Zweimal den Kommissar unterschätzt: Zwei Krimis - Alfred Bekker - E-Book

Zweimal den Kommissar unterschätzt: Zwei Krimis E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Zweimal den Kommissar unterschätzt: Zwei Krimis von Alfred Bekker Über diesen Band: Dieser Band enthält folgende Krimis von Alfred Bekker: Kommissar Jörgensen und die menschliche Bombe Kubinke und die Selbstmörder Eine Reihe von erzwungenen Selbstmorden unter Mitgliedern von kriminellen Banden lässt den Verdacht aufkommen, dass jemand aufräumen will. Die Art des Vorgehens ist die des Masterminds. Doch wer ist dieser Mastermind? Niemand scheint ihn zu kennen. Die beiden Kriminalinspektoren Harry Kubinke und Rudi Meier machen sich auf die Suche nach dem unbekannten Killer ... Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton Reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden und Janet Farell.

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Veröffentlichungsjahr: 2022

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Zweimal den Kommissar unterschätzt: Zwei Krimis

Alfred Bekker

Published by Alfred Bekker, 2022.

Inhaltsverzeichnis

Title Page

Zweimal den Kommissar unterschätzt: Zwei Krimis

Copyright

Kommissar Jörgensen und die menschliche Bombe: Hamburg Krimi

Copyright

Kommissar Jörgensen und die menschliche Bombe

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About the Author

About the Publisher

Kubinke und die Selbstmörder: Kriminalroman

Kubinke und die Selbstmörder: Kriminalroman

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Zweimal den Kommissar unterschätzt: Zwei Krimis

von Alfred Bekker

Über diesen Band:

Dieser Band enthält folgende Krimis

von Alfred Bekker:

Kommissar Jörgensen und die menschliche Bombe

Kubinke und die Selbstmörder

Eine Reihe von erzwungenen Selbstmorden unter Mitgliedern von kriminellen Banden lässt den Verdacht aufkommen, dass jemand aufräumen will. Die Art des Vorgehens ist die des Masterminds. 

Doch wer ist dieser Mastermind? Niemand scheint ihn zu kennen.

Die beiden Kriminalinspektoren Harry Kubinke und Rudi Meier machen sich auf die Suche nach dem unbekannten Killer ...

Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton Reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden und Janet Farell.

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker (https://www.lovelybooks.de/autor/Alfred-Bekker/)

© Roman by Author / COVER BIRGIT HAEHNKE

© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

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Kommissar Jörgensen und die menschliche Bombe: Hamburg Krimi

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© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Alles rund um Belletristik!

Kommissar Jörgensen und die menschliche Bombe

von Alfred Bekker

1

Hamburg 2001

Wir trugen Nachtsichtgeräte und kugelsichere Westen.

Mitten in dem Waldstück im Stadtpark befanden sich mehrere Limousinen mit laufendem Motor auf einen schmalen, unbefestigten Weg, der normalerweise nur von Joggern benutzt wurde. Etwa ein halbes Dutzend Personen standen herum. Männer in dunklen Anzügen und MPis im Anschlag ließen nervös den Blick schweifen.

Ein hagerer Mann mit grauen Haaren und ein Koloss mit starkem Übergewicht standen sich gegenüber. Jeder hatte einen seine bewaffneten Leibwächter in der Nähe. Unter den Bodyguards des Hageren befanden sich mein Freund und Kollege Roy Müller ...

Wir hatten ihn als verdeckten Ermittler bei Jan Sieweke, einem Kokain-Händler untergebracht. Da einige von Siewekes Leuten in letzter Zeit bei den immer wieder aufflackernden Bandenkriegen umgekommen waren, hatte Roy die Chance gehabt, ziemlich schnell in eine ziemlich wichtige Position zu kommen. Über die Mikrofone, die Roy am Körper trug, hörten wir jedes Wort, das gesprochen wurde.

Wir standen kurz vor dem entscheidenden Moment.

Der Mann, an den wir eigentlich heran wollten, war der Dicke.

Anton Plonka, einer der aggressivsten Bandenchefs, die zur Zeit aus der Unterwelt emporstrebten. Er hatte einen Teil des Kokain-Handels binnen kürzester Zeit unter seine Kontrolle gebracht. Wir hatten Grund zu der Annahme, dass er dabei nicht einmal vor der Ermordung von Verwandten haltgemacht hatte. Ein Krimineller, dem die Regeln der Altvorderen offenbar nicht sonderlich viel bedeuteten. Plonka war 32 - wenn ihm nicht ein früher Tod durch seine Fettsucht einen Strich durch die Rechnung machte, hatte er eine glänzende Karriere in der Unterwelt vor sich.

Aber wir dachten gar nicht daran, ihn noch weiter hochkommen zu lassen.

Plonka hatte jetzt schon genug auf dem Kerbholz.

Und in dieser Nacht wollten wir den Sack zumachen.

Irgendwo zwischen den Büschen saß einer unserer Kollegen mit einer Video-Kamera. Richtmikrofone waren außerdem noch auf die Szenerie gerichtet. Wir waren also nicht nur auf die Mikros angewiesen, die der Kollege Roy Müller gut getarnt am Körper trug.

Man konnte nie wissen ...

