Zum 70. Mal 3 superspannende Strandkrimis - Alfred Bekker - E-Book

Zum 70. Mal 3 superspannende Strandkrimis E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Krimis: Commissaire Marquanteur und das Schweigen der Camargue Kommissar Jörgensen und der Mörder aus dem Museeum Der Regen hatte sich in der Nacht verzogen, doch Marseille lag am frühen Morgen noch unter einer schweren, feuchten Decke, als François und ich uns auf den Weg zum Vieux-Port machten. Es war kurz nach fünf, die Straßen waren leer, nur vereinzelt sah man Lieferwagen und die ersten Bäcker, die ihre Läden öffneten. Die Lichter der Laternen spiegelten sich auf dem nassen Pflaster, und über dem Hafen hing ein milchiger Dunst, der das Wasser in ein trübes Grau tauchte. Wir hatten das Hotel Mirabeau die ganze Nacht überwachen lassen, aber von Albert Barre fehlte jede Spur. Die Kollegen hatten die Überwachungskameras ausgewertet: Barre war kurz nach unserem Eintreffen aus dem Fenster geklettert, über das Vordach auf eine Feuertreppe gestiegen und in einer dunklen Regenjacke im Schatten der Mülltonnen verschwunden. Ein Profi, der wusste, wie man sich unsichtbar macht. Jetzt, im Morgengrauen, standen wir am Rand des Alten Hafens, die Hände tief in den Taschen, das Gesicht gegen den Wind gerichtet. Ich spürte die Anspannung in meinem Körper, das Kribbeln, das immer dann kam, wenn etwas in der Luft lag. François kaute an einem Kaugummi und beobachtete die wenigen Gestalten, die sich am Kai bewegten. "Glaubst du, Barre taucht wirklich auf?", fragte er leise.

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Seitenzahl: 195

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Alfred Bekker

Zum 70. Mal 3 superspannende Strandkrimis

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Inhaltsverzeichnis

Zum 70. Mal 3 superspannende Strandkrimis

Copyright

Commissaire Marquanteur und das Schweigen der Camargue

Kommissar Jörgensen und der Mörder aus dem Museum

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Titelseite

Cover

Inhaltsverzeichnis

Buchanfang

Zum 70. Mal 3 superspannende Strandkrimis

Alfred Bekker

Dieser Band enthält folgende Krimis:

Commissaire Marquanteur und das Schweigen der Camargue

Kommissar Jörgensen und der Mörder aus dem Museeum

Der Regen hatte sich in der Nacht verzogen, doch Marseille lag am frühen Morgen noch unter einer schweren, feuchten Decke, als François und ich uns auf den Weg zum Vieux-Port machten. Es war kurz nach fünf, die Straßen waren leer, nur vereinzelt sah man Lieferwagen und die ersten Bäcker, die ihre Läden öffneten. Die Lichter der Laternen spiegelten sich auf dem nassen Pflaster, und über dem Hafen hing ein milchiger Dunst, der das Wasser in ein trübes Grau tauchte.

Wir hatten das Hotel Mirabeau die ganze Nacht überwachen lassen, aber von Albert Barre fehlte jede Spur. Die Kollegen hatten die Überwachungskameras ausgewertet: Barre war kurz nach unserem Eintreffen aus dem Fenster geklettert, über das Vordach auf eine Feuertreppe gestiegen und in einer dunklen Regenjacke im Schatten der Mülltonnen verschwunden. Ein Profi, der wusste, wie man sich unsichtbar macht.

Jetzt, im Morgengrauen, standen wir am Rand des Alten Hafens, die Hände tief in den Taschen, das Gesicht gegen den Wind gerichtet. Ich spürte die Anspannung in meinem Körper, das Kribbeln, das immer dann kam, wenn etwas in der Luft lag. François kaute an einem Kaugummi und beobachtete die wenigen Gestalten, die sich am Kai bewegten.

