Einmal Nizza und zurück - Yvonne Lacina-Blaha - E-Book

Einmal Nizza und zurück E-Book

Yvonne Lacina-Blaha

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Beschreibung

Eigentlich läuft es als PR-Lady ganz okay, die Kinder sind wohlerzogen und der Ehemann war auch nicht die schlechteste Wahl. Aber Luise Winter möchte mehr. Sie träumt davon, ihren kleinen Laden zu eröffnen. Aber irgendwie fehlt der Plan. Den findet sie überraschend bei einem Kurztrip in Nizza. Dort lernt sie den Bademeister Remi kennen und erfährt erstaunliche Dinge über das Leben. Ein Roman über das kleine Glück. Yvonne Lacina-Blaha (bislang erschienen: Zitronen aus Fribello/978-3-95894-126-7, Ich liebe dich!/978-3-95894-174-8) zeichnet erneut eine Heldin, die den meisten Frauen wie eine beste Freundin erscheint: Down to earth, ein bisschen Bridget Jones, aber mit beiden Beinen im Leben, nahbar, berufstätig. Lacina-Blahas Frauen bleibt aber eine große Sehnsucht: nach wahrer Liebe, Lust und dem einen wichtigen Schritt über die Grenze vom Alltagstrott hin zu einer neuen Welt, in der sie ihre Abenteuer erleben können. Ihre Geschichten sind dabei absolut unterhaltsam und zum Lachen selbstironisch. Auf jeder Seite entdeckt man sich selbst mit seinen Alltagssorgen und seinen Träumen, lässt sich von der Wiener Autorin mitreißen und dieses Mal nach Nizza an die Côte d’Azur entführen. Die perfekte Sommerlektüre!

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Seitenzahl: 223

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Impressum

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN: 978-3-95894-237-0 (Print) // 978-3-95894-238-7 (Print)

© Copyright: Omnino Verlag, Berlin / 2022

Cover: Shutterstock.com/alaver, 1129584416

Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen und digitalen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten.

Inhalt

Einmal Nizza und zurück

Rock’n Roll ist mein Leben

Sexy Klopapier

Ich kann auch Dramaqueen

Vielleicht doch New York?

Allein Duschen ist mein Hobby

Zwei grüne Tassen mit Flamingo

Sowas von fix eine Nanny

Klassiker mit einem Hauch Risiko

High Heels mit Zahnpasta

Suppen-Kochtopf Deluxe

99,9 Prozent Crazy Chicken

Ein Prinz mit weißen Zähnen

Ein Rausch mit allem Drum und Dran

Zufalls-Glück oder so ähnlich

Ich sage nur Karotte

Plan B in Nizza

Dinner mit Fantasiefreunden

Rastlos und Ratlos

Leichtsinnig, aber beeindruckend

Mach’s gut, mein lieber Krater!

Luise la francaise

Sunnyboy im Slim Fit-Anzug

Mehr Output bei der Zahnpasta

Luise reloaded

Einmal Nizza und zurück

Rock’n Roll ist mein Leben

Es läutet an der Tür, was ich wirklich nicht verstehe, denn es ist fast Mitternacht. Ich werde 45 Jahre alt, das ist doch ein Alter, wo man um diese Zeit keinen Besuch empfängt. Ich stehe auf und ziehe meinen Rock ein Stück hinunter, ein zweites Mal höre ich diesen schrillen Klingelton. Eigentlich wollte ich dieses Ding schon immer mal auswechseln, aber ich befürchte, das ist Punkt 1675 auf meiner Liste, der matcht sich irgendwie mit dem neuen Duschkopf. Ich öffne die Tür, ein Polizeibeamter steht vor mir. „Jemand hat angerufen, die Musik ist zu laut. Könnten Sie sie bitte leiser stellen.“ Ich fühle mich wieder schlagartig wie in meinen Zwanzigern, ich liebe diesen Gedanken, dass das mit meinen 45 Jahren noch möglich ist. Der Polizist schaut mich an, ich kann nur grinsen. Über meine wiedergewonnene Jugend und über Frau Hofmann. Das kann nur sie sein, ich spüre das. Die Nachbarin kann das echt nicht ernst meinen.

