Zum 57. Mal vier eiskalte Sommerkrimis - Alfred Bekker - E-Book

Zum 57. Mal vier eiskalte Sommerkrimis E-Book

Alfred Bekker

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Dieser Band enthält folgende Krimis: Kommissar Jörgensen und der Zug der Entrüstung: Hamburg Krimi (Alfred Bekker) Der Fall mit dem Catcher (Alfred Bekker) Kommissar Jörgensen und der Vierfachmörder (Alfred Bekker) Kommissar Jörgensen und das Messer (Alfred Bekker) Mein Zuhause, das ist ein kleines Apartment in Hamburg Mitte. Eigentlich mehr eine Schlafstelle als eine Wohnung. Ich lebe dort nicht, ich schlafe dort. Meistens esse ich noch nicht einmal dort. Ein paar Sachen bewahre ich dort auf. Das ist aber auch schon alles. Sehr oft bin ich nicht in diesem Apartment - und das hat in erster Linie mit meinem Job zu tun. Ich bin nämlich viel unterwegs. Umso unangenehmer war dann das, was ich an diesem speziellen Tag erlebte. Ich kam nach Hause und erlebte eine üble Überraschung. »Sie können da jetzt nicht rein«, sagte jemand, der wichtig aussah oder zumindest so tat, als wäre er es. Er hatte mich im Treppenhaus abgefangen. Eigentlich kannte ich solche Situationen ja. Aber aus der anderen Perspektive.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Alfred Bekker

Zum 57. Mal vier eiskalte Sommerkrimis

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Inhaltsverzeichnis

Zum 57. Mal vier eiskalte Sommerkrimis

Copyright

Kommissar Jörgensen und der Zug der Entrüstung: Hamburg Krimi

Der Fall mit dem Catcher: Hamburg Krimi

Kommissar Jörgensen und der Vierfachmörder

Kommissar Jörgensen und das Messer

Zum 57. Mal vier eiskalte Sommerkrimis

von Alfred Bekker

Dieser Band enthält folgende Krimis:

Kommissar Jörgensen und der Zug der Entrüstung: Hamburg Krimi (Alfred Bekker)

Der Fall mit dem Catcher (Alfred Bekker)

Kommissar Jörgensen und der Vierfachmörder (Alfred Bekker)

Kommissar Jörgensen und das Messer (Alfred Bekker)

Mein Zuhause, das ist ein kleines Apartment in Hamburg Mitte. Eigentlich mehr eine Schlafstelle als eine Wohnung. Ich lebe dort nicht, ich schlafe dort. Meistens esse ich noch nicht einmal dort. Ein paar Sachen bewahre ich dort auf. Das ist aber auch schon alles. Sehr oft bin ich nicht in diesem Apartment - und das hat in erster Linie mit meinem Job zu tun. Ich bin nämlich viel unterwegs.
Umso unangenehmer war dann das, was ich an diesem speziellen Tag erlebte.
Ich kam nach Hause und erlebte eine üble Überraschung.
»Sie können da jetzt nicht rein«, sagte jemand, der wichtig aussah oder zumindest so tat, als wäre er es. Er hatte mich im Treppenhaus abgefangen. Eigentlich kannte ich solche Situationen ja. Aber aus der anderen Perspektive.
»Ich wohne hier«, sagte ich.
»Sind Sie Herr Jörgensen?«
»Ja.«
»Herr Uwe Jörgensen?«
»Genau der.«
»Wir konnten Sie leider nicht erreichen.«
Das ist bei mir keine Seltenheit. Ich bin Kriminalhauptkommissar und in einer Sonderabteilung tätig, die sich ‘Kriminalpolizeiliche Ermittlungsgruppe des Bundes’ nennt.
»Ja, aber jetzt bin ich ja hier...«
»Sie können jetzt nicht in Ihre Wohnung.«
»Wieso nicht?«
»Da sind gerade die Kollegen drin.«
Mir fiel das Firmenemblem auf der Jacke des Mannes auf. Da war ein großes S und darunter stand etwas kleiner Stegemann.
»Es sind Hornissen in den Kästen Ihrer Rollläden. Die müssen da raus, sonst zerstören die die Wände.«
»Und da gehen Sie einfach so in meine Wohnung?«
»Mussten wir.«
»Woher hatten Sie denn den Schlüssel?«

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

© dieser Ausgabe 2025 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Kommissar Jörgensen und der Zug der Entrüstung: Hamburg Krimi

von ALFRED BEKKER

Kapitel 1: Der erste Zug

Ich stand an einem verregneten Dienstagmorgen am Fenster unseres Büros im Hamburger Polizeihauptpräsidium und blickte auf das graue, triste Panorama der Stadt. Die Reeperbahn war noch nicht ganz zum Leben erwacht, und der Hafen lag verschleiert in einer Mischung aus Nebel und Nieselregen. Hamburg zeigte sich wie so oft von seiner düstersten Seite.

„Uwe, du glaubst es nicht“, rief Roy Müller vom Schreibtisch herüber, während er sich eine zweite Tasse Kaffee eingoss. „Die haben uns einen ganz besonderen Fall zugeteilt. Ein Mord in der Szene der Modell-Eisenbahn-Liebhaber. Denkst du, es gibt schon einen Weichensteller als Hauptverdächtigen?“

Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Roy und sein trockener Humor waren der einzige Lichtblick an verregneten Tagen wie diesem. „Lass mal hören, was unser Pechvogel diesmal so Besonderes an sich hatte“, erwiderte ich und drehte mich zu ihm um.

Roy blätterte durch eine dünne Akte, die auf seinem Schreibtisch lag. „Das Opfer heißt Marvin Krause, 42 Jahre alt, leidenschaftlicher Modell-Eisenbahn-Bastler. Doch das ist noch nicht alles. Er war Mitglied einer Aktivistengruppe, die sich dafür einsetzt, dass Modell-Eisenbahnen als sexuelle Orientierung und eigenes soziales Geschlecht anerkannt werden. Sie nennen sich 'Trainsexual'.“

Ich lehnte mich zurück und nickte langsam. „Irgendwas sagt mir, dass dieser Fall alles andere als alltäglich wird.“

Es klopfte an der Tür, und Kriminaldirektor Jonathan Bock trat ein. In einem Raum voller Unordnung und Chaos war seine stets penible Erscheinung ein Kontrast. „Jörgensen, Müller, ich habe bereits mit Förnheim und Wildenbacher gesprochen. Sie warten am Tatort auf euch. Natürlich hat Dr. Förnheim schon wieder höchst intellektuelle Kommentare über alle Beteiligten fallen gelassen. Ich erwarte Berichterstattung noch heute.“

Er verschwand genauso schnell, wie er gekommen war, und ließ uns keine Zeit, großartig Fragen zu stellen. Wir schnappten uns unsere Mäntel und machten uns auf den Weg.

**

Der Tatort lag in einem unscheinbaren Reihenhaus in Eppendorf. Der Zugang zum Haus war bereits durch gelbes Absperrband gesichert, und der Geruch von tristem Herbstlaub und nassem Asphalt lag in der Luft.

Dr. Dr. Friedrich G. Förnheim stand im Wohnzimmer des Hauses und beugte sich über den leblosen Körper von Marvin Krause. Seine unvermeidliche Respektlosigkeit spürte man schon aus der Ferne, als Konversationen durch seine schnippische Art unterbrochen wurden.

„Ah, die Herren Kriminalkommissare“, begrüßte er uns mit einem abwertenden Blick, den er über den Rand seiner Brille warf. „Vermutlich haben Sie diesen Fall zugeordnet bekommen, weil niemand sonst damit umgehen kann.“

„Regen Sie sich mal nicht auf, Förnheim“, entgegnete Roy ruhig. „Was haben wir hier?“

„Entführt von dem eigenen Hobby“, murmelte Förnheim und deutete auf die ausgebreiteten Modell-Eisenbahnen um den Körper. „Das Opfer weist Strangulationsspuren auf. Mord oder, wie es ihre naiven Kollegen vermutlich formulieren würden, ein 'durchgehender Zug ohne Signal'“, fügte er sarkastisch hinzu.

Ich kniete mich zu Dr. Gerold Wildenbacher, unserem Pathologen, der schon dabei war, die Leiche zu untersuchen. Er war wie immer direkt und ohne Schnörkel. "Todeszeitpunkt vor etwa zwölf Stunden, das würde gestern Nacht gegen zehn Uhr bedeuten. Er wurde erwürgt, Spuren von Haut unter den Fingernägeln, das alles sieht nach einem Kampf aus."

„Was können Sie zu seiner Aktivistengruppe sagen?“, fragte ich weiter.

Dr. Förnheim verdrehte die Augen. „Ein weiterer Beweis menschlicher Dekadenz, wenn Sie mich fragen. Doch das interessiert einen Wissenschaftler wie mich weniger. Meine Aufgabe hier ist rein forensischer Natur.“

Ich überließ Förnheim seinen arroganter Selbstdarstellung und wandte mich an Roy. „Wir sollten mit seiner Familie und den Mitgliedern seiner Gruppe sprechen. Vielleicht bringt uns das weiter.“

Er nickte zustimmend. „Mal sehen, ob dieser Zug auf Schienen bleibt oder ob wir bald entgleisen.“

„Wir werden sehen, Roy, wir werden sehen“, antwortete ich nachdenklich und überlegte schon, wo wir mit unseren Befragungen beginnen sollten.

Und damit begann einer der merkwürdigsten Fälle, die ich jemals übernehmen sollte. Der Fall des Marvin Krause, dessen Leidenschaft für Modell-Eisenbahnen tödlich endete.

