Sören Lerby. Der Wohltäter - Jan Böttcher - E-Book
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Sören Lerby. Der Wohltäter E-Book

Jan Böttcher

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Beschreibung

Ein Junge wächst in den Achtzigern in einer Lüneburger Hochhaussiedlung auf, zwischen norddeutsch-pietistischem Elternhaus und dem Fluchtpunkt Fußballverein. Werder Bremen ist seine ganze Leidenschaft – doch dann sieht er Sören Lerby gottgleich über den Rasen stapfen und erkennt in ihm sein Idol. Aber Lerby tritt ausgerechnet für den Werder-Erzfeind Bayern München aufs Feld. Trotzdem wird der Däne als Wohltäter der Mentor für den inneren Monolog des Jungen und weist ihm eine neue Richtung für sein Leben. Ob das gutgehen kann, welche Rolle ein böser Onkel spielt und wie der Wohltäter Lerby sein Leben leicht macht, beschreibt Jan Böttcher beschwingt, doch mit der nötigen Portion Drama. Fußball trifft Seelenforschung in dieser feinfühligen Auseinandersetzung mit der Nord-Süd-Achse im Westfußball!

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Jan Böttcher, geb. 1973 in Lüneburg, debütierte 2003 und ist der Autor von sechs Romanen und einer Langerzählung. Sein aktueller Roman „Das Rosen-Experiment“ (Herbst 2022) erschien im Aufbau-Verlag. Neben seinen Büchern hat er vielzählige kleine Werke und wissenschaftliche Aufsätze veröffentlicht und ist auch als Übersetzer der Songs von Ian Curtis (Joy Division) hervorgetreten. Böttcher wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Ernst-Willner-Preis, dem Jahresstipendium und dem London-Stipendium des Deutschen Literaturfonds. Zwei seiner Romane waren auf Platz 1 der renommierten SWR-Bestenliste platziert. Er lebt mit seiner Familie in Berlin und arbeitet seit 2023 als Lehrkraft.

© Verlag Voland & Quist GmbH

Berlin und Dresden 2023

Reihen-Hrsg. IKONEN:

Frank Willmann

ISBN 978-3-86391-393-9

eISBN 978-3-86391-397-7

voland-quist.de

Umschlaggestaltung und Satz:

Guerillagrafik

Druck und Bindung:

BALTO print, Vilnius

JAN BÖTTCHER

Inhalt

Anstoss

Erster Teil

Die Radiostimmen

Zweiter Teil

Die Nautilus

Dritter Teil

Die Trennung

Anstoß

Auf Fußballspiele können wir uns vorbereiten, sogar gut vorbereiten, aber sie gehen immer über unsere Vorkehrungen hinaus. Denn Fußballspiele handeln vom Gegner und von den ständig aktualisierten Problemen, vor die er uns stellt. Wir haben Spielzüge einstudiert, wir rennen uns fest. Oder wir brechen eine Aktion noch rechtzeitig ab, die keinen Erfolg verspricht.

Mit dem Denken und Schreiben verhält es sich ganz ähnlich. Autorinnen und Autoren haben sogar hundert Prozent Buchstabenbesitz, aber sie wissen auch, dass der direkte Weg durch die Mitte zum Tor schrecklich öde sein kann. Daher setzen sie lieber Nadelstiche, sie springen in der Zeit, sie wechseln den Flügel, um anderswo durchzukommen.

Um im Bild zu bleiben: Wer wäre denn der Gegner, der uns den Weg verstellt, wenn wir schreiben?

Hätte ich weniger Scham für das Pathos, ich schriebe: Der Gegner ist natürlich diese schöne Zumutung, die wir Leben nennen. Eben waren wir noch helfende Hand, schon sind wir Zeigefinger. Eben noch zugeneigt, jetzt ausgrenzend. Wie gerne unterlassen wir genau das, was wir dringend tun wollen. Unsere Widersprüche sind der Riss, der die innere Mattisburg gespalten hat, und wie die Räubertochter Ronja hüpfen wir beständig darüber hinweg.