Ich habe zwei Kinder, die sind garantiert lauter als Mick Jagger. Paula und Fabian geben wirklich ihr Bestes mit ihren 4 und 6 Jahren, die machen keine halben Sachen. „Hören Sie Musik? Ich nicht.“ Die Miene des Polizisten wird leider nicht freundlicher. „Wollen Sie jetzt wirklich sagen, dass Sie das hier nicht hören? Stellen Sie es sofort leiser, sonst gibt es eine Anzeige.“ Früher ging das irgendwie leichter, da konnte ich noch länger auf Zeit spielen und mich blöd stellen. „Ja, es ist laut, aber nicht so laut. Ein einziges Mal im Jahr feiere ich eine Party, aber gut; wenn sich Frau Hofmann nicht aufregen kann, dann spürt sie sich offenbar nicht. Ich will keine Probleme mit der Polizei bekommen, ich drehe leiser, aber Frau Hofmann werde ich garantiert die Meinung sagen. Natürlich jugendfrei. Ich schwöre, ich tue wirklich nichts, wofür man die Polizei holen müsste.“ Ich höre die Stimme von Marian. „Schatz, wer ist denn da eigentlich an der Tür?“ „Schatz, da ist niemand!“ Ich flüstere dem Polizisten ein „Sorry, ich denke, wir sind hier fertig.“ entgegen und schließe die Tür. Marian das jetzt zu erklären, ist mir echt zu mühsam. Ich bin es gewohnt, all meine wichtigen und weniger wichtigen Fragen im Alltag und im Leben selbst zu lösen.

Ich bin Luise-Marie Winter, aber eigentlich nenne ich mich nur Luise. Mein Name ist eindeutig eine Laune der Natur. Ich bin ein Sommerkind, ein grantiges. Denn hier im verschneiten München kann man sich in den kuscheligen Ohrensessel setzen, aus dem Fenster schauen und auf die Sonne warten, wenn man viel Zeit hat. Die habe ich aber nicht. Ich bin zweifache Mutter, arbeite per Vertrag 20 Stunden in der PR-Branche. Blöd ist nur, dass mein Chef deutlich mehr von mir fordert. Es ist jetzt nicht so, dass ich tatsächlich die ganzen 20 Stunden wirklich effektiv arbeiten würde, aber ich habe das Gefühl, dass mein Chef das will. Der Gedanke ist schon anstrengend genug. Ich könnte natürlich sagen, ich denke keine weitere Sekunde an den Job, aber ich gehöre leider nicht zu dieser Gattung der selbstbewussten Nein-Sager. Grüße an meine Mutter. Da können selbst die fünf Tage an einem Coachingseminar nichts ändern. Freiwillig war ich eh nicht dort, mein Chef fand, dass das eine gute Idee wäre. Zwei Dinge habe ich von diesem Coachingseminar mitbekommen, Brötchen mit Mayo sind gar nicht so schlecht und mein Mann könnte sich auch mehr einbringen. Zumindest ein gedankliches Nein habe ich in meiner Tasche mit nach Hause genommen. „Nein, ich gehe heute Abend nicht bei deiner seltsam spießigen Anwaltsparty mit, ich schaue lieber Bridget Jones. Nein, ich möchte deine Mutter nicht besuchen und ihren vertrockneten Kuchen essen, ich gehe lieber mit meinen Freundinnen auf einen Cupcake. Nein, die Kinder bringst du heute ins Bett, ich bin gerne bereit, dir zu zeigen, wo sie die Nacht verbringen.“ Ich bin wirklich kurz davor, all das auszusprechen, aber irgendwie wäre es auch ein bisschen unfair, denn ganz so schlimm ist Marian irgendwie auch nicht, denn er würde garantiert den Duschkopf reparieren, wenn er öfter zu Hause wäre.

