100 Jahre Kiepenheuer-Verlage -  - E-Book

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Beschreibung

Vierzig Autoren stellen eine der spannendsten deutschen Verlagsgeschichten des 20. Jahrhunderts vor, die auf einzigartige Weise mehrere politische Systeme spiegelt. 1910 von Gustav Kiepenheuer gegründet, avancierte der Verlag in der Weimarer Republik mit Autoren wie Anna Seghers, Bertolt Brecht, Georg Kaiser, Joseph Roth und Arnold Zweig zu einem kulturellen Leitverlag, der für Expressionismus und Neue Sachlichkeit stand. Nach der Bücherverbrennung von 1933 gingen wichtige Lektoren ins Exil, Kiepenheuer versuchte sich im Land zu behaupten.
Die Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg spaltete auch den Verlag. Neben dem Stammsitz in Weimar entstand der Verlag Kiepenheuer & Witsch in Köln, und in Berlin nahm der Kiepenheuer Bühnenvertrieb seine Arbeit eigenständig auf. In Leipzig wurde unter Regie der SED 1977 die Verlagsgruppe Gustav Kiepenheuer (mit den Verlagen Insel, List und Dieterich) geschaffen, die nach der deutschen Einheit in den Strudel der Privatisierung geriet. Archivdokumente und historische Fotos, Texte von Buchwissenschaftlern, Germanisten und Kulturhistorikern sowie die Erinnerungen beteiligter Zeitzeugen verweben sich hier auf höchst unterhaltsame Weise zu einer gesamtdeutschen Geschichte.

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Seitenzahl: 828

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Siegfried Lokatis, Ingrid Sonntag (Hg.)

100 Jahre Kiepenheuer Verlage

Ch. Links Verlag, Berlin

Die Drucklegung erfolgt mit freundlicher Unterstützung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Die Publikation ist Teil des von der Bundesstiftung geförderten Projektes »100 Jahre Kiepenheuer-Verlage. Verlagsgeschichten im deutschdeutschen Spannungsfeld«, das auch eine gleichnamige Ausstellung im Museum für Druckkunst Leipzig vom 28. Februar bis 9. Mai 2010 umfasste. Kooperationspartner sind das Museum für Druckkunst Leipzig, die Buchwissenschaft der Universität Leipzig, das Sächsische Staatsarchiv – Staatsarchiv Leipzig, die Deutsche Nationalbibliothek Leipzig sowie die Pavillon-Presse Weimar.

Mitarbeit: Marlen Rabold, Textredaktion

Lina Bosbach, Bildredaktion

Editorische Notiz

Die Zitierweise von Autorentexten und Geschäftspost der Vorkriegszeit entspricht den Originalen. In Briefen, Pressetexten und Geschäftspost aus der Nachkriegszeit wurde die alte Rechtschreibung beibehalten, Schreibfehler wurden stillschweigend korrigiert. Bei Nachdrucken von veröffentlichten Beiträgen wurden die Texte der heute gültigen Rechtschreibung angepasst. Für den Insel Verlag in Leipzig nach 1945 wurde einheitlich die übliche Schreibweise ohne Bindestrich benutzt.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

1. Auflage 2012 (entspricht der 1. Druck-Auflage von 2011)

© Christoph Links Verlag GmbH

Schönhauser Allee 36, 10435 Berlin, Tel.: (030) 44 02 32-0

Internet: www.christoph-links-verlag.de; [email protected]

Umschlaggestaltung: KahaneDesign, Berlin unter Verwendung von Buchcovern der Kiepenheuer-Verlage

eISBN: 978-3-86284-121-9

Inhalt

Siegfried Lokatis

Der Zauberstab des Verlegers

Einleitung

Thekla Kluttig und Susanne Richter

100 Jahre Kiepenheuer Verlage

Zehn Arten, eine Ausstellung zu beschreiben, die es fast nicht gegeben hätte

Damals in Weimar

Volker Wahl

Gustav Kiepenheuers Anfänge

Matthias Merker

Die neue Buchkunst im Gustav Kiepenheuer Verlag Weimar

Marie Luise Kaschnitz

Lehrjahre

Cornelia Caroline Funke

»Man braucht gar kein Geld; was man braucht, ist Kredit!«

Kiepenheuers finanzielle Voraussetzungen und Transaktionen des Anfangs

Die goldenen Zwanziger in Potsdam

Marie Kaufmann

Die geistigen Geburtshelfer – Kiepenheuer und seine Lektoren

Bianca Heuser

»Ich brauche einen Menschen«

Georg Kaiser bei Kiepenheuer

Kerstin Wonneberger

»Das schönste Buch der Welt«

Joseph Roth bei Kiepenheuer

Dirk Heißerer

Vom Blauen Reiter zum Europa-Almanach

Carl Einstein bei Kiepenheuer

Kiepenheuers Fibel für unsere Kleinen

Aus der Tabatiere – einer Privatzeitschrift für Freunde des Verlages von Freunden des Verlages

Hans Altenhein

Vierundzwanzig deutsche Erzähler

Kestens Anthologie von 1929

Cornelia Caroline Funke

Kiepenheuers wirtschaftliche Situation am Ende der Weimarer Republik

Kiepenheuer während der Zeit des Nationalsozialismus

Sabine Röttig

»Wir haben wahrhaftig keinen Überfluß mehr an Verlegern, die das Recht haben, [sich] Verleger zu nennen.«

Kiepenheuer zwischen 1933 und 1944

Jane Langforth und Siegfried Lokatis

Die Passion Pankoks

Ein Bilderzyklus im Visier der Nationalsozialisten

Jörg Räuber

Bücher von deutschsprachigen Emigranten

Erwerbungspraxis der Deutschen Bücherei in den Jahren 1933 bis 1945 und in der DDR

Cornelia Caroline Funke

Ohne Bücher zu verlegen, konnte Kiepenheuer nicht existieren

Kiepenheuers Verlagsgeschäfte von 1933 bis 1945

Neuanfänge in Ost und West

Volker Wahl

Gustav Kiepenheuer, Theodor Plievier und Joseph Caspar Witsch über alle Zonen hinweg

Gotthold Müller

Die Lizenzierung der ersten Verlage in der russisch besetzten Zone

Sabine Röttig

»Wir Beide sind ja doch die besten.«

Charlotte Ehlers und der Gustav Kiepenheuer Verlag

Wieder in Weimar

Jeannine Wanek

»Unser alter unvergeßlicher Gustav würde stolz auf Sie sein.«

Der Gustav Kiepenheuer Verlag unter der Leitung Noa Kiepenheuers

Jürgen Israel

Noa Kiepenheuer

Eine Annäherung

In Noas Nische

Jürgen Israel im Gespräch mit Anna Hofmann

»Im Druck und in der Zeichnung des Einbandes ganz bezaubernd …«

Artur Liebig über seine Bücher

Berührungspunkte in Weimar: Die Verlage Aufbau und Kiepenheuer

Wulf Kirsten im Gespräch mit Ingrid Sonntag

Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs GmbH in Berlin-Dahlem

Maria Sommer

»Wir wünschen nicht verwechselt zu werden, wir sind die alte Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs GmbH …«

Günter Grass und Maria Sommer

Zwei Briefe

Bernd Schmidt

»Etwas erstaunt zähle ich die Tage …«

Vier Dokumente aus der Vergangenheit und ein gewagter Blick in die Zukunft

Kiepenheuer & Witsch in Hagen und Köln

Birgit Boge

Fritz H. Landshoff – Ein nützlicher Mann

Die Zusammenarbeit von Joseph Caspar Witsch und Fritz H. Landshoff 1949–1952

Nicole Dietz und Siegfried Lokatis

Tobbys Wunsch?

Tami Oelfken zwischen den Fronten bei Kiepenheuers

Klaus Körner

Kiepenheuer & Witsch und der Kalte Krieg in Deutschland

Klaus Michael

Berührung ist nur eine Randerscheinung

Die deutsch-deutsche Geschichte einer Anthologie

Kiepenheuer Verlagsgruppe Leipzig und Weimar 1977–1990

Ingrid Sonntag

Kiepenheuer und Reclam in Personalunion?

Kapriolen vor Gründung der Verlagsgruppe

Friedemann Berger, Hans Marquardt, Lothar Reher und Roland Links

Acht Briefe über Kamasutram

Beate Jahn

Über Sinn, Unsinn und Irrsinn

Ungeordnete Gedanken über 23 Jahre Verlagsarbeit

Grit Stegmann

Die Sammlung Dieterich und ihr Herausgeber Rudolf Marx

»Warum hast du uns nicht gleich gesagt, dass du so einen schönen deutschen Verlag leitest?«

Roland Links im Gepräch mit Ingrid Sonntag

Bernd Friedemann und Eberhard Wollesky

Buchherstellung und Ökonomie zwischen Plan und Wirklichkeit

Ernst-Peter Wieckenberg

Die Bibliothek des 18. Jahrhunderts

Bericht über eine deutsch-deutsche Zusammenarbeit

Marga Erb

Lust und Frust des Lektors

Osteuropäische Literaturen in der Verlagsgruppe Kiepenheuer

Günter Gentsch

Literatur als Zugewinn an Welt

Werkausgaben von westeuropäischen und amerikanischen Autoren in der Verlagsgruppe Kiepenheuer

Bernd Lindner

Tagebuch einer Revolution

Zur Entstehungsgeschichte des Leipziger Demontagebuches 1989 / 90

Gustav Kiepenheuer Verlag GmbH in Leipzig und Berlin

Friedemann Berger

Ein Brief an Buchhändler und Verlagskollegen

Rechtsstreit zwischen Treuhand und Verlegern

Pressespiegel

Presseerklärung von Kiepenheuer & Witsch über das Verhältnis zum Gustav Kiepenheuer Verlag

Die Kiepenheuer Verlagsgruppe nach 1990

Martin Lorentz im Gespräch mit Siegfried Lokatis und Ingrid Sonntag

Thorsten Ahrend

Gustav Kiepenheuer bei Aufbau

Die ersten Jahre von 1995 bis 1997

Aufbau begradigt und erweitert sein Programm

Pressemeldung Buchreport vom 27. April 2010

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Rechtenachweis

Danksagung

Personenregister

Angaben zu den Herausgebern und Autoren

In vorgerückter Stunde fuhr er sich in einer Gesprächspause mit der Hand über das Gesicht, zwinkerte und legte, als sei es das Selbstverständlichste der Welt, sein Auge auf den Tisch. Auf diese verblüffende Weise wurde ich davon in Kenntnis gesetzt, daß er ein künstliches Auge trug, treffend nachgebildet, denn ich hatte bisher immer gemeint, daß er mich besonders forschend und verständnisvoll anblickte.

