Zwei Herzen im Winter - Chris Fabry - E-Book

Zwei Herzen im Winter E-Book

Chris Fabry

5,0

Beschreibung

Es stürmt. Es schneit. Ähnlich sieht es in der Ehe von Marlee und Jacob aus. Beide sind müde vom kräftezehrenden Ringen miteinander. Doch auf dem Weg zur Unterzeichnung ihrer Scheidungspapiere kommt es zu einem Zwischenfall mit nachhaltigen Folgen ... Eine kraftvolle, anrührende Geschichte von den Bestseller-Autoren Chris Fabry ("Junikäfer, flieg") und Gary Chapman ("Die fünf Sprachen der Liebe").

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Chris Fabry & Gary Chapman

Zwei Herzen

im Winter

Aus dem Englischen

übersetzt von Silvia Lutz

Die amerikanische Originalausgabe erschien im Verlag Moody Publishers, USA, unter dem Titel „A Marriage Carol“.

All rights reserved.

© 2011 by Chris Fabry and Gary Chapman

© der deutschen Ausgabe 2013 by Gerth Medien GmbH, Dillerberg 1, 35614 Asslar

Die Bibelstellen sind der Übersetzung „Hoffnung für alle“ entnommen.

Durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung,

©1986, 1996, 2002 by International Bible Society, USA.

Übersetzt und herausgegeben durch:

Brunnen Verlag Basel, Schweiz.

Lektorat: Verena Keil

Umschlaggestaltung: Julia Ryan; DesignByJulia.com/ Michael Wenserit

Umschlagfotos: iStockphoto.com

Umsetzung eBook: Greiner & Reichel, Köln

ISBN 978-3-96122-047-2

Über die Autoren:

Chris Fabry hat bereits rund 60 Bücher veröffentlicht. Unter anderem war er Koautor bei der „Finale für Teens“-Reihe. Außerdem moderiert er eine eigene Radiosendung, „Chris Fabry live!“. Sein erster Roman „Dogwood“ wurde mit dem renommierten „Christy Award“ ausgezeichnet. Chris Fabry ist Vater von neun Kindern und lebt mit seiner Familie in Arizona.

Gary Chapman arbeitet als Seelsorger seiner Gemeinde. Er ist seit vielen Jahren ein international bekannter und gefragter Eheberater. Sein Buch „Die 5 Sprachen der Liebe“ wurde weltweit zum Bestseller. Er hat zwei erwachsene Kinder und lebt mit seiner Frau Karolyn in North Carolina, USA.

Für alle, die verwundet sind.

Für alle, denen kalt geworden ist, und für alle,

die kämpfen. Möge diese Geschichte ihnen Wärme,

Leben und vor allem Hoffnung schenken.

Ouvertüre

Ich weiß, was Sie sagen werden: Du hast den falschen Mann geheiratet.

Ich weiß das, weil ich das selbst gesagt habe. Aber das war vor dem Winter, in dem unsere Unzufriedenheit ihren Höhepunkt erreichte, und vor den Plänen, die wir an diesem Heiligabend hatten. Das war vor dem Schnee.

Der Schnee hat mich etwas gelehrt. Wenn wir es zulassen, lehrt er uns immer etwas.

Ich habe gelernt, dass es gefährlich ist, wenn einem die Augen geöffnet werden. Es ist gefährlich zu sehen. Es ist gefährlich zu lieben.

Wenn wir uns damals, vor so langer Zeit, nur gemocht hätten, wenn wir nur „Glück“ gesucht hätten, wäre alles leichter. Wenn es einem nur darum geht, sich besser zu fühlen, kann man seine Sachen packen, weiterziehen, aus dem Zug aussteigen und sich nach etwas Neuem umschauen. Aber Liebe macht dich empfindlich für die Kälte. Liebe holt dich bei einem Schneesturm aus dem Haus. Inmitten einer zitternden, wackeligen Welt, in der alles aus den Fugen geraten ist und in der du nackt im bitterkalten Wind stehst und suchst, was unter dem Schnee vergraben ist.

Liebe kann man nicht planen. Wenn sie kommt, kann man sich nicht gegen sie entscheiden. Wahre Liebe hört nicht auf, wenn der andere weggeht. Du kannst einen Menschen, eine Familie, einen Ort in deinem Herzen verlassen, aber Narben und Erinnerungen lassen sich nicht ablegen wie benutzte Kleidung. Liebe, die echt ist, kann man nicht aufgeben, weil sie nicht aus uns selbst kommt, sondern aus einer unsichtbaren Quelle. Diese Quelle versorgt die Seele mit Nahrung.

