Zum 85. Mal vier eiskalte Sommerkrimis - Alfred Bekker - E-Book

Zum 85. Mal vier eiskalte Sommerkrimis E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Krimis: Commissaire Marquanteur und die toten Diebe: Frankreich Krimi Künstlerpech für Mörder Ein Scharfschütze Commissaire Marquanteur und die Straßenmusiker: Frankreich-Krimi Kriminalromane der Sonderklasse - hart, actionreich und überraschend in der Auflösung. Ermittler auf den Spuren skrupelloser Verbrecher. Spannende Romane in einem Buch: Ideal als Urlaubslektüre. In eine Berliner Galerie wird eingebrochen. Der Besitzer scheint ermordet worden zu sein seine Leiche ist aber unauffindbar. Der Berliner Ermittler Harry Kubinke und sein Team beginnen mit ihren Ermittlungen. Sehr schnell stellt sich heraus, dass der Galerist in höchst dubiose Geschäfte verwickelt war. Innerhalb kurzer Zeit werden weitere Personen aus seinem Umfeld ermordet. Als sich ein Kollege aus Russland meldet und Harry Kubinke seine Hilfe anbietet, bekommt der Fall eine neue Wendung...

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Seitenzahl: 483

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Alfred Bekker

Zum 85. Mal vier eiskalte Sommerkrimis

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Inhaltsverzeichnis

Zum 85. Mal vier eiskalte Sommerkrimis

Copyright

Commissaire Marquanteur und die toten Diebe: Frankreich Krimi

Künstlerpech für Mörder

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Ein Scharfschütze

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

Commissaire Marquanteur und die Straßenmusiker: Frankreich-Krimi

landmarks

Titelseite

Cover

Inhaltsverzeichnis

Buchanfang

Zum 85. Mal vier eiskalte Sommerkrimis

Alfred Bekker

Dieser Band enthält folgende Krimis:

Commissaire Marquanteur und die toten Diebe: Frankreich Krimi

Künstlerpech für Mörder

Ein Scharfschütze

Commissaire Marquanteur und die Straßenmusiker: Frankreich-Krimi

Kriminalromane der Sonderklasse - hart, actionreich und überraschend in der Auflösung. Ermittler auf den Spuren skrupelloser Verbrecher. Spannende Romane in einem Buch: Ideal als Urlaubslektüre. In eine Berliner Galerie wird eingebrochen. Der Besitzer scheint ermordet worden zu sein seine Leiche ist aber unauffindbar. Der Berliner Ermittler Harry Kubinke und sein Team beginnen mit ihren Ermittlungen. Sehr schnell stellt sich heraus, dass der Galerist in höchst dubiose Geschäfte verwickelt war. Innerhalb kurzer Zeit werden weitere Personen aus seinem Umfeld ermordet. Als sich ein Kollege aus Russland meldet und Harry Kubinke seine Hilfe anbietet, bekommt der Fall eine neue Wendung...

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Bathranor Books, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

© dieser Ausgabe 2025 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Commissaire Marquanteur und die toten Diebe: Frankreich Krimi

von ALFRED BEKKER

Kapitel 1: Die Stadt und ich

Marseille, die alte Seele am Mittelmeer, ist meine Stadt. Ihre engen Gassen, alten Gebäude und die immerwährende Brise, die vom Hafen herüberweht, sind mehr als nur eine malerische Kulisse – sie sind das pulsierende Herz, in dem ich lebe und arbeite. Ich bin Pierre Marquanteur, Kommissar der Kriminalpolizei, und dies ist meine Geschichte, verwoben mit der Geschichte dieser Stadt.

Marseille ist eine Stadt voller Widersprüche. Sie kann gleichzeitig wunderschön und gefährlich, roh und doch üppig, altmodisch und doch fortschrittlich sein. Das blaue Wasser des Mittelmeers, das an die historischen Ufer schlägt, erzählt Geschichten von vergangenen Jahrhunderten, von griechischen und römischen Schiffen, die hier vor Anker gingen. Heute sind es die modernen Schiffe und Yachten, die das Bild bestimmen, doch darunter lauern immer noch die uralten Geheimnisse und Bedrohungen, die nur darauf warten, ans Tageslicht gebracht zu werden.

Mein Büro im Polizeipräsidium liegt am Vieux-Port, dem alten Hafen, in einem Gebäude, das genauso müde und wettergegerbt ist wie die Stadt selbst. Jeden Morgen, wenn ich zur Arbeit gehe, atme ich den Duft von Salz und Fisch ein, der mit dem ersten Lärm des Tages vermischt wird. Es ist so, als würde die Stadt selbst mit der Zeit immer widerstandsfähiger und weiser.

Mein Job ist es, die Schatten zu durchdringen und die Wahrheit ans Licht zu bringen. Ich versuche, die Geheimnisse zu entwirren, die sich in den Gassen und unter den alten Steinen verstecken. Es ist eine Arbeit, die niemals stillsteht – wo es Licht gibt, gibt es auch Schatten; und wo es Schatten gibt, bin ich zur Stelle.

An meiner Seite ist François Leroc, mein Kollege und Freund. François ist mein Gegenstück, mein Spiegelbild in vielerlei Hinsicht. Er ist groß und breit gebaut, ein Veteran der Straße, ein Mann, der mit seinen scharfen Augen und seinem polternden Lachen die Straßen Marseilles besser kennt als die bloße Umgebung. Wir sind schon seit vielen Jahren Partner, und ich weiß, dass ich mich immer auf ihn verlassen kann – durch dick und dünn, durch Licht und Dunkelheit.

François und ich haben viele Fälle gelöst, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen und den Glauben an das Gute im Menschen auf die Probe stellen. Von Morden und Diebstählen bis hin zu dunklen Machenschaften der Unterwelt, wir haben es alles gesehen und erlebt. Was uns antreibt, ist ein unerbittlicher Gerechtigkeitssinn und der Wunsch, die Stadt, die wir lieben, ein Stück sicherer zu machen.

Unser Vorgesetzter ist Monsieur Jean-Claude Marteau, ein Schräge des alten Kalibers, der ebenso zäh wie gerecht ist. Seine strengen Augen durchbohren jeden, aber hinter dieser Fassade liegt ein Herz für Gerechtigkeit und ehrliche Polizisten. Es ist sein unverwechselbarer Führungsstil, der uns diszipliniert und dennoch erlaubt, die Freiheit zu haben, unsere Ermittlungen mit Nachdruck und Hingabe zu betreiben.

Unsere Arbeit ist nicht ohne Herausforderungen. Oft sind es die kleineren Ganoven, die den Weg zu den großen Köpfen ebnen. Die schmierigen Zuhälter, die gerissenen Taschendiebe und die geradlinigen Barbesitzer – sie alle tragen zu einem komplexen Netzwerk bei, das wir Stück für Stück auflösen müssen. Aber das ist genau das, was unseren Job so unverwechselbar macht. Jeder Fall verlangt, dass wir nicht nur als Polizisten, sondern auch als Psychologen, Strategen und selbst als Schauspieler agieren.

Es gibt Tage, an denen ich mich frage, wie die Dinge wohl ohne diesen Job wären. Aber meistens sind es die Momente der Erkenntnis und des Erfolgs, die jeden Zweifel auslöschen. Die Genugtuung, wenn der Schleier der Lügen aufgelöst wird und die Wahrheit ans Licht kommt, ist unerreicht.

Marseille ist nicht nur eine Stadt, sie ist ein lebendiges Wesen. Ihre Gräben und Erhebungen reflektieren das menschliche Leben – voller Höhen und Tiefen, voller Freude und Kummer, voller Geschichten, die erzählt und Geheimnisse, die bewahrt werden wollen. Als Kommissar der Kriminalpolizei bin ich Teil dieser grandiosen Melodie, die unaufhörlich weiter klingt, von Tag zu Tag, von Jahr zu Jahr.

Dies ist meine Stadt, mein Leben, mein unermüdliches Streben nach Wahrheit und Gerechtigkeit, und solange das Mittelmeer seine Wellen an unsere Küste schlägt, werde ich hier meinen Platz haben, in den Straßen von Marseille, den Schatten durchdringend und die Geschichten erzählend, die niemals stillstehen.

Kapitel 2: Marseille bei Nacht

Marseille, die alte Hafenstadt am Mittelmeer, erwacht erst richtig, wenn die Sonne untergeht. Es ist die Zeit, in der die Straßenlaternen ihren matte Lichtschein über die schmalen, verwinkelten Gassen werfen und das Brummen der Tagesaktivitäten endlich zur Ruhe kommt. Aber die Ruhe ist trügerisch. In den Schatten der historischen Gebäude und entlang der malerischen Uferpromenade lauert Marseille's dunklere Seele.

In einem Hinterzimmer eines unscheinbaren Bistros im Quartier du Panier zieht Armand ein schiefes Lächeln über sein vernarbtes Gesicht. Der Schwarzmarkt boomt, und Armand ist mitten im Geschäft. "Le Patron" nennen sie ihn, respektvoll und mit einer Prise Angst. Keiner weiß genau, womit er handelt – mal sind es minderwertige Juwelen, mal Antiquitäten mit fragwürdiger Herkunft.

Draußen auf der Straße streift Malik umher, ein kleiner Taschendieb mit flinken Fingern und einem unschuldigen Kinderlächeln, das niemandem auffällt, bis es zu spät ist. Heute ist ein guter Tag für ihn; die Touristen sind leicht zu übertölpeln, und die Einheimischen kennen seine Tricks noch nicht gut genug.

Weiter südlich, in der Nähe des alten Hafens, dröhnt aus dem Stripclub "Le Siren" monotoner Bass. Eine Gruppe Rocker von den "Loups de la Nuit" gibt dort regelmäßig den Ton an. Es ist ihr Revier, und das weiß jeder, der sich hierher verirrt. Emilie, eine der Stripperinnen, schwingt elegant an der Stange, ihr Gesicht trägt eine Maske der Gleichgültigkeit. Aber in ihren Augen blitzt eine Entschlossenheit, die sie vor den anderen Tänzerinnen auszeichnet. Sie hat einen Plan, einen ganz eigenen Plan, der nichts mit der nächtlichen Show zu tun hat.