Hermann Kasack

Wenn Rowohlt bei Mahlzeiten angeregt war, zerbiß und kaute er Gläser und verschluckte die Scherben. Joseph Roth, ein beherzter Trinker wie die beiden Verleger, wünschte sich damals, Rowohlt möchte das Glasauge Kiepenheuers verspeisen, als wahres Symbol für die Freundschaft von Verlegern untereinander. Es kam nie dazu.

Zum 50. Geburtstag von Kiepenheuer gab der Verlag einen abendlichen Empfang. Kiepenheuer nahm an diesem Sonntag in der Frühe ein Bad und spielte, wie er es oft tat, mit seinem Glasauge. Da entglitt es ihm und fiel durch den Abfluß. Nun war guter Rat teuer. Er wollte nicht einäugig wie Odin seine Gäste empfangen. Er rief eine Reihe von Optikern in ihren Privatwohnungen an, doch hatte keiner Glasaugen in der Wohnung. Schließlich traf er auf einen Optiker, der ein Glasauge in der Wohnung hatte, zufälligerweise. Kiepenheuer schickte das Dienstmädchen, das auch ein Glasauge brachte. Doch als er die Schachtel öffnete, sah er zu seinem Schreck, daß es ein grünes Glasauge war, was nicht zu seinem eigenen strahlend blauen Auge paßte. Es war zu spät, den Schaden zu reparieren. So blickte er an seinem 50. Geburtstag zweideutig auf seine Autoren.

Hermann Kesten1

»seine ehe sei von daeuer dieses wünscht in wahrhaft treuer

liebe bieder warm und echt seinem kiepenungehaeuer

berthold brecht – dieses telegramm ist teuer.«2

1 Hermann Kasack in: Friedemann Berger (Hg.): Thema – Stil – Gestalt. 1917–1932. Leipzig, Weimar 1984, S. 502; Hermann Kesten, ebenda, S. 513.

2 SStA–L, 21097 Gustav Kiepenheuer Verlag und Dieterich'sche Verlagsbuchhandlung (im Folgenden: SStAL, GKV) Nr. 854/5, Telegramm von Bertolt Brecht an Gustav Kiepenheuer, 20.1.1925.

Siegfried Lokatis

Der Zauberstab des Verlegers

Einleitung

Vierzig Autoren stellen die vielleicht spannendste deutsche Verlagsgeschichte des 20. Jahrhunderts vor. Die politischen Wechselfälle des vergangenen Jahrhunderts sind ihr auf einzigartige Weise eingeschrieben. Gleich einem Proteus wechselt dieser Verlag die Gestalt, Ort und Programm, Größe, Namen und rechtliche Form, er bildet Absplitterungen und vervielfältigt sich. Dabei ist jede einzelne seiner Erscheinungsformen auf eigene Weise faszinierend, bedeutsam und lehrreich.

Gustav Kiepenheuer startet auf dem ästhetisch ambitionierten spätbürgerlichen Buchmarkt des Kaiserreichs als aufstrebender Kulturverleger mit bibliophilen Kostbarkeiten, lässt im 1. Weltkrieg aber auch gehobenen patriotischen Schund folgen. In seltsam scharfem Kontrast dazu steht der Umbau des Programms ab 1917, die Entstehung eines »linken« Angebotssegments. Die Verlagsgeschichtsschreibung in der DDR in Gestalt des ehrwürdigen Jubiläumskatalogs von 1984 Thema – Stil – Gestalt. 1917–1932 umschiffte schlitzohrig das Problem, indem man unter Ausklammerung dunklerer Seiten erst um 1917 mit der Darstellung einsetzte und sich auf die Goldenen Zwanziger des Verlages konzentrierte. Diesen Mythos bediente die 1977 in Leipzig zusammengeschweißte Verlagsgruppe Gustav Kiepenheuer, zu der auch die Verlage Insel, Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung und Paul List gehörten.

Kiepenheuer war ein Leuchtturm der Weimarer Republik, ein Zentrum des Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit, ein Seismograph, der Autoren wie Bert Brecht und Anna Seghers entdeckte, der Verlag von Gottfried Benn, Carl Einstein, Lion Feuchtwanger, Leonhard Frank, Ernst Gläser, Hans Henny Jahnn, Georg Kaiser, Joseph Roth, George Bernhard Shaw, Upton Sinclair, Ernst Toller, Carl Zuckmayer und Arnold Zweig. Das Verlagsarchiv zeigt die »Halbgötter« von einer erfrischend menschlichen Seite: Sie quengeln in schrecklicher Geldnot, schreiben geistreiche Klosprüche (»Hier nehm ich Platz, ich Ringelnatz«) und feiern rauschende Gelage. Das Glasauge des Verlegers kullert über den Tisch.

1933 landen drei viertel des Programms auf dem Scheiterhaufen. Kiepenheuers legendäre jüdische Lektoren Hermann Kesten, Fritz Landshoff und Walter Landauer fliehen aus Deutschland und organisieren zunächst in den Niederlanden bei Querido und Allert de Lange eine Heimstatt für die Crème de la Crème der emigrierten Schriftsteller. Es gibt auch noch die Verleger Bermann-Fischer und Oprecht, doch die Geschichte der literarischen Emigration wird maßgeblich von der Kiepenheuer-Tradition geprägt. Gustav Kiepenheuer selbst bleibt zurück in Berlin und unternimmt gewaltige Anstrengungen, um sich in der ihm feindlichen Umwelt des Dritten Reiches irgendwie zu behaupten. Keinem gelingt das besser als ihm. Es hat lange gedauert, bis die Geschichte der literarischen Emigration die gebührende wissenschaftliche Aufmerksamkeit fand, und das gleiche lässt sich über die verdrängte Geschichte des Buchhandels- und Verlagswesens innerhalb des Dritten Reiches sagen. Bislang wurde entweder das eine oder das andere Thema behandelt, die Realgeschichte der Literatur in der Emigration oder die Literaturgeschichte des nationalsozialistischen Deutschlands. Eine Darstellung der Kiepenheuer-Geschichte fordert hingegen, beide Aspekte zu thematisieren.

Die Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg spaltete auch den Verlag. Neben Gustav Kiepenheuer in Weimar verselbständigte sich der Kiepenheuer Bühnenvertrieb in Berlin und auf juristisch umstrittene Weise entstand der Kölner Verlag Kiepenheuer & Witsch. Mancher westdeutsche Leser assoziiert bis heute fälschlicherweise mit dem Namen Gustav Kiepenheuer ausschließlich das westdeutsche Unternehmen. Die Bücher Kiepenheuers aus den zwanziger und dreißiger Jahren werden in bibliographischen Angaben von Antiquaren gern mit dem vermissten »Witsch« geschmückt, obwohl Kiepenheuer & Witsch erst seit 1951 unter diesem Namen, und zwar ohne den »Gustav«, publizierte.

In der Festschrift 90 Jahre Gustav Kiepenheuer Verlag versuchte im März 2000 dessen damaliger Eigentümer Bernd F. Lunkewitz noch einmal das bundesdeutsche Publikum mit der glorreichen Geschichte des »Jahrhundertverlegers« vertraut zu machen. Bis zum »100. Jubiläum … und darüber hinaus« versprach er dem Publikum gute Bücher in der Tradition Gustav Kiepenheuers.1 Tatsächlich hat die inzwischen von Lunkewitz verkaufte Aufbau-Verlagsgruppe das 100. Verlagsjubiläum am 1. April 2010 abgewartet und die Stilllegung des Gustav Kiepenheuer Verlages drei Wochen später verkündet. Wie es hieß, sei es die unvermeidliche Konsequenz aus Marktanalysen gewesen, welche die unerschütterliche Marktdominanz von Kiepenheuer & Witsch im gesamtdeutschen Buchhandel belegten.

Bis 1990 hatte der Gustav Kiepenheuer Verlag hauptsächlich für den Buchmarkt der DDR produziert und war in der Bundesrepublik nur indirekt präsent, dies allerdings in erheblichem Ausmaß. Der Buchexport in die Bundesrepublik bildete geradezu die Raison d’ être der Kiepenheuer Verlagsgruppe – nur erschienen die Bücher als Lizenzausgaben im Westen hauptsächlich bei C. H. Beck, im Verlag Modernes Antiquariat und bei Dausien.