Das Schlimmste, was uns passieren konnte war, am Ende ohne gerichtsverwertbare Beweise in nennenswertem Umfang vor dem Staatsanwalt zu stehen. Dieser Schlag gegen das organisierte Verbrechen musste sitzen. Andernfalls hatten wir in den nächsten Jahren einiges an Ärger zu erwarten. Denn zweifellos hatte der Dicke große Pläne.

»Erst das Geld!«, sagte einer von Plonkas Leuten.

Wir hörten ihn alle über unsere Ohrhörer. Ich hielt die Dienstpistole vom Typ SIG Sauer P226 mit beiden Händen, wie zwei Dutzend weitere Kollegen bereit dazu, jeden Moment aus dem Gebüsch hervorzustürzen und der Aktion den krönenden Abschluss zu geben: Plonkas Verhaftung, nachdem man ihn in flagranti beim Deal seines Lebens erwischt hatte.

Jeder von uns wartete darauf, dass der stellvertretende Chef Stefan Czerwinski den Einsatzbefehl an uns alle weitergab. Bis dahin hieß es, regungslos auszuharren.

Jan Sieweke winkte einem seiner Leute. Ein bulliger Kerl im dunklen Anzug kam mit einem Koffer herbei, öffnete ihn, so dass Anton Plonka den Inhalt sehen konnte.

»Jetzt die Ware!«, forderte Jan Sieweke.

In Anton Plonkas Mundwinkel steckte ein Zigarrenstummel. Er nahm ihn mit zwei Fingern heraus, verzog das Gesicht.

Das Ding war ihm offenbar verloschen. Anstatt etwas zu sagen, machte er eine knappe Geste. Einer seiner Leute öffnete einen Kofferraum. Plonka deutete dorthin. Er spuckte irgendetwas aus, winkte Sieweke herbei und ging mit ihm zusammen zum Wagen.

Die Leibwächter beider Seiten wurden etwas nervös, als Plonka seine fleischige Pranke auf Jans Schulter legte.

Sie erreichten den Wagen.

Es standen zu viele Leute herum. Man konnte nicht sehen, was sich im Kofferraum befand. Aber wenn sich unser V-Leute-Netz nicht völlig vertan hatte, dann war der Kofferraum voll von sorgfältig abgepacktem Kokain höchster Reinheitsstufe.

Kollege Roy Müller wich etwas zurück. Er wusste, dass es gleich losgehen würde. Sein Blick streifte kurz über die umliegenden Gebüsche. Er wollte natürlich möglichst nicht in der Schusslinie stehen, wenn es losging.

Wir trugen Kevlar-Westen, Roy aber nicht.

Plonka nahm ein Plastikpäckchen aus dem Kofferraum heraus. Der Inhalt war weiß.

»Hier, Jan! So guten Stoff hast du noch nie ...«

Weiter kam Plonka nicht mehr. Eine gewaltige Detonation riss Jan Sieweke förmlich auseinander und erwischte auch den nur wenige Zentimeter von ihm entfernt stehenden Plonka. Beide wurden durch einen Feuerball eingehüllt. Die in der Nähe stehenden Leibwächter wurden wie Puppen durch die Luft geschleudert. Schreie gellten durch die Nacht.

»Verdammt, was ist da los?«, hörte ich meinen Kollegen Fred Rochow über mein Headset, das mich mit den anderen akustisch verband.

Ganz offensichtlich war jemand schneller als wir gewesen und hatte Plonka auf seine Weise ausgeschaltet. Leider würde ihm jetzt niemand mehr irgendwelche Fragen stellen können.

Aber das war vielleicht auch der Sinn dieser Aktion.

Druckwelle und Hitze waren bis zu uns spürbar gewesen.

Wer immer dahinter stehen mochte, hatte auf Nummer sicher gehen wollen.

Sekunden später glich der Treffpunkt mitten im Waldstück einem Schlachtfeld. Schrecklich verstümmelte, halbverkohlte Leichen und Leichenteile lagen überall herum.

Die Überlebenden rappelten sich auf. Einer der Kerle ließ vor lauter Nervosität seine MPi losknattern. Einige Zweige kamen von den Bäumen herunter.

»Einsatz!«, befahl Stefan Czerwinski über Headset an alle.

Auch wenn diese Aktion absolut nicht so verlaufen war, wie wir sie geplant hatten - wir mussten sie jetzt so zu Ende bringen, dass uns wenigstens die niederen Chargen der Bande nicht durch die Lappen gingen. Ich sah mich nach Roy um.

Er trug zwar Mikros am Körper, so dass wir hören konnten, was in seiner Umgebung gesprochen wurde, aber ein Ohrhörer wäre zu risikovoll gewesen.

Wir stürzten mit der Waffe im Anschlag aus unserer Deckung hervor.

»Kriminalpolizei! Waffen fallenlassen!«, erscholl es über ein Megafon.

Offenbar glaubte einer der Kerle nicht daran, er ballerte mit seiner MPi drauflos. Ich warf mich zu Boden.