Das ist der Normalzustand beim Schreiben wie beim Fußballspielen: Wir sind auf der aktiven Suche nach Lücken und Lösungen, und wir wissen dabei um die Existenz von Widersprüchen und Trugbildern. Alles verschiebt sich rasch im Raum. Lücken wachsen zu, Risse entstehen. Wir haben Fragen. Manche sind so gut, dass wir den Antworten ausweichen. Wir springen, wir sehen eine Gasse, wir bleiben sportlich.

Was mich sofort für diese Buchreihe eingenommen hat: Sie tut gar nicht erst so, als wollte sie plot- und torgeil vorpreschende Texte hervorbringen. Diese Reihe hat Figuren, um die sie sich dreht: unsere Ikonen, Idole, Mentorinnen, Vormundschaften. Um ihnen nahezukommen, sind Sackgassen, Flügelwechsel und Kehrtwendungen geradezu vorgesehen.

Mich interessiert dabei nicht sonderlich, was der dänische Fußballer, Kurzzeittrainer und Spieleragent Sören Lerby heute macht. Mich interessiert, was er einst mit mir gemacht, wie er mich zum Fußball gebracht hat.

Wie und wann entscheiden wir, uns etwas aneignen zu wollen. Wir schauen genauer hin, lauschen statt zu hören. Wir gestehen uns ein, beeindruckt zu sein. Ja, das sind Fußstapfen, hier geht uns jemand voran. Wer sind sie, die Wohltäter unseres Lebens? Und was ist das überhaupt, eine Wohltat, woran erkennen wir sie, am besten schon aus der Entfernung?

Erster Teil

Die Radiostimmen

Oh father of the four windsfill my sailsCross the sea of yearsWith no provision butan open faceAlong the straits of fear

Led Zeppelin: Kashmir

1

Vor dem pubertären Irrsinn herrscht die Ordnung. So wie es ist, muss es sein. Das Kind ist ein Junge. Es hat die Tapeten seines Zimmers grün und weiß und unbedarft übermalt, über dem Bett hängt das Mannschaftsposter von Werder Bremen. Daneben Rudi Völler, noch ohne Schnurrbart. Kein Bild von Otto Rehhagel in feinster Ballonseide, auf dem kleinen Finger pfeifend. Dafür Torwartgott Budde in seinem Wespentrikot, gelb mit schwarzen dünnen Querstreifen. Und ganz außen Okudera, festgehalten in dem Moment, da er mit einer Finte einen Gegner aussteigen lässt.

Das Kind fleht seine Eltern schon am Wochenende an, dass es am Mittwoch einen Bremer Europapokalabend am Fernseher nicht verpassen darf. So wie es ist. Unbedingt so muss es sein.

Aber da ist noch einer. Stapft durchs Bild, mitten durch die Sportschau. Er trägt sein Trikot wie ein Warnsignal, grell, unerhört rot. Seine blonden Haare wippen auf und ab, er stapft. Ein Engel, dessen Schritte ein wenig zu lang wirken, so als müsse etwas getan werden.

Unbedingt grün. Unerhört rot. Damit geht es los.

Der Blonde steht da, schüttelt leicht den Kopf. Die Haltung ist faszinierend. Ist das nicht eine Bremer Körperhaltung, muss sie sich nicht in ein windzerfurchtes Stadion fügen, ein Stadion, in dem der Regen schräge Gardinen unter die Flutlichtmasten hängt? Diese stapfende Bestimmtheit, als trage er Gummistiefel. Der Blick dabei zu Boden gerichtet, als sei ihm die Schüchternheit nicht gänzlich ausgetrieben. Im Herzen einsam, doch ein Anführer der Bande.