In umgekehrter Richtung war Kiepenheuer & Witsch in der DDR aktiv und ebenfalls unsichtbar. Dort genossen zwar die Bücher seiner Hausautoren Gabriel García Márquez und J. D. Salinger geradezu Kultstatus, doch sie erschienen in der Regel in Häusern wie Aufbau, Volk und Welt und Reclam unter deren Namen. Zudem war die SED in höchstem Maße skeptisch gegenüber einem Verlag, der im »Kalten Krieg« die DDR mit geschmuggelten, auch vom Ballon abgeworfenen Tarnbroschüren überschwemmt hatte, der Wolfgang Leonhards Bestseller Die Revolution entläßt ihre Kinder, Carola Sterns Ulbricht-Biographie und Manès Sperbers antikommunistische Trilogie Wie eine Träne im Ozean herausbrachte. Hier erschien auch das SBZ-Archiv (der Vorläufer des Deutschland-Archivs) und später, nach dessen Ausbürgerung, Bücher Wolf Biermanns: Alles Literatur für den Giftschrank, die offiziell nicht die Grenze passieren konnte.2 Eine seltsame Koinzidenz: Beide Kiepenheuer-Buchverlage operierten auf diskrete Weise im großen Stil gesamtdeutsch, versteckte Bücherströme überkreuzten sich.

Der erste Blick auf die langfristigen Prozesse suggeriert eine irreführende Parallele: Beide Kiepenheuer-Verlage begannen nach dem Krieg als Privatunternehmen, beide fanden sich schließlich in eine Verlagsgruppe eingebettet, KiWi bei Holtzbrinck, Gustav Kiepenheuer zu DDR-Zeiten in der »Viererbande« – dem Leipziger »Erbe-Kombinat« – und danach in der Aufbau-Gruppe in Berlin. Der Konzentrationsprozess in der DDR war allerdings politisch induziert. Die wenigen, bis Anfang der siebziger Jahre geduldeten privaten Verlage waren einer konsequenten Diskriminierung in der Besteuerung und bei der Papierverteilung ausgesetzt.

An Devisen war für Noa Kiepenheuer in den fünfziger und sechziger Jahren kaum zu denken, und in der Literaturarbeitsgemeinschaft kämpfte sie tapfer um die von Aufbau und Reclam belassenen Brosamen des »kleinen Erbes«. Trotzdem gelang es Noa, sich in Weimar einzurichten und ihre Nische zu basteln, in die ihre einstigen Mitarbeiter – der studentische Untermieter und (bis zu seiner Verhaftung) designierte Cheflektor Jürgen Israel und der Grafiker Artur Liebig – dem interessierten Leser seltene Einblicke gewähren. Wie sie mit Mysie und Minckwitz, ihrem Hund und ihrem Lektor, um den Schreibtisch herum ein Schneckenhaus baute und dem branchenüblichen Kontakt auswich, grenzt an Realitätsverweigerung – welch ein Kontrast zu ihrem agilen Lieblingsfeind »Witschi«, dem redegewaltigen Renaissancemenschen, der in Köln sein verlegerisches Genie entfaltete und in vielen Töpfen zu rühren verstand.

Und welch ein Kontrast auch zu den späteren Verlegern des Gustav Kiepenheuer Verlages, der sich zur Leitfirma der Verlagsgruppe mauserte. Nachdem die Tochter Noa Kiepenheuers, Eva Mayer, den nominellen Verkauf an den Kinderbuch-Verlag abgewickelt hatte, wurde der Verlag Parteieigentum der SED, woraus seine führende Rolle in der Zukunft resultieren sollte. Hingegen galt der Insel Verlag weiterhin – es gab auch einen volkseigenen Anteil – als treuhänderisch verwaltetes Privatunternehmen, wobei die Gültigkeit des 1963 erfolgten Verkaufs des westdeutschen Insel Verlages an Siegfried Unseld für das Leipziger Unternehmen von der DDR nicht anerkannt beziehungsweise (aus Rücksicht auf den Handelspartner Suhrkamp) als schwebende Frage lieber im Dunkeln belassen wurde.

Bei der im Mai des Jahres auf den 1. Januar 1977 rückdatierten Bildung der Verlagsgruppe Kiepenheuer wurde der Paul List Verlag weitgehend stillgelegt, seine Gegenwartsautoren zum Mitteldeutschen Verlag nach Halle ausgelagert, das Papierkontingent im Wesentlichen Kiepenheuer zugeschlagen. Die Sammlung Dieterich war nicht viel mehr als eine allerdings legendäre und exportträchtige Buchreihe. Die Verlagsgruppe bezog ihren Hauptsitz im Gebäude des Insel Verlages in der Mottelerstraße 8 im Leipziger Norden. Vom Insel Verlag kamen 29 Mitarbeiter, darunter der neue, früh verstorbene Verlagsdirektor Hans Klähn und fünf Lektoren, die fortan bei Kiepenheuer angestellt waren.3 Kiepenheuer selbst brachte kaum mehr als zwei Mitarbeiter ein, darunter allerdings den künftigen Cheflektor Friedemann Berger.

Diese Lösung, der Ausbau zu einem großen Leipziger Erbe-Verlag, erlaubte insgesamt eine beträchtliche ökonomische Stärkung, wie sie üblicherweise nur Parteiunternehmen zugute kommen konnte. Sie eröffnete vor allem (für dieses Verfahren gab es Vorbilder wie Edition Leipzig, VEB Enzyklopädie oder den Deutschen Verlag für Musik) die strategische Chance, eventuelle Exportblockaden durch die westdeutschen Parallelverlage von Insel, Dieterich und List durch die Umlenkung von Titeln auf Kiepenheuer unterlaufen zu können und so Planungssicherheit für den Westexport herzustellen. Aus diesem Grund war zunächst auch die Einbeziehung des Leipziger Reclam Verlages, der von Stuttgarter Boykotten gegen die Universal-Bibliothek geplagt war, im Gespräch.

Das jährliche Papierkontingent des Kiepenheuer Verlages, die Sammlung Dieterich (55 Tonnen) und Insel (115 Tonnen) nicht mitgerechnet, stieg von 23 auf 380 Tonnen (1984), der Westexport von 40 000 (1977) auf 730 000 DM beziehungsweise Verrechnungseinheiten (1984).4 Der West-Export der Verlagsgruppe entsprach ungefähr dem Devisenetat der beiden für Westliteratur zuständigen Verlage Aufbau und Volk und Welt, die damit fast den gesamten Belletristikimport der DDR bezahlten.

Kurzum, in der Verlagsgruppe Kiepenheuer erschien Literatur, die nicht nur in der DDR in aller Regel schon beim Erscheinen vergriffen, sondern auch im Westen gefragt war. Denn welcher Verlag in der Bundesrepublik konnte sich eine so vielseitige wie gründliche Lektoratsarbeit leisten? Das Programm der Kiepenheuer-Gruppe reichte von Portugiesischen Schiffbrüchigen-Berichten aus dem 16. Jahrhundert über Ossip Mandelstams Gespräch über Dante bis zu nigerianischen Märchen, kambodschanischen Schelmenromanen, tamilischen Preisliedern und den Gesängen der Maori. Hier fanden sich Thomas de Quinceys Bekenntnisse eines indischen Opiumessers neben Paul Westheims Europa- Almanach, Max Dauthendeys Märchenbriefbuch der heiligen Nächte im Javanerlande und Paul Scheerbarts Mondroman Die große Revolution.

Nach dem frühen Tod des Verlagsleiters Hans Klähn gliederte sein Nachfolger Roland Links das Programm der Gruppe neu und schuf vier, alle Verlage übergreifende Lektorate:

Deutschsprachige Literatur (Belletristik)

Übersetzungsliteratur aus sozialistischen Ländern

Übersetzungsliteratur aus nichtsozialistischen Ländern

Afroasiatische Literatur / Kulturgeschichte.

5

Der Export wurde zum »Hauptsteuerinstrument der Lektoratsplanung«. Bei der Sammlung Dieterich kooperierte man mit Schünemann in Bremen, bei der Gustav-Kiepenheuer-Bücherei, den Afrikanischen Märchen und der Andersen-Werkausgabe mit der Firma Dausien in Hanau, bei der Orientalischen Bibliothek und der Bibliothek des 18. Jahrhunderts mit C. H. Beck, bei der Folklore- und der Märchenreihe mit dem Drei Lilien Verlag (VMA) in Wiesbaden.6

Dann gab es für jeden Verlagsteil die belebende Erweiterung des Programms in Richtung Gegenwartsliteratur. In der von Lothar Reher gestalteten Gustav-Kiepenheuer-Bücherei der achtziger Jahre erschien eine ganze Reihe interessanter Westtitel von Autoren wie Albert Camus, Sigmund Freud, Arno Schmidt und Susan Sontag. Im Insel-Verlag kam Heinrich Böll heraus, von dessen von Kiepenheuer & Witsch übernommenen Titeln auch mindestens eine Plusauflage gedruckt wurde: statt der bezahlten 30 000 Exemplare brachte man 50 000 Stück in den Vertrieb. Verglichen mit der systematisch über Aufbau und Volk und Welt abgewickelten Betrugspraxis der SED-Politik war das nicht mehr als ein Ausrutscher, der jedoch nach der Wende für viel Aufsehen sorgte. Von der Zensur untersagt wurde die Edition der Werke Schopenhauers und Nietzsches sowie eine Nachauflage von Sigmund Freud.7

Die den Verleger quälenden Hauptprobleme lagen jedoch im herstellerischen Bereich. Die sich dramatisch verschlechternde Druck- und Papierqualität in der DDR erwies sich als ein strukturelles Hindernis für die mit marktbewusst anspruchsvollen Westverlagen betriebenen »Mitdruckgeschäfte«.