Bei mir zu Hause sind gerade einige Personen, die mit mir meinen Geburtstag feiern. Ich bin jetzt 45 Jahre alt. Eine Zahl, bei der man meinen könnte, dass man einen genauen Plan vom Leben hat. Ich gehöre nicht zu dieser Sorte. Ich bin flexibel. Mehr als mir lieb ist. Deswegen weiß ich auch nicht genau, wie viele Personen mit mir heute Abend Geburtstag feiern. Henry, mein Freund, mein Kollege und Leidensgenosse in der Community „Der Chef nervt uns“ ist natürlich da. Er lässt keine Party aus, aber genau dafür liebe ich ihn. Henry hält mir sein Glas hin. „Schätzchen, hast du noch so etwas von diesem Zeug? Wer war da an der Tür?“ Henry hängt wie ein Sack im Ohrensessel, immerhin ist sein Pullover so grün wie der Bezug. Stylisch Abhängen kann er. Ich setze mich auf die Lehne. „Die Polizei war da.“ Henry setzt sich kerzengerade hin. Das hätte ich ihm gar nicht zugetraut, dass er so schnell wieder hochkommt. „Was wollten die?“ „Die Musik war zu laut. Ich hole den Champagner.“ Ich suche in der Küche in einem Karton nach der letzten Flasche. Henry ruft mir zu. „Wenigstens ist unser Zeug nur Champagner.“ Ich lache und schenke ihm ein. Die Flasche stelle ich gleich zu ihm auf den Boden, denn dieser Kerl trinkt das Zeug allein. Wo ist eigentlich Carmen? Sie ist immerhin für den Champagner zuständig, sie hat sich damit selbständig gemacht, wofür ich sie grenzenlos bewundere. Allerdings hat sie eine kleine nervige Angelegenheit, sie genießt das Leben in vollen Zügen. Ich befürchte, dass sie das in diesem Moment in meinem Schlafzimmer mit irgendeinem meiner Gäste hier tut. Es ist jetzt keine genehmigungspflichte Großveranstaltung, aber 20 Leute werden hier schon herumkugeln, durch die ständigen Zu- und Absagen habe ich den Überblick verloren. Ein Überraschungsgast war auch dabei. Marian hat einen neuen Kollegen mitgebracht, keine 30 Jahre alt und genau das Beuteschema von Carmen. Henry reißt mich aus meinen Gedanken. „Hasenbärli, kannst du mir noch einmal einschenken.“ Er versinkt noch mehr im Ohrensessel. Ich schüttle den Kopf. „Schenk dir doch selbst ein? Bin ich deine Bedienung?“ „Du bist die Gastgeberin!“ „Ach Mensch, du kennst mich doch. Mit Haushalt habe ich es nicht so.“ Henry bückt sich auf den Boden und greift nach der Flasche, ich starre ihn an. „Steck dein Hemd in die Hose, man sieht doch alles.“ „Das hat dich früher aber nie gestört, Darling. Du wirst spießig.“

Apropos spießig, ich frage mich, wo jetzt diese Carmen ist, ich möchte das echt nicht, dass sie mir mein Bett versaut, nicht dass ich die Bettlaken heute gemacht hätte. Denn das ist wirklich spießig, selbst hier in dieser wunderschönen Siedlung mit den frisch gestrichenen Häusern und geordneten Blümchengärten. Ich kenne nicht alle Betten hier, eigentlich nur meines, aber ich kann es mir vorstellen, dass es bis in den letzten Winkel geordnet zugeht. Hier im Hause Winter ist das eher nicht so. Und im Moment schon gar nicht. Auf Zehenspitzen schleiche ich mich bei der Schlafzimmertür an und drücke mein Ohr gegen das Holz. „Mach es mir!“ Ich schrecke zurück, diese Carmen. Das war schon so als sie meine Mitbewohnerin war, irgendwann habe ich mir gar nicht mehr die Mühe gemacht, mich vorzustellen. Dafür hatte ich als gute Freundin immer eine hunderter Packung Taschentücher für sie bereit, denn Abschiede waren immer schrecklich für sie. Selbst wenn es nur ein 5-Minuten-Blind-Date war. Immer rief sie mich an, um mir zu erklären, dass genau dieser eine Typ ihre große Liebe sein hätte können. Arme Carmen, sucht immer noch die große Liebe, mit 45 Jahren. Mann, bin ich froh, dass ich verheiratet bin. Hin und wieder muss man das auch positiv sehen.