Und dann geschieht erst das Wunder. Der Blonde stapft, bis er angespielt wird, schaut auf, schlägt einen Pass. Und nun steigt der Ball, steigt dorthin auf, wo ihn keine Kamera und kein Flutlicht mehr einfangen können, schwebt auf einer steilen Parabel durch den dunklen Raum und fällt nach sechzig Metern Flug auf den Fuß desjenigen, der den Ball erhalten soll. Wie ein Paket, das jemand abschickt, damit es auch empfangen wird. Wieder und wieder.

Hast du das gesehen?

Nicht ganz, nicht alles daran.

Zu hoch.

Das Kind sieht dem Mann bei der zauberhaften Arbeit zu. Mit halbem Auge nur, insgeheim. Wer kann mit Gummistiefeln solche Pässe schlagen? Es ist, als würde ein Cowboy oder Stalljunge, sobald er den Ball am Fuß hat, zum Engel werden. Die Schwere und die Mühelosigkeit, Sumpf und Parkett, in stetigem Wechsel. Das ist der Widerspruch. Das ist Sören Lerby.

Er spielt allerdings für den knallroten Erzfeind. Er spielt für Bayern München. Das Kind, das ihn zu beobachten gezwungen ist, hat schon lange damit begonnen, Werder Bremen zu lieben.

Es ist einfach schrecklich, aber auch schrecklich einfach. Für einen niedersächsischen Kindskopf steht die Mauer im Frühjahr 1984 nicht zwischen dem Osten und Westen des Landes, sie steht irgendwo zwischen Bremen und München, sie trennt den guten Fußball vom bösen Fußball, trennt den salzigen Regensturm von den alpinen Ski-Abfahrten, den Seemannspulli von den verspiegelten Sonnenbrillen, trennt – das sagt der Vater – die Pulle Bier vom Kir Royal.

Damit geht es los. Das Kind hält Ausschau nach einem, der für die falsche Mannschaft spielt. Er müsste die Pässe auf Rudi Völler spielen. Er spielt definitiv für die falsche Mannschaft, denkt das Kind. Und jedes Mal hat der Blick auf Sören Lerby etwas Unerhörtes.

2

Das Kind lebt knorrig. Pietistisch. Seine Eltern finden vieles unnötig, fast alles lässt sich vermeiden, verhüten. Es gibt womöglich, denkt das Kind, einen Kodex, in dem ‚Das Nötigste’ festgehalten ist. Allerdings gibt es keine schriftliche Überlieferung, und die Bestandteile des Codex zu kommunizieren, gilt bereits als unnötig.

Wovon das Kind Wind bekommen hat: Werden Aufgaben gestellt, sind sie ohne viel Aufhebens zu erledigen, das gilt für die kleinen Einkäufe und die Müllentsorgung ebenso wie für die Hausaufgaben aus der Schule, mit denen die Eltern nichts zu tun haben wollen. Das Desinteresse aneinander wird früh gepflegt. Wo soziales Miteinander stattfindet, ist es getragen von Demut und Bescheidenheit. Bedeutet nicht, dass es keine Feste gibt, oh doch, die gibt es. Aber schlägt der Vater beim Feiern über die Stränge und säuft, bis er nicht mehr tanzen kann, wird ihm dies als Peinlichkeit noch wochenlang vorgehalten. Saufen nur mit Anstand bitte.

Es ist nicht nur der Fußball – das ganze Leben, weiß das Kind bald, ordnet sich auf jener Achse zwischen Nord und Süd an. Hier ihre schöne pietistische Demut, das mit den Angelsachsen geteilte Understatement – dort unten das teure Filmtreiben und der furchtbare Lärm aus dem Bierzelt.

Doch unerhört rot ist ja nur eine Ironisierung aus Sicht der Älteren. Wen oder was das Kind sich aussucht in seiner Seelenwelt, wohin das Kinderseelenauge wandert, kann niemals unerhört sein. Im Gegenteil, es muss einer Entsprechung folgen. Hat also das Kind eine Kammer im Herzen, die nicht grün-weiß tapeziert ist, weil man dort auf Vereinsfarben pfeift? Hat es bereits einen eigenen Kopf? Wenn ja, so kann es nicht stolz darauf sein, im Gegenteil. Stolz ist tabu, eigener Kopf sowieso, und jeder Verrat bedarf strengster Geheimhaltung. Er bedarf außerdem einer stichhaltigen Erklärung vor sich selbst.