Vielleicht sagen Sie jetzt, dass Sie nie wahre Liebe erfahren haben. Dass es von Anfang an falsch war. Oder dass Ihre Liebe im Laufe der Zeit erkaltet ist. Aber selbst wenn Liebe steinhart ist, kann sie nicht getötet werden; die Wasserquelle kann nicht abgeschnitten werden. Liebe findet immer einen Weg, selbst wenn die Tropfen zu Eis gefroren sind.

Ich habe erkannt: Unser Leben wird von unseren Entscheidungen bestimmt, und unsere Entscheidungen sind wie Schneeflocken, die sich um uns herum aufhäufen, bis die Wärme, die wir in uns gefühlt haben, einschläft, verwelkt und stirbt. Dann sind wir uns selbst und den Folgen unserer Entscheidungen überlassen. Das Herz wird zur Quelle und der Sonne und des Lebens hingezogen. Mit Liebe bewegen wir uns zielgerichtet und intuitiv. Ohne Liebe straucheln wir und suchen blind nach dem schmalen Weg.

Ich will Ihnen erzählen, was passiert ist. Auch wenn es schmerzvoll ist, will ich Ihnen die Wahrheit zeigen. Ich bete, dass Sie zuhören. Ich bete, dass Sie sich ein kleines bisschen öffnen. Ich bete für einen winzigen Spalt in Ihrem guten Herzen, für ein Funkeln in Ihren Augen oder etwas in Ihrem Bauch, das Ihnen sagt, dass dies der Weg ist – dass dieser Weg Sie durch die Schneewehen und über die aufgetürmten Berge in Ihrem Leben führt. Irgendetwas in Ihnen glaubt an Wunder: dass der Tod – auch wenn es einem so vorkommt – nicht das Ende ist. Dass etwas, das in einem Grab liegt, wiederauferstehen kann.

Ich träumte von der Liebe wie von einer Erinnerung. Ich berührte den Spiegel und wischte den Dampf weg, um mein verschwommenes Spiegelbild im Nebel zu sehen. Ich sehnte mich nach einer klaren Sicht auf das Leben. Diese Sicht wurde mir geschenkt. Was ich dabei in mir sah, war eine kahle, dürre Wüste.

Es gibt auf der Erde keine kahle Stelle, an der die Liebe nicht einen Garten aufblühen lassen kann. Nicht einmal unser Herz ist davon ausgenommen.

1. Akt

Die Abkürzung

Wann sagen wir es den Kindern?“

Er stellte diese Frage ohne Gefühlsregung, ohne Emotionen, ohne diese Worte besonders zu betonen. Er sagte es, als frage er nach dem aktuellen Aktienkurs von Microsoft. Es waren seine ersten Worte nach fast zwanzig Minuten, die wir gemeinsam im Auto saßen. An unserem Hochzeitstag.

„Nach Weihnachten“, sagte ich genauso nüchtern und kalt wie er. „Heute Abend und morgen noch nicht.“

„Glaubst du nicht, dass sie es inzwischen wissen? Dass sie wenigstens ahnen, dass etwas im Gange ist?“

„David nicht, er ist noch zu jung. Justin stellt Fragen und schaut mich manchmal seltsam an; er wird es verkraften. Wirklich Sorgen mache ich mir um Becca.“

„Kinder sind widerstandsfähig. Wenn sie es noch nicht wissen, werden sie es verstehen. So ist es das Beste. Für uns alle.“

Ich hoffte, er hatte recht.

„Jetzt können sie jedes Jahr zweimal Weihnachten feiern“, sagte er.

Die Scheibenwischer bewegten sich in ihrem eigenen Rhythmus, während der Schnee in dicken Flocken vom Himmel fiel. Die Landschaft war aufgrund der Schneefälle in den vergangenen Tagen unter einer weißen Decke verschwunden. Die Straße – besser gesagt, die wenigen Stellen, an denen man die Straße sehen konnte – glänzte aufgrund der Feuchtigkeit und der sinkenden Temperaturen heimtückisch. Die Autos fuhren vor uns im Schneckentempo eine Steigung hinauf. Jacob gab Gas, fuhr zu dicht hinter dem Auto vor uns auf und suchte eine Gelegenheit, um zu überholen.

