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In den Büchern zur Heillosen Kultur wird nach Erklärungen für millionenfaches Leid, das sich in unterschiedlichen Auswirkungen in Natur und Mensch präsentiert, geforscht. Medien- und Pressemitteilungen bilden den Ausgangspunkt einer Dokumentation von Lebensrealitäten von 2005 bis 2010. Mitteilungen und Geschehnisse, politische und wirtschaftliche Entscheidungen oder auch die Umsetzung neuer Gesetze, die massive Lebensveränderungen für Millionen von Menschen bedeuten, werden in Beziehung gesetzt zu den vier Konstanten in unserer Kultur. Beleuchtet werden die Auswirkungen des folgenden kulturellen Quartetts auf den Menschen 1. aus der Ökonomie, 2. durch die Bevorzugung des männlichen Geschlechts, 3. bezüglich des cartesianischen Wissenschaftsparadigmas und 4. in der Verleugnung von Seele und Psyche jedes einzelnen Menschen, die dazu führt, dass unsere emotionale und damit auch unsere existenzielle Vergangenheit nur bruchstückhaft individuell und gesellschaftlich aufgearbeitet ist. Diese letzte Konstante führte in der Vergangenheit und führt gleichfalls in der Gegenwart dazu, dass der psychischen Verarbeitung von traumatischen Ereignissen (z.B. Krieg) und politischen Veränderungen in Menschen kaum Bedeutung beigemessenen wurde und wird: Menschen haben mit dem fertig zu werden, was von ihnen verlangt wird. Summa summarum zeigt sich als bedeutsame und gravierende Erklärung für millionenfaches Leid die Vernachlässigung einer Werthaltung für das menschliche Wesen. In unserer Kultur wird nur und einzig und allein einem Wert unter allen Umständen zugesprochen: Kapital und Geld. Aktuelle Auswirkungen finden in den Büchern anhand von Presse und Medienmitteilungen Darstellung. Der Mensch wird neben dieser ultimativen und ausschließlichen Alleinstellung von Kapital und Geld bedeutungslos: Er wird selbst kapitalisiert. Er ist Material. Psyche und Seele haben zu schweigen. Es wurden u.a. neue Begriffe, wie z.B.
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Seitenzahl: 845
Veröffentlichungsjahr: 2012
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Bücher
In den Büchern zurHeillosen Kulturwird nach Erklärungen für millionenfaches Leid, das sich in unterschiedlichen Auswirkungen in Natur und Mensch präsentiert, geforscht.
Medien- und Pressemitteilungen bilden den Ausgangspunkt einer Dokumentation von Lebensrealitäten von 2005 bis 2010. Mitteilungen und Geschehnisse, politische und wirtschaftliche Entscheidungen oder auch die Umsetzung neuer Gesetze, die massive Lebensveränderungen für Millionen von Menschen bedeuten, werden in Beziehung gesetzt zu den vier Konstanten in unserer Kultur.
Beleuchtet werden die Auswirkungen des folgenden kulturellen Quartetts auf den Menschen 1. aus der Ökonomie, 2. durch die Bevorzugung des männlichen Geschlechts, 3. bezüglich des cartesianischen Wissenschaftsparadigmas und 4. in der Verleugnung von Seele und Psyche jedes einzelnen Menschen, die dazu führt, dass unsere emotionale und damit auch unsere existenzielle Vergangenheit nur bruchstückhaft individuell und gesellschaftlich aufgearbeitet ist. Diese letzte Konstante führte in der Vergangenheit und führt gleichfalls in der Gegenwart dazu, dass der psychischen Verarbeitung von traumatischen Ereignissen (z.B. Krieg) und politischen Veränderungen in Menschen kaum Bedeutung beigemessenen wurde und wird: Menschen haben mit dem fertig zu werden, was von ihnen verlangt wird.
Summa summarum zeigt sich als bedeutsame und gravierende Erklärung für millionenfaches Leid die Vernachlässigung einer Werthaltung für das menschliche Wesen. In unserer Kultur wird nur und einzig und allein einem Wert unter allen Umständen zugesprochen: Kapital und Geld. Aktuelle Auswirkungen finden in den Büchern anhand von Presse und Medienmitteilungen Darstellung.
Der Mensch wird neben dieser ultimativen und ausschließlichen Alleinstellung von Kapital und Geld bedeutungslos: Er wird selbst kapitalisiert. Er ist Material. Psyche und Seele haben zu schweigen. Es wurden u.a. neue Begriffe, wie z.B.Psychoökonomie, von der Autorin aus der Reflexion des Materials heraus geschaffen.
Die drei Bücher zu Band 1 wurden mit „Selbstwert statt Mehrwert“ getitelt, um von vornherein auf die notwendige Richtigstellung unserer Werteordnung hinzuweisen. Weiter tragen alle Bücher den generellen UntertitelNachtrag zum Jahr der Geisteswissenschaften 2007, weil das Thema der Bevorzugung der Naturwissenschaften gegenüber den Geisteswissenschaften in Deutschland nicht deutlich genug aufgegriffen wird. Eine Parallele findet diese Bevorzugung in der Vorrangstellung der Männer gegenüber Frauen.
Die vier kulturellen Konstanten finden Sie unterschiedlich gewichtet in jedem Buch, wobei in Band 1 die fehlende Vergangenheitsbewältigung, in Band 1.1 unsere kulturellen Wurzeln, wie sie durch Nietzsche und Marx bezüglich des Selbstwertes von Menschen vorliegen, neu belebt in Erinnerung gerufen werden, in Band 1.2 die Ökonomie und das Geschlechterverhältnis von Mann und Frau in Bezug auf unsere gültige Werteordnung betrachtet wird,in Band 2 gezeigt wird, wie die Seele per Ökonomie und Berufsinhalte im Gesundheitswesen ausgetriebenund in Band 3 die Vernichtung von Heilung per Ökonomie im Gesundheitswesen abgewickelt wird.
Buch-Band 2:
Autorin
Dipl-Psych. Dr. phil. Monika Eichenauer arbeitet erfolgreich als Psychologische Psychotherapeutin in ihrer Praxis in Dortmund. Viele Jahre war sie als Regionalgruppenleiterin des BDP tätig und initiierte 2010 dieÄrzte der Kulturund gründete dasInstitut für medizinisches Heilungsmanagement.
Monika Eichenauer
ZULASSUNG ZUR ABSCHAFFUNG:
Psychologische Psychotherapeuten in Deutschland
Pflichtlektüre für jeden
Plädoyer einer Psychologischen Psychotherapeutin für das menschliche Wesen und seinen Selbstwert
Die heillose Kultur Band 2
Imprint
Die heillose Kultur - Band 2
Selbstwert statt Mehrwert
Zulassung zur Abschaffung
- Monika Eichenauer -
Copyright Monika Eichenauer, Dortmund 2011
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung der Autorin reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Layout, Satz, Formatierung - Michael Schulte, [email protected]
Foto: Neuseeland, von Ulla Kallert
Buchcover: Gestaltung Monika Eichenauer und Ulla Kallert
Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin,www.epubli.de
Printed in Germany
ISBN 978-3-8442-1774-2
Wir sehen jetzt durch einen Spiegel,
in einem dunklen Wort;
dann aber von Angesicht zu Angesicht.
Jetzt erkenne ich stückweise;
Dann aber werde ich erkennen,
gleichwie ich erkannt bin.
Erster Brief des Paulus an die Korinther, 13. Kapitel, Vers 12
Achtsamkeit zeigt uns, was
im Körper,
in den Gefühlen,
im Geist
und in der Welt passiert.
So vermeiden wir es, uns selbst oder anderen zu schaden.
Einführung
Von narzisstischer Kleinkrämerei als nette Umschreibung von Eifersüchteleien, wenn ein Mensch etwas besser kann oder mehr hat als der andere, kann in unserer Gesellschaft nicht mehr liebevoll und eher gönnerhaft ausgegangen und gesprochen werden.
Davon, von selbstloser Wohlgesonnenheit, ist auch nicht im Gesundheitswesen generell, und schon gar nicht speziell, in der Beziehung von Medizinern zu Psychologischen Psychotherapeuten politisch auszugehen. Wohingegen Psychologische Psychotherapeuten im Großen und Ganzen immer noch zum Selbsttrost, mit Garantie und Schutz vor Eigeninitiative, davon ausgehen, dass Mediziner ihnen auf Augenhöhe begegnen und es gut mit ihnen meinen und zwar auch dann, wenn sie völlig gegenteilige Erfahrungen machen. Private und gesellschaftliche Konsequenz ist, dass psychotherapeutische Berufsinhalte sukzessive weiter geschmälert werden. Der Druck zur kontrollierten Leistungserbringung wird für Psychologische Psychotherapeuten (PP) an seelische Grenzen getrieben. Honorare müssen, will man den Beruf nicht aufgeben, auf niedrigstem Level akzeptiert werden. Psychotherapeutische Methoden werden im KV-System der „anerkannten Richtlinien-Psychotherapie“ zerhackt und ihres Herzens beraubt. In Modul-Psychotherapie finden sie nicht selten Einsatz unter medizinischer Leitung. Kurz: Psychologischen Psychotherapeuten werden berufspolitisch ihrer Methoden unter ihren Augen aus ihren Händen entwendet. Dies betrifft vornehmlich die bislang nicht durch Richtlinien anerkannten psychotherapeutischen Methoden. Oben auf,damit sie sich nicht wehren, werden sie am schlechtesten von allen KV-Fachärzten für ihre Leistungen bezahlt. Dann freuen sie sich, wenn sie ein paar Cent mehr an Honorar bekommen bzw. auf einem Honorarlevel bleiben, das sie vor zwanzig Jahren einmal hatten. Dafür haben die deutschen Psychologischen Psychotherapeuten nun zwölf Jahre gekämpft! Währenddessen konnten sie sich weniger um den berufspolitischen Rest scheren, der ihnen inhaltlich und methodisch zerkleinert zu einer neuen Berufsidentität werden wird. Im Prinzip wird politisch darauf gewartet, dass die „alten“, kämpferischen Psychologischen Psychotherapeuten aus Altersgründen von der Bildfläche verschwinden. Dann kann die deutsche Psychologische Psychotherapeutenschaft der Ärzteschaft als neuer Krankenschwestertyp, der mit Patienten spricht, berufspolitisch und finanziell untergeordnet werden.