„Glaubst du, Barre taucht wirklich auf?“, fragte er leise.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

© dieser Ausgabe 2025 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

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Commissaire Marquanteur und das Schweigen der Camargue

Alfred Bekker

Commissaire Marquanteur und das Schweigen der Camargue: Frankreich Krimi

von ALFRED BEKKER

Kapitel 1: Nebel über der Saline

Marseille hat ein mildes Mittelmeerklima. Selbst im Winter ist es nicht besonders kalt. Aber an diesem Morgen war die Luft wie mit Salz gesättigt, schwer und feucht, und ein Nebel lag über der Stadt, der die Lichter der Straßenlaternen in matte Kreise verwandelte. Ich, Pierre Marquanteur, Commissaire der FoPoCri – Force spéciale de la police criminelle – saß mit einem Becher lauwarmen Kaffees auf dem Beifahrersitz unseres alten Dienstwagens und betrachtete die vorbeiziehenden Fassaden. Mein Kollege François Leroc lenkte den Wagen mit einer Hand, während er mit der anderen einen Croissantrest aus der Tüte fischte.

"Du siehst aus, als hättest du die Nacht durchgearbeitet, Pierre", bemerkte François und warf mir einen Seitenblick zu.

"Ich habe die halbe Nacht im Büro verbracht", gab ich zurück. "Monsieur Marteau will, dass wir heute früh in die Camargue fahren. Ein Toter in den Salinen von Aigues-Mortes. Die Kollegen aus Montpellier haben uns angefordert."

François schnaubte. "Salz, Nebel und Leichen. Klingt nach einem perfekten Start in den Tag."

Ich lächelte dünn und blickte aus dem Fenster. Die Camargue war eine andere Welt – eine flache, endlose Ebene aus Wasser, Schilf und Salz. Flamingos, schwarze Stiere, weiße Pferde. Und jetzt auch ein Mord.

Wir verließen Marseille, fuhren auf der A55 Richtung Westen. Der Nebel wurde dichter, die Landschaft karger. Ich dachte an die Akte, die Maxime Valois, unser Innendienstler, mir gestern Abend noch zugeschickt hatte. Ein Unternehmer aus Lyon, Jean-Paul Bérard, war tot aufgefunden worden. Er hatte offenbar in den letzten Monaten ein Auge auf ein Stück Land in der Camargue geworfen, das seit Generationen einer alten Familie gehörte. Streit um Besitz, Geld, vielleicht auch um mehr. Die Kollegen vor Ort hatten keine Spuren gefunden, keine Zeugen, keine Hinweise auf ein Motiv – außer dem Offensichtlichen. Und doch hatte irgendetwas sie dazu veranlasst, die FoPoCri zu rufen.

"Was weißt du über Bérard?", fragte François, während wir die Ausfahrt nach Arles nahmen.

"Nicht viel", gab ich zu. "Er war in der Immobilienbranche, hat in den letzten Jahren mehrere alte Anwesen in der Provence aufgekauft und in Luxushotels verwandelt. Die Camargue war sein nächstes Ziel. Offenbar hat er sich mit den Einheimischen keine Freunde gemacht."

François grinste. "Wer hier geboren ist, verkauft sein Land nicht an Städter. Schon gar nicht an einen, der aus Lyon kommt."

Ich nickte. "Und trotzdem ist Bérard jetzt tot. Er wurde gestern Morgen von einem Fischer gefunden, am Rand einer Saline, das Gesicht im Schlamm, erschlagen mit einem schweren Gegenstand. Keine Spuren, keine Zeugen. Die Kollegen haben uns gerufen, weil sie glauben, dass mehr dahintersteckt."

Wir erreichten Aigues-Mortes, eine mittelalterliche Stadt mit dicken Mauern und engen Gassen. Der Nebel war hier noch dichter, die Luft roch nach Salz und feuchtem Schilf. Am Stadtrand wartete bereits ein Streifenwagen der Gendarmerie. Ein junger Polizist, blass und nervös, winkte uns durch.

"Commissaire Marquanteur?", fragte er.

"Ja", sagte ich und zeigte ihm meinen Ausweis. "Das ist mein Kollege François Leroc."

"Folgen Sie mir bitte", sagte der Polizist und stieg in seinen Wagen. Wir fuhren ihm hinterher, hinaus aus der Stadt, vorbei an den endlosen Feldern der Salinen, in denen das Wasser wie ein Spiegel lag und der Nebel alles verschluckte. Nach ein paar Minuten hielten wir an einer schmalen Straße, die zu einem kleinen Bootsanleger führte.