Die Leipziger Verlagsgruppe Gustav Kiepenheuer bot die Möglichkeit, die hundertjährige Tradition der Firma in einer Ausstellung im Leipziger Museum für Druckkunst zu dokumentieren. Gestützt auf das große, hervorragend erschlossene und zugänglich gemachte Verlagsarchiv, das sich heute im Sächsischen Staatsarchiv Leipzig befindet, die bereits erfolgten Reprints und Jubiläumskataloge sowie die grundlegende Arbeit Cornelia Caroline Funkes8 zum frühen Kiepenheuer Verlag begannen 2009 die Vorbereitungen zu diesem Buch. Hier kommen nicht nur Literaturhistoriker zu Wort, sondern auch Zeitzeugen, die ganz unterschiedliche Perspektiven von Verlagsleitern, Ökonomen, Herstellern und Lektoren einbringen. Sie kennen am besten die Hoffnungen, Spielräume, Improvisationen und Zwänge des damaligen Tuns und reflektieren auch die internen Spannungen.

Dieser Ansatz, Forscher und Zeitzeugen verschiedener Generationen aus Ost und West mit ihren unterschiedlichen Perspektiven zusammenzuführen und deren Texte in Kommunikation zu setzen, ist inzwischen nicht mehr neu, sondern bewährt. Auf ähnliche Weise entstanden bereits umfangreiche Textsammlungen zum innerdeutschen Literaturaustausch, zu Zeitschriften in der DDR, zum Verlag Volk und Welt und zum Phänomen des Heimlichen Lesens.9

Die Verlagsgeschichte, besser die Kiepenheuer-Verlagsgeschichten, greifen sowohl zeitlich wie räumlich über den Rahmen der DDR-Geschichtsforschung hinaus. Die Kiepenheuer-Geschichte überspannt einhundert Jahre, beleuchtet sowohl das Zeitalter der Weltkriege als auch die Vorgeschichte der Teilung, darüber hinaus werden auch westdeutsche Ableger in den Untersuchungsgegenstand einbezogen. Insofern geht es hier um eine gesamtdeutsche Perspektive. Das Thema Kiepenheuer lässt sich in seiner Gesamtheit als einheitlich auffassen, konstruieren und darstellen, wenn man zwischen den einzelnen Teilen Beziehungen herstellt, wenn man Vergleiche zieht und trotz unterschiedlicher, ja gegensätzlicher politischer Rahmenbedingungen Ähnlichkeiten herausarbeitet, wenn man Übergänge zwischen wechselnden Eigentumsformen und die Kommunikation zwischen den Protagonisten beobachtet.

Seit 1949 liegt Gustav Kiepenheuer in Weimar neben der Fürstengruft, also neben Goethe und Schiller, begraben. Sein kleiner Verlag zu dieser Zeit würde für sich genommen vermutlich nicht all den Forschungsaufwand rechtfertigen können und das Interesse des Lesers beanspruchen dürfen. Doch danach ging es weiter, es begann die spannende Zeit der deutsch-deutschen Konflikte. Seine Witwe Noa musste sich mit Joseph Caspar Witsch auseinandersetzen, der im Westen einen Ableger gründete. Der Mythos Kiepenheuer überdauerte den Tod des Gründers, weil er offenbar sehr erfolgreich benutzt und wiederbelebt werden konnte, in der Bundesrepublik von Witsch, in der späten DDR vom Cheflektor Friedemann Berger. Verlegerische Leidenschaft und Vision, aber auch starke Ellenbogen waren Voraussetzung, um bei der Stabübergabe nachzuhelfen.

»SIE sind SO!« schreibt resigniert der 1933 emigrierte Kiepenheuer-Lektor Fritz Landshoff, als ihn Witsch nach vollbrachtem Dienst, der Übertragung vitaler, durch die Emigration geretteter Autorenrechte, unter einem Vorwand beiseite schiebt.10 In den achtziger Jahren wird Landshoff für Friedemann Berger noch einmal zu einer Ikone der Kiepenheuer-Tradition.

Für Kontinuität und Traditionsstiftung über die Jahrzehnte hinweg sorgten im Hintergrund Frauen wie Käthe Oehlwein, die über Noas Tod hinaus noch mit 80 die Geschäfte in Weimar führte, oder Charlotte Ehlers, die zunächst Gustav Kiepenheuer zur Seite stand, um dann mit Joseph C. Witsch in den Westen zu gehen: Eine große alte Dame bei Kiepenheuer & Witsch, die in Briefen zu Noa Kontakt hielt. Stets traditionsbewusst und anfangs sehr um Vermittlung zwischen Köln und Weimar bemüht, agierte die Schweizer Verlegerin Bettina Hürlimann, Gustav Kiepenheuers Tochter aus erster Ehe. Bettinas Mutter Irmgard hatte Gustav Kiepenheuer 1910 die Gründung des Verlags in Weimar finanziell ermöglicht und nach der Trennung von ihrem Mann in Potsdam gemeinsam mit dem ehemaligen Kiepenheuer-Prokuristen Hans Müller den Verlag Müller & I. Kiepenheuer betrieben, der sich auf Luxusausgaben und Kunstbücher spezialisierte.11 1934 erschien hier beispielsweise ein von Will Grohmann herausgegebener Band mit Handzeichnungen Paul Klees, der von den Nazis beschlagnahmt und nach dem Krieg – der Verlagsort war jetzt Bergen in Oberbayern – noch einmal aufgelegt wurde. 1962 erfuhr der Gustav Kiepenheuer Verlag in Weimar von einem seiner wichtigsten westdeutschen Handelspartner, Werner Dausien in Hanau, dass dieser die Firma Müller & Kiepenheuer, an der Irmgard Kiepenheuer noch etwas beteiligt war, übernommen hatte.12 Später sollte Dausien neben den Produkten von Müller & Kiepenheuer auch aus Weimar übernommene Titel der Gustav-Kiepenheuer-Bücherei in der Bundesrepublik verbreiten. Wie es der Zufall wollte, war Hanau, der Sitz des Verlages, zugleich der Ort der Buchhändlerlehre von Gustav Kiepenheuer.

Schon früher, nicht erst in der Bundesrepublik, kommunizierten die verschiedenen Kiepenheuer-Verlage gerichtlich miteinander, um sich in Rechtsfragen abzugrenzen und der Verwechslungsgefahr zu begegnen. 1932 wurde Müller & I. Kiepenheuer in dritter Instanz vom Leipziger Reichsgericht zu einem Namenswechsel verurteilt, auf den Gustav Kiepenheuer jedoch anschließend, nachdem die prinzipielle Frage geklärt war, gar keinen Wert mehr legte.13 Zwischen Kiepenheuer & Witsch und Gustav Kiepenheuer wurde das Problem erst nach der Wende von 1989 wieder akut, als man unversehens auf einem gemeinsamen Markt agierte. Und die Dramaturgin Maria Sommer klebte ihren Briefen den Zettel an: »Wir wünschen nicht verwechselt zu werden, wir sind die alte Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs GmbH, gegründet 1931 und haben mit dem Verlag Kiepenheuer und Witsch nichts zu tun.«14

Es gab Autoren, die in einer bestimmten Phase der Kiepenheuer-Geschichte eine dominierende Rolle spielten, in den zwanziger Jahren natürlich vor allem Georg Kaiser, der geldgierige und geniale Querulant, dessen unnachahmliche Briefe die Prunkstücke des Verlagsarchivs darstellen. Für die Zeit des Nationalsozialismus steht exemplarisch der »entartete« Maler Otto Pankok.

Fast alle berühmten Kiepenheuer-Autoren der zwanziger Jahre, von Bert Brecht über Lion Feuchtwanger bis hin zu Heinrich Mann, Anna Seghers und Arnold Zweig, wurden in der DDR beim Aufbau-Verlag verlegt, wodurch Noa Kiepenheuer zu einer Provinzexistenz verurteilt blieb. Zwei Autoren verklammern die Kiepenheuer-Verlagsgeschichten über die Bruchstelle des Kriegsendes hinweg, Joseph Roth und die heute nahezu unbekannte Tami Oelfken. Die linke Reformpädagogin und niederdeutsche Heimatdichterin Oelfken musste erleben, dass ihre Bücher gleich in drei politischen Systemen ausgegrenzt wurden: im »Dritten Reich«, wo sie sowohl für Müller & Kiepenheuer als auch für Gustav Kiepenheuer geschrieben hatte, wurde ihr Roman Tina verboten. Witsch bemühte sich um sie, ließ sie aber als »zu links« fallen. Schließlich verlegte sie ihre Bücher wieder bei Noa, aber auch in der DDR gab es Schwierigkeiten mit der Zensur.

Joseph Roth war ein enger Freund Gustav und Noa Kiepenheuers. In der Bundesrepublik erwarb sich Kiepenheuer & Witsch bleibende Verdienste durch die Pflege seines Werkes, das vornehmlich vom ehemaligen Gustav Kiepenheuer-Lektor Hermann Kesten herausgegeben wurde. Im Gustav Kiepenheuer Verlagsarchiv lag der »Berliner Nachlaß« des Autors, dessen Verkauf an ein Münchener Auktionshaus Friedemann Berger 1992 zum Verhängnis wurde. Die Treuhand machte die Privatisierung des Gustav Kiepenheuer Verlages und den Verkauf an Friedemann Berger wieder rückgängig. Die Aussperrung Bergers aus dem eigenen Verlag geriet 1993 zu einem öffentlichen Skandal, der die letzte Phase der Firmengeschichte einläutete: den Verkauf an Bernd Lunkewitz, den Wegzug aus Leipzig und zuletzt die Schließung durch die neue Aufbau-Verlag GmbH & Co. KG.

Die über Jahrzehnte gewahrte Identität des Verlages hängt an Personen, aber natürlich auch an den Büchern und Reihen, deren Geheimnisse in den Akten verborgen sind, an den mit ihnen verknüpften Geschichten, Risiken, Ängsten und Triumphen; an dem Wissen vom unvermeidlichen Wechsel der Marktsituationen, das langen Atem schafft; an dem Glanz der kraftspendenden Reliquien, den Autographen.