Ich schließe also mit diesen ersten Sätzen nahtlos an die vorangegangenen Bände zu Methodik und Werkzeug in der heillosen Kultur an. Im Mittelpunkt stehen hierbei einerseits das Aufzeigen der politischen Realität in Gesundheitswesen und Gesundheitswirtschaft in den Wirkungen auf den Berufsalltag, und andererseits der Verlust einer eigenständigen Berufsidentität für die deutschen PP innerhalb des KV-Sytems und, weiter gefasst, innerhalb der Gesundheitswirtschaft. Diese aufzuzeigenden politischen Bestrebungen schaffen den Menschen, das menschliche Wesen, der/das an oberster Stelle in der Werteordnung stehen muss, ab.
Im Gegenzug bewegen wir uns nun zunächst konsequent ins Herz des menschlichen Wesens. Die Psychologischen Psychotherapeuten und genauer, analytische Psychotherapeuten, beschäftigen sich qua Berufsinhalt mit dem Herzen des menschlichen Wesens: Der Seele. Die Seele ist für jeden einzelnen Psychologischen Psychotherapeuten und für jeden Menschen in der Kultur als primärer Wert in Kultur und menschlicher Gesellschaft zu benennen und zu erhalten. Unzählige psychische Abwehrmechanismen wären aufzulisten, durch welche die Seele versucht mit Verleugnung, Schädigungen jeder Art, Zerstörungswut und Ignoranz in heutigen Zeiten fertig zu werden. Psychologische Tricks so unendlich wie Sand am Meer, werden, um die Seele zu manipulieren, in dieser heillosen Kultur eingesetzt, um sie mundtot zu machen. Die Seele wurde und wird durch Geldmacherei verleugnet: sowohl im einzelnen Menschen als auch in der Gesellschaft. Diesem Prozess gilt es menschlich und fachlich entgegen zu treten. Die Seele muss Maß aller Dinge im einzelnen Menschen wie auch in Kultur und Gesellschaft sein und werden.
Wird man zum „Nachdenker“ der politischen Umwälzungen der letzten Jahre und zeichnet nach, welche Entscheidungen zu welcher Lebensrealität entarteten, kann man nur zu dem Schluss kommen, dass die Zerstörung des menschlichen Wesens in großem Maßstab unter dem Deckmantel, Existenz und Leben durch Wirtschaftserfolge sichern zu wollen, schon lange in Angriff genommen worden ist. Folgen sind das exorbitante Auftreten von Krankheiten aller Art und sich entwickelnde unhaltbare soziale Verhältnisse: Ein in momento mati (sich im Sterben zusehen) breitet sich in vielerlei Hinsicht aus: ob finanziell, psychisch, sozial, juristisch oder im Hinblick auf medizinische und psychotherapeutische Versorgungsstrukturen. Dabei wird immer davon gesprochen, wie wichtig die Seele ist und was man alles Schönes für die Seele (mit Geld) tun kann. Die Seele wird Mittel zum Zweck der Kapital- und Geldgewinnung. Das menschliche Wesen verdorrt und wird psychisch folgenreich in die Irre geleitet. Der Widerspruch in der Kultur führt zur weltweiten Schizophrenie: Kapital muss gerettet werden, Menschen müssen sich opfern.
Einerseits lebt die Devise hoch, „Jeder-ist-sich-selbst-der-Nächste“, und andererseits eine ökonomische Ideologie, die mittels Zersplitterung von Zusammenhängen, Vertragsgestaltungen und Serviceleistungen nun auch noch über Gebührenziffern gesteuerte Behandlungsinhalte im Gesundheitswesen ergriffen hat und festlegt, was behandlungswürdig ist – und damit erstattungsfähig – und was nicht. Zermürbt werden Menschen aus allen Richtungen tagtäglich: zusätzlich zur Gefahr des möglichen Arbeitsplatzverlustes oder weiterer Minderbewertung ihrer Arbeitsfähigkeit und/oder des bereits eingetretenen und psychosozial arbeitenden sozialen Abstiegs. Ob in Auseinandersetzungen vor Gericht oder als Kranker in Auseinandersetzungen über Kostenübernahmen für Krankenbehandlungen oder –fahrten bei den Krankenkassen, in Deutschland zeichnet sich zusehends ab, nicht mehr nur bei Gericht in Gotteshand wie auf hoher See zu sein, sondern überall: Man kann keine Prognose stellen, wie sich etwas oder die Dinge entwickeln und ausgeht. Das ökonomische Requiem bedient sich der Klaviatur aller erdenklichen existenziellen Nöte, die gleich, wie Seiten im Notenspiel, eine nach der anderen im Menschen zum Klingen gebracht werden. Dadurch initiierte Gesetze tun das ihre. Selbst Menschen, die eine Anzeige stellen, finden sich fix als Angeklagte wieder. Richter müssen haarscharf entscheiden, ob es sich um eine Umkehrung des Tatherganges durch den Täter im Sinne „Angriff und Aufteilung von Schuld ist die beste Verteidigung“ oder tatsächlich um eine berechtigte Schuldabwehr auf den Anzeigensteller handelt. Schuldvermutung darf jedoch nicht an die Stelle von Unschuldsvermutung treten. Die Frage taucht gleichfalls auf, ob das Opferschutzgesetz bezüglich geschädigter Menschen – mit denen Psychologische Psychotherapeuten jeden Tag befasst sind –, die nochmals durch den Täter durch Falschaussagen geschädigt werden, des Schutzes bedürfen und sich dementsprechend die Sorgfaltspflicht von Richtern erhöht, Indizien und Motive beider Parteien, des Anzeigenstellers (und dann selbst durch den Täter Beschuldigten) und des Täters (und dann als Ankläger in Erscheinung tretenden) und eigene, persönliche Meinung genauestens zu differenzieren und zu prüfen.
Die strategische Perfektionierung zur Opfergenerierung treibt auf eine unrühmliche Spitze mittels Verkehrungen zu. Wie in Einzelfällen juristisch, so auch gesellschaftlich im wirtschaftlichen Bereich, erleben Tausende von Menschen in der Gegenwart, wie sie ihren Arbeitsplatz verlieren: wer Opfer wird, wird weiter Opfer oder mit Almosen abgespeist. Von den Demütigungen bei den Ämtern und den eingreifenden Folgen durch die Lebensveränderungen ganz zu schweigen. Aber ebenso ist die Entwicklung von Tätern, die oftmals auf einer anderen Ebene des gesellschaftlichen Lebens Opfer sind, zu verzeichnen, die zur Schuldabwehr greifen und Unschuldige beschuldigen. Findet ein solches Täterverhalten vor Gericht Anerkennung, dann wird es außerhalb des Gerichts zur täglich praktizierten Methode. Und findet wiederum vor Gericht Anerkennung, da diesen Tätern geglaubt wird. Eine Methode, wie sie bereits jahrzehntelang bei missbrauchten und vergewaltigten Frauen und Kindern angewendet wurde und weiterhin notwendig erscheint, erobert sich das alltägliche Terrain von Klein- und Großkriminalität. An diesem Prozess wird die Inflation von Werten, Moral und Ethik ablesbar, die im persönlichen und gesellschaftlichen Chaos gipfelt und Unrecht manifestiert und weiter generiert. Die Folge ist Bitternis, Wut und irgendwann das Bedürfnis, die eigenen, vielleicht noch erhaltenen Moral- und Ethikvorstellungen nun gleichfalls über Bord zu werfen und zu den gleichen Mitteln zu greifen, die an Opfern exerziert worden sind.
Geboren aus niederen Instinkten, in jedem Falle Kapitalgewinne zu produzieren, statt Menschen zu helfen und zu heilen, geht es in menschlichen Beziehungen auf einem Nebengleis weiter um Macht und Gewinne einerseits und andererseits um das Überleben um jeden Preis, und dies in Beziehungen quer durch die Kultur: Ob in privaten Auseinandersetzungen oder in der Art und Weise, wie Menschen von Amtspersonen behandelt und abgefertigt werden und abgefertigt werden dürfen. Eine Gesetzeslage, die Hartz-IV-Empfängern im Rahmen von 400-Euro-Jobs hinzuverdientes Geld prozentual oder voll, wie das Kindergeld, anrechnet und fordert, dass eventuell vorhandene Sparbücher wie jegliches Eigentum erst verbraucht sein müssen, bevor Hartz-IV gezahlt wird und obendrein die Quadratmeterzahl an Wohnraum pro Person für Kündigungen der bisherigen Wohnung zugrunde legt und Umzüge erzwingt, steht gefühlt nicht im Einklang mit dem Grundgesetz und den Menschenrechten der UN.
Erinnert sei an die Artikel 25 (Soziale Fürsorge) und Artikel 26 (Recht auf Bildung). Zusätzlich wird noch in der Wohnung lebenden und flügge gewordenen Kindern, die ihre ersten Schritte auf eigenen Füßen ins Leben setzen wollen, das angemietete Elternhaus wie ihren Eltern unter dem Hintern weggezogen. Ob das soziale Milieu der Betroffenen, die unmittelbare Lebensumgebung, die durch die gewohnte Schule und Schulkameraden, Bekanntschaften beim Einkauf, Gespräche mit den Nachbarn, Besuche durch Schulkameraden und Freunde definiert ist, zerstört wird durch erzwungene Umzüge oder nicht, ist egal. Welche psychischen Probleme gesundheitlich durch diese enorm zeitaufwendigen und Nerven kostenden gesetzlich eingeforderten Umzüge erzeugt werden, ist gleichfalls egal. Eines ist jedoch nicht egal und wird konsequent durchexerziert: Es wird abgezogen, abgezogen, abgezogen – als stünden dem Staat die Ersparnisse des Hartz-IV-Empfängers, das Kindergeld oder mühsam erworbenes Eigentum zu! Zwischenzeitlich wollte man von Staatswegen auch schon mal festgelegt haben, welches Auto von Hartz-IV- Empfängern noch zu fahren ist! Die Werteordnung stützt Macht und Geld, statt Mensch und menschliches Wesen. Dies führt in allen denkbaren Lebenslagen zu unermesslichem Leid und Krankheit an Körper und Seele! Die Werteordnung macht sich nun extrem im Gesundheitswesen für viele Menschen, ob Patienten oder Behandler, bemerkbar.