„Bist du sicher, dass er in seiner Kanzlei ist?“, fragte ich, während ich ängstlich aus dem Fenster schaute und mich gegen einen Auffahrunfall wappnete. „Bei diesem Wetter? An Heiligabend?“

„Er ist noch da. Ich habe angerufen, bevor wir losgefahren sind. Die Papiere sind fertig.“

„Hat er eine Familie?“, fragte ich.

„Was?“ Er sagte das mit einer kräftigen Portion Herablassung in der Stimme und setzte einen Blick auf, den ich nicht ertragen konnte. Auf diesen Blick konnte ich für den Rest meines Lebens verzichten.

„Hat er eine Familie? Eine Frau? Kinder?“

„Keine Ahnung.“ Es klang noch herablassender. „Ich wusste nicht, dass das eine Vorbedingung für dich ist.“

„Ist es auch nicht. Mich hätte es nur interessiert. An Heiligabend arbeiten … Kein Wunder, dass er Scheidungsanwalt ist.“

Das Schweigen wurde ihm jetzt zu viel und er schaltete das Autoradio ein. Es überraschte mich, dass er das nicht schon früher getan hatte. Die Uhr zeigte 15:18 an. Der Rundfunksprecher beendete gerade seine Ansage. Es folgten ein Werbespot über ein verstellbares Bett, Verkehrsmeldungen und der Wetterbericht. Stau auf den Hauptstraßen und weiterhin kaltes Wetter wurden gemeldet und ein noch weißeres Weihnachten angekündigt. Zehn bis zwanzig Zentimeter Neuschnee in den nächsten Stunden. Vielleicht noch mehr. Eine Kaltfront würde heranziehen und noch stärkere Niederschläge in den höheren Lagen mit sich bringen.

„Können wir einen anderen Sender hören?“, fragte ich.

Er unterdrückte ein Schnauben und drückte die UKW-Taste. Es war sein Auto; unter der UKW-Taste war also kein Sender gespeichert. Er drückte auf „Sendersuchlauf“.

Er runzelte die Stirn. „Drück auf die Taste, wenn dir etwas gefällt.“

Gene Autrys Stimme ertönte mit dem Song Rudolph the Red-Nosed Reindeer. Dieses Lied weckte in mir eine schmerzliche Sehnsucht nach unseren Kindern. Besonders nach David, der immer noch an den Weihnachtsmann und Rentiere glaubte. Auf dem nächsten Sender sang José Feliciano Feliz Navidad. Dann erschien auf dem Display der Name eines christlichen Radiosenders, der gerade eine Version von „Stille Nacht“ spielte. Diesen Sender konnte ich nicht hören, weil ich mich wegen unserer Pläne schuldig fühlte.

Paul McCartney sang, dass die Stimmung passe und alle gut gelaunt seien und einfach ein wunderbares Weihnachten hätten. Ich wünschte, das könnte ich auch sagen. Die Band „Journey“ sang: „Hör nicht auf zu glauben“, aber damit hatte ich vor langer Zeit aufgehört, zumindest, was unsere Ehe betraf. So hatten wir das vor zwanzig Jahren nicht geplant, auch wenn der Schneesturm damals ähnlich war. Auf den Tag genau zwanzig Jahre, nachdem ich in einem Kleid, das meine Mutter und ich ausgesucht hatten, zum Altar geschritten war, trug ich jetzt eine Jeans, ein altes T-Shirt und einen Mantel und fuhr über eine schneeglatte Straße auf eine Scheidung in beiderseitigem Einvernehmen zu.

Die drei Kinder und der Vogel würden bei mir wohnen (ein Hund machte zu viel Unordnung und Jacob hat eine Allergie gegen Katzen). Er würde nach Neujahr in eine eigene Wohnung ziehen. Jacob versprach, dass er sich weiterhin mit um die Kinder kümmern würde. Es gab keine andere Frau, soweit ich wusste. Das war nicht unser Problem. Die Probleme reichten viel tiefer als nur Untreue.

Als ich den Sänger Imogen Heap hörte, drückte ich auf die Taste. Endlich überhaupt nichts Weihnachtliches. Eine eigenwillige Musik und eine künstliche Stimme erklangen, die meine Gedanken von der Gegenwart ablenkten. Das soll angeblich ein Geschenk sein, habe ich gehört.