Wir verließen das Wohnzimmer und traten in den schmalen Flur. Dabei durchquerten wir die kleine Küche und gelangten in den Garten, wo wir auf weitere Indizien hofften. Die Modelleisenbahnstrecke war sogar hier draußen fortgeführt worden, durch Strecken mit Miniaturbäumen und winzigen Bahnstationen. Fast schon ironisch, dass gerade dieses Hobby, das so viel Liebe zum Detail erforderte, in einem Mordfall mündete.

„Uwe,“ begann Roy, „ich werde als Erstes seine Familienangehörigen befragen. Laut der Akte hat er eine Schwester, die nicht weit von hier wohnt.“

„Okay, ich nehme mir die Aktivistengruppe vor,“ entgegnete ich. „Hoffentlich liefert uns das mehr Antworten.“

**

Zurück im Präsidium suchte ich nach Marley Deckner, einem bekannten Namen in der Aktivistengruppe „Trainsexual“. Ihre Kontakte erwiesen sich oft als nützlich.

„Sind Sie Kommissar Jörgensen?“ Eine lässig gekleidete junge Frau trat auf mich zu, als ich das Café betrat, in dem wir uns verabredet hatten.

„Ja, genau. Danke, dass Sie sich so kurzfristig Zeit genommen haben, Frau Deckner.“

„Nennen Sie mich Marley,“ sagte sie entspannt. „Ich bin schockiert wegen Marvin. Er war so begeistert und voller Energie.“

Ein warmes Getränk vor uns und ein paar Minuten Smalltalk später fragte ich direkt: „Können Sie mir ein wenig mehr über Marvin und seine Rolle in Ihrer Gruppe erzählen? Irgendwelche Feinde, Konflikte, irgendetwas Auffälliges?“

Marley zögerte, bevor sie antwortete. „Marvin war nicht nur ein Mitglied. Er war unser Vordenker. Er hatte immer wieder neue Ideen, wie wir unsere Anliegen der Öffentlichkeit präsentieren konnten. Aber es gab auch Kontroversen. Manche fanden unsere Bewegung schlichtweg lächerlich und unverstanden. Es gab Drohungen, aber wir nahmen sie nie ernst.“

„Können Sie diese Drohungen spezifizieren?“

„Briefe, Mails und einmal wurde sein Modellbau-Shop verwüstet. Das war wahrscheinlich der heftigste Zwischenfall,“ sagte Marley und ihre Stimme wurde leiser.

„Haben Sie die Polizei eingeschaltet, als der Laden verwüstet wurde?“

„Nein, Marvin wollte das nicht. Er hatte Angst, dass die negative Publicity der Bewegung schaden könnte.“

Notizen darüber machend, nickte ich langsam. „Können Sie mir die Namen einiger Mitglieder der Gruppe nennen, die möglicherweise nervöser reagierten oder mit Marvin Differenzen hatten?“

Marley zögerte erneut, bevor sie einige Namen nannte. „Da gibt es Nora Vogel und Ruben Schuster. Die beiden hatten hin und wieder heftige Diskussionen mit Marvin über die Ausrichtung und Strategien unserer Gruppenarbeit. Aber das passiert in jeder Bewegung, oder?“

„Könnte ich deren Kontaktdaten bekommen?“

Marley stellte mir die Informationen zusammen, und ich machte mich auf den Weg, Roy zu treffen, um unsere neuesten Erkenntnisse zu teilen.

**

Zurück im Büro wartete Roy bereits auf mich. „Und? Irgendetwas Aufschlussreiches?“, fragte er und deutete auf die Notizen, die vor ihm auf dem Schreibtisch lagen.

„Ein wenig“, antwortete ich, während ich mich setzte. „Drohungen gegen die Bewegung, ein verwüsteter Modellbau-Shop und einige Namen von Leuten, die Marvin nicht grün waren. Und bei dir?“

„Marvins Schwester, Lisa Krause, war am Boden zerstört. Sie sagte, dass Marvin in den letzten Monaten immer wieder nach Hause kam und sich über eine Person beschwerte, die ihn ständig anrief und belästigte. Er vermutete sogar, dass er verfolgt wurde.“

„Hast du Informationen über diese Person?“, fragte ich neugierig.

„Nein, leider nicht. Marvin schien die Anrufe herunterzuspielen, vielleicht weil er wusste, dass seine Schwester sich achten würde.“

Ehe wir weitere Spekulationen anstellen konnten, stürmte Kriminaldirektor Bock in unser Büro. „Gibt es etwas Neues?“

„Ein paar Hinweise, Boss“, antwortete Roy trocken. „Die Aktivistengruppe wurde bedroht und jemand schien es persönlich auf Marvin abgesehen zu haben.“

Bock nickte. „Öffnen Sie die Kanäle zu allen möglichen Verdächtigen und holen Sie sich die Informationen, die Sie brauchen. Und melden Sie sich sofort, wenn Förnheim oder Wildenbacher neue Erkenntnisse haben.“

„Verstanden, Chef“, bestätigte ich und stand auf.

Als Bock das Büro verließ, wandte ich mich wieder an Roy. „Ich denke, wir sollten Föhrnschuster und Vogel schnellstmöglich befragen. Es könnte Hinweise auf die größeren Zusammenhänge geben.“

Roy nickte. „Dann los, Eisenbahn-Kommissar.“

Mit einem humorvollen Lächeln und einem neuen Plan in den Köpfen, machten wir uns auf den Weg zur nächsten Etapte dieses verzweigten Falles. Der Zug hatte keine Absicht, bald anzuhalten.

Kapitel 2: Eisenbahner und Konflikte

Marley Deckner hatte uns die Kontaktdaten von Nora Vogel und Ruben Schuster gegeben. Beide waren aktive Mitglieder der „Trainsexual“-Bewegung und hatten laut Marley einige Meinungsverschiedenheiten mit Marvin. Wir beschlossen, sie so schnell wie möglich zu befragen.

**

Nora Vogel wohnte in einem Apartment in der Nähe der Sternschanze, einem Viertel, das ebenso hip wie vielseitig war. Wir erreichten ihr Gebäude und klingelten. Nach einer kurzen Wartezeit öffnete uns eine junge Frau mit zerzaustem Haar und einem skeptischen Blick die Tür.

„Frau Vogel?“, fragte ich höflich.

„Ja, das bin ich. Sind Sie von der Polizei? Kommen Sie bitte herein.“

Wir traten in ihre Wohnung, die geschmackvoll, aber auch chaotisch eingerichtet war. Überall lagen Bücher und Notizbücher verstreut, und an den Wänden hingen Zeichnungen von Modell-Eisenbahnen.

„Worum geht es?“, fragte sie direkt und zeigte auf das Sofa, wo wir Platz nehmen sollten.

„Wir untersuchen den Mord an Marvin Krause“, begann Roy ohne Umschweife. „Uns wurde berichtet, dass es innerhalb der Gruppe einige Spannungen gab. Können Sie uns mehr darüber erzählen?“

Nora seufzte und ließ sich in einen Sessel fallen. „Ja, es gab Spannungen. Marvin war ein großartiger Kerl, aber er konnte auch wirklich stur sein. Er war der Meinung, dass unsere Bewegung mehr Aufmerksamkeit erregen sollte, auch wenn das bedeutete, kontroverse Aktionen zu starten.“

„Kontrovers?“, fragte ich nach.

„Ja, er wollte Demos veranstalten, die Leute in Kostümen Bahnhöfe blockieren lassen oder ähnliche Aktionen. Ich war der Meinung, dass wir eher den Dialog suchen und auf Aufklärung setzen sollten. Das führte zu einigen hitzigen Diskussionen.“

„Gab es besondere Ereignisse, bei denen es besonders heftig wurde?“, fragte Roy.

„Es gab eine Sitzung vor etwa zwei Wochen. Marvin und Ruben sind fast handgreiflich geworden. Marvin war fest entschlossen, eine großangelegte Protestaktion im Hauptbahnhof durchzuführen. Ruben fand das zu radikal und gefährlich. Ich musste dazwischengehen und die Sitzung abbrechen.“

„Können wir mit Ruben sprechen?“, fragte ich weiter.

„Natürlich, ich gebe Ihnen seine Adresse. Aber passen Sie auf, er kann ziemlich temperamentvoll werden.“

**

Wir verließen Noras Apartment und steuerten direkt Ruben Schusters Wohnung an, die in St. Pauli lag. Das Viertel war ein Kontrast zur Sternschanze, laut und chaotisch, bekannt für seine Reeperbahn und die umliegenden Gassen voller Kneipen und Clubs.

Ruben öffnete die Tür und musterte uns aus misstrauischen Augen. Er war ein großer, muskulöser Mann mit wilden, dunklen Haaren und einem dichten Bart.

„Polizei, richtig? Nora hat mich schon angerufen. Kommen Sie rein“, brummte er und führte uns in ein spärlich möbliertes Wohnzimmer.

„Herr Schuster, wir möchten über Ihre Auseinandersetzungen mit Marvin sprechen. Uns wurde gesagt, dass es kürzlich einen besonders heftigen Streit gab“, begann ich.

Ruben setzte sich und lehnte sich zurück. „Ja, stimmt. Marvin und ich waren unterschiedlicher Meinung. Er hat mich echt zur Weißglut gebracht. Aber ich würde ihn niemals umbringen.“

„Worum ging es bei diesem Streit?“, fragte Roy.