An der Bar des Clubs lehnt Jean-Claude, ein Ex-Boxer und nun der unbewegliche Türsteher. Sein massiver Körper ist eine lebendige Erinnerungen an seine Kämpfe, und niemand legt sich freiwillig mit ihm an. Neben ihm sitzt Antonella, die Betreiberin des "Le Siren". Niemand in der Szene würde es wagen, sich mit ihr anzulegen – eine Latina mit einem Herzen aus Stahl und einer Vergangenheit, die im Dunkeln verborgen bleibt.

Ein paar Meter entfernt, in einer engen Gasse hinter dem Club, trifft man auf Thierry, einen abgehalfterten Zuhälter. Seine Schützlinge, wie er sie nennt, sind kaum mehr als Mädchen auf der Suche nach einem Ausweg aus der Misere. Thierry redet in endlosen Schleifen von den guten alten Zeiten, während er die Einnahmen des Abends zählt. Jeder Schein und jede Münze ist ein weiterer Schritt weg von seinem eigenen Abgrund.

Ein wenig abseits, in einem luxuriösen Penthouse über den Dächern der Stadt, summt leise klassische Musik. Claude, ein smarter Geschäftsmann mit einer Vorliebe für das Exquisite, gedenkt über seine zukünftigen Geschäfte nach. In seinem makellosen Anzug und mit einem Glas teurem Wein in der Hand, strahlt er eine fast aristokratische Eleganz aus. Doch die feinen Nadelstreifen verbergen nur mühsam die schwarzen Geheimnisse, die seinen Erfolg finanzierten.

Im Schatten dieser schillernden Fassade lungern unzählige Obdachlose. Ihre Gesichter sind graue Mosaiken aus Hoffnung und Verzweiflung, doch jeder von ihnen hat seine eigene Geschichte, eine Verbindung zu Marseilles nächtlichem Netzwerk. Zwischen den Kartons und den alten Decken erzählt man sich Geschichten über mysteriöse Gestalten und verschwundene Personen, doch kaum einer hört wirklich hin.

In dieser weitverzweigten Kulisse rollt das Leben unaufhaltsam weiter. Marseille ist wie ein pulsierendes Herz, das nie ruht, immer im Takt der Verlockungen und Gefahren, die die Nacht mit sich bringt. Die Stadt selbst scheint manchmal zu flüstern, düstere Legenden aus vergangener Zeit über verirrte Seelen und verlorene Hoffnungen. Während der Mond die schlafenden Straßen kühl beleuchtet, wird eines klar: Hier, in den Tiefen von Marseille, hat jede Spur von Ordnung ihren Preis, und jede dunkle Ecke birgt ein Geheimnis, das darauf wartet, ans Licht zu kommen.

Ein leises Knistern durchzieht die Luft, während in einem unscheinbaren Lagerhaus nahe der Rue de la République ein Geschäft von epischen Proportionen im Gange ist. Christophe, ein Drogendealer mit mörderischem Charme, verhandelt mit den Vertretern des berüchtigten Belhadi-Clans. Sie sind gekommen, um die Routen zu erweitern, die Ströme von Drogen, die durch Marseilles Adern fließen, zu optimieren. Die Atmosphäre ist geladen, jeder Schritt aufs Parkett kann sich als tödlich erweisen.

Im selben Moment schleicht sich Louisa, eine talentierte Taschendiebin und gelegentliche Spitzelin, durch die belebten Straßen des Noailles-Viertels. Ihr neuestes Ziel: ein nobles Nachtlokal, das berüchtigt dafür ist, dass im Obergemach illegale Auktionen von Kunstwerken zweifelhafter Herkunft abgehalten werden. Sie hat ihren heißen Tipp direkt von ihrer besten Freundin Camille, die als High-Class-Escort arbeitet und diskret in das Leben der reichen Männer dieser Stadt einsickert. Camille ist mit den Geheimnissen vertraut, die hinter verschlossenen Türen blühen.

Drüben in einem opulenten Szene-Kaffee, wo die Reichen und Berühmten sich zur Schau stellen, sitzt Martine Sauvage. Sie ist die raffinierte Besitzerin der Bodega, eines beliebten Gourmetrestaurants und verdecktem Umschlagsplatz für gestohlene Ware. Martine ist bekannt für ihr messerscharfes Wesen und ihren unstillbaren Durst nach Macht und Einfluss. Kein Deal oder Geheimnis entgeht ihrem durchdringenden Blick, und sie ist die unsichtbare Hand, die viele Fäden zieht.

Währenddessen läuft Leonie, eine ausgebrannte Journalistin auf der Suche nach ihrer nächsten großen Story, durch genau diese Straßen. Sie ist immer auf der Pirsch, auf die Jagd nach der Wahrheit, die sich nur in den dunklen Ecken und flüsternden Schatten dieser Stadt offenbart. Ihre Instinkte für die ungeschriebenen Regeln von Marseille machen sie zu einer Gejagten und einer Jägerin zugleich.

In einem alten Café in der Nähe des Gare Saint-Charles treffen sich aufmerksame Augen der Mafia und jene der örtlichen Rockergangs, um den Status quo zu bewahren. Solène, eine junge Frau, die in den Reihen der „Loups de la Nuit“ aufgewachsen ist, beobachtet die Szene aus einer Ecke. Sie träumt von einem anderen Leben, in dem die Schatten der Nacht nicht den einzigen Halt bedeuten. Aber sie weiß, dass allein der Traum gefährlich sein kann.

Und so lebt Marseille weiter. Die Stadt ist ein Flickenteppich aus verschlungenen Geschichten und Schicksalen, die miteinander verknüpft sind, oft ohne dass die Beteiligten es selbst wissen. Frauen und Männer, die ihre nächtlichen Aktivitäten wie ein groteskes Ballett aufführen, in dem jeder Takt eine Bedrohung verheißen kann.

Unter den vielen Figuren, die wie Zahnräder in diesem Uhrwerk von Sünde und verräterischer Schönheit agieren, spannt sich ein dichtes Netz. Niemand ist isoliert, und jede Handlung zieht ihre Kreise. Marseille mag bei Tageslicht eine Küstenstadt voller Leben und Lachen sein, aber wenn die Dämmerung sich legt, wandelt sie sich in ein Labyrinth aus versteckten Begierden und tödlichen Geheimnissen.

Heutige Geister, alte Geschichten - jeder weiß, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die fragile Fassade bricht und die dunklen Wahrheiten der Stadt an die Oberfläche geholt werden. Bis dahin aber lebt Marseille im Schatten, und diese Schatten verbergen mehr, als die meisten sich je vorstellen können.

Louisa saß in ihrem bescheidenen Apartment im dritten Stock eines heruntergekommenen Gebäudes im Noailles-Viertel. Der Schein des Tageslichts schien durch die schmutzigen Fensterscheiben und tauchte den Raum in ein milchiges Halbdunkel. Auf ihrem kleinen Holztisch lag eine exakt zeichnerische Skizze des Grundrisses des Zielgebäudes, das noble Nachtlokal und zugleich die geheime Auktionsstätte.

Der Plan, den sie in den letzten Wochen sorgfältig ausgearbeitet hatte, war ebenso brillant wie kühn. Louisa wusste, dass sie nicht sofort zuschlagen konnte. Sie musste warten, beobachten und den perfekten Zeitpunkt abpassen. Als Erstes würde sie Informationen sammeln. Camille, ihre Freundin und High-Class-Escort, war ihre wichtigste Verbündete und Insiderin. Camille hatte bereits einige wertvolle Informationen über die Sicherheitsvorkehrungen und die Gäste der Auktionen geliefert.

Camille hatte erzählt, dass die Auktionen einmal im Monat stattfanden und der Zutritt streng limitiert war. Nur handverlesene Gäste, meist Kunstsammler und wohlhabende Geschäftsleute mit zweifelhaftem Ruf, wurden eingeladen. Der Besitzer des Nachtlokals, ein skrupelloser Mann namens Victor Laurent, hatte außergewöhnliche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Louisa wusste, dass es mehrere Kameras und einen ausgeklügelten Sicherheitsdienst gab. Doch sie war vorbereitet.

Louisa war sich der Bedeutung der Vorbereitung bewusst. Die ersten Schritte beinhalteten das Abpassen von Wachwechseln und das Studieren der Bewegungsmuster des Sicherheitspersonals. Über Wochen hinweg hatte sie die Verhaltensweisen der Wachen am Haupteingang und an den Nebeneingängen des Lokals studiert. Sie wusste, wann die Aufmerksamkeit der Wachen nachließ, wann sie ihre Zigarettenpausen machten und wann Lieferungen erfolgten. All diese kleinen Details waren für ihren Plan unerlässlich.

Der Tag des Diebstahls war akribisch geplant. In der Nacht vor der Auktion würde Camille als Gast teilnehmen und ein diskretes Überwachungssystem mit sich führen – eine winzige Kamera, versteckt in ihrem Schmuck. Sie würde die Räume aufnehmen und live Bilder an Louisa senden, um sie über die genauen Positionen der Exponate zu informieren.

Louisa selbst würde währenddessen in ihrem Versteck in einer unauffälligen Absteige nahe dem Nachtlokal ausharren und beobachten. Auf ihrer To-Do-Liste stand ganz oben, einen alten Notausgang zu nutzen, der längst von den meisten vergessen war. Dieser Notausgang führte in einen kleinen Hinterhof und darüber hinaus auf eine verwinkelte Gasse – eine perfekte Möglichkeit, unbemerkt zu verschwinden.

Während der Auktion würde Louise den Wachmann am Hintereingang ausschalten. Sie hatte einen Plan, wie sie ihn lautlos überwältigen konnte: Ein präziser Stoß mit einem Elektroschocker und eine schnelle Handbewegung, um ihn außer Gefecht zu setzen. Sie würde die Sicherheitskameras umgehen, indem sie sich in die Überwachungsanlage hackte. Dies hatte sie in den letzten Wochen intensiv geübt, ein weiteres Talent, das in dieser Stadt des Verbrechens überlebensnotwendig war.

Sobald sie die Räumlichkeiten betreten hätte, würde sie sich verkleidet in die Menge mischen. Klein und unscheinbar, mit einer Maske und einer Perücke ausgestattet, würde sie als eine der Bediensteten durchgehen und sich in das Herz der Auktion begeben. Ihr wahres Ziel: ein seltenes Gemälde aus dem 18. Jahrhundert, das bei dieser Auktion besonders ins Auge fallen sollte.