Sandra Matting, eine junge Kollegin, die gerade bei uns auf der Dienststelle angefangen hatte, erwischte die Garbe voll. Ihr Körper zuckte. Der Großteil der Projektile traf sie am Oberkörper. Dort, wo die Kevlar-Weste sie gut schützte. Trotzdem konnten solche Treffer blaue Flecken, manchmal sogar Rippenbrüche verursachen, denn die Aufprallenergie der Geschosse wurde durch die Undurchlässigkeit der Weste ja lediglich auf ein größeres Gebiet verteilt, so dass ihnen die Durchschlagskraft genommen wurde. Die Wucht blieb.

Sie schrie auf.

Eine Kugel erwischte sie am Kopf.

Der MPi-Mann ließ uns keine andere Wahl. Nur Sekundenbruchteile später zuckte auch sein Körper. Mehrere von uns feuerten auf ihn. Er sackte zu Boden, blieb regungslos liegen.

Vielleicht hatte er einfach nicht daran glauben können, dass es wirklich die Kriminalpolizei war, das sie eingekreist hatte.

Angesichts der Explosion hatte er wohl eher mit einer konkurrierenden Gang gerechnet.

Für Kollegin Sandra Matting war es der erste und letzte Einsatz dieser Art gewesen.

Wir rappelten uns auf, stürmten weiter. Die anderen überlebenden Gangster waren zum Glück vernünftiger. Angesichts der Übermacht warfen sie die Waffen weg.

Jetzt sah ich auch Roy. Er hatte sich hinter einer der Limousinen verschanzt.

Einen nach dem anderen nahmen wir fest. Insgesamt fünf Personen. Ein weiterer war in einem beklagenswerten Zustand. Er lag in seinem Blut. Über Funk forderten wir die Notfallambulanz an. Meine Kollegen Ollie Medina und Fred Rochow führten Erste-Hilfe-Maßnahmen durch, aber es war fraglich, ob sie ihn lange genug durchbringen konnten.

Ich steckte schließlich die SIG wieder ein, wandte mich an Roy.

»Alles okay?«

»Mit mir schon, Uwe.«

»Das meinte ich.«

Roy war so geschockt wie wir alle. Vielleicht sogar noch ein bisschen mehr. Denn um ein Haar hätte auch er so dicht bei der Detonation gestanden, dass nicht viel mehr als ein paar abgerissene, halbverkohlte Gliedmaßen von ihm übrig geblieben wäre.

Ich hörte beiläufig, wie Stefan Czerwinski die Kollegen des zentralen Hamburger Erkennungsdienstes anforderte. Außerdem sollte Wilfried Barkow, unser Chef-Feuerwerker, so schnell wie möglich den Weg hierherfinden. Wahrscheinlich befand sich Wilfried gerade im Bett und musste erst herausgeklingelt werden. Aber was die Detonation anging, die hier stattgefunden hatte, so mussten wir einen Spezialisten an die Sache heranlassen.

Roy und ich traten an den Kofferraum der Limousine heran, vor dem Jan Sieweke und Anton Plonka ihren Deal hatten über die Bühne bringen wollen.

Überall war Kokainstaub.

Stoff in einem Wert, wie ihn sich ein gewöhnlich Sterblicher kaum vorstellen konnte, war im wahrsten Sinn des Wortes in die Luft gegangen. Einiges war direkt verschmort. Aber einige Kilos verwehte jetzt der Wind.

»Sandra Matting hat es erwischt«, meinte ich.

»Die Neue?«, fragte Roy.

»Ja.«

»Verdammt!«

Ich sah mir die Stelle an, an der die Überreste von Plonka und Sieweke zu finden waren. Es war kaum etwas von den beiden übrig geblieben. Ein Anblick wie aus einem Gruselkabinett. Es konnte einem schlecht werden dabei.

»Offenbar hat Plonka es mit seinem aggressiven Eroberungskurs etwas übertrieben«, meinte ich.

Roy nickte düster.

Wir sind beide einiges gewöhnt. Schließlich kommt es im Rahmen unserer Tätigkeit als Kommissare häufig vor, dass wir einen Tatort in Augenschein nehmen müssen. Aber diesmal war Roys Gesicht ziemlich blass geworden.

»Die Zahl von Plonkas Feinden dürfte genauso schnell angestiegen sein wie die Zahl seiner Untergebenen«, meinte mein Freund und Kollege.

»Fällt dir irgendetwas ein, was im Nachhinein auf das hier hinwies?«, fragte ich Roy. Schließlich war er in den letzten Wochen beinahe rund um die Uhr in Siewekes Umgebung gewesen.

Roy wirkte nachdenklich, schüttelte dann schließlich den Kopf.

»Das sollte ein ganz normaler Deal werden. Vielleicht etwas größer als bisher. Sieweke sollte von Plonka zu einem seiner Hauptverteiler aufgebaut werden.«

»Sagte Sieweke das?«

»Ja. Aber Jan ging davon aus, dass ihm in Plonkas Organisation eine blendende Zukunft bevorstünde.«

»Offenbar hatte jemand was dagegen.«

»Allerdings!« Roy machte eine kurze Pause, ehe er dann fortfuhr: »Die beiden hatten übrigens noch ein anderes Geschäft vor.«

»Welches?«

»Handel mit gefälschtem CiproBay. Du weißt doch, dieses Anti-Milzbrand-Präparat. Der Hersteller kommt mit der Lieferung kaum nach und verdient sich 'ne goldene Nase daran, seit ein paar Irre dazu übergegangen sind, Milzbrandsporen in großem Stil über die Post an Senatsabgeordnete und Medienvertreter zu verschicken.«

Eine regelrechte Hysterie war seitdem in dieser Hinsicht ausgebrochen. Auch bei unseren Kollegen vom BKA waren schon derartige, mit Milzbrand-Sporen versehene Sendungen eingegangen. Ob islamistische Terroristen dahintersteckten oder einheimische Terror-Gruppen war noch nicht klar. Zur Zeit sah es eher danach aus, dass dieser mörderische Spuk aus unserem eigenen Land kam. Und dann gab es natürlich die unzähligen Trittbrettfahrer, die statt Milzbrandsporen nur Waschpulver versandten, um damit Panik auszulösen.