Dort warteten bereits zwei Männer. Der eine war groß, schlank, mit scharfen Gesichtszügen und grauem Haar – Commissaire général Jean-Claude Marteau, unser Chef, der offenbar schon vor uns hier gewesen war. Der andere war ein stämmiger Mann mit wettergegerbtem Gesicht und schmutzigen Gummistiefeln.

"Pierre, François", begrüßte uns Marteau knapp. "Das ist Monsieur Lucien Vidal, der Fischer, der die Leiche gefunden hat."

Ich reichte Vidal die Hand. Seine Finger waren kalt und rau wie Sandpapier.

"Sie haben Jean-Paul Bérard gefunden?", fragte ich.

"Oui, Commissaire", sagte er mit rauer Stimme. "Ich war früh unterwegs, wollte meine Netze kontrollieren. Da lag er, am Rand der Saline, das Gesicht nach unten, als hätte er sich im Schlamm verstecken wollen."

"Sie kannten ihn?"

Vidal nickte. "Jeder kennt jeden hier. Aber Bérard war kein Freund. Er wollte unser Land kaufen, unser Salz, unsere Häuser. Er hat geglaubt, er könne alles mit Geld kaufen."

"Und Sie?", fragte François. "Wollten Sie verkaufen?"

Vidal schüttelte den Kopf. "Nie im Leben. Das Land gehört meiner Familie seit Generationen. Aber es gibt andere, die schwächer sind, die Schulden haben. Bérard hat sie unter Druck gesetzt."

Ich notierte mir den Namen. "Haben Sie jemanden gesehen, als Sie Bérard fanden? Irgendetwas Ungewöhnliches?"

Vidal schüttelte den Kopf. "Nichts. Nur Nebel und Stille. Aber in der Nacht zuvor habe ich ein Boot gehört, einen Motor, der nicht zu uns gehört. Es war spät, vielleicht zwei oder drei Uhr morgens."

Ich sah François an. "Das ist etwas."

Marteau trat zu uns. "Die Kollegen haben das Gelände abgesucht. Keine Spuren, keine Reifenspuren, keine Fußabdrücke. Aber der Boden ist hier weich, der Nebel löscht alles aus. Wir haben Bérards Wagen gefunden, ein schwarzer Audi, geparkt an der Straße. Die Schlüssel steckten noch."

"Und das Motiv?", fragte François.

Marteau zuckte die Schultern. "Geld, Besitz, vielleicht auch Rache. Bérard hat sich viele Feinde gemacht. Aber ich glaube, da ist mehr. Ich habe mit Maxime Valois gesprochen. Bérard war in den letzten Wochen mehrmals in Marseille, hat sich mit Leuten getroffen, die wir aus anderen Zusammenhängen kennen. Darunter ein gewisser Victor Lefebre."

Ich spürte, wie mein Puls schneller wurde. Lefebre war ein Name, der in unseren Akten immer wieder auftauchte – ein Mann, der in Marseille als Strohmann für verschiedene Clans diente, der Kontakte zur Unterwelt hatte, aber nie selbst in Erscheinung trat.

"Was wollte Bérard von Lefebre?", fragte ich.

"Das ist die Frage", sagte Marteau. "Vielleicht wollte er mehr als nur Land kaufen. Vielleicht wollte er sich ein Stück vom großen Kuchen sichern."

Ich sah François an. "Wir sollten mit Lefebre sprechen."

Marteau nickte. "Ich habe ihn für heute Nachmittag ins Präsidium bestellt. Bis dahin sehen Sie sich den Tatort an. Und sprechen Sie mit den Leuten hier. In der Camargue redet niemand gern mit Fremden, aber vielleicht haben Sie mehr Glück."

François und ich machten uns auf den Weg zur Saline. Der Nebel hatte sich etwas gelichtet, aber die Luft war noch immer schwer und feucht. Am Rand des Wassers lag ein Streifen Absperrband, dahinter der Schlamm, in dem Bérard gefunden worden war. Ich kniete mich hin, betrachtete die Spuren. Nichts. Kein Abdruck, kein Hinweis. Nur der Abdruck eines Körpers, der schwer in den Schlamm gesunken war.