„Marvin wollte die Öffentlichkeit schockieren, um unsere Bewegung bekannter zu machen. Ich hielt das für dumm und gefährlich. Es ist eine Sache, seine Leidenschaft für Modell-Eisenbahnen zu zeigen, und eine andere, andere Menschen zu belästigen. Ich hatte das Gefühl, dass er die Grenze überschreiten wollte.“

„Gab es jemanden, der Marvin besonders schaden wollte oder der ihm Drohungen geschickt hat?“, fragte ich.

„Nicht dass ich wüsste. Aber es gab einige Leute außerhalb unserer Gruppe, die uns nicht mochten. Bauernfänger, dachte ich immer. Aber Marvin war sich sicher, dass es ernst war. Einmal fand er ein Messer in seinem Briefkasten.“

Mein Interesse war geweckt. „Ein Messer? Hat er das jemandem gemeldet?“

Ruben schüttelte den Kopf. „Er sagte, er hätte keine Beweise dafür, von wem es kommen könnte. Er wollte es nicht der Polizei melden, aus Angst, dass die ganze Bewegung lächerlich gemacht würde.“

„Was können Sie uns über den verwüsteten Modellbau-Shop erzählen?“, fragte Roy.

„Marvin meinte, das sei eine Warnung. Er wollte aber auch das nicht zur Anzeige bringen. Er war immer der Meinung, dass wir unsere Probleme selbst lösen sollten.“

„Haben Sie eine Idee, wer dahinter stecken könnte?“, hakte ich nach.

Ruben überlegte kurz. „Da gab es ein paar Gruppen, die uns als Freaks bezeichneten. Leute, die dachten, wir würden ihre ernsthafteren Anliegen in den Schmutz ziehen. Vielleicht haben sie es gemacht. Aber konkrete Namen kann ich Ihnen nicht nennen.“

**

Zurück im Präsidium gingen Roy und ich die Informationen durch, die wir gesammelt hatten. Marvin hatte nicht nur Konflikte innerhalb seiner Gruppe gehabt, sondern auch ernsthafte Drohungen von außerhalb.

„Was denkst du, Uwe?“, fragte Roy und lehnte sich im Stuhl zurück.

„Ich denke, wir haben es mit jemandem zu tun, der Marvin und seiner Bewegung wirklich Schaden zufügen wollte. Vielleicht jemand, der sich von ihm bedroht fühlte oder die Bewegung als lächerlich empfand.“

„Unsere nächste Station sollte der Modellbau-Shop sein. Vielleicht finden wir dort weitere Hinweise.“

„Vielleicht hat Marvin dort auch Hinweise hinterlassen, die er nicht zur Polizei bringen wollte. Lass uns keine Zeit verlieren.“

Mit einem neuen Plan und einem festen Ziel vor Augen machten wir uns auf den Weg zum Modellbau-Shop von Marvin Krause, in der Hoffnung, dort auf entscheidende Hinweise zu stoßen, die uns endlich einen Schritt näher zur Wahrheit bringen würden.

Kapitel 3: Protestpläne

Der Modellbau-Shop von Marvin Krause lag in einem ruhigen Viertel von Altona, umgeben von kleinen Buchläden und Cafés. Es war schwer zu glauben, dass ein Ort wie dieser Schauplatz so heftiger Konflikte und letztlich eines Mordes sein könnte.

Der Laden war mit einem unsererseits sichergestellten Polizeiabsperrband versehen, aber mit Hilfe der Schlüssel, die wir von Marvins Schwester Lisa erhalten hatten, konnten wir problemlos eintreten.

„Interessant, wie alles so friedlich wirkt, obwohl hier einiges an Spannung in der Luft lag,“ bemerkte Roy, als er sich im Laden umsah.

Die Wände waren mit Regalen voller Modellbausätze gesäumt, von Gleisen über Lokomotiven bis hin zu Miniaturbäumen und Bahnhöfen. Ein großer Tisch in der Mitte des Raums war mit einem angefangenen Miniatur-Layout belegt, das Marvin wohl zuletzt bearbeitet hatte.

„Wir sollten nach Unterlagen oder Notizbüchern suchen. Irgendetwas, das uns mehr über seine Pläne erzählen kann,“ sagte ich, während ich begann, die Schubladen hinter dem Tresen zu durchsuchen.

Roy nahm die anderen Regale in Augenschein, und wir arbeiteten uns methodisch durch den Laden, bis wir eine Mappe fanden, die unter einem Stapel Zeitschriften verborgen war. In ihr fanden wir detaillierte Zeichnungen, handschriftliche Notizen und Flugblätter, die Marvins geplante Protestaktionen dokumentierten.

„Hier ist es“, sagte Roy und breitete die Dokumente auf dem Tresen aus.

Die Zeichnungen zeigten detaillierte Pläne für eine großangelegte Protestaktion im Hauptbahnhof von Hamburg. Verschiedene Szenarien waren skizziert, darunter eine Blockade der Gleise mit lebensgroßen Modellen von Zügen und eine als Performance-Installation geplante „Fahrt“ durch den Bahnhof, bei der sich Aktivisten als Passagiere verkleideten und symbolisch eine „Reise der Akzeptanz“ darstellten.

„Der Mann hatte definitiv eine Vorstellung von Dramatik,“ bemerkte ich, als wir die Notizen durchgingen.

Ein weiteres Papier enthielt Instruktionen für eine „Nacht der Modelle“, bei der die Anhänger der Bewegung Dutzende von kleinen, batteriebetriebenen Modellzügen auf verschiedenen öffentlichen Plätzen in Hamburg aufstellen und fahren lassen wollten, um Aufmerksamkeit auf ihre Anliegen zu lenken.

„Das ist der Wahnsinn!“ Roy lachte auf. „Aber auch brillant. Man kann sich vorstellen, wie das für Aufsehen sorgen würde.“

Doch dann fanden wir einen Teil der Notizen, der noch interessanter war: eine Liste mit Namen und Telefonnummern. Einige der Namen kannten wir bereits, darunter Nora und Ruben, aber andere waren uns unbekannt. Einer der Namen stach allerdings hervor: „Dr. Maurice Feldheim“, begleitet von einem Fragezeichen und der Bemerkung „eventueller Unterstützer oder Gegner???“

„Dr. Maurice Feldheim… der Name sagt mir etwas,“ murmelte ich.

„Der ist doch dieser Experte für soziale Bewegungen und Protestkultur, oder?“, fragte Roy.

„Ja, genau. Er hat viel über politische Aktivität und zivilen Ungehorsam geschrieben. Warum würde Marvin ihn als möglichen Unterstützer oder Gegner notieren?“

Roy stellte die naheliegende Frage: „Sollten wir ihn aufsuchen?“

„Absolut,“ entschied ich. „Aber vorher müssen wir diese Dokumente sorgfältig durchsehen und kopieren. Vielleicht finden wir noch mehr Hinweise.“

**

Zurück im Präsidium kopierten wir die gefundenen Dokumente und machten uns dann auf den Weg zu Dr. Maurice Feldheim, der an der Universität Hamburg lehrte. Sein Büro lag im geisteswissenschaftlichen Gebäude auf dem Campus in der Nähe der Grindelallee. Ein traditioneller Ort des Wissens und der Auseinandersetzung, wie es sich später herausstellen sollte.

Dr. Feldheim war ein Mann in den Fünfzigern mit grauem Haar und scharfen, durchdringenden Augen. Er empfing uns in seinem geräumigen Büro, wo Regale voller Bücher die Wände säumten und die Luft nach altem Leder und Papier roch.

„Kommissare, wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte er höflich, aber auch etwas misstrauisch.

„Wir untersuchen den Mord an Marvin Krause,“ begann ich direkt. „Er erwähnt Sie in seinen Notizen bezüglich seiner Protestpläne. Waren Sie in irgendeiner Weise in seine Aktivitäten involviert?“

Dr. Feldheim setzte sich und faltete die Hände vor sich auf dem Schreibtisch. „Marvin Krause. Ein leidenschaftlicher und ungewöhnlicher junger Mann. Ja, er kontaktierte mich vor einigen Monaten. Er war auf der Suche nach theoretischer Unterstützung für seine Bewegung und wollte Rat, wie man effektive Proteste organisiert.“

„Haben Sie ihm geholfen?“, fragte Roy.

„Ich habe ihm einige Bücher empfohlen und ihm die grundlegenden Prinzipien des friedlichen Protests erläutert,“ antwortete Feldheim und lehnte sich zurück. „Aber ich wusste nicht, dass er so weit gehen wollte. Er erwähnte grobe Ideen, aber nichts davon schien mir besonders gefährlich – eher exzentrisch.“

„Hatten Sie den Eindruck, dass er Feinde hatte? Jemanden, der ihm schaden wollte?“ Ich beobachtete sein Gesicht genau auf jede Regung.

Feldheim schüttelte den Kopf. „Nicht wirklich. Marvin hatte diese fast kindliche Begeisterung, kombiniert mit einem völligen Desinteresse an den Folgen. Ich habe ihn gewarnt, dass zu provokative Aktionen nach hinten losgehen könnten, aber er lachte nur und sagte, man müsse Risiken eingehen, um etwas zu verändern.“

„Haben Sie jemals Drohungen von oder gegen ihn gehört?“, hakte Roy nach.

„Nein, das habe ich nicht. Aber ich kann mir vorstellen, dass manche Leute seine Ideen als Bedrohung sahen. Menschen mögen Veränderungen oft nicht. Vor allem nicht, wenn sie damit konfrontiert werden.“

„Danke für Ihre Zeit, Dr. Feldheim. Wir wissen das zu schätzen,“ sagte ich und erhob mich.