Plonka schien eine andere Art von Trittbrettfahrer gewesen zu sein.

Mit nachgemachten und vielleicht sogar völlig wirkungslosen Anti-Milzbrand-Präparaten konnte man jetzt vielleicht ein Vermögen machen. Aber nur, wenn man schnell war. Wenn der Bayer-Konzern die Produktion erst gesteigert und die Regierung sich reichlich bevorratet hatte, war die Gewinnchance vertan.

»Was wusste Sieweke darüber?«, fragte ich.

Roy machte eine wegwerfende Handbewegung.

»Ich würde sagen - gar nichts. Er war nur völlig happy darüber, dass der große Plonka auch ihn an diesem Business beteiligen wollte.«

»Dann herrschte also wirklich Sonnenschein zwischen den beiden.«

»Absolut!«

2

Als wir am nächsten Morgen im Büro von Herrn Jonathan D. Bock, dem Chef unserer Dienststelle in Hamburg saßen, hatten einige von uns Mühe, ein Gähnen zu unterdrücken. Selbst der legendäre Kaffee von Herrn Bocks Sekretärin Mandy half da nur bedingt. Der nächtliche Einsatz steckte uns noch in den Knochen. Und die Art und Weise, wie der Einsatz beendet worden war, konnte keinem von uns gefallen.

»Es scheint, als würden die Auseinandersetzungen im Kokain-Geschäft wieder mit einer Brutalität geführt, die wir lange nicht hatten«, sagte Herr Bock mit ernstem Gesicht.

Außer Roy und mir waren auch die Kollegen Fred Rochow, Oliver 'Ollie' Medina, Stefan Czerwinski, Ludger Mathies und Tobias Kronburg anwesend. Dazu noch ein paar Innendienstler. Wilfried Barkow, der Cheffeuerwerker hatte mit seinen Leuten die Nacht über durchgemacht. Er hatte dicke Ringe unter den Augen. Ich hoffte, dass er und seine Kollegen wenigstens etwas über die Ursache der Detonation herausgefunden hatten.

Max Warter konnte natürlich auch nicht fehlen.

Der Innendienstler hatte die Videoaufzeichnungen ausgewertet, die bei dem Einsatz entstanden waren.

»Diesen Vorteil haben wir diesmal immerhin«, meinte er. »Wir haben hervorragende Aufnahmen dieses Mordanschlags - und darum handelt es sich zweifellos, wie mir Wilfried sicher bestätigen wird!«

Wilfried Barkow nickte.

»Absolut!«

Warter führte uns dann eine bestimmte, entscheidende Stelle aus den Aufnahmen vor. Es handelte sich genau um den Moment, in dem die Detonation die beiden Drogenhändler zerrissen hatte. Warter wandte sich mit einem Ausdruck des Bedauerns an uns.

»Tut mir leid, dass ich euch das nochmal zumuten muss, Kollegen. Aber bedenkt, dass ich mir diese Szene mindestens hundertmal ansehen musste, um zu Erkenntnissen zu kommen. Appetitlich ist das nicht, aber ...«

»Schon gut, Max«, unterbrach ihn Herr Bock mit einem leichten Anflug von Ungeduld.

Max Warter nickte.

»Wenn Sie die Bilder in Zeitlupe sehen, dann wird es deutlich, was ich meine. Ich habe die Aufnahmen mit Wilfried durchgesprochen, und wir sind uns einig.«

»Worin?«, hakte Herr Bock nach.

»Darin, dass Jan Sieweke den Sprengstoff bei sich gehabt haben muss. Sehen Sie ...«

In der Zeitlupe konnten wir verfolgen, wie die Detonation bei Sieweke ihren Anfang nahm. Er blickte an seinen Körper hinab. Sekundenbruchteile später flog sein Bauch mehr oder weniger auseinander. Jedenfalls hatte es den Anschein.

Innerhalb eines Augenaufschlags war dann nichts mehr zu sehen. Nur noch grelles Licht.

Herr Bock runzelte die Stirn.

»Könnte das ein Unfall gewesen sein?«, fragte unser Chef.

»Durchaus«, meinte Warter. »Allerdings sprechen einige Dinge dagegen ...«

»Welche zum Beispiel?«

Warter wandte sich an Wilfried Barkow, unseren Cheffeuerwerker.

Dieser nippte gerade an seinem Kaffeebecher. Er hatte diese anregende Ladung Koffein mit Sicherheit noch viel nötiger als wir. Schließlich hatten wir immerhin ein paar Stunden Schlaf hinter uns, während Barkow die Nacht hatte durcharbeiten müssen.