"Was meinst du, Pierre?", fragte François.

"Es sieht aus, als hätte jemand gewartet", sagte ich leise. "Bérard kam hierher, vielleicht zu einem Treffen. Jemand hat ihn erschlagen, dann liegen lassen. Kein Versuch, die Leiche zu verstecken. Das ist eine Botschaft."

François nickte. "Aber an wen?"

"An alle, die glauben, sie könnten sich hier nehmen, was sie wollen."

Wir gingen zurück zum Wagen. Ich warf einen letzten Blick auf die Saline, auf das Wasser, das im Licht der aufgehenden Sonne wie Silber glänzte. Irgendwo da draußen, im Nebel, lauerte die Wahrheit. Und ich wusste, dass sie nicht leicht zu finden sein würde.

Zurück in Aigues-Mortes gingen wir ins kleine Café am Marktplatz. Die Wirtin, eine Frau mit dunklen Augen und strengem Dutt, servierte uns Kaffee und Croissants. Ich stellte ihr ein paar Fragen, aber sie zuckte nur die Schultern.

"Die Camargue ist ein stilles Land, Commissaire. Hier redet niemand gern über das, was nachts geschieht."

"Und doch ist ein Mann gestorben", sagte ich.

"Vielleicht war es Zeit für ihn zu gehen", erwiderte sie leise. "Manche kommen hierher, weil sie glauben, sie könnten alles ändern. Aber die Camargue lässt sich nicht ändern. Sie nimmt, was ihr gehört."

Ich bedankte mich und ließ sie stehen. François und ich gingen zurück zum Wagen.

"Was jetzt?", fragte er.

"Wir fahren nach Marseille", sagte ich. "Vielleicht weiß Lefebre mehr, als er zugibt. Und vielleicht finden wir heraus, was Bérard wirklich hier wollte."

Der Nebel hatte sich verzogen, die Sonne brach durch die Wolken und tauchte die Salinen in gleißendes Licht. Ich spürte, wie sich eine Ahnung in mir festsetzte – eine Ahnung, dass dieser Fall mehr war als ein einfacher Mord. Dass es um mehr ging als um Land und Geld. Dass die Camargue ihre Geheimnisse nicht so leicht preisgab.

Aber ich war Pierre Marquanteur. Und ich hatte nicht vor, mich vom Nebel täuschen zu lassen.

Kapitel 2: Schatten in Marseille

Die Rückfahrt nach Marseille verlief schweigend. François hatte den Wagen auf die Schnellstraße gelenkt, während ich aus dem Fenster sah und die Landschaft an mir vorbeiziehen ließ. Die Camargue lag hinter uns, aber der Nebel schien sich in meinen Gedanken festgesetzt zu haben. Ich ging die wenigen Fakten durch, die wir hatten, und versuchte, die Lücken zu füllen. Ein Unternehmer aus Lyon, erschlagen an einer Saline. Ein Fischer, der ein Boot gehört hatte. Und ein Name, der wie ein Schatten über Marseille lag: Victor Lefebre.

Als wir das Stadtgebiet erreichten, war es bereits Mittag. Der Himmel über Marseille war wolkenverhangen, und die Straßen glänzten feucht vom Regen der letzten Nacht. Ich spürte, wie die Müdigkeit in meinen Knochen saß, aber der Gedanke an das bevorstehende Gespräch mit Lefebre ließ mich wach bleiben. Wir parkten vor dem Präsidium, einem grauen Betonklotz mitten im Herzen der Stadt, und gingen hinein. Im Flur roch es nach Kaffee und alten Akten. Maxime Valois wartete bereits vor meinem Büro.

„Pierre, François. Ihr habt Glück, Lefebre ist schon da. Sitzt im Vernehmungsraum 2 und tut so, als hätte er nichts zu verbergen.“

François grinste schief. „Das ist ja nichts Neues. Lefebre hat noch nie etwas zugegeben, was ihm nicht ohnehin nachzuweisen war.“

Ich nickte. „Hat er einen Anwalt dabei?“

„Nein, erstaunlicherweise nicht. Er sagt, er habe nichts zu befürchten. Aber ich glaube, er ist nervös. Vielleicht können wir ihn diesmal ein wenig aus der Reserve locken.“

Ich nahm meine Jacke ab, fuhr mir mit den Fingern durchs Haar und atmete tief durch. Dann gingen wir gemeinsam zum Vernehmungsraum. Lefebre saß am Tisch, die Hände gefaltet, das Gesicht ausdruckslos. Er war ein Mann, der es verstand, sich unsichtbar zu machen, wenn es darauf ankam. Aber heute war er gezwungen, sich unseren Fragen zu stellen.