Es war die Souveränität eines begnadeten Verlegers wie Gustav Kiepenheuer, wichtige Vorlagen und Vorgänge zu den Akten zu legen, um bei Bedarf auf sie zurückzugreifen. Je prunkvoller die Bücher, je prominenter die Autoren, desto höher ließ sich das Archiv bewerten, um Kredite zu sichern und Investoren zu ködern. Mit dem Archiv verfügte der Verleger gleichsam über einen Zauberstab, der auch seinen Nachfolgern die Möglichkeit bot, die ruhmreiche Tradition mit neuem Leben zu füllen.

An dieser Stelle ist das Hohe Lied des Archivs zu singen. Nur durch die sorgfältig aufbereiteten Überlieferungen war es möglich, 100 Jahre Verlagsgeschichte darzustellen. Und diese Geschichte wurde selbst vom Archiv geprägt. Nur mit dessen Hilfe gelang es Friedemann Berger, der in Weimar darin wohnen und arbeiten durfte, die Kräfte der Kiepenheuer-Geschichte zu aktivieren, um damit das Konzept der Verlagsgruppe zu finden und zu legitimieren. Und nicht nur das: Wenn der Leser, was technisch leicht möglich ist, nach Gustav Kiepenheuers bibliophilen Bücherschätzen aus der Frühzeit der Verlagsgeschichte fahndet – ob es sich um den von Klemm illustrierten Reineke Fuchs, die von Dulac illustrierten Arabischen Nächte oder um Die Schaffenden handelt, ob er Hermann Kestens Vierundzwanzig deutsche Erzähler oder den Europa-Almanach von Carl Einstein und Paul Westheim sucht – stets wird er einen preisgünstigen, meist sorgfältig kommentierten Reprint aus der DDR finden. Und wenn wir ähnliches bei den Büchern des Insel Verlages beobachten, wird klar, dass die konsequente Auswertung der eigenen Archivtradition ein Produktionsgeheimnis der Leipziger Erbe-Gruppe war. Sie prägte ihr öffentliches Erscheinungsbild und bot für Buchkunst, Herstellung und Lektorat den verpflichtenden Maßstab.

Verlage tun sich heute schwer mit ihren Archiven. Sie bräuchten dafür kluges Personal, Raum und Pflege. Im digitalen Zeitalter gaben selbst Unternehmen wie Rowohlt, Kiepenheuer & Witsch, Aufbau, Suhrkamp und Insel ihren lebendigen Traditionsreichtum aus der Hand und ließen dessen Zersplitterung zu. Das Beispiel Kiepenheuer zeigt, dass es sich für einen Verlag durchaus lohnen kann, auf den geistigen Fundus früherer Generationen zurückgreifen zu können.

1 Das Publikum will mehr als trockene Schwarten. 90 Jahre Gustav Kiepenheuer Verlag. Leipzig 2000, S. 12.

2 Vgl. Lokatis, Siegfried; Sonntag, Ingrid (Hg.): Heimliche Leser in der DDR. Kontrolle und Verbreitung unerlaubter Literatur. Berlin 2008.

3 Rösner, Heinrich: Bericht über den Insel–Verlag für die HV Verlage und Buchhandel, Abt. Belletristik, 31.10.1977. BA DR-1, 8429, S. 88 f.

4 Jahresbericht der Verlagsgruppe Kiepenheuer für das Jahr 1984, 2.1.1984 (vermutlich 1985). BA DR-1, 16387, S. 2.

5 Gustav Kiepenheuer Verlag (Roland Links) an das Ministerium für Kultur, 23.2.1980, Jahresbericht der Verlage zum Planablauf 1979. BA DR-1, 16383, S. 53.

6 Roland Links, Persönlicher Bericht. Zur momentanen Leitungssituation in der Verlagsgruppe Kiepenheuer, 17.4.1984. BA DR-1, 8431, S. 86.

7 »Die Arbeit an spätbürgerlichen Autoren wie Nietzsche, Kierkegaard, Schopenhauer u. a. ist im Sinne der in der Diskussion gegebenen Hinweise nicht zu forcieren. Die Streichung des Nietzsche-Titels wird zur Kenntnis genommen. Der Verlag erhielt die Empfehlung, die Freud-Nachauflage nach 1987 zu verschieben.« Protokoll der Rechenschaftslegung der Verlagsgruppe Gustav Kiepenheuer zum Planablauf 1985, 28.2.1986. BA DR-1, 16388, S. 3.

8 Funke, Cornelia Caroline: Im Verleger verkörpert sich das Gesicht seiner Zeit. Unternehmensführung und Programmgestaltung im Gustav Kiepenheuer Verlag 1909 bis 1944. Wiesbaden 1999.

9 Lehmstedt, Mark; Lokatis, Siegfried (Hg.): Das Loch in der Mauer. Der innerdeutsche Literaturaustausch. Wiesbaden 1997. Barck, Simone; Langermann, Martina; Lokatis, Siegfried (Hg.): Zwischen »Mosaik« und »Einheit«. Zeitschriften in der DDR. Berlin 1999. Barck, Simone; Lokatis, Siegfried (Hg.): Fenster zur Welt. Eine Geschichte des DDR-Verlags Volk und Welt. Berlin 2003. Lokatis, Siegfried; Sonntag, Ingrid (Hg.): Heimliche Leser in der DDR. Kontrolle und Verbreitung unerlaubter Literatur. Berlin 2008.

10 Vgl. den Beitrag in diesem Band: Birgit Boge: Fritz Landshoff – Ein nützlicher Mann. Die Zusammenarbeit von Joseph Caspar Witsch und Fritz Landshoff 1949–1952, Fußnote 113.

11 Vgl. zu Charlotte Ehlers, Noa Kiepenheuer und Bettina Hürlimann: Tripmacker, Wolfgang: Frauen um Kiepenheuer. In: Verwehte Spuren. Potsdamer Verlagsgeschichten. Wilhelmshorst 2008, S. 129–147.

12 Verlag Werner Dausien, Hanau, an Gustav Kiepenheuer Verlag, 6.12.1962. SStA-Leipzig, Gustav Kiepenheuer Verlag, Nr. 902.

13 Landshoff, Fritz H.: Meine Jahre im Gustav Kiepenheuer Verlag. 1926–1933. In: Thema – Stil – Gestalt, Leipzig 1984, S. 504–512, hier S. 506 f.

14Vgl. den Beitrag von Maria Sommer »Wir sind der Kiepenheuer Bühnenvertrieb und wünschen nicht verwechselt zu werden« in diesem Band.

Thekla Kluttig und Susanne Richter

100 Jahre Kiepenheuer Verlage

Zehn Arten, eine Ausstellung zu beschreiben, die es fast nicht gegeben hätte

Mehr als 3000 Besucher haben die Kiepenheuer-Ausstellung gesehen. Die Organisatoren freuten sich über diese positive Bilanz, die sie nach der Schließung am 9. Mai 2010 ziehen konnten. »Gäbe es die soeben eröffnete Ausstellung in Leipzigs Museum für Druckkunst nicht, müsste die hundertjährige Geschichte der Kiepenheuer-Verlage wahrscheinlich ganz ohne offizielles Gedenken auskommen«, konstatierte Joachim Güntner in der Neuen Zürcher Zeitung. Weder die Berliner Aufbau-Verlagsgruppe, deren Teil der Gustav Kiepenheuer Verlag war, noch der Kölner Verlag Kiepenheuer & Witsch hatten entsprechende Aktivitäten unternommen.1 Folge eines immer noch wirkenden »deutsch-deutschen Spannungsfeldes«? Zu wechselvoll die Verlagsgeschichte, zu umstritten die Gründungsgeschichte des westdeutschen Verlags, zu ärgerlich die häufige Verwechslung der beiden Häuser? Auf »Kiepenheuer« als Chiffre für Expressionismus und Neue Sachlichkeit und Autoren wie Georg Kaiser, Bertolt Brecht, Joseph Roth und Anna Seghers hätte man sich doch verständigen können. Gerade die bewegte (n) Geschichte (n) jenseits dieser frühen Jahre des Verlages prädestinierten ihn für eine Ausstellung.

Am Anfang stand ein Zufall

Als beide Autorinnen sich im Oktober 2008 in anderer Angelegenheit trafen, sprach Susanne Richter von einer Ausstellung zum Gustav Kiepenheuer Verlag, die der Leiter der Pavillon-Presse Weimar, Matthias Merker, plane. Daraufhin berichtete Thekla Kluttig über ein ähnliches Vorhaben von Siegfried Lokatis, Professor für Buchwissenschaft an der Universität Leipzig. Nach wenigen Telefonaten und zwei Monate später, Mitte Dezember 2008, traf sich erstmals ein selbsternanntes »Kuratorium« der Kiepenheuer-Ausstellung zu einer Besprechung. Zu den Genannten gesellten sich Jörg Räuber von der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig und im Oktober 2009 Ingrid Sonntag. Über das grundsätzliche Ziel – eine Ausstellung und Publikation anlässlich des hundertjährigen Gründungsjubiläums des Gustav Kiepenheuer Verlages – bestand sofort Einigkeit. Deutlich wurde aber auch: Keiner der Partner verfügte über nennenswerte finanzielle Ressourcen für das Projekt; ohne die Einwerbung von Drittmitteln würde die Ausstellung eine »Luftnummer« bleiben. Die Partner teilten ihre Überzeugung: Eine Ausstellung zur Kiepenheuer-Verlagsgeschichte würde ein kulturgeschichtlich interessiertes Publikum finden, das auch die oft kritisierte »Flachware« – Briefe, Bilder, Bücher – schätzt. Der Ausstellungsort würde das Museum für Druckkunst in Leipzig sein.