In Deutschland scheinen kaum noch tragfähige Regeln und Ordnungsprinzipien das Leben zu steuern. Menschen glauben, ein besonderes Maß an Intelligenz und Oberschlauheit an den Tag legen zu müssen, weil sie alle gemeinsam eines erlebt haben: Dass ihr Vertrauen missbraucht worden ist – und dies gilt sowohl für Beamte, für Staatsdiener wie Richter und Polizisten, für Ärzte und Psychotherapeuten, Politiker, Manager und eben auch für Bürger und kleine Bürger wie Jugendliche und Kinder. Die Welt steht Kopf: Nichts ist mehr so, wie es einmal war oder wie man annahm, dass es sei. Die Politik geht mit jeder ersonnenen Gesundheitsreform baden und die Krankenkassen befürchten wieder, wie immer (!), Milliarden Defizite: wobei nicht offen gelegt wird, wer denn daran verdient. Lapidar wird gesagt: „Angesichts wachsender Kosten für Ärzte, Medikamente und Kliniken klettern die Ausgaben wohl noch stärker als geplant. ‚Sie dürften gegenüber 2008 um sieben Prozent wachsen’, so Jacobs.“ (Ruhr Nachrichten, Titelseite, 14.4.2009). Die Ärzte streiken, weil die Einkünfte statt höher wieder niedriger werden, die Psychologischen Psychotherapeuten bescheiden sich mit dem, was sie bekommen und die Pharmazie freut sich ob ihrer Gewinne?
Die Welt ist durch das wirtschaftliche Ansinnen der Ökonomie zerrissen und schafft zwei Welten, die unterschiedlicher nicht sein können: Sehr arme und sehr reiche Menschen kämpfen um Wahrung ihres Lebensstandards und ihrer Existenz – nur unter völlig ungleichen Ausgangsbedingungen. Der eine arm und oft in Folge krank, der andere reich, mit vielleicht etwas weniger an Reichtum und kerngesund. Jeder denkt an sich und kämpft um sich: Der Kuchen ist das Geld. Die Armen ziehen bei diesem Kampf den Kürzeren.
Die Konsequenzen zeichnen sich in Rechts- und Ordnungsgefügen ab, die wie Sand durch die Finger der Armen rieseln. Was wichtig für den Bestand des menschlichen Wesens und dessen weiterer Entwicklung ist, schlägt gegen die morschen Wertemauern einer durch Kapitalvermehrung geprägten und gespaltenen Kultur, die durch eine politische Gesellschaftsordnung gestützt wird.
„Realitäten“, wie sie in den Medien abgebildet und in Filmen vorgespielt werden, mit Menschen, die in unseren Städten nicht wohnen und als Ideal hochstilisiert werden, und unvorstellbar viel Geld im Vergleich zu normalen Bürgern verdienen, weil sie „dicke Muskeln“ haben und „schnell laufen können“ oder einen anderen Gleichgesinnten in Filmen K.O. schlagen. Der Starke siegt über den Schwächeren und wird Ideal in einem Existenzkampf, der irreführender Weise als Wettbewerb deklariert wird. Er, der Starke an Geld und der heiligeWettbewerb, der moderne Werbeslogan kapitalistischer Wirtschaft, rechtfertigen alles: ob Kriege, Entlassungen, Verelendungen. Gerade Krankheiten, gerade Verzicht und Elend, dienen als Ausweis, sich als Eins mit ihm einverstanden erklärt zu haben. Sie sind Symptom eines Lebens in technisierten und diffizil ökonomisierten Welten, wie sie sich in Leibern von Menschen (und auch Tieren und hier insbesondere denjenigen, die aussterben) abbilden.
Sie fordern ihren Preis. Frauen, die schlank wie Tannen über den Laufsteg stelzen, grundsätzlich immer am Rande von Krankheit oder schon mit einer Anorexie lebend, zählen ebenso zu diesem/diesen „Welten“ (Heideggers erste Wortneuschöpfung anlässlich der Katheder Vorlesung){1}, wie Mord, Totschlag, psychischer und sexueller Missbrauch von Kindern und Frauen oder dem seelischen Erleben, das Kriege und Krisen in Menschen an Spuren und Einschlägen hinterlassen. Jeder weiß, was gefühlt, gemeint und statistisch erfasst ist. Soweit Heidegger die Wahrnehmung des Menschen auf Augenblicke und Situationen lenkte und mikroskopisch genau bestrebt war, überhaupt erst einmal die im Augenblick zu lebenden Elemente und Einflüsse des Menschen mittels Vergrößerung und Ausdehnung des Raumes und damit auch der Gefühle in ihm, gewahr zu werden und als leitend für ein „Wohnen“ aufzuzeigen, so darf nicht vergessen werden, zu welchem Zweck er sich den Fragen der Ontologie akribisch phänomenologisch zuwandte und den Weg auf sich nahm, Philosophiegeschichte im Sinne einer Warnung gegen die Überhöhung der Metaphysik aufzuarbeiten. Er wies auf den Einfluss der Technik hin, der Menschen nicht mehr zentral den Platz als Mittelpunkt des Seins, sondern der Welt offeriere und sich damit die Erde Untertan mache: „Heidegger verwarf die gängige Auffassung, Technik sei ein Mittel zum Erreichen von Zwecken. Stattdessen betonte er, daß mit der Technik eine neueAuffassungder Welt einhergehe. Dies zeigte sich für Heidegger darin, daß durch Technik die Erde vornehmlich unter dem Gesichtspunkt der Nutzbarmachung in den Blick gebracht wird. Der Mensch steht dadurch im Zentrum einer Welt, die ihm zu dienen hat. Wegen der globalen Verbreitung der Technik und der damit verbundenen schonungslosen Vernutzung natürlicher Ressourcen sah Heidegger in ihr eine große Gefahr.“ (wikipedia, 4.3.2009. Stichwort: Martin Heidegger).
Nimmt man diesen Gedanken Heideggers auf, so muss heute festgestellt werden, dass einige wenige Menschen alles, Erde und Mensch mittels Technik und kapitalistischer Ökonomie und damit dem Streben nach Kapital und Kapitalvermehrung beherrschen und den übrigen Menschen kaum noch existenziell Luft zum Atmen lassen. Ihnen gehört nichts auf dieser Welt. Ihnen erscheint ihr eigenes Leben weder kontrollierbar noch emotional zugehörig, weil selbst Seele und Leib in diesem Prozess ebenso zerstückelt und in abgespaltenen Teilen verhökert werden wie die Erde in Grundbesitz aufgeteilt ist und verkauft wurde und wird. Das dem menschlichen Leben zugehörige Gefühl von Identität, das aus Klarheit darüber entsteht, dass man weiß, wer und was der Mensch ist, und unabdingbar mit Begriffen wie Kontrollfunktion und Grenzziehung verwoben ist, liegt nicht mehr eindeutig in Händen der einzelnen Individuen, sondern in der Hand von ausgeklügelten Systemen, wie, was bezüglich Geld und Kapital ausbeutbar ist und wer dafür in erster Linie in Frage kommt: Das waren immer Menschen, die keinen Besitz und kein Kapital hatten oder aber zu wenig, als dass sie es für andere Interessen hätten einsetzen können. Heute können Menschen froh sein, wenn sie in sich selbst noch ein Stück Heimat emotional erleben, indem sie entdecken, dass sie sich selbst treu geblieben sind, sich also ihre Seele bewahrt haben. Denn die Kontinuität des Lebens wird mit zahllosen Mitteln zerstört. Dafür wird zusätzlich mittels zig technischer und systemischer Möglichkeiten die Kontinuität der Wahrnehmung in jedem einzelnen Menschen unterbrochen.
Kinder, Jugendliche und Erwachsene die an Aufmerksamkeitsdefiziterkrankungen leiden und ihr Leben nur unter schwierigen Bedingungen geordnet bekommen, sprechen nicht für sich, sondern besser und genauer formuliert,für eine Kultur, der es nur und ausschließlich um eines geht, und Menschen dies an ihrem Leib zwangsläufig ausbaden müssen: Es geht um Geld und ihm muss alles geopfert werden.
Damit ist der Erhalt des menschlichen Wesens philosophisch hinsichtlich des Seins in seiner ontologischen Dimension abgesetzt und abgewertet und fällt in millionenfacher Form Verwertungsbestrebungen und, folgt man Kapitalisierungsprozessen, der Vernichtung anheim. Kombinationen von Technik und Kapital in ihren millionenfachen Möglichkeiten, wie sie heutzutage von Menschen erlebt werden können und als Symptome und/oder Krankheiten oder existenziell bedrohlicher Lebensbasis in Gefolgschaft mit Not, Angst, Elend, Schmerz und Verzweiflung in Seele und Leib Einfügen: in Erscheinung treten, lösten die Verwirklichung des menschlichen Wesens ab. Der Mensch ist des Platzes verwiesen: er hat nur noch zu überleben. Aber vorher hat er Pfründe zu zahlen, damit es wenigen Menschen unvorstellbar „gut“ geht. Das Maß in diesem System ist Besitz und Kontostand. Es zeigt sich, dass es für Glück und Wohlergehen nicht ausreicht. Da es der einzelne Mensche ist, der Not, Elend, Krankheiten, Angst und Verzweiflung erlebt, glaubt er, er hätte versagt. Dabei wird die Rolle des Kultureinflusses und Einfügen: das, was als normal gilt, plötzlich ungebührlich verkleinert. Diese Haltung schützt davor, gründlich zu reflektieren, was ein menschliches Wesen ist und was es braucht. Genau dies passiert seit Jahren im Gesundheitswesen: Es ist nicht wichtig, ob der Patient gesund wird, sondern ob man an ihm verdienen kann. Krankheit wie Patient sind zur Ware in einem Wirtschaftsbetrieb geworden oder besser gesagt, verkommen. Ärzte und Psychotherapeutenschaft innerhalb des Kassenärztlichen Systems sind nun gleichfalls zur Ware gekürt, die hin und her geschmissen und durch zig Anforderungen und Niederfinanzierungen dazu gezwungen werden sollen, sich in die Pläne kapitalistischer Wirtschaftsplaner einzufügen.