„Gern geschehen, Kommissare. Ich hoffe, Sie finden denjenigen, der Marvin das angetan hat.“

**

Draußen atmeten Roy und ich tief durch. „Was denkst du?“, fragte Roy.

„Ich denke, Marvin hat viele Menschen herausgefordert – innerhalb und außerhalb seiner Bewegung. Es ist möglich, dass jemand sich bedroht fühlte und das auf die schlimmste Weise zurückzahlte.“

Aber es war auch klar, dass dieser Fall noch viele Rätselfragmente enthielt. Mit dem, was wir herausgefunden hatten, mussten wir die nächsten Schritte sorgfältig planen.

„Lass uns die gefundenen Namen weiter untersuchen und überprüfen, wer davon noch mehr zu verbergen hat“, sagte ich entschlossen.

„Einverstanden“, antwortete Roy. „Bis jetzt haben wir nur an der Oberfläche gekratzt. Es ist an der Zeit, tiefer zu graben.“

Und so machten wir uns daran, die lose Enden zu verknüpfen und dem Mysterium um Marvin Krause und seine tödlichen Protestpläne weiter nachzugehen.

Kapitel 4: Eine weitere Leiche

Es war ein trüber Hamburger Mttwochabend, als das Telefon in unserem Büro klingelte. Roy nahm den Hörer ab, und sein Gesicht verhärtete sich unmittelbar. „Verstanden, wir sind unterwegs,“ sagte er und legte auf.

„Was ist los, Roy?“, fragte ich, während ich meine Jacke vom Stuhl nahm.

„Ein weiterer Toter. Diesmal in einem verlassenen Güterbahnhof in Altona. Der Tatort wird von Förnheim und Wildenbacher bereits untersucht. Es sieht so aus, als hätten wir eine Verbindung zum ersten Opfer.“

„Dann mal los,“ sagte ich, während wir das Büro verließen und uns auf den Weg machten.

**

Der Güterbahnhof war ein düsterer Ort, verfallene Gebäudestrukturen und rostige Schienen, die sich durch das Gelände zogen. Die Polizei hatte den Bereich bereits weiträumig abgesperrt, und das blaue Licht der Einsatzfahrzeuge war im nächtlichen Nebel fast surreal.

Dr. Förnheim stand, wie gewohnt, mit einem überheblichen Blick über den Tatort gebeugt, während Dr. Gerold Wildenbacher routiniert seine Arbeiten verrichtete.

„Guten Abend, Förnheim. Was haben wir hier?“, fragte ich.

„Ein bedauerlicher Fall fortgesetzter menschlicher Idiotie, wenn Sie mich fragen,“ erwiderte Förnheim trocken. „Das neue Opfer ist Ruben Schuster. Offensichtlich ebenfalls erwürgt, genau wie Marvin Krause.“ Er zog einen sterilisierenden Handschuh aus und deutete auf die Leiche, die inmitten von Modellbausätzen und Eisenbahnschienen lag. „Und das beunruhigendste Detail hier: Die Leiche wurde in eine Art Szenario gesteckt, das an eine Modelleisenbahn erinnert.“

Roy und ich knieten uns hin, um die Leiche näher zu betrachten. „Das ist das Werk eines Wahnsinnigen,“ sagte Roy leise. „Ruben, der noch vor wenigen Tagen voller Leben war.“

Dr. Wildenbacher schob eine weitere Analyse nach. „Gleiche Todesursache wie bei Marvin. Strangulation, Spuren eines Kampfs, aber diesmal wirken die Wunden noch frischer. Der Todeszeitpunkt liegt nur wenige Stunden zurück. Das Drehbuch wiederholt sich.“

„Diese Inszenierung des Tatorts,“ bemerkte ich und ging um die verteilten Modellbausätze herum, „als wäre es eine groteske Version eines Modellbauprojekts. Was sagt Ihnen das, Dr. Förnheim?“

Förnheim hob seine Augenbrauen und sprach mit seinem üblichen Hochmut. „Es zeigt eine tiefsitzende Obsession und jemanden, der eine klare Botschaft senden will. Vielleicht ist es eine Art rituelle Bestrafung für das, was er oder sie als Verrat an dieser bizarren Bewegung empfindet.“

„Welche Schritte unternehmen wir jetzt?“, fragte Roy, während er aufstand und sich den Tatort noch einmal umsah.

„Wir müssen die anderen Mitglieder der Gruppe sofort benachrichtigen und unter Schutz stellen. Es scheint, als wäre der Mörder auf einem Rachefeldzug,“ sagte ich bestimmt.

Wir verließen den Tatort mit einem neuen Ziel vor Augen. In der Polizeistation durchsuchten wir die bereits erhaltenen Mitgliederlisten weiter und nahmen sofort Kontakt mit den relevanten Personen auf. Marley Deckner war die erste, die wir informierten.

**

„Sie haben Ruben ermordet?“, fragte Marley ungläubig, als wir sie telefonisch erreichten.

„Leider ja. Wir müssen sofort alle Mitglieder der Gruppe benachrichtigen und schützen. Können Sie uns irgendwelche weiteren verdächtigen Ereignisse nennen, die uns weiterhelfen könnten?“, fragte ich.

„Es gab in letzter Zeit nichts Auffälliges, außer den inneren Dissenz, den ich Ihnen bereits geschildert habe. Aber heute Morgen erhielt ich eine merkwürdige E-Mail, jemand behauptend, er werde uns 'bestrafen' für unsere verrückten Ideen. Ich dachte, es sei ein Scherz.“ Marleys Stimme zitterte.

„Können Sie uns diese E-Mail zukommen lassen?“, fragte Roy. „Vielleicht finden wir darin eine Antwort.“

„Natürlich. Ich leite sie Ihnen sofort weiter.“

**

Zurück im Büro warteten wir keine Sekunde und analysierten die eingegangene E-Mail. Sie war anonym, schien aber von einer Person verfasst worden zu sein, die sehr gut über die Gruppe Bescheid wusste.

„Lesen Sie das hier, Roy,“ sagte ich. „'Für die Verblendeten und die, die gegen die Natur verstoßen, wird kein Platz in dieser Welt sein. Ich werde euch zeigen, wie lächerlich ihr seid. Einer nach dem anderen wird fallen, bis ihr aufhört.' Das klingt, als hätte der Schreiber eine persönliche Vendetta gegen die Gruppe.“

„Das bedeutet, es könnte noch mehr Opfer geben, wenn wir denjenigen nicht schnell finden,“ sagte Roy ernst.

Unsere Optionen waren begrenzt, aber eine Idee drängte sich auf. „Wir müssen noch einmal mit Feldheim sprechen. Vielleicht hat er mehr Informationen, die wir bisher übersehen, oder weitere Hinweise, die uns fehlen.“

**

Es dauerte nicht lange, Dr. Maurice Feldheim telefonisch zu erreichen und ein weiteres Treffen zu arrangieren. Diesmal war die Atmosphäre in seinem Büro merklich angespannter.

„Kommissare, Sie sind wieder hier,“ sagte er mit einem Anflug von Nervosität. „Kann ich Ihnen noch irgendwie behilflich sein?“

„Dr. Feldheim, seit unserem letzten Gespräch gab es einen weiteren Mord innerhalb der 'Trainsexual'-Bewegung. Ruben Schuster wurde vor wenigen Stunden tot aufgefunden,“ begann ich. „Wir haben Hinweise, dass der Mörder eine tiefe Abneigung gegen die Gruppe hegt und plant, weiter zuzuschlagen. Haben Sie noch irgendetwas in Erinnerung, das uns weiterhelfen könnte?“

Feldheim wurde blass. „Zwei Morde? Das ist schrecklich. Nein, ich erinnere mich an nichts in meinen Unterhaltungen mit Marvin, das darauf hindeutet, dass so etwas passieren könnte. Aber…“, er hielt inne.

„Was? Sprechen Sie, Feldheim,“ drängte Roy.

„Marvin hatte vor einigen Wochen einen begabten, aber sehr verschlossenen Studenten namens Eric Wolf kontaktiert. Eric ist ein brillanter, aber instabiler Charakter, der soziale Bewegungen studiert und eine eigene Theorien zur Radikalisierung entwickelt hat. Marvin fand seine Arbeiten faszinierend und wollte ihn vielleicht für seine Zwecke rekrutieren. Eric könnte interessante Einblicke haben.“

**

Mit neuen Informationen verließen wir das Büro von Dr. Feldheim. Eric Wolf wurde als nächster auf unsere Liste gesetzt, und in unserer Suche nach Hinweisen erhielten wir endlich einen klareren Weg. Die Zeit drängte, und ein weiterer Mord schien in der Luft zu liegen. Hamburg war nicht größer geworden, aber das Mysterium um Marvin und seine tödlichen Protestpläne wurde immer undurchsichtiger.

„Lass uns Eric Wolf finden und herausfinden, was er weiß,“ sagte ich entschlossen.

Roy nickte. „Ich hoffe, dass wir diesmal schneller sind als der Mörder.

Und so begann unsere drängende Jagd nach dem nächsten Hinweis, der Licht in die düsteren Taten und Motive des Mörders bringen könnte.

Kapitel 5: Zug der Entrüstung

Die Nachricht von Rubens Tod verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Innerhalb weniger Stunden stürmte das Internet mit Meldungen und Spekulationen über die Morde an den „Trainsexual“-Aktivisten. Beliebte Blogs und soziale Medien überschlugen sich mit Posts und Kommentaren, die Polizei und den Hamburger Senat scharf kritisierten. Die Botschaft war klar: Die Behörden täten nicht genug, um die Mitglieder der Gruppe zu schützen.