Den letzten und riskantesten Teil ihres Plans würde sie während der Auktion durchführen. Camille würde ihre Position und den Fortschritt über ein drahtloses Ohrstück kontinuierlich mitteilen. Louisa würde in einem optimalen Moment, wahrscheinlich während einer hitzigen Gebotsdiskussion, das Gemälde austauschen. Hierzu führte sie eine perfekte Fälschung, die sie in einem unauffälligen Behälter mitbrachte.

Der Kunstgriff war einfach und präzise: ein Tausch der Gemälde durch einen unauffälligen Doppelrahmen, der es Louisa ermöglichte, das Originalwerk schnell und unauffällig hinter den Kulissen zu verschwinden zu lassen.

Fluchtwege waren eingehend geplant. Durch den gleichen Hintereingang, den sie benutzte, würde Camille sie empfangen, um schnell in einem für diesen Zweck gemieteten Oldtimer zu entkommen. Innerhalb von Minuten würden sie die Stadtgrenzen Marseilles passieren, während die Auktion ihren Höhepunkt erreichte und niemand ihr Fehlen bemerkte – bis es zu spät wäre.

Lousia wusste, dass Perfektion in der Planung eine Sache war, aber das unvorhersehbare Element des menschlichen Faktors machte den Unterschied. Sie hatte Camille als ihre Verbündete gewählt, weil ihr Vertrauen absolut war. Zusammen würden sie es schaffen.

Louisa atmete tief durch. Heute war nicht nur ein Tag, es war DIE Nacht, die über ihre Zukunft entschied. Mit einem letzten Blick auf ihren sorgfältigen Plan machte sie sich bereit, ihrem Schicksal die Stirn zu bieten.

*

Louisa Leblanc war nicht immer eine Diebin. Geboren und aufgewachsen im Herzen von Marseille, hatte sie eine Kindheit, die sowohl von Wärme als auch von Dunkelheit geprägt war. Ihre Mutter, eine temperamentvolle Tänzerin spanischer Abstammung, hatte Louisa alles über den Stolz und die Leidenschaft beigebracht. Ihr Vater, ein Hafenarbeiter, war die Personifikation von harter Arbeit und Entschlossenheit. Doch als Louisa gerade 15 Jahre alt war, verloren sie ihn bei einem tragischen Arbeitsunfall im Hafen.

Der Verlust des Vaters hinterließ ein tiefes Loch, das Louisa und ihre Mutter jahrzehntelang zu füllen versuchten. Das Leben wurde zunehmend härter, und bald trat eine finstere Realität an die Stelle des Unbeschwerten. Louisa musste die Schule abbrechen und begann, sich mit Gelegenheitsjobs und kleineren Diebstählen durchzuschlagen, um ihre Mutter zu unterstützen. Was als eine Notwendigkeit begann, entwickelte sich bald zu einer raffinierten Kunst: Louisa entdeckte ihr Talent für das Unauffällige, das Flinke und das Geplante.

Es war in diesen Jahren, dass sie Camille kennenlernte, ein Mädchen aus ähnlich schwierigen Verhältnissen, das es ohne Gleichen verstand, in den schillernden Kreisen der Reichen und Mächtigen zu navigieren. Camille und Louisa wurden bald mehr als nur Freunde; sie wurden wie Schwestern, verbunden durch das gemeinsame Schicksal und die Sehnsucht nach einem besseren Leben.

Louisa war intelligent und talentiert, und sie wusste diese Attribute zu nutzen. Sie brachte sich Techniken bei, die von Hacken über Schlösserknacken bis hin zur perfekten Illusion reichten. Ein Mentor, ein alter Uhrmacher, half ihr, ihre Fähigkeiten zu verfeinern. Der alte Mann hatte selbst eine bunte Vergangenheit und erkannte das Potenzial in Louisa. Er lehrte sie, wie man Präzision und Geduld zusammenbringt, um große Dinge zu erreichen.

Aber Louisas Motivation ging über das normale Maß hinaus. Sie träumte von einem Leben jenseits der ständigen Flucht und des Existenzkampfes. Ihre Mutter war inzwischen schwer krank, und die teuren Medikamente waren eine zusätzliche Bürde. Louisa wollte genug Geld verdienen, um ihrer Mutter die bestmögliche Pflege zu ermöglichen, und vielleicht eines Tages ein eigenes kleines Atelier im Herzen von Marseille eröffnen, wo sie Kunstwerke restaurieren könnte – eine Leidenschaft, die ihr Vater in ihr geweckt hatte.

Der geplante Kunstdiebstahl war mehr als nur ein weiterer Raub; es war ihre Eintrittskarte in eine bessere Zukunft. Das Gemälde, das sie zu stehlen plante, hatte nicht nur einen materiellen Wert; es war ein Symbol für die Möglichkeit eines neuen Lebens. Ein Leben, in dem sie und ihre Mutter frei wären von den Zwängen ihrer Vergangenheit, frei, um die Freiheit wirklich zu erleben.

Camille war an ihrer Seite, weil sie denselben freien Horizont erträumte. Beide jungen Frauen hatten die Narben und das Wissen der Straße, kombiniert mit einem unsichtbaren Band von Solidarität und Zuneigung. Camille wiederum hoffte, nach diesem großen Coup aus dem Eskortgeschäft aussteigen und vielleicht einen kleinen, ehrlichen Laden eröffnen zu können – weg von den Männern und Gefahren, die sie bisher dominierten.

Es war auch die Ungerechtigkeit, die Louisa antrieb. Die Welt der Reichen und Kriminellen, die Seite an Seite existierten, war voller schmutziger Geheimnisse und willkürlicher Machtspiele. Das geplante Verbrechen war für Louisa nicht nur ein Weg zur Selbstbereicherung, sondern auch eine Art Vergeltung gegen ein System, das sie und viele andere in die Dunkelheit gedrängt hatte. Es war ihr Weg, die Daumenschrauben der Macht zu lockern, auch wenn nur kurz.

Mit all diesen Erinnerungen und Träumen im Gepäck, war Louisa entschlossen. Die dunklen Gassen von Marseille, die raue See und die glitzernden Lichter der Nacht – sie wusste, dass all diese Elemente Teil ihrer Geschichte waren. In der Nacht der Auktion würde sie mit all ihrer gesammelten Erfahrung und ihrem über Jahre hinweg genährten Mut den Schritt wagen, der alles verändern könnte. Es war ihre Schicksalsnacht, eine Nacht, in der all ihre Leidenschaften, Träume und die Essenz ihrer Existenz zusammenlaufen würden, um in einem einzigen, entscheidenden Moment kulminieren.

*

Mit jedem Vorbereitungsschritt wuchs Louisas Entschlossenheit. Der Tag des Raubs rückte näher und ihre Nervosität wurde durch einen kalten, kalkulierten Plan ersetzt. Die Tage und Nächte vor dem großen Coup verbrachte sie mit akribischen Planungen; jeder mögliche Fehler wurde im Vorfeld bedacht und eliminiert. Louisa hatte die seltene Fähigkeit, sich in den Augenblick und die Details zu verlieren, jedoch nie den Blick für das größere Ganze zu verlieren. Sie wollte kein Verbrechen begehen, sie wollte ein Kunstwerk schaffen, ein präzises Meisterwerk, das ihre Zukunft sichern würde.

In der Nacht des Raubs schlich Camille in das Nachtlokal und sah aus wie eine Göttin in einem eleganten, schwarzen Kleid. In ihrem Ohr summte ein unauffälliges Ohrstück, das sie mit Louisa verband. Louisa beobachtete aufmerksam aus der Ferne, während Camille jeden ihrer Schritte mit äußerster Vorsicht setzte. Die Kamera in ihrem Schmuck sendete Louisa Live-Bilder von der Auktion, wodurch Louisa die genaue Position der Exponate sah und die letzten Vorkehrungen treffen konnte.

Louisa kleidete sich in die Verkleidung, die sie sorgfältig vorbereitet hatte. Ein schlichtes Dienstmädchen-Outfit, komplett mit Perücke und einer Maske, die die untere Hälfte ihres Gesichts verdeckte. Sie war nicht mehr Louisa Leblanc, sondern eine unbekannte, unscheinbare Frau, deren Gesicht bald wieder vergessen sein würde.

Der Sicherheitsmann am Hintereingang war ahnungslos, wie sie erwartet hatte. Louisa hatte ihm während der vergangenen Wochen heimliche Beobachtungen zukommen lassen und wusste, dass er um Punkt elf Uhr eine Raucherpause machte. Mit einer präzisen Bewegung, die sie über Saaten hinweg geprobt hatte, setzte sie den Elektroschocker an und der Mann fiel lautlos zu Boden. Schnell und effizient nahm sie sein Funkgerät an sich und zog ihn in einen dunklen Abstellraum.

Inzwischen bewegte sich Camille unter den reichen und zwielichtigen Gästen, legte Konversationen an und fand heraus, dass das Gemälde, das Louisa suchte, in wenigen Minuten aufgerufen würde. Sie gab die Informationen flüsternd durch das Ohrstück weiter.

Louisa bewegte sich fast geisterhaft durch die Gänge des Nachtlokals. Dank Camilles Informationen wusste sie genau, welche Gänge und Türen sie meiden musste. Sie synchronisierte jedes „Ja, Herr“ und jedes „Natürlich, sofort“ mit perfekter Präzision, ließ keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Der entscheidende Moment näherte sich. Das Gemälde, „La Mer Tranquille“, ein Meisterwerk aus dem 18. Jahrhundert, hing an einer prominenten Stelle und bereitete sich darauf vor, von den reichen Gästen wie heiße Ware feilgeboten zu werden. Camille signalisierte Louisa, dass die Stimmung laut und die Aufmerksamkeit der Gäste abgelenkt war. Es war Zeit.

In einer perfekten Synchronität, einem Tanz zwischen Adel und unsichtbarer Kunstfertigkeit, tauschte Louisa mit Camille den Platz. Camille formte einen kleinen Tumult während einer hitzigen Gebotsdiskussion, was genau die Art von Ablenkung erzeugte, die Louisa brauchte. Unauffällig nahm Louisa das Originalgemälde von der Wand, löste es lautlos aus dem Rahmen und ersetzte es blitzschnell mit der Fälschung. Der ganze Vorgang dauerte nicht länger als eine Minute, eine Minute, die sich durch ihre klaren Schritte wie eine Ewigkeit anfühlte.