„Bonjour, Monsieur Lefebre“, begann ich und setzte mich ihm gegenüber. François nahm neben mir Platz, Maxime blieb an der Tür stehen.

„Commissaire Marquanteur“, erwiderte Lefebre höflich. „Ich hoffe, Sie haben mich nicht umsonst von meinen Geschäften abgehalten.“

Ich lächelte dünn. „Das werden wir sehen. Sie kennen Jean-Paul Bérard?“

Lefebre zuckte mit den Schultern. „Flüchtig. Wir haben ein paar Mal miteinander gesprochen. Er war an einigen Immobilien in Marseille interessiert.“

„Und in der Camargue?“

Ein Zucken ging über Lefebres Gesicht, kaum wahrnehmbar. „Er hat erwähnt, dass er dort investieren wollte. Aber ich habe damit nichts zu tun.“

„Wirklich?“ Ich beugte mich vor. „Wir wissen, dass Sie sich in den letzten Wochen mehrfach mit Bérard getroffen haben. Nicht nur in Marseille, sondern auch in Arles. Worum ging es bei diesen Treffen?“

Lefebre wich meinem Blick aus. „Geschäftliches. Er wollte Kontakte. Ich habe ihm ein paar Namen genannt, mehr nicht.“

François schaltete sich ein. „Namen von Leuten, die Land in der Camargue besitzen?“

„Vielleicht. Ich weiß es nicht mehr genau. Es ist schon eine Weile her.“

Ich ließ nicht locker. „Wussten Sie, dass Bérard tot ist?“

Lefebre blinzelte. „Nein. Was ist passiert?“

„Er wurde gestern Morgen erschlagen aufgefunden. In einer Saline bei Aigues-Mortes.“ Ich beobachtete sein Gesicht, suchte nach einem Anzeichen von Überraschung oder Schuld. Aber Lefebre blieb ruhig.

„Das tut mir leid. Aber ich habe damit nichts zu tun.“

„Wo waren Sie vorgestern Nacht?“, fragte ich.

„In Marseille. Ich habe Zeugen. Meine Frau, meine Tochter. Ich war zu Hause.“

„Wir werden das überprüfen“, sagte François.

„Tun Sie das“, erwiderte Lefebre kühl.

Ich wechselte die Taktik. „Bérard hat sich viele Feinde gemacht. Wissen Sie, ob jemand ihm drohte?“

Lefebre zögerte einen Moment, dann schüttelte er den Kopf. „Nicht, dass ich wüsste. Aber wie Sie schon sagten – er war nicht beliebt. Vielleicht hat sich jemand gewehrt.“

Ich lehnte mich zurück. „Wissen Sie, wer in der Camargue in letzter Zeit große Schulden gemacht hat? Wer unter Druck stand, sein Land zu verkaufen?“

Lefebre hob die Hände. „Ich bin kein Buchhalter der Camargue, Commissaire. Ich vermittle nur Kontakte. Wenn Sie etwas wissen wollen, fragen Sie die Banken.“

Ich wusste, dass wir an diesem Punkt nicht weiterkommen würden. Lefebre war zu vorsichtig, zu erfahren, um sich aus der Reserve locken zu lassen. Aber ich hatte das Gefühl, dass er mehr wusste, als er zugab.

„Sie können gehen, Monsieur Lefebre. Aber verlassen Sie Marseille nicht. Wir werden Sie noch einmal sprechen müssen.“

Er stand auf, strich sich die Jacke glatt und warf mir einen abschätzenden Blick zu. „Ich habe nichts zu verbergen, Commissaire.“

„Das werden wir sehen“, erwiderte ich.

Nachdem Lefebre gegangen war, blieb ich noch einen Moment sitzen. François trommelte mit den Fingern auf den Tisch.