„Uwe, du musst dir das ansehen,“ sagte Roy und schob mir sein Tablet zu. Ein Online-Artikel trug die Schlagzeile: „Polizei in Hamburg versagt: Aktivisten in akuter Gefahr – Macht Schluss mit Eisenbahnliebhaberfeindlichkeit!“

Ich las weiter. „Die Morde an Marvin Krause und Ruben Schuster sind nur die Spitze des Eisbergs. Der Hamburger Senat und die Polizei ignorieren die Gefahr, der die 'Trainsexual'-Bewegung täglich ausgesetzt ist. Wie viele müssen noch sterben, bevor etwas unternommen wird?“, hieß es im Text.

Diese Entwicklung konnte fatale Auswirkungen haben. Eine gesellschaftliche Bewegung, die das Gefühl hatte, unterdrückt und bedroht zu sein, war eine gefährliche Mischung. Die Aktivisten könnten in ihrer Verzweiflung Fehler machen.

„Wir müssen das Ruder herumreißen, bevor die Situation außer Kontrolle gerät,“ sagte ich nachdenklich. „Wenn sie glauben, dass Eisenbahnliebhaberfeindlichkeit hinter den Morden steht, könnten sie zu drastischen Mitteln greifen.“

Just in diesem Moment klingelte mein Telefon. Es war Kriminaldirektor Bock, und seine Stimme war lauter und gereizter als üblich. „Jörgensen, Sie und Müller kommen sofort zu mir ins Büro. Und damit meine ich sofort!“

**

Kriminaldirektor Bocks Büro war im Präsidium das Epizentrum der nun eskalierenden Krise. Die Luft war aufgeladen, als wir eintraten. Auf einem großen Bildschirm liefen Nachrichten-Ticker mit Schlagzeilen über die zunehmende Empörung in der Öffentlichkeit.

„Setzen Sie sich, Jörgensen, Müller,“ sagte Bock und warf uns einen scharfen Blick zu. „Wir haben ein massives Problem. Die Aktivisten planen offensichtlich eine großangelegte öffentliche Aktion und glauben, dass die Morde gezielt gegen ihre Gruppe gerichtet sind. Sie machen uns und den Senat für ihre Situation verantwortlich.“

„Was planen Sie?“, fragte ich.

Bock holte tief Luft, bevor er weitersprach. „Uns liegen Berichte vor, dass die Aktivisten eine Demonstration im Hauptbahnhof organisieren – und zwar bald. Wir haben Hinweise, dass dies Teil von Marvins geplanten Protestaktionen war. Sie drohen, große Teile des Bahnhofs zu blockieren.“

„Das klingt nach einem gefundenen Fressen für den Mörder,“ bemerkte Roy düster.

„Exakt,“ sagte Bock. „Deswegen müssen wir jede Person, die an dieser Demonstration teilnimmt, so gut wie möglich schützen und gleichzeitig diese Morde aufklären. Wir können keine weiteren Tode zulassen. Die Situation könnte eskalieren und zu Panik führen.“

„Verstanden, Chef,“ antwortete ich und erhob mich. „Wir werden sofort mit der Planung beginnen, Sicherheitspersonal koordinieren und die Aktivisten informieren.“

**

Der Hauptbahnhof von Hamburg war immer ein geschäftiger Ort, doch an diesem Tag war er das Epizentrum eines politischen wie auch sozialen Bebens. Die Aktivisten der „Trainsexual“-Bewegung hatten Banner und Schilder in der Hand, die Fußgängerwege und Bahnsteige waren voll von Menschen, die ihren Protest laut und deutlich kundtaten. Parolen wie „Erkennt uns an!“ und „Schluss mit der Gewalt!“ hallten durch die großen Hallen des Bahnhofsgebäudes.

Marley Deckner stand an der Spitze der Gruppe, ein Megafon in der Hand, und sprach zu den Anwesenden. „Wir lassen uns nicht einschüchtern! Unsere Liebe zu Modell-Eisenbahnen definiert uns, und wir verlangen Respekt und Sicherheit!“

Roy und ich überwachten das Geschehen von einer erhöhten Plattform aus, von der aus wir einen guten Überblick über die Menge hatten. „Die Polizei ist hier gut aufgestellt,“ bemerkte Roy. „Wir haben überall Beamte verstreut, um schnell eingreifen zu können.“

„Ja, aber wir müssen trotzdem wachsam sein. Wenn der Mörder wirklich hier ist, könnte er es auf einen der Anführer abgesehen haben. Marley ist ein offensichtliches Ziel.“ Ich griff nach meinem Funkgerät. „Alles ruhig auf den anderen Einsatzpunkten?“

Die Antworten kamen positiv zurück, aber die Anspannung war greifbar. Jeder wusste, dass die Situation jederzeit eskalieren konnte.

Während wir die Menge beobachteten, bemerkten wir eine Person, die sich merkwürdig verhielt. Ein junger Mann, offensichtlich aufgeregt, bewegte sich durch die Demonstranten und sprach mit verschiedenen Leuten, die er scheinbar zu beruhigen versuchte.

„Ist das nicht Eric Wolf?“, fragte Roy und deutete auf ihn. „Lass uns ihn etwas genauer unter die Lupe nehmen.“

Wir bahnten uns vorsichtig unseren Weg durch die Menge, ohne aufzufallen, bis wir Eric erreicht hatten. „Herr Wolf, ein Wort bitte,“ sagte ich fest, aber mit möglichst ruhiger Stimme.

„Kommissar Jörgensen, oder?“, fragte Eric überrascht, doch ohne Widerstand. „Was kann ich für Sie tun?“

„Wir müssen ein paar Dinge bezüglich Marvin Krause und Ruben Schuster klären,“ begann ich. „Wir wissen, dass Sie Kontakt zu Marvin hatten und wir sind besorgt, dass Sie in Gefahr sein könnten.“

Eric zögerte kurz, dann nickte er. „Ich weiß, dass die Situation angespannt ist. Marvin hat mich damals kontaktiert, weil er meine Theorien kannte und dachte, ich könnte helfen. Aber ich bin nicht der Mörder! Ich unterstütze die Bewegung, auch wenn ich einiges davon übertrieben finde.“

Ich sah ihn prüfend an, doch seine Angst schien echt zu sein. „Wir brauchen alle Informationen, die Sie haben, Herr Wolf. Irgendetwas, das Marvin oder Ruben Ihnen erzählt haben könnte, das uns weiterhelfen kann.“

Eric griff nervös in seine Tasche und zog ein Notizbuch hervor. „Marvin war besessen von der Idee eines großen Protests. Er meinte, das würde die Aufmerksamkeit erregen, die die Bewegung braucht. Er sprach auch von Drohungen, äußeren Feinden der Bewegung, aber er konnte nie konkrete Namen nennen.“

Plötzlich gab es einen Aufruhr in der Menge; jemand schrie. Die Menschen vor dem Bahngleis wichen zurück, als eine Gestalt mitten im Zentrum der Protestaktion zusammenbrach.

„Was zur Hölle?“, rief Roy und wir eilten zur Szene. Es war Marley Deckner, die blutend und mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden lag.

„Ruft einen Krankenwagen, schnell!“, rief ich und kniete neben ihr nieder. „Bleib bei uns, Marley.“

Inmitten des Chaos, während Sanitäter ankamen und die Menschenmenge in Aufruhr geriet, wurde etwas klar: Der Mörder war inmitten der Menge. Jede Sekunde zählte, und die Jagd musste hier und jetzt zum Ende gebracht werden.

„Uwe, wir haben verdächtige Bewegungen auf Gleis 7,“ rief ein Beamter durch unser Funkgerät.

„Roy, wir müssen das überprüfen. Gehen wir,“ sagte ich und spürte, wie Spannung und Einsatz höchste Priorität gewannen.

Mit schnellen Schritten machten wir uns auf den Weg, das Rätsel um die Morde endgültig zu lösen und weiteren Schrecken zu verhindern. Der Zug, den wir verfolgten, hatte uns bis an die Grenzen geführt, aber er würde uns nicht entgleisen lassen. Die Wahrheit war zum Greifen nah.

Kapitel 6: Zug nach Nirgendwo

Roy und ich sprinteten zum Gleis 7, durch die sich auflösende Menge protestierender Aktivisten und besorgter Passagiere navigierend. Die Stimme im Funkgerät hallte in meinen Ohren nach, ein ständiges Mahnmal, dass jede Sekunde zählte.

Am Gleis angekommen, sahen wir, wie eine Gestalt in einem Kapuzenpullover den Bereich absperrte, scheinbar nervös hin- und herblickend. Die Person hielt etwas in der Hand, das wie eine Fernbedienung oder ein kleiner Taserspender aussah – schwer zu erkennen auf diese Entfernung.

„Roy, flankiere ihn rechts. Ich nehme die linke Seite,“ sagte ich und wir bewegten uns vorsichtig näher. Das Herz pochte in meinen Ohren, aber die jahrelange Ausbildung und Erfahrung halfen mir, ruhig und konzentriert zu bleiben.

Mit vorsichtigen Schritten schlichen wir uns von beiden Seiten an die verdächtige Gestalt heran, bis plötzlich Roys Stimme durch die Anspannung schnitt. "Polizei! Hände hoch und keine Bewegung!"

Die Gestalt zuckte zusammen, und für einen kurzen Moment dachte ich, sie würde gehorchen. Doch dann drehte sich die Person blitzschnell um und rannte Richtung Gleise.