„Ich habe von dieser Straße genug“, sagte Jacob. „Ich nehme die Abkürzung.“

„Über den Bergpass? Bei diesem Wetter?“ Zwei kritische Fragen auf seine kurze sachliche Aussage.

„Dieser Weg ist nur halb so lang. Auf dem Pass ist niemand unterwegs.“

„Meinst du nicht, wir sollten auf der Straße bleiben, die sie geräumt haben?“

Er ignorierte meinen Einwand und bog scharf nach links ab. Das hintere Ende des Autos rutschte nach rechts. Ich klammerte mich instinktiv am Türgriff fest, als er gegensteuerte. Ich erntete das typische Jacob-Kopfschütteln. Das Kopfschütteln war wie immer begleitet von sich verdrehenden Augen und einem Seufzen.

„Vertrau mir ausnahmsweise“, sagte er.

Ich wollte eine Million kleine Beispiele aufzählen, bei denen ich versucht hatte, ihm zu vertrauen. Eine Million Beispiele, bei denen er mich enttäuscht hatte. Zwanzig Jahre lang hatte ich Gründe gesucht, mein Vertrauen ganz auf ihn zu setzen. Aber wie vertraut man jemandem, der das Vertrauen verspielt hat? Es gab Augenblicke, in denen Zuneigung aufgeflackert war, Rosen als Entschuldigung, aber die Rosen verwelkten und starben. Und dann waren wir in diese Richtung abgebogen, er auf der Hauptstraße und ich auf der Nebenfahrbahn, getrennt, aber immer noch mehr oder weniger in derselben Richtung. Zwei Monde, die um denselben Planeten kreisten, aber selten die Umlaufbahn des anderen kreuzten.

„Ich will nicht, dass die Kinder auf unsere Beerdigung gehen müssen“, murmelte ich.

Er trat mit voller Wucht auf die Bremse und mir entfuhr ein lauter Schrei, als wir erneut zu schlingern anfingen. Eine passiv-aggressive Fahrweise ist seine Spezialität.

„Gut, ich wende.“

Ich hielt mir mit beiden Händen den Kopf. Tränen traten mir in die Augen. Ich schaltete das Autoradio aus und hörte mich sagen: „Nein, fahr einfach weiter.“

Diese Bergstraße war früher meine Lieblingsstrecke gewesen. Im Sommer, wenn die Bergwiesen in voller Blüte standen, hatte ich, als Becca noch klein gewesen war, oft die Abkürzung über den Berg genommen, um ihr zu zeigen, wie andere Menschen leben – nicht in Häuser eingepfercht, die so dicht nebeneinanderstehen, dass man kaum atmen kann, sondern neben großen Blumenwiesen mit grasenden Kühen und Pferden, die das frische Gras genießen. Ich beneidete die Menschen in den Bergen, die nicht so sehr in einem Hamsterrad leben, sondern mehr mit der Erde verbunden sind. Als Kind träumte ich davon, auf einem Pferdehof zu leben, jeden Tag zu reiten, Boxen auszumisten und sie mit Hafer und Äpfeln zu füttern. Aber diese Träume starben eines langsamen Todes und es ragten nur noch vier Hufe aus dem gefrorenen Schnee heraus, zusammen mit dem Traum von einer glücklichen Familie, einer guten Ehe, der Erfüllung und einer lebenslangen Liebe.

Jacob schaltete das Radio ein, während wir stetig bergauf fuhren; ihn störte offensichtlich wieder die Stille zwischen uns. Sprüche über den Weihnachtsmann und der stündliche Wetterbericht wurden von einer Meldung unterbrochen: Durch einen Auffahrunfall, in den neun Autos verwickelt waren, wurde die Hauptstraße voll gesperrt.

„Ich habe dir ja gesagt, dass es vernünftig ist, über den Pass zu fahren“, sagte er. Ich würde es nicht selbstgefällig nennen. Jacob war nicht der Typ, der selbstgefällig war. Er strahlte vielmehr eine unglaubliche Gleichgültigkeit aus. Vielleicht war das der Grund. Er war der Fluss, der gleichgültig und ungerührt dahinfloss, während ich die Straße war. Die Leidenschaft war fort. War sie je da gewesen? Es ist schwer, sich an ein Feuer zu erinnern, wenn die Glut unter dem Schnee begraben ist. Ja, früher hatte es sie einmal gegeben. Aber Dinosaurier hatte es auch einmal gegeben.