„Er lügt“, sagte er leise.

„Natürlich lügt er“, gab ich zurück. „Aber wir haben nichts in der Hand. Noch nicht.“

Maxime trat an den Tisch. „Ich habe die Bankdaten von Bérard überprüft. In den letzten Wochen gab es mehrere hohe Überweisungen auf ein Konto in der Schweiz. Der Absender ist eine Firma namens Camargue Invest. Sitz: Zürich, aber der Geschäftsführer ist ein gewisser Albert Barre.“

Ich runzelte die Stirn. „Barre? Der Name sagt mir etwas.“

François nickte. „Mir auch. War das nicht der Mann, der vor ein paar Jahren in einen Waffenschmuggel verwickelt war?“

Maxime blätterte in seinen Unterlagen. „Genau. Barre wurde nie verurteilt, aber sein Name tauchte in mehreren Ermittlungen auf. Immer im Zusammenhang mit internationalen Geschäften, die nie ganz sauber waren.“

Ich dachte nach. „Was, wenn Bérard nicht nur Land kaufen wollte? Was, wenn er Teil eines größeren Deals war?“

François sah mich an. „Du meinst, es geht um mehr als Immobilien?“

„Vielleicht. Vielleicht hat Bérard versucht, in ein Geschäft einzusteigen, das ihn überfordert hat. Vielleicht hat er sich mit den Falschen eingelassen.“

Maxime nickte. „Ich kann versuchen, mehr über diese Camargue Invest herauszufinden. Aber das wird dauern.“

„Tu dein Bestes“, sagte ich.

Ich stand auf, streckte mich und ging zum Fenster. Draußen begann es zu regnen. Die Tropfen liefen in dünnen Rinnsalen an der Scheibe hinab. Ich spürte, wie sich die Spannung in meinem Nacken festsetzte.

„Wir müssen nach Zürich“, sagte ich leise.

François lachte. „Du willst also wirklich rausfinden, was hinter diesem Geschäft steckt?“

„Ich habe das Gefühl, dass wir es hier mit etwas Großem zu tun haben. Etwas, das über die Camargue hinausgeht.“

François nickte. „Dann sollten wir uns beeilen. Bevor noch jemand stirbt.“

Am Nachmittag saßen wir in meinem Büro und gingen die Akten durch. Maxime hatte inzwischen mehr Informationen über Camargue Invest gefunden. Die Firma war erst vor einem Jahr gegründet worden, hatte aber bereits mehrere Millionen Euro bewegt. Die Spur des Geldes führte über verschiedene Konten in der Schweiz, Luxemburg und auf Zypern. Alles sah nach Geldwäsche aus.

Ich griff zum Telefon und wählte die Nummer von Monsieur Marteau. Er nahm nach dem zweiten Klingeln ab.

„Marquanteur?“

„Monsieur Marteau, wir haben eine Spur. Bérard hat über eine Firma namens Camargue Invest große Summen nach Zürich überwiesen. Der Geschäftsführer ist Albert Barre, ein Mann mit Verbindungen zum internationalen Waffenhandel.“

Marteau schwieg einen Moment. „Das ist interessant. Ich werde sehen, was ich über Barre herausfinden kann. Aber seien Sie vorsichtig, Pierre. Wenn es wirklich um Waffen geht, haben wir es mit gefährlichen Leuten zu tun.“

„Ich weiß. Aber ich glaube, wir müssen nach Zürich.“

„Ich kümmere mich um die Genehmigungen. Sie und François fliegen morgen früh.“

„Verstanden.“

Ich legte auf und sah François an. „Pack deine Sachen. Wir fliegen morgen nach Zürich.“

Er grinste. „Endlich mal wieder ein bisschen Abwechslung.“

Ich lächelte. „Das hast du gesagt, nicht ich.“

Am Abend saß ich allein in meinem Büro. Die Stadt lag im Regen, die Lichter spiegelten sich auf dem nassen Asphalt. Ich dachte an die Camargue, an den Nebel, an das Salz in der Luft. An den Fischer, der ein Boot gehört hatte. An Lefebre, der zu viel wusste und zu wenig sagte. An Bérard, der tot war, weil er glaubte, er könne alles kaufen.

