beim Kauf war ihr schon klar, dass es zu kurz ist, es hat ihr aber einfach gefallen mit diesen kleinen Rüschen. Sie schlüpft hinein. Kurz, aber hübsch. Hier kann sie es tragen. Sie betrachtet sich im Spiegel, eigentlich ist es schade, dass sie niemand in diesem Kleid sieht. Sie holt ihren Sonnenhut aus dem Schrank und ihre Sonnenbrille vom Nachttisch und geht hinaus. Fast wäre sie auf ein Päckchen getreten, das auf der Türschwelle liegt. Sie zieht den Fuß zurück und hebt es auf. Sie hält drei Zitronen und eine Grußkarte in der Hand.

Dein Tag soll so schön sonnig sein, wie die Zitronen leuchten. Guten Morgen, Angelo.

Sie schmunzelt, dieser Kerl ist ganz schön aufdringlich. Den wird sie wohl nicht mehr so schnell los. Ob das gut oder schlecht ist, darüber will sie jetzt nicht nachdenken, sie will nur schwimmen gehen und sich treiben lassen. So einfach kann es manchmal sein. Sogar für sie.

Isabella legt die Zitronen auf den Nachttisch und macht die Tür zu. Ihr fällt ein, dass sie noch ein Badetuch braucht, sie wird die Vermieterin fragen. Hoffentlich verlangt sie keine Ausleihgebühr dafür, bei der weiß man ja nie. Signora Cottinetti schält gerade die Kartoffeln, als Isabella den Kopf zur Küchentür hineinstreckt. »Haben Sie vielleicht ein Badetuch für mich. Ich habe gar keines mitgenommen. Das wäre nett.«

»Im Haushaltsraum liegen welche. Nimm nicht zu viele, die muss man ja auch waschen.« Sie schaut Isabella von der Seite an. »Schnell Freunde gefunden, wie ich merke. Aber der kommt mir nicht ins Zimmer!«

Isabella muss kurz nachdenken, wen sie damit meint. Angelo? Ach, darauf geht sie erst gar nicht ein. Sie sieht den Obstkorb, den muss sie ja in den Obstladen bringen. »Kann ich den mitnehmen?«

Die Vermieterin schaut sie fragend an. »Ich habe doch gerade gesagt, dass Herrenbesuch verboten ist, und der schon gar nicht.«

Isabella deutet auf den Obstkorb.

»Ach so.« Die Signora nickt verlegen. »Nur zu, verstellt eh nur den Platz.«

Isabella zieht die Tür zu und geht in den Haushaltsraum. Sie stellt den Obstkorb ab und zieht aus dem Regal ein Badetuch mit roten Rosen heraus. Es ist kitschig, aber so liegt sie wenigstens auf Rosen gebettet am Meer. Der Tag könnte schlechter sein. Sie braucht noch ein bisschen Proviant, wenn sie den ganzen Tag am Strand bleiben will. Sie geht Richtung Hauptplatz, atmet tief ein und schließt die Augen. Dieser Geruch, der in diesem Dorf immer in der Luft hängt, sie kann nicht genug davon bekommen. Sie öffnet die Augen und sieht Angelo schon aus der Ferne. Er steht da und ordnet die Feigen. Isabella will sich umdrehen, aber da hört sie schon: »Guten Morgen! Wie geht es dir? Hat dein Tag gut begonnen?«

Sie winkt ihm zu und ruft. »Hallo, danke es geht, ich muss mir eine Kleinigkeit zu essen aus dem Supermarkt holen.«

Angelo lächelt. »Signora Trenetti sperrt erst in fünf Minuten auf. Wir haben hier nur den Feinkostladen von Signora Trenetti, einen Supermarkt gibt es zwei Orte weiter, willst du zu Fuß gehen?«

Ach ja stimmt, ein wirklich kleiner Ort, wie Lorenzo schon sagte. Sie geht zu Angelo, dann kann sie ihm wenigstens den Korb geben und muss ihn nachher nicht schon wieder treffen. Sie nimmt das Badetuch heraus und streckt ihn Angelo entgegen.