Was fasziniert ihn an dem Anderen, wo er doch bis eben nur Augen gehabt hat für das ungeheuerliche Tempo, mit dem Rudi Völler an den Gegenspielern vorbeizog? Jetzt, da es genauer hinsieht, muss das Kind sich eingestehen: Es ist diese Allgegenwart. Egal wo das teuflisch rote Team seine Aktionen hat, Sören Lerby hat immer an ihnen teil. Dort wo er lebt, ist die Mitte der Welt, die Mitte eines Magnetfeldes. Er nimmt die Bälle und gibt sie. Er lässt die Mitspieler zu sich kommen. Er ist der Chef, das ist nicht zu übersehen.

Und sein stapfender Gang, als wäre unter ihm kein grüner Rasen, der ihn tragen könnte, nur Sumpf immerzu. Daher geht auch sein Blick zu Boden, misstrauisch. Etwas muss getan werden. Getan werden dafür, dass dieser Sumpf verschwindet? Dass der Fußball, der gesamte Bundesliga-Fußball größer wird, als er es im Frühjahr 1984 bereits ist?

Das Kind hat keine Ahnung. Es hat nur den Mythos vom Cowboy, den Marlboro in jenen Jahren penetrant auf die westdeutschen Plakate und Kinoleinwände bringt. Das Kind spürt, Sören Lerby ist dieser Cowboy, allerdings befindet er sich nicht in den Steppen des Mittleren Westens, sondern muss ganz allein ein tiefes, feuchtes Gelände durchpflügen. Und dabei ist Lerby auch der Cowboy, der die Herde zusammenhält. Beides. Es ist im Grunde unmöglich, dass diese beiden Bilder gemeinsam greifen und wirken, aber das Kind hat die Empfindung, dass Sören Lerby mit der Rückennummer 6 gekommen ist, ihm zweierlei vorzuführen:

Die größtmögliche Einsamkeit bei vollkommener Aufopferung für die Herde.

Ob Amerika oder die deutsche Bundesliga: Wir wollen ja alle frei sein. Wir sind Fremde, wir kommen nicht von hier, aber etwas muss getan werden. Arbeit an der Freiheit, für die Freiheit. Das Leben ist erdenschwer, der Blick geht zu Boden. Wir können nicht alles im Leben verhüten, verhindern und für unnötig befinden, es gibt im Gegenteil eine Menge Aufgaben, denen wir Cowboys uns stellen müssen. Es ist schwer, die Freiheit auch nur ein kleines Stück zu verschieben. Aber wer hat gesagt, es sei einfach.

Daraus speist sich der Mythos. Von Opfern ist natürlich noch keine Rede.

Und nun aus den Bildern zu erfahren, es ist nicht immer so. Wenn ich dranbleibe, verliert sich irgendwann diese Schwere. So wie ein Mensch, der lange genug Fußball spielt, nicht jederzeit auf den Ball starren muss, um ihn gut zu behandeln. Sören Lerby hebt den Blick, er hat ein Raum- und Ballgefühl entwickelt. Ja, wenn man dranbleibt, verliert sich irgendwann diese Schwere. Und der Ball fliegt dorthin, wo er hingehört. Der Ball kann so weit fliegen. Auch Lerby kann fliegen.

Sören Lerby ist der Cowboy, der zum Engel wird.

Das Kind kommt also zu dem Schluss, dass die Figur, die es sieht, dass dieser stapfende, zu Boden blickende Sören Lerby mit den heruntergelassenen Stutzen gleich aus zweierlei Gründen in der falschen Mannschaft gelandet ist.

Der Cowboy gehört als Malocher auf den verregneten Acker am Osterdeich.

Und der Engel gehört sowieso in den hohen Norden.