Psychotherapeuten wissen ganz genau, sozusagen haarfein, wie die Verbindungen zwischen Anforderungen, Leistungserfüllung, Arbeitsplatzverlust, Mobbing, soziale Benachteiligung und deren Folgen im Leben von Menschen verlaufen und was sie an psychischen Beeinträchtigungen, seelischen Nöten und körperlichen Krankheiten hervorbringen. Sie wissen um das im kapitalistischen Wettbewerb steckende Leben und was damit individuell und in der breiten Masse der Bevölkerung gemeint ist! Sie können sofort die lebendigen und mit konkreten Erfahrungen gefüllten Wege vom Arbeitsplatz, über den Leib des Menschen bis zu Diagnosen, wie die Krankenkassen des Gesundheitswesens sie benötigen, um die Kosten zu übernehmen, beschreiben. Diese Muster und Entwicklungen sind ihnen durch ihren Beruf in Fleisch und Blut übergegangen. Denn sie hören tagtäglich von Traumata, Problemen, Konflikten, Beziehungsunfähigkeiten, Missbrauch, Idealbild und Differenzen zu Selbst- und Fremdbild, Essstörungen, Depressionen, Abhängigkeiten aller Art und sahen in den letzten Jahren die verheerenden Folgen in den Lebensläufen von Menschen, die aufgrund von wirtschaftlichen und politischen Veränderungen keinen Einfluss mehr auf die Entwicklungen in ihrem Leben hatten und haben. Psychotherapeuten hören diese Probleme nicht nur, sondern sie arbeitenemotional mit den Folgen politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen, wie sie sich in Problemfeldern der erkrankten, gedemütigten und existenziell niedergemetzelten Menschen wie Unrat konzentrieren. Sie arbeiten mit begrabenen Gefühlen, entzogenen Lebensplänen und zerstörten Existenzen von Menschen. Sie arbeiten gleichfalls mit wohlhabenden Menschen, in deren Leben sich ebenso Schicksalsschläge, Übertragungen aus der Familie und Konflikte und Fragen, wie denn zu leben sei, sich aus persönlichen und gesellschaftlichen Bereichen kulminieren und stapeln. Wir werden von allen gesellschaftlichen Schichten und auch Berufsgruppen in allen Positionen gebraucht, sei kurz betont.
Ohnmachtgefühle gehören in dieser Arbeit zum täglichen Brot – in solchen Augenblicken stimmt jegliche Art von philosophischer Ausrichtung: Das Sein bestimmt das Bewusstsein – und die Kunst besteht darin, den Menschen dahin zu begleiten, ihr eigenes Bewusstsein, ihren eigenen Mund, ihre Seele in dieser Kultur, die ihnen von Nichts und Niemanden zu nehmen sein sollte, wieder zu finden und zu entdecken: über ihr Fühlen das Bewusstsein zu schärfen für ihr Sein, für ihr Leben und es entsprechend zu bilden. Der Wunsch leben zu wollen, führt sie näher zu Wahrheit und Weisheit.
Wenn Menschen psychisch wachsen, ist ihnen nicht mehr alles zu verkaufen. Sie sind und werden kritischer. Sie fragen sich, wer ihnen denn was gesagt hat, dass sie so fühlten und handelten, wie sie handelten, wie sie geworden sind, wie sie sind, was sie wollen und wohin und mit wem und wie. Sie lernen und erkennen, wie sie für sich selbst besser sorgen können, um zumindest in diesem gesellschaftlichen Drama gesünder zu bleiben, als sie es vorher waren. Gleichzeitig ist transgenerationell emotional zu verstehen, wie quasi in jedem Leben das Thema der Verleugnung des menschlichen Wesens auch in ihrem Leben zuschlägt: als wäre es natürlich, dass Menschen leiden müssen. Der Faden, wie es zu Leiden, Not und Krankheit kommt, kann nicht mehr oberflächlich damit erklärt werden, dass es eben Krieg gab und die Folgen nun zu leben sind. Nicht Kriege sind die Erklärung, sondern die Beantwortung der Frage, warum Kriege geführt wurden und werden. Was Krieg bedeutet, wissen Menschen emotional: Krieg bedeutet Angst und Tod. Und diese Erfahrungen sind nun auch noch vererbbar, graben sich in Areale des Gehirns von Nachkommen ein, die den Krieg gar nicht selbst mitgemacht haben, wie die neueste Forschung kundtut. Diese Reflexion führt direkt in den Bereich gesellschaftlicher Interessen, die verwirklicht worden sind und weiterhin verwirklicht werden sollen. Ist man bei gesellschaftlichen Interessen angelangt, landen der Fragesteller und der Antwortende wiederum bei Geld, das dem menschlichen Wesen vorangestellt wird, wie ich in den vorangegangenen Bänden zur Heillosen Kultur ausführte. Eine solche Werteausrichtung bringt ein Gesundheitssystem hervor, das sich mit den Folgen wirtschaftlicher Entscheidungen und wie sie sich auf Menschen auswirken und sich in ihnen bemerkbar machen, nicht interessiert. Immer mehr Menschen werden krank und pflegebedürftig: damit muss das Gesundheitswesen immer mehr Menschen versorgen. Die Grenzen diesbezüglich wurden in den letzten Jahren erreicht – Lösungen, wie dieser notwendige Geldberg zu bewältigen sei, sieht man darin, Betroffene immer mehr Beiträge und Eigenleistungen zahlen zu lassen. Damit sind diejenigen, die schon immer und in jeder Hinsicht die Leidtragenden waren, noch einmal zu den Opfern dieses gesellschaftlichen Kreislaufes addiert und sie sind dann nicht nur krank, zahlen ihre Beiträge, sondern sie werden nun hinsichtlich ihrer Symptome und deren Dauer noch einmal zur Kasse gebeten und damit ausgeschlachtet. Mit Abhängigkeiten und / oder Symptomen fängt man statt wie mit Speck die Mäuse, das Geld der Versicherten.
Und auch kassenärztlich zugelassene Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten sind ja im Grunde genommen nicht tatsächlich freiberuflich tätig, sondern haben die Vorstellungen und gesetzlichen Vorgaben, was unter Behandlung zu verstehen ist, nach Sollvorgaben zu erfüllen, und zu schweigen. Wir dürfen unsere Patienten verstehen und gut versorgen, aber wie mit uns umgegangen worden ist und wird, sollen wir nicht ganz genau benennen und am besten auch selbst nicht verstehen und die Öffentlichkeit sowieso nicht: Die Mehrzahl der Darstellungen bezieht sich auf das Wohl der Patienten und die passenden Forderungen für sie, ihre eigene existenzielle Situation bleibt im Hintergrund und dringt höchstens oberflächlich in Bezug auf Honorardebatten an die Oberfläche in der Öffentlichkeit. Also bleibt der wissenschaftliche Königsweg und wir, die Psychologischen Psychotherapeuten und die medizinischen Psychotherapeuten bieten Fallbeschreibungen an, die bestenfalls zu einem Destillat von Erklärungen für Symptomkomplexe führen. Ein Beispiel davon werden Sie noch in diesem Buch nachlesen können.
Aber auch in dem Bereich der Psychotherapeuten gibt es durch die Gesundheitsreform und Zulassungsbestimmungen Grabenkriege, bei denen sich Mediziner nicht scheuen, einen Weg anzutreten, meinen Fachbereich der Psychologischen Psychotherapeuten trotz großer Probleme in der Gesellschaft oder gerade deshalb, unterzuordnen und zu benachteiligen, obwohl wir qua Berufsordnung als unabhängig und eigenständig gelten. Man möchte uns wieder in die Knie zwingen und damit, entgegen des Zieles der sozialrechtlichen Zulassung für Psychotherapie in die medizinische Abhängigkeit und Unterordnung zwingen. Damit ist aber der Berufsinhalt der analytischen Psychotherapie verfehlt: Denn hier geht es um die Seele, die Psyche und den Leib von Menschen. Die Zusammenhänge zwischen Leib und Gesellschaft sollen medizinisch in Modulen verschwinden, in denen es nicht mehr darum geht, Zusammenhänge zu begreifen und zu heilen, sondern Symptome zu beseitigen!
Ich möchte betonen, dass wir als Psychologische Psychotherapeuten „mehr drauf haben“, als man uns zugestehen möchte und mehr als was man von uns politisch und behandlerisch erwartet. Und wir haben Geduld. Schließlich haben wir gelernt zuzuhören, Hypothesen zu bilden, Schlüsse zu ziehen aus dem, was wir in bestimmten Situationen fühlen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass wir dies in dieser Art und Weise, so wie bisher, weiter machen, weil unser Gegenüber glaubt, es mit uns machen zu können. Der Glaube und die Hoffnung, dass wir weiter schweigen, werden sich nicht bestätigen. Dass wir lange genug einsichtig waren und es auch weiterhin sein werden, dürfte ein Irrtum sein. Einsicht ist an dieser Stelle mit Verzichtsbereitschaft zu übersetzen und in manchen Fällen glatt mit Blödheit, wenn wir glauben, was man uns glauben machen wollte.
Natürlich liest jeder Mensch gern bei Bedarf in psychologischen oder besser quasipsychologischen Büchern nach, wie Zusammenhänge zu denken und zu fühlen sind. Und da wir tiefenpsychologisch und psychoanalytisch geschulten Psychotherapeuten uns in Konfliktbewältigung und Kriseninterventionen, Übertragung und Gegenübertragung auskennen, haben wir vielleicht Scham, dieses Wissen nicht sofort auch bei entsprechenden politischen Gesprächen oder Verhandlungen oder gesellschaftlichen Analysen anzuwenden oder einzusetzen. Man käme sich glatt wie ein Verräter an der Menschheit und dem menschlichen Wesen in Bezug auf sein Gegenüber vor! Man hätte das Gefühl, das eigene fachliche Wissen zu missbrauchen. Also lässt man es und schaut zu, wie und was das Gegenüber von sich gibt.