Er winkt ab. »Du kannst ihn behalten, du brauchst ihn doch für dein Handtuch und den Proviant.«

Großzügig ist er, das muss man sagen. »Danke.« Sie lächelt.

»Die Zitronen, die ich dir vor die Tür gelegt habe, die sind von Signor Costadella. Seine Zitronenbäume stehen in einer Allee. Man erzählt sich, dass es dort später dunkel wird, weil die Zitronen so leuchten. Ich möchte dir dieses Paradies gerne zeigen. Es ist gar nicht weit von hier, über den Hauptplatz, dann noch etwa zweihundert Meter. Dieser wunderschöne Garten ist quasi der Eingang zum Hauptplatz. Komm doch mit!«

Isabella kann die leuchtenden Zitronenbäume direkt vor sich sehen, schön wäre es schon, aber bei Angelo ist irgendwie alles schön, vor allem leuchtet alles. Sie schaut ihm in die Augen. »Ich muss jetzt.«

Angelos Blick lässt sie nicht los. »Vielleicht am Abend?«

»Angelo, ich muss jetzt wirklich los. Danke für das Angebot und danke für den Korb. Ach ja, danke für die Zitronen vor der Tür. Das war wirklich sehr nett.« Sie winkt kurz und hastet zu dem Feinkostladen. Sie öffnet die Tür, es ist eng hier, die Regale stehen ganz nah beim Eingang.

Signora Trenetti eilt zur Tür und hält sie auf. »Es ist alles ein bisschen voll hier, ich weiß, dafür habe ich lauter Spezialitäten.«

Isabella schlüpft zwischen den Regalen hindurch und schaut sich um, es ist alles liebevoll arrangiert. Der Käse liegt schön geschnitten in der Theke, jedes einzelne Blatt scheint seinen Platz zu haben. Daneben der Schinken, hauchdünn geschnitten in einer Reihe nebeneinander. Es riecht ganz intensiv, ihr läuft das Wasser im Mund zusammen. Sie deutet auf die Theke. »Ich hätte gerne ein Brot mit diesem Käse.«

Signora Trenetti fragt nach. »Ein Toskanabrot mit Pecorinokäse? Drei Scheiben Käse?«

»Ja, das passt gut. Dazu noch bitte diese Tafel Schokolade mit Haselnüssen und ein Mineralwasser.«

Signora Trenetti packt alles ein und schaut Isabella an, sie lässt ihren Blick an ihr herabschweifen. Sie legt den Käse wieder in die Theke und drückt ihr die Papiertüte in die Hand. »Das macht vier Euro zwanzig.«

Isabella legt das Geld auf die Theke und verabschiedet sich. Sie zieht an ihrem Kleid, das bei jeder Bewegung hinaufwandert, aber gut, sie hat ja darunter einen Bikini an.

Angelo putzt die Glasscheibe, er wischt unkonzentriert hin und her, er verschmiert alles. Er versteht dieses Mädchen einfach nicht, wie kann man leuchtende Zitronen ausschlagen? Diese Frau hat einfach keinen Sinn für Schönheit. Er zieht Spuren auf der Glasscheibe. Was soll er machen, sie gefällt ihm trotzdem. Er kann sich nicht aussuchen, wer ihn fasziniert, so ist nun einmal das Wesen der Liebe. Wo sie hinfällt, da fällt sie hin. Angelo geht einen Schritt zurück und schaut auf die Scheibe, da hat er aber was angerichtet, das kann er gleich noch einmal machen. Er beginnt zu wischen, da fällt ihm ein, dass er seinen Bruder Lorenzo noch immer nicht angerufen hat. Er legt das Putztuch auf die Verkaufstheke und holt ein kleines schwarzes Buch aus der Lade. Er fährt mit dem Finger die Namen entlang, Lorenzo, da steht er ja. Eine Schande, dass er die Nummer seines Bruders nicht auswendig weiß. Er nimmt den Hörer, was soll er sagen, warum er sich so lange nicht gemeldet hat. Es gibt ja keinen Grund dafür. Er hört das Läuten in der Leitung. »Pizzeria Fribello. Sie sprechen mit Lorenzo.«