Mit dem kostbaren Kunstwerk an sich gepresst, verließ sie die Szene so unauffällig wie sie gekommen war. Ihre Bewegungen waren fließend und entschlossen. Niemand achtete auf die Maid, die zielstrebig in Richtung des Hintereingangs lief. Die Gassen draußen waren dunkel und still, und Louisa fühlte, wie die kühle Nachtluft auf ihrer Haut prickelte, eine Erinnerung an die Realität und an das riskante Leben, das sie führte.

Mit dem ausgeschalteten Sicherheitswachmann gut versteckt, schlüpfte sie in die freie Gasse. Camille wartete bereits in dem oldtimerartigen Fluchtauto, bereit und mit einem zusätzlichen Paar Kleidung für Louisa. Nach einem schnellen Kleidertausch und der sicheren Verstauung des Gemäldes im Kofferraum brausten sie davon, die Stille der Nacht hinter sich lassend.

Die beiden Frauen tauschten einen flüchtigen, aber bedeutungsvollen Blick – es war geschafft. Während sie durch die schlafenden Straßen von Marseille rasten, mit dem Adrenalin, das durch ihre Adern pulsierte, konnten beide einen Moment lang an etwas glauben, das sie lange verloren glaubten: Hoffnung. Ein neues Leben war am Horizont in greifbare Nähe gerückt.

Kapitel 3: Der Fall

Ich war noch nicht einmal richtig im Büro angekommen, als mich die Nachricht erreichte. Ein Doppelmord, mitten in der Stadt. Marseille ist keine Pariser Vorstadt, kein ruhiger Ort, an dem Verbrechen unerwartet geschehen. Doch diese Nachricht ließ einen Schauer durch meine Knochen laufen. Louisa Leblanc und Camille Roche, beide erschossen und in einer Seitenstraße aufgefunden, nicht weit vom Hafen entfernt.

François wartete bereits auf mich im alten Peugeot, seine Miene ernst und angespannt. „Pierre, wir hatten heute besseres Wetter verdient“, sagte er trocken und klappte sein Notizbuch auf. So begann dieser Tag.

„Was wissen wir über die beiden?“ fragte ich und setzte mich auf den Beifahrersitz. Die Sandschimmer der Mittelmeersonne warfen funkelnde Reflektionen auf das Armaturenbrett, doch mein Fokus lag auf den Papieren, die François mir reichte.

„Louisa Leblanc, 27 Jahre alt, bekannt für kleinere Diebstähle. Camille Roche, 25, als Escort bekannt, keine Vorstrafen“, antwortete François, während er den Wagen durch die engen Gassen Richtung Tatort lenkte. „Beide galten als kleine Fische, keine großen Verstrickungen in organisierte Kriminalität. Zumindest offiziell.“

Marseille war in den frühen Morgenstunden erst dabei, seinen Schleier des Schlafs abzulegen. Die Fischer waren bereits am Hafen, das Brummen der Stadt begann. Der Duft von frischem Baguette durchdrang die Luft, während wir uns dem Ort des Verbrechens näherten.

An der Ecke der Rue de la République und der Rue Sainte standen schon mehrere Streifenwagen und die Kordeln der Polizei spannten sich zwischen den Laternenpfählen. „Hier sind wir“, sagte François, als er den Wagen am Straßenrand parkte und ausstieg.

Ich folgte ihm in die schmale Gasse, wo die Leichen der beiden Frauen lagen. Die Szene war schockierend, präzise zwei Schüsse, direkt in die Brust. Kein Zeichen eines Kampfes, kein Chaos. Es war das Werk eines Profis.

„Monsieur Marquanteur“ rief ein junger Polizist, als er mit einem Funkgerät auf uns zueilte. „Monsieur Marteau erwartet Sie und meint, es gebe Hinweise auf einen geplanten Raub.“

Ich nickte und trat zu dem mit einem weißen Tuch verhüllten Leichnam von Louisa. „Unsere Zeugen? Wer hat etwas gesehen?“ fragte ich den jungen Beamten, während ich die Umgebung absuchte.

„Ein älterer Mann, ein Obdachloser, gab an, Schüsse gehört zu haben. Kurz danach sah er einen dunkel gekleideten Mann die Gasse hinunterrennen, in Richtung des alten Hafens.” Ich blickte in die Richtung, die er zeigte, die dunkle Gasse, die zum Vieux-Port führte.

François kam zurück zu mir, das Funkgerät in der Hand. „Pierre, Monsieur Marteau will uns in seinem Büro sprechen, sobald wir hier fertig sind. Es sieht aus wie ein sauber durchgeführter Auftragsmord.“

Wenige Minuten später, nachdem wir die wichtigsten ersten Eindrücke gesichert hatten, machten wir uns auf den Weg zurück zum Revier. Monsieur Marteau erwartete uns bereits, seine Stirn in tiefe Falten gelegt. Er stand hinter seinem Schreibtisch, auf dem sich Aktenberge türmten, und sah uns ernst an, als wir eintraten.

„Pierre, François, das ist keine gewöhnliche Sache. Ich will Ergebnisse, und zwar schnell. Diese Stadt hat schon genug Probleme; wir können keine zusätzlichen Eskalationen aushalten. Louisa und Camille hatten Verbindungen zu Leuten, die viel zu verbergen haben. Beginnen Sie bei ihren nächsten Kontakten und arbeiten Sie sich nach oben. Und keine Fehler. Verstanden?“

François und ich tauschten einen kurzen Blick, bevor wir nickten. „Ja, Monsieur Marteau.“

Wieder auf der Straße entschieden wir, zuerst Michel Dufresne aufzusuchen, einen Informanten, der für seine Ohren und Augen in Marseilles Unterwelt bekannt war.

„Wenn jemand etwas über diese Morde weiß, dann Michel“, sagte François. „Aber verlass dich nicht zu sehr darauf, dass er freiwillig plaudert.“

Wir fanden ihn am alten Hafen, wo er in einem heruntergekommenen Café saß, der Rauch einer Zigarette kreiste um seinen Kopf. Michel war in den Vierzigern, aber die Jahre auf der Straße und seine ständige Nähe zu Kriminalität hatten Spuren hinterlassen.

„Dufresne“, begann ich, „Sie kennen uns. Zwei Frauen wurden ermordet, Louisa Leblanc und Camille Roche. Erzählen Sie mir alles, was Sie wissen.“

Er lehnte sich zurück und blies den Rauch gemächlich aus, seine Augen funkelten vor Misstrauen und einer Spur Respekt. „Monsieur Marquanteur, warum sollte ich Ihnen helfen?“

„Weil das Ihre Chance ist, sich einen Freund in der Polizei zu machen“, sagte François. „Und Freunde sind in einer Stadt wie dieser nützlich.“

Michel musterte uns einen Moment lang, bevor er langsam nickte. „Ich habe gehört, dass Louisa und Camille etwas Großes planten. Ein Diebstahl. Und dass sie womöglich an jemanden geraten sind, der ihre Pläne nicht teilte. Jemand Mächtiges.“

Mein Interesse war geweckt. „Haben Sie einen Namen?“ fragte ich.

Er zögerte einen Moment, dann sprach er langsam: „Victor Laurent. Er betreibt das Nachtlokal ‚Le Siren’. Ihr Plan könnte ihn in Schwierigkeiten gebracht haben. Mehr weiß ich nicht. Aber, Monsieur Marquanteur, seien Sie vorsichtig. Laurent ist ein gefährlicher Mann.“

François und ich sahen uns an. Laurent. Ein bekannter Name, tief verankert in vielen düsteren Geschäften dieser Stadt.

„In Ordnung, Michel“, sagte ich, während ich aufstand. „Aber denken Sie daran: Wenn wir herausfinden, dass Sie etwas verschwiegen haben, werden wir zurückkommen.“

Der Weg zum „Le Siren“ war nicht weit. Marseille, dieses pulsierende Herz am Mittelmeer, versteckte seine dunkelsten Geheimnisse hinter den glänzenden Fassaden der Reede und des Tourismus. Laurent war nun unser Hauptverdächtiger, und wir würden herausfinden, was er zu sagen hatte. Ich spürte schon jetzt, dass dieser Fall viele Schichten hatte, und wir nur die Oberfläche gekratzt hatten.

Mit jedem Schritt durch Marseilles belebte Straßen, vorbei an den kleinen Cafés und den tief in den Schatten liegenden Gassen, wusste ich, dass die Wahrheit oft genau dort lag, wo das Licht nicht hinkam.

Während wir uns dem „Le Siren“ näherten, begann der Himmel bereits, den goldenen Glanz der Morgendämmerung anzunehmen. Die Stadt erwachte und mit ihr ihre Schatten. „Le Siren“ war ein Prachtstück dekadenter Extravaganz, doch seine prunkvolle Fassade täuschte über das schmutzige Innere hinweg. Gerüchte und Geschichten umgaben diesen Ort, aber heute wussten François und ich, dass wir uns den Tatsachen stellen mussten.

„Bist du bereit, Pierre?“ fragte François, als wir vor dem Eingang parkten.

„Immer“, antwortete ich entschlossen und trat durch die schwere, rote Samttür des Nachtclubs.

Innen war es düster und neblig vom Restalkohol und Zigarettenrauch der vergangenen Nacht. Die Tanzfläche lag leer und verlassen da, aber an der Bar war eine mürrische Gestalt. Ein breitschultriger Mann, sicher der Türsteher, beobachtete uns argwöhnisch.

„Wir wollen mit Victor Laurent sprechen“, sagte ich direkt, ohne Umschweife.

Der Türsteher, offensichtlich erprobt darin, ungebetene Gäste abzuweisen, verschränkte die Arme und sah uns grimmig an. „Monsieur Laurent ist beschäftigt. Wer will etwas von ihm?“

François zeigte diskret seinen Polizeiausweis, und ich tat es ihm gleich. „Kommissare Marquanteur und Leroc von der Kriminalpolizei Marseille. Ich denke, er macht für uns eine Ausnahme.“

Ein zermürbender Blick wurde uns zugeworfen, und der Mann verschwand durch eine Tür hinter der Bar. Minuten vergingen, ein Gefühl der angespannten Erwartung baute sich auf, bevor er zurückkehrte und signalisierte, dass wir folgen sollten.

Wir trafen auf Victor Laurent in seinem luxuriös eingerichteten Büro. Die Fenster boten einen Blick auf den Hafen, als ob er die Stadt immer im Auge behalten wollte. Sein Blick war kühl und kalkulierend. Ein Mann, der es gewohnt war, seine Gegner mit Präzision zu analysieren.