Seit fast 16 Jahren sind wir inoffiziell zusammen, seit 15 Jahren sind wir offiziell in einer Beziehung und seit 6 Jahren sind wir irgendwas zwischen Eltern, Mitbewohnern und dem ersten romantischen Date. Letzteres rede ich mir immer wieder gerne ein, wenn ich einen schwachen Moment habe und mir vorstelle, wie es wäre, wenn wir mehr Zeit miteinander hätten. Wie sehr vermisse ich unseren spontanen Kaffee nach Triest, unsere durchgetanzten Nächte, unsere Wellness-Wochenenden, wo man kein Wort miteinander geredet hat, weil man gemeinsam froh war, dass man mit niemanden reden muss. Das mit Triest weiß ich jetzt nicht mehr so genau, ob das wirklich wir waren, das könnte ich auch in einem Hollywood-Film gesehen haben, aber ich habe schon reichlich Champagner in mir. Der Wunsch ist manchmal stärker als man denkt. Carmen reißt die Tür auf. „Was machst du hier?“ „Carmen, diese Frage müsste ich wohl eher dir stellen. Das ist mein Schlafzimmer.“ „Früher hättest du dich nicht so darüber aufgeregt, du wirst spießig.“ Carmen geht an mir vorbei, ohne mir auch nur einen Blick zuzuwerfen. Spießig? Diese Wortwahl ist ungerecht, heute war ein Polizist an der Tür, weil ich die Musik zu laut aufgedreht habe. Rock’n Roll ist mein Leben.

Sexy Klopapier

Der Kaffee läuft langsam in meine Tasse, das Surren der Kaffeemaschine reiht sich nahtlos in das Läuten des Weckers von Marian. Jeden Morgen nur Surren, in meinem Kopf und um mich herum. So ist mein Leben. Ich nehme die Tasse, setze mich auf den Sessel und kuschle mich in meine Wollweste, mein Kopf brummt. Ich höre meine Kinder, wie sie die Treppen hinuntergehen und ich könnte schwören, dass sie über Nacht zu Elefanten geworden sind, es könnte aber auch der Champagner von Carmen sein. „Hör auf mich zu schubsen!“ „Hör doch du auf!“ Ich nehme einen kräftigen Schluck und bin ehrlich dankbar, dass Marian gerade den Teekocher anmacht, der ist so herrlich laut. „Schatz, machst du die Kinder für den Kindergarten fertig?“ Ich schaue Marian an. „Was meinst du, wer das in den letzten Jahren gemacht hat?“ „Ich muss duschen, mach sie bitte fertig. Wir fahren gleich.“ Ich motze hinterher. „Gleich ist da gar nichts. Du brauchst immer länger als ich im Bad.“ „Wenn ich im Homeoffice wäre, würde ich mich auch nicht zurechtmachen.“ Ich schnappe nach Luft. „Was genau willst du mir damit sagen? Paula, steck deinem Bruder keinen Löffel ins Ohr. Das tut weh.“ „Mama, das weiß ich selbst, deswegen mache ich es ja. Er hat mich beschimpft.“ Was soll ich sagen? Geht mir ganz genauso mit deinem Vater, trotzdem stecke ich ihm nichts ins Ohr, obwohl ich nah dran bin. „Los Kinder, zieht euch an, ich richte die Jause her. Euer Vater ist gleich fertig.“

Endlich bin ich allein. Herrlich leise ist es hier im Haus. Nur das Piepsen der reinkommenden Mails stört ein wenig. „Liebe Luise, ich warte auf den Entwurf für die neue sexy Klopapier-Kampagne. Wann, denkst du, bist du damit fertig?“ Ich starre auf den Bildschirm, mein Chef stellt Fragen, vielleicht könnte er mir sagen, wie man Klopapier sexy macht. Allein dieses Wort löst in mir Unbehagen aus, es wirkt so verkrampft im Zusammenhang mit meinem Chef. „Lieber Klaus, ich bin schon dabei, das Klopapier für alle Ärsche dieser Welt attraktiv zu machen. Ich melde mich bald bei dir.“ Gar kein schlechter Slogan, oder? Das Papier für alle Ärsche dieser Welt, kann man zur Not auch schreddern, wenn man etwas zu verbergen hat. Da fällt mir Carmen ein, ich muss sie anrufen, die hat mir noch kein Wort von gestern Abend erzählt.