»Bei dem verwendeten Sprengstoff handelt es sich höchstwahrscheinlich um Sakalit-13«, erklärte Barkow. »Eine Substanz, die sich vor allem für die Verwendung bei elektronischen Zündern, Zeitzündern und dergleichen eignet. Sakalit-13 ist extrem sicher. Dass die Ladung aus Versehen losgegangen ist, würde ich fast kategorisch ausschließen. Wenn ein Unfall vorlag, dann hat es an einer falschen Einstellung des elektronischen Zünder gelegen.«

»Haben Sie darüber schon irgendwelche näheren Erkenntnisse?«, fragte Herr Bock.

Wilfried Barkow schüttelte bedauernd den Kopf.

»Leider nein«, sagte er. »Am Tatort konnten keinerlei Spuren der Zündvorrichtung gefunden werden. Und dass es sich um Sakalit-13-Sprengstoff handelt, wissen wir eigentlich nur durch eine charakteristische Verfärbung der Stichflamme zu Anfang der Detonation. Soll ich das Band noch einmal zurückspulen?«

»Ich glaube, das ist nicht nötig«, entschied Herr Bock. Er wandte sich an Stefan Czerwinski, seinen Stellvertreter. Der flachsblonde Kommissar hatte die Beine übereinander geschlagen. »Lassen Sie Ihre Kontakte, die sie im Untergrund haben, spielen, Stefan. Es muss da doch jemanden geben, der Plonka nicht leiden konnte und ihm deswegen auf die Füße treten wollte.«

»In Ordnung«, nickte Stefan.

»Vielleicht weiß ja auch einer Ihrer Informanten etwas über ein paar Kilo Sakalit-13, die verschwunden sind.«

»Gramm!«, korrigierte Wilfried Barkow. »Von dieser Substanz sind nicht mehr als ein paar Gramm nötig, um eine derartige Detonation zu erzeugen.«

Herr Bock hob respektvoll die Augenbrauen.

»Alle Achtung!«, staunte er. »Wer immer dieses Teufelszeug entwickelt hat, muss einiges auf dem Kasten haben!«

»Die Zeiten, in denen man für die Entwicklung eines neuen Sprengstoffs den Nobelpreis bekommt, sind allerdings wohl vorbei«, warf ich ein. Ich hatte mir die Bemerkung einfach nicht verkneifen können.

Herr Bock nickte nachdenklich.

»Mir kann diese Art von Fortschritt auch gestohlen bleiben, Uwe. Aber vielleicht kommen wir über den Sprengstoff an die Täter. Wenn es sich um eine Neuentwicklung handelt, dann kann es nicht allzu viele Produzenten geben.« Herr Bock wandte sich an Fred Rochow. »Vielleicht könnten Sie das abchecken, Fred. Max braucht erst einmal eine Mütze voll Schlaf.«

»Ich kümmere mich darum«, versprach Fred.

Herr Bock wandte sich jetzt mir und Roy zu.

»Sie kannten von uns allen Jan Sieweke am besten, Roy«, stellte er fest. Roy bestätigte das durch ein Nicken. »Wäre er zu einem Selbstmord fähig gewesen?«

»Sie meinen, er ist mit einer Ladung Sprengstoff um den Bauch an Plonka herangegangen, um ihn in die Luft zu jagen?«

»Inzwischen ist in dieser Hinsicht ja nichts mehr  unmöglich.«

Roy atmete tief durch.

»Das halte ich für ziemlich ausgeschlossen.«

»Wieso?«, hakte Herr Bock nach.

»Er hing erstens keinen fanatischen Ideen nach, wenn man davon absieht, dass er davon besessen war, Geld zu scheffeln. Zweitens war er ausgesprochen wehleidig, ein richtiger Hypochonder. Dauernd hat er seine Leute damit genervt. Selbst beim Zahnarzt brauchte er eine Vollnarkose.«

»Aber Sie haben die Bilder gesehen, Roy.«

»Sicher.« Roy zuckte die Achseln. »Das, was ich gesehen habe, kann ich mit dem Mann, den ich kennengelernt habe, nicht zusammenbringen.«

»Sie kennen Jan Siewekes privates Umfeld am besten, Roy. Ich möchte, dass Sie es zusammen mit Uwe durchleuchten.«

»In Ordnung.«

Etwa eine halbe Stunde später saßen Roy und ich in unserem gemeinsamen Dienstzimmer. Der Computerbildschirm flimmerte, und wir blätterten in Dossiers und Computerausdrucken. Einige Dutzend Personen gehörten zum Umfeld Siewekes. Ein Teil davon war in der letzten Nacht verhaftet worden oder umgekommen. Was den Rest anging, mussten wir entscheiden, wo es sich lohnte anzusetzen.

Außerdem lagen uns Verbindungsnachweise und Abhörprotokolle seiner Telefon-, Fax- und E-Mailverbindungen vor. Alles nur harmloses Zeug. Der Deal im Stadtpark war durch einen Boten bestätigt worden, den Plonka geschickt hatte. Und wäre Roy nicht bei Jan Siewekes Leuten erfolgreich eingeschleust gewesen, hätten wir vielleicht nie davon erfahren.

Roy warf schließlich genervt den leeren Kaffeebecher in den Papierkorb.