„Kommissare, was kann ich für Sie tun?“ fragte Laurent mit einem Hauch Arroganz in seiner Stimme, während er eine teure Zigarre anzündete.

„Wir untersuchen den Mord an Louisa Leblanc und Camille Roche“, begann ich, direkt zur Sache kommend. „Es wurde gesagt, dass sie vorhatten, etwas Großes durchzuziehen. Vielleicht wissen Sie etwas darüber.“

Ein kaum merkliches Zucken durchlief sein Gesicht. „Monsieur Marquanteur, ich führe ein ehrliches Geschäft. Was diese beiden jungen Frauen taten, geht mich nichts an.“

„Das glaube ich nicht“, erwiderte François ruhig, doch mit Nachdruck. „Informationen deuten darauf hin, dass die beiden etwas stahlen, was Ihnen gehörte. Und dass Sie darüber nicht sehr erfreut waren.“

Laurent lehnte sich zurück und blies eine Rauchwolke aus. „Sie kommen hierher, beschuldigen mich ohne jeglichen Beweis und hoffen, dass ich Ihnen die Arbeit abnehme? Finden Sie Ihre Beweise, Kommissare. Bis dahin sind Ihre Anschuldigungen bedeutungslos.“

Ich spürte den Hauch von Wahrheit und Lügen in seiner Stimme. „Wir werden unsere Beweise finden, Laurent. Bis dahin bleiben Sie in der Stadt. Sollte ich herausfinden, dass Sie fliehen, verspreche ich Ihnen, dass Sie mich nicht so leicht abschütteln können.“

Es war ein kurzer, verbaler Schlagabtausch, aber er war intensiv genug, dass keiner von uns zu viele Illusionen über den anderen hegte. Laurent blieb gelassen, aber wir wussten, dass die Uhr tickte.

Auf dem Rückweg zum Revier beschloss ich, Michel Dufresne erneut aufzusuchen. Dieser schmierige Informant hatte mehr Wissen, als er zugab. François nickte zustimmend zu meinem Vorschlag, und bald fanden wir uns zurück am Hafen, wohin Dufresne gerne ging, um den Seehunden zuzusehen, die in der Morgenbrise tollten.

„Dufresne“, begann ich ohne Vorrede. „Wir brauchen mehr. Laurent weiß etwas, und Sie wissen mehr, als Sie uns gesagt haben.“

Michel schaute mich einen langen Moment an, bevor er seine Zigarette ausdrückte. „Sie spielen ein gefährliches Spiel, Kommissar. Aber gut“, seufzte er. „Hören Sie, Laurent hat vor kurzem einen neuen Hauptpartner in der Unterwelt – jemand, der keine Skrupel kennt. Ein gewisser Anton Petrov aus der russischen Mafia. Es ging das Gerücht um, dass Louisa und Camille etwas Wertvolles von Petrov stahlen, und Laurent hinge damit zusammen. Ihr Plan führte direkt zur russischen Mafia; das war ihr Todesurteil.“

“Worum ging es genau?”, fragte ich.

“Um ein wertvolles Kunstwerk.”

“Woher wissen Sie das?”

“Ich höre so einiges.”

Ich fühlte, wie sich die Puzzlestücke langsam zusammenfügten, während François und ich zurück ins Revier gingen, um weitere Nachforschungen anzustellen. Petrov war eine gefährliche Figur, die auch die ganzen Zusammenhänge auf ein neues Level brachte.

Monsieur Marteau wartete bereits auf uns. „Was haben Sie herausgefunden?“

„Wir haben eine Verbindung zur russischen Mafia, genauer gesagt zu einem Anton Petrov“, berichtete François. „Es sieht so aus, als ob Louisa und Camille in etwas zu Großes geraten sind.“

Eine gravitätische Stille breitete sich aus, während Marteau seine Stirn runzelte. „Machen Sie weiter. Finden Sie Petrov und bringen Sie Licht in diese Angelegenheit.“

Wieder auf den Straßen von Marseille, war unser klarer nächster Schritt, die Fährte von Petrov aufzunehmen. Der Fall war verzwickt, voller Verstrickungen in die dunklen Schatten der Stadt. Aber wir würden nicht nachlassen – die Wahrheit musste ans Tageslicht kommen, und die Toten verdienten Gerechtigkeit.

Während wir uns auf den Weg machten, wusste ich, dass dies uns tief in die Abgründe Marseilles führen würde. Doch wir waren bereit, jeder Herausforderung zu begegnen. In den dunklen Ecken dieser Stadt gab es Geheimnisse, die nur darauf wartete, von uns enthüllt zu werden. Und zusammen, François und ich, wussten wir, dass nichts unmöglich war.

So begann eine neue Jagd, ein neues Kapitel in dieser ewigen Stadt voller Geschichten und Intrigen. Marseille erhob sich zur Tageszeit, aber wir arbeiteten im Schatten, weil die Schatten des Verbrechens nie schliefen.

*

Auf dem Weg zurück zum Revier ging mir der Gedanke nicht aus dem Kopf: Was war eigentlich mit der angeblichen Beute aus dem Kunstdiebstahl passiert? Die Verstrickung von Louisa und Camille in eine so hochriskante Aktion schien nur dann Sinn zu ergeben, wenn ein wertvolles Objekt den Mittelpunkt ihrer Pläne bildete. Aber bisher gab es keine Spur von der Beute. Was war mit dem gestohlenen Kunstwerk geschehen?

„François,“ sagte ich gedankenverloren, während wir die belebten Straßen passierten, „etwas an der ganzen Geschichte mit dem Kunstdiebstahl passt noch nicht zusammen. Wir wissen, dass sie etwas Großes planten, aber keiner hat bisher den gestohlenen Gegenstand identifiziert. Keine Spur davon am Tatort.“

François nickte und rieb sich das Kinn. „Das stimmt. Es sei denn, es wurde bereits weiterverkauft. Oder es ist noch irgendwo versteckt. Es könnte auch ein Motiv für den Mord sein. Falls Laurent oder Petrov die Finger an der Beute haben, könnte uns das eine heiße Spur geben.“

Im Büros flohen wir sofort zum Büro von Monsieur Marteau, wo wir unsere Gedanken miteinander verweben konnten. Marteau schaute auf, als wir eintraten, und sah uns erwartungsvoll an. „Was gibt es Neues?“

„Wir haben ein Problem“, begann ich. „Wir wissen, dass Louisa und Camille einen Kunstdiebstahl planten. Aber von der Beute fehlt jede Spur. Es könnte das Motiv für ihren Mord gewesen sein.“

Monsieur Marteau lehnte sich zurück und zog die Augenbrauen zusammen. „Nun, dann müssen wir herausfinden, was genau sie gestohlen haben und wo es sich jetzt befindet. Haben Sie Ideen, wo wir anfangen sollten?“

„Wir sollten Victor Laurent erneut besuchen. Wenn jemand weiß, was mit der Beute passiert ist, dann er“, schlug François vor. „Und ich denke, wir brauchen auch Informationen über Anton Petrov. Vielleicht weiß er etwas über den Verbleib des Kunstwerks.“

Marteau nickte. „Einverstanden. Machen Sie sich auf den Weg und finden Sie heraus, was Sie können. Und Pierre, François, seien Sie vorsichtig. Diese Männer sind gefährlich.“

Wir verließen das Büro und machten uns direkt auf den Weg zurück zum „Le Siren“. Dieses Mal waren wir entschlossen, Laurent aus der Reserve zu locken und Antworten zu bekommen. Die Nacht war gefallen, und die belebten Straßen von Marseille leuchteten im Glanz der Lichter, als wir vor dem Nachtclub parkten. Diesmal war der Eingang gut bewacht, und als wir uns näherten, sah uns der Türsteher finster an.

„Wir müssen Victor Laurent sehen“, sagte ich mit fester Stimme.

Der Türsteher verschränkte die Arme und sah uns herausfordernd an. „Er wartet nicht mehr, Sie wissen ja, wie es vorhin gelaufen ist.“

„Treten Sie beiseite“, sagte François, und zog erneut unseren Polizeiausweis aus der Tasche. „Das ist keine Bitte.“

Wir wurden durchgelassen, und ich konnte fühlen, wie die Spannung wuchs, als wir Laurents Büro erreichten. Er saß an seinem Schreibtisch und sah uns an, ohne Überraschung zu zeigen. „Kommissare, ich dachte, wir hätten alles geklärt.“

„Nicht ganz“, sagte ich, während ich direkt zu ihm ging. „Wir wissen von dem Diebstahl. Und wir wissen, dass Louisa und Camille etwas sehr Wertvolles stahlen. Was wir nicht wissen, ist, wo die Beute geblieben ist. Und wir denken, dass Sie etwas darüber wissen.“

Laurent lehnte sich zurück, und ein kaltes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Sie überschätzen mich, Kommissare. Ich weiß nichts von einem Kunstdiebstahl. Und selbst wenn, warum sollte ich Ihnen helfen?“

„Weil wir wissen, dass Anton Petrov eine Rolle spielt“, sagte François. „Und wenn er herausfindet, dass Sie ihm etwas verheimlichen, könnte das für Sie gefährlich werden.“

Das Lächeln verschwand von Laurents Gesicht und wurde durch einen Ausdruck purer Wut ersetzt. „Petrov ist nicht zu unterschätzen“, sagte er langsam. „Aber ich bin nicht sein Lakai. Die Beute ist zu einem Käufer gegangen, gleich nach dem Raub. Denken Sie nicht, dass ich so etwas hier aufbewahren würde?“

“Hören Sie…”

“Nein, Sie hören mir zu! Mit dem Raub habe ich nichts zu tun.”

“Nicht direkt.”

“Sie werden mir keine Beteiligung nachweisen können.”

“Aber Sie wissen, wer der Käufer ist?”

“Nun…”

Ich trat einen Schritt näher. „Wer ist der Käufer?“

“Ich.. habe das nur gehört.”

“Wer?”

Laurent blitzte uns grimmig an, bevor er antwortete: „Ein Kunstsammler, der sich nur unter dem Namen 'L'Étranger' bekannt gibt. Seine Identität ist so gut wie unbekannt, aber er ist in Marseille kein Unbekannter. Petrov lieferte es an ihn. Weiter weiß ich nichts.“

Wir hatten einen neuen Namen. „L'Étranger“, ein mysteriöser Sammler. Das Puzzle fügte sich allmählich zusammen, doch wir standen noch am Anfang.