Höflich spiegeln wir unsere Einfühlung für das Vorgetragene unseres Gegenübers wieder, ergänzen vielleicht noch den einen oder anderen emotional nicht genannten, verborgenen Aspekt – aber das ist schon das Höchste der Gefühle. Wir sind vornehm, gütig, nachsichtig und einfühlsam, weil wir uns vieles erklären können. Von diesem Verhalten ist nun ein wenig Abstand zu nehmen – im eigenen Interesse wie in unser aller Interesse. Die „Psyche“ wird zukünftig nicht mehr denjenigen gehören, die uns als Berufsgruppe verleugnen, klein halten, schlecht bezahlen und uns kein Gehör verschaffen, um so unsere Forschungsergebnisse und Methoden besser für sich einsetzen zu können – im Dienste der Manipulation und nicht in dem Dienst, in dem wir tätig sind: Der Heilung. Modul- und Psychopharmaka sind keine Helfer für die Seele. Es sind Pflaster, die Menschen schweigen lassen.
Ärzte und Psychotherapeuten müssen nun lernen, ihre kulturelle Rolle und deren Bedeutung einzunehmen und zu vertreten. Sonst bekommen wir von Medizinern, Ärzten, Angestellten, Bürokraten, Werbefachleuten und Investoren gesagt, wie wir zu sein und zu arbeiten haben. Wir müssen jetzt sagen, wie wir sind und was wir sind und dies auch zeigen und entsprechend handeln.
Als erstes wäre zu sagen, dass wir nicht (mehr) käuflich sind: wir haben uns schon durch den Prozess der Erringung der Kassenzulassung gequält und in unannehmbare Situationen von Abhängigkeiten gebracht. Zehn Jahre haben wir auf angemessene Honorierung gewartet, uns hinhalten und überreden lassen, dass der Spatz in der Hand besser sei als die Taube auf dem Dach. Das reicht.
Wir Psychotherapeuten sollten mitteilen, was wir als soziale und emotionale Seismographen für Kunde aus dem Lande aus den Mündern und Körpern von Menschen vernehmen – und das Seil von Nietzsche auffangen und als Aufgabe begreifen.
Eine der ersten Aufgaben wird sein, die „Objektivität“ der sophistischen Perspektive hinsichtlich Wahrheits- und Weisheitsgehalt aufzunehmen und der immer noch am Logos orientierten Philosophie gegenüber zu stellen: Wenn man bedenkt, in welch’ prekäre Lage unsere Wirtschaft und unsere Kultur und damit die Menschen in ihr inzwischen mittels Logos, Mathematik und ausschließlicher Förderung der Naturwissenschaften hineingeraten sind und noch hineingeraten werden, wenn nicht auch andere Erkenntniswerkzeuge zu Rate gezogen werden, sollte man nun damit anfangen, umzudenken!
„Nur die Falsifikation einer Hypothese bringt wissenschaftlichen Fortschritt und nicht deren Bestätigung.....“ (Detlef Ganten, Leiter der Charitè, in: Die Zeit, Mai 2005).
Die Falsifikation ist ein unentbehrliches Instrument bei der Feststellung, was sich nicht bewährt hat, was sich als falsch erwiesen hat und damit widerlegt ist. Damit ist diesem Staate die natürliche Möglichkeit in vereinfachter und flacherer Form gegeben, weiter Hypothesen, wie Abhilfe zu schaffen sei, zu bilden: sie werden sich als falsch erweisen. Versuch und Irrtum. Man kann sich also beruhigt zurücklehnen, weil eigentlich nichts falsch gemacht werden kann: dies wird sich ja dann, nachher, nach dem die Hypothese oder das Projekt widerlegt ist, erweisen. Währenddessen kann Geld verdient werden. Währenddessen gehen Menschen zu Grunde.
Dieses Vorgehen verbietet sich jedoch in der gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen Situation auf das Schärfste, wenn nicht noch mehr Schaden angerichtet werden soll. Es ist bereits großer Schaden politisch und wirtschaftlich angerichtet worden. Man muss nicht noch näher und genauer belegen, wie Menschen ihres Menschseins beraubt werden, um dann vielleicht gemäßigter voranzuscheiten und auch nur lediglich den guten Willen zu bezeugen...... Es liegt auf der Hand, was Menschen schädigt und diese Fakten müssen nun mal ohne weitere Falsifikation anerkannt werden. Ziel kann nur sofortige Schadensbegrenzung sein:
Wir brauchen Analysten oder Ärzte der Kultur (siehe Band 1.2), die geübt sind, auf neutralem Boden zu stehen, Befunde zu erheben, um Kulturdiagnosen zum Schutze des menschlichen Wesens stellen zu können. Das Bild in der Öffentlichkeit ist für den ärztlichen Berufsstand inakzeptabel:
„Diagnose ist die ärztliche Kunst, die Zahlungsfähigkeit
des Patienten richtig einzuschätzen.“
Lieber Leser, es wird sie nicht erstaunen, dass sich die Krankenkassen nun dieser ärztlichen Kunst bedienen möchten, indem sie Ärzte aufforder(te)n, Diagnosen haarfein nach verschiedenen Symptomen und Diagnosen aufzugliedern, damit nachweisbar wird, dass Sie als Beitragszahler eine (versteckte) chronische Erkrankung haben, damit Sie zusätzlich zu Ihrem Krankenkassenbeitrag zur Kasse gebeten werden können.
Dieser Politik und diesen wirtschaftlichen Interessen, denen es nicht mehr um Heilung und Gesundung von Menschen, sondern um Geldgewinnung geht, müssen die deutsche Ärzteschaft und vor allen Dingen aber die Psychologischen Psychotherapeuten ihre eigenen Berufsinhalte zum Zwecke der Heilung und der Wahrung von Zusammenhängen, aufzeigen und entgegensetzen.
Es müssen nur beherzte Behandler her, die den Geist der Heilung und die menschliche Seele anerkennen. Sie werden Unterstützung von Menschen in Deutschland bekommen – da bin ich ziemlich sicher und zuversichtlich.
Dieses Buch ist einerseits Appell und andererseits Notwendigkeit und Aufforderung an die Menschen, die in Deutschland leben, sich ebenfalls zu entscheiden, „welchen Herren sie dienen wollen.“ Ich würde mich freuen, wenn ich Sie ermutigen könnte, Position zu beziehen. Bitte erinnern Sie sich, dass keine Position zu beziehen auch eine Position bedeutet! Meine Frage an alle lautet deshalb:
Haben wir unser Leben in der Hand?
Werden unsere seelischen und leiblichen Bedürfnisse als menschliches Wesen an die erste Stelle gesetzt und berücksichtigt?
Hier in Deutschland?
Ich stelle diese Frage so, als würden Frauen in unserem Lande gewürdigt und geachtet – auch wenn jetzt eine Frau Bundeskanzlerin ist und zunehmend mehr Frauen auch politische Sendungen moderieren: Sie dürfen Männer offiziell etwas fragen! Ich nehme also etwas vorweg, was nicht soziale Realität ist. Vergleichen Sie die Chancengleichheit von Frauen in Unternehmen: „Gender Gap Index“ des Genfer Weltwirtschaftsforums: Deutschland Platz 9. Bezüglich gleicher Lohn: Platz 20. Frauenanteil in höher qualifizierten Berufen: Platz 28. Da der Anteil von C4-Professuren nur bei 8.6 % in unserem Lande liegt, gibt es jetzt eine ‚Mentorin’ als Türöffner für Doktorandinnen. Nur jede dritte Promotion wird von Frauen absolviert. (WR, 21.Juli 2005). Der Pool der deutschen Psychologischen Psychotherapeuten besteht zum Großteil aus Frauen – bliebe die Frage den Inhalt des vorliegenden Buches vorwegnehmend zu beantworten, ob sich Medizin und Mediziner deshalb so viel Mühe geben, uns als Berufsgruppe unterzuordnen und einzuverleiben....
FAZIT: Der Mensch ist das Diagnoseinstrument. Dieses Diagnoseinstrument „Mensch“ arbeitet mit und durch Gefühl und der Bereitschaft zur Erkenntnis. Psychologische Psychotherapeuten hören jeden Tag in ihrer Praxis, wie genau die menschliche Seele spürt, dass etwas nicht in Ordnung ist in unserer Kultur und wie die Psyche reagiert! Das erfordert Mut, Konfrontation und Selbstreflexion. Nur Mut! Zum Trost, wenn es nicht sofort klappt, C.G. JUNG:
„Niemand entwickelt seine Persönlichkeit, weil ihm jemand gesagt hat, es wäre nützlich oder ratsam, es zu tun. Ohne Not verändert sich nichts, am wenigsten die menschliche Persönlichkeit.“ (JUNG, C.G., GW. 17, S. 197).
Dies ist nun mal eine völlig andere Erklärung für die katastrophalen Entwicklungen in der Wirtschaft als diejenigen, die man üblicherweise hört und scheint mir die plausibelste. Kapitalisten und Banker hatten bisher nicht unter Angst und Not zu leiden – es könnte sein, dass sich dies im Rahmen des weltwirtschaftlichen Desasters, das sie sich selbst fabriziert haben, ändert. Vielleicht bringt die Not der Manager und Kapitalbesitzer zukünftig gleichfalls eine neue Orientierung hervor. Zumal sich ihre Hypothesen und Prognosen als nicht richtig erwiesen: Sie wurden sozusagen wissenschaftlich falsifiziert durch die unternehmerische Businesspraxis in der Realität, die sie eines Besseren, leider zum Schlechteren hin, belehrt: Man kann eben doch nicht alles machen. Detlef Ganten und C.G. Jung hatten beide Recht. Hier vereinen sich unter dem Dach aufzeigbarer Lebensrealität von Millionen von Menschen und Milliardenverlusten bei Banken und in der Wirtschaft erklärend Geisteswissenschaft und Naturwissenschaft. Entschuldigung, aber die Frage schließt sich unwillkürlich an, wie sich dieses Ergebnis mit der paradigmatischen Alleinstellung des Logos in der Wissenschaft und der Bevorzugung des Denkens in unserer Kultur vereint? Die gepriesene Vernünftigkeit und Logik der Marktwirtschaft, so heißt es nun, ist nicht so kontrollierbar und doch weniger für Prognosen geeignet, als man sich das vorgestellt hatte. Motive des Handelns in der Wirtschaft scheinen demnach doch nicht so vernachlässigbar wie man sie bisher gern dargestellt hat.