»Da ist doch nichts dabei!«, meinte er. »Jedenfalls nichts, was uns etwas darüber verraten könnte, wieso Jan sich in die Luft gesprengt hat.«

»Hast du gestern Nacht nicht irgendetwas bemerkt?«, fragte ich.

»Ich saß neben ihm. Es war wie immer. Jan glaubte, dass er einen Migräneanfall kriegt und war ziemlich stinkig, weil er zu nervös war, seine Tabletten aus der Jackentasche zu fingern. Er hat furchtbar herumgeschrien. Aber das war bei Jan nichts Besonderes. Er war für seinen Jähzorn berüchtigt. Da brauchst du dir nur die Abhörprotokolle anzusehen ...«

»Lass die vergangenen Wochen noch mal Revue passieren, Roy! Vielleicht fällt dir im Nachhinein irgendein Detail ein, das uns weiterbringen könnte.«

»Ich war die ganze Zeit in seiner Nähe - zusammen mit ein paar anderen Gorillas, die er angeheuert hatte. Bis auf die zwei oder drei Stunden, in denen er sich den Backenzahn hat ziehen lassen. Mit Vollnarkose.«

Ich sah mir das Verzeichnis der Personen auf, die unter den Telefonkontakten zu finden waren.

»Bei diesem Dr. Vincent Bretzke ...«, stellte ich fest.

»Der hat eine noble Adresse am Stadtpark. Wir mussten vor der Tür stehen und Wache halten.«

»Du Ärmster!«

Roy verzog das Gesicht. 

»Lass uns mit Chantal Kadatz anfangen.«

»Wer ist das? Ich finde sie hier nicht auf der Liste.«

»Eine Edelnutte. Jan war ihr völlig verfallen. Dass du sie auf der Telefonliste nicht findest, liegt daran, dass ihr Anschluss unter dem Namen von Reinhold Wilk zu finden ist. Er bezahlt ihn schließlich auch.«

»Wer ist Wilk? Ihr Zuhälter?«

»Genau.«

»Musstet ihr vor Chantals Apartment auch Wache halten, Roy?«

»Sehr witzig! Wenn ich mir nicht ein paar Wochen Löcher in den Bauch gestanden hätte, wären wir nie an Plonka und Sieweke herangekommen.«

3

Die Praxis von Dr. Vincent Bretzke lag in einem exklusiven Komplex am Stadtpark. Die Promis, die hier ihr Domizil aufgeschlagen hatten, konnten zu Fuß hierherkommen, wenn sie eine Behandlung der Sonderklasse haben wollten. Hypnose, Bohren mit dem Laser und nötigenfalls auch eine Vollnarkose waren hier kein Problem.

Die Sprechstundenhilfe blickte auf, als der Mann mit der Narbe vor dem Tresen auftauchte. Sie erschrak etwas. Die Narbe zog sich von der Nasenwurzel fast bis zum Kinn. Ansonsten hatte der Mann ein kantiges Gesicht und wirkte sehr gepflegt. Er trug einen dunkelgrauen, dreiteiligen Anzug.

Und Handschuhe. Dunkle, eng anliegende Lederhandschuhe.

Schon das war merkwürdig.

Am Kittel der Sprechstundenhilfe hing ein kleines Schild, auf dem ihr Name stand. Rita Zeiler. Sie war hübsch, hatte brünettes, leicht gelocktes Haar und ein feingeschnittenes Gesicht.

»Tut mir leid, aber Sie sind etwas zu früh. Wir haben noch nicht geöffnet und außerdem müssten Sie sich vorher anmelden ...«

Der Mann mit der Narbe griff unter sein Jackett. Eine Automatik mit langgezogenem Schalldämpfer kam darunter hervor.

Die Sprechstundenhilfe schreckte zurück. Sie hatte keine Zeit, einen Schrei auszustoßen. Der Narbige drückte ab. Der Schuss traf sie mitten in der Brust, ließ sie zusammenzucken und dann auf ihren rollbaren Drehsessel sinken. Die Wucht des Geschosses sorgte dafür, dass sie mitsamt dem Drehsessel zurückrollte, bis sie gegen den stählernen Karteischrank stieß.

Der Narbige ging in Richtung der Behandlungsräume. Er stieß eine der Türen auf, ließ den Blick durch den Raum schweifen. In der Mitte stand ein Behandlungsstuhl. Der Raum roch nach Desinfektionsmitteln.

Der Narbige nahm sich den nächsten Raum vor.

Dr. Vincent Bretzke saß an einem Computerschirm. Vor einem Leuchtfeld hingen Röntgenbilder.

Bretzke drehte sich herum.

Er war ein jugendlich wirkender Mittvierziger. Das Haar war nach hinten gekämmt. Sein Teint sah nach Höhensonne aus. Trotzdem wurde Bretzke in diesem Augenblick aschfahl.

Er hob die Hand.

»Nein!«, flüsterte er, als er die Waffe in der Hand des Narbigen sah.

Dieser zögerte keine Sekunde. Blutrot leckte das Mündungsfeuer aus dem Schalldämpfer heraus.

Bretzke stürzte sich im selben Moment nach vorn, wollte sich auf seinen Mörder werfen. Es war der Mut der Verzweiflung, der ihn trieb.