„Danke, Laurent. Und denken Sie daran: Wir behalten Sie im Auge“, sagte ich, als wir das Büro verließen.

Im Revier setzten François und ich uns zusammen, um unsere Schritte zu planen. „L'Étranger“, sagte François nachdenklich. „Dieser Name ist mir schon einmal untergekommen, aber ich kann mich nicht erinnern, wo.“

„Wir werden es herausfinden“, sagte ich entschlossen. „Wir haben eine Spur, und wir werden dem nachgehen. Aber zuerst müssen wir mehr über Petrov herausfinden. Wenn er die Verbindung zwischen Laurent und 'L'Étranger' ist, dann hat er die Schlüssel zu unserem Fall.“

Wir verbrachten die nächsten Stunden damit, alles zu dokumentieren, was wir über Petrov herausfinden konnten. Sein Einfluss reichte weit, und seine Machenschaften waren komplex. Doch wir waren entschlossen, Licht in die Dunkelheit zu bringen und den Fall zu lösen.

Während der Himmel langsam wieder hell wurde und Marseille zu einem neuen Tag erwachte, wusste ich, dass wir auf dem richtigen Weg waren. Die Wahrheit lag irgendwo da draußen, verborgen in den Schatten dieser alten Stadt, und es war an uns, sie ans Licht zu bringen.

*

Kapitel 4: Die Ermittlungen verdichten sich

Es war mitten am Vormittag, als François und ich die Gerichtsmedizin aufsuchten, um den Bericht über Louisa und Camille zu erhalten. Das kalte Gebäude, in dem die Autopsien durchgeführt wurden, war uns nur zu vertraut. Den Anblick, der uns im Inneren erwartete, konnte uns jedoch nie jemand wirklich angenehmer machen. Der Geruch von Desinfektionsmitteln und die sterile Atmosphäre verstärkten die ohnehin düstere Stimmung.

Wir wurden von Dr. Isabelle Moreau begrüßt, einer erfahrenen Pathologin, die seit über zwanzig Jahren hier arbeitete. Sie war eine Frau Mitte fünfzig mit scharfen Augen und einem beruhigenden, professionellen Verhalten. „Bonjour, Kommissare“, sagte sie, als sie uns zu den Untersuchungstischen führte. „Ich habe den Bericht über die beiden jungen Frauen vorbereitet.“

„Danke, Dr. Moreau“, sagte ich, während François und ich unsere Notizblöcke bereithielten. „Was können Sie uns sagen?“

Dr. Moreau deutete auf die Tische, auf denen die Leichen von Louisa und Camille lagen. „Beide Frauen wurden, wie Sie bereits am Tatort feststellten, durch Schusswunden getötet. Es waren präzise, professionelle Schüsse, wohl aus kurzer Distanz abgegeben. Die Kugeln trafen das Herz direkt, was auf jemanden schließen lässt, der genau wusste, was er tat.“

Sie zeigte auf die Obduktionsberichte, die sie auf einem Wagen neben sich abgelegt hatte. „Bei beiden Frauen gibt es keine Anzeichen eines Kampfes oder Abwehrverletzungen. Das deutet darauf hin, dass sie entweder überrascht wurden oder ihren Mörder kannten und ihm vertrauten.“

„Haben Sie die Munition analysiert?“ fragte François.

Dr. Moreau nickte. „Ja, es handelt sich um 9-mm-Kaliber, standardmäßige Polizeimunition. Allerdings ohne Markierungen, die auf eine bestimmte Waffe zurückzuführen wären. Es wurde also höchstwahrscheinlich eine Pistole verwendet, die entweder abgeschnitten oder schwer aufspürbar gemacht wurde.“

„Gab es sonst noch etwas Auffälliges?“ fragte ich.

Dr. Moreau legte die Stirn in Falten. „In ihrer Kleidung fanden wir Rückstände von Schimmelsporen und mikroskopischen Algen – etwas, das Sie häufig in alten, feuchten Lagerhäusern am Hafen finden. Das bestätigt möglicherweise Ihre Theorie, dass sie kurz vor ihrer Ermordung in einem solchen Gebäude waren.“

Ich nickte und machte mir eifrig Notizen. „Das ist aufschlussreich. Es bestätigt zumindest zum Teil die Aussage von Michel Dufresne, dass sie kurz vor ihrem Tod etwas Wertvolles transportierten. Haben Sie sonst noch etwas gefunden?“

Dr. Moreau zögerte einen Moment, bevor sie fortfuhr. „Es gab eine kleine Menge einer unbekannten Substanz auf der Kleidung beider Frauen. Es ist schwierig zu sagen, um was es sich handelt, ohne eine detaillierte Analyse, die aber einige Zeit in Anspruch nehmen würde.“

„Können Sie eine Probe an das Labor schicken? Vielleicht hilft das uns weiter,“ schlug François vor, und Dr. Moreau stimmte zu.

„Natürlich, ich werde sofort die entsprechenden Maßnahmen ergreifen. Wenden Sie sich an mich, sobald die Ergebnisse vorliegen“, sagte Dr. Moreau.

„Danke, Dr. Moreau“, sagte ich und reichte ihr die Hand. „Das war sehr hilfreich.“

François und ich machten uns auf den Rückweg zum Revier, wo wir die Ergebnisse und Hinweise abwägen konnten. „Der Schimmel und die Algen“, murmelte François nachdenklich. „Es klingt, als ob sie die Beute in einem alten Lagerhaus hatten.“

„Ja, und der Täter könnte sie dort überrascht haben oder sie gezwungen haben, die Beute preiszugeben,“ ergänzte ich. „Aber warum wurden sie dann so schnell erschossen? Wollte Laurent oder Petrov ein Exempel statuieren?“

Zurück im Büro setzten wir uns mit den neuen Informationen auseinander und diskutierten unsere nächsten Schritte. Es war durchaus sinnig, die Lagerhäuser am Hafen in Augenschein zu nehmen, doch zuerst wollte ich sicherstellen, dass wir alle Spuren abgedeckt hatten.

Während François Telefonate führte, um die Listen der relevanten Lagerhäuser zu überprüfen, ging ich noch einmal unsere bisherigen Erkenntnisse durch. Es schien als ob Laurent zur Schlüsselfigur wurde, doch die Verbindung zu „L'Étranger“ und dessen Identität blieb ein Mysterium – ein Mysterium, das wichtig werden konnte.

Rasch entwickelte sich ein Gedanke in mir und ich sah zu François hinüber. „Was hältst du davon, die Standorte von Petrov und seiner Organisation näher zu untersuchen? Wenn wir ihn und seine anderen Verbindungen identifizieren, dann könnten wir das Druckmittel gegen Laurent verstärken.“

François nickte zustimmend. „Ja, und ich denke, es ist an der Zeit, einen Durchsuchungsbefehl für die Lagerhäuser in der Nähe des Hafens zu beantragen, die diesen Leuten gehören. Wenn dort tatsächlich die Spuren zu finden sind, die wir brauchen, sollten wir nicht zögern.“

Kapitel 5

Am Nachmittag hatten wir den Durchsuchungsbefehl von Monsieur Marteau erhalten. Mit einem Team machten wir uns auf den Weg zu den verlassenen Lagerhäusern am Hafen. Marseille veränderte sich durch das goldene Licht der untergehenden Sonne, während die schwere Seeluft über die Stadt hinwegströmte.

„Das ist es,“ sagte François, als er auf ein speziell baufälliges Gebäude zeigte. Der Eingang war verriegelt, aber das war kein Problem für unser Team. Die Tür wurde gewaltsam geöffnet, und das Innere des Lagerhauses war dunkel und feucht.

Mit Taschenlampen durchsuchen wir systematisch den Raum. Der Geruch von Schimmel und salziger Luft wurde intensiver, als wir tiefer in das Gebäude vorgingen.

„Hier drüben!“, rief einer unserer Männer plötzlich. Wir eilten in seine Richtung. Auf dem Boden fand sich eine Spur getrockneten Bluts. Es führte zu einer Ecke des Lagerhauses, wo alte Kisten und verlassene Ausrüstungsgegenstände aufgetürmt waren.

Ich kniete nieder und fand ein verblichenes Stück Stoff, auf dem noch Schimmel- und Algenspuren zu sehen waren. „Das sind die Überreste des gestohlenen Kunstwerks“, flüsterte ich.

François untersuchte das Gewebe, „Sie müssen das Kunstwerk entnommen und sich dann beeilt haben, Louisa und Camille loszuwerden. Wir sind auf der richtigen Fährte.“

Mir war klar, dass die Wahrheit direkt vor uns lag, versteckt hinter den Mauerwerken dieser dunklen, alten Lagerhäuser. Die Ergebnisse der Gerichtsmedizin hatten uns wertvolle Hinweise gegeben, und wir waren fest entschlossen, dies zu Ende zu führen.

Es war an der Zeit, Petrov und „L'Étranger“ aus ihrem Versteck zu treiben. Unser nächster Schritt würde entscheidend sein, und ich konnte fast spüren, wie die Schleier, die das Geheimnis verhüllten, sich langsam lüfteten. Marseille mochte eine Stadt der Schatten und Geheimnisse sein, aber wir würden Licht ins Dunkel bringen.

*

Kapitel 4: Der Blick der Forensik

Zurück im Revier warteten François und ich gespannt auf die Ergebnisse der forensischen Analyse der unbekannten Substanz, die auf den Kleidern von Louisa und Camille gefunden worden war. Dr. Isabelle Moreau hatte uns versichert, dass das Labor bereits mit Hochdruck an der Untersuchung arbeitete. Indessen hatten wir unsere Polizeiakte mit den neuesten Erkenntnissen aktualisiert und beschlossen, alle möglichen Verbindungen zwischen Laurent, Petrov und „L’Étranger“ zu durchforsten.

Am späten Nachmittag erhielt ich endlich den Anruf aus dem Labor. Die Ergebnisse waren da. François und ich machten uns sofort auf den Weg. Das Labor, eine moderne Einrichtung, lag in einem neueren Viertel von Marseille. Die forensische Spezialistin, Dr. Sophie Dupont, begrüßte uns. Sie war eine junge, ehrgeizige Wissenschaftlerin, die für ihre akribische Arbeit bekannt war.

„Kommissare, danke, dass Sie so schnell kommen konnten“, sagte sie und führte uns in einen Analysebereich, in dem diverse Proben unter leistungsstarken Mikroskopen untersucht wurden.