„Süße, was war denn gestern los mit dem Kerl?“ Es dauert keine Minute, dann ist Carmen unter Strom. „Du wirst es nicht glauben, ich denke, das könnte die große Liebe sein.“ „Warum glaubst du das?“ „Er hat sich heute gemeldet. Er möchte ein Date.“ „Warum erzählst du mir so eine weltbewegende Neuigkeit erst jetzt?“ „Naja, ich dachte, du bist sauer auf mich, weil ich dein Bett verwüstet habe.“ „Ach Carmen-Maus, das passiert doch nicht zum ersten Mal.“ „Auch wieder wahr. Also, was meinst du, was soll ich anziehen? Das grüne Glitzerkleid oder lieber leger eine Jeans und ein rotes Glitzertop?“ „Warum unbedingt Glitzer? Wo geht ihr hin?“ „In eine Bar, die ist gerade sehr angesagt. Ich nehme mal an, dass du die eh nicht kennst.“ „Ach Mensch, sag das nicht so hart. Auch ich kannte mal Bars.“ Dieses Gespräch deprimiert mich, auch wenn ich es noch so liebe, weil ihr aufregendes Single-Leben auch mich ein bisschen aufregt. Hoffentlich wird das mit dem Typen nicht ernst. Natürlich wünsche ich ihr das große Liebesglück, aber für mich wird es dann eindeutig langweiliger. Ich verabschiede mich von Carmen und mit ihr geht auch dieser Hauch von jugendlicher Aufgeregtheit bei mir verloren. Ich muss auf die Toilette, da fällt mir wieder ein, dass ich eh wieder arbeiten muss. Naja, eigentlich sollte ich mal damit beginnen. Ich starre das Klopapier in der Halterung an, was genau ist daran so spannend, dass man sich dafür bewusst entscheiden muss? Das klingt ja fast wie die Auswahl nach dem Partner fürs Leben. Kein schlechter Ansatz, Frau Winter, so geht PR. Man weiß immer, wo man es findet, es hilft, Ordnung ins Leben zu bringen, es ist weich und wischt all die Tränen weg. Dieses Klopapier, ganz ehrlich, würde ich heiraten. Man könnte ein Brautkleid aus Klopapier produzieren. So produktiv war ich schon lange nicht mehr, man muss sich auch mal selbst loben. Zumindest hat das dieser Typ aus dem Coachingseminar gesagt.

Ich setze mich an den Computer, beflügelt von dieser Idee tippe ich in die Tasten. Hoffentlich findet der Boss das auch so gut wie ich. „Lieber Klaus, ich habe eine Idee. Wir produzieren aus Klopapier ein Brautkleid. Der Slogan dazu. „Wie ein Partner fürs Leben. Man findet es verlässlich, es bringt Ordnung ins Leben, es ist weich und ist immer an deiner Seite, wenn es Tränen gibt. Was sagst du?“ Nervös trommle ich mit den Fingern auf dem Tisch, mein Handy blinkt auf, Carmen schickt mir ein Foto. „Schau mal, dieses Outfit?“ „Das schaut zu sehr nach „Ja, ich will“ aus.“ „Ich will ja auch!“ „Ja, aber nicht so schnell.“ „Doch! So schnell!“ „Na dann, geh hin und verschreck ihn.“ „Musst du immer so direkt sein?“ „Ich bin deine Freundin, ich bin ehrlich. Sonst bringt dir das ja nichts, dass wir miteinander reden.“ Ich höre, dass ein Mail reinkommt, ich muss jetzt echt mal arbeiten. „Liebe Luise, das ist in der Tat kein schlechter Zugang. Wir müssen das natürlich noch ausformulieren und wir können das keinesfalls so als Konzept verkaufen, aber es ist einmal ein Anfang. Gut gemacht! Kommst du morgen ins Büro, dann können wir gleich alles besprechen! Bis bald, Klaus.“ Na, darauf freue ich mich, eine Sitzung mit Klaus steht immer ganz oben auf meiner Liste. Ich muss jetzt meine Kleinen vom Kindergarten holen. Meine Vormittage vergehen immer rasend schnell. Carmens Liebesleben und ihr Outfit haben mich auch wirklich abgelenkt. Aber das ist mir eindeutig lieber als Gespräche über Klopapier zu führen. Ich werfe einen Blick in den Spiegel, hole meine Tasche und ziehe die Schuhe an. Auf zum Kindergarten.

Ich stelle das Auto im Parkverbot ab, was soll ich tun, kann ich ja nichts dafür, der Kindergarten ist nun mal hier. Ich höre Paula und Fabian, verlässlich immer am lautesten. Konsequent wie immer, für ihr Leben ein klarer Vorteil. Das macht mich jetzt schon stolz. Mit Anlauf springen sie in meine Arme und direkt in mein Kreuz, eine Mutterschaft ohne Bandscheibenvorfall ist wohl nicht möglich. Von hinten höre ich die Stimme der Pädagogin. „Frau Winter, es wäre fein, wenn Sie zwei Flaschen für die Kinder mitnehmen. Wir wollen Flaschendrehen machen. Der Termin für die Abgabe war heute.“ Ach Mist, da war doch was, ganz ehrlich, bei diesen organisatorischen Bring-bitte-was-mit-Sachen bin ich wirklich nicht die Beste, dafür bin ich beim Puzzle Weltmeisterin.