Denn das macht die Sache nun doch ganz ungeheuerlich. Sören Lerby kommt ja nicht aus dem Land der Marlboro-Cowboys, der amerikanischen Prärie, sondern aus jenem Land, in dem die norddeutsche Familie ihre Sommerurlaube verbringt, Jahr für Jahr läuft das Kind durch die Dünen von Jütland, und ja, man kann sagen, mit Dänemark verbindet das Kind eine kindliche Form der Leichtigkeit.

Weißer rieselnder Sand, Wellen, Dünenläufe, Wassersprünge.

Freiheit. Na eben.

Das spielt eine Rolle, wenn das Kind Sören Lerby stapfen sieht. Jedes Sportschauwochenende wieder stapft er durchs Bild, wippen seine dänischen sandblonden Haare, legt er sich Freistöße zurecht. Chippt Bälle vom eigenen Sechzehner hinaus auf den rechten Angriffsflügel, genau in den Lauf eines Stürmers.

Wie konnte der Cowboyengel bloß nach München gelangen?

3

Inspiration, das Eingehauchte.

Wir nehmen an, was uns eingehaucht wird. Wir atmen es wieder aus. Wir ahmen nach. Wir wissen es nicht besser. Idolisierung durch Nachahmung. Lerbys Blick zu Boden beherrscht das Kind schnell. Es ahmt das Stapfen nach, es eignet sich sein Stapfen an. Er lässt sich die Haare wachsen, weil es wichtig ist, dass die Haare auf und ab wippen, wenn das Kind stapft. Sturmschritte im Mittelfeld. Aus seinen Spaziergängen um den Häuserblock werden Ausschreitungen des Raumes. Das Kind ist klein von Wuchs, die langen Schritte sehen lächerlich aus, es ist egal.

Natürlich spielt das Kind im Verein Fußball. Es ist aber ein anderer. Ein flinker Rechtsaußen, der gut flankt, jedoch immer etwas zu schmächtig und klein ist für das Spiel mit den Gleichaltrigen. Das Kind geht lieber zum Training als zur Schule, liebt den Matsch und den Regen. Mehrfach habe ich später in meinen Büchern den erhabenen Moment zu beschreiben versucht, in dem das Kind ein Trainingsgelände abseits von Lüneburg, den Hasenburger Grund, mit dem Fahrrad erreicht – und hinabsieht auf die drei hintereinander liegenden Plätze, die unter Nebel und Nässe und Flutlicht silbern glänzen.

Nirgendwo ist es lieber als dort, das Kind, am tiefsten Punkt der Stadt, wo sich alle Feuchtigkeit sammelt. Eine Muttergrube, geschützter noch als die alten Straßen Unter der Burg und Im tiefen Tal, aus denen seine Urgroßmutter, Großmutter, Mutter herstammen.

Der Junge kann diese Plätze schon früh ansehen, wie ein Engel sie ansehen müsste.

Er mag es, wenn der Trainer lacht, weil sie die immergleichen Fehler machen, und wenn er ihnen lobend die Hand auf den Kopf legt. Die Regenjacken rascheln. Die Haare hängen ins Gesicht. Wasser und Erde schmiegen sich um die Schuhe und geben ihnen doppeltes Gewicht. Schießen, Ball holen, anstellen, nochmal versuchen. Schon auf dem Platz könnte er an nassen Herbsttagen schreien vor Freude. Am Abend liegt das Kind flach auf dem Bett und kann die Decke nicht über die Beine legen, weil der Sport alle Muskeln in Brand gesteckt hat. Das größtmögliche Glück.

Im August 1984 rückt er auf in die D-Jugend. Es beginnt auch wieder die Bundesliga. Und wie sie beginnt. In der vorangegangenen Saison hat Werder es leider nie geschafft, ganz oben in den Titelkampf einzugreifen, immerhin hat man aber durch einen späten 3:2-Heimsieg den Bayern die Meisterschale entrissen. Meister wurde schließlich Stuttgart.