„Was haben Sie herausgefunden?“ fragte François, und man konnte die Spannung in seiner Stimme förmlich greifen.

Dr. Dupont zog einen kleinen, versiegelten Beutel hervor, in dem sich Proben der Substanz befanden. „Die Substanz, die wir auf den Kleidern von Louisa Leblanc und Camille Roche gefunden haben, ist äußerst interessant. Sie enthält Spuren von rotem Quecksilber, was sehr ungewöhnlich ist. Das deutet darauf hin, dass die Substanz aus einem speziellen Produktionsprozess stammt, der vor allem in Fälscherwerkstätten benutzt wird.“

„Rotes Quecksilber?“, fragte ich überrascht. „Ist das nicht eine Substanz, die für alte Tinte verwendet wurde?“

Dr. Dupont nickte. „Ganz richtig. Es wurde in früheren Jahrhunderten zur Herstellung hochwertiger Tinten verwendet, die oft für Kunstwerke oder wertvolle Manuskripte verwendet wurden. Diese Information passt also sehr gut zu Ihrer Theorie eines Kunstdiebstahls.“

Ich sah François an und dachte über die neuen Informationen nach. „Das bedeutet, dass Louisa und Camille höchstwahrscheinlich in einer Werkstatt oder Lagerhalle waren, in der Kunstfälschungen produziert oder zumindest zwischengelagert wurden. Es könnte Teil eines größeren Netzwerks sein.“

François nickte und wandte sich an Dr. Dupont. „Gab es noch weitere Hinweise auf den Kleidern?“

„Ja“, antwortete Dr. Dupont. „Neben den Spuren von rotem Quecksilber haben wir auch mikroskopische Rückstände gefunden, die typisch für Leinwandfasern sind. Es ist höchst wahrscheinlich, dass die beiden Frauen in direktem Kontakt mit einem Kunstwerk standen, wahrscheinlich ein Gemälde.“

„Das erklärt einiges“, sagte ich. „Wir wissen jetzt sicher, dass das Ziel ein wertvolles Kunstwerk war. Es deutet darauf hin, dass die Kunstfälschungen und der spezifische Stoff eine besondere Bedeutung haben. Danke, Dr. Dupont. Das war sehr hilfreiche Arbeit.“

„Gern geschehen, Kommissare. Wenn Sie weitere Proben haben, die untersucht werden müssen, lassen Sie es mich wissen,“ sagte sie, während wir uns verabschiedeten.

Zurück im Büro trugen François und ich alle neuen Erkenntnisse in unsere Polizeiakten ein. Die Verstrickungen wurden immer klarer – wir hatten Laurent, wir hatten Petrov und nun einen kunstbezüglichen Hinweis, der uns wahrscheinlich zu „L’Étranger“ führen würde.

„Wir sollten die Lagerhäuser, die im Zusammenhang mit Kunstfälschungen stehen, genau überprüfen“, sagte ich zu François. „Wenn wir herausfinden, wo die alte Tinte verwendet wurde, könnten wir die Werkstatt oder zumindest einen wichtigen Umschlagplatz finden.“

François nickte und begann, die Datenbanken nach Verdächtigen und bekannten Orten für Kunstfälschungen in Marseille zu durchsuchen. Schließlich stießen wir auf einen alten Bekannten: Gaston Mercier, einer der berüchtigten Kunstfälscher, der in der Vergangenheit bereits mehrfach ins Blickfeld der Polizei geraten war.

„Gaston Mercier“, murmelte François. „Es passt alles zusammen. Wir brauchen nur die Bestätigung.“

Wir machten uns umgehend auf den Weg zu Merciers Atelier, das wir über die Liste der registrierten Adressen in den Akten fanden. Es lag in einem heruntergekommenen Gebäude am Rande des Künstlerviertels, ein Ort, der sowohl durch seine Kreativität als auch durch seine Brache bekannt war. Als wir ankamen, wartete das Team der Bereitschaftspolizei bereits auf uns, bereit zur Unterstützung, falls nötig.

„Let’s go“, sagte ich entschlossen und wies den Polizisten an, die Türen des Ateliers zu öffnen. Das Innere des Gebäudes war genauso verfallen wie seine Außenwände, doch in dieser Verkommenheit fanden wir genau das, wonach wir gesucht haben. In den hinteren Räumen entdeckten wir Spuren und Ausrüstungsgegenstände, die darauf hindeuteten, dass dies der Ort war, an dem Louisa und Camille wahrscheinlich das gestohlene Kunstwerk aufbewahrt hatten.

Mein Blick fiel auf einen Arbeitstisch, auf dem noch diverse Leinwände, Flaschen roter Tinte und Werkzeuge zum Restaurieren von Gemälden lagen. „Es sieht aus wie ein Tatort eines Fälschers“, sagte ich, während ich die Beweise sicherstellte.

„Wir sind auf der richtigen Spur“, sagte François. „Aber wir brauchen weitere Informationen. Gaston Mercier wird bald hier sein müssen. Irgendjemand muss uns zu 'L’Étranger' führen.“

Es war klar, dass wir damit einen großen Schritt weiter waren, aber die endgültige Lösung lag noch vor uns. Die Beute – das Kunstwerk – und die kriminellen Netzwerke, die sich darum rankten, mussten noch aufgedeckt werden.

Mit geduldiger Hartnäckigkeit würden wir diesen Fall zu Ende bringen. Marseille hielt noch immer viele Geheimnisse, aber die Linien der Wahrheit zeichneten sich bereits ab, und wir waren entschlossen, sie zu Ende zu verfolgen.

Kapitel 5: Kooperation und neue Erkenntnisse

Zurück im Büro, beschlossen François und ich, die Kollegen der Kunstdiebstahl-Abteilung um Unterstützung zu bitten. Wir wussten, dass ihre Expertise uns helfen könnte, einige der noch offenen Fragen zu beantworten. Das Team wurde von Inspektor Claire Dubois geleitet, einer erfahrenen Ermittlerin, die bereits mehrere große Fälle von Kunstdiebstählen in Marseille gelöst hatte.

Wir trafen Claire und ihr Team in ihrem hellen, geräumigen Büro im Polizeipräsidium. Es war mit Regalen voller Akten und Fotografien von gestohlenen Kunstwerken gefüllt. Claire begrüßte uns mit einem entschlossenen Lächeln. „Kommissare Marquanteur, Leroc. Was können wir für Sie tun?“

„Wir haben Hinweise darauf, dass Louisa Leblanc und Camille Roche in einen Kunstdiebstahl verwickelt waren, bevor sie ermordet wurden“, begann ich und legte unsere bisherigen Erkenntnisse dar.

François fügte hinzu: „Wir wissen, dass die Substanz, die wir auf ihren Kleidern gefunden haben, mit rotem Quecksilber in Verbindung steht – wahrscheinlich von alten Kunstfälschungen oder -restaurierungen.“

Claire nickte und sah uns aufmerksam an. „Ich verstehe. Haben Sie ein genaues Ziel für den Diebstahl? Irgendeine Theorie, welches Kunstwerk sie möglicherweise gestohlen haben?“

„Das wissen wir nicht genau“, gab François zu. „Wir wissen nur, dass es sich um ein wertvolles Gemälde handeln könnte, nicht unähnlich denen, die oft für hohe Summen versteigert werden.“

Claire wandte sich an einen ihrer Kollegen, Inspektor Jean-Luc Martin, der für die Datenbank mit gestohlenen Kunstwerken zuständig war. „Jean-Luc, überprüfen Sie bitte unsere Datenbank, ob es in letzter Zeit Berichte über gestohlene Kunstwerke gibt, die zu diesem Fall passen könnten.“

Jean-Luc nickte und begann, durch die Datenbank zu surfen. Nach einigen Minuten hielt er inne. „Hier ist etwas. Vor etwa einem Monat wurde ein wertvolles Gemälde von Antoine Carême aus einem Privathaushalt in Marseille gestohlen. Ein Werk aus dem 18. Jahrhundert, das unter dem Titel ‚La Mer Tranquille‘ bekannt ist.“

„Das ist es!“ sagte François, als er sich die Informationen ansah. „Wir haben den Namen schon erwähnt gehört.“

Claire nickte ebenfalls. „Das passt perfekt zu Ihren Hinweisen, Kommissare. ‚La Mer Tranquille‘ ist ein begehrtes Stück und würde auf dem Schwarzmarkt eine beträchtliche Summe einbringen. Louisa und Camille müssen es gesichert haben, bevor sie in Schwierigkeiten gerieten.“

„Wir wissen auch, dass Victor Laurent und Anton Petrov involviert sind“, fügte ich hinzu. „Laurent hat möglicherweise das Gemälde an Petrov übergeben, der es dann an einen gewissen ‚L’Étranger‘ weiterverkauft hat.“

Claire schürzte die Lippen und dachte nach. „L’Étranger… wir haben von ihm gehört. Ein mysteriöser Kunstsammler, der in Marseille und anderen Städten auftritt. Kein fassbarer Name oder Gesicht, nur durch seine Einkäufe und das Netz von Mittelsmännern bekannt.“

Jean-Luc erhob sich von seinem Schreibtisch. „Wir könnten unsere Kontakte in der internationalen Kunstszene anfragen. Vielleicht hat jemand dort Informationen über ‚L’Étranger‘ und seine Verbindungen.“

Ich nickte. „Das wäre hilfreich. Wir müssen diese Spur weiterverfolgen. Wenn wir ‚L’Étranger‘ finden, können wir nicht nur den Fall lösen, sondern auch die kriminellen Netzwerke dahinter aufdecken.“

„Ich werde sofort internationale Kontakte aktivieren“, sagte Claire und begann, Anrufe und Nachrichten zu koordinieren.

Es dauerte nicht lange, bis wir eine Antwort erhielten. Ein erfahrener Kunsthändler in Paris hatte Informationen über ‚L’Étranger‘. Er bestätigte, dass ‚L’Étranger‘ wirklich ein einflussreicher Sammler war und dass er immer über Mittelsmänner operierte, um seine wahre Identität zu verbergen. Außerdem deutete er an, dass ‚L’Étranger‘ in einem hochsicheren Anwesen etwas außerhalb von Marseille residierte.

„Das passt perfekt“, sagte François. „Wenn wir das Anwesen identifizieren, könnten wir den letzten Schritt machen und sowohl die Beute als auch den Drahtzieher hinter dem Mord finden.“

Wir dankten Claire und ihrem Team für ihre Unterstützung. Ihr Input war unverzichtbar für den Fortgang unserer Ermittlungen. François und ich wussten, dass wir nun in der Lage waren, das Puzzle fast vollständig zusammenzusetzen.