Der Schuss erwischte ihn nicht richtig. Nicht so wie der Narbige das geplant hatte. Nur ein Durchschuss durch die Schulter. Bretzkes weißer Kittel verfärbte sich rot. Das Loch, das das gewaltige Kaliber der Automatik in den Körper des Getroffenen hineinriss, war immens. Das Projektil trat an der anderen Seite wieder hervor und krachte in den Computer hinein. Der Bildschirm zersprang. Scherben wurden durch den gesamten Raum geschleudert. Kleine, geschossartige Scherbensplitter. Der Narbige hob schützend die Hand in Höhe der Nasenwurzel, kniff die Augen zusammen.

Bretzke hatte ihn erreicht, umfasste mit einer Kraft, die der Narbige ihm gar nicht zugetraut hatte, den Waffenarm des Killers. Ein Schuss löste sich, riss ein Loch in die Decke und ließ Putz herunterrieseln.

Der Narbige ließ das Knie hochfahren, traf damit den Zahnarzt im Unterleib. Bretzke stöhnte auf. Ein zweiter Tritt, mit dem Vollspann ausgeführt, ließ Bretzke zu Boden gehen.

Bretzke rollte herum.

Der Narbige richtete die Automatik auf seinen Kopf.

Zweimal kurz hintereinander drückte er ab.

Bretzke zuckte zurück. Seine Augen erstarrten. Das große runde Loch mitten in seiner Stirn ließ keinerlei Zweifel darüber, dass er nicht mehr unter den Lebenden weilte.

Eine Blutlache bildete sich auf dem Boden.

Der Narbige atmete tief durch, steckte die Waffe ein.

Vielleicht sollte ich in Zukunft mit kleinerem Kaliber arbeiten, dachte er. Das macht weniger Dreck!

Er holte das Handy aus der Innentasche seiner Jacke, betätigte eine Kurzwahltaste. Innerhalb weniger Augenblicke stand die Verbindung.

»Ihr könnt zum Aufräumen raufkommen, Jungs«, knurrte der Narbige kalt.

4

Roy betätigte die Sprechanlage eines Apartments in Barmbek. Eine ziemlich luxuriöse Adresse. Chantal Kadatz‘ Geschäfte mussten ganz gut gehen. Andererseits bediente sie wohl auch eine Kundschaft, die sich nicht in irgendeiner Absteige abfertigen konnte.

»Ja, bitte?«, fragte eine rauchige Stimme.

»Roy Müller, Kriminalpolizei!« stellte Roy sich vor. »Mein Kollege Jörgensen und ich möchten Ihnen gerne ein paar Fragen stellen.«

»Worum geht es?«

»Das möchten wir ungern hier auf dem Flur besprechen, wo Kameras alles aufnehmen, Frau Kadatz. Können wir hereinkommen?«

»Und wenn ich mich weigere?«

»Wir können sie natürlich vorladen. Aber Sie würden uns und Ihnen eine Menge Unannehmlichkeiten ersparen, wenn wir das so über die Bühne bekommen.«

Es klickte in der Anlage. Chantal Kadatz schien zu überlegen.

Sie schien ziemlich lange dazu zu brauchen. Ich wurde schon ungeduldig. Dann öffnete sich endlich die Tür.

Chantal Kadatz trug nichts weiter als einen sehr knappen Seidenkimono, als sie uns öffnete. Was immer Chantal auch in den Momenten getan hatte, in denen sie uns hatte warten lassen - fürs Anziehen konnte sie bei der knappen Garderobe kaum so lange gebraucht haben. Sie verschränkte die Arme unter den Brüsten. Das lange dunkle Haar fiel bis weit über die Schultern.

Wir hielten ihr unsere Ausweise hin.

»Okay, kommen Sie herein!«, meinte sie. »Aber ich habe nicht viel Zeit ...«

»Da geht es Ihnen wie uns«, sagte ich.

Sie drehte sich herum. Wir betraten einen großen Wohnraum. Flauschiger Teppichboden bedeckte den Boden, so dass man die Schritte kaum hören konnte. Roy schloss die Tür.

Chantal Kadatz deutete auf eine Sitzecke. 

»Setzen Sie sich, wenn Sie wollen. Etwas zu trinken kann ich Ihnen leider im Moment nicht anbieten. Meine Champagner-Flaschen sind abgezählt. Und wenn jemand wie Sie auftaucht, dann wohl sicher nicht aus einem Anlass, den man feiern könnte.«

»Was glauben Sie denn, weswegen wir hier sind?«, fragte Roy, dessen Blick ansonsten wie magisch angezogen an dem tiefen Ausschnitt von Chantals Kimono hing.

Sie verzog das Gesicht, bildete mit den vollen Lippen einen Schmollmund.

»Ich habe wirklich nicht die leiseste Ahnung!«

Dann wurden ihre Augen schmal. Sie starrte Roy an.

»Hey, ich kenne Sie doch irgendwoher! Ist noch nicht lange her, da habe ich ...«

»Ich war bei Jan Siewekes Wachmannschaft«, half Roy ihr auf die Sprünge.

Ihr fiel der Kinnladen herunter. Ihr eher dunkler Teint wurde jetzt blass. Sie schluckte, biss sich auf die Lippe.

»Jetzt sagen Sie aber bitte nicht, dass Sie Jan gar nicht kennen«, meinte ich.