Das Museum

Das Museum für Druckkunst sammelt Geräte, Maschinen und Utensilien, die zur Herstellung von Printmedien benötigt werden und die seit der Erfindung des Buchdrucks im 15. Jahrhundert von Bedeutung sind. Das 1994 gegründete und von einer privaten Stiftung getragene Haus selbst ist ein Industriedenkmal, ein Ort, der sowohl die Herstellung von Verlagsprodukten wie auch – einst Sitz des Reclam Verlages – die ehemals zentrale Rolle Leipzigs im Buchwesen abbildet. Es gehört zu den technisch-kulturhistorischen Museen Deutschlands. Bücher als Verlagsprodukte waren im Programm des Museums mehrfach Thema von Ausstellungen; zuletzt im Jahr 2008, als anlässlich des 60. Jubiläums der Stamperia Valdonega von Giovanni und Martino Mardersteig 250 Bücher aus der Produktion der Veroneser Druckerei gezeigt wurden. Die geschichtliche Einordnung in einen größeren verlegerischen Zusammenhang war bei dieser Ausstellung nicht angestrebt. Mit der Kiepenheuer-Ausstellung betrat das Museum daher Neuland, sowohl in der inhaltlichen Bearbeitung eines komplexen Themenfeldes als auch in der Zusammenarbeit und Koordination verschiedener Partner und Mitwirkender und zahlreicher Leihgeber. Das Museum selbst übernahm die technisch-organisatorische Begleitung der Ausstellung, die Bereitstellung der Grundvoraussetzungen für die Präsentation des heterogenen Materials auf 250 Quadratmeter Ausstellungsfläche und die Öffentlichkeitsarbeit. Die Gesamtkoordination der Ausstellung lag in den Händen von Michael Günther, einem im Museum tätigen jungen Historiker. Ohne zusätzliche Personalmittel waren beim Auf- und Abbau der Ausstellung neben den Studierenden der Buchwissenschaft in Leipzig auch die wenigen festen Mitarbeiter des Museums beteiligt. Während der Kiepenheuer-Ausstellung kamen zahlreiche neue Besucher in das Museum. Dass sie dabei auch die in Deutschland einmalige Sammlung von Druckkunst-Exponaten gesehen haben, war ein schöner Nebeneffekt.

Das Archiv

Das Sächsische Staatsarchiv – Staatsarchiv Leipzig war der größte Einzelleihgeber der Ausstellung. Es verwahrt unter Signatur 21097 den zusammengefassten Bestand »Gustav Kiepenheuer Verlag und Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung«. Dieser Bestand gelangte 1996 auf der Grundlage eines Depositalvertrages mit Bernd F. Lunkewitz, seinerzeit Geschäftsführer des Gustav Kiepenheuer Verlages,2 in das Staatsarchiv. Er hat einen Umfang von 40 laufenden Metern und umfasst Unterlagen aus den Jahren 1830 bis 2003.3 Hierzu zählen sowohl private Dokumente der Familie Kiepenheuer wie auch Korrespondenzen mit Autoren, Akten zu Buchtiteln oder Finanz- und Vertriebsunterlagen. Dokumentiert sind die Jahre bis zu Gustav Kiepenheuers Tod im Jahr 1949, die anschließenden Jahrzehnte unter der Leitung von Noa Kiepenheuer bis zu ihrem Tod 1971, der Kauf des Verlages aus Mitteln der SED im Jahr 1977 und die über zwanzigjährige Tätigkeit als Teil der Kiepenheuer-Verlagsgruppe in der DDR.4 Auch aus den Jahren seit Auflösung der Verlagsgruppe 1990 sind Unterlagen vorhanden.

Diesen kulturgeschichtlichen Schatz einem breiteren Publikum zugänglich zu machen und weitere Forschungen am Bestand anzuregen, waren zwei entscheidende Motive des Staatsarchivs für die Mitarbeit an der Kiepenheuer-Ausstellung. Sie umfasste die Unterstützung bei den Archivrecherchen, die Bereitstellung von Reproduktionen und die – angesichts der Zahl der auszuleihenden Originale – aufwendige restauratorische Vorbereitung der Objekte für die Ausstellung. Von den über 200 Archivalien in der Ausstellung sollten zwei Drittel Originale zu sehen sein. Wir wussten es von Beginn an: Der Charme der Ausstellung würden die Originale sein!

Kooperationspartner und Studenten

Ausstellungen zur Geschichte von Verlagen hat es schon eine ganze Reihe gegeben, oft initiiert von den Verlagen selbst anlässlich eines Jubiläums, oft auch beschränkt auf die Präsentation der Verlagserzeugnisse, manchmal aber auch mit einem weiteren Zugriff.5 Die Kiepenheuer-Ausstellung kann in verschiedener Hinsicht als ungewöhnlich gelten und führte zu eigenen Erfahrungen und Lehren. Ungewöhnlich war zunächst die Organisationsform: das Museum für Druckkunst Leipzig, die Buchwissenschaft an der Leipziger Universität, die Pavillon-Presse Weimar, die Deutsche Nationalbibliothek Leipzig und das Staatsarchiv Leipzig – fünf Kooperationspartner planten ohne nennenswerten zeitlichen Vorlauf, ohne schriftliche Vereinbarungen miteinander und (bis kurz vor der Ausstellungseröffnung) ohne Unterstützung von zweien der präsentierten Verlage einfach gemeinsam eine so interessante wie schöne Ausstellung. In Zeiten knapper öffentlicher Kassen und großer Zurückhaltung von privaten Sponsoren ist es im Kulturbereich ohnehin ratsam, Kooperationen zu schließen, Synergieeffekte zu erzielen oder, einfacher gesagt, Kosten zu sparen und / oder zu teilen. Mit der Erfahrung aller Beteiligten und einem realistischen zeitlichen Vorlauf ist dieses Vorgehen sehr empfehlenswert und sollte auch in Zukunft wieder angestrebt werden. Im Fall der Kiepenheuer-Ausstellung war eine Kooperation im engeren Umfeld der Leipziger Institutionen naheliegend, da jeder Partner über andere Ressourcen verfügte, die, zusammengeführt, von Anfang an eine solide Basis für das Projekt bildeten. Besonders wichtig für die inhaltliche Ausgestaltung und Vorbereitung der Ausstellung war, dass nicht nur der aktuelle Forschungsstand zur Kiepenheuer-Verlagsgeschichte durch die Buchwissenschaft der Universität Leipzig vertreten war, sondern dass auch die Hauptleihgeber, das Staatsarchiv Leipzig und die Deutsche Nationalbibliothek, mit am Tisch saßen. Dies trug ebenfalls dazu bei, dass es unterschiedliche Sichtweisen auf das Thema und das verfügbare Material gab. Unser unterschiedliches Herangehen an die gleiche Fragestellung hat auch zu Konflikten geführt. Wegen der gut funktionierenden Arbeitsteilung und Entscheidungskompetenz aller Partner blieben die Fortschritte in jedem Stadium sichtbar und kontrollierbar. Der Geist der Buchstadt Leipzig war im Laufe des Projektes immer stärker zu spüren und wurde von außen nicht nur wahrgenommen, sondern zeigte sich auch aktiv, beispielsweise durch großzügige Leihgaben. Nicht zu unterschätzen war der Werbeeffekt für jede Institution. Im gemeinsamen Auftreten und durch die frühzeitige Festlegung auf eine Sprachregelung in Sachen Öffentlichkeitsarbeit konnten alle Partner ihren Bekanntheitsgrad steigern und das Image ihrer Institution verbessern.

Einen besonderen Charakter bekam das Ausstellungsprojekt schließlich durch die intensive Mitarbeit von Studierenden der Buchwissenschaft am Institut für Kommunikations-und Medienwissenschaft der Universität Leipzig in zwei Seminaren im Sommersemester 2009 und Wintersemester 2009 /10. Ein Schreibseminar im Sommersemester 2010 wurde für die Nachbereitung eingeplant, denn allmählich hatte sich ein »harter Kern« hochmotivierter Studenten herausgeschält. Diese 15 »Mitarbeiter« recherchierten in Archiven und Bibliotheken nach geeigneten Ausstellungsobjekten, erarbeiteten unter der fachlichen Leitung von Siegfried Lokatis und Ingrid Sonntag historische Hintergründe und bereiteten Ausstellungstexte und Objektbeschreibungen vor. Schließlich arbeiteten sie mit beim Aufbau der Ausstellung und der Präsentation der Objekte. So erwies sich die Kiepenheuer-Ausstellung als praxisbezogenes Projekt mit hohem Lernfaktor. Die Begeisterungsfähigkeit und die Leistungsbereitschaft der Studierenden steckten auch die Kooperationspartner angesichts der schon angesprochenen Rückschläge an. Wegen des Engagements der Studierenden und der Bereitschaft zu Eigenleistungen aller Kooperationspartner würde es auf jeden Fall eine Kiepenheuer-Ausstellung geben!

»Bitte besorgen Sie mir die tausend Mark«

Georg Kaiser, expressionistischer Dramatiker und Kiepenheuer-Autor, wandte sich bei Geldsorgen mit fordernden Briefen an seinen Verleger – und oft genug half ihm Kiepenheuer.6

Über eine vergleichbar sprudelnde Geldquelle verfügten wir leider nicht. Als im Laufe des Jahres 2009 verschiedene aussichtsreich scheinende Drittmittelanträge, einer nach dem anderen, scheiterten, drohte sich die schwarzhumorige Wendung von einer Ausstellung aus »Luft und Liebe« zu erfüllen. Erst im November 2009 – drei Monate vor Ausstellungseröffnung – gab es mit dem Zuwendungsbescheid der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SEDDiktatur Planungssicherheit und ersten Handlungsspielraum für die professionelle Gestaltung von Werbemitteln, damit sie endlich unter die Leute gebracht werden konnten. Denn am 26. Februar 2010 sollte die Eröffnung stattfinden.