„Verdammt“, fluchte ich, während wir die Verfolgung aufnahmen. „Nicht entkommen lassen!“

In wilder Hatz verfolgten wir die Figur über die Bahnsteige und dann hinunter zu den Gleisen. Die Person sprang aufs Schienennetz und rannte weiter, ohne Rücksicht auf die herannahenden Züge.

„Vorsicht!“, schrie Roy, während wir den gleichen Weg nahmen, und ich konnte die Vibrationen eines herannahenden Zuges unter meinen Füßen fühlen.

Die Gestalt glitt durch die schmalen Gänge der Schienennetze. Die Panik und Verzweiflung schien die Figur weiter zu treiben, doch konnte ich allmählich die Distanz verkürzen. Mit einem kräftigen Sprint holte ich auf und war nah genug, um mich auf die Person zu werfen.

Wir stürzten beide zu Boden, kämpften inmitten der Schienen. Die Fernbedienung fiel aus der Hand der Person und klirrte auf das Gleis, während ich versuchte, mich zu befreien und die Kontrolle über die Situation zu gewinnen.

„Du bist verhaftet“, knurrte ich und rang der Figur die Kapuze ab. Unter der Kapuze kam das schweißnasse, verzerrte Gesicht von Eric Wolf zum Vorschein.

„Eric! Warum hast du das getan?“ fragte ich atemlos.

„Ihr versteht es nicht!“, schrie er und versuchte weiterhin, sich zu wehren. „Sie alle haben unser Glaubenssystem lächerlich gemacht. Marvin, Ruben, sie wollten Aufmerksamkeit, aber wie viele mussten deshalb leiden? Ich habe es gemacht, um... um ein Zeichen zu setzen!“

Roy kam heran und half mir, Eric endgültig zu fixieren. „Ein Zeichen setzen? Du hast Menschen getötet, Eric. Das ist Mord.“

„Nein, nein!“ keuchte er. „Ihr versteht es nicht... Ich wollte nur, dass die Menschen unsere Leidenschaft respektieren, nicht darüber lachen. Ihr habt mich süß träumen lassen und mich dann in ein Albtraumloch geworfen!“

Eric wurde ruhig, als uns schließlich Verstärkung erreichte, und er wurde abgeführt. Doch seine verworrenen Worte hallten immer noch nach.

**

Zurück im Präsidium, berichteten wir Kriminaldirektor Bock und den anderen Ermittlern über die Verhaftung.

„Gut gemacht, Jörgensen, Müller“, sagte Bock in einem seltenen Moment der Anerkennung. „Es scheint, als hätten Sie den Mörder gefasst. Aber wir müssen noch herausfinden, wie tief das Ganze wirklich geht. Es gibt immer noch viele Lücken in dieser Geschichte.“

„Wir haben noch die Notizen und Dokumente von Marvin, die Eric verwendet hat“, sagte ich. „Wir sollten sie durchgehen, um weitere Hintergründe und mögliche Mitwisser zu ermitteln.“

Während ich das sagte, keimte in mir das Gefühl auf, dass dies nur die Oberfläche eines umfassenderen, unheimlichen Puzzles war. Eine Bewegung, die für die Verwirklichung einer obskuren Identität kämpfte, konnte auf so viele verschiedene Weisen missverstanden und missbraucht werden.

**

Einige Tage später setzte sich das Bild weiter zusammen. Eric hatte intensiv mit Marvin zusammengearbeitet und war schlussendlich in seiner eigenen Ideologie gefangen. Seine radikalen Aktionen waren eine tragische, verhängnisvolle Verkettung von missverstandener Obsession und verfehltem Rachestreben.

Marvin Krause und Ruben Schuster waren Opfer ihrer eigenen Träume und Ziele geworden und von jemandem verraten, der einst in ihrer Mitte stand.

Der Shitstorm in den sozialen Medien flaute allmählich ab, als die Wahrheit ans Licht kam. Die Notwendigkeit, die Aktivisten der „Trainsexual“-Bewegung zu schützen und ihnen zuzugestehen, wie jede andere legitime gesellschaftliche Gruppe dasselbe Recht auf Schutz und Anerkennung zu haben, wurde klarer denn je. Ein Mahnmal für die Gesellschaft und die Gesetzgebung gleichermaßen, Bildung und Verständnis den Vorurteilen voranzustellen.

„Es ist endlich vorbei“, sagte Roy eines Abends, während wir unser Feierabendbier im Präsidium tranken.

„Ja, aber was für ein Preis“, antwortete ich und blickte nachdenklich aus dem Fenster, das auf die rasend langsame Stadt zeigte. Eine Stadt, die immer in Bewegung ist, genauso wie die Menschen darin.

Die Wahrheit fuhr auf schmalen Schienen, aber das bedeutete nicht das Ende dieser Reise. Es gab immer noch viel zu tun, um sicherzustellen, dass keiner entgleiste. Aber für diesen Moment reichte es, zu wissen, dass wir ein weiteres Kapitel dieser seltsamen und gefährlichen Geschichte zu einem befriedigenden Abschluss gebracht hatten.

Kapitel 7: Explosion der Realität

Der Tag begann ungewöhnlich ruhig – fast zu ruhig für meine Geschmack. Es waren nur wenige Stunden seit der Verhaftung von Eric Wolf vergangen, als Roy und ich uns im Präsidium zusammenfanden, um die letzten offenen Fragen zu klären.

„Meinst du, das war’s jetzt?“, fragte Roy und betrachtete eine Tasse Kaffee, als könne sie ihm die Antwort geben.

„Vielleicht“, antwortete ich und zögerte, noch allzu optimistisch zu sein. „Aber du weißt, dass solche Dinge selten so simpel sind.“

In diesem Moment klingelte mein Telefon. Es war Kriminaldirektor Bock, seine Stimme erschüttert und angespannt. „Jörgensen, Müller, wir haben ein ernstes Problem. Es war gerade eine Explosion am Stellwerk an der Verbindungsbahn. Schätzungen zufolge eine Bombe. Es gibt Hinweise, dass dies im Namen der 'Trainsexual'-Bewegung geschah.“

Mein Herz setzte einen Schlag aus, und Roys Gesicht wurde weiß. „Wir sind auf dem Weg“, sagte ich und warf den Hörer auf die Gabel.

**

Der Ort des Anschlags war ein Bild des Chaos. Feuerwehrleute, Sanitäter und Polizisten drängten sich um das rauchende Trümmerfeld, das einst das Stellwerk gewesen war. Funken sprühten aus zerborstenen Leitungen, und die Luft war schwer von der Asche. Die Explosion hatte eine große Schneise der Verwüstung hinterlassen.

Als wir uns dem Absperrband näherten, kam uns Dr. Förnheim entgegen, sein Gesicht diesmal ernst und mangelnd an spöttischen Kommentaren. „Einfach unfassbar. Die Sprengladung war professionell angebracht. Keine Amateure hier.“

„Opfer?“, fragte Roy scharf.

„Zwei Techniker, die im Kontrollraum arbeiteten. Tot aufgefunden. Weitere Verletzte, aber glücklicherweise keine weiteren Todesopfer.“

Bock trat an uns heran, das sonst so kühle Äußere kaum aufrecht haltend. „Das ist eine Katastrophe. Der Anschlag hat den Zugverkehr in ganz Hamburg zum Stillstand gebracht. Und die Botschaft...“ Er gab uns ein Blatt Papier, das aus den Trümmern geborgen wurde.

Auf dem Papier standen die Worte, mit zittriger Hand geschrieben: „Für die Moderne! Für die Schienen! Für den Respekt! Wir kämpfen weiter!“

„Wer könnte das tun? Eric sitzt doch im Gefängnis.“, sagte ich kopfschüttelnd.

„Vielleicht ein weiterer radikalisierter Anhänger?“, antwortete Bock. „Jedenfalls müssen wir die verbliebenen Mitglieder der Gruppe unter die Lupe nehmen.“

Wir wussten, dass wir keine Zeit verlieren konnten. Marley Deckner, die kürzlich erst den Angriff überlebt hatte, war unser erster Anlaufpunkt.

**

Marley saß in einem Krankenbett, als wir sie im Krankenhaus erreichten. Sie war blass, aber ihre Augen brannten vor Entschlossenheit.

„Was ist passiert? Noch eine Attacke?“, fragte sie sofort.

„Ja, Marley. Ein Bombenanschlag. Ein Stellwerk wurde in die Luft gesprengt. Es gibt zwei Tote. Uns wurde eine Botschaft hinterlassen, die implizit die 'Trainsexual'-Bewegung verantwortlich macht“, erklärte ich und hielt das gefundene Papier hoch.

Marleys Augen weiteten sich vor Schock. „Das kann nicht sein! Wir sind friedlich. Unsere Gruppe würde so etwas niemals tun. Wer auch immer das war, sie versuchen uns zu verleumden.“

„Wer in der Gruppe könnte auf so extreme Mittel zurückgreifen? Hat jemand in letzter Zeit Andeutungen gemacht?“, fragte Roy.

Marley überlegte und dann zwang sie sich zu sprechen. „Es gab da jemanden, der sich in den letzten Wochen still verhalten hat. Sein Name ist Leon Wagner. Er war begeistert von Marvins Ideen, aber seit den Drohungen und der Eskalation hielt er sich sehr zurück.“

„Wo können wir diesen Leon finden?“ fragte ich.