Im Polizeipräsidium wendeten François und ich uns direkt an Monsieur Marteau, um unsere nächsten Schritte abzustimmen. Er war mit den Entwicklungen sehr zufrieden. „Gut gemacht, Marquanteur und Leroc. Konzentrieren Sie sich auf das Anwesen und sichern Sie Kontakte zu unserem Kunsthändler in Paris, um eine Bestätigung für ‚L’Étrangers‘ Aufenthaltsort zu bekommen. Dann führen wir eine durchdachte Aktion durch.“

Mit klaren Anweisungen und neuer Entschlossenheit machten wir uns auf den Weg. Das verdächtige Anwesen lag in einem abgelegenen, luxuriösen Viertel, umgeben von hohen Mauern und schwer bewacht. Dies würde kein leichtes Spiel werden.

Wir koordinierten mit der örtlichen Sondereinheit eine detaillierte Überwachungs- und Zugriffsplanung. Im Morgengrauen waren alle Vorbereitungen getroffen. Mit Scharfsinn und Präzision gingen wir vor – bereit, die Wahrheit endlich ans Licht zu bringen und Marseille von ein wenig Dunkelheit zu befreien.

Als wir am Tor des Anwesens anlangten und den Einsatz begannen, spürte ich, dass wir unsere Gerechtigkeit näher rückten – für Louisa, Camille und die verlorenen Stücke dieser alten Stadt, die alles andere als vergessen würden.

Kapitel 6: Der letzte Akt

Das abgedunkelte Viertel lag still im frühen Morgenlicht, doch das Anwesen, das wir im Visier hatten, war der Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit. Die hochgewachsene Mauer, die das Gelände umgab, war mit Stacheldraht besetzt – ein deutliches Zeichen der Vorsicht und des Reichtums, den ‚L’Étranger‘ zu schützen versuchte. Die schwersten Türen lassen sich jedoch öffnen, wenn man den richtigen Schlüssel in der Hand hält.

Mit François an meiner Seite und dem Team der Sondereinheit in Bereitschaft, gab ich das Signal zum Vorrücken. Leise und koordiniert arbeiteten wir uns durch die verschlungenen Gartenwege, vorbei an den dekorativen Büschen und Statuen, die das Gelände zierten. Jeder Schritt war kalkuliert, jede Bewegung absichtlich unauffällig.

„Wir haben die Rückseite gesichert“, murmelte François in sein Funkgerät. „Bereit für den Zugriff.“

Ein kurzes Nicken von mir, und wir bewegten uns auf das imposante Gebäude zu. Die schweren Holztüren wurden von zwei Wächtern bewacht, doch sie waren keine wirklichen Hindernisse für unser trainiertes Team. In einer blitzschnellen Aktion wurden die Wachen überwältigt, die Türen geöffnet und wir bewegten uns ins Innere.

Das Anwesen war ebenso prächtig von innen – teure Kunstwerke zierten die Wände, opulente Möbelstücke füllten den Raum. Doch unser Ziel war klar. Wir mussten ‚L’Étranger‘ und das gestohlene Kunstwerk finden.

„Zimmer für Zimmer“, befahl ich dem Team. François und ich führten den Durchsuchungstrupp an, während wir systematisch jeden Raum überprüften. Teure Teppiche, Kronleuchter und wertvolle Antiquitäten wurden überflogen, bis wir auf die Bibliothek stießen.

Im Inneren der Bibliothek sahen wir einen Mann hinter einem schweren Schreibtisch sitzen. Er war elegant gekleidet, sein Gesicht eine Maske der Ruhe. Doch das Leuchten in seinen Augen verriet, dass er uns erkannt hatte. ‚L’Étranger‘ – der Mann ohne Gesicht, dessen Identität nun enthüllt war.

„Monsieur ‚L’Étranger‘“, sagte ich kühl, als wir ihn umstellten. „Sie sind verhaftet wegen Verdachts auf Kunstdiebstahl und Komplizenschaft bei Mord. Wo ist das Gemälde?“

Er lachte, ein kalter, emotionsloser Laut. „Kommissare, Sie haben keine Ahnung, in was für ein Spiel Sie eingreifen wollen. Das Gemälde ist keineswegs das Ende all dessen.“

François trat vor, seine Augen funkelten. „Ihre Spielchen sind vorbei. Sagen Sie uns, wo das Gemälde ist, oder wir durchsuchen jedes Stück dieses Anwesens, bis wir es finden.“

Ein Spalt an einer Seitenwand zog meine Aufmerksamkeit auf sich. „Da hinten. Öffnen Sie die Wandverkleidung.“

Zwei Männer aus der Sondereinheit rissen die Täfelung auf. Dahinter befand sich ein geheimer Raum, vollgestopft mit gestohlenen Kunstschätzen. In der Mitte jedoch hing „La Mer Tranquille“, das gesuchte Gemälde, in all seinen gestohlenen Glanz.

„Greifen Sie alles auf“, befahl ich dem Team. „Dies hier ist der Beweis, den wir brauchen.“

‚L’Étranger‘ wurde abgeführt, seine ruhige Fassade erstmals bröckelnd. Seine Kontakte und Komplizen wurden ebenfalls festgenommen. Der Fall war nun fast abgeschlossen, doch wir wussten, dass viel Arbeit noch bevorstand – nicht nur in den rechtlichen Verfolgungen, sondern in der Zerstörung der Netzwerke, die sich weiter nach unten in die kriminellen Bereiche zogen.

Zurück im Revier, als die Sonne zur Mitte des Himmels aufstieg und Marseille in sein freundliches Licht tauchte, trafen wir uns mit Monsieur Marteau.

„Gut gemacht, Kommissare“, sagte er zufrieden. „Sie haben nicht nur einen bedeutenden Kunstdiebstahl aufgeklärt, sondern auch Verbindungen zu weitreichenden kriminellen Aktivitäten aufgedeckt. Marseille ist Ihnen zu Dank verpflichtet.“

„Es war eine Teamarbeit“, erwiderte François bescheiden. „Und wir haben noch viel zu tun. Es sind noch viele unbeantwortete Fragen, insbesondere was die Verbindungen zu internationalen Kunstsammlern und weiteren illegalen Aktivitäten angeht.“

Ich nickte zustimmend. „Aber Schritt für Schritt. Heute haben wir etwas Großes erreicht.“

Ein Gefühl der Erleichterung durchzog mich. Nicht nur wegen des Erfolgs des Falls, sondern auch, weil die Gerechtigkeit für Louisa und Camille endlich erreicht war. Diese beiden jungen Frauen, die in einen Sog des Verbrechens geraten waren, hatten ihr Leben verloren – doch ihr Tod hatte den Impuls gegeben, die dunklen Machenschaften aufzudecken.

*

Später, als François und ich in einem kleinen Café am Hafen saßen und den Ausklang des Tages genossen, dachte ich an die verzweigten Wege und die Geschichte von Marseille. Diese Stadt war eine pulsierende Mischung aus alter Schönheit und moderner Gefahren. Mit jeder Welle, die die Hafenmauern umspülte, erinnerte Marseille daran, dass es immer an uns lag, ihre Abgründe zu erforschen und für Ordnung zu sorgen.

„Auf Gerechtigkeit“, sagte François und hob sein Glas.

„Und auf die, die sie erkämpfen“, erwiderte ich, bevor wir anstießen.

Während die Stadt um uns herum weiterlebte und die Dunkelheit über das Meer zog, waren wir bereit für die nächsten Herausforderungen. Unser Job war nicht beendet und Marseille, die Stadt der Geschichten, hielt unzählige weitere Rätsel bereit – wir waren bereit, sie zu lösen.

Kapitel 7: Die endgültigen Verhöre

Zurück im Verhörraum lagen die letzten Fäden dieses Netzwerks offen. Die Sonne stand hoch am Himmel, und es war, als ob ihr Licht die Wahrheit ans Tageslicht bringen wollte. Die blassen, kahlen Wände des Raums warfen das Licht der Deckenlampen zurück, blendeten fast und schufen eine Atmosphäre der Klarheit und Offenheit – genau das, was wir jetzt brauchten.

‚L’Étranger‘ war sicher in Gewahrsam und angesichts der Beweise, die wir in seinem Anwesen sichergestellt hatten, war es an der Zeit, jede verbliebene Frage zu beantworten und die Lücken zu schließen.

„Führen Sie Victor Laurent zuerst hinein,“ befahl ich und stellte mich neben François, der den Raum vorbereitete.

Laurent betrat den Raum, von zwei Beamten flankiert, und setzte sich an den Tisch, ein Hauch von Arroganz immer noch auf seinem Gesicht, obwohl er nun wusste, dass sein Spiel zu Ende war. Die schwere Tür fiel hinter ihm ins Schloss, und François begann.

„Monsieur Laurent, wir haben klare Beweise, dass Sie in den Diebstahl und den darauffolgenden Morden an Louisa Leblanc und Camille Roche verwickelt sind. Beginnen Sie mit dem zu erzählen, was Sie wissen, und erleichtern Sie sich selbst.“

Laurent lehnte sich zurück, die Arme verschränkt. „Die jungen Frauen, Louisa und Camille, hatten sich übernommen. Sie kamen zu mir mit einem Vorschlag, das Gemälde ‚La Mer Tranquille‘ zu stehlen. Ich hatte die Mittel und die Kontakte, um das Werk an einen einflussreichen Käufer weiterzuleiten.“

„Und Anton Petrov? Der hat doch auch eine Rolle gespielt.“, fügte François hinzu.

„Ja“, bestätigte Laurent. „Petrov hatte die Verbindungen zur internationalen Kunstszene. Doch als die Frauen das Gemälde erfolgreich beschafft hatten, entschlossen sie sich, mehr zu fordern. Dummes Verhalten, wenn Sie mich fragen. Petrov verlor die Geduld. Außerdem hat der Kunde ihn unter Druck gesetzt.”

“L’Etranger?”

“Ja.”

“Warum?”

“Es sollte auf gar keinen Fall eine Spur zu ihm führen. Das die beiden Mademoiselles plötzlich den Preis erhöhen wollten, war völlig inakzeptabel für L’Etranger. Wissen Sie, jemandem, so etwas tut, kann man nicht trauen. Und in diesem Geschäft geht es um Vertrauen.”