Ich schnappe meine Kinder und gehe zum Auto. Zum Glück steht kein Polizist da, wenigstens hier entkomme ich den geordneten Verhältnissen. Ich schnalle meine Kinder an und stelle die obligatorische Frage. „Wie war es im Kindergarten?“ „Eh gut.“ Wenigstens sind sie sich diesmal einig. Zu Hause angekommen, bin ich froh, dass Bibi Blocksberg Zeit hat. Ich gehe in die Küche und suche nach Flaschen, ich bin mir sicher, dass wir welche haben. Flaschendrehen, bisschen früh meine ich, aber gut. Ich schaue in unseren Glascontainer und sehe nur, Bier, Wein und Champagner. Ich schätze mal, das ist wirklich zu früh für die Kinder. Ich hole mein Handy und tippe eine Nachricht an Marian. „Kannst du bitte zwei Flaschen irgendwas ohne Alkohol kaufen?“ Was soll ich sagen, zwei Stunden kommt genau nichts, keine Antwort, niente. „Du, ich glaube, das geht sich nicht aus. Ich komme heute später heim.“ Ich schaue meine Kinder an und tue mir in der Sekunde selbst leid, weil ich weiß, dass ich diese kleinen Wesen jetzt wieder in eine Daunenjacke stopfen muss. Das ist erst eine Herausforderung, nicht seine Scheidungsstreit-Fälle. Ich hole mein Handy und schreibe ihm ein SMS. „Tankstellen haben bis Mitternacht offen. Vergiss es bitte nicht.“ Ich schaue meine Kinder an. „Wer will mit Mama ein Puzzle machen?“ Während ich ein Stück vom Hinterteil eines Drachens suche, denke ich an sexy Klopapier.

Ich kann auch Dramaqueen

Ich bin wach, alle anderen schlafen noch. Wie lange ich mit mir allein sein kann, bis irgendwer Mama oder Luise brüllt, weiß ich nicht, aber ich habe gelernt, jede Sekunde zu genießen. Ich stecke mir die smaragdgrünen Ohrringe hinein und betrachte mich im Spiegel. Das Geburtstagsgeschenk von Marian, das kann er wirklich gut, darüber macht er sich wirklich immer Gedanken. Ich greife in mein Necessaire und hole einen grünen Lidschatten heraus, ich stelle mir vor, dass ich heute in diese Bar gehe, die Carmen erwähnt hat. Das Schlurfen von Marians Hausschuhen holt mich ins Badezimmer zurück. „Schatz, ich habe die Flaschen vergessen. Warum brauchst du die überhaupt?“ „Ich brauche gar nichts. Deine Kinder brauchen die zum Flaschendrehen!“ „Flaschendrehen? Sind die nicht ein bisschen jung dafür?“ Ich tauche in die grüne Farbe und mir wird bewusst, dass diese Flaschen gar nicht mein Problem sind. Marian bringt die Kinder in den Kindergarten, er wird das jetzt der Pädagogin erklären müssen. „Dann kauf halt schnell welche an der Tankstelle.“ „Das werde ich wohl machen müssen, aber dann mach die Kinder bitte schneller fertig.“ Ich höre Paula und Fabian schon die Stiegen runterhüpfen. „Mama, wir wollen Frühstück!“ Ich schaue in den Spiegel und betrachte mich, die Kombination Ohrringe und Lidschatten, die ist richtig gut. Ich gehe in die Küche und nehme die Milch aus dem Kühlschrank, da fällt mir auf, dass die in einer Glasflasche ist. Hätte mir auch früher einfallen können, die kann ich umschütten. Ich nehme die erste Flasche und schütte die Milch in eine Schüssel und stelle sie wieder in den Kühlschrank. Die zweite Flasche verwende ich für das Müsli der Kinder. Man muss einfach nur einen Plan haben. So einfach ist das. Zumindest in diesem Fall. „Hier ist euer Müsli. Heute mit etwas mehr Milch. Bitte zieht euch dann allein an, helft eurem Vater. Mama muss ins Büro.“ Ich schnappe meine Tasche und hole meine Daunenjacke, nur mit einem Handtuch bekleidet kommt Marian ins Vorzimmer. „Schade, dass ich nicht mit dir Flaschendrehen kann.“ „So ein bisschen Lidschatten und du drehst gleich durch. Ach ja, kannst du die Milchflaschen auswaschen? Die kannst du dann mitnehmen. Bis später!“ Ich werfe ihm einen Kuss hin und ziehe die Tür zu. Die Kinder gehören jetzt ihm, ich fühle mich jetzt mal sexy. Sexy wie das Klopapier. Da fällt mir Carmen ein, ich hole mein Handy raus.