„Er hat eine kleine Werkstatt in einem Abstellraum unter einem alten Fabrikgebäude in Hammerbrook. Aber seid vorsichtig. Leon ist extrem misstrauisch.“

**

Wir stellten sofort ein Team zusammen und machten uns auf den Weg nach Hammerbrook. Das Viertel war bekannt für seine verlassenen Industrieanlagen und bot viele Versteckmöglichkeiten. Die verlassene Fabrik, die Marley erwähnt hatte, war ein trister, verfallener Bau. Wir näherten uns vorsichtig und durchsuchten systematisch das Gelände.

Als wir den Abstellraum betraten, fanden wir Leon Wagner über eine Werkbank gebeugt. Er war damit beschäftigt, elektronische Bauteile zusammenzusetzen. Das Geräusch unserer Schritte ließ ihn aufsehen und sein Gesicht verzog sich zu einer Mischung aus Panik und Entschlossenheit.

„Leon Wagner! Polizei! Hände hoch, und nichts Dummes tun!“, rief Roy.

Leon sprang auf, griff nach etwas unter der Bank und drohte uns mit einem improvisierten Sprengsatz. „Kommt mir nicht näher!“

„Leon, das hier muss nicht so enden,“ versuchte ich ihn zu beruhigen. „Leg das Ding weg und lass uns reden.“

Leons Hände zitterten, und Schweiß lief ihm über die Stirn. „Ihr versteht nicht! Der Protest von Marvin und den anderen war ein Weckruf. Aber niemand hörte uns zu!“

„Wir verstehen, Leon. Aber Gewalt ist nicht der Weg. Es gibt andere Möglichkeiten, deine Botschaft zu verbreiten.“ versuchte ich ihn zu besänftigen.

„Sie haben keine Ahnung. Die Welt ist kalt. Unfreundlich zu denjenigen, die anders sind,“ flüsterte Leon, fast als spräche er mit sich selbst.

Roy bewegte sich langsam seitlich, bereit, einzugreifen. „Leon, denk an Marvin und Ruben. Würden sie wollen, dass es so endet?“

Leons Blick flackerte, und für einen kurzen Moment sah es aus, als würde er das Sprengstoffpaket absetzen. Doch in diesem Moment stürzte Roy sich auf ihn, und wir kämpften, um das gefährliche Paket aus seinen Händen zu reißen. Es fiel zu Boden, und wir traten sofort zurück, doch glücklicherweise explodierte es nicht.

Mit dem festen Zug der Handschellen schloss sich der Kreis um Leon. Er wurde abgeführt, und wir atmeten erleichtert auf, als die Gefahr endgültig gebannt war.

**

Zurück im Präsidium wurde Leon umfassend verhört, und nach stundenlangen intensiven Gesprächen legte er schließlich ein Geständnis ab. Er hatte eigenständig gehandelt, angestachelt von Verzweiflung und dem Glauben, dass nur drastische Maßnahmen die Aufmerksamkeit auf die Anliegen der Gruppe lenken konnten.

Die Wahrheit war, Marvins Bewegung hatte aus Verzweifelten Märtyrer gemacht und in Leon jemanden gefunden, der den radikalsten Weg gewählt hatte.

„Es ist endlich vorbei,“ sagte Roy, als wir das Verhörzimmer verließen. „Aber um welchen Preis?“

„Manchmal vergessen wir, dass unsere Arbeit nie wirklich endet,“ antwortete ich und schaute hinaus in die sich regende Stadt. „Aber jedes gerettete Leben ist es wert. Wir müssen weiter daran arbeiten, dass niemand mehr den dunklen Weg gehen muss, den Eric und Leon gegangen sind.“

Hamburg konnte wieder aufatmen, doch die Narben blieben. Unsere Aufgabe war es, sicherzustellen, dass es keine weiteren Verletzungen gab. Der Zug des Lebens fuhr weiter, immer auf der Suche nach neuen Wegen, um nicht zu entgleisen.

Kapitel 8: Die verborgen Schienen

Einige Tage nach der Verhaftung von Leon Wagner und der vorläufigen Beruhigung der Situation saßen Roy und ich in unserem Büro und gingen die Berichte durch. Die Ruhe im Präsidium war fast unheimlich – eine Ruhe vor dem nächsten Sturm.

Es war Dr. Förnheim, der überraschend durch die Tür stürmte und der sonst so selbstgefällige Ausdruck durch etwas wie Aufregung ersetzt war. „Jörgensen, Müller, ich glaube, ich habe etwas gefunden, das Ihnen beiden das Schachfigurenbild noch einmal umwerfen könnte.“

Ich spürte, wie mein Puls anstieg. „Was haben Sie, Förnheim?“

„Während der Analyse von Leons Laptop und den Notizen, die wir in Marvins und Rubens Wohnungen gefunden haben, bin ich auf etwas sehr Interessantes gestoßen“, begann er. „Es scheint, als wäre unsere eingeschworene Bewegung nicht bloß von ideologischer Leidenschaft getrieben worden. Es gab auch finanzielle Faktoren im Spiel.“

„Finanziell?“, fragte Roy irritiert. „Ich dachte, sie waren vor allem an sozialer Anerkennung interessiert.“

Förnheim grinste überheblich. „Ach, die menschliche Natur setzt sich selten aus nur einer Triebfeder zusammen, Müller. Sehen Sie sich das hier an.“ Er legte uns Dokumente und Ausdrucke vor. „Banktransaktionen, die auf Konten in Offshore-Steueroasen führen. Marvin und einige Mitglieder der Gruppe haben anscheinend erhebliche Summen Geld gesammelt – legal und illegal.“

„Wofür?“, fragte ich verblüfft. „Was hat das mit dem Protest zu tun?“

„Es sieht so aus,“ fuhr Förnheim fort, „dass neben den ideologischen Zielen Marvins Bewegung auch als Deckmantel für eine gut organisierte Geldwäscheoperation diente. Sie haben Crowdfunding-Kampagnen und Spendenaufrufe initiiert, die angeblich die 'Trainsexual'-Bewegung unterstützen sollten. Tatsächlich floss ein großer Teil des Geldes in private Konten und Mehrzweckgesellschaften.“

Roy blätterte durch die Dokumente. „Aber warum das Ganze? Gibt es Beweise, dass Marvin davon gewusst hat?“

Förnheim blinzelte verächtlich. „Übersehen Sie nicht die Tatsache, dass Menschen in der Regel mehrsträngige Akteure sind. Marvin war wahrscheinlich ein leidenschaftlicher Aktivist, aber auch offenbar naiv genug, sich in kriminelle Machenschaften verstricken zu lassen. Vielleicht haben einige seiner engsten Vertrauten ihn ausgenutzt.“

In diesem Moment wurde mir klar, dass wir die andere Dimension des Falles angebohrt hatten.

„Wenn Marvin und die anderen tatsächlich in so etwas verwickelt waren, wurden die Morde vielleicht zur Vertuschung dieser Operation benutzt“, überlegte ich laut. „Es könnte sein, dass Eric und Leon von jemandem manipuliert wurden, der viel mehr zu verbergen hatte.“

**

Wir erweiterten den Kreis der Verdächtigen und überprüften die restlichen Mitglieder der Bewegung und ihre Kontakte. Schnell stellte sich heraus, dass nicht nur Aktivisten in diese Operation verstrickt waren, sondern auch einige unauffällige Unterstützer aus der Geschäftswelt, die weniger populäre Bewegungen dazu nutzten, ihre illegalen Gewinne zu waschen.

Die Spuren führten uns zu einem Namen, der bisher unter dem Radar geblieben war: Benjamin Haller. Ein wohlhabender Geschäftsmann und stiller Förderer von Marvins Aktivitäten.

„Was wissen wir über Haller?“, fragte Roy, während wir uns durch die Datenberge kämpften.

„Er ist Eigentümer mehrerer Immobilien und Unternehmen in Hamburg sowie Beteiligungen im Ausland. Offiziell hat er die Bewegung mit großzügigen Spenden unterstützt. Unoffiziell taucht sein Name in diversen Finanzberichten als Drahtzieher komplexer Geldwäscheoperationen auf“, erklärte ich.

Wir beschlossen, Haller sofort aufzusuchen. Es dauerte nicht lange, seine Villa an der Elbchaussee zu erreichen – ein prunkvolles Anwesen mit Blick auf den Hafen, das den Kontrast zum düsteren Kern des Falles bildete.

**

Als wir an die Tür klopften, öffnete uns Haller persönlich. Er war ein gut gekleideter Mann in den Vierzigern, mit einer Art ironisch-freundlichen Lächeln, das wenig Vertrauen erweckte.

„Kommissare, was verschafft mir die Ehre dieses Besuchs?“ fragte er höflich.

„Herr Haller, wir untersuchen die Morde und den Bombenanschlag, die im Zusammenhang mit der 'Trainsexual'-Bewegung stehen. Wir haben Hinweise darauf, dass Sie in deren finanzielle Angelegenheiten involviert waren“, sagte ich und hielt die Ausdrucke vor ihm hoch.

Hallers freundliches Lächeln verwandelte sich in eine Maske der Unwissenheit. „Ach ja? Das ist schrecklich zu hören. Natürlich habe ich als Wohltäter einige Mittel bereitgestellt, aber ich bin mir keiner Vergehen bewusst, die Sie mir unterstellen könnten.“

„Wir haben Aufzeichnungen, die auf Geldwäsche hindeuten“, schnitt Roy scharf nach. „Erklärungen wären jetzt ratsam, bevor wir die Sache offiziell eskalieren.“

Haller lehnte sich zurück und betrachtete uns nachdenklich. „Sehr gut, Kommissare. Lassen Sie uns das drinnen besprechen. Es gibt einige Dinge, die möglicherweise nicht so sind, wie sie scheinen.“

**

Im Inneren des pompösen Hauses saßen wir in einem prunkvollen Salon und hörten Haller zu, wie er seine vermeintlichen Wohltaten erläuterte. Doch es dauerte nicht lange, bis sich seine Fassade bröckelte.