»1514 antwortet nicht mehr …«

Die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur erteilte ihre Zusage auf einen Antrag hin, der die deutsch-deutsche Perspektive der Verlagsgeschichte betonte – und im März 2009 hatte sich hier ein unerwartetes Loch aufgetan. Bei ersten Arbeitstreffen im Januar und Februar 2009 waren die Kooperationspartner davon ausgegangen, dass die westdeutsche Entwicklung und Perspektive in Dokumenten des Verlages Kiepenheuer & Witsch präsentiert werden könnte. Der Verlag hatte sein Archivgut Mitte der neunziger Jahre als Depositum an das Stadtarchiv Köln gegeben. Dort wurde es unter der Bestandssignatur 1514 verwahrt. In diesem Archiv befanden sich auch der literarische Nachlass von Heinrich Böll sowie die Vorlässe von Dieter Wellershoff und Günter Wallraff. Doch das Kölner Stadtarchiv stürzte am 3. März 2009 ein. Die genauen Ursachen sind bis heute nicht vollends geklärt. Während der sofort einsetzenden Bergungsmaßnahmen konnten annähernd 85 Prozent des Archivguts geborgen und bis Ende August 2009 erstversorgt werden. In welchem Umfang sich darunter Archivgut des Verlages Kiepenheuer & Witsch befindet, ist noch nicht bekannt.7 Für unsere Ausstellung zog der Einsturz einen Verlust von Ausstellungsobjekten nach sich. Die Leipziger Dokumente rückten umso mehr in den Fokus.

Alles flach?

Anlässlich des »Tages der Forschung« in deutschen Museen am 4. Juli 2010 stellte Hanno Rauterberg in der ZEIT fest, dass sich »Wissen und Vergnügen« wohl nirgends so nahekämen wie im Museum. Weil sich »die Realwelt immer mehr im Virtuellen verflüchtigt, weil sich vieles nicht mehr greifen lässt und nur abstrakt existiert, […] wächst offenbar die Sehnsucht nach Orten des Bleibens, nach Orten, an denen die Dinge noch als Dinge zu besichtigen sind, ganz handfest, real und authentisch. Und an denen sie aufgeladen sind mit Bedeutung.«8 Auch wir waren uns einig: In der Art und Beschaffenheit der möglichen Ausstellungsobjekte zur Verlagsgeschichte lag zwar eine Herausforderung, Angst vor Langeweile der Besucher gegenüber »flachen« Objekten würden wir aber nicht haben.

Wie vielfältig Archivgut sein kann und wie stark die »Aura des Originals« wirkt, wurde während der Recherchen schnell deutlich. Postkarten und handschriftliche Briefe, Lebenszeugnisse wie das Gymnasialzeugnis oder die Heiratsurkunde von Gustav Kiepenheuer, zeitgenössische Porträtfotos und -zeichnungen bedeutender Autoren und Maler, Werbemittel des Verlages (Prospekte, Verlagsanzeigen oder Entwürfe von Buchumschlägen), natürlich typographisch anspruchsvoll und oft wunderschön gestaltete Bücher und Buchreihen – sie alle wurden in der Ausstellung gezeigt und sprachen den Betrachter unmittelbar an. Waren mit Bedeutung aufgeladen: Ein schlichtes Telegramm – mit dem Hochzeitsglückwunsch Bertolt Brechts an das »Kiepenungeheuer« – regte zudem zu einer Zeitreise an, zurück zu einer einst modernen, unschlagbar schnellen und heute schon fast vergessenen Kommunikationstechnik.9

100 Jahre Verlagsgeschichte – Langweilig?!

Ungewöhnlich war die Kiepenheuer-Ausstellung schon wegen ihres zeitlich und räumlich weitreichenden Themas. Es handelte sich um 100 Jahre Verlagsgeschichte (n) des Gustav Kiepenheuer Verlages – im Laufe seiner Geschichte in Weimar, Potsdam, Berlin, wieder in Weimar, nach Leipzig wieder in Berlin ansässig –, aber auch um den Kölner Verlag Kiepenheuer & Witsch und die Berliner Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs GmbH, die seit mehr als 60 Jahren unter der Leitung von Dr. Maria Sommer erfolgreich tätig ist.10 Es war ein hochgestecktes Ziel, denkt man allein an die unüberschaubare Menge an Archivalien und Büchern, die theoretisch als Exponate zur Verfügung standen. Beschränkung tat not. Die Kooperationspartner waren sich darüber einig, dass die Ausstellung in erster Linie ein kulturgeschichtlich interessiertes Laienpublikum ansprechen will, das in der Regel nicht mehr als 90 Minuten in einer Ausstellung verbringt. So entstand eine lockere Abfolge von 15 Stationen, in denen »Geschichten« an möglichst sprechenden Exponaten erzählt wurden, flankiert von klaren Einführungstexten in leicht verständlicher Sprache. Angesichts der »Texthaltigkeit« vieler Objekte galt es zudem, die Ausstellung nicht zu überfrachten und im Zweifel eher weniger als mehr Objekte zu zeigen.

Themenschwerpunkte bildeten natürlich die Gründungszeit des Verlages und die Verlegerpersönlichkeiten Gustav Kiepenheuer, Joseph Caspar Witsch und – ein wenig in Vergessenheit geraten – Noa Kiepenheuer, des Weiteren der Lektor Fritz Landshoff, Charlotte Ehlers, die »rechte Hand« von Gustav Kiepenheuer und später von Joseph Caspar Witsch, Verlagsdirektor Roland Links und Lektor, Cheflektor und Geschäftsführer Friedemann Berger. Den größten Raum nahmen – selbstverständlich – die Autoren ein, darunter auch heute eher in Vergessenheit geratene wie Georg Kaiser und Tami Oelfken, und natürlich die großen Autoren Heinrich Mann, Bertolt Brecht, Anna Seghers oder Joseph Roth. In einer ganzen Reihe erstmals gezeigter Dokumente erschienen sie in einem neuen, differenzierteren Licht. Sehr interessant für heutige Betrachter war auch der Blick auf die Vermarktung der Verlagsprodukte, auf die Werbebroschüren, Messeplakate, Korrespondenzen wegen Lizenzen und Rechten, aber auch der Blick auf die Kunden, darunter auch die Deutsche Wehrmacht, die der Gustav Kiepenheuer Verlag belieferte. Ein schwieriges Unterfangen war es, sowohl das Verlagsprogramm in Buchreihen, die über Jahrzehnte fortgeführt wurden, darzustellen als auch buchgestalterische Akzente zu setzen. Viele Bücher Kiepenheuers besitzen unter Buchliebhabern Kultstatus.

Die Dichte der Darstellung nahm leider ab, je mehr sich diese der Gegenwart annäherte. Das war vor allem Folge eines begrenzt möglichen Zugangs zum Material.

Die Aura des Originals

Museumsbesucher von heute stellen an kulturhistorische Ausstellungen andere Anforderungen als an eine Kunstausstellung, die stärker über das Einzelobjekt und dessen Ästhetik Vermittlungsarbeit betreiben kann. Eine gewisse Inszenierung der Objekte in der Gesamtpräsentation benötigen beide Ausstellungsformen, aber gerade das weniger spektakuläre Exponat verlangt in der kulturhistorischen Ausstellung nach mehr Erklärung, Einordnung oder Deutung. Der vermeintliche Nachteil konnte mit den im Museum vorhandenen »Bordmitteln« wie Vitrinen, Rahmen, Bücherregalen, Hörstationen und Bildschirmen durch konsequentes Herausstellen der Originale in einen Vorteil umgewandelt werden. Die »Aura des Originals« hat der Frankfurter Museumschef Max Hollein 2004 für die Kunstmuseen geradezu beschworen11 und davor gewarnt, zu viele digitale Systeme und Informationsmedien in der Präsentation zu verwenden, da diese nur vom Original ablenkten und seine Aura störten. Dies unterstrich kürzlich auch Rauterberg.12 Er wies nochmals auf die veränderte Wahrnehmung durch konstanten Medieneinfluss im täglichen Leben hin. Das Projektteam setzte daher auf die eher »konservative« Art der Präsentation, stellte die Originale in den Mittelpunkt und streute nur an wenigen Stellen multimediale Elemente ein, wo sie aufgrund des Mediums (Fernseh- und Radiobeiträge von Zeitzeugen) angezeigt waren. Auch hier ist die Strategie des »Weniger ist mehr« von den Besuchern positiv vermerkt worden.

Manche Titel der 400 Bücher wurden mehrfach gezeigt, damit sie in verschiedener Ausstattung (Format, Schutzumschlag sowie Illustrationen) vorgestellt werden konnten. Bei besonders fragilen Originalen kamen Faksimiles zum Einsatz, dies sonst nur aus Gründen der Präsentation von beidseitig beschrifteten oder mehrseitigen Originalen. Bedingt durch den Einsturz des Kölner Stadtarchivs und den Verlust des Archivguts von Kiepenheuer & Witsch, musste allerdings auch hier auf Kopien zurückgegriffen werden. Bei der Präsentation der Bücher zeigte sich ein spezielles Problem: Bücher öffentlicher Bibliotheken besitzen unschöne Rückenschilder, die den Charakter des Privaten innerhalb der Buchreihen gestört hätten. Außerdem fehlten die Buchumschläge. Dank der guten Vernetzung der Buchliebhaber in Leipzig konnten viele der gewünschten Bücher aus Privatbesitz beschafft werden, und auch die Mehrexemplare einiger »Inkunabeln« fanden aus dem strenggehüteten Bücherregal so manches Leipziger Bibliophilen ihren Weg in das Museum. Die für die gezeigten Archivalien entstandene »Aura des Originals« konnte so auch an den Büchern sichtbar gemacht werden.