»Jedenfalls ist mir nun klar, dass er unter Bewachung der Polizei stand!«

»Jan Sieweke war ein Drogenhändler. Wir waren ihm auf der Spur. Als er sich mit seinem Großdealer traf, ist er explodiert«, berichtete Roy knapp.

Sie hob die Augenbrauen.

»Er ist was?«, flüsterte sie.

»Ich meine das so, wie ich es sage«, erklärte Roy. »Er trug offenbar Sprengstoff am Körper. Sein Großdealer, der Stoff und er selbst sind mehr oder minder zerfetzt worden. Ein paar Gorillas beider Seiten hat es auch erwischt.«

Chantal atmete tief durch. Ihre schweren Brüste hoben und senkten sich dabei und vergrößerten damit den Ausschnitt ihres Kimonos noch ein Stück. Sie ließ sich in einen der Sessel sinken, strich sich mit einer fahrigen Geste eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ich fragte mich, ob sie wirklich so schockiert war, oder wir es nur mit einer guten Schauspielerin zu tun hatten. Im Moment standen meine Wetten in diesem Punkt noch fifty-fifty.

»Ich hatte keine Ahnung«, flüsterte sie mit belegter Stimme. »Und Sie sind sich sicher, dass Jan den Sprengstoff bei sich trug?«

»Wir waren dabei«, gab Roy zu bedenken. »Die Aufnahmen, die von dem geplanten Deal gemacht wurden, lassen nach Auskunft unserer Sprengstoffspezialisten keinen anderen Schluss zu. In der Zeitlupe kann man genau sehen, wo die Detonation ihren Ausgangspunkt hat.«

Sie schüttelte den Kopf. Schließlich sagte sie: »Ich möchte betonen, dass ich mit Jans Geschäften nie etwas zu tun hatte.«

»Haben wir bislang auch nicht behauptet«, sagte ich und betonte dabei das Wort bislang.

»Jan hatte Geld wie Heu, aber woher das kam, darum habe ich mich nie gekümmert. Er war ...« Sie zögerte, ehe sie weitersprach.

»Ein Kunde?«, vollendete ich. »Nichts weiter, das wollen Sie uns jetzt erzählen, oder?«

»Wollen Sie mir daraus einen Strick drehen?«

»Womit Sie Ihr Geld verdienen, interessiert uns nicht. Prostitution ist in Deutschland legal, sofern Sie Steuern und Sozialabgaben zahlen - und ich bin nicht hier, um das zu überprüfen. Uns interessieren die Hintergründe dieser Explosion, die Jan und ein paar andere das Leben gekostet hat.«

»Und da soll ausgerechnet ich Ihnen weiterhelfen können?«

Roy meldete sich zu Wort.

»Er war Ihnen verfallen. Das können Sie nicht abstreiten. Selbst in der relativ kurzen Zeit, in der ich in Jan Siewekes Organisation als V-Mann arbeitete, habe ich das mitbekommen. Mag er nun für Ihre Dienste auch bezahlt haben, er sah darin offenbar mehr. Und ich nehme an, dass er Ihnen Dinge erzählt hat, die er vor seinen Leuten tunlichst verschwieg.«

»Was für Dinge meinen Sie?«

»Na, Persönliches. Hören Sie, allem Anschein nach hat dieser Mann sich selbst in die Luft gesprengt - und wir wüssten gerne warum.«

Chantal lehnte sich etwas zurück, schlug ihre endlos langen, schlanken Beine übereinander. Der Kimono war ohnehin schon ziemlich kurz. Jetzt rutschte er noch weiter nach oben. Fast konnte man meinen, dass sie das mit Absicht machte, um ihre jeweiligen Gesprächspartner abzulenken.

Dann blickte sie Roy an.

»Sie müssten doch wissen, dass Jan Sieweke ein Angsthase war!«

»Nun ...«

»So einer macht doch nichts, wobei er selbst draufgehen kann. Ich glaube das einfach nicht!«

»Eine depressive Ader hatte er nicht zufällig?«

»Hören Sie, ich weiß nicht, warum Sie in der Sache so herumrühren, Herr Müller. Wenn Jan für die Detonation verantwortlich war, dann haben Sie doch Ihren Täter. Alles andere braucht Sie doch nicht weiter zu interessieren.«

»Da sind Sie im Irrtum!«

In diesem Moment klingelte es an der Tür.

»Sie entschuldigen mich«, sagte Chantal, erhob sich und ging in Richtung Tür. Sie öffnete. Dabei blickte sie noch nicht einmal durch den Spion. Sie schien zu wissen, wer auf der anderen Seite war.

Ein breitschultriger Mann in einem schneeweißen Anzug trat ein. Nur die Krawatte war aus dunklem, geriffelten Leder.

»Hast du irgendetwas gesagt, Baby?«

»Nein, Reinhold!«

Reinhold Wilk stand vor uns, der Mann der als Chantals Zuhälter galt. Ich erkannte ihn von einigen Fotos aus unseren Dateien wieder.

Wilk schob Chantal zur Seite und trat auf uns zu.

»Ohne Anwalt sagt Frau Kadatz überhaupt nichts mehr.«

»Sie wollen gar nicht wissen, worum es überhaupt geht?«, fragte ich.