Ich nahm die Akte und blätterte sie noch einmal durch. Da war ein Foto von Bérard, aufgenommen bei einer Gala in Lyon. Er lachte, das Glas in der Hand, umgeben von Menschen, die alle das gleiche wollten: mehr. Mehr Geld, mehr Macht, mehr Einfluss.

Ich fragte mich, ob er geahnt hatte, wie gefährlich sein Spiel war. Ob er gewusst hatte, dass er mit Leuten zu tun hatte, die nicht zögerten, einen Mann im Schlamm der Saline zu erschlagen.

Mein Handy vibrierte. Eine Nachricht von Maxime: „Pierre, ich habe noch etwas gefunden. Barre ist heute Nachmittag aus Zürich nach Marseille geflogen. Er hat ein Zimmer im Hotel Mirabeau gebucht. Soll ich jemanden hinschicken?“

Ich starrte auf den Bildschirm. Barre war in Marseille. Das änderte alles.

Ich rief Maxime an. „Sag den Kollegen, sie sollen das Hotel im Auge behalten. François und ich fahren sofort hin.“

„Verstanden.“

Ich legte auf und griff nach meiner Jacke. Draußen regnete es noch immer. Ich lief zum Parkplatz, stieg in den Wagen und fuhr los. François wartete bereits am Eingang.

„Was ist los?“, fragte er.

„Barre ist in Marseille. Hotel Mirabeau.“

François pfiff leise durch die Zähne. „Na, das ist doch mal ein Zufall.“

„Oder auch nicht“, sagte ich. „Vielleicht hat er gemerkt, dass wir ihm auf der Spur sind. Vielleicht will er aufräumen.“

Wir fuhren durch die nassen Straßen, das Blaulicht ausgeschaltet, die Sirene stumm. Das Hotel Mirabeau lag in einer Seitenstraße, ein unscheinbares Gebäude mit einer kleinen Rezeption. Zwei Kollegen in Zivil warteten bereits vor dem Eingang.

„Zimmer 312“, sagte einer von ihnen. „Er ist vor einer halben Stunde eingecheckt. Seitdem hat er das Zimmer nicht mehr verlassen.“

Ich nickte. „Kommt mit. François, du bleibst hinter mir.“

Wir gingen die Treppe hinauf, leise, angespannt. Ich spürte mein Herz klopfen, als wir vor der Tür standen. Ich klopfte.

Keine Antwort.

Ich klopfte noch einmal, lauter. „Monsieur Barre? Polizei! Öffnen Sie die Tür!“

Stille.

Ich nickte François zu. Er trat einen Schritt zurück und setzte die Schulter gegen die Tür. Beim zweiten Versuch sprang das Schloss auf. Wir stürmten hinein.

Das Zimmer war leer.

Das Fenster stand offen, der Regen peitschte herein. Auf dem Bett lag ein Koffer, geöffnet, halb gepackt. Auf dem Tisch ein Handy, das noch leise vibrierte. Ich trat ans Fenster und sah hinaus. Drei Stockwerke tiefer lag der Hinterhof, dunkel und verlassen. Keine Spur von Barre.

François fluchte leise. „Er hat uns kommen sehen.“

Ich nickte. „Aber warum das Handy hierlassen?“

Ich nahm das Gerät auf, betrachtete es. Es war entsperrt. Eine einzige Nachricht war darauf zu lesen: „Treffen morgen früh, alter Hafen. 6 Uhr. Keine Polizei.“

Ich zeigte François das Display. „Er will sich mit jemandem treffen. Am alten Hafen. Morgen früh.“

François grinste schief. „Dann wissen wir ja, wo wir morgen früh sein werden.“

Ich nickte. „Und diesmal werden wir nicht zu spät kommen.“

Draußen hatte der Regen aufgehört. Die Stadt lag still, als würde sie den Atem anhalten. Ich spürte, dass wir der Wahrheit näherkamen. Aber ich wusste auch, dass die Schatten in Marseille tief waren – und dass sie bereit waren, jeden zu verschlingen, der ihnen zu nahe kam.