Mit Luft und Liebe

In den hektischen Wochen vor der Ausstellungseröffnung ertönte schon mal der Stoßseufzer »Warum tun wir uns das eigentlich an?!«. Jeder der Beteiligten wird eine andere Antwort auf diese Frage geben. Aus Sicht des Archivs und des Museums gab es mehrere gute Gründe für das Engagement: Gustav und Noa Kiepenheuer und ihren bedeutenden Verlag wieder ins Licht der Öffentlichkeit holen. Mit Kiepenheuer von der spannenden Geschichte der deutsch-deutschen Parallelverlage erzählen.13 Erinnerung und Vermittlung von Kulturgeschichte als unterhaltende und interessante Aufgabe im Interesse der Öffentlichkeit wahrnehmen. Archiv- und Bibliotheksgut als erhaltenswertes Kulturgut vorstellen und einem interessierten Laienpublikum zugänglich machen. Studierenden ein praxisnahes Projekt ermöglichen. Und schließlich: Die speziellen Leipziger Kooperationsmöglichkeiten im Interesse der gemeinsamen Sache nutzen.

Tun wir uns das noch einmal an? Zweifellos liegen neue Projekte in der alten Buchund Verlagsstadt Leipzig mit ihren zahlreichen Buchinstitutionen geradezu auf der Straße. Die Überlieferung zu Druckereien, Musik- und Buchverlagen und dem Buchhandel ist beeindruckend.14 Allerdings ist ein Projekt, das vorwiegend vom Enthusiasmus der Beteiligten getragen und unter sehr engen finanziellen Rahmenbedingungen verwirklicht wird, schon sehr kräftezehrend. Von »Luft und Liebe« lässt sich auf Dauer eben nicht leben, zumal alle Beteiligten neben der Ausstellungsvorbereitung den Alltag in ihren Brotjobs innerhalb der Institutionen zu leisten hatten.

Den Blick auf eine hundertjährige Verlagsgeschichte in Erinnerung, sei uns abschließend ein Blick in die Zukunft erlaubt: Ob in zukünftigen Jahrzehnten vergleichbare Ausstellungen über die heutigen Verlage möglich sein werden, steht in den Sternen. Der Siegeszug der Informationstechnologie, die Kommunikation über Content-Management- und Redaktionssysteme oder schlicht per E-Mail, der Rückgang der Identifizierung von Verlagsleitern mit »ihren« Verlagen angesichts des Strukturwandels in der Branche, die damit einhergehende Geringschätzung der eigenen Überlieferung, schließlich die gegenüber der klassischen Papierarchivierung erheblich komplexere Archivierung elektronischer Unterlagen lassen Ahnungen aufkommen, dass das Informationszeitalter eine künftige Dunkelheit in sich trägt.

1 Güntner, Joachim: Noch immer halbiert. Eine deutsch-deutsche Verlagsgeschichte. In: Neue Zürcher Zeitung vom 2.3.2010.

2 Der Eigentümer des Archivguts, Bernd F. Lunkewitz, hat die Ausstellung mit seiner Genehmigung, Originale und Reproduktionen für die Ausstellung zu entleihen, möglich gemacht. Dafür sei ihm an dieser Stelle gedankt.

3 Bei den Unterlagen aus der Zeit vor 1910 handelt es sich um familiengeschichtliche Dokumente.

4 Das Staatsarchiv Leipzig kann mit über 40 Verlagsbeständen im Umfang von ca. 1,5 km Schriftgut als das größte deutsche Verlagsarchiv gelten. Die Gründe für diesen Schwerpunkt liegen in der früheren Bedeutung Leipzigs als Verlagsstandort, der Verstaatlichung zahlreicher Verlage in der DDR und der archivischen Zuständigkeit des Staatsarchivs auf der Grundlage des DDR-Archivrechts. Einzelne Bestände – z. B. der Musikverlage Breitkopf & Härtel und C. F. Peters – wurden nach 1990 an die Eigentümer rückübertragen, verblieben jedoch als Deposita im Staatsarchiv und stehen für die wissenschaftliche Benutzung zur Verfügung.

5 Drei Beispiele aus dem Jahr 2010: »Bilderfreuden – Die Produktion des Verlags Jos. Scholz« in der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek Mainz; »Tende Strömfeld Simonetta. 40 Jahre Verlag Stroemfeld / Roter Stern. 1970–2010« in der Deutschen Nationalbibliothek Frankfurt a. M.; »Cortázar, Onetti, Paz. Suhrkamps großer Süden« im Deutschen Literaturarchiv Marbach.

6 Das vorangestellte Zitat stammt aus einem Brief Georg Kaisers an Fritz H. Landshoff, der in der Ausstellung gezeigt wurde. SStA-L, 21097 Gustav Kiepenheuer Verlag und Dieterich'sche Verlagsbuchhandlung, Nr. 45, Bl. 48.

7 »Köln« gilt als ein Beispiel für die geringe Wertschätzung der archivischen Überlieferung, deren kulturelle Bedeutung oft nicht wahrgenommen wird. Der VdA (Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V.) verabschiedete vor diesem Hintergrund im September 2009 die »Kölner Erklärung« zur Sicherung und Erhaltung der Archivbestände. Zu den Folgen des Verlustes des Archivguts von Kiepenheuer & Witsch siehe Möller, Frank: 1514 antwortet nicht mehr … Eine Geschichte von Verlust, Verantwortung und vom Nutzen eines Archivs. In: Geschichte in Köln. Zeitschrift für Stadt- und Regionalgeschichte 56 / 2009, S. 105–124. Möller stellte für die Ausstellung einige Reproduktionen von wichtigen Dokumenten zur Verfügung. Im Frühjahr 2010 wurde die Ausstellung »Köln in Berlin. Nach dem Einsturz: Das historische Archiv« im Berliner Martin-Gropius-Bau gezeigt. Sie verweist nach der Einsturzkatastrophe auf das gestiegene Interesse an Archivgut.

8 Rauterberg, Hanno: Sammeln, sortieren, enträtseln. In: Die Zeit, Nr. 27 vom 1.7.2010, S. 57.

9 Natürlich wurde ergänzend zu den Dokumenten und Büchern auch nach anderen Ausstellungsobjekten erfolgreich gefahndet. Zu nennen sind z. B. Mitschnitte von Radio- und Fernsehaufzeichnungen und Interviews u. a. mit Fritz H. Landshoff und Roland Links.

10 Siehe auch Soboczynski, Adam: Die große Unbekannte. In: Die Zeit, Nr. 29 vom 12.7.2007.

11 Hollein, Max: Rettet die Aura! Eine Polemik gegen die Virtualisierung und Technisierung der Museen. In: Der Tagesspiegel vom 28.5.2004.

12 Vgl. Rauterberg, Hanno: Sammeln, sortieren, enträtseln. In: Die Zeit, Nr. 27 vom 1.7.2010, S. 57.

13 Zahlreiche Verlage existierten nach 1945 in Ost und West. Eine sehr gute Überlieferungssituation gibt es u. a. zum Wissenschaftsverlag B. G. Teubner und zum Musikverlag C. F. Peters, in beiden Fällen zählt das Staatsarchiv Leipzig sowohl die ost- wie die westdeutsche umfangreiche Überlieferung zu seinen Beständen.

14 Dies zeigte die nachfolgende Ausstellung im Museum für Druckkunst über »Robert Schumanns Leipziger Netzwerk«, in der auch Exponate aus dem Bestand 21081 Verlag Breitkopf & Härtel, Leipzig, des Staatsarchivs Leipzig präsentiert wurden.

Damals in Weimar

Volker Wahl

Gustav Kiepenheuers Anfänge

Die Anfänge des Verlages von Gustav Kiepenheuer führen uns 100 Jahre zurück in die Residenz des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach. Wir schreiben das Jahr 1909, in dem der Buchhändler aus Wengern (Westfalen) die Haupt- und Residenzstadt Weimar erreichte, die seinerzeit 32 835 Einwohner zählte. Die Stadt lebte von der Literatur und den schönen Künsten und erinnerte mit ihren Denkmälern an die große Zeit der deutschen Klassik und an den Aufenthalt von Franz Liszt in Weimar. Das Großherzogliche Hoftheater hatte im Jahr zuvor ein neues Gebäude erhalten, in dem das Ensemble und die Hofkapelle auftraten. Zur 1860 gegründeten Kunstschule – zum 50-jährigen Jubiläum 1910 zur Hochschule für bildende Kunst erhoben – hatte sich 1908 die von Henry van de Velde geleitete Kunstgewerbeschule gesellt. Seit 1872 existierte hier eine Orchesterschule als musikalische Ausbildungsstätte. Die bildende Kunst war in zwei großen Museen präsent, die Dichterhäuser von Goethe und Schiller und das Haus des Komponisten Franz Liszt wurden als Memorialstätten von den Besuchern der Stadt begehrt. In der Bibliothek, im Haupt- und Staatsarchiv und im Goethe- und Schiller-Archiv ruhten die historischen Quellen als kulturelle Schätze vergangener Epochen. Über der Stadt, auf dem »Silberblick«, erinnerte das Nietzsche-Archiv an den in Weimar verstorbenen großen Denker. Zwei Landeszeitungen, die und die Zeitung hatten hier ihren Redaktionssitz, und im bekanntesten Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger erschienen die von Goethes Werken und die große . Insgesamt gab es 14 Buchdruckereien zu dieser Zeit in Weimar. Das Adressbuch von 1910 verzeichnet elf Verlagsbuchhändler, neun Sortimentsbuchhändler, vier Antiquare und vier Kolportagebuchhändler.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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