„Schätzchen, wie war es gestern? Du hast dich gar nicht gemeldet.“ „Er ist immer noch bei mir. Im Schlaf sieht er noch fescher aus.“ „Arbeitest du auch mal was?“ „Ist das jetzt wirklich die Frage, die dich drängend interessiert?“ „Wenn ich ehrlich bin, würde ich das schon gerne mal wissen, wie du so erfolgreich sein kannst, wenn du nie arbeitest. Ich freue mich wirklich, dass er über Nacht geblieben ist. Erstaunlich, dass du es doch ganz schön lang mit einem Kerl aushalten kannst.“ „Ich bin selbst überrascht, aber er riecht so gut, er macht mir Komplimente und er, naja, du weißt schon. Ich könnte das hier ewig machen. Solltest du mal probieren, also nicht mit ihm, aber mit deinem Ehemann. Wann hattet ihr das letzte Mal Sex? Und warum arbeitest du auch für eine Firma, arbeite für dich. Dann kannst du es dir frei einteilen, ersparst dir dutzende mühsame Diskussionen mit einem Chef, bei dem du das Gefühl hast, dass du es tausend Mal schneller allein hinbekommen würdest. Und du hättest mehr Zeit für Sex. Woran arbeitest du gerade?“ „Sexy Klopapier.“ „Mach dein eigenes Ding sexy! Er wacht auf, ich hoffe, wir werden noch eine Runde einlegen. Küsschen.“ Ich befürchte, ich werde heute auch ein paar Runden mit meinem Chef einlegen.