Kapitel 3: Das Treffen am Alten Hafen

Der Regen hatte sich in der Nacht verzogen, doch Marseille lag am frühen Morgen noch unter einer schweren, feuchten Decke, als François und ich uns auf den Weg zum Vieux-Port machten. Es war kurz nach fünf, die Straßen waren leer, nur vereinzelt sah man Lieferwagen und die ersten Bäcker, die ihre Läden öffneten. Die Lichter der Laternen spiegelten sich auf dem nassen Pflaster, und über dem Hafen hing ein milchiger Dunst, der das Wasser in ein trübes Grau tauchte.

Wir hatten das Hotel Mirabeau die ganze Nacht überwachen lassen, aber von Albert Barre fehlte jede Spur. Die Kollegen hatten die Überwachungskameras ausgewertet: Barre war kurz nach unserem Eintreffen aus dem Fenster geklettert, über das Vordach auf eine Feuertreppe gestiegen und in einer dunklen Regenjacke im Schatten der Mülltonnen verschwunden. Ein Profi, der wusste, wie man sich unsichtbar macht.

Jetzt, im Morgengrauen, standen wir am Rand des Alten Hafens, die Hände tief in den Taschen, das Gesicht gegen den Wind gerichtet. Ich spürte die Anspannung in meinem Körper, das Kribbeln, das immer dann kam, wenn etwas in der Luft lag. François kaute an einem Kaugummi und beobachtete die wenigen Gestalten, die sich am Kai bewegten.

„Glaubst du, Barre taucht wirklich auf?“, fragte er leise.

„Er hat das Treffen selbst vorgeschlagen“, erwiderte ich. „Und das Handy absichtlich zurückgelassen. Er will, dass wir kommen. Die Frage ist nur, warum.“

François nickte. „Vielleicht will er uns warnen. Oder er hat Angst.“

Ich zuckte mit den Schultern. „Oder er spielt ein doppeltes Spiel.“

Wir hatten uns so positioniert, dass wir den gesamten Kai überblicken konnten. Zwei Kollegen in Zivil standen an der anderen Seite des Hafens, ein dritter saß in einem Lieferwagen, der als Bäckerei getarnt war. Wir hatten alles vorbereitet, aber ich wusste, dass Barre nicht leicht zu fassen sein würde.

Die Minuten zogen sich. Die Möwen kreischten über dem Wasser, ein Fischerboot tuckerte langsam in den Hafen. Ich sah auf die Uhr: 5:52 Uhr.

Da tauchte eine Gestalt am anderen Ende des Kais auf. Groß, schlank, in einen dunklen Mantel gehüllt, das Gesicht im Schatten einer Schirmmütze verborgen. Er bewegte sich mit der Gelassenheit eines Mannes, der sich seiner Umgebung bewusst ist, aber keine Angst zeigt. Ich erkannte ihn sofort – Barre.

Er blieb an einem der alten Poller stehen, blickte aufs Wasser hinaus und wartete. Ich gab François ein Zeichen. Wir gingen langsam auf ihn zu, ließen ihm Zeit, uns zu bemerken. Als wir nur noch wenige Meter entfernt waren, drehte er sich um.

„Commissaire Marquanteur“, sagte er mit ruhiger Stimme. „Und Monsieur Leroc. Ich habe Sie erwartet.“

Seine Stimme war tief, fast freundlich. Aber in seinen Augen lag eine Kälte, die mich frösteln ließ.

„Sie haben uns herbestellt, Monsieur Barre“, begann ich. „Was wollen Sie?“

Er lächelte schmal. „Ich will reden. Aber nicht hier.“ Er deutete auf eine kleine Bar am Hafen, deren Tür gerade geöffnet wurde. „Kommen Sie. Ich lade Sie auf einen Kaffee ein.“

François warf mir einen skeptischen Blick zu, aber ich nickte. „Gehen wir.“

Die Bar war leer, nur der Wirt, ein alter Mann mit grauem Bart, stand hinter dem Tresen und polierte Gläser. Barre bestellte drei Espressi, setzte sich an einen Tisch in der Ecke und wartete, bis wir Platz genommen hatten.

„Sie sind pünktlich“, sagte er und musterte uns. „Das spricht für Sie.“

Ich lehnte mich zurück. „Sie wollten uns etwas sagen. Also reden Sie.“