Damit sei nun jedem nicht besitzenden und kapitallosen Menschen vergeben, der es nicht auf Anhieb schafft, sich zu verändern: Es ist menschlich, allzu menschlich. Denn mit Elend, Not, Schmerz, Krankheit durch Abwertung des menschlichen Wesens, Arbeitslosigkeit und Benachteiligung der Kinder aus diesen Schichten, kommt wohl kaum ein Mensch zurecht. Als Mensch hat und braucht man Kopf, Gefühl und Glieder und mit ihnen müssen wir uns in Deutschland endlich für das menschliche Wesen und unser Leben bewegen. Es ist nicht nur eine Verteilungsfrage von Geld und staatlichen Leistungen, sondern eine existenzielle Wertefrage -und hier insbesondere im Gesundheitswesen- die zur Reflexion drängt. (Vgl. Band 1)
Herr Thamer, der 1. Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung, äußerte sich bezüglich der neuesten Gesundheitsreform für 2009 hinsichtlich der neu einzuführenden und nun seit 9.2.2009 boykottierten Regelleistungsvolumina in NRW, klar und deutlich: Er habe „die Schnauze voll“ (Ruhr Nachrichten, 10.2.2009). Diesem emotionalen Statement kann ich mich aufgrund der generellen Politik im gesamten Gesundheitswesen und insbesondere hinsichtlich der mit den Psychologischen Psychotherapeuten in den letzten 11 Jahren exerzierten Politik, nur anschließen: Er spricht mir in diesem Punkt voll aus dem Herzen!
Einleitung
Aus aktuellem Anlass eröffne ich das vorliegende Buch mit der Mitteilung, dass die Zahl der psychisch erkrankten Menschen europaweit zunimmt − auch in Deutschland. Der DAK Gesundheitsreport 2009 stellt aufgrund einer Umfrage von 3000 Beschäftigten zwischen 20 und 50 Jahren fest, dass 5 % der Befragten im Büro schon mal mit Medikamenten ihre Konzentration, Stimmung oder Leistungsfähigkeit verbesserten: „Hochgerechnet wären dies rund 2 Millionen Deutsche. Etwa 800 000 Beschäftigte nehmen demnach regelmäßig Psychopharmaka, um den Arbeitsbelastungen besser gewachsen zu sein. 2008 waren psychische Erkrankungen bereits der vierthäufigste Grund für eine Krankmeldung.“ (Ruhr Nachrichten: „800.000 Deutsche dopen sich für den Job.“ 13. Februar 2008)
Von der Politik wird das Thema zwar aufgegriffen, Statistiken in Auftrag gegeben oder, wie im Falle der Menschen mit Migrationshintergrund, sogar mittels teurer Studien dokumentiert, doch in der Praxis wird den Psychologischen Psychotherapeuten und Ärzten das Leben und Arbeiten aus vielerlei Gründen fast unmöglich gemacht. Statt zu heilen, müssen Psychologische Psychotherapeuten und Ärzte gezwungenermaßen urteilen. Folgt man den Auswirkungen der Gesundheitsreform in die tägliche Praxis, unterliegen offiziell durch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) niedergelassene und zugelassene Behandler aus existenziellen und politischen Gründen einem Beurteilungszwang und zwar in vielerlei Hinsichten. Das Urteil hat nichts mit dem Patienten oder dem Arzt an sich zu tun. Es resultiert aus ökonomischer Systematik reformerischer Konzeptionen für die Gesundheitswirtschaft und unmenschlich zunehmender Bürokratisierung. Grob gesprochen, sind Behandler aus eigenen existenziellen Problemen heraus gezwungen, zwischen privaten und gesetzlich versicherten Patienten zu differenzieren und zum anderen aus politischen Gründen, die ihnen durch Gesundheitsreform und nun auch noch von Krankenkassen, die seit 2008 gern haarfeine Differenzierungen und vollständige Aufzählung der Symptome in Diagnosen hätten – um den Versicherten anschließend, im Falle der wiederholten Mitteilung gleicher Diagnosen über zwei Jahre hinweg eine Zusatzversicherung im Rahmen von Chronifizierungen von Krankheitssymptomen „anbieten“ zu „können“. Die näheren Zusammenhänge werden im vorliegenden wie im Band zur Heillosen Kultur aufgegriffen.
Unzählige Interessenten aus Wirtschaft und Staat möchten gern an Ärzten und Patienten mitverdienen. Weder Mensch noch Patient und Arzt spielen eine persönliche Rolle, wenn das Fließband der Ökonomie einteilt, was sein darf und was nicht sein darf. Es spielt auch keine Rolle, wie krank Menschen aufgrund wirtschaftlicher und kultureller Veränderungen werden. Es wird stur an der Ökonomisierung von Mensch und Krankheit festgehalten. Wird ein Mensch krank, soll er selber dafür zahlen: ihm fehlt halt’ die Robustheit.
Statt Zwangsurteile aufgrund von Krankenkassenzugehörigkeiten, also gesetzlich oder privat versichert, über Patienten wegen eigener wirtschaftlicher Nöte für Behandlungen fällen zu müssen, sollten Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten ihr Urteil über gesellschaftspolitische Entwicklungen und wirtschaftliche Einflüsse hinsichtlich Krankheitswert und Unmenschlichkeit auf gegenwärtig lebende Menschen mitteilen dürfen.
Zu allem Überfluss wird diejenige Berufsgruppe, die sich um die Seele und die psychische Entwicklung und Verarbeitung von Konflikten im Menschen kümmert, politisch und wirtschaftlich systematisch zermürbt und reduziert. Dazu ist im Rahmen der Etablierung der Gesundheitsreformen und der Etablierung der Gesundheitswirtschaft so ziemlich jedes Mittel recht. Unter anderem eben auch die Stigmatisierung von Patienten, die unspezifische Diagnosen aus dem psychotherapeutischen Formenkreis (zum Beispiel von ihrem Hausarzt) bekommen und auch von Behandlern, die in diesem Fachbereich tätig werden, wie beispielhaft im vorliegenden Buch mitgeteilt wird. Aber auch für Patienten hat es Konsequenzen, auf die Dieter Best, Bundesvorsitzender der Deutschen Psychotherapeuten Vereinigung (DPTV) Ende Januar 2009 hinwies: „Personen mit einer psychischen Diagnose in der Vorgeschichte haben immer noch soziale und ökonomische Nachteile zu erwarten.“ (Deutsches Ärzteblatt, PP, Heft 2, 2009, S. 52) Die Nachteile können zum Beispiel zutage treten, wenn die Krankenkasse gewechselt wird und ein privater Krankenversicherer Versicherungswillige wegen psychischer Vorerkrankung nicht aufnimmt.
Zu diesem ökonomischen Zweck rotieren verschiedene machtpolitische Strukturen, von denen ich eine sofort aus aktuellem Anlass aufgreifen möchte:
Der Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, Rainer Richter, beantwortet die Feststellung der Interviewer „Trotzdem kämpfen Sie immer noch mit Imageproblemen“ anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Psychotherapeutengesetzes bezüglich Psychotherapie wie folgt: „Ja, das ist richtig. Die gehen so weit, dass manche Experten nicht mehr von Stigmatisierung psychisch Kranker, sondern von der Stigmatisierung der Psychiater sprechen.“ Unerfindlich ist, weshalb Richter hier ausschließlich die Psychiater nennt, statt Psychologische Psychotherapeuten, gegen die massiv politisch und finanziell seitens der Ärzteschaft und Politik vorgegangen wird. Der Zusammenhang erhellt sich in der Ergänzung: „Wir sind da manchmal von unseren eignen Zahlen überrascht. Die Präferenzen für Psychotherapie als alternative oder ergänzende Pharmakotherapie sind ganz erstaunlich. Psychotherapie ist ein langsamer und langwieriger Behandlungsprozess. Die Selbstaktivierungskräfte werden bei diesem Prozess angeregt, und daraus resultiert die langfristige Wirksamkeit Psychotherapie als ERGÄNZUNG, DAMIT EIN SCHWER PSYCHISCH KRANKER SPÄTER IM LEBEN WIEDER KLARKOMMT UND WIEDER FUß FASSEN KANN, ist gar nicht mehr wegzudenken. Und das ist bei den Patienten angekommen.“ (Gieseke & Rabbata, 2009, S. 9, Hervorhebung M.E.)
Ich möchte dazu sehr deutlich, klar und nachdrücklich sagen: Ich habe meine Berufsausübung bisher nicht als Ergänzung irgendeiner ärztlichen Tätigkeit gesehen!!! Aber: Es gab Zusammenarbeit mit zahlreichen Ärzten auf Augenhöhe! Meine Patienten kommen in der Regel ohne Psychopharmaka auf die Beine und in ihr Leben zurück. Im Gegenteil kommen oftmals Patienten mit Psychopharmaka voll gepumpt und verzweifelt in meine Praxis, weil sie ohne Hilfe nicht wissen, wie sie aus medizinisch verordneten pharmakologischen Behandlungen hinausgelangen sollen. Weiter wüsste ich auch nicht, weshalb wir einen eigenen, gesetzlich bestätigten Berufsstand bilden sollten, der sich dann einem anderen Berufsstand unterordnet und sich als Ergänzung eines Berufsstandes verstehen sollte, der gänzlich anders denkt und handelt. Das Psychotherapeutengesetz ist aus meinem Verständnis gesetzlich beschlossen worden, weil Psychologische Psychotherapeuten ein gänzlich anderes Menschenbild und ein gänzlich anderes Krankheits- und Gesundheitsverständnis besitzen als Medizin und Mediziner. Wenn Psychologische Psychotherapeuten sich dieser Politik im Sinne der Ergänzung und Unterordnung der Psychologischen Psychotherapie unter die Medizin anschließen und ihr Selbstverständnis samt Berufsinhalt und Berufsidentität aufgeben, dann hat Politik und medizinischer Lobbyismus erreicht, was sie wollten: Sie haben solange mit kleinen Gesetzesschrittchen und Meinungsmache gegen Seele und gegen Psychologische Psychotherapeuten manipuliert und herumhantiert, bis durch das Psychotherapeutengesetz dieser Berufsstand gesetzlich dem herrschenden Medizinverständnis einverleibt werden konnte. Sprich, bis die Parteinahme für die Seele gesellschaftlich, politisch und für den einzelnen Menschen und für den Psychologischen Psychotherapeuten gänzlich zerstört ist – und jeder die „seelische Komponente“ für sich politisch im Marketing in Anspruch nimmt!
Man verkauft mit dieser Politik in Deutschland die Seele!