Ich betrete das Büro und nehme schon den Geruch seines Parfums wahr. Er trägt immer viel zu viel davon auf. Seit wir eine Kampagne für ein Parfum gemacht haben, steht dieses Zeug überall herum, bald auch Klopapier, wenn wir den Auftrag bekommen. Henry winkt mir zu. „Auch wieder mal da! Na, arbeitest du mal was? Schätzchen, ich hatte am Tag nach der Party so Kopfweh.“ „Das kann aber nicht nur der Champagner gewesen sein. Von Carmens Zeug bekommt man keine Kopfschmerzen.“ „Es war eine Kombination aus Bier, Wein und Champagner.“ „Wie bei mir im Mülleimer. Ich muss los, der Chef wartet schon. Und ja, ich bin Teilzeit, aber ich arbeite trotzdem was.“ Ich höre das Surren der Kaffeemaschine, ich sehe, dass Klaus eine Tasse Kaffee für mich macht. Fürsorglich ist er. „Meine Liebe, da bist du ja. Ich habe noch einmal darüber nachgedacht, ich denke, das ist wirklich kein schlechter Ansatz, den du da verfolgst. Ich finde, wir sollten da wirklich noch einmal darüber nachdenken und reden. Zucker und Milch?“ Ich schüttle den Kopf, nein, wie die letzten 15 Jahre schon nicht. So lange bin ich nämlich schon in dieser Firma und so lange drehen sich hier auch die Gespräche immer wieder im Kreis. Ich setze mich hin und schlage mein Notizbuch auf, so zu tun als würde ich mir das jetzt alles merken wollen, darin bin ich Weltmeisterin. „Ja, ich finde auch, wir sollten reden.“ Ich trinke einen Schluck und spüre wie die heiße Brühe hinunterrinnt. Warum kann ich mir das nie merken, dass man bei heißen Sachen warten muss? Die Kinder sind da schneller. „Sexy, sehr sexy finde ich die Idee mit dem Partner fürs Leben. Wie bist du darauf nur gekommen, Luise?“ Puh, soll ich ihm jetzt erzählen, dass ich am Klo gesessen bin? Eher nein. „Ein neuer Partner ist ja auch wie ein unbeschriebenes Blatt. Oder nicht? Und irgendwie hat eines zum anderen geführt. Obwohl ich jetzt ehrlich nicht genau weiß, wie sexy es ist, wenn man den Partner fürs Leben sucht.“ Klaus lehnt seinen Oberkörper auf den Tisch und kommt mir nah, zu nahe, von Mindestabstand ist da keine Rede. „Wie meinst du das? Hast du Probleme in deiner Ehe?“ Wie kommt der jetzt bitte da drauf? „Ich denke nicht, dass ich das mit meinem Chef besprechen möchte, aber wenn du es wissen willst, es ist alles absolut wunderbar in Ordnung. Geordnet wie das Klopapier. Widmen wir uns dem auch wieder.“ Ich halte mich an meinem Notizbuch fest und denke an Carmens Worte, es stimmt, ich sollte mit diesem Job aufhören. Henry holt mich aus meiner Not heraus, er hat alles durch die Glasscheibe beobachtet. Henry kommt zu uns in das Zimmer. „Chef, da hat einer angerufen, der sagt, es sei dringend.“ „Wer war das?“ „Der Klopapier-Mann.“ Ich lasse meinen Kopf in meine Hände sinken, ich kann dieses Wort echt nicht mehr hören. Mein Chef verlässt den Raum und Henry setzt sich zu mir. „Schätzchen, na bin ich super?“ Ich löse meinen Kopf aus meinen Händen. „Was meinst du?“ „Ich habe gesehen, dass dieser Kerl sich zu dir gebeugt hat. Ziemlich nahe war der. Ein Hoch auf die Glasscheiben in den Sitzungszimmern.“ „Irgendwie war das seltsam. Wollte dieser Kerl mit mir flirten? Ganz ehrlich. Der ist doch auch nicht mehr der Jüngste.“ „Ganz ehrlich, der Typ hätte bei dir auch keine Chance, wenn er 20 Jahre jünger wäre. Klaus ist in unserem Alter. Wenn er nicht mehr jung ist, dann sind wir es auch nicht. Ganz einfache Rechnung, um unsere Attraktivität einzuordnen.“ „Na hör mal, vor ein paar Stunden hat mich mein Mann noch anziehend gefunden.“ „Nicht nur vor ein paar Stunden hattest du Anziehungskraft, Schätzchen. Ich musste dich gerade retten.“ „Und was ist jetzt mit dem Klopapier-Mann, der hat doch nicht wirklich angerufen?“ „Nö!“ „Du riskierst deinen Job für mich?“ „Das würde ich tun, aber da ist kein Risiko. Er wird es auf die Technik schieben, wenn keiner dran ist und gut ist es.“ Ich schaue Henry an. „Du bist gut. Nein grandios! Ich muss mich jetzt um diese blöde Kampagne kümmern.“ „Kampagne, Champagne. Wie geht es eigentlich Carmen?“ „Gut, ein Typ hat bei ihr übernachtet. Sie glaubt, es ist die große Liebe.“ „Einmal Tag und Nacht. Das ist ein neuer Rekord.“ „Das dauert schon länger. Das hat schon bei meiner Party begonnen. Ich muss jetzt wirklich arbeiten, sonst habe ich ganz andere Probleme mit dem Chef.“ Ich nehme mein leeres Notizbuch und gehe in mein Büro, ich versuche mich zu konzentrieren, diese Kampagne muss hinhauen, auch wenn sie mir am Arsch vorbeigeht. Drei Stunden später bin ich wirklich erledigt, ich habe tatsächlich intensiv über das Klopapier nachgedacht, dabei ist auch etwas rausgekommen, womit ich mich sehen lassen kann. Und ich spreche jetzt nicht vom Brautkleid aus Klopapier. Es ist wieder einmal mehr der Beweis, wenn ich mich wirklich bemühe, dann kommen auch die Ideen, aber man muss sich halt auch einmal so richtig anstrengen. Das hat meine Mutter schon immer zu mir gesagt, und das hat mich damals schon abgeschreckt, denn wer will sich schon so richtig anstrengen? Aber ich habe Glück, denn ich sehe meine Mutter gleich. Vielleicht hat sie ja einen neuen Spruch parat, den ich mir in die Toilette hängen kann. Ich schnappe meine Tasche und düse in den Kindergarten.