„Es ist nicht alles so schwarz und weiß, wie Sie sich vielleicht vorstellen“, begann Haller und seine Stimme nahm einen lauernden Tonfall an. „Marvin war idealistisch, ein Träumer. Ja, ich habe ihm geholfen. Aber er wusste nicht, dass ein Teil des Geldes für andere Zwecke verwendet wurde.“

„Sie nutzten ihn also aus“, sagte ich, fest entschlossen, die Wahrheit aus ihm herauszubekommen.

Haller nickte zaghaft. „In gewisser Weise, ja. Aber glauben Sie mir, es war nichts Persönliches. Nur ein Weg, um Kapital leicht und unauffällig zu verschieben. Es war für die meisten von uns eine Win-Win-Situation, bis die Dinge aus dem Ruder liefen.“

„Was meinen Sie damit?“ fragte Roy.

„Ich hatte keine Ahnung, dass einige Mitglieder so radikal werden würden“, erklärte Haller. „Als ich von den Morden hörte, war ich ebenso schockiert wie Sie. Aber um meine eigene Haut zu retten, hatte ich keine Wahl, als mich herauszuhalten. Denken Sie wirklich, dass ich Bomben legen würde?“

„Vielleicht nicht Sie direkt, aber Ihre Verwicklung hat zu diesen Eskalationen geführt“, konterte ich. „Sie müssen jetzt mit uns kooperieren, um alle Betroffenen zu schützen und die restlichen Verbindungen zu kappen. Andernfalls werden auch Sie zur Rechenschaft gezogen.“

Haller schien begriffen zu haben, dass seine Spiele vorbei waren. „Sehr gut. Ich gebe Ihnen alles, was ich weiß. Aber bedenken Sie, dass dies weitreichende Konsequenzen auch für andere wichtige Personen haben könnte. Sie werden mich vielleicht schützen müssen.“

Mit diesen Worten brach das Kartenhaus einer gut verschleierten Operation zusammen und nichts konnte verhindern, dass die Wahrheit ans Licht kam.

**

Zurück im Präsidium lieferten wir unseren Bericht ab, und diesmal schien Bocks Ausdruck eine Mischung aus Erleichterung und neuer Vorsicht zu zeigen. „Gute Arbeit, Jörgensen, Müller. Jetzt haben wir eine klare Richtung, um diese außergewöhnliche Verstrickung endgültig zu entwirren. Aber seien Sie sicher, dass es in der Spitze der Bewegung noch weitere Überraschungen geben könnte.“

Während wir unsere Pläne und Maßnahmen zur Verhaftung weiterer Beteiligter und die Auflösung des Netzwerks besprachen, spürte ich, dass sich das Bild endlich vervollständigte, und der Zug der Wahrheit auf dem richtigen Gleis fuhr.

Doch in Hamburg, wo die Schienen des Lebens in alle Richtungen liefen, blieben wir wachsam. Die Geschichte von Marvin Krause und seiner fatalen Bewegung würde uns noch lange begleiten und daran erinnern, dass in den dunkelsten Verstrickungen oft ungeahnte Geheimnisse lauerten.

Kapitel 9: Atemlos durch die Nacht

Wir waren kaum dazu gekommen, die letzten Fetzen der Geschichte zu sortieren, als sich die Lage erneut zuspitzte. Es war spät am Abend, als das Telefon in meinem Büro klingelte und ich das Dringliche in der Stimme des Anrufers hören konnte.

„Jörgensen, ein Güterwagon im Hafen wurde gerade in die Luft gesprengt. Es gibt Forderungen nach der Freilassung der inhaftierten Mitglieder der 'Trainsexual'-Bewegung und die sofortige gesetzliche Umsetzung aller ihrer Forderungen. Die Drohung ist, dass weitere Explosionen folgen, sollten diese Bedingungen nicht erfüllt werden.“

Mein Magen drehte sich. „Wir sind unterwegs,“ sagte ich knapp und legte auf, bevor ich Roy den neuesten Albtraum erläuterte.

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Der Güterbahnhof im Hafen war in heller Aufruhr, als wir ankamen. Der verbrannte Geruch von Explosivstoffen hing in der Luft, und überall liefen Einsatzkräfte umher. Das Wrack eines Wagens lag zerstört da, und eine beeindruckende Dunkelheit lag darüber wie ein schwerer Schleier.

Kriminaldirektor Bock war bereits am Ort des Geschehens, seine sonst so gelassene Miene jetzt sichtlich angespannt. „Das reicht jetzt langsam. Wir müssen diese Leute stoppen, bevor noch mehr Menschen verletzt oder getötet werden.“

Förnheim, der ebenfalls vor Ort war, brachte die Stimmung auf den Punkt. „Das hier ist keine einfache Bewegung mehr. Das ist Terrorismus.“

Während ich mir den Trümmerhaufen ansah, bemerkte ich eine handschriftliche Notiz, die an einem Metallstück befestigt war. „Für die Freilassung der politisch Gefangenen und die sofortige gesetzliche Umsetzung unserer Forderungen. Andernfalls wird dieser Anschlag nur der erste von vielen sein. Ihr habt 48 Stunden.“

Roy und ich sahen uns an. „Das ist nicht mehr nur persönlicher Protest oder Frustration. Das ist eine koordinierte, bewusste Eskalation der Gewalt,“ sagte Roy. Sein Gesicht war ernst und entschlossen.

„Wir müssen sofort handeln,“ sagte ich.

**

Zurück im Präsidium setzten wir uns mit Dr. Förnheim und Kriminaldirektor Bock zusammen, um die nächsten Schritte zu planen. Durch die Verhöre und Beweise hatten wir einen kleinen Kreis von Verdächtigen, die damit in Verbindung stehen könnten. Eine Gruppe radikalisierter Mitglieder, die noch nicht erfasst wurde, könnte hinter den Anschlägen stecken.

„Förnheim, haben Sie irgendwelche aufschlussreichen Hinweise aus den Analysen der früheren Tatorte oder den Computern des Netzwerks erhalten?“, fragte ich.

„Es gab einige merkwürdige Verbindungen zu einer alten militärischen Sprengstofftechnik. Es ist möglich, dass jemand in der Gruppe über militärisches Wissen oder zumindest Zugriff auf solche Ressourcen verfügt“, erklärte Förnheim.

„Wir müssen herausfinden, wer das ist und wo sie den nächsten Angriff planen“, sagte Bock. „Wir haben nicht viel Zeit.“

Ein Name fiel dabei besonders auf: Karl Dietrich, ein ehemaliger Sprengstoffexperte der Bundeswehr, der seit einiger Zeit in der 'Trainsexual'-Bewegung aktiv war. Er war bisher nicht als besonders radikal aufgefallen, aber seine Expertise passte zu dem, was wir vorgefunden hatten.

„Wir müssen ihn finden, bevor er zuschlagen kann“, sagte ich und spürte den Druck der Zeit.

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Mit einem Spezialeinsatzkommando und Verstärkung durch die Bundespolizei griffen wir nach Karl Dietrich. Mitten in der Nacht betraten wir das Industriegebäude, in das er zuletzt gesehen wurde. Wir bewegten uns vorsichtig und leise durch die finsteren Hallen, jede Ecke sichernd, bevor wir weitergingen.

Plötzlich hörten wir Geräusche aus einer kleinen Werkstatt. Leises Flüstern und das metallische Geräusch von Werkzeugen. Wir formierten uns und stürmten den Raum.

Dietrich stand dort mit einem kleinen Team, dabei, eine weitere Sprengladung zu bauen. Er sah uns erschrocken an und griff sofort nach einem Schalter. Doch bevor er ihn drücken konnte, warfen wir uns auf ihn und brachten ihn zu Boden.

„Nicht so schnell, Dietrich“, sagte ich, während ich ihn fesselte. „Das Spiel ist vorbei.“

Die anderen Mitglieder seines Teams ergaben sich ohne großen Widerstand. Es war ein riskantes Unterfangen, aber wir schafften es, Dietrich und sein Team zu verhaften, bevor sie weiteren Schaden anrichten konnten.

**

Im Verhörraum zeigte sich Dietrich zunächst unkooperativ. Doch als wir ihn mit den Beweisen konfrontierten und die voraussichtlichen Folgen seiner Handlungen aufzeigten, begann er zu reden.

„Wir wollten nur, dass die Welt uns versteht“, sagte er. „Aber Marvin und die anderen hatten keine Ahnung, wie weit man gehen muss. Das System musste erschüttert werden, um zu hören.“

„Hören?“, fragte ich, während ich die Augenbrauen hochzog. „Sie haben Leben aufs Spiel gesetzt, Menschen getötet und letztlich Ihre Bewegung diskreditiert. Mehr als zu hören, wird es dabei kaum geben.“

„Vielleicht“, murmelte Dietrich. „Aber die Themen, die wir angeschnitten haben, werden nicht verschwinden.“

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Zurück im Präsidium werteten wir die letzten Beweise aus. Wir hatten Dietrichs Operation unterbunden, aber damit war die Gefahr noch nicht endgültig gebannt. Die Behörden von Hamburg und Berlin arbeiteten nun zusammen, um alle Beteiligten ausfindig zu machen und das Netzwerk zu zerschlagen.