Er zögert kurz. »Lorenzo, hier ist Angelo.«

Lorenzo lacht. »Angelo! Du lässt mal was von dir hören. Ist die hübsche Touristin schon bei dir? Deswegen rufst du doch an, oder?«

Angelo ist gekränkt, denkt Lorenzo wirklich so über ihn? »Ja, sie ist da, Lorenzo. Aber ich habe mich gefragt, warum wir uns schon so lange nicht mehr gehört haben. Was ist passiert?«

Lorenzo schweigt kurz. »Wir haben eben viel zu tun. Wir sind sehr weit weg voneinander.«

Er ist aufgebracht. »Das Herz kann doch tausende Kilometer überwinden, dem sind doch solche Dinge egal.«

»Wenn das wirklich deine Theorie ist, dann liebst du mich halt nicht genug«, legt Lorenzo nach. Er kann einfach nicht ernst bleiben.

»Das ist kein gutes Gespräch unter Brüdern, das gefällt mir gar nicht. Bruderliebe vergeht nie.« Angelo versteht in dieser Hinsicht keinen Spaß.

»War ein Scherz«. Lorenzo lacht. »Ach, kleiner Bruder, du beschäftigst dich zu viel mit der Liebe. Heirate mal, dann wirst du ganz schnell sehen, wie das wirklich ist.«

»Womit wir doch beim Thema wären. Was weißt du über sie?« Angelo drückt den Hörer fester ans Ohr.

»Du meinst sicher Isabella. Sie mag Ravioli mit dicken Rand, meine Ravioli.« Lorenzo lacht. »Sie hat sich von ihrem Freund getrennt, sie war unglücklich, sie wollte sich eine Auszeit nehmen. Da habe ich sie nach Fribello geschickt. Ich habe ihr auch gesagt, dass sie zu dir kommen soll. Das habe ich doch gut gemacht. Nicht?«

»Du schickst mir eine Frau? Warum das?«

»Naja, weil es in Fribello so wenige davon gibt. Oder willst du es etwa mit dieser Donatella versuchen? Außerdem habe ich sie nicht zu dir geschickt, das Mädchen war einfach unglücklich mit ihrem Leben. Da habe ich ihr unser geliebtes Dorf empfohlen, und wenn du schon da bist, kannst du dich auch um sie kümmern.«

Mister Bride macht die Tür zum Obstladen auf, er ist grantig, weil sie schwer aufgeht. Die könnte dieser Obstverkäufer auch einmal reparieren, regt er sich ständig auf. Wie kann man nur so nachlässig sein. Er stellt sich zur Verkaufstheke, aber Angelo dreht sich weg. Er wird ein bisschen leiser. »Äh, ich muss dir da noch etwas erzählen. Donatella ist meine Ex-Freundin.«

»Das wusste ich nicht. Du, ich muss jetzt. Ich habe zu tun, meine Pizzeria ist voll mit Leuten. Pass auf dich auf, ruf wieder einmal an oder noch besser, komm mich besuchen!« Er wartet gar nicht auf die Antwort und legt den Hörer auf.

Angelo kann sich wieder erinnern, warum sie kaum mehr reden. Lorenzo hört ihm einfach nie zu, er wird für ihn immer der kleine verträumte Bruder bleiben. Wenigstens hat er jetzt die Informationen über Isabella. Sie ist also frisch getrennt, das erklärt, warum sie so zurückhaltend ist. Es hat also gar nichts mit ihm zu tun.

Er schaut Mister Bride an. »Was kann ich für Sie tun?«