Denn hätte man dem Psychotherapeutengesetz 1998 nicht zugestimmt, hätte es einen Eklat gegeben, der gesellschaftspolitisch auffällig geworden wäre. Also wurde es beschlossen, um ganz in Ruhe und den Augen der Öffentlichkeit weitgehend entzogen, Psychologische Psychotherapeuten als einen Hilfsberuf der Medizin unterzuordnen und wie oben von unserem eigenen Präsidenten der Bundespsychotherapeutenkammer, Rainer Richter, zitiert, Psychotherapie als ERGÄNZUNG zur Medizin deklarieren zu können. Um dies zu erreichen, wurden der Fachbereich Psychotherapie und jeder einzelne Psychologische Psychotherapeut nun 11 Jahre niederfinanziert. Schlicht ausgedrückt: Wir wurden unter aller Würde honoriert. Existenzangst ist für jeden Menschen ein Mittel, um ihn zum Schweigen zu bringen und bis zum Umfallen zur Arbeit – und wenn er noch so erbärmlich honoriert wird – zu bringen: Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Die neue „PSYCHOTHERAPIE“ kommt dann schillernd medien- und medizinideologietauglich in Kleidern wie Rainer Richter es in seinem Interview mitteilt, daher: „Dafür ist es notwendig, die multiprofessionelle Kooperation zu stärken, aber auch Veränderungen innerhalb der eigenen Profession anzuschieben.“ (Gieseke & Rabbata, 2009, S. 9. Hervorhebung M.E.)
Multiprofessionelle Kooperation hört sich toll an und niemand hätte etwas dagegen, wenn sie sich in den Händen unseres Fachbereiches der psychologischen Psychotherapie befände. Aber die Berufsrechte sind gesetzlich so angelegt, dass wir uns finanziell und strukturell immer noch nicht beruflich frei bewegen können!!! Davon handelt das vorliegende Buch.
Die Psychologischen Psychotherapeuten sollen generell weiterhin verschärft und unauffällig in jeder Hinsicht unter die Vormundschaft von Medizin und Ärzteschaft gestellt werden. Honorarverteilung und Berufsrechte spielen entscheidende Rollen in diesem Vorgehen. Innerhalb der fachärztlichen Psychotherapie werden einerseits Ärzte und Diplom-Psychologen politisch und wirtschaftlich gegen einander ausgespielt. Voraussetzung hierfür war die Integration in die KV, eine politisch möglicherweise freundlich gemeinte Einverleibung, die uns jedoch seit Jahren in Grabenkämpfe hineinzieht. Darüber hinaus existieren innerhalb der Psychologischen Psychotherapie andererseits politische Vorherrschaftskämpfe zwischen Verhaltenstherapie und tiefenpsychologischer Psychotherapie. Generell verbannt diese psychoökonomische Atmosphäre im Gesundheitswesen den Menschen und die Heilung auf einen immer weniger präsenten Platz in der Werteskala in unserer Kultur. Mensch, und damit die Seele, werden unter der Ökonomie begraben.
Werden die Psychologischen Psychotherapeuten abgeschafft, wird es keine hoch qualifizierte Berufsgruppe oder anders ausgedrückt, fachpsychologisch-psychotherapeutische Elite, die für die Seele des Menschen, für das menschliche Wesen, eintreten könnte, mehr in Deutschland geben. Dann hat die Seele keine Lobby mehr. Die Medizin hat sich noch nie für die Seele stark gemacht. Im Gegenteil verleugnet sie diese noch immer und wertet selbst ihre Ärzte ab, die sich mit der Seele beschäftigen und sich um die Psyche von Menschen in ihrem Fachbereich heutzutage bemühen. Es wird keine Berufsgruppe mehr geben, die sich für die Seele des Menschen, für deren Heilung im menschlichen Wesen professionell, d.h. (wirklich und nicht nur aufgrund eines Urteils des Wissenschaftlichen Beirats Psychotherapie!) wissenschaftlich und fachlich psychotherapeutisch begründet und politisch relevant im Rahmen des Gesundheitswesens in unserer Kultur einsetzte. Die gegenwärtige Entwicklung im bürokratisierten und ökonomisierten Gesundheitswesen zeigt genau in die Richtung der Abschaffung der Psychologischen Psychotherapeuten und gleichzeitig der endgültigen Abschaffung der Seele hinsichtlich ihrer Bedeutung für das menschliche Wesen wie für das gesellschaftliche Leben. Dies darzustellen ist mein Anliegen.
Mein konkretes Ziel ist es, Psychologische Psychotherapie kulturell und politisch fest und anerkennt in unserer Gesellschaft installiert zu sehen. Wir brauchen berufliche und finanzielle Handlungsfreiheit und die Möglichkeit, unser Wissen vom Menschen über Behandlungen hinaus in die Gesellschaft politisch relevant und wirksam für das Leben der Menschen in ihr einzubringen. Es kann nicht sein, dass Politiker entscheiden, was man als Behandler generell für Menschen und Patienten tun oder nicht tun kann. Dann müsste man fragen, warum wir studiert und über Jahre hinaus Erfahrungen gesammelt haben... damit dann die Experten aus Wirtschaft und Politik sagen, wie wir behandeln sollen? Das kann nicht sein!
Der Sprung ins kalte Wasser
Einer Untersuchung der Gmünder Ersatzkasse zufolge, nahm die ambulante Psychotherapie „innerhalb von sieben Jahren um 61 % zu: Im Jahr 2000 waren 0,55 Prozent der Versicherten in Deutschland in Behandlung, im Jahr 2006 bereits 0,88 Prozent, ergab eine Studie des Institutes für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitssystemforschung, MHH Hannover (im Auftrag der Gmünder Ersatzklasse).“ Diese Studie diente nicht dazu, die Notwendigkeit der Aufstockung von Psychotherapieplätzen aufgrund der Zunahme psychischer Erkrankungen zu belegen, sondern die mäßige Wirksamkeit hinsichtlich Kostenreduzierung in anderen Bereichen des Gesundheitswesens darzustellen: „Die Deutsche Psychotherapeutenvereinigung und der BVVP bezweifeln die Relevanz der Studie: der Anstieg der Psychotherapiepatienten auf 0,88 Prozent der Versicherten sei relativ bescheiden – gemessen daran, dass der reale Bedarf bei etwa 7 % liege. Und: Die Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen genüge nicht als Maßstab zur Bewertung des psychotherapeutischen Ergebnisses.“ (Pabst Science Publishers, http: .pabst-publishers.de; 5. März 2008. Studie: .GEK.de - GEK-Report ambulant-ärztliche Versorgung 2007).
Mit der Gegenüberstellung des realen Bedarfs psychotherapeutischer Arbeit in der Bevölkerung einerseits und andererseits dem generellen Ansinnen von Krankenkassen, diesem Bedarf nicht realitätsgerecht nachkommen zu wollen, werden Untersuchungszusammenhänge ersonnen, die quasi die Unwirksamkeit von Psychotherapie belegen sollen - damit ist der politische Diskurs in Deutschland kurz und bündig grob benannt. Dabei wird eine Berufsgruppe, Psychologische Psychotherapeuten, gegen die andere, Ärzte oder besser und genauer formuliert Mediziner, ausgespielt – oder auch tiefenpsychologische Psychotherapie gegen Verhaltenstherapie. Im Rahmen des vorliegenden Band 2 zur Heillosen Kultur wird das politische Mittel der Spaltung von Berufsgruppen, um letztlich Unterfinanzierungen zur Einsparung von Kosten im Gesundheitswesen zu begründen, thematisiert.
Nebenbei bemerkt könnte der durch die Gmünder Krankenkasse interpretierte Zeitraum von sieben Jahren darauf zielen, den Psychologischen Psychotherapeuten zu unterstellen, Patienten zu versorgen, die keiner Versorgung bedürfen. Wir sind als Facharztgruppe seit April 1999 offiziell als Diplom-Psychologen zur Psychotherapieausübung unter der Bezeichnung Psychologische Psychotherapeuten (PP) unter dem Dach der Kassenärztlichen Vereinigung zugelassen und werden in diesem Rahmen für die Gesetzlichen Krankenkassen tätig. Da bundesweit cirka die Hälfte der bis 1999 im Gesundheitswesen tätigen Diplom-Psychologen mit Fachgebiet Psychotherapie nicht zugelassen wurden, muss es andere Gründe als unsere Zulassung geben, die abgerechneten Leistungen bei der Krankenkasse zu begründen. Interessanter ist die Tatsache, dass der Psychotherapiebedarf und das Psychotherapieinteresse in der Bevölkerung gestiegen sind. Diesen Bedarf spürt jeder PP in seiner Praxis: Es müssen Wartelisten geführt werden, da wir dieser Nachfrage nicht prompt nachkommen können.
Das Anliegen dieses Buches ist, Menschen in Deutschland über die berufspolitische Lage meiner Berufsgruppe, Facharztgruppe, aufzuklären: Dieses Thema sollte jeden Menschen in Deutschland interessieren. Niemand kann ausschließen, nicht vielleicht doch einmal Unterstützung und Hilfe von uns zu benötigen. Aber nicht nur aus dieser persönlichen Perspektive ist dieses Thema von Wichtigkeit. Es ist auch gesellschaftspolitisch, wie ich im Band 1-1.2 ausführlich darstellte, von existenzieller Bedeutung für Menschen. Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang stichwortartig an Descartes Paradigma vs. Leibkonzept Nietzsches und die Marxsche Entfremdungsformel, in der sich Karl Marx zentriert der Frage zuwendet,wie der Mensch zum Menschen stehe.Der grundsätzliche Blick auf Menschen folgt in der Gegenwart der Gesundheitswirtschaft und ihrer Intention, Gewinn und Kapital aus dem Gesundheitswesen, sprich aus einerseits Patienten und andererseits Psychologischen Psychotherapeuten und Ärzten, zu erwirtschaften. Diese wirtschaftliche Intention und politische Praxis empfinde ich als Widerspruch zum Heilungsauftrag des Hippokratischen Eides und dies gab mir die Motivation, das vorliegende Buch zu schreiben – ebenso wie den Band 3, der sich dann vertiefend mit der Darstellung der Gesundheitswirtschaft in unserem Leben befasst. Nun forderte im Herbst 2007 die Psychotherapeutenkammer dazu auf, Patienten und Krankenkassen über die unmögliche Honorarsituation der psychologischen Psychotherapeuten zu informieren – dies traf ebenso ein eigenes wie das Anliegen meiner Berufskollegen. Insofern wird auch das Thema Honorare im vorliegenden Buch Darstellung finden.
Wenn ich also einerseits die Dringlichkeit und Notwendigkeit von Behandlungen für Patienten und andererseits das allgemeine Interesse der Krankenkassen in Bezug auf unsere Berufsgruppe an den Anfang des Buches stelle, dann ist damit gleichzeitig gesagt, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass wir als Berufsgruppe überhaupt existieren. Aus dem Titel des Buches ist zu entnehmen, dass wir als „Psychologische Psychotherapeuten“ offiziell in die Kassenärztliche Vereinigung (KV) integriert wurden. Aber haben wollte man uns nicht – und das will man auch jetzt noch nicht – oder eben so, wie Rainer Richter es wie oben zitiert formulierte: Psychotherapie als Ergänzung der Medizin. Denn so kann man uns auch wieder weiter unterordnen, billige Psychologische Psychotherapeuten in ärztlichen Praxen und Kliniken anstellen und das heißt, vor allen Dingen an uns verdienen und zusätzlich ein modernes gesundheitspolitisches Verständnis als Feder an den Hut der Mediziner stecken. Gründe und Auswirkungen im Berufsalltag, Bedeutung unseres Berufsrechtes und das ausgeklügelte Vorgehen von Medizin und Ärzten im Fachbereich Psychotherapie und dem Gebiet der Psychosomatik lassen nur den Schluss zu, dass wir wieder abgeschafft werden sollen: wohl nicht formal als Psychologische Psychotherapeuten, aber bezüglich unserer Berufsinhalte und unserer Berufsrechte. Hinzu tritt die miserable Honorarsituation, wegen der wir seit 1999 klagen – letztendlich ohne Erfolg trotz Angleichung unserer Honorare auf den geforderten Ursprungswert von vor 10 Jahren. Es gibt immer wieder Fallen in den ausgeklügelten Honorarberechnungen und politischen Argumentationen, die das Gegenteil von dem verwirklichen, was wir einerseits für die Versorgung von Patienten und andererseits für unsere berufliche Existenz fordern.
Nun steht im Rahmen der Gesundheitswirtschaft der Ausverkauf unserer Berufsfachgruppe in Medizinische Versorgungszentren (MVZ) aufgrund eines im Vergleich mit Ärzten eingeschränkten Berufsrechtes bevor. Ärzte können Psychologische Psychotherapeuten, aber Psychologische Psychologen keine Ärzte anstellen bzw. Psychologische Psychotherapeuten können MVZen nicht selbstständig und unabhängig von Ärzten gründen und leiten. Damit verliert unsere Berufsfachgruppe neben anderen Begleiterscheinungen ihre Eigenständigkeit – beziehungsweise wird auf Dauer stillschweigend in ärztlichen Hilfsdiensten und Modulen von der Bildfläche in der Gesundheitswirtschaft verschwinden. Denn zusätzlich wird, dem cartesianischen Paradigma folgend, für Störungsbilder symptomorientiert Modul-Medizin und Modul-Psychotherapie entwickelt: das bedeutet, die Geschichte eines Menschen und die Gründe, weshalb es zu Erkrankungen kommt und kam, fallen weg – es wird nur noch Pflaster-Medizin betrieben. Die Geschichte des Menschen wird dann auch im Gesundheitswesen reduziert bzw. ausrangiert. Symptome dirigieren Behandlung, Leben und Gewinne. Dokumentiert werden sollen auf der Gesundheitskarte aus Kostenersparnisgründen alle Symptome, Behandlungen und Medikamente. Mit diesen Daten werden weitere von Patienten zu bezahlende Tarife ersonnen, mit denen Fehler im Gesundheitswesen kostenmäßig aufgefangen werden. Für die Psychotherapie werden seit Januar 2008 Zulassungen davon abhängig gemacht, Nutzennachweise hinsichtlich verschiedener Störungsbilder vorzulegen – neben den bisher geforderten anerkannten Psychotherapieverfahren, können nun auch Psychotherapiemethoden, „die diese Bandbreite nicht aufweisen, sondern hochspezifisch für bestimmte Störungsbilder entwickelt wurden, GKV-Leistung werden.“ (Deutsches Ärzteblatt, PP, Heft 1, Januar 2008, S. 6) Das bedeutet Modul-Psychotherapie, die ähnlich wie in der Verhaltenstherapie, Symptome bekämpft und sich weder für generelle Lebenszusammenhänge noch individualgeschichtliche Zusammenhänge interessiert.
Aber mehr denn je erscheint es im gesamtgesellschaftlichen Kontext von immenser Wichtigkeit und Bedeutung, geschichtlich allgemeine und individuelle Zusammenhänge zu verstehen und aus diesem Wissen heraus Menschen psychotherapeutisch und medizinisch zu behandeln. Das Symptom, die Krankheit ist Fingerzeig der Seele, aber nicht Ursache. Verstehen Menschen diese Zusammenhänge generell oder in ihrer persönlichen Entwicklung nicht, werden sie immer wieder krank werden und nicht verstehen, warum sie krank werden oder auf eine bestimmte Art und Weise reagieren und immer neue Symptome hervorbringen. Die Seele wird keine Ruhe geben, bis die Zusammenhänge, weshalb der Mensch krank wurde, emotional klar geworden sind – ebenso wird die Seele keine Ruhe geben, bis Menschen unter einer ethisch und moralisch klaren und allgemein verbindlichen Werteordnung gemeinsam leben werden.
Generell gilt: Psychische Erkrankungen sind europaweit auf dem Vormarsch. Von daher kann jetzt schon festgestellt werden, dass Psychologische Psychotherapeuten bezüglich ihrer Tätigkeit in der Bevölkerung notwendiger denn je sind: Psychotherapeuten mit tiefenpsychologischen und psychoanalytischen, mindestens aber geschichtlichen und besser noch, einem sich offen haltenden Verständnis für das Wirken der Seele im Menschen. Eine Aussage wie „Psychische Erkrankungen sind europaweit auf dem Vormarsch“ muss zum Nachdenken hinsichtlich der Gründe über diese Faktenlage anregen – und nicht ausschließlich ein ökonomisch gesteuertes Denken wie reduzieren wir Leiden von Menschen ganz schnell auf Symptome und schaffen sie aus der Welt. Symptomreduzierung trägt nicht zur Kostensenkung bei – sondern ist nur als Informationsmaterial für Statistiken der Krankenkassen gut und stimmt die Versicherten gut lesbar auf Symptom- und Diagnoseorientierung ein. Der Mensch, der verschiedene Symptome nacheinander ausbildet, fällt dann in verschiedene Cluster der statistischen Berechnungen. Ein und derselbe Mensch taucht anonymisiert an verschiedenen Stellen in der Statistik auf: einmal als quasi geheilt, soll heißen, Symptom getilgt und einmal als Träger eines neuen Symptoms, dass in Folge auftritt, WEIL DER LEBENSZUSAMMENHANG UND DASS WAS DIE SEELE BERÜHRT, IN DIESEN MODUL-PSYCHOTHERAPIEN ODER MEDIZINISCHE BEHANDLUNGEN ERGÄNZENDEN PSYCHOTHERAPIEN NICHT BERÜCKSICHTIGT IST. Die Seele gibt keine Ruh’ auch wenn die Ökonomen der Gesundheitswirtschaft und die Politiker im Gesundheitswesen dies gern so hätten. Angemerkt sei vorweg, dass ich keinesfalls gegen verhaltenstherapeutisch tätige Kollegen im vorliegenden Buch anschreibe: Aber ich schreibe an gegen die Politik der Verhaltenstherapie im Fachbereich Psychotherapie – und ebenso gegen das standespolitische Denken der Medizin im Fachgebiet der Psychosomatik, die sowohl die tiefenpsychologischen und die verhaltenstherapeutischen Bereiche aus dem Fachbereich der Psychotherapie herausfallen lassen möchte.
Ein Bündel Ruten bricht man einzeln! Die erste Rute für Psychologische Psychotherapeuten wurde mit der Zulassung des Fachbereichs 1999 mittels völliger Unterfinanzierung gebrochen, als jeder Kollege sich einzeln überlegen musste, wie er damit seine psychotherapeutische Leistung in Deutschland anbieten und sein privates Leben zu finanzieren gedenkt. Natürlich klagten wir als Fachbereich. Dieses gesittete Vorgehen entlang geltenden Rechts hat aber bis heute keine grundsätzliche Wirkung in der Verbesserung der Honorierung unserer Leistungen gezeigt. Die Psychologischen Psychotherapeuten fallen auf die Spaltungspolitik der Medizin und Mediziner herein – das sollte zu denken geben und zu einer gemeinsamen Berufsidentität der Psychologischen Psychotherapeuten finden lassen, wie sie die nun aufgeführten Mitteilungen in Bezug auf akut einzurichtende Versorgungsmaßnahmen für Patienten dringend ans Herz legen. Was für Deutschland gilt, gilt gleichfalls für Österreich:
1. Mental Health Europe Konferenz in Wien (E-Mail: Huber, 2. Juni 2007; s. Literaturverzeichnis). Die aktuelle Studie „Costs of Disorders of the Brain" macht den dringenden Handlungsbedarf im Bereich der Förderung von psychischer Gesundheit deutlich: Depressionen, Psychosen, Angsterkrankungen und Burnout-Syndrom sind nur einige der Krankheiten, die sich in den vergangenen Jahrzehnten verbreitet haben. Rund ein Viertel aller Österreicher leidet im Laufe eines Jahres unter einer psychischen Erkrankung. Laut Schätzungen der Kommission waren im Jahr 2005 europaweit 59,6 % der 18- bis 65-Jährigen von psychischen Störungen betroffen. „Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Wirtschaft, Politik sowie Gesundheitswesen sind hier gefordert, entsprechende Maßnahmenpläne zu entwickeln.“ (Elisabeth Muschik, Stv. Obfrau pro mente austria und Vizepräsidentin Mental Health Europe, in: E-Mail, Huber 2.6.2007). Der Ausbau von Betreuungsangeboten in den Mitgliedstaaten und die Aufklärung, Integration und Prävention stehen im Vordergrund.